Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 16: 16. Rätsel bei Feuerschein -------------------------------------- Mehr oder weniger sanft setzte mich Thorin auf einem der Schemel in seinem Unterstand ab und nahm mein Gesicht musternd in die Hände. Langsam entfernte er dann meine Schiene vom Gesicht und tastete mit den Zeigefingern um meine Nasenwurzel herum. Ich zuckte jedes mal zusammen, wenn er zu fest drückte. "Aua! Du tust mir weh! Hör auf daran rum zu spielen", raunte ich und wollte seine Hände von meinem Gesicht weg schieben. "Da seid Ihr selbst dran Schuld. Was legt ihr euch auch mit einem Bilwiss an? Noch dazu unbewaffnet", antwortete er ruhig und tastete weiter, drehte meinen Kopf von links nach rechts. Von Oben nach Unten. "Was hat Kili denn jetzt schon wieder für einen Mist erzählt?", fragte ich und schaute über Thorins Schulter, wo besagter dunkelhaariger Junge stand und Ori und Bofur von der angeblichen Bilwissfrau erzählte, die mich mit ihrer gewaltigen Streitkolbenhandtasche erschlagen wollte. Ich schnaubte gereizt oder zumindest versuchte ich es, doch davon lief nur wieder unnötig viel Blut aus meiner Nase. "Können Ihr dieses verächtliche Schnauben mal sein lassen, bis wir die hier gerichtet haben?", fragte Thorin und tippte mir unangebrachter Weise auf den Nasenrücken. "Ah. Ja, ist ja gut. Aber zu deiner richtigen Information. Das war keine Bilwissfrau. Das war ein eingeschnapptes Model mit Handtasche, die diese zum Streitkolben umfunktioniert hat", erwiderte ich. "Mir ist verdammt noch mal egal, wie Ihr diese Monster hier nennt. Ihr wart offensichtlich dumm genug sie soweit zu reizten, dass sie euch angegriffen hat", sagte er und stand auf. Er sah zum anderen Unterstand hinüber, aus dem ein älterer kleiner Mann mit langem, grauen, geschwungenen Bart heraus kam. Er trug einen dampfenden Kessel vor sich her und hatte einige helle Tücher über den Kesselrand gelegt. Vorsichtig setzte er das Ding neben mir ab und hockte sich zu mir runter. "So, so. Dann wollen wir doch mal sehen. Wo liegt denn das Problemchen, junge Dame", fragte er freundlich und sachlich. Thorin trat beiseite und ließ den Mann schauen. Dieser tat das Selbe mit meinem Gesicht, wie er zuvor, doch drückte er weit fester. "Ah Verdammt! Hört auf in meinem Gesicht so brutal herum zu kneten! Ich bin doch kein Playdoo-Männchen!", rief ich und zog meinen Kopf aus dem Griff. Oin lachte:"Ja, das ist richtig. Für so was hab ich ein gutes Händchen." Ich hob meine Augenbrauen verwirrt in die Stirn. War der jetzt echt schwerhörig oder versuchte er mich nur zu veräppeln? Wenn ja, fand ich das alles andere als lustig. Ich beobachtete ihn, wie er eines der Leinentücher vom Kesselrand nahm und das Wasser, welches sich kochend heiß da hinein gesogen hatte, aus zu ringen. Vorsichtig wischte er mir damit das Blut vom Gesicht und um meine schmerzhaft pochende Nase herum. "Wie sieht es aus, Oin?", fragte Thorin ungeduldig und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Auf einmal schien er besser zu hören, wie zuvor bei mir. Er wischte sich mit einem anderen Tuch das Blut von den Händen und stand auf. "Schwierig, Thorin. Das wird nicht ohne große Schmerzen von statten gehen. Die ist ordentlich aus den Fugen geraten. Und selbst dann ist fraglich, ob die wieder so zusammen wächst, wie sie mal war. Am besten fixieren wir sie auf einem der Schlaflager. Da ist es nicht ganz so