Tabula Rasa von SweeneyLestrange (A Doctor Who Miniseries) ================================================================================ Prolog: -------- Nichts, endloses Nichts wabberte durch ihn hindurch und stellte seine gesamte Existenz infrage. Seine Gedanken trieben daher, zerflossen, verloren sich, so wie auch er sich verloren hatte, nicht einmal mehr wusste, wo er war, wer er war, was er war. Doch dann spürte er irgendwann das Rufen. Zeit hatte sich in vollkommener Bedeutungslosigkeit verloren und so wusste er nicht, ob es sich dabei nur um einen Wimpernschlag oder Jahrtausende gehandelt hatte, in denen ein Teil von ihm einfach nur … da war. Doch sowie er den Sog spürte, der ihn zurück in seine Existenz zwang, war alles wieder da. Das Leben drang in ihn hinein, seine Knochen begannen sich aufzurichten und an die richtigen Stellen zu schieben. Muskelfasern und Nervenstränge bauten sich auf. Haut spannte sich um seine Glieder. Er erlebte den ganzen Prozess seiner Widerauferstehung. Und er genoss es mitanzusehen, wie er wieder einen Körper bekam, wie sein Verstand mit dem Denken begann, als hätte er nie aufgehört. Aber etwas war schiefgelaufen, etwas war ganz und gar schiefgelaufen. Die vergangene Nacht war ihm nur noch verschwommen im Gedächtnis geblieben und je mehr er versuchte, das Geschehene zu erfassen, desto mehr entzog es sich seinem Griff, bis er es fast vollständig vergaß. Beinahe mit einem Anflug von Verwirrung starrte er auf seine dreckigen Hände. Wo war er? Er war gerannt, das wusste er. Etwas war explodiert und er war gerannt und gerannt und gerannt und gerannt und ge-… Ein wimmernder Laut entfuhr ihm. Sein Kopf schmerzte. Seine Haut schien sich um seinen Schädel zu spannen, immer enger und enger, bis sie zu zerreißen schien. Er glaubte zu spüren, wie seine Augäpfel hervorquollen und sich sein gesamtes Inneres nach außen stülpte. Es war unerträglich. Sein Körper fiel auseinander, alle Konzentration, die er aufbrachte, war nutzlos. Noch immer wollte das Gefühl nicht von ihm lassen, dass etwas in seinem tiefsten Inneren an seiner Existenz zog und zerrte und saugte, seine Energie verschlang und sie durch seinen zittrigen Körper ausstieß. „Heh heh, Freundchen, alles okay?“ Nur vollkommen verfremdet drang die Stimme des älteren Mannes, der neben ihn getreten war, durch das brüllende Chaos in seinem Inneren. Die Gewissheit wütete in ihm, dass etwas furchtbar falsch war, schrecklich falsch, doch was es auch war, sowie er glaubte, es gefasst zu haben, entglitt es seinen instabilen Gedanken wieder und wurde unter den Worten dieses Eindringlings begraben. Alles okay? Alles okay? Alles okay? Sie wirbelten durch sein wackliges Denken, bis alles andere vergessen schien. „Alles okay?“, murmelte er. „Alles okay, alles okay. Alles okay?!“ Der Master sah auf. Wieder merkte er, wie ihm jegliche Kontrolle entglitt und sein Gesicht, nein, sein gesamter Körper mit einem saugenden Gefühl nach innen gezogen wurde. Sein Äußeres verschwand unter dem Sog der blauen Lebensenergie und zeigte den Anblick seines Skeletts. Ein Lachen entfuhr ihm. „Oh jaah, mir geht es bestens.“ Mit einem Grinsen legte er den Kopf schräg und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie sein heruntergekommenes Gegenüber unmerklich von ihm wich. „ Mir ist es nie besser gegangen.“ „Das ist ja schön zu hören, ich werd dann auch mal gehen, wollte nicht stören“, erwiderte der Mann und steckte in einer schutzsuchenden Geste die Hände in die Beuteltasche seiner schwarzen Kapuzenjacke. „Man sieht sich.“ Doch als er sich umdrehte und hastig seine Schritte beschleunigte, wusste er bereits, dass es zu spät war. Ein greller Blitz zerriss die Morgendämmerung, dann fiel das Skelett des Mannes in sich zusammen. Das leise Geräusch, das die aufeinanderschlagenden blanken Knochen dabei verursachten, wurde von der dunklen, dreckigen Kleidung gedämpft. Neugierig trat der Master vor und starrte auf den Knochenhaufen vor seinen Füßen. Noch immer kitzelte in seinen Fingern die Spannung der Energie, die durch diese gefahren war. Dann bückte er sich und griff nach der Kleidung. Erst der schwarzen Hose, danach dem roten, löcherigen T-Shirt und schließlich der weiten, zerschlissenen Kapuzenjacke. Nach und nach schüttelte er sie aus, bis kein Knochen oder Stein mehr in ihnen steckte, klopfte ein bisschen Staub aus ihnen heraus und zog sie an. Ihm war kalt gewesen. Aber auch jetzt, da ihm warm war, nagte dieses schreckliche Wissen an ihm, dass etwas falsch war, und beunruhigte ihn. Sein Blick wanderte über die weite, trostlose Landschaft der Docks, die sich vor ihm auftat. Er spürte den frischen Winterwind durch seine Kleidung fahren und Kälte in seine Knochen treiben; er hörte das entfernte Rauschen des Meeres, das schrille Krächzen der Möwen, die über ihm am wolkenverhangenen Himmel kreisten, und trotzdem wurde er das beunruhigende Gefühl nicht los, dass nichts davon von Bedeutung war, weil etwas ganz entschieden falsch war! Der Master schloss die Augen und versperrte alle seine Sinne gegen die Außenwelt. Tief in seinem Inneren fühlte er, wie seine Lebensenergie zu einem unbestimmten Punkt gesogen wurde. Noch schaffte er es, den Fluss zu dämmen, doch war ihm schnell klar, dass er nicht lange die Kontrolle behalten würde. Bei dem Gedanken an seine momentane Machtlosigkeit drehte sich ihm der Magen um. Trotzdem war das nicht einmal so falsch. Was hatte er anderes erwarten können bei der verpatzten Wiederauferstehung? Es war nicht sein zerfallender Körper, der ihn störte. Nein, etwas ... etwas fehlte. Es schien, als hätte man einen wichtigen Teil aus ihm herausgerissen und eine klaffende Wunde zurückgelassen, die er nicht sehen, sondern nur fühlen konnte. Und dann wusste er es. Die Trommeln! Seine wunderschönen, schrecklichen Trommeln waren verstummt. Seine treusten Begleiter. Wo waren sie? Was war passiert? Angestrengt befahl der Master seinen wirren Gedanken, sich zu konzentrieren und sich auf die Suche nach dem alles einnehmenden Klang zu machen, der ihn seit Jahrhunderten begleitet hatte. Doch je mehr er sich bemühte, je konzentrierter er nach dem Vierertakt lauschte, desto klarer wurde ihm, dass sie ihn im Stich gelassen hatten. Er war vollkommen allein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)