Life sounds like Booyakasha! von RaoulVegas (Einer für alle und alle auf einen!) ================================================================================ Kapitel 18: Two Faces... ------------------------ Vier Monate später… Langsam rollt das gepanzerte Fahrzeug durch die dunklen Straßen einer scheinbar friedlich schlafenden Stadt, in der sich allerdings blutige Geheimnisse und finstere Gestalten in jeder schmutzigen Gasse verbergen. Der Shellraiser biegt um die nächste Ecke und führt seinen Weg langsam Richtung Heimat fort. Die Nacht war lang und ansträngend, aber nun scheint es endlich geschafft zu sein. Die Jungs sind müde von schier endlosen Kämpfen mit kriminellen Typen und sehnen sich nach ihren Betten. Die Unruhe und Streitbereitschaft eines Freitagabends ist in New York schwer zu ertragen, gibt es doch keinen anderen Tag der Woche, der so viele Verrückte auf die Straßen treibt. Selbst das Wochenende gestaltet sich friedlicher – vermutlich weil die halbe Stadt dann noch ihren Rausch vom Freitag ausschlafen muss… Müde reibt sich der Leader die Augen und biegt um die nächste Kurve. Dabei entgeht ihm allerdings, dass er viel zu früh abgebogen ist und so der Wagen immer weiter in das Revier der gefährlichsten Bande ganz New Yorks vordringt. Seinen Brüdern entgeht es ebenfalls. Sie unterhalten sich leise, in schläfrigem Ton, miteinander und schenken den Fahrkünsten ihres Anführers keinerlei Beachtung. Erst als sich am Ende der langen Straße der Hafen erstreckt, wird Leo klar, dass dies irgendwie der falsche Weg ist. „Mist…“, schimpft er leise vor sich hin und erhält so ungewollt die Aufmerksamkeit seiner Brüder. Sie wenden ihre Blicke durch die Fenster und wundern sich, was ihr Anführer denn hier am Hafen will. „Sag mal, Leo, willst du vorm Schlafengehen noch ne Runde durch den Hudson River drehen, oder was?“, beginnt Raphael ihn zu necken, obwohl er innerlich nicht gerade begeistert ist, noch länger auf seinen wohlverdienten Schlaf zu warten, dennoch genießt er das verärgerte Gesicht seines Anführers sehr. Der blaue Ninja gibt nur ein leises Knurren von sich und stoppt den Wagen. „Nein, ganz sicher nicht. Ich hab mich nur irgendwie verfahren…“, kommt es dann kleinlaut von ihm, während er sich innerlich schon auf die Sticheleien seiner Brüder vorbereitet. Der Rothaarige setzt auch so gleich zu einer schnippischen Antwort an, doch Donatello kommt ihm zuvor. „Dir ist schon klar, dass das hier das Revier der Black Crocodiles ist und wir nicht länger als irgend nötig hier sein sollten?“, kommt es nervös von dem Tüftler, während er seinen Blick angespannt auf den Monitor mit den Kameras richtet. „Natürlich ist mir das klar! Oder denkst du etwa, ich fahre freiwillig zum Hafen, nur um mal kurz Hallo zu sagen?“ entgegnet der Schwertkämpfer leicht gereizt. „Worauf wartest du dann noch? Tritt aufs Gas und weg hier!“, knurrt Raph ihm entgegen und blickt grummelnd aus dem Beifahrerfenster. Der Schwarzhaarige verkneift sich jegliche weitere Diskussion und wendet den Wagen. Ohne Beleuchtung setzt der Van seinen Weg fort, in der Hoffnung so weniger Aufsehen zu erregen. Im Schritttempo gleitet er an meterhoch gestapelten Containern vorbei, die einem das Gefühl geben, in einer eigenen kleinen Stadt zu sein. Dunkle Gassen erstrecken sich zwischen ihnen. Viele der Container sind beschmiert oder angezündet worden. Einige wurden scheinbar mit schwerem Gerät bearbeitet, sodass es fast so aussieht, als hätten sie kleine Fenster oder Belüftungsschlitze. Zwischen den meisten dieser improvisierten Blechbehausungen erstrecken sich dicke Kabel, die die Vermutung nahe legt, dass dort wirklich Leute drin hausen. In einigen der Gassen hängen weit oben dicke Kugellampen, um die nächtlichen Wege zumindest etwas zu erhellen. Verschiedene Nummern und Buchstaben an allen Seiten der Container dienen sozusagen als Adresse und helfen einem, sich zu orientieren, vorausgesetzt man weiß, was sie bedeuten. Langsam erreichen sie das Ende der Hafenstraße. Erleichterung macht sich in allen breit, als wenige hundert Meter vor ihnen die erste Ampel erscheint und ihnen das Gefühl gibt, wieder in der sicheren Wirklichkeit zu sein. Zwar ist sie längst in den Nachtbetrieb übergegangen und gibt nur noch ein stetiges gelbes Blinken von sich, dennoch liegt in dieser stummen Warnung ein beruhigendes Gefühl von Hoffnung. Doch kaum hat es sich eingestellt, wird es je unterbrochen, als ein Alarm auf Donnies Monitor ertönt. Die verschiedenen Sensoren haben verdächtige Reaktionen in ihrer Nähe erspäht und geben den Turtles Grund zur Sorge. Der Stabkämpfer versucht die mögliche Gefahr genauer zu orten und deutet schließlich auf die letzte Gasse, die sie noch von der Kreuzung mit ihrer fröhlich blinkenden Ampel trennt. Ein angespanntes Raunen geht durch das Team, während sich der gepanzerte Van ganz langsam der Gasse nähert. Wie gebannt starren die Vier in den schummerigen Spalt, der sich zwischen den Gebäuden auftut. Darin erblicken sie etwa zehn der gefürchteten Crocodiles, die sich um einen ziemlich großen jungen Mann versammelt haben und ihn mit allerhand Werkzeug bearbeiten. Gezielt treffen Eisenrohre und Ketten, sowie Schlagringen und Baseballschläger den unbewaffneten Hünen und lassen ihn schließlich zu Boden gehen. Sein warmes Blut verteilt sich zu den Füßen seiner Angreifer und lässt diese in wildes Gelächter ausbrechen. Wüste Beschimpfungen hageln auf den Schwarzhaarigen nieder, der sich verzweifelt versucht gegen die Männer zu wehren. Geschockt betrachten die Ninjas das Szenario einen kurzen Moment lang, ehe sie von ihren Instinkten fast erschlagen werden und kampfbereit aus dem Wagen springen. Ein gefährlicher und heftiger Kampf entbrennt zwischen den beiden Parteien und lässt keinen von ihnen ohne Blessuren zurück. Allein ihrem Geschick und ihrer Schnelligkeit verdanken die Jungs schließlich ihren Sieg. Wütend ziehen sich die Gauner in ihre Hafenstadt zurück und überlassen ihrem Opfer ungeachtet seinem Schicksal. Angeschlagen verschnaufen die Jungs einen Moment, ehe sie langsam ihre Waffen wieder einstecken. Misstrauisch behalten sie jeden Winkel im Auge, da sich überall unzählige weitere Angreifer versteckt halten können. Vorsichtig wenden sie sich dem reglosen Opfer zu, das umgeben von Unmengen Blut die jungen Ninjas zusammenzucken lässt. Unweigerlich müssen sie an ihren aussichtslosen Kampf mit Shredder denken. „Lebt er noch…?