Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 11: 11. Thorin Erdbeerschild ------------------------------------ Die Sonne brannte an diesem Nachmittag unerträglich vom Himmel und keine Wolke war auszumachen, die einem zumindest so ein bisschen Schatten bot. Es hatte zwar den Vorteil, dass die Klamotten von der Wasserschlacht schneller trockneten, aber dafür mussten wir uns spätestens nach zwei Stunden in irgendein Zelt verkriechen, um der extremen Bestrahlung zu entgehen. Kili und Fili waren mit mir zum Fisse ma "Tent" chen gegangen, wo wir zusammen jeweils eine Cola tranken. Ich bekam immer mehr und mehr den Eindruck, dass sie wohl in einer Höhle aufgewachsen sein mussten. Nichtmal so was kannten sie. "Dieses schwarze Prickelwasser ist unglaublich lecker. Warum gibt es so was nur nicht bei uns zuhause?", fragte Fili und nahm noch einen Schluck. Ich zuckte seufzend mit den Schultern. Im Zelt war einiges los. Es war Spielnachmittag und um die Tische verteilt saßen die Leute in Gruppen zusammen und zockten allerhand verschiedene Sachen. Manche spielten nochmal eine runde Werwolfen andere beschäftigten sich mit Brettspielen oder ließen die Würfelbecher erklingen. Für Aktivitäten draußen war es definitiv zu heiß. Ich sah mich gelangweilt im Raum um. Ob ich vielleicht auch irgendwas spielen sollte? Oder ob ich lieber weiter faul vor mich hin liegen mochte? Schwierige Entscheidung. Doch die traf nicht ich, sondern die beiden Jungs, die sich heiter plaudernd zu meinen Flanken postiert hatten. "Wie wäre es, wenn wir eine runde Karten spielen?", schlug Kili vor. "Was denn für Spiele?", fragte ich ruhig und musterte ihn. "Spielen wir doch 'Schwarzes Schaf'", meinte Fili und grinste. "Schwarzes Schaf? Wie geht das denn?", fragte ich und war ausnahmsweise ernsthaft neugierig, wie das Spiel funktionierte. "Ist ganz einfach. Es werden alle Karten ausgeteilt. Darunter befindet sich eine, die aussieht wie ein Schwarzes Schaf. Nach und nach zieht man im Uhrzeigersinn eine Karte nach der anderen von den Mitspielern. Immer wenn man ein Paar zusammen hat, darf man dies raus legen. Wer am Ende das Schwarze Schaf hat, hat verloren", erklärte Kili. "Das ist ja wie 'Schwarzer Peter' oder der 'Diddle auf dem Kaktus'", meinte ich und grinste. Das Spiel kannte ich ja zumindest. "Nennt man das so bei euch? Naja, also wenn du Lust hast, dann hol ich eben die Karten aus dem Zelt. Vielleicht hat Onkel Thorin ja auch Lust mitzuspielen. Und Balin und Dwalin sicher auch", sagte Kili und stand auf. "Ich weiß ja nicht, ob gerade Thorin, nach seiner unfreiwilligen Dusche, große Lust dazu hat, mit mir Karten zu spielen", sagte ich und drehte bedröppelt meine Colaflasche in den Händen. Mit einem Finger zog ich kleine feuchte Linien durch das Kondenswasser, welches sich an dem Glas gebildet hatte. Ein sehr deutliches Zeichen, dass es sehr schwül war. "Der wird sich schon wieder beruhigt haben. Das dauert bei ihm nicht lange. Und zu einer Runde Karten hat er bisher nie nein gesagt", antwortete Fili und grinste. "Dann frag ich aber zumindest auch Richi und Chu ob die mitspielen. Muss ja nicht sein, dass ich immer nur mit euch was mache", gab ich zurück. "Klar frag sie ruhig. Je mehr umso lustiger", rief Kili, der durch die Öffnung des Barzeltes eilte. Langsam erhob ich mich