Last Desire 4.5 von Sky- (Another Desire) ================================================================================ Kapitel 9: Andrews Flucht ------------------------- Geschockt und sprachlos sah Andrew auf den Grabstein und beobachtete, wie Oliver das Grablicht anzündete, welches ausgegangen war. Er sah mit einem Male nicht mehr so unbeschwert und fröhlich aus, sondern es war eine gewisse Melancholie in seinen Augen zu sehen. Eine Weile schwiegen sie, dann lächelte Oliver und sagte „Tja Elijah, jetzt lernst du endlich mal Andy kennen. Ich hoffe, du freust dich, ihn auch mal endlich kennen zu lernen, nachdem ich dich immer so oft damit genervt habe. Und wie versprochen komme ich dich an deinem Todestag mal wieder besuchen. Und grüß die anderen von mir, okay?“ Andrew hatte den Blick gesenkt und spürte deutlich den tief sitzenden Schmerz bei Oliver. Irgendetwas musste damals passiert sein, das hatte er im Gefühl. Nachdem er eine Weile gewartet hatte, fragte er vorsichtig „Was ist damals passiert?“ Oliver stand wieder auf und vergrub die Hände in seinen Jackentaschen, da der Wind deutlich kühler geworden war. „Elijah war damals auch im Krankenhaus gewesen. Seine Lunge war völlig kaputt und egal wie oft man auch versuchte, da etwas zu retten, er erlitt bei großen Anstrengungen und bei Stress oft einen Pneumothorax. Dabei sammelt sich im Raum neben der Lunge Luft an und presst dabei die Lunge zusammen, woraufhin sie schließlich kollabiert. Das kann zu heftigen Hustkrämpfen, starken Schmerzen und Atemnot führen und muss dann im Krankenhaus behandelt werden. In besonders schlimmen Fällen erlitt er sogar einen Spannungspneumothorax und so etwas ist extrem gefährlich. Denn da sammelt sich bei jedem Atemzug immer mehr Luft im Pleuraspalt an, man bekommt Herzrasen und es kann zum Lungenversagen und zum Schock führen. Elijah war also genauso oft mit dem Tod konfrontiert gewesen wie ich. Denn ich vertrug keine Anstrengungen, weil ich sonst Herzprobleme bekommen hätte. Und er hätte dann keine Luft mehr gekriegt. Doch er wollte sich davon nicht unterkriegen lassen und lebte einfach das Leben wie er es wollte, solange er noch die Chance dazu hatte. Denn irgendwie schien er wohl gespürt zu haben, dass er nicht lange leben würde, auch wenn die Ärzte sagten, er könne noch einige Jahre leben, wenn er jeglichen Stress vermied. Aber das hätte für ihn bedeutet, sich gänzlich aus dem Leben zurückzuziehen und alles zu verpassen, was er erleben wollte. Und genau das wollte er nicht. Wenn er schon irgendwann sterben musste, dann nicht, bevor er nicht genug vom Leben gesehen und erlebt hatte. Und weil er sah, dass er nicht der Einzige war, dem es so erging, beschloss er, gemeinsam mit den anderen Kindern etwas gegen dieses grausame Schicksal zu unternehmen und die Freude am Leben zurückzugewinnen. Ganz einfach indem er das tat, was er wollte, ohne sich um das große wenn und aber zu scheren. Er war mein allerbester Freund und irgendwann verliebten wir uns ineinander. Wir sind uns auch näher gekommen und unsere Freunde akzeptierten unsere Beziehung, auch wenn es für sie erst einmal etwas komisch war. Ich war glücklich mit ihm und hatte dabei völlig ausgeblendet, dass er sehr krank war und seine Anfälle lebensgefährlich werden konnten, wenn sie nicht sofort behandelt wurden. Es kam schließlich dann dazu, dass er an diesem einen Tag, nämlich dem 24. Februar 2003 einen Spannungspneumothorax erlitt. An diesem Tag war er allein Zuhause, da seine Eltern mit seinem Bruder Stephen einkaufen waren und dadurch, dass seine Lunge binnen kürzester Zeit kollabierte und er nicht mehr um Hilfe rufen konnte, erstickte er schließlich nach mehreren Minuten. Als man ihn fand, kam für ihn bereits jede Hilfe zu spät. Letztendlich hat seine kaputte Lunge ihm den Rest gegeben.