“, kommt es mit zittriger Stimme von Michelangelo, der hoffnungsvoll zu seinem Anführer blickt. Leo geht neben dem Mann langsam in die Hocke und sucht an seinem Handgelenk nach einem Plusschlag. Nach ein paar Augenblicken schüttelt der Schwertkämpfer betroffen den Kopf. Geschockt legt sich Mikey eine Hand auf den Mund und versucht die Tränen zurückzuhalten, die sich hinter seinen Augen sammeln. Raphael zieht ihn ruckartig zu sich heran und wendet so den Blick seines emotionalen kleinen Bruders von dem Toten ab. Für ein paar Momente schließen sie alle die Augen und sprechen ein stilles Gebet. Der Tod geht ihnen jederzeit sehr nahe, selbst wenn sie die Person nicht kennen – jedes Leben ist kostbar und verdient, das man wenigstens um es trauert, wenn man ihm schon nicht helfen kann. Zu viele fürchterliche Dinge haben sie in ihrem jungen Leben schon gesehen, die sie nicht verhindern konnten. Sie fühlen sich schwach und hilflos, können aber dennoch nichts unternehmen. Als die Schweigeminute beendet ist, sucht Leonardo nach irgendetwas, um den Mann zu identifizieren. Vorsichtig durchsucht er jede Tasche der zerfetzten Jeans. Schließlich scheint er fündig zu werden und versucht im spärlichen Licht etwas auf dem Ausweis zu erkennen. Allerdings gelingt es ihm nicht wirklich. Donnie reicht ihm daher eine kleine Taschenlampe, die der Leader dankend entgegennimmt. In dem plötzlich aufflammenden Lichtkegel wird die grausige Tat nur noch deutlicher. Angestrengt verzeiht der Schwarzhaarige das Gesicht und blickt auf die kleine Plastikkarte in seiner Hand. „Nathan Fischer…“, murmelt er halblaut vor sich hin, während er den Ausweis langsam herumdreht, um nach der Adresse zu sehen. Beim Anblick der Rückseite zuckt Leonardo aber merklich zusammen. Fragend blicken ihn seine Brüder an. „Was ist los?“, kommt es ungeduldig von dem Saikämpfer. Der Anführer wendet ihnen den Blick zu und hält ihnen dann wortlos die Rückseite der Karte entgegen. Ein Schreck jagt auch durch ihre Glieder, als sie das aufgerissene Maul des schwarzen Krokodils erblicken, das herrisch die gesamte Rückseite des Ausweises einnimmt und so die Herkunft des jungen Mannes verbirgt. Unverwechselbar identifiziert es ihn aber als Mitglied der Bande. Als wolle er dieses unverkennbare Symbol überprüfen, geht Raphael neben der Leiche in die Hocke und gibt Leo zu verstehen, dass er ihm mit der Taschenlampe leuchten soll. Schweigend richtet der Ältere den Lichtkegel auf die traurige Gestalt. Etwas ruppig hebt Raph das zerschlissene Hemd des jungen Mannes an und sucht nach der Tätowierung, die jedes Mitglied unverwechselbar macht. Die meisten von ihnen tragen sie entweder auf dem Rücken, dem Hals oder den Oberarmen. Aber der rote Ninja scheint nicht fündig zu werden, was die Jungs doch ziemlich verwundert. Mit einem ungeduldigen Grummeln und einem angewiderten Gesichtsausdruck dreht Raphael den Körper auf den Rücken. Er bezweifelt zwar, noch etwas zu finden, dennoch schiebt der das Hemd über die kräftige Brust. Und da erstreckt es sich tatsächlich! Eine ungewöhnliche Stelle, aber nicht weniger einschüchternd. Der bedrohliche schwarze Kopf des Krokodils erstreckt sich von den Schlüsselbeinen, über die Rippen bis zum Zwerchfell hinab. Auf den kräftig ausgebildeten Bauchmuskeln erstreckt sich ein roter Schriftzug, der aussieht, als wäre er ungeschickt mit einem nicht allzu scharfen Messer eingeritzt worden, doch wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass es ebenfalls tätowiert ist. Die blutroten Lettern teilen jedem mit, welchen Namen dieses Mitglied von der Bande erhalten hat. Alle Namen haben dabei irgendwie eine Verbindung zu dem mächtigen Tier, das ihr Wappen bestimmt. „Leatherhead…“, flüstert Mikey auf einmal ehrfürchtig hinter seinen beiden Brüdern und lässt sie zusammenzucken. „Aber wenn er tatsächlich ein Mitglied der Crocodiles ist – war - warum sollten seine eigenen Leute ihn dann umbringen?“, wirft Donnie nachdenklich in die vorherrschende Stille. „Vielleicht hat er ja was angestellt…“, entgegnet ihm der Nunchakuträger, während seine großen blauen Augen, wie hypnotisiert, auf das harte und dennoch irgendwie sanfte Gesicht des jungen Mannes starren. „Da hast du vermutlich recht, aber das muss schon was echt Krasses gewesen sein!“, erwidert ihm Raph. „Was immer es war, es ist vorbei und wir sollten jetzt lieber abhauen, ehe sie wiederkommen, oder die Polizei uns noch hier erwischt. Das Ganze geht uns nichts mehr an…“, kommt es scharf von Leonardo, ehe er sich zum Gehen wendet. Wortlos folgen Donnie und Raph ausnahmsweise seinem Befehl, nur Mikey bleibt zurück. „Wir können ihn doch hier nicht so einfach zurücklassen!“, ruft er ihnen geschockt nach. Der Schwarzhaarige zwingt sich zur Ruhe, um seinem naiven kleinen Bruder verständlich zu machen, dass das jetzt nicht mehr ihr Problem ist. Die Polizei wird sich darum kümmern, falls die Crocodiles nicht vorher wiederkommen und die Leiche verschwinden lassen. Sie können eh nichts mehr für ihn tun. Mikey findet diese Einstellung mehr als herzlos und er kann das einfach nicht akzeptieren. Geduldig reden Leonardo und Donatello auf ihren kleinen Bruder ein. Mikey lässt sich viel zu sehr von seinen Gefühlen leiten und vergisst dabei, dass er so oftmals nicht weiterkommt. Stur argumentiert der Blonde weiter. Am Ende ist es Raph, der seinen Bruder grob zum Wagen zerrt und jegliche Gegenwehr seinerseits gekonnt ignoriert. Schmollend und mit verschränkten Armen presst sich Mikey in seinen Sitz und kann einfach nicht begreifen, wie seine Brüder diesen Mann dort einfach so zurücklassen können – Verbrecher oder nicht. Scheinbar gilt Leos unbändiges Gefühl von Ehre nicht für einen toten Gangster. Das Raphael das Ganze am Arsch vorbei geht, ist Mikey irgendwie klar. Er interessiert sich nicht sonderlich für das Befinden anderer und schon gar nicht für das von Verbrechern. Aber das selbst Donnie das Ganze hinnimmt, trifft den orangen Ninja schwer. So kaltherzig kennt er den sonst so überfürsorglichen Tüftler überhaupt nicht – doch normalerweise finden sie auch keinen toten Crocodile. In Mikey´s Augen sind jedoch alle Leute gleich, egal ob Gut oder Böse. Niemand hat es verdient, in einer dreckigen Gasse zu verrotten und von Ungeziefer gefressen zu werden – ausgenommen Shredder vielleicht. Aber an dem verdirbt sich selbst das Ungeziefer den Magen… So setzt der Shellraiser nun endlich seinen Weg nach Hause fort und bringt die erschöpften Jungs ihren Betten näher. Gähnend, schon fast im Halbschlaf gefangen, steigen sie in Donnies Labor aus dem Wagen und wanken nach oben. Alle, bis auf einen. Mikey´s Müdigkeit ist schon lange nicht mehr vorhanden. Seine Gedanken kreisen die ganze Zeit nur um den Toten in der Hafengasse. Als seine Brüder sich auf ihre Zimmer verteilen und müde auf ihre Futons fallen, schleicht sich der orange Ninja mit seinem Skatebord durch die Haustür davon. Geschwind und elegant jagt er über die größtenteils verlassenen Straßen und nähert sich dabei immer mehr dem Tatort. Als er nur noch ein paar Straßen entfernt ist, steigt er von seinem Bord, klemmt es sich unter den Arm und geht zu Fuß weiter. Nervös kommt er an die Kreuzung mit der letzten blinkenden Ampel vor dem Hafen. Vorsichtig schaut er um die Ecke in die spärlich beleuchtete Zufahrtsstraße. Niemand ist zu sehen, alles ist still. Langsam schiebt sich der Nunchakuträger um die Ecke und drückt sich fest