schlimm, wenn sie dabei das Bewusstsein verlieren sollte", sagte er sachlich und ich fühlte, wie mir ein panischer Schauer über den Rücken lief. "Wie? Fixieren? Was für große Schmerzen? Was habt ihr vor?", japste ich mit viel zu hoher Stimme. Doch ich ahnte schon, was gleich auf mich zu kam und alles verkrampfte sich innerlich schlagartig. Die hatten doch jetzt nicht wirklich vor eigenmächtig meine Nase wieder neu zu richten?! Noch dazu ohne Betäubung?! Waren die jetzt vollkommen übergeschnappt?! Nein. Nein. Nein. Alles, nur das nicht! Von denen sah keiner aus, als hätte auch nur einer Ahnung von Erster Hilfe. Oder erst recht von Nase gerade rücken. Vielmehr war da wohl das Gegenteil der Fall, wenn man sich allein Dwalin betrachtete. Ich sprang umgehend auf die Beine, weil ich flüchten wollte, was wohl etwas schnell war, denn in meinem Kopf drehte sich mit einem mal die Welt ein wenig. Kurz drauf fühlte ich, dass mehrere Arme und Hände mich packten und vom Boden hievten. "Hey! HEY! Nein! Nicht! Ich will nicht! Lasst mich los!", brüllte ich und versuchte mich zappelnd zu befreien. "Hör auf rum zu hampeln, dummes Ding", hörte ich die barsche Stimme von Dwalin, der meinen rechten Arm fest hielt. Unter den Zwergen die mich trugen, erkannte ich Nori, Gloin, Bifur und Thorin. Der Rest folgte meinen Trägern mit mehr oder minder besorgten Gesichtern. Gerade Bofur wirkte indes eher belustigt darüber, wie ich verzweifelt versuchte mich Hoffnungslos zu befreien. Thorin gab schließlich das Zeichen mich auf einem Schlaflager abzusetzen. Sie setzten mich halb aufrecht hin und jeder von ihnen presste einen Teil meines Körpers fest auf die Matte. Sie waren so schwer und kräftig, als sie mich gewaltsam fixierten, dass mir irgendwann sämtliche Knochen in den Armen und Beinen weh taten. "Wann hört dieses verfluchte Menschenweib endlich auf sich so zu sträuben?!", brüllte Gloin, der mein linkes Bein fest hielt. "Niemals!", antwortete ich wütend und verzweifelt zugleich. Thorin war einen Augenblick verschwunden und hatte Nori seine Position überlassen. Als er wieder kam, trug er einen Dolch in den Händen. Ich erblickte das Teil und schrie nur noch lauter:" SEID IHR JETZT TOTAL ÜBERGESCHNAPPT?! HILFE!" Wortlos schob er Nori beiseite, drückte mein Kinn gewaltsam nach oben und starrte mir fest und ernst ins Gesicht. Ich erwiderte seinen Blick und fühlte, dass mir wieder die Tränen aus den Augen rannen. Diesmal aber mehr wegen den Schmerzen, als aus Angst. "Mund auf", befahl er mit ruhigem Ton. "Was?", keuchte ich entsetzt. Er drückte mir streng das Heft des Dolches an die Lippen. "Ihr müsst da drauf beißen. Los jetzt. Mund auf", wiederholte er. "Thorin... bitte... tut das nicht...", begann ich zu jammern. "Wollt Ihr euer Leben lang mit einer entstellten Nase herum laufen, wie eine Hexe?", fragte er ernst und zwang mir das Heft nun endgültig zwischen die Zähne. Ich biss schniefend darauf. Gott, was würde das nur für eine Hölle werden in die sie mich da rein gebracht hatten? Mir wurde noch viel banger, als ich im Augenwinkel sah, mit was Oin da herum hantierte. Offenbar eine Art Zange. Thorin umschlang mit seinem rechten Arm meinen Kopf. Die Hand ruhte auf meiner Stirn und mein linkes Ohr ruhte an seiner kräftigen Brust. Ich konnte seinen Herzschlag vernehmen. Er ging für die Aufregung drum herum doch relativ ruhig. Meine Augen huschten unterdessen von einem Zwerg zum anderen. Sie mühten