“ Andrew war fassungslos, als er das hörte und sah wieder auf den Grabstein. Was für ein schrecklicher Tod. Langsam erstickt im eigenen Zimmer, ohne die Möglichkeit zu haben, um Hilfe zu rufen. Das musste für Oliver eine wirkliche Schocknachricht damals gewesen sein. Wie um alles in der Welt hatte er es überhaupt geschafft, mit dieser Tragödie fertig zu werden? „Bevor ich überhaupt die Chance bekam, Elijahs plötzlichen Tod zu verarbeiten, hieß es, ein geeignetes Spenderherz sei für mich gefunden worden und ich hätte dadurch die Chance gesund zu werden. Zu dem Zeitpunkt wusste ich bereits, dass Elijah sich als Organspender gemeldet hatte, weil er somit die Möglichkeit sah, anderen Menschen zu helfen, wenn er nicht mehr am Leben war. Und für mich war es nicht schwer herauszufinden, dass Elijah der Spender war und ich schließlich sein Herz bekam. Deshalb sagte ich vorhin, dass er einen ganz besonderen Platz in meinem Leben einnimmt, Andy. Elijahs Tod hat mir gleichzeitig das Leben gerettet, weil ich durch ihn die Chance bekam, ganz normal wie andere Menschen zu leben und mich nicht mehr von meinem kranken Herzen einschränken lassen musste. Ich konnte endlich das tun, was ich wollte und musste keine Angst mehr haben, dass mein Herz den Geist aufgeben könnte. Ich habe Elijah viel zu verdanken. Er hat mir meinen Lebensmut zurückgegeben und die Kraft, weiterzukämpfen und mich nicht unterkriegen zu lassen. Und indem er sich als Spender meldete, konnte ich noch mal von vorne anfangen. Ich trage sein Herz in mir und deshalb will ich auch, dass in dieser Welt ein Stück von ihm weiterlebt, weil er damals etwas Großartiges getan hat, was nicht so einfach enden darf. Obwohl er selbst todkrank war, hat er uns Kraft gegeben und uns gezeigt, wie schön das Leben eigentlich ist und dass man auch mit Einschränkungen und schwerer Krankheit Spaß haben kann. Und durch ihn konnten ich und einige andere Menschen weiterleben. Dafür werde ich ihm immer dankbar sein und deshalb haben Ridley und ich uns seine Lebensphilosophie zu der unseren gemacht. Denn mit dieser können wir auch selber anderen Menschen helfen, die in einer ähnlichen Lage sind wie wir damals und die Trost und Zuwendung brauchen. Aber es ist nicht so, dass da irgendwelche Liebe noch im Spiel wäre. Es sind seit damals gut zehn Jahre vergangen und das mit Elijah war zwar schön gewesen, aber es war eher so etwas wie eine typische Beziehung unter Teenagern. Selbst wenn er damals nicht gestorben wäre, hätte niemand von uns wirklich sagen können, ob unsere Beziehung bloß eine pubertäre Phase war, oder ob es die große Liebe war. Ich liebe dich, Andy. Und du bist der einzige, für den ich diese Gefühle habe.