gegen die Hauswand in den Schatten. Mit den Augen nach allen Seiten gerichtet, schiebt er sich Stück für Stück näher an die Gasse heran. Als Mikey sie erreicht, schaut er auch hier vorsichtig um die Ecke. Der Kleine fühlt sich ganz und gar nicht wohl, hier allein zu sein. Doch was bleibt ihm anderes übrig, wenn seine Brüder scheinbar kein Verständnis für seine Sorgen haben? Auch in der Gasse kann er niemanden erkennen, nur der unbewegte Körper des ehemaligen Crocodiles liegt als dunkler, unförmiger Haufen in der Mitte. Nervös schluckt der Junge und blickt sich noch einmal nach allen Seiten um, ehe er schnell in die Gasse huscht. Geschwind nähert sich der orange Turtle dem leblosen Körper und muss mit Schrecken feststellen, dass sich schon einige Ratten um ihn versammelt haben. Halbherzig verjagt er die Tiere, die er in anderen Situationen sogar gern in seiner Nähe hat und geht dann neben Leatherhead in die Hocke. „Keine Sorge, ich lass nicht zu, dass du hier in der Gasse verrottest…“, gibt er dem Schwarzhaarigen in einem mitfühlenden Ton zu verstehen. Seine Bandenkollegen scheinen in der Zwischenzeit nicht hier gewesen zu sein, liegt die Leiche doch immer noch genauso da, wie die Jungs sie verlassen haben. Traurig betrachtet Mikey das blutverschmierte und dennoch irgendwie schöne Gesicht einen Moment lang, ehe er vorsichtig seine Hand ausstreckt und sie sanft über die Wange des Mannes gleiten lässt. Die erstaunlich weiche Haut fühlt sich seltsam warm unter seinen Fingern an. Irritiert betrachtet der Blonde ihn genauer. Schließlich legt er langsam sein Ohr auf die durchtrainierte Brust des Schwarzhaarigen und lauscht nach einem Herzschlag. Mikey muss sich ein paar Momente ziemlich konzentrieren und alle anderen Geräusch der Nacht ausblenden, doch dann hört er tatsächlich etwas! Es ist nur ganz schwach und sehr leise, doch es ist eindeutig ein Herzschlag. Michelangelos Augen weiten sich überrascht. Hat sich Leo vorhin etwa getäuscht, weil seine Lebenszeichen nur so schwach sind? Fieberhaft überlegt der Junge, wie er jetzt weitermachen soll. Er weiß, dass es hier in der Nähe ein kleines Krankenhaus gibt, nur ein paar Blocks entfernt. Doch wie soll der zierliche Ninja einen Mann transportieren, der geschätzte dreißig Zentimeter größer und bestimmt an die fünfzehn Pfund schwerer ist, als er und zudem noch lebensgefährlich verletzt? Klar, er könnte einfach einen Krankenwagen mit seinem T-Fon rufen und hätte dann keine Sorge mehr, doch der Junge hat das schreckliche Gefühl, dass der Mann tot sein könnte, ehe der Sanitäter hier ankommt und mag die Strecke auch noch so kurz sein. Suchend blickt er sich in der vermüllten Gasse um. Hier wird sich doch ganz sicher etwas finden lassen, womit er den Bewusstlosen sicher transportieren kann? Nach kurzem Suchen findet er ein langes stabiles Brett und eine alte Decke. Etwas ungeschickt legt er das, gut zwei Meter lange, Brett auf sein Skatebord und hievt dann schwerlich den Verletzten darauf. Er braucht ein paar Anläufe, ehe es ihm richtig gelingt. Fürsorglich anmutend wickelt der den Schwarzhaarigen in die Decke ein und fixiert den Körper dann ganz vorsichtig mit der Kette seiner Kusarigama, damit er nicht noch herunterfällt. Schließlich nimmt er die beiden Gürtel ab, die sich sonst auf seinen Hüften kreuzen und als Halterungen für seine Nunchakus dienen, und befestigt einen davon an der Radaufhängung seines Skatebords. Den zweiten hakt er in das andere Ende des ersten Gürtels ein und schafft sich so eine Zugleine. Vorsichtig testet er, ob seine Konstruktion hält. Es sieht ganz gut aus. Ab und an hilft es halt doch, Donnie bei seiner Arbeit auf die Nerven zu gehen und sich ein paar Tricks abzuschauen! Langsam setzt er sich mit seiner empfindlichen Fracht in Bewegung und stoppt am Anfang der Gasse. Routiniert blickt er sich nach allen Seiten nach möglichen Angreifern um, ehe er seinen Weg fortsetzt. „Keine Sorge, ich lass dich nicht sterben…“, entgegnet er dem jungen Mann mit festem und dennoch besorgtem Ton. Schließlich kommt er zur Hauptstraße und blickt sich auch dort um. Doch außer der blinkenden Ampel kann Mikey keine Bewegung ausmachen. Schnell setzt er seinen Weg fort und nur ein paar Minuten später erreicht er den Eingang zur Notaufnahme. Festen Schrittes nähert er sich der automatischen Tür, die ihm lautlos den Weg freimacht. Erschöpft betritt er das schmucklose, sterile Gebäude. Auf den ersten Blick scheint nicht viel los zu sein. Patienten kann der Blonde im Wartebereich nicht sehen und auch die Schwester an der Anmeldung scheint eher in einen Roman, als in irgendwelche Arbeit vertieft zu sein. Eine Reinigungskraft wischt träge in einem langen Gang den Boden und ein junger Arzt schenkt sich gerade gähnend einen Kaffee hinter dem Tresen ein. Sie scheinen Michelangelo gar nicht wahrzunehmen. Der Junge räuspert sich kurz und erhebt dann lautstark die Stimme. „Ich brauch Hilfe, sofort!“, zerreißt er die Stille. Irritiert und skeptisch richten sich die Blicke der wenigen Anwesenden auf ihn. Doch in ihren Augen sieht Mikey nicht gerade so aus, als ginge es ihm sonderlich schlecht. Seine schmutzigen und leicht zerschlissenen Sachen, lassen eher vermuten, dass er entweder ein Penner oder ein Junkie ist und für so was haben die Angestellten des Krankenhauses mitten in der Nacht beim besten Willen keinen Nerv, erst recht nicht, da es wenige Straßen von hier ein Obdachlosenasyl und eine Drogenanlaufstelle gibt. Die Schwester schließt geräuschvoll ihr Buch und setzt an, um Mikey genau dies zu sagen, da kommt ihr der Arzt zuvor. Geduldig stellt er seinen Kaffeebecher ab und tritt auf den Jungen zu, der ihn mit großen flehenden Augen, fast schon panisch, ansieht „Junger Mann, wir sind hier kein…“, setzt er an, doch weiter kommt er nicht. Erst jetzt entdeckt der Arzt, dass der Junge gar nicht allein ist und der eigentlich Patient die ganze Zeit außerhalb seines Sichtfeldes lag. „Du liebe Güte…“, kommt es von dem jungen Arzt beim Anblick des blutverschmierten Bündels, das der Junge mit sich führt. Verwirrt durch die Reaktion ihres Kollegen, erhebt sich die Schwester, um auszumachen, was ihn so aus der Fassung bringt. Schnell wird ihr dabei der Ernst der Lage bewusst und die beiden setzen sich endlich in Bewegung. Hektisch gibt der Arzt der Schwester ein paar Anweisungen und ruft einen Pfleger zu sich. Vorsichtig legen sie Nathan auf ein rollbares Bett und schieben ihn Richtung OP. Aufgeregt telefoniert die Schwester mit ihrer Kollegin im Operationsbereich und weißt sie an, alles für einen Notfall vorzubereiten. Erleichterung macht sich in Mikey breit. Er hat es geschafft. Nun muss es nur noch Leatherhead schaffen. Ängstlich folgt er dem Arzt und dem Pfleger in den OP-Bereich, obwohl er dort ganz und gar nichts zu suchen hat. Doch im ersten Moment sind alle so sehr mit dem Verletzten beschäftigt, dass keiner seine Anwesenheit bemerkt, bis das Unglück passiert… Derweilen wandert Splinter von einem Zimmer zum nächsten und sucht nach seinem jüngsten Spross, doch er kann ihn nirgends finden. Schließlich wendet er sich an Leonardo, doch dieser ist erst mal überrascht, war Mikey doch direkt hinter ihnen gewesen. Nach ein paar Augenblicken suchen sie alle nach ihm das Haus ab, doch sie finden nichts. Verwundert versammeln sie sich im Dojo und denken nach. „Hey, was ist, wenn er zu diesem Typen am Hafen zurück gegangen ist?