sich wirklich ab mich festzuhalten, bis Oin endlich um die Ecke kam und sich über meinem Gesicht mit einigen Werkzeugen positionierte. "Also schön. Haltet sie jetzt gut fest. Das wird sehr unangenehm zwicken", sagte er und setzte die Zange an. Panisch versuchte ich meinen Kopf aus Thorins Klammergriff zu befreien doch dieser hielt unerbittlich dagegen. "Ihr müsst still halten, sonst macht Ihr es noch schlimmer, als es eh schon ist", ermahnte er mich eindringlich. Ich kniff die Augen zu und wimmerte nur noch verzweifelter. Meine Zähne packten das Dolchheft noch fester in meinem Mund, sodass ich das Gefühl hatte, sie würden mir gleich raus brechen. Das war doch alles nur ein Alptraum. Nur ein entsetzlich, schmerzhafter Alptraum! Vermutlich war ich ja noch gar nicht auf der Zeltstadt, sondern einfach nur bei mir zuhause aus dem Bett gefallen. Ja, das musste es sein. Ich war bestimmt mit dem Gesicht auf den Boden geschlagen, weshalb mir meine Nase so weh tat. Das hier war alles einfach nicht Real. Das konnte nicht wahr sein. Alles der letzten Tage, war nur erträumt. So musste es sein. Nicht anders. "Ich fange jetzt an. Achtung!", rief Oin aus. Ich fühlte ein kräftiges Reißen, ein Rucken und einen schmerzhaften Knall mitten im Gesicht. Ich riss meine Augen weit auf und starrte schreiend an die Zeltdecke. Nun ja, schreiend war nicht wirklich richtig. Es war wohl mehr ein Gurgeln aufgrund des Speichels, der sich in meinem Rachen gesammelt hatte, durch den Dolch. Ich zog keuchend die Luft zwischen Zähnen und Heft durch. Und die Tortur war noch lange nicht zu ende. "So nur noch einmal. Dann bin ich fertig", hörte ich Oin über das entnervte brummen der anderen Männer sagen. Meine Augen suchten verzweifelt nach irgendeinem Punkt, den ich anvisieren konnte um mich darauf zu konzentrieren. Den einzigen den ich finden konnte war nur leider in Thorins Gesicht, der aber lieber zu den anderen in der Runde sah und mich lediglich fest hielt. Dann fühlte ich ein erneutes Rucken, Reißen und Knacken, dass mich aufgurgeln ließ und meinen Körper unter enorme Spannung setzte. In dem Moment wandte der "Zwergenkönig" seinen Blick zu mir herab. Diese unglaublichen, eisblauen Augen. Sie gaben mir plötzlich so viel Ruhe und Sicherheit. Warum nur? Mein Körper erschlaffte mit einem Mal. Ich fühlte mich kraftlos, benommen und extrem schläfrig. "Ihr habts überstanden, Cuna", sagte er und seine Stimme klang merkwürdig dumpf in meinen Ohren. All meine Sinne schienen wie betäubt. Mir war, als würde sich mein ganzer Körper in Watte hüllen. Ich konnte nichtmal mehr fühlen, dass mich irgendwer fest hielt, obwohl ich es gerade noch so mit den Augen ausmachen konnte. Jemand zog mir den Dolch aus dem Mund und ich spürte, wie mir ein letztes, erschöpftes Stöhnen aus der Kehle drang. Meine Augen wurden immer schwerer und die Stimmen der Männer um mich herum änderten sich sekündlich von laut zu leise. Von klar zu verzerrt. Wie bei einem kaputten Radio. "Cuna?... Cuna?!", hörte ich noch am deutlichsten von Thorin, der offenbar begann mich zu rütteln, was ich nur noch am Ende mitbekam. "Sie dämmert uns weg... Cuna... bleibt wach." Dann war da nur noch Dunkelheit und Stille um mich herum. Ich fühlte mich hinab gleiten in eine undurchdringliche Schwärze. Sie war so dicht, dass ich vermutete, dass niemals ein Licht sie erhellen könnte. Sehr lange glitt ich durch dieses undurchdringliche Nichts. Doch da