“ Doch so wirklich überzeugt war Andrew nicht. Diese Geschichte machte ihm wirklich schwer zu schaffen und anstatt, dass er sich besser fühlte, wurde es nur noch schlimmer. Dieser Elijah war nicht nur ein toller Freund gewesen, er war auch noch Olivers Lebensretter. Ein echter Held. Nie und nimmer konnte er sich mit so einem wie Elijah vergleichen und überhaupt mit ihm mithalten. Ich werde doch niemals gut genug für Oliver sein. Er und Elijah waren auf einer Wellenlänge und ein eingespieltes Team. Aber wir beide haben die ganze Zeit schon so unsere Schwierigkeiten und ich komme mit seiner chaotischen und unberechenbaren Art einfach nicht zurecht. Wir sind nicht füreinander geschaffen, also sollten wir uns auch nicht irgendetwas vormachen und bei den Fakten bleiben. Mit uns kann es nie und nimmer werden, weil ich nun mal nie wie Elijah sein werde. Was will Oliver denn von so einem Versager wie mir? Ich hab doch gar nichts, ich bin nicht so toll wie sein verstorbener Freund, also sollte ich an dieser Stelle hier einfach einen Cut machen und verschwinden. Ansonsten wird das schon wieder mit Tränen und gebrochenen Herzen enden, genauso wie die Male davor auch schon. Ich hätte es echt besser wissen sollen, anstatt so dumm zu sein und mir falsche Hoffnungen zu machen, es könnte mit Oliver anders sein als mit Beyond. Andrew hielt den Blick gesenkt und zitterte am ganzen Körper. Er fühlte sich einfach nur elend und hatte das Gefühl, als stünde er genau wieder an denselben Punkt wie vor zehn Jahren, als er auf dem Dach von Wammys House gestanden hatte. Genauso verzweifelt und hoffnungslos. Oliver sah wie er litt und legte sanft einen Arm auf seine Schulter. „Andy, hör mir mal zu…“ Doch Andrew schlug seine Hand weg und ging einen Schritt zurück. „Was willst du denn noch? Ich hab schon kapiert, dass ich nicht so toll wie Elijah bin. Im Gegensatz zu ihm bin ich doch ein Nichts! Was hab ich denn schon, dass ich mich mit jemandem wie ihn messen kann? Ich bin nicht so stark und so toll, was willst du da also mit so einem wie mir denn schon anfangen? Das hat doch keinen Sinn. Bevor du mit mir noch irgendwelche Enttäuschungen erlebst und das mit mir bereust, sollten wir es einfach bleiben lassen. Das ist das Beste für uns alle.“ „Jetzt reagier doch nicht gleich über, Andy. Du steigerst dich da gerade in irgendwas rein!“ „Nein, tue ich nicht und ich reagier nicht über. Es ist doch nun mal Fakt, dass ich niemals an Elijah herankommen werde, egal was ich auch tue. Er hat dir mit seinem Tod das Leben gerettet und du hast ihm so viel zu verdanken. Das kann ich dir doch nie und nimmer bieten, das ist leider so! Stattdessen muss ich mich von dir aushalten lassen und das kann es doch auch nicht sein. Also hören wir doch auf, uns weiterhin etwas vorzumachen! Mit so einem wie mir kann es doch niemals gut werden. Wir sind verschiedene Menschen und du verdienst etwas Besseres als mich.“ Damit wandte sich Andrew um und rannte davon. Er ertrug es nicht länger, noch weiter in Olivers Nähe zu bleiben und gleichzeitig zu wissen, dass dieser noch so sehr unter Elijahs Tod litt und so viel an ihn bewunderte. In seinen Augen musste dieser Elijah doch ein Heiliger sein! Wie um alles in der Welt könnte ich da jemals mithalten? Niemals… ich bin nicht wie Elijah und werde niemals so toll wie er werden. Ich bin doch nur ein weinerlicher Versager, der es weder geschafft hat, L’s Nachfolger zu werden oder sonst etwas im Leben zu erreichen. Stattdessen habe ich es höchstens zum Prügelknaben und Sexsklaven von James gebracht und kriege inzwischen rein gar nichts mehr alleine auf die Reihe. So einen wie mich will doch niemand haben. Keiner würde so jemanden wie mich wollen. Blindlings rannte Andrew über den Friedhof und eilte dann eine Straße entlang. Er rannte, ohne zu wissen wohin und wollte am besten so weit weg wie möglich von Oliver, am besten raus aus Boston und raus aus