Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 107: 107. Verzerrte Welten ---------------------------------- Nach dem wunderschönen Auftakt unseres Jahrmarktbesuches auf dem Kettenkarussel, stürzte sich meine kleine Gruppe aus Zwergenmännern und Menschenfrauen wieder mitten ins Getümmel. Wobei Getümmel noch höflich ausgedrückt war. Realistisch betrachtet, war es auf dem Platz inzwischen enger als in einer der großstädtischen Straßenbahnen zur Stoßzeit. Man konnte kaum einen Schritt vorwärts machen, wenn man sich etwas ansehen wollte. Der Strom aus Menschen floss nur so dahin und wir wurden eine ganze Weile mit gespült. Gut, so schlimm war es dann doch nicht. Außer wenn man wie ich eine unterschwellige Allergie gegen Menschenmassen hatte. Daher brauchte ich auch hin und wieder eine kleine Pause von dem Gedränge. Aber da ging es dem Rest der Gruppe nicht viel anders. Es wurde geschubst, gerempelt und hier und da auch mal ordentlich geschimpft, wenn einem jemand auf die Füße trat ohne sich zu entschuldigen. Das Geschimpfe kam hier aber meist von den Zwergenmännern. Sowas hatten sie nur selten erlebt. "Bei Durins Bart. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viele Menschen gesehen", murmelte mir Kili in einer ruhigen Minute zu. Ich brummte ihm daraufhin nur kurz bestätigend zu und schaute mich mit abwesenden Gedanken um. Wir hatten uns gerade eine freie Nische am Rand des Stroms gesucht, wo wir etwas verschnaufen und über das weitere Vorgehen beratschlagen konnten. Natürlich auch um die restlichen Süßigkeiten zu verputzen. Die waren ja leider im Weg, wenn wir zu den meisten Fahrgeschäften Zugang erhalten wollten. Die Hinweisschilder bei den Kassenhäuschen waren was das anging sehr eindeutig. Bilder wie die durchgestrichene Pommestüte, Bierflasche und Zigarette konnte man eigentlich schon von weitem erkennen. Vorausgesetzt natürlich, wenn wir mal eines zu Gesicht bekamen. Die Menge an Leuten stand meist genau davor, weshalb wohl selbst ein geschultes Elbenauge nicht hätte erkennen können, was dort geschrieben stand. Davon abgesehen mussten wir uns sicherlich auf lange Wartezeiten von bis zu einer halben Stunde einstellen. Aber das war bei diesem Bomben Wetter ja abzusehen gewesen. Doch bis es überhaupt soweit war, dass wir uns irgendwo anstellen konnten, mussten wir uns zunächst einmal einig werden, welche der zahlreichen Attraktionen wir besuchen wollten. Dieser Umstand lag allerdings nicht nur an dem Andrang oder an der viel zu großen Auswahl an Fahrgeschäften. Nein, nebenbei standen uns noch ein paar andere Probleme im Weg. Der Naschkram war das kleinere Übel. Dieser war nach einer Weile ohnehin vollkommen verputzt. Hauptsächlich, und das ärgerte gerade mich am meisten, ging es um meine dämliche Kopfwunde. Obwohl ich den Anderen nicht wegen meinem gesundheitlichen Zustand den Spaß verderben wollte. Was ich jedoch mehrfach erläutern musst, da mir gerade die Herren Zwerge nicht mal im Ansatz ihr ach so wertvolles Gehör schenkten. Aber da konnte ich mich auch mit der Mülltonne unterhalten, in der wir unsere leeren Fresstüten entsorgten. Die hätte mir wenigstens keine Widerworte gegeben. Im Gegensatz zu den kleinen Männer. Denn die waren in jeglicher Hinsicht strikt dagegen, dass sie und die Mädels etwas unternahmen, wo ich nicht dabei sein konnte. Allerdings ließ ich sie bei ihren übermäßig euphorischen und beschwichtigenden Argumentationen kein bisschen aus den Augen. So konnte mir auch die gut erkennbare Mischung aus Neugier und Unwohlsein nicht entgehen, welche immer wieder auf ihren Gesichtern Bäumchen-Wechsel-Dich spielte. Von dem hektischen Gefuchtel mit ihren Armen mal ganz abgesehen, womit sie zeitweise die Leute trafen, die es wagten zu nah an uns vorbei zu laufen. Die wütenden Kommentare der Passanten ignorierten sie dabei völlig. Gut, eigentlich wie immer, wenn ich sie auf die hiesige Menschheit losließ. Daher war das nicht ganz so ungewöhnlich. Nur in diesem Fall waren sie ganz auf einige bestimmte Sachen fixiert. Zum Einen ihre Herzensdamen zu überzeugen, dass ein Jahrmarkt nur zusammen Spaß machte. Und zum Anderen mich in den Mittelpunkt der Welt zu verwandeln natürlich. Was ich so in dieser Form nie sein wollte. Zumindest nicht für die drei. Höchstens für einen anderen bestimmten Zwerg. Aber dieser war ja nun leider zu meinem Bedauern nicht da. Ich seufzte kurz als ich unterbewusst bei dem kurzen Gedanken an ihn einen winzigen Stich in der Brust fühlte und schüttelte dann den Kopf. Nein. Nein, jetzt bloß nicht an Thorin denken. So sehr du ihn auch vermisst, du darfst jetzt nicht wieder wegen ihm anfangen zu heulen, mahnte meine innere Stimme. Und da hatte sie verdammt recht. Ich musste mich davon ablenken. Nur wie sollte ich das noch anstellen? Alle Vorschläge die Jana, Marina und ich bisher den Jungs offeriert hatten gefielen den feinen Herrschaften ja nicht. Dabei juckte es ihnen sichtlich in den Fingern, einmal in eine der Achterbahnen oder der schnelleren Karussells einzusteigen und den Spaß mit den Menschen dort zu teilen. Doch ihr angeborener Argwohn vor dem großen Unbekannten war weit größer, weshalb sie sich nach weiteren langatmigen Anekdoten lieber hinter meinem Befinden versteckten. Eigentlich war es recht ungewöhnlich, wo sie sich doch sonst immer an alles Mögliche und Unmögliche heran wagten, wenn ich mich da an diese überzogene Modenschau und den Ausflug zum Supermarkt erinnerte. Vermutlich hatte aber gerade diese Erfahrung die beiden Brüder und auch Bofur gelehrt, dass es nicht immer klug war sich auf Sachen einzulassen, mit denen sie sich nicht auskannten. Gut, ich konnte sie ja nicht einfach in einem der Sitze festschnallen und sagen: "Jetzt habt gefälligst Spaß!" Wobei ich es mir schon sehr lustig vorstellte, wie sie sich strampelnd und zeternd versuchten von den Bügeln zu befreien, während sie langsam mit den Kettengewinden nach oben gezogen wurden und dann im fast freien Fall gen Erde zurück rauschten. Nun konnte ich mir ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Als ich mir dann noch ausmalte, wie sie danach zerzaust und auf wackligen Beinen aus den Wagen stiegen, um zur nächsten Toilette zu taumeln, weil sie allesamt grün um die Nasen waren, musste ich mir sogar ein verhaltenes kichern verkneifen. Aber das ganze Theater blieb leider nur ein kleiner Wunschtraum von mir. Auch wenn ich es mit einiger Genugtuung genossen hätte. Nur damit diese endlose Diskussion endlich aufhörte. Nunja, man kann den Berg ja schlecht zum Propheten kommen lassen. Oder in ihrem Fall quer durch Mittelerde schieben, damit der Erebor sich irgendwo in der Nähe von Bree ansiedelte und somit auch die ganzen Hobbitfilme und das Buch wesentlich kürzer ausfielen. Im Nachhinein betrachtet konnte ich ihr Unbehagen ja schon verstehen. In ihrer Heimat würde man diese Gerätschaften wohl für irgendwelche Monster halten. Allerdings waren die Drei meines Erachtens bereits lang genug in meiner Welt unterwegs, um eigentlich zu wissen, dass ihnen nichts passieren konnte. Zumindest nicht, wenn sie mit ihrer Umwelt etwas umsichtiger umgehen würden. Das mussten sie allerdings noch von mir lernen. Neben dem ganzen anderen Kram, den ich bereits auf