sah ich plötzlich etwas. Über mir, ganz undeutlich zunächst. Einen Punkt aus wogendem Licht, der immer näher und näher zu kommen schien. Die Dunkelheit wich allmählich. Das Licht wurde getragen. Ein Wesen mit schwarzen Flügeln hielt es fest in den Händen. Ein Engel? War ich Tot? Ich versuchte dem Engel ins Gesicht zu schauen. Diese hellen, eisblauen Augen. Die langen dunklen Haare. Und erst seine Stimme. So vertraut. So warm. So liebevoll. "Cuna", sagte er sanft. Thorins Arme schlossen sich binnen Sekunden kräftig, schützend und liebevoll um mich. Seine dunklen Flügel bildeten einen Schild um uns beide herum. Mein Kopf ruhte auf seiner nackten, warmen Brust und ich fühlte seinen ruhigen Herzschlag an meiner Wange. Ich hatte schon lange nicht mehr diese Gefühl von Geborgenheit empfunden, wie mir in diesem Augenblick gegeben wurde. Es war so wunderschön warm und erfüllte mein Herz mit einem fast nicht mehr gekannten Frieden. "Thorin...", seufzte ich und sah nach oben in sein Gesicht. Er blickte lächelnd auf mich herab. "Ja, Cuna?", fragte er ruhig und seine Stimme klang fast wie ein Flüstern in meinen Ohren. "Ich fühle mich so wohl bei dir. Lass mich nie wieder allein", sagte ich und schmiegte meinen Kopf gegen sein Brustbein. Warum auch immer ich diesen absurden Traum hatte. Er tat mir unglaublich gut. "Nur keine sorge. Ich bin bei dir. Ich lass dich nicht fallen", hörte ich ihn murmeln. "Das ist schön", erwiderte ich und auf meinem Gesicht breitete sich ein sanftes Lächeln aus. Ich schloss meine Augen und genoss einfach nur die Wärme, die er mir in diesem Augenblick bot. Die Zeit schien unendlich lange zu gehen. Wir schwebten gemeinsam im Licht. Weit entfernt von aller Dunkelheit. Doch dann verschwamm mit einem Mal das Bild vor meinen Augen. Die Wärme war noch da. Auch das weiche Gefühl. Aber die Umarmung und das schützende verschwanden immer mehr. Schließlich glitt ich langsam wieder in die Gegenwart. Ich fühlte ein benommenes Stöhnen aus meiner Kehle aufsteigen. Meine Finger zuckten und tastete sich langsam umher. Unter mir war eine Leinendecke. Mein Kopf ruhte auf etwas, dass man zusammen gerollt hatte. Meine Decke wirkte, wie das dichte Fell eines Tieres. Es kitzelte ein wenig mein Gesicht bei jedem Atemzug. Meine rechte Hand glitt vorsichtig unter der Felldecke heraus. Tastete sich weiter über den Boden. Da war Gras unter meinen Fingern. Ich zupfte etwas daran. Es fühlte sich angenehm an. Mit geschlossenen Augen ließ ich meine Hand weiter ihre Wanderung vollziehen. Ich stieß gegen etwas härteres. Mein Kopf fühlte sich so Matschig an, dass ich nicht wirklich realisierte, was es denn genau war. Eine fremde Hand nahm meine vorsichtig und unvermittelt auf. Sie war rau und wirkte ein wenig grob und schwer. Doch sie hielt meine ganz sanft und ruhig fest. Neugierig erkundete ich mit den Fingerspitzen die Handinnenfläche. Sie war ziemlich zerfurcht. Wie von Jahre langer harter Arbeit. Die Hand griff einen Moment kurz zu und drückte meine ganz sacht. Ich erwiderte den Druck ebenso. Meine Ohren wurden auch von mal zu mal wieder etwas besser. Ich konnte Schnarchen um mich herum hören. Das Rascheln von Gras und das Atmen einer Person, die sehr nah bei mir saß. Irgendwo in der Nähe knisterte auch ein Feuer und jemand unterhielt sich leise und undeutlich. Ganz so als würden sie eine andere Sprache sprechen. Die Hand, die meine immer noch leicht drückte, strich mit