Aftermath von commander-grumpy-gay ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Schritte. Du lauschst ihnen aufmerksam. Du bist hier unten schon seit Tagen. Oder Wochen. Schwer zu sagen, aber es ist lange genug. Lange genug, dass du Niles schnelle Schritte auf den Ziegelsteinen innerhalb des Gefängnisses oder Erwins gemäßigten Gang, wenn er über seine Verhörstrategie nachdenkt bevor er in deine Zelle tritt, erkennst. Doch diese Schritte sind anders. Sie haben Stärke – eine Aufgabe. Dennoch so leichtfüßig in einer Art, die nur wenige gemeistert haben. „Annie.“ Ihre Stimme berührt zärtlich deine Haut, hinterlässt aber ein Stich in deinem Herzen. Du siehst nach oben. Und es verschlägt dir den Atem. Du hast endlose Stunden in den Schatten deiner Zelle verbracht und ihre dunklen Augen und sanften Züge gesehen, während dich der Schlaf langsam eingeholt hat. Du hast mit deiner Zunge hunderte Male Linien auf ihrem Nacken und ihrer Schulter gezogen. Du solltest in der Lage sein dich perfekt an sie erinnern. Aber jetzt, wo sie vor dir steht fällt dir auf, dass selbst der schärfste Verstand es nicht zu Stande bringt Mikasa Ackermann nachzubilden. Du wirst wütend. Du fühlst dich deswegen wie eine Versagerin. Du starrst sie durch die Gitterstäbe an. „Mikasa.“ Sie bewegt sich nicht. Du hast erwartet, dass dein Tonfall dafür sorgt, dass sie mit ihrem Schal zu spielen beginnt. Du weißt, dass sie das macht, wenn sie nervös ist. Du warst in der Lage sie nervös zu machen. Du warst in der Lage, dass sie nach einem Blick deinerseits errötet. Ihre Haare streifen den Kragen ihrer Uniform als sie sich auf dich zu bewegt. Sie werden wieder länger. Klick. Du versuchst nicht allzu überrascht auszusehen als sie die Zellentür aufschließt und, dich die ganze Zeit beobachtend, hineintritt. Sie hat keine Angst. Du fühlst dich wieder wie eine Versagerin. Du stehst auf und kommst ihr einen Schritt entgegen. Sie neigt ihren Kopf leicht zur Seite. Eine Aufforderung. ‚Mach mir Angst.‘ ‚Gib mir einen Grund wieder zu gehen.‘ Du suchst nach einer Schwachstelle. „Wie geht’s Eren?“ Sie rührt sich nicht. „Er erholt sich.“ Ihre Stimme ist flach. Du versuchst es erneut. „Levi?“ Ihre Augen blitzen auf. Du schenkst ihr ein humorloses Grinsen. Sie weiß, was du von ihr verlangst. Sie weiß, dass sie sich wieder an die verdrehten, blutenden Körper der Aufklärungslegion erinnern soll. Sie weiß, dass du ein Feuer entfachen willst. Jenes, das ihr kühles Wesen einhüllt und sie nackt hinterlässt, so dass du dir das nehmen kannst, was du willst. Aber sie lässt dich nicht. Noch nicht. Also versuchst du es erneut. „Wieso bist du hier?“, fragst du, sie weiterhin anstarrend. Sie zögert und dir wird klar, dass sie es ebenfalls nicht weiß. Deine Chance. „Bist du hier, um dich zu versichern, dass ich es wirklich bin?“ Du grinst leicht. „Um zu sehen, dass du dich von einem Riesen hast ficken lassen?“ Knack. Deine Wange pocht und du schmeckst Blut. Ein Schmerz durchfährt deinen Körper – jedoch nicht von der Ohrfeige. Sondern weil du siehst, dass ihre Unterlippe bebt. Weil du siehst, dass ihr Atem flacher wird als sie dich ansieht. Weil du siehst, dass ihre Augen widerspiegeln, dass du sie verletzt hast. „Warum?“, flüstert sie, ihre Stimme brüchig. Du hast das Feuer entfacht. Du hast es unter Kontrolle. „Warum hast du uns belogen?“ Sie blinzelt Tränen weg, eine entkommt jedoch und hinterlässt einen nassen Pfad entlang ihrer Wange, nur um unter ihrem Kinn zu verschwinden. „Mich belogen?