Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 3: 3. Hinterhalt im Stadtwald ------------------------------------- Seit ich mein Auto nicht mehr hatte, waren die Wege zum Einkaufen und Freizeitbeschäftigungen sehr begrenzt. Nur mein Fahrrad war mir geblieben, mit dem ich zumindest einige wenige Kilometer fahren konnte. Ansonsten musste ich auf Bus und Bahnverbindungen zurück greifen. In der Nähe einer Großstadt ging das schon wesentlich einfacher, als dort wo ich aufgewachsen war. Als Kind in einem kleinen Dorf groß zu werden, wo nur alle dreihundert Jahre ein Bus fuhr und es ein absolutes Highlight war, wenn man mal einen Krankenwagen durch den Ort fahren sah, war schon wesentlich anders, als in einer Kleinstadt vor einer Großstadt zu leben. Eigentlich konnte ich mich nie besonders damit anfreunden. Die Luft stank an manchen Tagen von dem stehenden Flusswasser in dem sumpfigen Stadtwald, dass man hätte meinen können, dort befände sich eine Klärgrube. Noch dazu sorgten diese Umstände dafür, dass ich häufiger Krank wurde. Ich war saubere frische Bergluft gewohnt. Oder sagen wir vielmehr Landluft ohne stehenden Moorastgestank. So richtig Berge konnte man das ja auch nicht nennen. Es waren ja mehr sanfte Hügel, die mit gemischtem Baumwerk überwachsen waren. Hätte mich nicht die Liebe von diesem Ort weggeführt, so hätten gewiss die Menschen die dort lebten, es irgendwann getan. Ich habe dort nie hin gehört. Ich war eine Träumerin oder vielmehr Visionärin und lebte im Stillen für mich in meiner eigenen Welt. Stets auf der Suche nach dem Übernatürlichen. Doch wenn man die Liebe gefunden hat, sollte man Prioritäten setzen. Sicher es war nicht nötig alle Fantasie aufzugeben, doch zu einem Großteil nötig um ein Leben in der Gesellschaft zu führen. So war es dann auch bei mir, als ich vor knapp zehn Jahren aufgebrochen war, um ein Leben an der Seite meines Mannes zu verbringen. Höhen und Tiefen hatten wir überstanden. Jeden Sturm der sich uns in den Weg stellte überwunden und so manche Träne gemeinsam vergossen, wenn es um unser gemeinsames Glück nicht gut stand. Doch nun da er weg war, fragte ich mich jeden Tag im Geheimen, warum ich noch hier war und was mich an diesem schaurigen Platz hielt, den die älteren Stadtbewohner hinter vorgehaltener Hand Horrorheim nannten. Sicherlich gehörte zu diesem einen Punkt meine innige Freundschaft zu Chu und Richi. Ich hatte nie bessere Freunde gefunden, auf die ich mich so gut verlassen konnte. Sie waren immer da, wenn sie Zeit erübrigen konnten. Und auch als mein Mann gerade erst von mir gegangen war, hatten sie es geschafft mir nach einigen Wochen doch wieder zumindest ein Lächeln abzuringen. Freunde auf die ich mich verlassen konnte. Zweifellos das Beste, was mir je passiert war. Doch fragte ich mich, wie jedes mal wenn ich an dem brackigen Flussufer mit dem Rad entlang fuhr, ob ich nicht doch etwas mehr im Leben brauche, als nur meine beiden guten Freunde. Aber war ich wirklich schon bereit dafür eine neue Bindung einzugehen? Ich wusste, dass es ja bereits zwei Jahre her war. Aber für mich kam es ernsthaft nicht in frage freiwillig auf Partnersuche zu gehen. Für mich persönlich stand immer fest, dass es nur einen Mann für mich geben würde, der mich so lieben könnte wie ich bin. Und das bedeutete, dass ihm mein Aussehen und mein zum Teil sonderbares Verhalten keineswegs stören sollte. Aber das war schwierig. Besonders wenn man sich in der Nähe einer Gegend aufhielt, die sich selbst als "Trendy", "Modern" und "Schön" bezeichnet. Ich war zwar mit knapp dreißig Jahren auch noch relativ Jung. Dennoch schätze ich eher althergebrachtes. Make-up, stylische Klamotten oder Putzlappen, wie ich diese sonderbaren Fetzen auch gerne nannte, kamen mir persönlich nicht gerne unter die Finger. Außer man