dem Daumen über deren Rücken. Ich atmete kurz seufzend auf. Die Berührung entspannte ungemein. "Cuna?", hörte ich eine tiefe Stimme leise flüstern. Ich gab nur ein undeutliches Brummen von mir. Eigentlich wollte ich nicht antworten. Aber es rutschte mir dann doch auf diese Art und Weise heraus. "Cuna seid Ihr wach? Könnt Ihr mich hören?", fragte die Stimme etwas deutlicher. Ich hörte die Stimmen, die etwas entfernter waren verstummen. Nur das Schnarchen blieb weiterhin aufrecht und gleichmäßig. Ich brummte erneut. Ich fühlte mich einfach nur unglaublich hohl innerlich. Noch dazu glaubte ich, dass die Erde unter mir einfach nicht stillstehen wollte. Sie schien noch ein wenig zu wackeln. Vermutlich war es aber nur reine Einbildung. "Wenn Ihr mich hören könnt, sagt irgendwas...", bettelte die Person zu meiner Rechten eindringlich und legte eine zweite Hand auf meine. "Thorin, was ist denn?", kam eine zweite Stimme von irgendwo unterhalb bei meinen Füßen. "Ich glaub sie kommt wieder zu sich", sagte er und ich fühlte ein etwas festeres Drücken an meiner Hand. "Was? Wirklich?", sagte eine dritte Stimme, die ich als die von Fili ausmachen konnte. Er klang aufgeregt und gleichzeitig erschöpft. Thorin versuchte mich weiterhin dazu zu bringen mit ihm zu reden und bettelte weiter:" Cuna. Cuna bitte. Wenn Ihr mich hören könnt. Sagt was." Ich zwang meinen Mund dazu sich zu bewegen und sagte einfach das Erste, was mir in diesem Augenblick in den Sinn kam: "Du hast doofe Ohren." Mein Hals fühlte sich ziemlich rau beim Sprechen an und so klang es, wie von einer zerkratzten Schallplatte abgespielt. "Cuna!", rief Fili aus und ich hörte ihn zu meiner linken Platz nehmen. "Ich hab was?", fragte Thorin verwirrt. Mühsam zwang ich meine Augen auf und starrte ihn von unten her an. Das Zelt war nur schwach beleuchtet. Die einzige Lichtquelle war das Feuer in seinem Rücken, wo nun noch mehr Personen aufstanden und zu meinem Liegeplatz eilten. "Du hast doofe Ohren", wiederholte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Aufgeregtes Geplapper kam von meinem Fußende her. Darunter auch offensichtlich erleichterte Stimmen. Fili streichelte mir von der linken Seite her kurz über den Kopf. Er lachte erleichtert auf. Im Schein des Feuers konnte ich auf seinem Gesicht Spuren von Freudentränen erkennen. Sie mussten sich große Sorgen gemacht haben. Draußen war es wohl schon weit nach Mitternacht. Das "ROZ" war nicht zu hören und auch sonst herrschte drum herum friedliche Stille. "Mahal sei dank. Ihr weilt wieder unter den Lebenden", sagte Balin und rieb sich ein wenig die Hände. "Wie lange lieg ich denn schon hier?", fragte ich und strich mir mit meiner freien Hand benommen über die Stirn. Die andere ließ Thorin immer noch nicht los. "Ein paar Stunden. Du sahst ziemlich schlecht aus die ganze Zeit. Wir hatten schon befürchtet, du hättest zu viel Blut verloren", sagte Kili, der sich mit einem Mal neben Fili hin gepflanzt hatte. Ich schaute beide ruhig lächelnd an und wollte mich dann in eine sitzende Position verfrachten, doch da legte sich eine Hand auf meine rechte Schulter. "Ihr werdet jetzt bestimmt noch nicht aufstehen", mahnte mich Thorin an, der seine üblich ernste Stimme wieder gefunden hatte. Er zwang mich mit sanftem Druck zurück auf die Rolle, die als Kissen diente. "Ich will aber. Ich muss doch zu meiner Hängematte", maulte ich erschöpft. "Die wird heute Nacht ohne Euch