von dem Sofa und hielt nach meinen Freunden im Zelt ausschau. Richi erspähte ich am Tischkicker und Chu saß mit Rainbow und Ani-chan zusammen an einem der Tische und sie quatschten. Natürlich, wie es Frauen immer tun, wenn sie zusammen sitzen. Ich schlängelte mich durch die Tischreihen an den anderen Spielern vorbei und grinste die Mädels an. "Hey ihr. Was macht ihr so?", fragte ich eigentlich unnötigerweise, da ich die Antwort ja kannte, aber sie erwiderten wenigstens das Grinsen. "Ach nur quatschen. Und du? Hängst fröhlich mit den Zwergen ab, ja?", fragte Rainbow und linste Richtung Fili, der allein auf dem Sofa sitzen geblieben war. Ich seufzte leicht und nickte ihr zu. "Wir wollen was zusammen Spielen. Habt ihr vielleicht Lust? Dann muss ich nicht die ganze Zeit allein mit denen sein", sagte ich ruhig, aber innerlich war ich schon ein wenig angespannt. Sicher, ich wurde langsam warm mit diesen eigenartigen Spießgesellen. Doch waren mir meine langjährigen Freunde schon ein wenig lieber. "Klar! Was wollt ihr denn Spielen?", fragte Chu und musterte mich neugierig. "So ein Kartenspiel. 'Schwarzes Schaf' oder so. Is so was ähnliches wie 'Schwarzer Peter'. Also. Macht ihr mit?" Die Mädels sahen sich einen Augenblick an und sagten dann nickend zu. Richi hatte gerade seine Runde am Kicker zu ende gespielt und war auch hinzu getreten. "Oh Ha. Kartenspielen", sagte er zur Begrüßung. "Dir auch einen schönen Tag. Willst du mitmachen?", fragte ich und drehte mich rum. "Ja klar. Kein Ding. Wo spielen wir?", fragte er und ich deutete auf die Sofa Ecke auf der immer noch Fili alleine saß und nun neugierig zu uns herüber sah. Nachdem ich Richi knapp nicken sah erhoben sich die drei Damen fast gleichzeitig. Geschlossen kam ich mit den Vieren zu Fili zurück, der freundlich lächelnd alle bat platz zu nehmen. Ich setzte mich nun zwischen Rainbow und Chu. Lange dauerte es auch nicht bis Kili mit dem Kartenspiel und den restlichen Zwergen zurück war. Thorin nahm mir gegenüber platz. Balin setzte sich freundlich lächelnd neben Richi, Dwalin nahm neben Fili platz und Kili mischte unterdessen im stehen die Karten bevor er sich neben Thorin setzte und austeilte. Es war das Merkwürdigste und zugleich schönste Kartenblatt, was ich je zu Gesicht bekommen hatte. Nicht nur, dass die Karten offenbar aus feinstem Leinenpapierfasern bestanden. Auch die Bilder darauf schienen handgemalt zu sein und waren an den Rändern mit wunderbar feiner Runeninschrift verziert. Die Farben erstrahlten in einer schlichten aber doch ausreichenden Vielfalt. Die verschiedenen Zahlen konnte man an der unterschiedlichen Färbung der Runen erkennen, die sowohl oben links als auch unten rechts etwas Dicker ausgeprägt waren. Die Bilderkarten, die bei uns ja Bube, Dame und König waren, waren hier völlig anders. König und Dame gab es nicht. Stattdessen grinste einen dann irgendein Zwerg an, der einem bestimmten Handwerk nachging. Sei es schmieden, drechslern oder schneidern. Der Bube hingegen war ein pechschwarzes Schaf das fröhlich auf einer Wiese graste. Ich konnte meine Freunde neben mir vor Erstaunen keuchen hören. Etwas schöneres hatte noch keiner von ihnen gesehen. Und ich auch nicht. Vorsichtig fuhr ich mit einem Finger über die Farbe. Man konnte alle Erhebungen und Vertiefungen der Pinselstriche