verlangte so etwas am Arbeitsplatz zu tragen. Ich fand das Meiste davon, sah eher viel zu Nuttig aus. Und im Ernst, ich wollte mich selbst nie so auf dem Strich sehen. Ich mochte auch mehr den Schlabberlook. Einfache Jeans, T-shirt, Haarband beziehungsweise Haartuch und Turnschuhe. Häufig kam es dabei vor, wenn mich jemand ansprach, dass man mich als "Jungen Herren" bezeichnete. Und das trotz meiner recht langen Haare. Für diesen Umstand musste ich wohl meinem Vater danken, denn ich sah ihm zum verwechseln ähnlich, wenn ich mir einen Bart ins Gesicht geklebt hätte. Wobei das manchmal gar nicht nötig war. Was wenige wissen ist, dass sich eigentlich jede Frau bestimmte Stellen im Gesicht rasiert oder mit Kaltwachstreifen behandelt, um zu verbergen, dass gerade in den Mundwinkeln Barthaare wuchsen. So nun mal auch bei mir. Mich störte dieser leichte Flaum dort nicht und wenn man nicht genau drauf starrte, war es auch nicht zu sehen. Mein Körperbau war doch eher stämmig und wirkte schon bedrohlich trotz meiner geringen Größe, wenn ich die Schultern etwas hob und nach vorne zog. Ja man hätte wirklich gut sagen können, dass ich ein echter Zwerg hätte werden sollen. Das zumindest sah mein Bruder so, der mich gerne damit aufzog. Im Gegensatz zu mir hatte er Glück gehabt mit seinen Erbanlagen. Er hatte nur das Beste von meinen Eltern bekommen. Aber gut es musste ja bestimmt auch jemanden in jeder Familie geben, der das besondere Glück hatte die schlechten Eigenschaften zu erben. Die müssen ja auch irgendwo hin. Solche Gedanken kamen mir immer wenn ich Unterwegs war. Wie ich so durch den Stadtpark radelte und mir mit einer Hand die Nase zu hielt, um den Gestank besser zu ertragen, kam ich an einer Gruppe grölender halbstarker Jugendlicher vorbei. So was kannte man ja. Helllichter Sonntag Nachmittag und bereits den dritten Kasten Bier angebrochen. Das war hier nichts neues. Einfach nicht beachten, dachte ich mir. So tat ich es auch und hoffte nur, dass diese auf meinem Rückweg dann endlich gegangen sein dürften. Natürlich hörte ich die Rufe der Einzelnen, die offenbar mir galten, denn es war sonst niemand auf dem Rad hier unterwegs. "Hey Breitarsch der Rahmen biegt sich durch", kam es von einem der Jungs. Ich schüttelte nur den Kopf und dachte bei mir: "Keine Haare am Sack, aber dicke Lippe riskieren." So fuhr ich den ganzen Uferpfad entlang, unter einer Autobahnunterführung durch, bis ich irgendwann auf einer gut befahrenen Hauptstraße landete. Endlich kam dann, nachdem ich gut eine viertel Stunde der Straße gefolgt war, der Kaufpark in sicht, wo sich das chinesische Restaurant befand. Ich radelte über den ganzen Parkplatz und sah schon, als ich um eine Ecke bog, Chu und Richi am Eingang mit ihren jeweiligen Elternteilen stehen. Sie winkten mir auch umgehend zu, als sie mich sahen. Ich bremste knapp vor ihnen und machte dabei das Geräusch eines Motorrad Motors nach, bevor ich abstieg und das Rad in einem Ständer befestigte. "Hey, schön dich zu sehen", kam es von Richi. Wir drückten uns alle zur Begrüßung. "Hi Leute. Man hab ich einen Hunger. Ist der mongolische Grill schon offen?", fragte ich. "Na sicher doch. Lass mal rein gehen, damit wir schnell zum Nachtisch kommen können", sagte Chus Vater, der sich mir damals als "Otto der Unbestechliche" vorgestellt hatte und laut seiner Aussage auch Bargeld nehmen würde. Er war richtig Cool drauf, konnte man sagen. Ein richtiger Rock-Opa vom Aussehen her und wurde auch gerne für den Vater von Richi gehalten, da beide sich tatsächlich ein bisschen ähnelten, aufgrund der langen, hellen Haare und des eher schlanken Körperbaus. Lisbeth seine Lebensgefährten und Richis Mutter lächelte schüchtern und ging mit ihm voran in den Laden. Zu fünft nahmen wir an einem der großen, runden Tische platz. Die