auskommen können. Ihr bleibt hier und erholt Euch", sagte er und blickte mich von oben herab bestimmend an. Ich seufzte leise. "Du hast wirklich doofe Ohren, Thorin", sagte ich und zog eine Schnute. "Ist mir egal. Ihr bleibt liegen und ruht Euch aus. Morgen sehen wir weiter, ob Ihr aufstehen könnt. Ihr anderen. Geht jetzt schlafen", sagte er in seinem üblichen Befehlston und die Gruppe an meinem Fußende löste sich langsam auf. "Kili. Fili. Ihr beide auch." "Aber... Onkel. Wir...", setzte Kili an doch ein einziger Blick genügte und beide nickten mit bedröppelten Gesichtern, bevor sie mir eine Gute Nacht wünschten und zu ihren Schlafplätzen verschwanden. Es vergingen nur ein paar Minuten, in denen Thorin und ich uns an schwiegen, während die anderen sich hinlegten. Einer nach dem anderen brach binnen kürzester Zeit in ein sonores Schnarchen aus. "Braucht ihr irgendwas?", fragte Thorin unvermittelt, als es relativ ruhiger geworden war. Aufgrund meines kratzigen Halses dachte ich nun schon daran ihn um etwas zu trinken zu bitten. "Hast du zufällig eine Flasche Wasser da?", fragte ich ihn freundlich. "Nein. Nicht direkt. Wartet kurz", sagte er. Er wandte sich um und Griff nach dem Rucksack, der an meinem Kopfende Stand. Er zog den Wasserschlauch hervor, den er mir schon bei der Jagd vor ein paar Tagen gereicht hatte. Das alles schien für mich schon so lange her zu sein. Er schob seinen Arm unter meinen Nacken und hob mich ein Stück an. Den Korken des Schlauches zog er mit den Zähnen, bevor er ihn mir an die Lippen setzte. "Nicht so hastig. Sonst verschluckt Ihr Euch", sagte er und ich nahm vorsichtig Schluck um Schluck daraus. Eine wahre Wohltat für meine Kehle und auch den Rest meines Körpers. Als ich genug hatte schob ich den Schlauch mit einer Hand behutsam weg. "Besser?", hakte er nach und legte mich sanft ab. "Ja. Viel besser. Danke", sagte ich leise. Er korkte das Ding wieder zu und verstaute es erneut in seinem Rucksack. "Wenn Ihr noch etwas benötigen solltet, sagt es mir jetzt. Ansonsten versucht zu schlafen. Ich setze mich ans Feuer", meinte er und wartete kurz auf meine Antwort. Ich schaute ihn von Unten her an und schüttelte langsam den Kopf. Er nickte und erhob sich gemächlich. Ich schaute ihm nach. Als er gerade mein Fußende erreicht hatte, bekam ich dann doch noch eine Eingebung. "Thorin?", fragte ich vorsichtig. "Was ist denn?" Er war stehen geblieben und sah zu mir hinunter. "... Warum?" "Warum was?" "Warum.... seid ihr alle so... kompliziert?" "Kompliziert? Wie meint Ihr das denn?" Er legte fragend den Kopf schief und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich biss mir kurz auf die Lippen. Wie sollte ich ihm das nur erklären? Ich hielt sie eigentlich alle für die größten Spinner überhaupt. Aber irgendwie zog es mich immer mehr zu ihnen hin. Und je länger sie hier blieben, umso näher zogen mich auch meine Gedanken zu ihm. Gerade das war eigentlich sogar noch das Schlimmste daran. Ich fühlte mich so sehr zu ihm hingezogen das selbst meine Träume nach seiner Nähe verlangten. Ich schluckte kurz bevor ich weiter sprach:"Ihr... nun ja. Ihr seid ganz anders, als ich... erwartet hatte. Einerseits kommt es mir so vor, als würdet ihr in eurer eigenen Welt leben, wo ihr niemand anderen hinein lassen wollt außer euch selbst. Und... zum Anderen seid ihr doch irgendwie... hier und legt zum Teil ganz normale Verhaltensweisen an den Tag. Ich