fühlen. Eigentlich viel zu schade zum Spielen, dachte ich mir. "So. Welchen Einsatz machen wir?", fragte Dwalin und sortierte sein Blatt. "Äh... Einsatz?", fragte Ani-chan verwirrt, die auf der anderen Seite von Rainbow saß. "Ich würde sagen, jeder hat fünf dieser kleinen Silber-goldenen Münzen", meinte Balin und zog aus seinem Beutel einige Zwei-Euro Stücke heraus. "Ihr wollt um Geld spielen?", fragte Rainbow und wir sahen, wie die Zwerge alle an ihre Beutel gingen um das Geld abzuzählen. "Natürlich. Alles andere wäre Zeitverschwendung", sagte Fili. "Spiele um Geld sind hier aber nicht erlaubt", warf Richi fachmännisch ein und nach und nach blickten sich die Herren mehr oder minder verwirrt, wenn nicht sogar entsetzt an. "Wie? Das ist nicht erlaubt?", fragte Kili, der ein Gesicht machte, als hätte er sich verhört. "Wir sind hier in keinem Spielcasino. Das ist eine Zeltstadt für Kinder, Jugendliche, Junge Erwachsene und Leute die sich sonst keinen Urlaub leisten können. Davon abgesehen, darf man sowieso in der Öffentlichkeit nur in ausgewiesenen Spiellokalen um Geld zocken und da auch nicht alles", erklärte Chu ruhig. Dwalin machte ein Gesicht, als hätte man ihm gerade seinen Hammer auf den Kopf geschlagen. Thorin hatte eine Augenbraue in Richtung Stirn gezogen und versah ausgerechnet mich mit diesem extrem abwertenden Blick, weil ich genau vor ihm saß. Am Tisch breitete sich eine ungemütliche Stimmung aus. Nur Balin fasste sich ein Herz und fragte noch einmal kurz nach: "Warum ist es denn nur da erlaubt und nirgendwo sonst?" "Ist ganz einfach. Weil Glücksspiel zu einer Sucht werden kann, die einen gegebenenfalls Krank macht. Gerade Kinder und Jugendliche sollen davor bewahrt werden, all ihr Geld auf irgendwelche Sachen zu setzen. Und Leute die sowieso kein Einkommen haben bekommen hohe Strafen, wenn sie erwischt werden", vermittelte Richi ihm ruhig. "Ich sehe hier keine Kinder am Tisch sitzen. Und arm ist hier auch keiner. Also, wo ist das Problem?", fragte der breite glatzköpfige Zwerg barsch und musterte uns argwöhnisch. "Ani-chan und ich sind noch keine Einundzwanzig. Jacky ist Arbeitslos und bekommt auch nur staatliche Unterstützung. Außerdem, wozu sollte man hier um Geld spielen? Es geht um den Spaß. Jemanden auszuschließen nur, weil er kein Geld hat, um zu zocken, ist ganz schön erbärmlich", sagte Rainbow und warf Dwalin damit einen missbilligenden Blick zu. "Bah. Ist ja grauenhaft. Es macht doch gar keinen Sinn zu spielen wenn es um nichts geht", polterte der Zwerg und wollte sich gerade erhaben, als Thorin ihm entgegen sah. "Ich hab dir schon mal gesagt. So lange wir hier sind, halten wir uns an die Gesetze des Landes und die Gepflogenheiten der Leute. Also steck das Geld weg und setz dich", mahnte er mit einem harschen Befehlston in der Stimme. Der große hielt kurz inne, versah die Runde mit einem finsteren Blick und setzte sich dann wieder richtig hin. Thorin nickte ruhig und packte mit den anderen zusammen die Münzen wieder in die Beutel. Aber nicht ohne mir einen eigenartigen, unergründlichen Blick zu schenken, den ich vorläufig einfach mal ignorierte. Währendessen flüsterte ich Chu ins Ohr: "Sag mal. Wie wars mit denen und Richi auf der Bank?" "Stressig. Stell dir vor. Die hatten alle echte Goldmünzen dabei. Die Frau am