Kellner dort kannten uns schon. Daher war es ihnen sofort klar was jeder zu trinken bekam. Buffet war für uns auch schon selbstverständlich. Die verschiedenen Sorten Fleisch, die roh auf den Tellern lagen, sahen mal wieder äußerst appetitlich aus. Ich mochte das gebratene Känguru mit Süß-Sauersoße und etwas Gemüse wirklich sehr. Auch Gemüsereis mit Hähnchen-Curry zählten seit meinem ersten Besuch eines chinesischen Restaurants zu meinen absoluten Lieblings Gerichten. Chu, meine beste Freundin und passionierte Dreadlock-Trägerin, war seit einigen Jahren Pescetarierin, sprich sie aß kein Fleisch aber gelegentlich mal Fisch. Daher vergriff sie sich sofort an dem frischen Lachs und ein paar Gemüse-Sushi-Rollen. Richi nahm mal wieder von allem etwas, genauso wie der gute "Otto der Unbestechliche" und Lisbeth. Da Chu und ich noch auf das Essen warten mussten, weil es noch gebraten werden musste, erzählte ich einfach breit heraus, was die letzten beiden Tage so alles passiert war. Richi der zuhörte lachte. "Also entweder sind es totale Boons oder es sind schlichtweg einfach nur Trolle die gerne andern Spieler auf den Senkel gehen", meinte er. "Ja, daran hab ich auch schon gedacht. Ich werde es nachher noch mal versuchen und dann hoffen, dass ich endlich mal alleine Questen gehen kann. Solche Leute halten auf. Außerdem ertrag ich es nicht auf ihre Art Rollenspiel einzugehen. Ihr wisst ja warum", sagte ich und nippte an meinem Glas Cola. "Ja, wegen deinem Mann ist schon klar. Aber hör mal das kann doch auch nicht so weiter gehen oder? Willst du echt für den letzten Rest deines Lebens alleine da stehen?", kam es von Chu. "Nein will ich natürlich nicht. Aber. Ach Leute ich hab einfach zu viel Angst davor, dass es in die Hose geht. Ihr wisst dass zwischen mir und ihm war etwas besonderes. Und das wird es für mich nie wieder in dieser Art geben", meinte ich und drehte das kalte Glas in den Händen. "Ich weiß. Ihr beide wart einfach das Perfekte Paar. Und ich hab niemanden kennen gelernt, der so gut zusammen gepasst hat, wie ihr beiden. Im ernst. Das sagt auch jeder der euch einmal gesehen hat. Aber du musst nach vorne sehen. Dir tut das allein sein nicht gut", sagte Richi und legte mir eine Hand auf die Schulter. Ich seufzte und war in dem Moment dankbar, dass mein Känguru heran gehoppelt kam, damit ich es Essen konnte. Sie hatten ja beide recht. Ich war Unglücklich so allein. Deshalb hatten sie mich auch dazu überredet, einige der Sachen meines Mannes auf dem Trödelmarkt zu verkaufen. Nicht nur um Platz in der neuen Wohnung zu schaffen, sondern auch um endlich loszulassen. Es war ja so, das ich manches nicht mehr brauchen konnte ,was ihm gehört hatte. Doch an einigen Sachen hing ich schon sehr. "Liebe kommt und liebe geht. Sieh uns an. Wir haben uns erst Lieben gelernt, als wir schon recht alt waren. Du findest auch noch mal einen, der in dein Leben passt. Wirst schon sehen", meinte Chus Vater und lächelte aufmunternd zwischen mir und Richis Mutter hin und her. Lisbeth grinste ebenso. Sie war meist sehr still. Sie kannte ja meinen Mann auch, seit er ein Junge gewesen war. Schon in der Jugend waren Richi, Chu und er die besten Freunde gewesen. Umso glücklicher machte es mich eigentlich, dass sie mich in ihren Kreis aufgenommen hatten. Was ich nicht als selbstverständlich empfand. Wenn ich konnte war ich auch immer für sie da. Nur in dieser Zeit, war es häufig umgekehrt, was mich auch schon sehr störte, da ich mich als Last wahrnahm. Aber dafür hatte ich meine Freunde. Sie waren nie genervt wenn ich etwas Aufmunterung brauchte. So auch an diesem Tag nicht. "Hey, wie wäre es, wenn du nicht versuchst dich mit dieser Gruppe da doch mal gut zu Stellen. Vielleicht kommt ja was Gutes dabei raus", kam es dann beim Nachtisch von Chu. "Du meinst mit