“, wirft Raphael schließlich ein. Erschrocken blicken ihn die anderen an. „Meinst du wirklich, er ist so dumm, da ganz allein hinzugehen?“, erwidert der Leader unsicher, weiß er doch, dass Mikey schon auf ganz andere Verrücktheiten gekommen ist. Der rote Ninja schenkt ihm einen ernsten Blick, der besagt, dass Mikey wahrscheinlich nicht so dumm ist, sich bewusst in so eine Gefahr zu begeben, sich allerdings von seinen heftigen Gefühlen übermannen lässt. Angespannt schaltet Donnie das Ortungssystem seines T-Fons ein, um seinen verlorenen Bruder ausfindig zu machen. Gebannt starren ihn die anderen dabei an. Deutlich ist die Sorge in Yoshis Gesicht zu erkennen. Der Hafen ist keinesfalls ein sicherer Ort, selbst ein erfahrener Meister wie er, würde sich dort nicht freiwillig allein hinbegeben. Doch sein kleines Sorgenkind ist blind für alles, was ihn umgibt, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Er nimmt die drohende Gefahr gar nicht wahr, bis es zu spät ist. Schließlich scheint Donatello eine Spur zu haben. „So wie es aussieht, ist er nicht direkt am Hafen, eher ein paar Blocks davon entfernt. – Ich glaub, da ist ein Krankenhaus in der Nähe…“, kommt es nachdenklich von dem Tüftler. „Was will er denn in einem Krankenhaus? Ich dachte, der Typ ist hinüber?“, entgegnet ihm Raphael ziemlich kalt, auch wenn er sich innerlich ziemliche Sorgen um seinen Bruder macht und dies damit nur zu überspielen versucht. Daraufhin erntet er aber auch gleich einen strafenden Blick von seinem Sensei. „Finden wir es raus!“, erwidert Leonardo knapp und wendet sich zur Kellertür. „Ich begleite euch!“, kommt es ernst von Yoshi. Etwas irritiert betrachten ihn seine verbliebenen Schüler, war ihr Meister doch sonst immer der Meinung sich eher aus den Missionen seiner Söhne herauszuhalten. Doch sein tief besorgter Blick macht ihnen klar, dass ihr Sensei wohl eine böse Vorahnung hat… Eilig rast der gepanzerte Wagen durch die dunklen Straßen. Die Anspannung in dem Fahrzeug ist beinahe greifbar und konkurriert heftig mit der Sorge um das jüngste Familienmitglied. Immerhin könnte Mikey ja sonst was passiert sein und er wurde daher ins Krankenhaus eingeliefert. Keiner von ihnen denkt wirklich, dass der Blonde sich die Mühe gemacht hat, eine Leiche in ein Krankenhaus zu schaffen. Da wäre es viel logischer, die Polizei zu benachrichtigen. Doch die Jungs in Blau sind nicht ganz so begeistert, von der Eigeninitiative der Ninjas. Immerhin ist Selbstjustiz ein Verbrechen, selbst wenn es der Stadt hilft. Die Polizei steht zwar nicht bei ihnen vor der Tür, um sie deswegen festzunehmen, aber wenn sie sie auf frischer Tat stellen, werden sie nicht davor zurückschrecken, sie ins Gefängnis zu werfen. Daher verschwinden die Jungs in Grün immer, bevor die Jungs in Blau sie entdecken – bleiben im Schatten und kooperieren versteckt mit so manchem Beamten, ganz ähnlich wie es zum Beispiel Batman eigen ist. Mit quietschenden Reifen biegt der gepanzerte Van auf dem kleinen Parkplatz des Krankenhauses ein. Geschwind springen die Jungs mit ihrem Meister in die kühle Nachtluft. Es kam bisher eher selten vor, dass die Vier ein Krankenhaus betreten mussten. Nie, weil einer von ihnen dort gelandet ist, da sie ja im Dojo alles haben, was sie brauchen. Nur manchmal haben sie Freunde oder Bekannte dort besucht. Sich jetzt damit auseinander zu setzten, dass ihr kleiner Bruder hier ist, wohlmöglich schwer verletzt, ist ein heftiger Schlag für sie. Dementsprechend betrübt treten sie in den sterilen Lichtkegel ein, der durch die automatische Tür der Notaufnahme fällt. Der Geruch von Krankheit schwebt leicht in der Luft und ist trotz der beißenden Reinigungsmittel schwach präsent. Mit einem mulmigen Gefühl begibt sich die kleine Truppe an den Schalter der diensthabenden Schwester. Argwöhnisch mustert die Frau die Gestalten, die sich vor ihrem Pult aufbauen. ‚Nicht noch mehr von diesen Verrücken…‘, geht es ihr durch den Kopf, als sie an den blonden Jungen denken muss, der das ganze Krankenhaus auf Trapp hält. Leonardo räuspert sich vorsichtig und tritt dann vor, um ihr zu erläutern, warum sie hier sind. Die Schwester ist nicht sonderlich begeistert davon und dies schlägt sich deutlich in ihrer Höflichkeit wieder. Mit schwindender Geduld versucht sie ihnen klar zu machen, selbst wenn dieser Junge hier wäre, könnte sie ihnen nichts sehen, da mitten in der Nacht keine Besucher empfangen werden und sie morgen zu einer angemessenen Zeit wiederkommen müssen. Desweiteren verweigert sie jegliche Auskunft über den Gesundheitszustand und den Aufenthalt des Jungen. Langsam macht sich Verzweiflung in der Familie breit. Ganz anders bei Raphael. In ihm kocht die Wut, die er die ganze Zeit über versucht zurück zu halten. Schließlich kann er so viel Verständnislosigkeit nicht mehr ertragen und drängt Leo grob zur Seite. Wütend schlägt er mit beiden Fäusten auf das Pult und baut sich schnaubend vor der Schwester auf, die allerdings nicht sonderlich beeindruckt davon zu seien scheint. „Jetzt hör mir mal genau zu, du verfluchte Zicke! Wir suchen unseren Bruder und wenn du mir jetzt nicht sofort sagst, wo er ist, dann…“, beginnt er sich zu gebären, während die andern Mühe haben, ihn davon abzuhalten, über das Pult zu steigen und die Antworten aus ihr heraus zu prügeln. Doch noch ehe Raphael seine Drohungen aussprechen kann, wird die Situation durch eine neue Stimme zerrissen. „Gott sei Dank sind sie hier!“, ertönt die Stimme des jungen Arztes neben ihnen. Irritiert wendet die Familie den Blick auf ihn. „Ihrem Äußeren nach zu urteilen, gehören sie doch bestimmt zu dem blonden Jungen, der vor Kurzem herkam? Sein Name liegt mir auf der Zunge, es war irgendwas Ausgefallenes…“, entgegnet er ihnen. „Meinen sie vielleicht Michelangelo?“, fragt ihn Yoshi voller Hoffnung. Der Arzt reißt die Augen auf und schnippt mit den Fingern. „Ja! Genau das hab ich gemeint!“ „Er ist hier?“, kommt es nun von Donatello. „Geht’s ihm gut?“, drängelt sich Raphael dazwischen. „Können wir ihn sehen?