meiner imaginären Checkliste notiert hatte. Bisher waren aber die meisten Versuche in vielerlei Hinsicht gescheitert. Dass sie inzwischen regelmäßig meine Dusche benutzten und die Kleidung trugen, welche ich ihnen bereitlegte, war immerhin ein Anfang. Beim ganzen großen Rest waren sie jedoch nach wie vor einfach nur stur und unheimlich bockig. Sie ritten lieber weiter auf meinem Nervenkostüm herum. Nur passte mir das alles gerade an diesem Tag überhaupt nicht in den Kram. Ich war doch nun wirklich dafür da, dass ich ständig für ihre Ausreden hinhalten musste. Nein, ganz bestimmt nicht! Gut, ich hatte zu beginn der Diskussion ein bis zweimal nachgegeben, um ihnen einen Schock und womöglich einen Aufenthalt bei Jörg, dem großen Porzellangott zu ersparen. Beim dritten Mal, wo sie wieder anfingen zu erläutern, wie schlimm es doch für meinen allein zu lassen, da ich wegen meinen ach so bedauernswerten Gesundheitszustand nichts mit ihnen unternehmen konnte, platze mir aber endgültig der Kragen. "Jungs, ernsthaft! Das wird langsam lächerlich. Ich kann unten am Zaun warten, bis ihr von der Achterbahn kommt. Das ist doch kein Drama!", fuhr ich sie wütend an. Doch wie zu erwarten stieß mein aufwallender Zorn nur auf verständnislose Blicke und prallte an der geballten Wucht ihres Zwergenegos ab. "Cuna, wir sind gemeinsam hier. Da wäre es nur gerecht, wenn wir alles zusammen machen. Das habe ich dir nun schon zum sechsten Mal gesagt ", kam es von Fili, der protestierend die Arme vor der Brust verschränkte. Und sein jüngerer Bruder sprang ihm wenig später auch wieder zur Seite und sagte: "Fili hat recht. Wir lassen niemanden zurück. Entweder alle gehen oder keiner." Ich rollte indessen zum x-ten Mal mit den Augen und gab einen tiefen, langen Seufzer von mir. Ernsthaft? Musste ich diesen leidigen Kampf wirklich allein bewältigen? Offenbar schon. Denn weder die Mädels noch Bofur machten auch nur Ansätze mir zu Hilfe zu kommen. Im Gegenteil. Sie standen nur dabei, während ich mich mit meinen beiden angenommenen Brüdern zoffte. Mir blieb nur eines übrig. Meine Trumpfkarte auszuspielen. Auch wenn das hieß eine weitere Person mit in den Zank hineinzuziehen, die ja so gesehen schon damit zu tun hatte. Ich mochte es zwar nicht übers Herz bringen. Aber ich kam mir in dieser Ausweglosen Situation recht albern vor. Da war mir jedes Mittel recht, um nicht das Zentrum des Universums zu bilden. So holte ich einmal tief Luft, um zu meinem verbalen Gegenschlag anzusetzen. "Meine Fresse, es geht doch heute nicht um mich und meine Probleme. Jana hat uns eingeladen mitzukommen, also ist das der Tag von ihr und auch von dir, Fili. Hast du das vergessen?", erwiderte ich genervt mit einem Wink in ihre Richtung. Interessanterweise reagierte die junge Frau wesentlich gelassener auf meine Worte, als ich zunächst angenommen hätte. Sie lächelte kurz drauf ruhig und leicht verlegen, bevor sie beschwichtigend die Hände hob und meinte, "Jacky. Das ist doch kein Ding. Die Jungs haben recht. Wir sind zusammen hier, also sollten wir alle mitnehmen. Ich möchte dich nicht von dem Spaß ausschließen, weil du nicht kannst oder darfst. Außerdem werden Fili und ich sicherlich noch viel Zeit miteinander verbringen können, wenn er nicht plötzlich wieder ungeplant abreist. Heute sind wir aber eine Gruppe und du hast selbst zu Anfang gesagt, dass wir zusammen bleiben sollen." Puff. Mit diesen Worten war bei mir die Luft raus. Na wunderbar. Das hätte mir klar sein müssen. Natürlich war sie auf seiner Seite. Und noch viel schlimmer. Ich war mit meinen eigenen Worten geschlagen worden. Noch dazu so vernichtend. Nun stand es drei gegen einen. Wobei ihre Aussage weit schwerer wog, als die der Jungs. Nun musste ich mich wohl oder übel damit abfinden. Wenn es Janas Wunsch war, dann würde ich mich dem nicht weiter wiedersetzen. "Also.... also gut... Ich geb mich geschlagen. Wenn ihr wollt, dass ich euch den Spaß verderbe", brummte ich mit hängenden Schultern und knirschenden Zähnen. Ich hörte daraufhin meine Gruppe reihum lachen und bekam im nächsten Augenblick einen ordentlichen zwergischen Schulterklopfer zu spüren, der nur von Bofur stammen konnte. Diese Art von Klaps war wirklich sein Markenzeichen. Daran würde ich ihn immer erkennen können. Denn kein Anderer schaffte es mit einer so schmerzhaften, wenn auch freundschaftlichen Geste mir derart die Luft aus den Lungen zu pressen wie er. Auch der melodisch, sonnige Klang seiner Stimme war derart unverwechselbar, dass ich ihn unter tausenden erkennen konnte. So auch diesmal, nachdem er mich auf typisch raue Zwergenart fast zu Boden streckte. "Ach Cuna. Da braucht es mehr als dich, um uns den Spaß zu verderben. Los! Kopf hoch und auf in den Kampf! Thorin würde auch nicht wollen, dass du hier herumstehst und wegen solch belanglosen Dingen Streit anfängst", murmelte mir der Mützenzwerg am Ende gut gelaunt ins Ohr und schüttelte mich ein bisschen. Während er sprach, entging mir allerdings dieser seltsame Unterton nicht, der mir von irgendwoher sehr vertraut vorkam. Als es mir nach einigen Sekunden klar wurde, wo ich diesen Klang schon mal gehört hatte, zuckte ich erschrocken zusammen und blinzelte Bofur verwirrt mit leicht geöffnetem Mund an. Ich kannte diesen Tonfall. Ich hatte ihn so oder so ähnlich bereits mehrfach gehört. Er rief mir etwas ganz bestimmtes ins Gedächtnis. Ich wolle es weder glauben noch zu diesem unpassenden Zeitpunkt ansprechen. Das würde nur unangenehme Fragen aufwerfen. Die würden ohnehin früher oder später noch kommen. Das wusste ich instinktiv. Es war aber für den Moment besser nicht weiter darauf einzugehen. Darüber konnte ich mit ihm noch sprechen, wenn wir am Abend zuhause waren. Sofern ich es nicht irgendwie vergas. Etwas anderes verstörte mich weit mehr an seinen Worten. Nämlich, dass er von Thorin angefangen hatte und was dieser für richtig halten würde. Dabei wollte ich den Zwergenkönig und dessen eisernen Willen für kurze Zeit mal aus meinem Oberstübchen verbannen. Ich wollte nicht an ihn denken. Auch wenn ich ihn immer noch trotz dem ganzen Mist, der zwischen uns geschehen war sehr liebte. Es war die Sehnsucht, die sein Name in mir weckte und in meiner Brust einen festen, schmerzenden Knoten bildete. Mir drehte sich sogar buchstäblich der Magen auf links. Ich hätte mich Stundenlang übergeben können so weh tat es. Mit ihm diesen Tag zu verbringen und all den Erinnerungen, die damit hätten verbunden werden können, wäre für mich eines der höchsten Güter gewesen. Aber nein. Natürlich musste das Schicksal mal wieder einen riesigen Arsch besitzen, welchen ich mitten ins Gesicht geklatscht bekam. Ich fluchte mehrmals innerlich, als Bofurs letzter Satz immer wieder und wieder durch meine Gedanken hallte. Es fiel mir unsagbar schwer nicht irgendwie loszuschreien oder dem Mützenzwerg dafür in die Seite zu boxen, dass er bei mir diesen Sturzbach an Gefühlen los trat, den ich krampfhaft versuchte zu unterdrücken. Leider konnte man mir wohl zwangsläufig diese Gefühle sehr deutlich an meinem Gesicht ansehen. Denn Bofur hob irritiert eine Augenbraue und fragte leicht besorgt: "Warum schaust du mich so böse an? Stimmt etwas nicht, Cuna?" Ich hatte auf seine Frage