Dead Society von Gepo (Die Hoffnung stirbt zuerst) ================================================================================ Kapitel 66: Miles away ---------------------- Miau ^~^ Hallo, da bin ich wieder. Eine Woche allein mit einem Laptop... da kommt keine Einsamkeit auf ^.- Ich habe ein paar neue Kapitel, die gibt es heute, Samstag, Mittwoch ^.- Des Weiteren habe ich die Abhandlung über Abwehrmechanismen fast fertig und gleiche sie gerade mit den Büchern von Ehrmann ab. Wenn ich fertig bin, schreibe ich das hier und alle, die die komplette Version haben wollen, können das bitte zu ihrem Kommentar dazu schreiben oder mir eine ENS schicken, ich sende sie dann zu. Die Nebensequenz und die Wunsch-FF habe ich noch nicht geschrieben, aber ich habe morgen frei, da werde ich versuchen weiter zu kommen ^.^ Ansonsten wünsche ich nun viel Spaß beim Lesen ^.- _________________________________________________________________________________ „Ah...“, Ryous Mund stand einen kleinen Spalt offen, während sein Blick zwischen Kaiba und Katsuya hin und her huschte, „Entschuldigung...“, entschied er sich zu sagen, „Ich hoffe, ich habe keine Wunde mit meiner Frage berührt.“ „Eher überrascht es mich, dass du es nicht wusstest.“, erwiderte Kaiba seelenruhig und führte die Zigarette zu seinen Lippen – Katsuya sah die Spitze leicht zittern. „Ich hielt es für eine persönliche Sache. Über persönliche Dinge schweige ich.“, erklärte der Blonde, der mit sich haderte Kaiba eine Hand auf die Schulter zu legen oder nicht. „Das ist doch mal eine Neuigkeit.“, äußerte der Älteste herablassend, stieß sich von der Wand ab und trat einen Schritt nach vorne. Die Zigarette rutschte aus seinen Fingern, was seinen Blick zu Boden schnellen ließ. Mit leicht zusammengezogenen Brauen beobachtete er seine Finger, die er unter seinem Blick spreizte und versuchte wieder zusammen zu ziehen, was jedoch erst Sekunden später gelang, weil sie bebten. Ryou und Katsuya warfen sich einen kurzen Blick zu, nickten fast unmerklich und traten auf je eine Seite Kaibas, was dessen Kopf zur Seite rucken ließ – Katsuyas. „Herr Lehrer? Wollen sie sich setzen?“, fragte der Blonde mit ernsthafter Besorgnis, doch einem festen Unterton in der Stimme. Genau dieses Verhalten hatte er jetzt oft genug bei Ryou gesehen. Das unmerkliche Zittern, die fahrigen Bewegungen, die leichte Schreckhaftigkeit. Typische erste Anzeichen für einen Angstanfall. Was war es wohl gewesen, das Kaiba so aus der Bahn geworfen hatte? Die bei dieser Lichteinstrahlung graublauen Augen fixierten starr die braunen Katsuyas, während dieser zusehen konnte, wie der Adamsapfel des Älteren nach unten schnellte, seine Nasenlappen sich zusammenzogen und erst Momente später wieder aufblähten. „Ich möchte nach Hause fahren, bitte.“, flüsterte der Brünette mehr als höflich, was nicht einmal nötig gewesen wäre, denn der Andere konnte die drängende Bitte förmlich von seinen Augen ablesen. „Natürlich.“, erwiderte der Schüler sofort, ging vor Kaiba her und umarmte Ryou, „Du kommst allein nach Hause?“ „Buch, Decke, heißes Getränk, immer in seinem Blickfeld bleiben.“, hauchte dieser nur für Katsuya hörbar und sie lösten sich schon wieder voneinander. Der Blonde nickte einmal und sagte: „Bis Montag.“ „Einen schönen Abend noch.“, meinte der Weißhaarige in Kaibas Richtung gewandt und verbeugte sich leicht. „Ja, bis morgen.