“, meldet sich auch Leo, ehe Splinter die Jungs zur Ruhe mahnt. „Entschuldigen sie meine Söhne, aber wir machen uns furchtbare Sorgen, da Michelangelo einfach verschwunden ist, ohne ein Wort zu sagen…“, berichtet der Sensei ruhig, während sich in ihm die Freude ausbreitet, sein verlorenes Kind wiedergefunden zu haben, gepaart mit der Sorge um seinen möglichen Zustand. Doch der Arzt winkt nur ab. „Kein Problem. Ihr seid ja nicht die Ersten, die hier völlig hysterisch reinplatzen und jemanden suchen. Aber ich kann euch beruhigen, dem Jungen fehlt nichts. Allerdings hat er uns ganz schön auf Trapp gehalten, mit dem Mann, den er uns gebracht hat…“ Der Arzt berichtet ihnen schließlich, dass es ziemlich schlecht um den jungen Mann stand, den Mikey herbrachte. Zwischenzeitlich haben sie vergebens um sein Leben gekämpft und wollten schon aufgeben. Doch Mikey wollte das nicht akzeptieren und ist in den OP gestürmt und hat ein Riesentheater gemacht. Er ließ sich beim besten Willen nicht nach draußen bringen. So haben die Ärzte doch ziemliche Mühe gehabt, ihre Arbeit fortzusetzen. Letztendlich konnten sie den jungen Mann aber retten und Mikey mit etlichen Dosen Beruhigungsmittel zumindest soweit auf den Teppich zurück holen, das zwei kräftige Pfleger ihn aus dem OP schleifen konnten. Allerdings brauchte es noch einiges mehr an Medikamenten, um den Jungen endgültig ruhig zu bekommen. „Die Dosis, die wir gebraucht haben, hätte selbst einen Pottwal eine Woche K.O. gehen lassen. Solche Kraft und Willensstärke sieht man dem kleinen Kerlchen gar nicht an. Doch jetzt schläft er endlich…“, endet der Arzt schließlich. Nicht sonderlich überrascht lauschen die Vier den Ausführungen. Das ist so typisch Mikey, das sie alles andere eher aus der Fassung gebracht hätte. Schließlich nimmt der Arzt sie mit und führt sie zu dem Zimmer, in dem der Blonde liegt. Allerdings sind die drei Brüder doch ziemlich erstaunt, dass es sich bei dem verwundeten Mann, der mit Mikey das Zimmer teilt, tatsächlich um Leatherhead handelt. Nach ein paar Formalitäten können sie Mikey endlich wieder mitnehmen und diesen Tag für beendet erklären. Das Donnerwetter, das Mikey am nächsten Morgen jedoch ereilt, ist legendär. Dennoch scheint es an dem Jungen völlig vorbei zu gehen, da er nach dem morgendlichen Training sofort ins Krankenhaus verschwindet, um an dem Bett des Schwarzhaarigen zu wachen. Eine Woche später… Stunde um Stunde vergeht, formt sich langsam zu einem Tag, der unbemerkt wieder in die Nacht übergeht und schließlich zu einen neuen Tag heranreift. Allzu viel bekommt der orange Ninja davon nicht mit. Jede freie Minute nutzt er, um Leatherhead zu besuchen und bis spät in die Nacht bei ihm zu sitzen. Abend für Abend müssen seine Brüder ihn abholen, damit er überhaupt mal nach Hause kommt und schläft. Der Blonde kümmert sich rührend um den jungen Mann, ganz so, als würden sie sich sehr nahe stehen. Jeden Tag erzählt er ihm, was er so erlebt hat und was in der Welt passiert ist, liest ihm Geschichten vor und denkt sich selbst welche aus. Der Arzt meint, es würde Nathan beim Aufwachen helfen, wenn er die Stimme von jemandem hören kann, die sanft auf ihn einredet. Seine Brüder ahnen schon, dass da bestimmt mehr dahinter steckt, als nur der Wille, jemandem zu helfen. Die Blicke, die Mikey dem ehemaligen Crocodile zuwirft, sprechen Bände für die drei Älteren. Es ist nicht zu übersehen, dass Michelangelo sein Herz an diesen Mann verloren hat und sich deswegen noch viel mehr bemüht, dass es ihm bald besser geht. Verdenken kann man es ihm nicht. Nathan ist eine imposante und auf maskuline Weise schöne Persönlichkeit. Doch wie mag sein Charakter sein? Immerhin ist er ein Verbrecher. Mikey hat wahrlich kein glückliches Händchen bei seiner Partnerwahl – scheint er sich doch immer zu starken, aggressiven und gefährlichen Männern besonders hingezogen zu fühlen. Am Abend… Langsam schlendern die drei Ninja mit ihrem Meister durch das Krankenhaus, vorbei an etlichen belegten Zimmern, mit Menschen vollen Hoffnung oder welchen, die sie längst aufgegeben haben. Es ist spät, die Besuchszeit längst vorbei, doch der junge Arzt hat für Mikey extra eine Ausnahme gemacht, um die Ruhe in seinem Gebäude zu bewahren. Dennoch sind die Brüder und ihr Sensei nun der Meinung, dass es Zeit wird, für Michelangelo nach Hause zu kommen. Als sie das Zimmer am Ende des Ganges erreichen, klopft Leonardo an die Tür. Niemand antwortet, dennoch öffnet er. Als die Vier eintreten, sehen sie, dass Mikey eingeschlafen ist. Er sitzt auf dem Stuhl, der neben Nathans Bett steht, hat sich nach vorn gebeugt und liegt nun mit dem Kopf auf der Brust des schlafenden Mannes. Die Erschöpfung ist dem Blonden selbst im Schlaf anzusehen – kann doch niemand sagen, ob und wann der Schwarzhaarige aufwachen wird. Langsam nähert sich Donatello dem Bett und legt sanft eine Hand auf die Schulter seines kleinen Bruders. Vorsichtig versucht er ihn wach zu rütteln. „Mikey, wir müssen nach Hause gehen, wach auf…“ Es dauert einen Moment, bis der Kleinere sich regt und schwerfällig die Augen öffnet. „Donnie…?“, kommt es mit belegter Stimme von ihm, während er sich kindlich die Augen reibt. Der hochgewachsene Turtle lächeln ihm sanft zu und hilft ihm dann, sich aufrecht hinzusetzen. Gähnend erblickt der Junge auch den Rest seiner Familie, übersieht dabei aber die deutliche Besorgnis in ihren Gesichtern, als sie Mikey´s, von Erschöpfung gezeichneten, Körper sehen. Erneut klopft es an der Tür und der Arzt kommt mit einer Schwester zusammen herein. Die letzte Untersuchung vor der Nachtruhe steht an. Die beiden Seiten begrüßen einander freundlich und dann wenden sich die Ninjas zum Gehen. Doch Mikey bleibt am Bett des Verletzten stehen. Mit einem liebevollen und doch traurigen Blick mustert er den jungen Mann und streicht ihm sanft über die Wange. Seine Brüder und sein Meister beobachten dies mit Sorge, befürchten sie doch, dass sich Mikey da erneut in sein Unglück stürzt. Routinemäßig beginnt der Arzt mit seiner Untersuchung, während die Schwester alles in der Akte des Patienten festhält. Geduldig wartet die Familie, während Mikey den Worten des Arztes lauscht. Leatherheads Zustand hat sich nicht verändert, er schwebt immer noch tief gefangen in seinem Koma und man kann nicht sagen, wann er wieder erwachen wird. Michelangelos Blick wird dabei noch trauriger, während seine Hand wieder sanft über die Wange des Liegenden streicht. Er wünscht sich so sehr ein Lebenszeichen, würde gern seine Stimme hören, ihm in die Augen sehen, seinen warmen Atem auf der Haut spüren – aber es kommt nichts zurück. Doch was als nächstes folgt, hat weder der Arzt, noch die Ninjas, kommen sehen. Sie alle wenden sich zum Gehen ab, als Leatherhead plötzlich die Augen aufschlägt. Nur der schlagartige Ausschlag der Maschinen zeigt an, dass etwas nicht stimmt. Erschrocken wenden sich alle um. Mikey steht noch immer direkt neben dem Bett und kann dem jungen Mann auf einmal mitten in die Augen sehen. Doch was er dort sieht, erschreckt ihm fast zu Tode. Sie glühen in einem gefährlichen Rot, als würde der orange Ninja Shredder direkt ins Gesicht sehen. Sie fixieren den Blonden und ein dunkler Schleier legt sich über das eigentlich weiche Gesicht des Schwarzhaarigen. Bevor auch nur einer von ihnen reagieren kann, erhebt sich der ehemalige Crocodile