hin bereits den Mund geöffnet um etwas recht unschönes zu erwidern, schüttelte stattdessen nach kurzer Überlegung aber lieber den Kopf, während ich die ganzen Verwünschungen herunter schluckte, die mir auf der Zunge brannten. Zu gern hätte ich ihn angeknurrt, dass er den Zwergenkönig gegenwärtig nicht erwähnen sollte, weil es mir unglaublich weh tat. Doch ich behielt es besser für mich. Vielleicht ergab sich zuhause eine Möglichkeit ihn deswegen zurechtzustutzen. Nun musste ich erst einmal um Fassung ringen, ehe ich ihm knapp und trocken antwortete: "Nee, nee... Alles in Ordnung, Bofur. Aber bitte hör auf mich zu schütteln. Ich werde noch Seekrank von dem Geschaukel." Ich versuchte mich rasch von ihm zu lösen, doch drückte mich dieser noch einmal fest und freundschaftlich. Wohl auch, weil er irgendwie ahnte, weswegen ihn meine tödlichen Blicke getroffen hatten. Dann lächelte er wieder sehr breit und verkündete selbstbewusst: "Das will ich hören, Cuna! Los, lasst uns weiter ziehen." Und mit diesen großen Worten des kleinen Mannes, setzten wir uns erneut in Bewegung. Hinein in den Publikumsverkehr und das endlose Herumgeschubse. Was blieb uns auch anderes übrig? Nur Rumstehen brachte ja auch nichts. Wenn wir etwas Geeignetes finden wollten, mussten wir zwangläufig die Position wechseln. Auch damit wir uns mal irgendwo anstellen konnten. Außerdem hatte sich nun die ganze Bande dazu entschlossen nur noch das zu machen, was ich mit ihnen tun konnte. Hieß also im Klartext, sie verzichteten auf den schönsten Nervenkitzel ihres Lebens allein mir zuliebe. Na tolle Wurst. Genau das, was ich nicht wollte. Aber ich konnte es nicht mehr ändern. Sie waren ja darin bestrebt mir auch eine schöne Zeit zu geben. Zumindest sah ich das bei den Frauen so. Die Zwerge wollten sich in dem Punkt ja lediglich nicht anmerken lassen, dass ihnen die Knie weich wurden, wenn sie die Monstergerätschaften nur von Weitem sahen. Soviel mal wieder zum mutmaßlich starken Geschlecht. Wir klapperten nun Bude für Bude und Fahrgeschäft für Fahrgeschäft ab. Aber selbst nach einigen Minuten des erneuten Dahintreibens in der Masse gab es keine Aussicht auf etwas, was allen gefiel. Jedoch sollte meine dunkle Vorahnung bald Realität werden, die ich vor nicht allzu langer Zeit noch an dem Süßwarenstand gehabt hatte. Der Ärger drohte von einer vermeintlich harmlosen und unscheinbaren Attraktion, die nur wenige Besucher in ihren Bann zog. Bisher mussten wir sie wohl in der großen Masse übersehen haben. Sie wirkte auch im Gegensatz zu dem anderen Kram recht unscheinbar. Ja, fast schon nostalgisch. Erst als wir davor Halt machten, spürte ich einen leichten Stich in der Magengegend, der diesmal ausnahmsweise nicht mit Thorin zu tun hatte. Vor allem nachdem mich Marina kurz anstubste und mit fröhlicher Stimme sagte: "Hey. Das wäre doch etwas, wo wir alle rein gehen könnten." Ich fuhr kurz aus meinen Gedanken hoch und wandte mich ganz langsam zu ihr um. Nachdem ich begriff wohin sie unsere Gruppe genau führen wollte, blieb mir fast das Herz stehen. Das konnte doch nicht ihr Ernst sein? Das Spiegelkabinett?! Wirklich?! Ausgerechnet so ein Ort, wo die Zwerge alles Mögliche zerdeppern konnten, wie eine Horde wilder Elefanten in der Meissner Porzellanfabrik?! Um Himmelswillen, nein! Alles, nur das nicht! Ich hatte schon genug Pech in der letzten Zeit, da brauchte ich nicht noch mehr als einmal sieben Jahre durch zerbrochene Spiegel! Gut, eigentlich war ich nicht abergläubig. Aber ich hatte auch nie daran geglaubt, dass es echte Zwerge gabt. Nun musste ich auch noch schwer schlucken, als ich die drei bärtigen Herren erleichtert grinsen sah, während diese die Attraktion begutachteten. "Das sieht wirklich gut aus. Ich denke, das können wir machen", kam es plötzlich von Kili dessen Grinsen immer breiter wurde. Entsetzt fuhr ich zu ihm herum und musterte ihn ungläubig. "Das ist nicht dein Ernst, Kili?", erwiderte ich fast tonlos. Doch der dunkelhaarige Bursche nickt nur zuverlässig. "Natürlich ist es das. Auch wenn mir nicht klar ist um was es sich dabei handelt. Es scheint gut genug zu sein, dass wir alle dort hinein gehen dürfen", meinte er und deutete auf das Hinweisschild am Kassenhäuschen. Tatsächlich waren dort nur wenige Dinge aufgelistet, welche zu beachten waren, wenn man das Kabinett betreten wollte. Lediglich essen, trinken und rauchen war untersagt. Alles Weitere ging in Ordnung. Nunja bis auf den Vermerkt, dass Kinder unter sechs Jahren nur in Begleitung ihrer Eltern da rein durften und alle unter drei Jahren ganz ausgeschlossen waren. Aber das betraf uns ja nicht. In dem Moment aber zu meinem Leidwesen. Ich schüttelte nach Kilis deutlicher Antwort kurz den Kopf und starrte ihn weiterhin ungläubig an. Er wusste nicht einmal WAS das für eine Attraktion war und wollte sich einfach ins Vergnügen stürzen. Na dann gute Nacht, dachte ich zerknirscht. Die Herren würden sich ja fein umsehen, bei dem was sie da drin erwarten würde. Ich wusste schon, was auf sie zukam. Ich war schon das ein oder andere Mal durch so ein Labyrinth geirrt und hatte mir bei diesen Gelegenheiten des Öfteren die Nase ungewollt an der nächstbesten Scheibe platt gedrückt. Wie mochte es dann erst bei den Zwergen aussehen? Oh weh, oh weh. Das konnte einfach nicht gut gehen. Und bei etwas zu protestieren, dass unter normalen Umständen vollkommen harmlos war hatte keinen Zweck. Wenn ich mich bei so etwas quer stelle, würden mich gerade die beiden anderen Frauen noch für vollkommen übergeschnappt halten. So musste ich wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und der Dinge harren, die da auf mich zukamen. Hoffentlich nicht in Form einer Schadensersatzklage, die ich meiner Haftpflichtversicherung vorlegen musste, dachte ich mit zunehmendem Unbehagen. Dabei war ich nicht mal auf Schäden durch zwergischen Vandalismus versichert. Sowas gab es ja auch nicht in meiner Welt. Das brauchte hier kein Mensch. Außer mir inzwischen. Nur im Einzelfall würden die ja auch keine Ausnahme machen und die Kosten für sowas übernehmen. Wenn ich bedachte was schon alles durch diese Männer kaputt gegangen war, dann musste ich mir für die Zukunft wirklich noch einen dicken Sparstrumpf zulegen. Aber darüber machten sich die Männer keine Gedanken. Sie sahen im Moment nur eins. Da standen kaum Leute an und niemand brüllte wie am Spieß, weil es permanent hoch oder runter ging. Folglich der perfekte Ort um mich an den Rand eines Nervenzusammenbruchs zu bringen. Gut, es war immer noch besser als die Geisterbahn direkt nebenan, wo ich Gefahr lief sie davon abhalten zu müssen, die Monster und Horror-Puppen zu demolieren, welche schon vor dem gewollt schäbigen, alten Pappmaschee Gebäude den Besuchern das kalte Grauen über den Rücken jagen sollten. Zum Glück blieb mir zumindest das erspart. Vorerst jedenfalls. Hoffentlich wollten die Männer nicht auch noch da rein, schoss es mir beiläufig durch den Kopf. Ich schüttelte den Gedanken jedoch bis auf weiteres ab und machte gute Miene zum bösen Spiel. Eine andere Wahl hatte ich auch nicht. Die Männer waren sich recht schnell darüber einig geworden, dass dies nun unser nächstes Ziel des Ausflugs sein sollte. Und auch die Damen