diesen Boon Zwergen Rollenspielern? Ob das so ne gute Idee ist", meinte ich und schaute sie skeptisch über mein Softeis mit Schokosoße an. "Na komm. Mehr als schief gehen kanns doch nicht oder?", meinte Richi. "Ist ja gut. Ist ja gut. Ihr habt gewonnen. Ich. Werde einfach mal sehen, was die Jungs da so drauf haben. Sofern sich dahinter Jungs verbergen. Ich werde ja sowieso irgendwann eine Gemeinschaft brauchen müssen, sobald ich die ersten Gruppenquests bekomme", sagte ich und unterdrückte es zu seufzen. Das ganze Essen dauerte etwa Zwei Stunden, aber danach konnten wir auch gut sagen, dass wir kugelrund und satt waren. Ich verabschiedete mich dann draußen mit dem üblichen Ritual von Chu und Richi. Wir bildeten einen Kreis und machten das Huen von Eulen nach. Das mochte für Außenstehende sehr albern aussehen, hatte sich aber über die Zeit zu einem festen Bestandteil unserer Gruppe gebildet. Ich schnappte daraufhin mein Rad und winkte nach hinten bevor ich dann die Hauptstraße zurück in Richtung des Radweges zum Stadtwald einbog. Es waren trotz des schönen Wetters wenig Leute an diesem Sonntag Abend unterwegs. Die untergehende Sonne blendete gelegentlich, wenn sie durch das Blätterdach des Wäldchens brach. Ich hing wieder einmal meinen Gedanken nach und achtete gar nicht so wirklich darauf, was sich am Wegrand alles aufhielt. Gerade als ich durch die Autobahnunterführung fuhr, fühlte ich einen kräftigen Stoß von der Seite und einen Schlag auf meinen Fahrradhelm. Der hatte mir wohl in dem Moment schon etwas den Hintern gerettet. Auch wenn ich etwas benommen war. Ich stürzte seitlich vom Rad und rollte erst einmal den betonierten Abhang zum Fluss hinunter. Ich fühlte mein Gesicht, Hände, Arme und Beine brennen, durch die Reibung auf dem harten Boden. Ich wollte mich aber schon wieder aufrappelt, doch da bekam ich einen Tritt ins Gesicht. Dann noch einen und nach dem Dritten, hörte der Schläger endlich auf. Mein Gesicht schmerzte so. Ich wimmerte. Blut lief mir aus der Nase und ich hatte wohl auch eine Platzwunde am Kopf. Mit halb zugekniffenen Augen, konnte ich nur noch den Räuber in der Ferne mit meinem Rad davon rasen sehen. Mühsam zog ich mich auf den Radweg. Passanten, die den Vorfall in der Ferne beobachtet hatten, kamen heran um mir auf die Beine zu helfen. Einer rief die Polizei und einen Krankenwagen. Mir taten sämtliche Glieder weh und ich musste mich auf den Boden setzen. Die Sanitäter, die kamen taten ihr bestes, um mich zu versorgen. Noch während man mich verarztete, vernahmen mich die Beamten und wollten eine Täterbeschreibung. Doch weder ich noch die anderen Passanten konnten zu dem Täter genaue Angaben machen. Das Einzige was alle wussten war, dass er komplett in Schwarz gekleidet war. Und so sahen bestimmt dutzende Leute aus. Ich selbst konnte fast überhaupt nichts dazu sagen, da ich den Schlag seitlich auf den Kopf bekommen hatte. Zur Sicherheit hatte man mich danach in die Notaufnahme des nächsten Krankenhauses gebracht. Ich musste sicherlich nicht erwähnen, dass ich dort geschlagene drei Stunden warten musste, bis ich überhaupt einmal aufgerufen wurde, um für eine erste Begutachtung dann in den Keller geschickt zu werden, wo ich weitere zwei Stunden saß, um auf einen Raum zum Röntgen zu warten. Ja, Krankenhäuser sind der letzte Rotz, wenn man in die Notaufnahme muss und Kassenpatient ist. Es war also kurz vor Zehn, als ich endlich dieses verfluchte Krankenhaus mit der Diagnose Nasenbeinbruch und leichte Gehirnerschütterung verlassen durfte. Zumindest hatte ich meine Busfahrkarte für solche Notfälle dabei, um endlich nach hause zu kommen. War ja mal wieder ein typischer Tag. Immer passierte so ein Mist, wenn ich einen unbesorgten glücklichen Tag verbrachte. Ich schleppte mich die Treppe nach oben in die Wohnung