plötzlich aus seinem Bett, als hätte er wirklich nur geschlafen und nicht mit dem Tod gerungen. Die Schläuche und Kabel, die an und in seinem Körper haften, reißen aus ihren Verankerungen und regen die Maschinen zu fast ohrenbetäubenden Warnlauten an. Hektisch blinken die Anzeigen in allen Farben, während sich die durchsichtige Infusionslösung langsam auf dem Boden verteilt. In den glühenden roten Augen liegt eine schier endlose Wut, die selbst Raphael zurück schrecken lassen würde, würde er sie in diesem Moment sehen. Doch die Augen fixieren nur den kleinen Nunchakuträger vor sich. Der hochgewachsene Mann packt den zierlichen Jungen an den Oberarmen und presst ihn mit einer derartigen Wucht gegen die nächste Wand, dass der Blonde sekundenlang Sterne sieht. Ein tiefes, bedrohliches Fauchen kommt aus dem Mund des Schwarzhaarigen, der seine Zähne, wie ein wildes Raubtier, fletscht. Die Schwester weicht panisch hinter den Arzt zurück, während sich die jungen Ninjas zum Angriff bereit machen. Allen voran natürlich Raph. Der Rothaarige stürzt nach vorn, doch ehe er auch nur in die Nähe des Bettes kommt, wird er von seinem Sensei nach hinten gerissen. Wutschnaubend versucht sich der Saikämpfer zu befreien, doch Splinter hat ihn fest im Griff. Auch seinen anderen beiden Söhnen gibt er überdeutlich zu verstehen, sich der Szene nicht zu nähern, da sie Mikey damit wohlmöglich mehr schaden, als helfen könnten. Scheinbar ist Nathan vollkommen verwirrt, da er ja nicht wissen kann, wo er ist und was hier für Leute um ihn rum sind. Das bedrohliche Fauchen und Knurren nimmt noch an Intensität zu und Nathan drückt den Jungen immer fester gegen die Wand. Mikey verzieht allerdings kaum eine Mine, obwohl seine Arme langsam taub werden und es in seinem Kopf höllisch pocht. Stattdessen setzt der blonde Junge ein sanftes, friedliches Lächeln auf und blickt seinem groben Gegenüber fest in die Augen. Das Knurren wird noch stärker und er kommt dem Jungen so nahe, dass man denken könnte, er würde ihm jeden Moment ins Gesicht beißen. Die rotglühenden Augen fressen sich förmlich in Mikey´s Schädel, dennoch hält er ihnen stand, blickt ihm stur entgegen. *In seinen Zügen liegt etwas Fremdartiges und doch Vertrautes. Es dauert einen Augenblick bis Leatherhead erkennt, was es ist. Unschuld… Und diese Erkenntnis trifft ihn fast wie ein Schlag. Das rote Glühen in den Augen verschwindet plötzlich und macht einem geschockten und zu tiefst betroffenen Ausdruck in blassem Rotbraun Platz. Die Gesichtszüge entspannen sich und nehmen einen ebenso betroffenen Ausdruck an. Dann löst sich der schraubstockartige Griff von Mikey´s Armen und der Junge plumpst auf den Boden. Nathan schlägt sich die Hände vors Gesicht und beginnt zu wimmern. Er rauf sich die Haare und sinkt schließlich auf die Knie hinunter. „Was – was – hab ich nur getan…?“, wimmert der große Mann, den Tränen nahe, vor sich hin. Man könnte meinen, er wäre eine ganz andere Person, so schlagartig hat sein Zustand gewechselt. Vollkommen irritiert verfolgen die restlichen Anwesenden das Schauspiel. Nur Yoshi trägt einen Funken in seinen Augen, der anzeigt, dass ihm irgendwie bewusst ist, was gerade passiert ist. Langsam kehrt das Gefühl in Michelangelos Arme zurück und er legt vorsichtig eine Hand auf die bebenden Schultern des ehemaligen Bandenmitglieds. Erschrocken zuckt der große Mann zusammen und blickt ängstlich und schuldvoll zu dem Jungen vor sich. Mikey schenkt ihm jedoch wieder dieses sanfte Lächeln. „Hey, alles ist gut…“, haucht er dem Schwarzhaarigen leise zu. Derweilen findet der Arzt seine Sprache wieder. „Was war denn das?“, entkommt es ihm ungläubig. „Scheinbar ist es Michelangelo gelungen, den aufgebrachten Mann mit seinem freundlichen Lächeln zu beruhigen. – Konfuzius sagt: *Der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ist ein Lächeln. Worte können vieles zerstören, doch ein Lächeln zeigt einem immer die wahren Absichten eines Menschen.“, kommt es von dem Sensei. Ja, in Mikey´s Lächeln liegt etwas schier Magisches, hat er damit doch schon wilde Raubtiere und allerhand böse Buben besänftigt. Nach ein paar erklärenden Worten begreift Nathan langsam, was alles passiert ist und das die vielen Leute um ihn herum, ihm nur helfen wollen. Nachdenklich legt er sich in sein Bett zurück und lässt sich erneut von dem Arzt untersuchen. Mehr als skeptisch wird er dabei insbesondere von Raphael beobachtet, da der rote Turtle dem ehemaligen Crocodile keinen Meter über den Weg traut. Wie er plötzlich Mikey angegriffen hat, hat dem Saikämpfer deutlich gemacht, dass von diesem Typen eine große Gefahr ausgeht und das Mikey, wie so oft, zu blind ist, sie zu bemerken. Und er kann beim besten Willen nicht verstehen, wie Splinter ihn daran hintern konnte, seinen Bruder vor dieser Bestie zu beschützen. Schmollend lehnt er mit verschränkten Armen im Türrahmen und versucht den Schwarzhaarigen abzuschätzen. Leo und Donnie scheinen wohl ausnahmsweise seiner Meinung zu seien, werfen auch sie dem jungen Mann argwöhnische Blicke zu. Yoshi wirkt auch nicht sonderlich glücklich mit der Situation, wie Mikey dort steht und sich so hingebungsvoll um diesen Mann sorgt. Einen Monat später… Das Krankenhaus ist längst Vergangenheit und Leatherhead hat den Crocodiles ein für alle Mal den Rücken gekehrt. Er hat erkannt, dass die Turtles ihm gut tun, insbesondere Michelangelo. Dennoch fällt es ihm sehr schwer seine Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein normales Leben zu führen. Er ist zwar wieder in seine alte Wohnung zurückgekehrt und versucht jetzt sogar einen Job zu finden, dennoch fühlt er sich schrecklich unsicher. Er hat Angst seiner Umwelt erneut schrecklichen Schaden zuzufügen und damit erneut Menschen zu verletzen oder gar zu verlieren, die ihm nahe stehen. Zu schmerzlich sind die Erinnerungen an seine letzte Freundin. Tanja war eine Draufgängerin und liebte die Gefahr. Nathan war jedoch stets besorgt um sie, dass ihr irgendetwas passieren könnte oder sie im Gefängnis landet. Seine überfürsorgliche Art ging ihr bald sehr auf die Nerven und sie haben sich schließlich nur noch gestritten. Am Ende hat er dann herausgefunden, dass sie ein Verhältnis mit seinem besten Freund hat. Als er sie daraufhin zur Rede gestellt hat, hat sie es nicht mal versucht zu bestreiten. Sie hat ihm mitten ins Gesicht gesagt, wie leid sie es ist, in seiner Nähe zu sein und das es ein großer Fehler von ihr war, überhaupt eine Beziehung mit ihm eingegangen zu sein. Dies hat Nathan schwer getroffen. Er hat sie über alles geliebt. Als sie dann schließlich gehen wollte, hat er versucht sie aufzuhalten. Sie wehrte sich und dann… Was dann passiert ist, kann er nicht sagen. Es ist alles schwarz, getränkt im Rot ihres Blutes, das an seinen Händen klebte. Sie war tot. Er hatte sie getötet, die Liebe seines Lebens und das, ohne es auch nur bemerkt zu haben. Er wusste schon