Schalter hat geguckt, wie ein Auto in der Waschstraße. Selbst der Filialleiter wurde dazu geholt, um die Münzen zu prüfen. Alles in allem hat jeder von denen jetzt nach dem Eintauschen tausend Euro in der Tasche", murmelte sie mir zu und vor Staunen klappte mir der Mund auf. Mit so viel Kohle in der Tasche liefen die einfach so in der Gegend rum? Wirklich? Die ganze Gruppe hatte fünftausend Euro einfach so mit dabei? Und wollten es auch noch hier verspielen als wäre es nichts? Meine fresse! Waren das Millionäre oder waren sie einfach nur doof? Das tat man doch nicht. Jeder Taschendieb wäre begeistert gewesen, wenn er sich auch nur einen von denen geschnappt hätte. Ich schüttelte nur den Kopf und grinste verständnislos in meine Karten. Das letzte Mal, dass ich so viel Geld besessen hatte, war damals, als ich meinen ersten richtigen Job hatte. Und selbst da war es nur auf meinem Konto. Wie konnten die hier nur so leichtsinnig mit dem Geld sein? Einfach nur verrückt! "Ich fang dann mal an", meinte Kili gut gelaunt und zog eine Karte von Thorins Hand. So begannen wir also Reihe rum mit dem Spiel. Eigentlich recht simpel. Obwohl Dwalin zunächst der gewesen war, der sich am Meisten darüber aufgeregt hatte, dass man ohne Geld spielte, so war selbst der nach einigen Minuten hoch zufrieden. Zwischen drin stand einer von ihnen auf um Nachschub an Bier zu holen. Als wir uns in der vierten oder fünften Runde befanden, hörte ich draußen auf dem Platz ein Motorengeräusch und Reifen, die auf dem staubigen Platz knarzten. Kurz drauf war ein permanentes Klingeln zu hören und die Zwerge standen alle wie von der Tarantel gestochen auf. "Was ist das? Eine Alarmglocke?", fragte Balin verwirrt und sah Richi fragend an. Ich schüttelte nur mal wieder den Kopf. "Das ist der Eismann", meinte ich trocken. "Der was?", fragte Thorin und hatte mich zum ersten Mal seit den frühen Morgenstunden wieder direkt angesprochen. "Der Eismann. Der bringt was zu Essen", sagte ich seufzend und blickte auf die Uhr. Wir waren schon einige Zeit am Spielen und ich wusste, dass der Eismann immer genau kurz vor dem Abendessen mit seinem Wagen hier her kam, wenn ich auf der Zeltstadt war. Gut es war vier Uhr nachmittags und ein wenig Lust auf Eis hatte ich bei der Hitze schon. Warum also nicht. Dwalin gab ein spöttisches Schnauben von sich und meinte: "Eis kann man doch nicht Essen. Das ist viel zu sandig und muss doch erst gesiebt werden, damit man es trinken kann. Davon abgesehen wage ich zu bezweifeln, dass bei dieser Hitze auch nur eine flocke Schnee fallen würde." "Mir egal. Ich hol mir was. Kommt jemand mit?", sagte ich und stand auf. Richi winkte ab: "Für mich nicht danke." "Später vielleicht", sagte Chu. Ani-chan schaute in ihren Geldbeutel und suchte nach Münzen. Rainbow schüttelte den Kopf. Von den Zwergen schienen auch nur Fili und Kili interessiert zu sein. Dwalin verschränkte die Arme vor der Brust, Balin wirkte reichlich ungläubig und Thorins Miene war wie immer ein großes Fragezeichen für mich. "Kann man das Zeug wirklich Essen?", fragte Fili und war auch aufgestanden. "Klar. Schaut nur", meinte ich und deutete auf einige Leute die schon mit Waffelhörnchen oder Bechern wieder zurück ins Fisse Ma "Tent" chen kamen. "Wahnsinn. Das sieht lecker aus", jubelte Kili. "Dann kommt. Eine