versuche euch zu begreifen seit ihr angekommen seid. Doch je mehr ich sehe um so mehr beginne ich an meinem eigenen Verstand zu zweifeln. Ich würde zu gerne wissen, was hier passiert. Was mit euch ist. Wer ihr wirklich seid. Und wieso das alles hier mit mir passiert." "Ihr seid Jung. Und Ihr seid neugierig. Das ist nicht immer ratsam", meinte er schlicht. "Aber ich will euch doch einfach nur verstehen. Ihr kommt hier her, bringt eigentlich mein halbes Leben durcheinander und tut so, als wäre es eine Selbstverständlichkeit", sagte ich nicht ohne ein wenig empört über seine Antwort zu klingen. "Es war von uns nie beabsichtigt Euer Leben auf den Kopf zu stellen. Doch diese Welt ist uns noch fremd und fern von allem was wir kennen. Wir versuchen zu lernen, aber Ihr macht es uns wirklich nicht besonders leicht, Cuna", sagte er ruhig aber er klang schon ein wenig bitter dabei. "Was soll das heißen? 'Diese Welt ist euch fremd und fern'? Erklär es mir", drängte ich und richtete mich nun doch zum Sitzen auf. Er gab ein Seufzen von sich, kam wieder näher, hockte sich zu mir runter und drückte mich wieder sanft auf den Rücken. "Liegen bleiben", maulte er und schob mir die seltsame Felldecke etwas höher. Ich legte einen Arm darauf und bemerkte dann erst, dass es keine Decke sondern sein bekannter Pelzmantel war, den er, also sein Charakter, immer auf Reisen trug. Er erhob sich nach dem Zurechtrücken wieder und sah mich von oben herab ruhig an. "Cuna. Wir haben alle unsere Geheimnisse. Sowohl wir als auch Ihr. Und ich kann Euch zu diesem Zeitpunkt einfach nicht die Antworten geben, die ihr hören wollt. Aber irgendwann werde ich es Euch vielleicht anvertrauen können. Bis dahin, hört auf Fragen zu stellen. Ihr werdet begreifen, wenn es soweit ist. Aber das ist nicht Heute und nicht Jetzt. Macht die Augen zu und schlaft", sagte er eindringlich und schritt wieder von meiner Seite weg. Ich rollte innerlich mit den Augen. Das diese Männer es mir nur so schwierig machen mussten. Das war genauso, wie nach dem Weg fragen wenn man sich verfahren hatte. Aus dem Grund waren auch Moses und sein Volk vierzig Jahre durch die Wüste geirrt, dachte ich ein wenig genervt bei mir. "Thorin?", setzte ich nochmal kurz an. "Was ist denn jetzt noch?", fragte er nun ein wenig barscher. "...Danke", sagte ich nur. "Wofür?", entgegnete er etwas verdutzt und misstrauisch. "Das du bei mir warst und meine Hand gehalten hast", flüsterte ich und spürte schon irgendwie, dass es eigentlich sehr lächerlich klang. Kurz trat ein peinliches Schweigen zwischen uns ein. Ich sah, wie er eine Hand an den Hinterkopf hob und das Gesicht von mir abwandte. Schämte er sich gerade? Ausgerechnet er? Kurz drauf räusperte er sich: "Ähm.... Gern geschehen. Jetzt schlaf aber endlich." "Gute Nacht", gab ich nuschelnd von mir. "Gute Nacht....", sagte er mit etwas gefasster Stimme. Ich schloss die Augen und kuschelte mich in seinen Fellmantel. Er war wunderschön weich und warm. Noch dazu duftete er angenehm nach ihm. Genauso wie schon die Leinenklamotten. Eigentlich war es mir ein wenig peinlich an dem Mantel zu schnuppern, während sein Besitzer keine zehn Meter weit von mir entfernt am Feuer saß. Doch ausnahmsweise genoss ich es einfach mal. Es erfüllte mich mit so viel Frieden und Ruhe, dass ich gar nicht lange brauchte, um wieder in das Reich der Träume abzugleiten. - 16. 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