immer, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Dass er manchmal einfach ausrastet, ohne sich dagegen wehren zu können. Dann wird immer alles Schwarz um ihn herum und wenn er wieder zu sich kommt, steht er vor den Scherben, die ihm geblieben sind. Es passiert so plötzlich, dass er es nicht stoppen kann. Es überrollt ihn wie ein Zug und dabei will er doch Niemandem etwas Böses tun. Diese schreckliche Erinnerung ist nicht die einzige, die er hat, aber mit Sicherheit die schlimmste. Danach kam er zu den Crocodiles und alles um ihn herum schien noch schlimmer zu werden. Sie haben ihn benutzt und immer wieder provoziert, damit er ausrastet – Verbrechen begeht, ohne es selbst zu wissen. Schließlich hat es ihm gereicht, nachdem ihm langsam bewusst geworden ist, was er den Menschen in seiner Nähe alles angetan hat. Er hat versucht auszusteigen, doch sie wollten es nicht zu lassen. Sie wollten ihn töten, damit er sie nicht verrät. Er konnte sich nicht wehren. Gerade in diesem Moment, wo seine Wut ein einziges Mal angebracht gewesen wäre, kam sie nicht. Vielleicht weil er selbst dachte, dadurch für seine schrecklichen Taten bestraft zu werden. Aber vielleicht war es besser so. Er hätte es nicht ertragen, noch einem Menschen wehzutun, selbst wenn es ein Verbrecher gewesen wäre. In diesem Moment hat er sich nur gewünscht, zu sterben. Lange dachte er, es würde funktionieren, doch dann hat er diese sanfte Stimme in seinem Kopf gehört, die versucht hat, ihn zu sich zu locken. Er konnte die Sorge und die Verzweiflung darin hören und konnte nicht glauben, dass diese Stimme tatsächlich nach ihm ruft. Er hat versucht sie zu ignorieren, da er nicht wieder enttäuscht werden wollte. Letztendlich hat es ihm gereicht und er ist erwacht, hat versucht, diese Stimme aus seinem Kopf zu bekommen. Doch das Einzige, was er sah, war dieser unschuldige kleine Junge, der sich so aufopferungsvoll um ihn gekümmert hat, obwohl er ihn überhaupt nicht kannte. Als ihm klar wurde, dass er dieser letzten Hoffnung auch noch wehgetan hat, ist seine Welt erneut am Abgrund gewesen, doch Mikey hat ihn nicht aufgegeben. Liebevoll hat er sich jeden Tag um ihn gekümmert und stundenlang bei ihm im Krankenhaus verbracht. Die abweisende Haltung seiner Brüder ist Nathan nicht entgangen. Es schmerzt ihn, sie so zu sehen, dennoch kann er sie verstehen. Doch wenn er in diese tiefen himmelblauen Augen vor sich blickt, scheint alles andere vollkommen egal zu sein. Mikey strahlt etwas aus, das ihn zu beruhigen scheint und so fühlt sich Leatherhead in seiner Nähe sehr wohl – geborgen und geliebt, wie schon lange nicht mehr, wenn überhaupt jemals so sehr. Unweigerlich entwickelte der Schwarzhaarige tiefe Gefühle für den kleinen Ninja – eine Liebe, die er vorher nur bei Tanja empfunden hat und von der er dachte, dass er sie, nach ihrem Tod, nie wieder empfinden könne. Doch dem Blonden scheint es ganz ähnlich zu gehen. Mikey stört sich auch nicht an den unkontrollierten Stimmungsschwankungen, denen der hochgewachsene Mann ab und an erlegen ist. Der Nunchakuträger sagt sogar oft, dass es ihn an seinen Bruder Raphael erinnert, der auch immer sehr schnell wütend wird – manchmal so sehr, dass er etwas tut, dass er gar nicht will. Doch deswegen sind Mikey´s Gefühle für ihn noch lange nicht weniger geworden. Im Gegenteil, es scheint sie immer enger zusammenzuschweißen. Diese Worte geben Leatherhead den Mut, sich Mikey zu öffnen und seine wohltuende Nähe zu genießen. So sitzen sie jetzt gemeinsam auf dem Futon des Kleineren und betrachten den langsam aufsteigenden Mond und die unzähligen Sterne vor seinem Zimmerfenster. Eine entspannte und friedliche Stimmung breitet sich zwischen ihnen aus und lässt sie all den Stress und die Qualen der letzten Zeit vergessen. Langsam wenden sie den Blick vom Fenster ab und kehren ihm den Rücken. Tief sehen sich die beiden jungen Männer in die Augen. Leatherhead blickt in das klare, unschuldige Blau des kleinen Ninjas und verliert sich immer mehr darin. So rein, wie ein neuer Morgen am Meer. Mikey geht es ganz ähnlich. Das blasse Rotbraun seines Gegenübers erinnert ihn an die imposante und kräftige Erscheinung eines majestätischen Hirsches, der in einem dunklen Wald steht und sich aufmerksam und etwas scheu umsieht. Der Blonde verliert sich in diesem traumhaften Gedanken und fühlt sich dabei wie ein kleines Tierchen, vielleicht ein Hase, der zu der beeindruckenden Gestalt des Hirsches empor blickt. Sanft lächelt der Nunchakuträger seinem Partner zu und kann ihm dabei selbst ein kleines Lächeln entlocken. Langsam nähern sie sich einander an, bis sich ihre Lippen schließlich ganz sanft und noch etwas zaghaft miteinander vereinigen. Verträumt schließt der Kleinere die Augen und würde das Ganze am liebsten um einiges vertiefen. Doch er will den Schwarzhaarigen nicht gleich überfordern oder verschrecken, ist ihm doch klar, dass er der erste Junge ist, den Leatherhead küsst, auch wenn die zwei es miteinander schon ein paar Mal versucht haben. Nathan ist trotz seiner beeindruckenden Größe und Kraft eine eher scheue und vorsichtige Person, hat er doch schon oft genug ungewollt jemanden verletzt. Zudem ist es doch irgendwie ein komisches Gefühl einen anderen Jungen zu küssen. Doch Mikey´s Lippen sind so weich und samtig, dass der Schwarzhaarige zwischendurch tatsächlich das Gefühl hat, ein Mädchen vor sich zu haben. Dies wird durch die zierliche Gestalt und die liebevolle Art des Jungen noch unterstrichen. Nach und nach fühlt sich Nathan immer wohler und verstärkt den Kuss vorsichtig. Freudig erwidert Mikey sein Tun und verschränkt die Finger im Nacken des Größeren. Sanft krault er durch die zottigen schwarzen Haare und zieht ihn näher zu sich. Mit glühenden Wangen kommt Nathan dieser stummen Bitte nach und beugt sich tiefer zu ihm hinunter. Vorsichtig gleitet er größere mit seinen kräftigen Händen unter Mikey´s Shirt und streicht beinahe sehnsüchtig über die weiche Haut unter seinen Fingern. Der Blonde seufzt in den Kuss hinein und spreizt die Beine auseinander, um seinem Gegenüber mehr Platz zu machen. Ergeben öffnet sich die feuchte Mundhöhle, als Leatherhead schwer mit seiner Zunge über die weichen Lippen fährt. Langsam dringt er in das heiße Unbekannte vor. Dabei wird ihm ganz schwindlig vor Glück, scheinbar endlich jemanden gefunden zu haben, der ihn wirklich liebt. Ermutigt durch diesen Gedanken, drückt er den Kleineren sanft auf die Laken nieder, ohne den Kuss zu unterbrechen. Bald darauf geht ihnen aber doch die Luft aus und sie blicken sich mit roten Wangen tief in die Augen. Mit vernebeltem Blick lächelt der orange Ninja ihm zu und möchte sein Gegenüber zu einem erneuten Kuss verführen. Doch plötzlich drückt Nathan ihn grob von sich weg, in die Laken zurück. *Warum musst du mich verletzten, wo ich dich doch so liebe? Wo ich doch nichts anderen kann und will, weil Liebe mich geschaffen und genährt hat und in besseren Tagen am Leben erhalten. Als Michelangelo die erste Schrecksekunde überwunden hat und zu dem Größeren aufsieht, erstarrt er fast. Das Gesicht des Schwarzhaarigen hat sich verfinstert und seine Augen glühen bedrohlich rot und zerschneiden damit das sanfte Halbdunkel des Zimmers, wie ein Schwert ein Stück Papier. Unweigerlich muss Mikey wieder an Shredder denken, wie seine rot glühenden Augen die gewittrige Nacht zerrissen haben, wie seine Krallen das Fleisch des wehrlosen Jungen. Ein tiefes Knurren erfüllt den Raum und die starken Hände des Mannes über ihm, fixieren ihn grob unter sich. „Du hast mich betrogen!