stimmten ihnen begeistert zu. "Oh ja, das könnte bestimmt lustig werden", kam es von Jana, welche sich kichernd bei Fili einhakte. Dieser strahlte über das ganze Gesicht, wie ein Honigkuchenpferd und sagte:"Na dann ist es ja beschlossen. Worauf warten wir noch?" Auf seine Frage hin wandten sich aller Augen zu mir. Ich konnte nur noch seufzen und mit den Schulter zucken ehe mir ein knappes, "also gut. Machen wir das", über die Lippen kam. Alle nickten reihum und ehe ich mich versah, hatte mich Kili am Handgelenk gepackt und rief: "Dann mal los! Lasst uns gehen. Das wird bestimmt amüsant." Und noch ehe ich mich versah zog mich der dunkelhaarige Bursche einfach hinter sich her. Schnurstraks zum Kassenhäuschen hin um die Eintrittsmarken zu holen. Der Rest der unseres ungewöhnlichen Gespanns folgte wenig später. Natürlich mussten wir ein bisschen warten. Denn aus Sicherheitsgründen konnte immer nur eine gewisse Anzahl von Besuchern hinein. So blieb mir genug Zeit das Ding einmal genau unter die Lupe zu nehmen. Von außen war der Aufbau eher unspektakulär gehalten. Hier und da zogen sich einige bunte Blinklichter in langen Reihen zwischen Bilder, die Straßengrafittis ähnelten, an der Fassade entlang. Und damit wars das schon an halbwegs auffälliger Dekoration. Das Highlight war ja schließlich das Labyrinth im Innern, welches man anhand einer großen Glasfront nach außen bereits einsehen konnte. Die Herren Zwerge interessierte die bunte Fassade wenig bis gar nicht. Sie reckten nur neugierig die Hälse, und scharrten ungeduldig mit ihren Füßen, wann wir denn endlich dran waren mit Bezahlen und rein spazieren. Nach ein paar Minuten ging es dann aber doch endlich weiter, als eine kleine Gruppe von Frauen im mittleren Alter herauskam und die nächsten hinein durften. Nun waren wir an der Reihe mit kartenkaufen. Im Häuschen saß ein älterer Herr mit rundem Gesicht, Halbgaltze, Dreitagebart und ziemlich dunklen Schatten unter den müden Augen. "Wie viele?", schnarrte er träge und musterte uns der Reihe nach. "Sechs Erwachsene, bitte", erwiderte ich und kramte bereits nach meinem Geldbeutel. "Macht Zwölf Euro", entgegnete er knapp, während er fast in Zeitlupe die Chips hervor kramte, diese abzählte und dann in einem Stapel vorne auf seinen Tresen stellte. Ich zog bereits einen Zwanziger heraus und wollte ihm den Mann reichen, als Kili meine Hand ergriff und sagte: "Lass nur, Cuna. Ich übernehme das." "Aber Kili. Ich kann doch...", setzte ich an, doch der junge Zwerg schüttelte lächelnd den Kopf. "Nein, Schwesterchen. Es ist Ehrensache, dass ich das mache. Wir bereiten dir genug Ärger, da musst du nicht auch noch an diesem Tag für uns aufkommen", entgegnete er nun mit wesentlich mehr Nachdruck in seinen Worten. Und ehe ich erneut widersprechen konnte, zog er einen ganzen Fünfziger aus der Tasche und reichte diesen ohne lange nachzudenken dem überraschten Kassierer mit den Worten: "Der Rest ist für Euch, Herr." Der Typ im Kassenhäuschen starrte nur verdattert von dem Schein zu Kili, der ihm gerade allen Ernstes ein Trinkgeld von achtunddreißig Euro anbot. "Was? Wie? Wieso? Soll das ein Witz sein, Junge? Ist das versteckte Kamera hier oder bist du ein Ölscheich?", stotterte dieser zögerlich. Doch nicht nur der Mann, auch die unsere Begleiterinnen und vor allem ich waren geschockt. Eigentlich war ich fast schon entsetzt darüber, wie leichtfertig er da mit dem Geld um sich warf. "Kili! Das kannst du doch nicht machen! Das ist zu viel!", raunte ich ihm zu. Doch er zuckte nur verständnislos mit den Schultern. "Was? Warum kann ich das nicht? Ich habe kein Papier, wo eine Zwölf drauf steht. Dann muss er mit diesem hier vorlieb nehmen, oder etwa nicht?", hakte er bei mir nach und legte den Kopf schief. Am liebsten hätte ich mir in dem Moment mit der flachen Hand vor die Stirn geschlagen. Meine Güte, er hatte wirklich keine Ahnung, wie viel dieses einfache Stück Papier wert war. Um Himmelswillen, wie viel hatten er und sein Bruder dann neulich dem Pizzaboten gezahlt?! Hilfe! Die Männer würden schneller pleitegehen, als mir lieb war, wenn das so weiter ging. Und ich dachte immer Zwerge wären so geizig mit ihrem Geld. Nunja, wenn ich so darüber nachdachte mit IHREM Geld aus Mittelerde vielleicht, schoss es mir dann schlagartig durch den Kopf. Die Währung meiner Welt war für sie offenbar nicht weiter von Bedeutung. Dort gab es meines Wissens nach sowas wie Geldscheine nicht. Da wurde alles in Münzen bezahlt. Wie mussten sie erst geschaut haben, als Richi sie damals mit zur Bank genommen hatte um die Goldmünzen einzutauschen? Nein, so konnte das nicht weiter gehen. Das musste ich dringend unterbinden. Mir blieb auch nur eine Möglichkeit, wie ich das anstellen konnte. Ich begann einfach mal gespielt trocken zu lachen und entwand meine Hand seinem Griff, als er diesen etwas lockerte und reichte dem Mann schleunigst meinen Zwanziger mit den Worten: "Ähm.... Er ist nicht von hier. Er kennt sich mit der Währung nicht so gut aus." Der Kassierer löste seinen Blick von Kili und nuschelte: "Na dann bring ihm das mal besser schnell bei, Mädchen. Gibt viele unehrliche Menschen heutzutage, die es auf solche naiven Leute wie ihn abgesehen haben könnten." "Ja. Ja, da haben Sie wohl recht. Ich muss besser auf ihn aufpassen", entgegnete ich mit einem verlegenen, künstlichen Lächeln. Kili klappte indessen empört und sichtlich beleidigt der Mund auf. Der arme Bursche verstand die Welt nicht mehr. Doch ich schüttelte ihm gegenüber nur mahnend den Kopf und versuchte ihm still zu verstehen zu geben, dass er nun besser keine weiteren Fragen in der Richtung an mich stellen sollte. Zumindest das verstand er und schloss den Mund wieder. Obwohl ich meinte ihn kurz mit den Zähnen knirschen zu hören. Vielleicht war es auch nur Einbildung, da der Mann im Kassenhäuschen das Wechselgeld abzählte, welches er mir zusammen mit den Chips entgegen reichte. Ich bedankte mich noch einmal kurz mit einem freundlichen Lächeln und komplementierte meine Gruppe so schnell ich konnte in Richtung Eingang. Unter anderem auch, weil ich ein deutliches kribbeln im Nacken spüren konnte. Dies kam ohne Zweifel von den fragenden Blicken die mir Jana und Marina zuwarfen. Das war auch durchaus berechtigt. Die letzte Aktion war alles andere als Clever gewesen. So langsam wurde es brenzlig für mich. Die Frauen würden bald dazu über gehen mich in ein Gespräch zu verwickeln, was die Herkunft unserer zwergischen Begleiter betraf. Ich musste schnell für die richtige Ablenkung sorgen. Und dazu würde aus kommen. Zumindest sobald wir endlich im Spiegelkabinett waren. Dazu mussten wir aber noch an einen anderen Herrn vorbei, welcher uns an der Eingangskette erwartete und Wortlos die Hand nach den Eintrittschips ausstreckte. Ich drückte ihm diese umgehend in die Hand, während ich weiterhin versuchte das unangenehme Kribbeln in meinem Nacken zu ignorieren. Dieses wurde allerdings stärker, nachdem der Mann uns in monotoner gelangweilter Stimme viel Spaß wünschte und die Herren Zwerge kurz drauf einfach wie von Sinnen drauf los stürmten. Natürlich ohne auf uns Damen zu warten. "Hey! Wartet! Nicht so schnell!", brüllte ich ihnen noch hinterher, doch da waren sie