Amerika. Was anderes als weglaufen konnte er ja sowieso nicht. Und überhaupt brauchte er sowieso erst mal Abstand, um irgendwie den Kopf freizubekommen. Mit einem lauten Donnern brach der Regen herein und es wurde in kürzester Zeit zu einer einzigen Sintflut. Andrew fand nach einer Weile Schutz an einer Bahnunterführung, war aber trotzdem komplett durchnässt, als er dort ankam. Das Wasser tropfte ihn von den Haaren und der Wind war schneidend kalt. Binnen kürzester Zeit war er komplett durchgefroren und fragte sich, ob es denn überhaupt noch schlimmer werden konnte. Niedergeschlagen kauerte er sich auf den Boden und wickelte sich fester in seine Jacke. Der Regen wurde immer stärker und irgendwo schlug ein Blitz ein. Super, jetzt sitz ich hier erst mal fest, bis der Regen aufhört. Und wenn ich richtig Pech an diesen eh schon so beschissenen Tag habe, wird das noch ein richtiger Sturm werden und dann noch den Rest des Tages über anhalten. Warum nur kann ich nicht ein einziges Mal Glück im Leben haben? Wieso nur ist es mir nicht ein Mal vergönnt, glücklich zu sein und jemanden lieben zu können, ohne dass irgendetwas dazwischenkommen kann? Wahrscheinlich stimmt es ja und ich bin einfach nicht dazu geschaffen, eine vernünftige Beziehung zu führen, weil ich mir immer die Falschen aussuche. Dabei war das mit Oliver gestern so schön gewesen. Als wieder die Erinnerung an letzte Nacht zurückkam und wie glücklich er da gewesen war, fühlte er sich nur noch schrecklicher und wünschte sich, er hätte niemals dieses verdammte Fotoalbum gefunden und Oliver nicht zu Elijah befragt. Er hatte es unbedingt wissen müssen, obwohl er doch gewusst hatte, dass die Wahrheit ihm nur wehtun würde. Und jetzt konnte er auch nicht mehr zurück. Nach der ganzen Sache konnte er unmöglich zu Oliver zurück. Er konnte ihm nie wieder unter die Augen treten. Aber wo sollte er denn hin? Zurück zu Beyond und ihn um Hilfe bitten? Zwar hatte dieser ihm seine Hilfe angeboten, aber sollte er ihn schon wieder mit seinen Problemen belästigen, wo dieser doch endlich mal selber nach zehn Jahren glücklich war? Vielleicht sollte ich endlich mal damit aufhören, mich stets und ständig auf andere zu verlassen und von nun an alleine klar kommen. „Irgendwie mache ich aber auch alles falsch. Ganz egal was es auch ist“, seufzte er niedergeschlagen und lehnte sich mit dem Rücken zur Wand. Ihm war immer noch furchtbar kalt, da seine Klamotten komplett durchnässt waren und der Wind stärker wehte. Als hätte er nicht schon Pech genug gehabt für die letzten zehn Jahre. Oliver… ob er wohl nach Hause gegangen war? Wie er sich wohl fühlt nachdem, was ich ihm gesagt habe? Vielleicht hat er ja endlich auch eingesehen, dass das mit uns beiden von vornherein zum scheitern verurteilt ist, weil wir beide nicht zusammenpassen und ich niemals an Elijahs Format herankomme. Ja, mit Sicherheit hat er es endlich kapiert und lässt mich in Ruhe. Es ist das Beste für uns beide, sonst endet es doch nur wie so viele Tragödien: nämlich mit einem gebrochenem Herzen. Aber warum… warum wünsche ich mir dann trotzdem so sehr, dass er herkommt und mich in den Arm nimmt so wie immer, wenn es mir schlecht ging und er mich aufmuntern wollte? Anstatt, dass ich ihn einfach so aus meinem Kopf streiche und ihn endlich abhake, kann ich nicht aufhören, an ihn zu denken und mir zu wünschen, er würde herkommen und mir noch mal sagen, dass er mich liebt und er für mich da sein wird. Aber wieso sollte