“ Du dachtest, du hast es unter Kontrolle. Hast du nicht. Du hast nicht gedacht, dass Riesen Herzen haben. Du wurdest von Gegenteil überzeugt. Und deins bricht gerade. „Ich hab‘ nie gelogen“, antwortest du. „Ich hab‘ dir nur nicht alles erzählt.“ Es klingt nach einer Ausrede. Du versteckst dich hinter einem Vorwurf. „So wie du mir nie alles erzählt hast.“ Warum sie sich so benimmt als hätte sie eine Schuld bei Eren zu begleichen, die sie im Leben nie begleichen könnte. Warum sie ihrer Ausrüstung mehr vertraut als anderen Menschen. Warum sie dich gewählt hat. „Du hast gelogen“, sagt sie und dir wird klar, dass sie nicht von den Tatsachen gesprochen hat, die du ihr verheimlichst, sondern vielmehr von denen, die du ihr offenbart hast. „Du hast gesagt, dass du mich li-.“ Deine Hand schnellt hervor und du drückst deine Finger sanft auf ihre Lippen. Eine weitere Träne rollt und du folgst ihrem Pfad, nicht in der Lage ihr direkt in die Augen zu blicken. Du möchtest ihr zustimmen. Ihr sagen, dass alles was du ihr in den frühen Morgenstunden ins Ohr geflüstert hast Lügen waren. Dass sie nicht das Beste ist, was dir bisher wiederfahren ist. Dass sie nicht die Erste ist, bei der du dich menschlich gefühlt hast. Dass du sie nicht liebst. Aber das tust du. Verdammt. Das tust du wirklich. Deine Augen suchen ihre. „Ich hab‘ nie gelogen.“ Du wiederholst dich, etwas langsamer dieses Mal damit sie dich versteht. Sie versteht dich, klammert eine Hand an deinen schmutzigen Kapuzenpullover und zieht dich ran bis ihre Lippen deine berühren. Ihr Kuss ist so verzweifelt wie sie. Ihre Zunge zwingt sich in deinen Mund, nach Antworten suchend. Nach Gründen suchend, dir wieder zu vertrauen. Fingernägel drücken sich in deinen Nacken und du spürst warme Tränen auf deinem Gesicht. Dein Herzschlag beschleunigt sich als du bemerkst, dass es deine Eigenen sind. Sie zieht zurück, Stirn in Falten gelegt. „Du weinst.“ Als könnte sie sich nicht entscheiden, ob du es nicht nur vorgibst. Der Kloß in deinem Hals scheint aus dem Nichts zu kommen. Du siehst sie stattdessen nur an. Ihre Augen weiten sich – sie versteht dich. „Annie…“, atmet sie. Die Art und Weise in der sie deinen Namen manchmal sagt. Sie gibt dir das Gefühl, dass du etwas Wert bist. „Du wolltest das nicht, oder? Du wolltest niemanden töten.“ Ihre Handfläche ruht auf deiner Wange. Ihr Daumen streichelt dich. „Du wurdest gezwungen.“ Du sagst nichts. Sie drückt ihre Stirn an deine. „Sie werden dich bestrafen“. Du spürst, wie ihre Hand ihren Griff um deinen Pullover verstärkt. „Sie werden dich für das was du getan hast früher oder später hinrichten.“ Dir ist das bewusst. Du hast dich damit noch nicht abgefunden, aber du weißt es. „Ich kann nicht-.“ Sie drückt ihre Augen zu, um weitere Tränen zu unterdrücken. „Ich werde es nicht zulassen, dass du für etwas hingerichtet wirst zu dem du gezwungen wurdest.“ Ihr Griff lockert sich, nur damit du danach einen leichten Schlag auf deiner Brust verspürst. Sie öffnet ihre Augen wieder und für das zweite Mal in dieser Nacht, verschlägt es dir den Atem. „Ich kann dich nicht verlieren“, gesteht sie, und dem gebrochenen Klang ihrer Stimme kannst du entnehmen, dass sie sich zum ersten Mal eingestanden hat, dass sie jemanden Anderen außer Eren braucht. „Ich liebe dich.“ Du bleibst ruhig. Du bist keine Lügnerin. Du liebst sie wirklich. Du kannst ihr nur nicht alles sagen. Das ist aber nicht weiter von Belang, denn als sie dich das nächste Mal küsst, ist dir bewusst, dass sie das bereits weiß. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)