bereits in dem Gebäude verschwunden. Ich seufzte kurz und schüttelte nur bedröppelt mit dem Kopf. "Mein Gott diese Männer", kam es dabei über meine Lippen. "Ja. Da hast du wirklich recht. Sie benehmen sich schon sehr eigenartig", meinte Marina nachdenklich. Auch Jana murmelte mit gerunzelter Stirn: "Sowas hab ich auch noch nicht erlebt. Ich meine, kommt es euch nicht merkwürdig vor, dass sie sich so aufführen? Ich hab das Gefühl, dass sie noch nie einen Jahrmarkt gesehen haben. Geschweige denn überhaupt wissen, wie man mit Geld umgeht. Das ist mir auf der Zeltstadt schon aufgefallen. Sie schmeißen nur so mit Geld um sich, ohne drüber nachzudenken wie viel das eigentlich Wert ist." Nun lief es mir sichtlich eiskalt den Rücken runter. Oh weia. Die Frauen schöpften wirklich langsam Verdacht, dass hier in aller Welt etwas nicht ganz Richtig laufen konnte. Gut, wie sollte man auch gerade DAS übersehen?! Schließlich waren die Damen ebenso wenig wie ich auf den Kopf gefallen. Obwohl ich im Moment danach aussah. Ich musste mir wirklich etwas einfallen lassen. Vor allem, da sie mich nun noch deutlicher musterten, als ich mich wenig später mit einem verschmitzten Lächeln zu ihnen umdrehte. "Ähm... Ja merkwürdig. Da hast du recht Jana. Aber wir sollten uns mal lieber beeilen um ihnen hinterher zu kommen. Nicht, dass wir sie da drin noch verlieren und sie nicht mehr rauskommen", stammelte ich hastig und deutete nachdrücklich in Richtung Eingang. "Ja. Du hast recht. Lasst uns gehen. Darüber können wir wirklich später noch Gedanken machen", meinte Marina und Jana nickte zustimmend. Ich atmete innerlich erleichtert auf. Gott sei Dank verschoben sie dieses Thema vorerst, dachte ich und ging ihnen voraus. Natürlich mitten hinein ins Vergnügen. Oder vielmehr ins nächste Chaos? Ja ich glaubte, dieses Wort würde besser zu den nächsten Geschehnissen passen. Kaum waren wir drin, erwartete uns bereits ein langer Gang, der zunächst noch an dem eigentlichen Labyrinth vorbei führte. So konnten wir auch sehen, wo sich die drei Ausreißer aufhielten. Zumindest Zeitweise. Schließlich war das verwendete Glas zu einer Seite hin mit einer Spiegelschicht versehen. Andere waren komplett einsichtig. Und das auch von beiden Seiten. Also wunderte es mich nicht, dass ich wenig später direkt zu meiner rechten einen heftigen Dumpfen Aufschlag vernahm, bei dem ich vor Schreck einen Satz zur Seite machte. Vollkommen erschrocken blickte ich auf einen jungen, blonden Zwerg, der sich gerade mit tränenden Augen die Nase hielt und mit dumpfer Stimme vor sich hin fluchte. Fili war bei unserem Anblick mit voller Wucht gegen die Scheibe geklatscht, welche er wohl fälschlicherweise für einen Durchgang gehalten hatte. Nachdem der erste Schock aber überwunden war, konnte ich nicht anders als herzlich aufzulachen. Das geschah ihm schon ganz recht. Sich einfach so Hals über Kopf davon machen ohne zu wissen, auf was sie sich da eingelassen hatten. Jana war hingegen nicht so wirklich nach Lachen zumute. Sie eilte zum Glas und legte ihre Hände darauf, während sie ihm entgegen brüllte: "Meine Güte, Fili! Ist alles in Ordnung mit dir?!" Der Zwergenbursche hob wenig später den Kopf welchen er kurz schüttelte um wieder klar zu werden. "Ja. Ja, ich denke schon. Bei Durins Bart, was war das?!", kam es uns unter erneutem Fluchen dumpf entgegen. "Das war eine Scheibe", entgegnet ich laut aber dennoch trocken. "Das habe ich nun auch bemerkt. Ich dachte dies wäre der Ausgang", entgegnete er und rieb sich die Nase. "Der Ausgang wird wohl oder übel am anderen Ende des Labyrinths sein. Oder was hast du gedacht? Wo sind eigentlich die anderen zwei?!", fragte ich und versuchte Bofur und Kili irgendwie zu erspähen. Doch leider war das vergeblich. Entweder sah ich weitere Spiegel oder andere Besucher, welche gegen Scheiben klatschten. Fili blickte sich nach meiner Frage einen Moment lang um und kratzte sich am Kopf, ehe er schulterzuckend antworte: "Ich weiß es nicht! Wir haben uns getrennt um den Ausgang zu finden. Wir wollten dann den anderen Bescheid geben, sobald einer diesen gefunden hat." Mir klappte unwillkürlich empört der Mund auf. Nein! Nein, das hatten sie nicht ernsthaft getan?! Sie hatten sich nicht wirklich getrennt um jeweils auf eigene Faust einen Weg aus diesem Wirrwarr zu finden?! Doch als ich in die blauen Augen des Zwergs blickte, wusste ich bereits, dass dem der Wahrheit entsprach. Auch weil ich die anderen beiden nirgendwo erblicken konnte. Um Himmels willen! Was hatten sich die drei dabei Gedacht?! Erst lieben sie vor und dann trennten sie sich auch noch. Meine Güte, jetzt konnte ich sie auch noch einzeln einsammeln gehen. Die würden doch niemals ohne Hilfe da raus kommen. Zumindest hatte Fili das eben eindrucksvoll und lautstark bewiesen. Meine Fresse, die Katastrophe auch noch. Zwerge in einem Labyrinth suchen, war genauso gut, wie den Arkenstein in einem Berg voller Gold und Juwelen zu finden. Aber wenigstens eine gute Sache sah ich in dem Moment noch dabei. Sie waren grade erst reingegangen und konnten sich noch nicht so lange getrennt haben. Sonst hätten wir Fili nicht einmal gesehen. Also mussten die anderen noch irgendwo in der Nähe herum stromern. Nun denn. Wenn der Berg sich vor dem Propheten teilt, dann muss er eben die Stücke einzeln zusammensuchen und wieder zusammen setzen. So in etwa musste ich das nun auch tun. Und zwar der Reihe nach. Dafür musste ich aber erst einmal sicher, dass das erste Bergstück sich vorerst nicht vom Fleck bewegte, sodass ich es mit Jana und Marina einsammeln konnte. Ich trat wieder näher ans Glas und musterte Fili mit ernstem Blick ehe ich ihm entgegen rief: "Wir kommen jetzt rein. Du bleibst da wo du bist, wir holen dich ab. Geh bloß nicht noch irgendwo weiter, damit wir dich nicht verlieren. Hast du verstanden?!" Der blonde Bursche nickte knapp und rieb sich erneut die Nase. "Gut! Ich verlass mich drauf. Also, dann lasst uns mal gehen", sagte ich mit einem schwermütigem Seufzen zu Jana und Marina, welche mir entschlossen entgegen nickten. Damit war es beschlossen. Wir gingen unseren Weg weiter, bis wir um eine Ecke bogen, wo sich dann der eigentliche Zugang befand. Dieser teilte sich, wie ich erwartet hatte, in drei Richtungen auf. Einer in Richtung von Fili, die anderen zwei entweder nach vorne oder nach links. Na das konnte was werden. Aber es half ja nichts darüber zu verzweifeln. Erst einmal mussten wir uns Fili schnappen. So wandten wir uns direkt nach rechts und versuchten seine Spur zu verfolgen. Zum Glück hatte mir Richi einmal einen guten Trick erklärt wie man es halbwegs unbeschadet durch so ein Labyrinth schaffte. Man musste nur die Halterungen der Gläser am Boden genau beobachten. Wenn sich irgendwo eine fehlte, war dies schon ein gutes Zeichen. Dann konnte man dort hindurch gehen, ohne sich zu stoßen und zu stolpern. Auf diese Weise gelangten die Damen und ich auf sicherem Weg zu den blonden Zwergenburschen. Dieser atmete erleichtert auf, als wir um die Ecke kamen und keuchte wenig später als sich Jana an mir vorbei quetschte um ihm in die Arme zu springen. "Mann, Fili! Renn doch nicht einfach so weg! Ich hab mir solche Sorgen gemacht", sprudelte es aus ihr