Erfrischung kann nicht schaden", sagte ich bestimmend und ging mit Ani-chan und den Jungs nach draußen zu dem quietschbunten Wagen, vor dem sich schon eine kleine Schlange gebildet hatte. Die Auswahl war zwar ein wenig eingeschränkt, aber ich konnte zumindest mein Lieblings Eisdessert bekommen. Eisschokolade mit Sahne, Kakao und Schokosoße. Oh mein Gott dafür könnte ich jedes mal sterben! Oder nur einmal, aber Hauptsache ich bekam so etwas. Ani-chan nahm sich ein Waffelhörnchen mit Straciatella und Haselnuss. Was die Jungs anging, so hatten die einige Probleme sich zu entscheiden. Ihnen kam aber auch gar nichts bekannt vor. Weder Schokolade, noch Vanille oder Banane. Mal wieder musste ich ihnen aus der Patsche helfen. Schließlich nahmen beide jeweils einen Becher mit einer Mischung aus Haselnuss, Schokolade, Vanille und Erdbeere. An die Waffelhörnchen trauten sie sich nicht so wirklich heran. Was verständlich war, musste man diese die ganze Zeit in der Hand halten. Das störte beim Kartenspielen. Mit dem Eis bewaffnet kehrten wir zu der Gruppe zurück, die eifrig damit beschäftigt war vorerst ohne uns weiter zu spielen. Kili und Fili ließen sich auf ihre Plätze fallen und nahmen fast gleichzeitig ihre Eislöffel in den Mund. Ich nippte an meiner Eisschokolade und beobachtete die Beiden dabei gründlich. Sie rissen mit einem Mal die Augen auf, starrten sich kurz mit vielsagenden Blicken an und... schaufelten das Zeug in sich rein als wäre eine Bande Orcs auf Red Bull hinter ihnen her. "Jungs, Jungs! Nicht so gierig. Ihr bekommt...", setzte ich an, doch da war es schon zu spät. Beide fassten sich stöhnend und keuchen an die Schädel und jammerten. "Ah. Verdammt, was ist denn jetzt?! Das tut weh!", jammerte Kili und Thorin riss beiden entsetzt die Becher aus der Hand. "Was habt ihr? Hat man euch vergiftet?", keuchte er panisch und musterte beide besorgt. Ich konnte mir ausnahmsweise mal ein Lachen nicht verkneifen. Doch das blieb mir im Halse stecken, als mich Thorin unvermittelt und brutal am Krangen packte, um mich quer über den flachen Sofatisch auf seine Augenhöhe zu ziehen. Scheiße war der plötzlich wütend! "Was hast du meinen Neffen angetan, du Hexe?!", fauchte er aufgebracht. Ich konnte in seinen blauen Augen deutlich sehen, das all seine Gefühle auf "töten" eingestellt waren, würde ich ihm keine zufriedenstellende Antwort geben. Ich musste schlucken und erstmal tief durchatmen. Chu, Richi und Rainbow hinter mir gaben ein verängstigtes Keuchen von sich. Beschwichtigend hob ich langsam die Hände. "Ganz... Langsam... Ich hab denen gar nichts... angetan...", begann ich mit zitternder Stimme. "Du hast ihnen dieses Teufelszeug angepriesen und jetzt winden sie sich vor Schmerzen!", brüllte er und ich fühlte, wie sich in meinem Hals ein Klos bildete. Ich versuchte die Tränen runter zu schlucken, die sich langsam einen Weg in meine Augen zu bahnen versuchten. Ich musste ruhe bewahren, auch wenn ich langsam zur Schnappatmung neigte. Sein Griff war sehr fest und stramm an dem Leinenhemd, dass ich befürchtete er würde mich mit seinen kräftigen Händen erwürgen wollen ohne meinen Hals direkt zu berühren. "Das... passiert... jedem wenn... wenn man das Eis zu schnell ißt... denen gehts gleich wieder gut.. Ich.. ich versprechs dir", wimmerte ich und