und pflantze mich vor den PC. An schlafen dachte ich noch gar nicht. Dafür war ich zu aufgekratzt und entrüstet über diesen ganzen Vorfall. Ich klickte auf meine Zwergin und loggte mich ins Spiel ein. Questen. Einfach nur in ruhe Questen und nicht daran denken, wie scheiße der Abend geendet hatte. Diesmal konnte ich in ruhe in den alten Wald, um dort Felle und anderes Zeug zu erspielen. Danach führte mich mein Weg wieder ins "Gasthaus zum Tänzelnden Pony", wo ich Sachen verkaufen wollte. Der Raum war fast leer. Klar am nächsten Tag war Montag und sicher waren viele schon im Bett. "Cuna! Hier! Hier drüben sind wir! Hallo!", blinkte in meinem Chatfenster auf. Daneben der Name von Kili. "Na Bravo. Hätte ich mir ja denken können, dass ihr Burschen hier rum springt", stammelte ich den Bildschirm an. Ich entdeckte die Vier nach einigem Drehen der Kamera an einem Tisch in der Ecke sitzen. Sie hatten einen ganzen packen Felle auf dem Tisch liegen. Ich stutzte kurz. War das von der Spielmechanik so vorgesehen oder hatten die das wirklich dort hingelegt? Normalerweise sollten auf den Gasthaustischen keine Waren liegen. Vielleicht spielte mir mein schmerzender Kopf auch einige Streiche. "Was ist mit Euch? Wollt Ihr nicht her kommen um uns Gesellschaft zu leisten?", kam eine Nachricht von Fili ins Chatfenster. Geknickt schrieb ich zurück: "Ich bin gerade nicht in der geeigneten Stimmung für Gesellschaft." "Ach für ein bisschen Plausch und ein Bierchen in später Abendrunde ist doch immer etwas Zeit", schrieb Dwalin und man sah wie sein Charakter sich gleich einen Krug an die Lippen hob um zu trinken. "Wir haben etwas für Euch. Nun kommt schon heran", schrieb Kili. "Also gut", sagte ich zu mir und wollte zumindest einmal sehen, was sie denn ach so schönes für mich hätten. Thorin war aufgestanden, als ich mich dem Tisch genähert hatte. Das Bündel Felle, was auf dem Tisch gelegen hatte war plötzlich verschwunden. Doch eine geistige Täuschung? "Hier das ist für Euch. Das könnt Ihr dem Halbling übergeben.", schrieb er und da ploppte meine Inventartasche auf und die Felle, die eben noch auf den Tisch gelegen hatten erschienen darin. Fast entsetzt blickte ich auf den Bildschirm. "Wie zur Hölle habt ihr das gemacht?", schrieb ich verwirrt und panisch zu gleich. "Wir waren im alten Wald und haben die Tiere gejagt dessen Felle Ihr brauchtet. Ich hoffe es sind auch die richtigen", schrieb Fili. "Das hab ich gar nicht gemeint. Was ich wissen wollte war. Wie könnt ihr mir das einfach so ins Inventar legen? Das ist doch nicht möglich", kam es hektisch von mir. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass mich die Vier genauso verwirrt ansahen, wie ich meinen Bildschirm. Thorin äußerte sich als erstes. "Ich verstehe eigentlich immer noch nicht genau, was Ihr meint. Aber ein Dankeschön wäre meine ich doch schon von Eurer Seite her angebracht." "Ja, Ja. Schon gut Danke. Danke. Vielleicht bin ich auch einfach nur gerade kurz weggenickt und hab nicht bemerkt, was ich gemacht habe. Es war ein furchtbarer Tag", schrieb ich nur und wollte gerade meinen Charakter wieder von den Vieren wegbewegen. "Was ist denn passiert?", schrieb Kili und sein Charakter war mit den anderen dreien aufgestanden. In meinem Kopf versuchte es zu rattern. Sollte ich mich diesen völlig Fremden wirklich anvertrauen? Andererseits hatte ich wirklich das Bedürfnis, mir mein Leid von der Seele zu reden. Zumindest das was vorhin vorgefallen war. "Ich wollte eigentlich schon viel früher wieder da sein aber ich wurde unerwartet aufgehalten", schrieb ich dann. "Aufgehalten? Inwiefern?", schriebt Thorin fragend und machte mit seinem Charakter einen Schritt auf meinen zu. "... Ich bin auf dem Rückweg von meiner Verabredung überfallen worden", erklärte ich kurz und bündig. "Ihr wurdet