heraus, während sie sich fest an ihn drückte. Dieser lächelte verschmitzt und tätschelte ihr zur beruhigung den Rücken. "Ja, ich... tut mir leid. Daran habe ich nicht gedacht", stammelte er verlegen. "Na zumindest haben wir dich jetzt. Nun müssen wir noch Bofur und deinen Bruder einfangen. Aber am besten gehen wir erst mal wieder zurück und starten von da neu. Die sollten ja hier irgendwo noch sein", meinte ich mit verschränkten Armen und leicht ungeduldiger Stimme. Nicht, dass ich es ihnen nicht gegönnt hätte, aber durch ihre Kuschelei verloren wir wertvolle Zeit. Das sahen beide aber auch recht schnell ein. Sie lösten sich von einander und schauten mich ernst an. "Du hast recht. Aber weißt du denn auch, wie wir die zwei finden können? Ich meine, es war für mich schon schwer genug überhaupt hier hin zu kommen", meinte Fili mit sorgenvollem Blick und gehobenen Augenbrauen. Ich lächelte ihm jedoch gewinnend entgegen und entgegnete:"Lass das mal meine Sorge sein. Ich weiß schon, wie war es schaffen hier raus zu kommen. Ihr braucht mir einfach nur zu folgen. Dann finden wir schon den richtigen Weg. Immerhin haben wir dich dank mir ja auch gefunden." Daraufhin kratzte er sich kurz nachdenklich am Kinn, ehe er nickte zustimmend. Auch wenn ihm wohl immer noch nicht klar war, wie ich das überhaupt geschafft hatte. Doch das konnte ich ihnen später in Ruhe erklären. Nun waren Kili und Bofur unser oberstes Ziel. So machten wir uns unter meiner Führung vorerst auf den Rückweg zum Eingang. Von da aus nahmen wir den Weg direkt gegenüber des Zugangs. Nun wurde es aber schon ein wenig heikler. Sich am Rand aufzuhalten ging ja gerade noch so. Aber nun mussten wir uns weiter hinein wagen. Das bedeutet auch, dass Richis kleiner Trick die ersten Macken aufwies. Die Durchgänge zu erkennen, war ja schön und gut. Aber das bedeutete nicht, dass ich uns nicht wohl oder übel auch mal in die ein oder andere Sackgasse führen konnte. Desweiteren war es schwer durch eine vollverspiegelte Wand zu erkennen, ob wenig später dahinter jemand im Durchgang auftauchen konnte. So rempelte ich mit meinem gesenkten Kopf ungewollt auch mal den ein oder anderen Besucher an. Diese keuchten und fluchten dann empört, woraufhin ich mich vielmals entschuldigen musste. Doch zumindest gab uns dadurch wenigstens einer dieser aufgebrachten Herrschaften einen Hinweis darauf, wo sich einer der Zwerge aufhielt. Nur welcher von beiden es war, wussten wir dadurch noch nicht. Aber besser als nichts. So fragte ich den Mann mittleren Alters, welchen ich zuletzt umgerannt hatte mit einem freundlichen Lächeln: "Entschuldigen Sie. Das wollte ich wirklich nicht. Aber können Sie mir vielleicht sagen, wo sie den kleinen Kerl gesehen haben, der sie vorhin umgerannt hat?" "Und ob! Der war hinten rechts um die Ecke und hat in so einer komischen Sprache sein eigenes Spiegelbild angebrüllt. Dann ist er umgedreht und in mich rein gerannt wie ein Verrückter. Der hat mich fast durch den Spiegel gehauen. Was heute wieder für Leute unterwegs sind. Unglaublich!", meinte er und schnaubte beleidigt bei dieser wohl unschönen Erinnerung. "Wissen Sie wo er danach hingegangen ist? Wir suchen ihn nämlich", kam es von Marina die beschwichtigend mit ruhiger Stimme die Hände hob. "Ja weiß ich auch. Der ist danach irgendwo nach links. Aber fragen Sie mich nicht weiter. Ich hoffe ich sehe den Knilch nie wieder! Und wenn doch, kriegt der von mir was zu hören. Darauf können Sie Gift nehmen!" knurrte der Mann und schob sich schließlich an uns vorbei. Dem war die Unterhaltung inzwischen alles andere als angenehm. Auch die Tatsache, dass wir offensichtlich Freunde des Typen waren, der ihn unsanft aus dem Weggeräumt hatte passte ihm gar nicht. Aber gut. Wir ließen ihn von Dannen ziehen. Wichtiger war jetzt, dass wir uns auf die Suche nach dem zweiten Zwerg machten. Wir mussten ihm dicht auf den Fersen sein. Und meine Annahme wurde auch bald bestätigt. Ich hörte hinter der nächsten Wand einen heftigen Aufschlag und kurz drauf ein ebenso lautes Fluchen in Khuzdul, welches Fili auch zuvor abgegeben hatte, als dieser gegen die Scheibe geklatscht war. Die Stimme kam mir gleich bekannt vor. Ich trieb die anderen vier mit einem Wink zur Eile an und erreichte den nächsten Durchgang. Dieser führte uns zu meinem Leidwesen, direkt in eine kleine Sackgasse. Doch keine zwei Meter vor uns sah ich endlich den nächsten Zwerg. Es war Kili. Gott sei Dank. Wenigstens wussten wir schon mal, wo ER war. Das half uns aber nur bedingt weiter. Denn nun mussten wir die Frage klären, WIE kämen wir zu ihm? Ich schaute mich überall am Boden um. Doch leider fand ich in dieser Sackgasse keinen einzigen Hinweis auf einen Durchgang. Wir waren vermutlich eine Abzweigung zu früh eingebogen. Das war allerdings das kleinste Problem an der Sache. Denn nun hatte Kili uns bemerkt und hämmerte wie ein Irrer gegen die Scheibe vor sich. "Cuna! Fili! Holt mich hier raus! Ich bin eingesperrt! Helft mir, in Durins Namen!", brüllte er verzweifelt gegen die Scheibe. Er schien kurz davor in Panik zu geraten. Das war offensichtlich. Er versuchte sich verzweifelt aus der Ecke in die er sich rein manövriert hatte selbst zu befreien. Sein Verstand war wohl vor lauter Angst auf ewig dort gefangen zu bleiben so vernebelt, dass er den Durchgang, der keinen Meter hinter ihm war vollkommen ignorierte. Ich musste schnell handeln. Nicht nur ihm zuliebe, sondern auch weil die Scheibe vor ihm bereits ein bedrohliches Knirschen von sich gab. Wenn er die zertrümmerte würde er sich vermutlich ziemlich schwer verletzten. Und das musste nun mal gar nicht sein. Ich atmete tief durch und wandte mich zu den anderen dreien um. Diese sahen leicht verstört und verwirrt zu dem jungen Zwerg, der definitiv Hilfe brauchte. Doch waren sie eher Ratlos, was sie in dieser Situation mit dem armen Kerl anfangen sollten. Dann blieb es wohl wieder an mir kleben. Nunja, wäre ja nicht das erste Mal, dachte ich mit einem innerlichen Seufzen. So stellte ich mich vor sie und sagte: "Passt auf. Wartet hier. Ich gehe ihn allein holen. Ihr versucht unterdessen ihn zu beruhigen bis ich da bin." "Warte, Cuna. Du willst allein losziehen? Wir sollten doch zusammen bleiben. Hast du selbst gesagt", erwiderte Fili und versperrte mir den Weg, als ich an ihnen vorbei wollte. Ich schüttelte kurz den Kopf und blickte ihm anschließend entschlossen in die Augen. "Ja, sicher. Das habe ich gesagt. Aber was meinst du was dein Bruder machen wird, wenn wir alle hier weggehen? Er wird durchdrehen und könnte sich vermutlich schwer verletzten, wenn er so weiter macht. Ich brauche euch drei hier, damit er weiß, dass er nicht allein ist. Ich finde schon einen Weg zu ihm. Vertrau mir, okay?", meinte ich, wobei ich ihn kurz den Mund öffnen sah, um mir wohl zu widersprechen. Doch im selben Moment legte Jana eine Hand auf seinen Oberarm und lächelte ihn wohlwollend an. "Jacky schafft das. Ich glaub daran. Immerhin haben wir es dank ihr soweit geschafft. Wenn ihn jemand erreichen kann, dann sie. Wir kümmern uns von hier aus um deinen Bruder. Und wenn wir dann auch noch Bofur gefunden haben, gehen wir alle gemeinsam hier raus", murmelte sie und drückte zur Bestärkung seinen Arm