starrte immer nur unentwegt auf seine vor wutverzwerrten Gesichtszüge. "Onkel, lass Cuna los. Es ist schon wieder vorbei", sagte Fili und nahm sich seinen Becher wieder. Thorin wandte sein Gesicht zu ihm und musterte ihn verwirrt. Auch Kilis Kopf schien es wieder gut zu gehen und er grinste Thorin keck an. "Probier doch einfach mal. Das Zeug ist echt spitze", sagte er und hielt ihm seinen Becher hin. Langsam lockerte sich sein Griff an meinem Hemd und sein Blick wurde von wütend zu ernst. "Seid ihr sicher, dass es euch gut geht?", fragte er um sich zu vergewissern. "Ja doch. Los versuch doch mal. Ist wirklich nichts gefährliches dran", sagte Kili lächelnd. Er warf mir einen kurzen unergründlichen aber mahnenden Blick zu und löste dann vollkommen seine Hand von mir. Ich zitterte am ganzen Leib. Meine Beine waren so weich wie Knetgummi. Und vermutlich war ich gerade um rund zwanzig Jahre gealtert. Vorsichtig zogen mich Chu und Rainbow wieder auf meinen Platz. Gemeinsam beobachtete wir, wie Thorin langsam den Eislöffel aus Kilis Hand nahm und sich etwas von der Erdbeereiskugel klaute. Nachdem er es zögerlich über seine Lippen gebracht hatte und den Mund schloss, machte er genauso große Augen wie die Jungs zuvor. "..Das Zeug gibts draußen?", fragte er beide noch mal nachforschen und sie nickten. Er reichte seinem "Neffen" den Löffel zurück und erhob sich. "Bin gleich zurück", sagte er und mit eiligen Schritten marschierte er nach draußen. Kurz drauf sah man ihn ebenfalls mit einem Becher herein treten. Er war randvoll mit Kugeln voller Erdbeereis. Schon auf dem Weg zurück zu unserer Runde, war er geschäftig am Essen. Offenbar hatte er auch noch nie etwas so leckeres gegessen. Es schien ihm so gut zu schmecken, dass er sich sogar den halben Bart mit dem Zeug voll schmierte und es nicht einmal bemerkte. Für gewöhnlich hätte dieser Anblick bei mir für Gelächter gesorgt, was es zweifellos bei den anderen tat. Doch seine vorherige Reaktion auf mich, hatte mich in meinen Grundfesten unglaublich erschüttert. Mir war schlecht und extrem unwohl. Ich kämpfte immer noch mit dem Empfinden los zu heulen und davon zu laufen. Ich konnte nicht mal mehr meine Eisschokolade anfassen ohne das meine Finger bebten wie Espenlaub. ":.. Jacky... willst du nach draußen an die frische Luft?", flüsterte mir Chu ins Ohr, die mich die ganze Zeit über besorgt beobachtet hatte. Ich schluckte kurz einen erneuten Tränenstrom runter und nickte ihr dann zu. "Soll ich mitkommen?", fragte sie, doch ich hob meine Hand in ihre Richtung. "Ich.... komme gleich wieder", sagte ich und meine Stimme klang unglaublich belegt und heiser. Ohne abzuwarten, was einer der Anderen von meinem plötzlichen Aufbruch hielt, drängte ich mich zügig durch die Tischreihen aus dem Zelt. Draußen erst gab ich ordentlich Fersengeld und verkroch mich an meinem Schlafplatz. Ich zog die Plane so weit ich konnte zu und suchte Schutz unter meinem Schlafsack. Hier konnte ich meinem Nervenzusammenbruch freien lauf lassen. Niemand sollte mich hören oder sehen wenn ich weinte. Meine Gefühlswelt war so durcheinander, wie schon lange nicht mehr. Hatte ich mich doch so in Thorin getäuscht? War ich tatsächlich auf dieses charismatische Äußere herein gefallen, welches mir Respekt, Freundlichkeit und Schutz vermittelt hatte? Warum