das überhaupt so kommen? Es läuft doch sowieso nie so, wie ich es mir gewünscht habe und ich hatte mein ganzes Leben Pech gehabt, also warum sollte es jetzt auf einmal anders laufen? Manche Menschen sind eben nicht dazu geschaffen, glücklich zu werden und ich muss endlich mal akzeptieren, dass ich genau zu der Kategorie zähle, die eben ständig die Niete zieht. Träume sind nun mal etwas für naive Spinner, wie sonst sollte man auch die ganzen Enttäuschungen ertragen? So etwas wie wahres Glück gibt es einfach nicht in dieser Welt. Das war so und das wird auch für immer so bleiben. Wenn es dieses wahre Glück wirklich gäbe, dann wäre ich damals mit Beyond glücklich geworden und wäre nicht im Institut gelandet. Beyond wäre nicht zum Mörder geworden und Frederica würde nicht so ein tristes Dasein fristen und an lebenserhaltenden Maschinen angeschlossen werden, während sie unerträglichen Schmerzen ausgesetzt wird. Und wenn dann irgendjemand meint, es wäre Gottes Plan, dann muss Gott uns doch echt hassen, dass er uns das antut. Es gibt gar keinen Gott, genauso wenig, wie so etwas wie Glück oder Gerechtigkeit in dieser Welt existiert. Und eben weil es so ist, werde ich hier einfach warten, bis das Unwetter vorbei ist und dann alleine irgendwo hingehen, bis dann irgendwann der Gedankenschaltkreis versagt und ich wieder sterbe, oder ich auf andere Art und Weise vor die Hunde gehe… Doch trotzdem wünschte sich Andrew, dass das Gewitter nicht aufhörte und er noch hier sitzen bleiben konnte. Zwar fror er entsetzlich und das Wasser tropfte ihm von den Haaren und seine Klamotten waren durchnässt, aber etwas in ihm zögerte noch, einfach von hier zu verschwinden. Irgendwo war da eine Stimme, die ihn daran hindern wollte, einfach so zu verschwinden und Oliver nie wieder zu sehen. Verdammt, er wollte ihn wieder sehen und von ihm im Arm gehalten werden. Er wollte ihm wieder so nahe sein wie letzte Nacht und weitere so schöne Erinnerungen teilen. Verdammt, er vermisste Oliver und er wollte wieder zurück zu ihm. Aber wie sollte er das denn nach den Sachen, die er gesagt hatte und wenn er doch wusste, dass er mit Sicherheit nur eine Enttäuschung für ihn war. Warum nur muss das Schicksal so ein mieser Verräter sein und ihm einen Dolchstoß nach dem anderen verpassen? Oliver… ich will dich noch ein allerletztes Mal sehen und dich im Arm halten. Ich will bei dir bleiben, auch wenn du mich vielleicht unerträglich findest, weil ich so eine verdammte Heulsuse bin. „Andy!“ Der Donner war so laut, dass er diese Stimme zuerst nicht wirklich wahrnahm, aber als er sie ein zweites Mal seinen Spitznamen rufen hörte, sah er auf und konnte nicht glauben, dass es tatsächlich Oliver war, der da auf ihn zugeeilt kam. Er war mit dem Auto hergefahren und lief das restliche Stück mit dem Regenschirm. Wie hat er mich denn überhaupt so schnell finden können und woher wusste er überhaupt, dass ich hier bin? Zuerst war er völlig überrascht, aber dann fiel es ihm wieder ein: Der Gedankenschaltkreis! Oliver hatte ein Ortungssystem einprogrammiert, welches er über ein selbst entwickeltes Programm starten konnte, um ihn zu finden, sollte ein Defekt auftreten. „Mensch Andy, ich hatte schon echt Sorge gehabt, dass du blindlings durchs Gewitter rennst. Gerade eben ist nicht weit von hier ein Blitz eingeschlagen und ich hatte echt Angst gehabt, es könnte dich auch noch erwischen. Oh Mann, du bist ja komplett durchnässt. Na komm, fahren wir erst mal nach Hause. Du musst dich jetzt dringend wieder aufwärmen, bevor du noch krank wirst und dann reden wir in aller Ruhe über alles, okay?