etwas. "Aber... aber er ist doch mein Bruder. Ich will zumindest mitkommen. Sie könnte Hilfe gebrauchen", meinte er senkte betrübt den Blick. "Dann geh doch mit ihr. Was spricht dagegen?", warf Marina in meine Richtung ein. Auf ihre Frage hin musste ich kurz überlegen. Eigentlich hatte ich gedacht, dass Fili besser in Sichtweite seines Bruders bleiben sollte, damit dieser nicht endgültig den Verstand verlor. Andererseits war es auch nicht falsch ihn mitzunehmen. Vielleicht würde sich Kili zunächst dagegen wehren, dass ich ihn allein aufsammelte. Da war eine weitere Person, die kräftig genug war ihn zu bändigen nicht unbedingt verkehrt. Schließlich nickte ich zustimmend und murmelte: "Also gut. Du kannst mitkommen Fili. Zwei sind vielleicht doch besser als einer." Ruckartig hob der blonde Bursche den Kopf. "W-Wirklich?", hakte er noch kurz nach, woraufhin ich knapp nickte. Nun wurde sein Blick ernster und auch er nickte mit entschlossener Miene. "Gut, dann lass uns gehen", meinte er im Anschluss und ließ mich endlich durch, damit ich einen anderen Weg finden konnte. "Wir warten hier auf euch! Beeilt euch!", rief uns Jana hinterher als sich Fili hastig von ihr löste, um mir nachzueilen. Das musste sie uns wirklich nicht zweimal sagen. Es war höchste Eisenbahn. Wer weiß, wie lange die Scheiben und Spiegel noch das Trommelfeuer von Zwergenfäusten aushielt, dachte ich und bog bereits in den nächsten Gang ein. Dann nach links, dann nach rechts. Leider wieder in eine Sackgasse. Verdammt, wir müssten erneut umdrehen und es woanders versuchen. Mit diesem Zeitdruck und auch Filis ungeduldigem Blick im Nacken konnte ich mich nicht richtig konzentrieren. So landeten wir ganze dreimal an der falschen Stelle. So ein verfluchter Mist! Genau wegen so etwas hatte ich nicht unbedingt dort rein gehen wollen. Mit dieser Situation hatte ich schon gerechnet. Aber, dass es so schwer werden würde, war mir natürlich nicht klar gewesen. Zu allem Überfluss bemerkte ich in meiner Hast nicht, dass ich mich nun mit Fili zusammen verlaufen hatte. Es wurde mir erst klar, als ich wieder in eine Sackgasse lief, in der wir aber schon gewesen waren. "Verdammt nochmal! Das darf doch nicht wahr sein! Was ist das denn für ein beschissenes Labyrinth?!", schimpfte ich schwer atmend. "Was ist los, Cuna?", fragte Fili und sah mich verwirrt an. Mit einem zerknirschten Gesichtsausdruck ballte ich die Hände an den Seiten zu Fäusten und knurrte: "Ich... Ich hab den Weg verloren. Ich weiß nicht wie Kili da hingekommen ist. Und nun hab ich mich selbst verlaufen. Himmel, Gesäß und Nähgarn!" Sofort wich die Farbe aus seinem Gesicht, als ich ihm diese Tatsache offen legte. "Ver... Verlaufen? Du?! Aber du sagtest doch, dass du es schaffen wirst! Was machen wir denn jetzt?! Wir müssen zu Kili. Wir müssen zu Marina und Jana zurück! Die verlassen sich auf uns! Du musst doch etwas tun können! WIR müssen etwas tun können, Cuna!", fuhr er mich an und packte mich plötzlich an den Schultern, wo er mich heftig zitternd schüttelte. Ihm stand Angst in den Augen geschrieben. Er fürchtete sich nun ebenso davor nicht mehr raus zu kommen wie sein Bruder. Und das war so gesehen meine Schuld. Nur was sollte ich tun? Hatte ich etwas übersehen? War ich irgendwo vielleicht in die Falsche Richtung gegangen? Ich musste mich irgendwie wieder konzentrieren. Das war allerdings nicht einfach, wenn man wie ein Milchshake hin und her geschüttelt wurde. Ich riss mich daher ruckartig von Fili los und blaffte: "Jetzt dreh du nicht auch noch durch! Ich denke ja nach, verdammt nochmal! Das kann ich aber nicht, wenn du mich so schüttelst!" "Dann denk doch etwas schneller nach. Du hast gesagt, wir hätten keine Zeit zu verlieren! Ich... Ich hab dir vertraut! WIR haben dir vertraut! Und nun sitzen wir beide hier fest!", entgegnete er wütend und hämmerte zu allem Überfluss mit der rechten Faust gegen den Spiegel hinter sich. Ein Glück, dass dieser nicht zersplitterte, wo wie er im Moment ausrastete. Er war richtig außer sich. So viel Enttäuschung hatte ich noch nie in seiner Stimme gehört, wie in jenem Moment. Und ich wusste, dass er das gute Recht dazu hatte. Ich und meine große Klappe. Ich hatte mal wieder über Dinge entschieden, die nicht Berechenbar waren. Mir wurde das Herz unsagbar schwer und mir sank der Mut irgendwo in die Nähe meiner Kniekehlen. So hatte ich mir das wirklich nicht vorgestellt. Ich war in dem Denken gewesen, dass ich es schon schaffen konnte. Nun saßen wir auch fest. Ich wusste weder vor noch zurück. In diesem Moment dachte ich erneut ungewollt an Thorin. Wie hätte er wohl entschieden? Was würde er dazu sagen, wenn er wüsste, dass ich seine Neffen, Bofur und mich in so eine Lage gebracht hatte? Letzte Frage konnte ich mir eigentlich sofort beantworten. Er wäre stinksauer und würde mir ordentlich den Kopf waschen, dachte ich bei mir und ließ die Schultern hängen. Ich war wirklich nicht die geborene Anführerin. Auch wenn es im ersten Moment so ausgesehen hatte. Mir fehlte es schlichtweg an Erfahrung und Talent dafür. Eine einzige Enttäuschung hätte man sagen können. Doch als ich gerade dabei wieder in Selbstzweifel zu versinken, spürte ich erneut Filis Hände auf meinen Schultern. Er zitterte immer noch sehr vor Aufregung. Dennoch versuchte er ruhig auf mich einzuwirken und murmelte gezwungen beherrscht: "Cuna... Es... Es tut mir leid. Ich... Ich weiß, du gibst dein Bestes um uns wieder zusammen zu bringen. Daher, bitte... bitte versuch jetzt nicht aufzugeben." Ich hob langsam den Kopf und schaute ihm mit bedrückter Miene ins Gesicht. "Nein, mir tut es leid. Ich hab... meine eigenen Fähigkeiten mal wieder überschätzt. Ich hätte nicht so überheblich und dumm sein dürf...", setzte ich an, doch schon unterbrach er mich mitten im Satz, "DU bist nicht dumm! Und schon gar nicht überheblich. Hör auf dir das einzureden! Wenn jemand das ist, dann wir. Wir sind einfach so drauf los gestürzt ohne auf euch zu warten. Wir dachten ebenso, dass wir es allein schaffen würden. Wir haben uns auch verschätzt. Aber jetzt ist nicht die Zeit dazu sich selbst zu bemitleiden und darüber nachzudenken wer schuld ist. Wir müssen zu meinem Bruder. Koste es, was es wolle! Und wenn ich dieses gesamte Haus in Schutt und Asche legen muss, damit wir es schaffen. Komm schon, wir haben einiges gemeistert, da wird uns so ein bisschen Glas nicht aufhalten!" Als er ausgesprochen hatte, atmete er schwer und starrte mir fest ins Gesicht. Seine kräftigen Finger krallten sich hart in meine Schultern, sodass meine Finger bereits taub wurden. Doch ich ignorierte diesen Schmerz. Ich erkannte da etwas in seinen Augen. Etwas was ich bisher übersehen hatte. Auch er war innerlich aufgewühlt und verzweifelt. Aber da war noch was anderes. Ein Funke, welcher mich an seinen Onkel erinnerte. Eine Kraft, die es wohl nur in dieser Familie gab. Sie verloren nie völlig den Mut um ihr Ziel zu erreichen. Auch wenn es noch so ausweglos war. Sie blieben sich selbst treu und behielten daher immer die Hoffnung in ihren Herzen. All das traf mich mitten in mein Bewusstsein. Diese Männer waren und blieben einfach unglaublich. Egal mit wem ich es in der Vergangenheit, der Gegenwart oder in Zukunft