was?! Seid ihr Verletzt?!", schrieb Fili und meinte wohl meinen Charakter mit seinem umrunden zu müssen, um nach Wunden zu suchen. "Leute im ernst. Hört auf mit diesem lächerlichen Rollenspiel Mist ich meine es ernst! Aber gut hätte ich mir ja denken können, dass ihr euch über mich lustig macht", schrieb ich entnervt von dem Verhalten, da es mir extrem auf den Sack ging, dass sie immer noch meinten ich würde die Sache nur "Spielen". Zumindest kam es mir so vor. Bis Thorin endlich einige Zeilen schrieb: "Ihr seid nicht hier angegriffen worden, sondern bei Euch zuhause. Ihr seid aus Terra-Gaia." "Hä? Bitte was willst du von mir?", fragte ich verwirrt. Terra-Gaia? Nannte man denn in diesem "Mittelerde-Rollenspiel" die Reale Welt? Wenn ja, dann hörte ich das zum ersten Mal. "Terra-Gaia. Die reine Menschenwelt", erklärte er schlicht. "Ja gut. Dann. Von mir aus bin ich aus Terra-Gaia und ja ich wurde hier angegriffen. Man hat mich Überfallen. Mir mein Rad gestohlen und mir mehrfach ins Gesicht getreten. Leider hat keiner sehen können, wer es war. Jetzt muss ich sehen, wie ich ein neues Rad bekomme", schrieb ich nur und wirkte dabei innerlich total abgehetzt. "War niemand da, der Euch hätte helfen können?", fragte Dwalin. Die Gruppe stand nun ganz still vor mir. "Doch, doch. Es waren ein paar Leute da. Die haben die Polizei gerufen und ich bin eigentlich gerade erst aus dem Krankenhaus wieder da. Aber der Typ ist entkommen." "Das ist schlimm. Und Ihr habt niemanden sonst, der Euch beschützen konnte? Keine Freunde? Keine Brüder? Keinen Mann?", fragte Thorin. Ich musste schlucken. Mir brannten etwas die Augen, und das nicht nur von dem kleinen Mann, der permanent in meinem Kopf herum hämmerte. Ich musste lange an mich halten, bis ich eine Antwort schrieb: "Meine Freunde waren in einer anderen Richtung unterwegs, als ich mich vorhin von ihnen verabschiedet habe. Mein Bruder lebt weit weg von mir. Und mein Mann ist tot..." "Das tut mir leid für Euch. Hat dieser Räuber ihn umgebracht?", fragte Kili. "Nein. Er Starb vor zwei Jahren bei einem Unfall. Entschuldigt aber ich möchte ungern mit Wildfremden über diese Sache reden", gab ich zur Antwort. "Verzeiht meinem Neffen. Er ist in mancherlei Hinsicht sehr Taktlos. Ich verstehe natürlich, wenn Ihr darüber nicht sprechen wollt. Wir werden Euch diesbezüglich auch nicht weiter behelligen, außer Ihr wäret bereit dazu von Euch aus zu erzählen", schrieb Thorin. Ich seufzte bedröppelt und dachte mir, es sei nun doch langsam besser mich für Heute zu verabschieden. Zumindest gab mir das mein Hirn deutlich zu verstehen. Außerdem sollte ich mich am nächsten Tag von meinem Hausarzt besser Krank schreiben lassen, um zu vermeiden, dass ich in diesem Zustand und mit diesem sonderbaren Gestell im Gesicht bei einem Vorstellungsgespräch auftauchen musste. "Entschuldigt mich jetzt bitte. Mir brummt der Schädel ich sollte schlafen gehen", schrieb ich um mich wenigstens von den Herren zu verabschieden. "Das wäre im Augenblick wohl für Euch das Beste. Aber eins noch. Solltet Ihr Hilfe brauchen. Egal was es auch sei. Könnt Ihr euch gerne an uns wenden", gab Thorin zu meiner kleinen Überraschung zurück. "Das ist sehr freundlich. Vielen Dank. Und gute Nacht ", schrieb ich schnell, loggte mich aus und schleppte mich mit schwammigem Hirn ins Schlafzimmer. Ob es wirklich so klug gewesen war, Ihnen zu vertrauen? Und was waren diese seltsamen Vorkommnisse im Spiel? Wieso konnten diese vier Spieler nicht genauso Normal reden wie andere auch, wenn man über das Real life sprach? Mir war noch nicht bewusst, in was für eine Sache ich mich schon an diesem Abend verstrickt hatte. Doch eine Antwort auf meine Fragen würde ich sicher bald bekommen. -3. Hinterhalt im Stadtwald / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)