beschäftigte mich dies auch so? Er war nur ein Fremder. Ein Unbekannter, den ich rein durch Zufall irgendwo in einem Spiel getroffen hatte. Wie konnte ich denn erwarten, dass mich so jemand wirklich mochte? Und warum beschäftigte es mich eigentlich, ob er mich mochte? Er hatte nicht die gerinsten Ambitionen dazu dies zu tun. Aber dennoch machte es mich abgrundtief fertig. Die ganzen liebevollen Gesten, die in meinem Gedächtnis aufstiegen, brachten mich nur noch mehr aus der Fassung. Die Erinnerungen an seine kurzen Berührungen. Noch dazu der betörende Duft seiner Kleider, die ich immer noch am Leib trug. Seine dunkle Stimme an meinem Ohr, die mich schier um den Verstand brachte. Erst recht wenn er mich mit dem Namen ansprach, den er von meiner Zwergin kannte. "Cuna", hallte es dumpf in meinem Kopf wieder. "Cuna." Es schien sich eine Weile zu wiederholen. Ich schüttelte mich und krallte meine Finger in die Haare meines Hinterkopfes. Warum hörte diese Stimme nur nicht auf? Warum quälte mich dies so? Ein unerwarteter Druck auf dem Schlafsack nahe meiner Schulter ließ mich zusammenfahren. Ich hatte nicht bemerkt, dass jemand zu mir in den Unterstand getreten war. Erst recht nicht, dass derjenige die ganze Zeit mit mir gesprochen hatte. "Geh weg...", wimmerte ich und schluchzte dabei weiter. "Cuna", drang seine dunkle Stimme mit besorgtem Unterton an mein Ohr. "Geh weg!", begann ich etwas hysterisch zu kreischen. Was fiel diesem Grobian ein, sich nachdem, was er zu mir gesagt und wie er mich behandelt hatte, noch in meiner Nähe blicken zu lassen? Wollte er mich noch mehr verletzten? Noch mehr um den Verstand bringen? Mir Beleidigungen an den Kopf werfen wegen gar nichts? Langsam aber sicher drehte ich völlig am Rad. "Ich weiche nicht eher von Eurer Seite, bis ihr mich angehört habt", sagte er und ich hörte die Plane rascheln. Er musste neben meinem Kopfende platz genommen haben. "Ich will aber nicht hören, was du zu sagen hast! Verschwinde!", brüllte ich unter meinem Schlafsack. "Ich bleibe", erwiderte er stur. Wir schwiegen uns an. Wie lange, das wusste ich nicht. Doch machte mich seine Anwesenheit nur noch verzweifelter. Ich wollte nicht weinen während jemand in der Nähe war. Schon gar nicht vor diesem aufgeblasenen Kerl! ".... ich bitte Euch um Vergebung", hörte ich ihn leise und ruhig sagen. Vergebung? Wirklich? Nach der Angst, die er mir eingejagt hatte, erwartete er wirklich, dass ich ihm seine überzogene Reaktion verzieh? Ich fühlte mich unglaublich in Rage. Ich wandte mich auf meiner Hängematte in seine Richtung, riss mir den Schlafsack von Kopf und schrie Thorin mitten ins Gesicht: "STECK DIR DEINE VERGEBUNG IN DEINEN KÖNIGLICHEN ARSCH!" Ich hatte mit einigem gerechnet. Dass er mich erneut anbrüllte, dass er mich erschrocken anstarrte oder Wortlos aufstand und davon ging. Doch hatte ich nicht damit gerechnet, dass er Ruhig sitzen blieb und eine Hand an meine Wange hob. "Nach allem was Ihr getan habt, hätte ich Euch vertrauen sollen. Ich hab Euch unglaublich verletzt und Euren Verdienst meinem Hause gegenüber damit mit Füßen getreten", sprach er mit Worten, die reuevoller nicht sein konnten. Den Gesichtsausdruck den ich nun bei ihm sah. Den hatte ich nur ein einziges mal gesehen. Nicht so! Nicht hier! Nein es war einer aus dem ersten