noch zu tun haben würde. Kein Wesen meiner Welt konnte mir so viel geben, wie ich es stets von den Zwergen bekam. Das war wirklich eine Freundschaft, auf die ich mich immer verlassen konnte. Auch wenn wir uns stritten, nicht immer einer Meinung waren oder wir uns gegenseitig auf den Keks gingen. Sie wussten in den Richtigen Momenten das richtige zu sagen und zu tun. Das war es was sie ausmachte. Was ich an ihnen schätzen gelernt hatte. Und nun musste ich auch meinen Teil dazu beitragen. Ich musste uns da raus bringen. Mehr verlangten sie ja nicht von mir. So ein billiges Labyrinth konnte uns bestimmt nicht aufhalten. Ich hob wenig später meinen leicht tauben rechten Arm und fasste Fili so fest ich konnte an der Schulter. "Du hast recht. Tut mir leid. Ich sollte wirklich nicht an mir zweifeln. Nun lass uns deinen Bruder holen", meinte ich und nickte entschlossen. Er erwiderte das Nicken knapp und ich sah, wie sich ein sanftes Lächeln hinter seinem Bart hervor stahl. "Gut. Dann lass uns gehen", entgegnete er. Doch noch während er sich umdrehte, stolperte plötzlich jemand anderes keuchend in unseren Gang und knallte mit voller Wucht gegen den Spiegel ihm gegenüber. Ich keuchte erschrocken und machte zunächst einen Satz nach hinten. Fili stellte sich aus Reflex schützend vor mich, da auch er nicht auf dieses plötzliche Auftauchen vorbereitet gewesen war. Doch als ich über seine Schulter hinweg blickte, erkannte ich wer uns da so unerwartet überrascht hatte. Denn auch diese Person fluchte zunächst ziemlich laut in Khuzdul und schob zudem seine Mütze auf dem Kopf wieder richtig, ehe er sich zu uns wandte. Es war Bofur, der breit grinste, als er uns sah. "Mahal! Das hat weh getan. Ich sollte mich wirklich vorsehen. Aber immerhin haben wir euch zwei gefunden. Gehts euch beiden gut?", fragte er gut gelaunt, wie eh und je. Ich stutzte ein wenig bei seinen Worten. "Wie? Was? Bofur? Wo kommst du her? Und was heißt hier WIR?", sprudelte es stotternd aus meinen Mund. Sein Grinsen wurde nun noch breiter und bevor er auf meine Fragen Antwortete streckten drei weitere Personen ihre Köpfe in den Gang. Natürlich niemand anderes als Jana, Marina und, zu Filis und meiner Überraschung auch Kili. Was zum Teufel?! Wie um alles in der Welt hatten sie das denn nun wieder hinbekommen? Wo kam Bofur plötzlich her? Wie hatten sie Kili aus seiner misslichen Lage holen können? Und vor allem, wie hatten sie uns jetzt nun wieder gefunden? Ich war vollkommen Fassungslos. Fragen über Fragen schossen mir durch den Kopf. Ich konnte mir in diesem Augenblick keine einzige davon beantworten. Aber das brauchte ich auch nicht. Das übernahm dann der Mützenzwerg schon für mich, als er näher kam. "Ihr habt euch ja eben wirklich laut gestritten. Wart kaum zu überhören. Aber das war gut so, sonst hätten wir euch hier nie gefunden", meinte er wobei die anderen zustimmend nickten. "Das erklärt aber noch nicht, wieso auf einmal alle hier sind. Ich meine... wie?", stammelte ich und wurde kurz drauf von Marina unterbrochen. "Das ist ganz einfach. Kurz nachdem ihr zwei verschwunden seid, kam Bofur zu Kili und hat ihn aufgelesen. Danach ist der umgehend zu uns gekommen und wir haben ihm erzählt, dass ihr zwei losgegangen seid um Kili zu holen. Wir dachten er hätte euch vielleicht auf dem Weg gesehen. Hat er aber leider nicht. Daher haben wir uns Sorgen gemacht, dass ihr euch verlaufen haben könntet. Also sind wir los und haben euch schließlich streiten gehört. So einfach ist das", erklärte sie ausführlich. Nachdem sie geendet hatte, stieß ich einen bedröppelten Seufzer aus. Na wunderbar, dann war das ganze Verzweifel und wieder neuen Mut fassen irgendwie umsonst gewesen. Aber eine gute Sache hatte es zumindest. Unsere Gruppe war wieder vollständig. Und das Beste kam erst noch. Nämlich als Bofur mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck sagte: "Ich hab im Übrigen den Ausgang gefunden. Wir brauchen nur noch den Markierungen zu folgen, dann sind wir hier raus." "Markierungen? Was für Markierungen?", hakte ich skeptisch nach und hob eine Augenbraue in die Stirn. Die Antwort darauf lieferte er mir mit einem kurzen gewinnenden Lachen. Er steckte flux eine Hand in seine Manteltasche und zog zu meinem Erstaunen und auch Ärger einen schwarzen Edding-Stift hervor. "Den hab ich bei dir zuhause gefunden, Cuna. Ich habe damit einfach ein paar Pfeile auf die Spiegel gemalt. Sonst hätte ich mich womöglich auch verirrt so wie ihr", sagte er mit stolzgeschwellter Brust und hob den Stift wie ein Schwert in die Luft. "Ist... nicht dein Ernst. Du... Du hast die Spiegel bemalt?...", entgegnete ich tonlos und sah ihn zustimmend nicken. So schnell wie ich mich augenblicklich an Fili vorbei geschoben hatte konnte der Mützenzwerg gar nicht schauen. Ebenso wenig verhindern, dass ich ihn wütend am Kragen packte und heftig schüttelte. "BIST DU NOCH ZU RETTEN, MANN! DU HAST DOCH NICHT MEHR ALLE NADELN AN DER TANNE! DU KANNST DOCH NICHT EINFACH FREMDES EIGENTUM BESCHMIEREN! NOCH DAZU MIT EINEM PERMANENT MARKER! ICH GLAUB ES HACKT!", brüllte ich ihm so laut entgegen, dass mir selbst davon schon die Ohren klingelten. Der arme Mützenzwerg, den ich nun richtig in der Mangel hatte hob beschwichtigend die Hände und sein Lächeln versteifte sich ein wenig hinter seinem Bart. "Cu-Cu-Cuna. Jetzt... Jetzt beruhige dich doch. Was-Was ist daran denn so schlimm? So kommen wir doch hier raus", erwiderte er und schaute sich Hilfesuchend nach den anderen um. Doch die machten keine Anstalten ihm zu helfen. Sie waren zu geschockt von meiner aufbrausenden Person, dass sie lieber einen Schritt zurück als vor traten. Ich schnaufte und keuchte von der Anstrengung ihn festzuhalten und mich gleichzeitig irgendwie zur Ruhe zu zwingen, dass es eine ganze Weile dauerte, bis ich mich wieder halbwegs beruhigt hatte. Schließlich konnte ich ihn doch loslassen und schaute ihn mit finsterem Blick an. "Naja, ist ja jetzt auch egal. Hauptsache wir kommen hier raus. Steck das Ding weg, nicht dass das noch einer der Eigentümer sieht. Ich hatte jetzt wirklich genug Ärger mit euch", brummte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Nachdem ich von ihm abgelassen hatte atmete Bofur erleichtert auf und richtete erneut seine Kleidung ehe er den Stift wieder einsteckte. "Wie du meinst. Wir haben uns wirklich lang genug hier aufgehalten. Also lasst uns aufbrechen. Wie gesagt, der Weg nach draußen ist markiert. Folgt mir einfach", sagte er entschlossen, woraufhin reihum ein einstimmiges, erleichtertes Seufzen zu hören war. Schließlich nickten wir alle zustimmend und folgten Bofur durch die verwinkelten Gänge. Immer schön den dicken schwarzen Pfeilen hinterher, bei denen ich jedes Mal mit den Zähnen knirschte, wenn ich einen sah. Doch schließlich erreichten wir dank diesem Schmierfink von einem Zwerg ohne weitere Vorkommnisse den richtigen Ausgang des Labyrinths. Unter den Zwergen und den Frauen machte sich sichtliche Erleichterung breit. Was wir allerdings noch nicht wussten war, dass uns noch ein weiterer Raum bevorstand. Und gerade dieser würde uns alle bis ins Mark erschüttern. - 107. Verzerrte Welten / Ende - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)