“ Andrew war so von seinem Gefühlschaos eingenommen, dass er nicht in der Lage war, weiterhin Widerstand zu leisten. Ein Teil von ihm wollte bei Oliver bleiben und mit ihm zurück nach Hause gehen, aber ein anderer Teil wollte weg von hier, vor allem weg von Oliver. Doch dieser andere Teil war nicht stark genug, um sich durchzusetzen. Denn er war einfach viel zu überwältigt von der Tatsache, dass Oliver nach ihm gesucht hatte und ihn nicht gehen lassen wollte. Warum nur war er gekommen, wenn er doch diesen Elijah so liebte? Unglücklich kauerte er immer noch auf dem Boden und fragte „Wieso hast du nach mir gesucht?“ „Na weil ich dich nicht so gehen lassen wollte mit der ganzen Geschichte. Jetzt hör mal Andy, du steigerst dich zu sehr in deine Ängste und Selbstzweifel rein und machst dir Sorgen um Dinge, die eigentlich nicht so sind wie du denkst. Und da kann ich dich doch nicht einfach so gehen lassen. Komm, gehen wir zurück nach Hause.“ Zurück nach Hause… irgendwie klang das so seltsam. Während seiner Zeit im Institut hatte er nie gesagt, dass er „zurück nach Hause“ ging, sondern immer, dass er ins Institut zurückgehe. Jetzt in dieser Situation klang es so angenehm, insbesondere weil diese Worte von Oliver kamen. Als wäre er dort wirklich zuhause und eigentlich stimmte das ja auch. Er fühlte sich wohl bei Oliver und auch wenn er ein furchtbarer Chaot war, hatte er die Zeit mit ihm genossen und er hatte sich auch wirklich glücklich gefühlt. Doch er wollte nicht schon wieder diese ganze Enttäuschung erleben, die er und Oliver erleben könnten, wenn es zwischen ihnen nicht funktionierte und wie sollten sie dann noch unter einem Dach wohnen? Wenn sie dieses Risiko eingingen und sich aufeinander einließen und die Beziehung ging in die Brüche, dann könnten sie doch unmöglich noch vernünftig unter einem Dach wohnen. Dann würde Andrew alles wieder verlieren. Oliver… sein neues Zuhause… Das alles wäre wieder weg und er hätte rein gar nichts mehr. Und genau davor hatte er solche Angst und deshalb wollte er lieber freiwillig gehen, bevor es dazu kam. Er war sich sicher, dass es für alle Beteiligten das Beste wäre. Doch… er wollte so gerne bei Oliver bleiben, ihn in den Arm nehmen und ihn wieder so spüren wie letzte Nacht. Was für eine beschissene Situation und er wusste nicht, wie er das so handhaben sollte. Schließlich, als Oliver ihm eine Hand reichte, um ihm hochzuhelfen, da übermannte Andrew dieser eine Teil, der das alles nicht aufgeben wollte. Er wollte sein Glück nicht so einfach wegwerfen. Also nahm er Olivers Hand und stand auf. Und sogleich nahm Oliver ihn in den Arm, ganz ungeachtet der Tatsache, dass Andrew vom Regen völlig durchnässt war. In diesem Moment übermannten den 25-jährigen die Gefühle und erwiderte die Umarmung. Er drückte sich so fest an ihn, aus Angst, dass etwas sie wieder auseinanderreißen könnte. Und mit zitternder und aufgewühlter Stimme brachte er unter Tränen hervor „Ich will nicht wieder alleine sein…“ „Das musst du auch nicht, Andy. Ich werde dich nicht im Stich lassen und ich werde für dich da sein, egal was passiert. Komm bitte zurück nach Hause und lass mich das alles ein für alle Mal klarstellen, ja? Du musst jetzt unbedingt ins Warme, bevor du noch krank wirst.“ Und damit folgte Andrew ihm zum Wagen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)