Film. Als er sich zu seiner Gemeinschaft umgewandt hatte, nachdem Balin Bilbo von der großen Zwergenschlacht erzählt hatte. Dieser unverwechselbare, schmerzdurchzogene Trauerblick. Warum? Wie war das möglich? Er war sich nun seiner Rolle ähnlicher als jemals zuvor! Es war genau der gleiche Blick! Mein Gott! Wie konnte es sein, dass zwei unterschiedliche Menschen genau die selben Verhaltensweisen an den Tag legen konnten und sich noch dazu dermaßen ähnlich sahen wie Zwillinge? Das war schier unmöglich. Nichtmal der beste Schauspieler brachte es fertig, den selben Ausdruck in den Augen wieder zu geben, wie ein anderer in der selben Rolle. Während ich innerlich versuchte um Fassung zu ringen und zu begreifen, was hier gerade für ein merkwürdiger "Film" abging, wischte er mir mit seinem großen Daumen eine Träne aus den Augenwinkeln. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass ich immer noch heulte. Stattdessen hatte ich ihn immer nur weiter angestarrt. Die Wärme seiner Handfläche wirkte unvermittelt tröstend auf mich. Auch wenn es immer noch in mir brodelte. "Wenn es eine Möglichkeit gäbe dies wieder gut zu machen. Dann will ich alles tun, was Ihr von mir verlangt. Nur um meine Undankbarkeit ungeschehen werden zu lassen", sagte er ruhig und streichelte mich weiter. "Schrei mich nie wieder so an", brachte ich leicht zitternd und heiser hervor. Seine Augen erhellten sich einen Moment kurz. Dann schloss er sie und neigte den Kopf nach unten. "So will ichs tun", sagte er knapp und ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen, an denen noch immer einige Reste des Erdbeereises zu kleben schienen. Auch in seinen Bart war etwas davon getropft. Zugegeben. Es sah wirklich reichlich albern aus, weshalb ich mich doch zu einem Kichern ringen konnte. "Wieso lacht Ihr auf einmal?", fragte er und hob irritiert den Kopf. "Du hast den halben Eisbecher im Bart kleben", meinte ich amüsiert und sah zu, wie er seine Hand von meiner Wange löste um sich den Mund abzurubbeln. "Das Zeug geht nicht raus", schnaubte er etwas grantig. "Musst dir im Klowagen das Gesicht waschen gehen", gab ich kichernd von mir. "Mir scheint so. Nun. Wenn Ihr Euch wieder besser fühlt... vielleicht wollt Ihr Euch dann wieder zu uns gesellen. Auf ein weiteres Spielchen?", fragte er und stand auf. Ich atmete tief durch und richtete mich in eine sitzende Position auf. "Ich denke ich werde mich auch erstmal frisch machen. Mit verweintem Gesicht sieht man immer so furchtbar aus", sagte ich. Er reichte mir die Hand und zog mich so aus der Hängematte. Einen kurzen Moment standen wir uns noch stumm gegenüber und starrten uns gegenseitig in die Augen. Dann drehte er sich um und ging mir voraus aus dem Unterstand. Ich folgte ihm knapp auf dem Fuß. Wie wir so nebeneinander her liefen konnte ich mir allerdings eine Bemerkung dann doch nicht verkneifen. "Du Thorin?" "Hrm?" "Wenn du das Eis nicht mehr aus deinem Bart bekommst..." "Was dann?" "Dann benennen wir dich um in... Thorin Erdbeerschild." "... Jetzt werdet mal nicht albern, Cuna." Mit den letzten Worten begann er allerdings zu lachen. Und es war das Erste und nicht das letzte Mal, dass ich dieses wundervolle tiefstimmige Lachen von ihm hörte. - 11. Thorin Erdbeerschild / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)