“, brüllt der ehemalige Verbrecher ihm voller Zorn entgegen. Mikey´s Augen weiten sich. Wie kommt Nathan nur auf diesen Gedanken? Seit sie ihn damals in der Gasse gefunden haben, hat sich der Kleinere von niemandem mehr anfassen lassen, auch wenn das Raphael ganz und gar nicht behagt. „Nein…“, kommt es daher kraftlos von dem verwirrten Jungen. Weshalb fügst du mir Schnittwunden zu und entstellst mein Gesicht und erfüllst mich mit Leid? In Leatherheads Kopf ist alles schwarz. Kein einziger Gedanke hat neben seiner Wut mehr Platz. Er sieht nur immer wieder seine tote Freundin vor sich, wie sie ihn betrogen hat, ohne auch nur den kleinsten Funken Reue zu empfinden. Die ganze Wut, die er damals nicht raus lassen konnte, entlädt sich jetzt – doch sie trifft den Falschen. „Du lügst, du verdammte Hure!“, entgegnet er dem blonden Jungen blind und holt mit der Faust aus. Die Worte treffen den kleinen Nunchakuträger härter, als jeder Schlag, der nun auf ihn hernieder saust. Er weiß, dass sie nicht stimmen und er weiß auch, dass Nathan nichts dagegen tun kann und es auch gar nicht so meint, dennoch schmerzen ihn diese herzlosen Worte. Daher wehrt er sich auch nicht. Er hätte eh keine Chance gegen den viel kräftigeren Mann. Wenn er sich wehrt, könnte er damit alles auch nur noch schlimmer machen. Also erträgt er die Beschimpfungen und die Schläge. Jetzt zerkratzt du mich mit deinen Nägeln und tröpfelst mir brennendes Quecksilber in die Nase; du hast wilde Tiere auf mich gehetzt, dass hast du, und sie haben von mir gefressen. Das warme Blut des orangen Ninjas verteilt sich auf den zerwühlten Laken und hinterlässt dabei eine makabere Karte dessen, was hier passiert. Die stummen Tränen des Jungen mischen sich mit all dem Rot und versiegen ungesehen in dem Stoff. Erst als der kleine Turtle sich unter ihm nicht mehr bewegt, klärt sich die Schwärze im Kopf des ehemaligen Crocodile. Schwer atmend hockt er im Halbdunkeln auf dem blutverschmierten Jungen und kann nicht begreifen, was gerade passiert ist. „Nein…“, wimmert er immer wieder, während ihm heiße Tränen über die Wangen laufen und er fassungslos auf seine zitternden, blutgetränkten Hände hinabblickt. Vorsichtig streckt er seine Finger aus und streicht dem reglosen Blonden eine rotgefärbte Strähne aus der Stirn. „Michelangelo…? – Mikey…?“ Doch es kommt nichts zurück. Panisch rüttelt er an dem Bewusstlosen und versucht irgendein Zeichen von ihm zu bekommen. Doch er bleibt ungehört. Um mich herum versammeln sich Soldaten, und es gibt keine Ruhe vor ihrem Gelächter. Und einst war ich stark und schön, aber jetzt ist meine Kraft erschöpft… „Bitte nicht…“, wimmert er vor Tränen kaum verständlich, ehe er den verwundeten Jungen auf die Arme nimmt. Mit größter Vorsicht, aber dennoch schnell, trägt er den Jüngeren aus dem Zimmer und steuert fast schon zielstrebig die Kellertreppe an. Er war schon einige Male hier im Haus und besonders durch Mikey´s Erzählungen weiß er, dass sich Donnie fast immer in seinem Labor aufhält und dass dieser ihm ganz bestimmt helfen kann. Schwankend kommt er am Ende der Treppe an und steuert auf den grellen Lichtkegel zu, der durch die halb offene Labortür scheint. Der Geruch des Blutes steigt ihm in die Nase und betäubt seine Sinne. Ihm wird schwindlig und schlecht, doch er kämpft beherzt dagegen an. Geräuschvoll stößt der Schwarzhaarige die Labortür auf, dass sie krachend gegen die Wand knallt. Erschrocken und wütend wendet sich Donnie um und macht sich schon bereit, den unbekannten Störenfried auszuschimpfen. Doch als er sieht, wer da durch die Tür kommt, bleiben ihm all die bösen Worte im Hals stecken und er lässt vor Schreck seinen neuen Akkuschrauber fallen, dessen Plastikgehäuse auf dem harten Steinboden zerspringt. Ungeachtet steigt der Tüftler über die nutzlosen Einzelteile der Maschine hinweg, auf die Tür zu. Völlig aufgelöst steht Leatherhead vor ihm und weint so heftig, dass Donatello nicht ein einziges Wort verstehen kann. Doch der Stabkämpfer braucht keine Worte, um sich ein Bild von dem zu machen, was vorgefallen sein muss. Irgendetwas ist schief gegangen und der hochgewachsene Mann ist auf seinen kleinen Bruder losgegangen. Bei Mikey´s Anblick formen sich unweigerlich schreckliche Bilder im Kopf des Brünetten, die er unter größter Anstrengung versucht, zu vertreiben. Mit schweren Schritten kommt der Schwarzhaarige ihm schwankend und kraftlos entgegen. Nervös und am Rande der Panik breitet der Brünette die Arme aus und versucht alles zu vermeiden, was Nathan auch nur den kleinsten Anlass zum Ausrasten geben könnte – auch wenn es dafür nicht mal einen Anlass braucht. Tonnenschwer scheint sich der reglose Körper des Kleinen in seine kraftlosen Arme zu legen, dennoch presst er ihn mit aller Macht an sich. Mit großen Augen blickt der Tüftler zu dem Mann empor, der seinem Bruder das alles angetan hat. Überdeutlich kann Nathan in den schokoladenfarbenen Seelenspiegeln ein einziges Wort lesen: Warum? Doch er kann ihm diese stumme Frage nicht beantworten. Stattdessen fängt er hoffnungslos an zu Schluchzen und rennt dann einfach aus dem Labor. Hilflos blickt Donnie ihm nach und hört, wie der hochgewachsene Mann die Treppe hinaufrennt und dann das Haus verlässt. Schließlich schüttelt der Stabkämpfer heftig den Kopf, um wieder klar zu denken und legt Mikey dann vorsichtig auf seine Werkbank. Er schluckt hart und schließt für einen Moment die Augen, um das Zittern seiner Hände loszuwerden, ehe er sich daran macht, seinen Bruder zu untersuchen. Nur wenige Augenblicke später betreten Raphael und Leonardo völlig durcheinander das Labor. Noch ehe sie registrieren, was los ist, kann Donnie schon ihre Stimmen hören. „Sag mal, was ist denn mit Leatherhead los? Der ist eben völlig verstört an uns vorbei gerannt…“, kommt es von Leo. „Echt mal, der Kerl hat uns beinahe umgerannt, man. Und wo steckt eigentlich Mikey?“, mischt sich auch Raph ein. Hilflos, mit tellergroßen Augen, wendet sich der Tüftler ihnen zu und gibt dabei den Blick auf ihren verletzten Bruder frei. Den beiden entgleisen alle Gesichtszüge, als sie das Geschehene erkennen. Als die zitternde Stimme des lila Turtles ertönt, können sie nicht fassen, was er ihnen mitteilt. „Helft mir, er atmet nicht mehr!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)