“, erwiderte der Älteste nur und ging los. Ryou sah ihm einen kurzen Moment nach und schien genauso wie Katsuya entschieden zu haben, dass es besser war ihren Lehrer nicht darauf hinzuweisen, dass der nächste Tag ein Samstag war. Katsuya hatte einige Bedenken gehabt, ob es nun gut war, dass Kaiba Auto fuhr. Aber sie kamen genauso sicher ans Ziel wie sonst auch. Was nicht hieß, dass es ihm plötzlich besser ging, wie der Blonde zuerst vermutet hatte. Der Lehrer blieb nach dem Wechseln in seine Hausschuhe einfach im Flur stehen und starrte die Treppe an. Und jetzt? Stehen lassen? Mitzerren? Wenn ja, wohin denn? Katsuya fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und betrachtete den Älteren von der Seite. Immer in seinem Sichtfeld zu bleiben war eine Sache der Sicherheit. Bei einem Angstanfall schaltete die innere Sicherheit ab, also musste sie von außen hergestellt werden. So viel wusste er. Bei Ryou machte er es so, dass er ihn umarmte. Aber wenn er das bei Kaiba täte, würde das den wohl eher verwirren als ihm helfen. Außerdem – hatte Kaiba überhaupt jemals eine Umarmung als Beruhigung erlebt? Zu viele Fragen... Buch, Decke und heißes Getränk waren auf jeden Fall passend für die äußere Sicherheit. Das hatte Ryou wohl sehr schnell bemerkt. Eine beruhigende Stimmung also. Auf jeden Fall eine gute Idee... aber wie sollte er das machen? Kaiba schien vollkommen weggetreten. Sah so aus, als ginge der Angstanfall in irgendetwas Depressionsähnliches über. „Kommen sie, wir setzen uns in die Küche.“, bestimmte Katsuya und wunderte sich über die Selbstsicherheit in seiner Stimme, während er die Hand seines Lehrers ergriff und diesen mit sanfter Gewalt in die Küche brachte, dort einen Stuhl vom Tisch wegzog und den Älteren mit etwas Druck auf seinen Schultern dazu bewegte sich darauf niederzulassen. Der graublaue Blick verlor sich auf den Fliesen. Oder sah er hindurch? Es war nicht wirklich zu erkennen. Katsuya wandte sich ab. Welches heiße Getränk sollte er nehmen? Kaiba würde ihm jetzt sicher nicht antworten. War das eigentlich richtig, was er hier gerade tat? Diese Stille war erdrückend. Er griff nach der Kaffeedose. Wie dosierte man Kaffee? Wie mochte Kaiba seinen Kaffee? Er trank ihn schwarz, so viel wusste Katsuya. Aber wie schwarz? „Ich mache jetzt Kaffee.“, informierte er den Sitzenden, „Das habe ich noch nie gemacht und ich habe keine Ahnung, wie man Kaffee kocht. Ich weiß noch, dass sie jeden morgen diesen Glasbehälter bis zu einer gewissen Höhe vollmachen und ich versuche ungefähr diese Menge auch zu kriegen.“, er füllte die Kaffeekanne bis zur Makierung acht, „Und das Wasser kam hier in die Maschine, dafür muss man die Klappe aufmachen. Und jetzt weiß ich schonmal nicht mehr so wirklich weiter. In dieses runde Ding hier muss ein Kaffeebeutel, okay.“, er griff wieder in den Schrank um Besagtes herauszunehmen, „Der wird auseinander gemacht und hier herein getan. Und jetzt habe ich keine Ahnung, wie viel Kaffeepulver ich nehmen muss.“, er wartete einige Sekunden, „Und da sie voll weggetreten sind, werden sie es mir jetzt auch nicht sagen. Da ich gerade Wasser bis zur Markierung acht eingefüllt habe, werde ich jetzt logischerweise acht Löffel Kaffeepulver hier rein tun und hoffen, dass das so richtig ist. Ansonsten müssen sie darunter leiden, schließlich schweigen sie mich gerade an.“, er tat das Prophezeite, während er sprach, „Jetzt wird alles zu gemacht und diese beiden Schalter werden umgelegt. Und in ein paar Minuten wird serviert.“ Der Blonde drehte sich zu dem Sitzenden, der sich keinen Millimeter bewegt hatte – aber seine Augen sahen ein wenig in Katsuyas Richtung. „Ich glaube, mit meinen Geplapper habe ich ihre Aufmerksamkeit bekommen.“, redete er erfreut weiter, „Das ist mir eine Menge wert, denn das heißt, dass ich es schaffen könnte sie langsam wieder in die Realität zu holen. Ich habe zwar keine Ahnung, warum sie plötzlich so weg sind und ich weiß auch noch nicht, wie genau ich das jetzt anstellen soll, dass sie wieder aufwachen, aber ich werde jetzt einfach mal weiter reden. Das Problem dabei ist, dass ich keine Ahnung habe, worüber ich reden soll. Das ist, als würde man plötzlich gezwungen ein Selbstgespräch zu führen. Schließlich tun sie ja nichts als zu schweigen. Aber das ist auch okay, ist nur halt eine Herausforderung für mich.“, er warf einen kurzen Blick zur Kaffeemaschine, die fröhlich vor sich hin arbeitete und setzte sich dann neben Kaiba, „Ich wüsste wirklich zu gerne, was gerade in ihrem Kopf vorgeht. Denken sie überhaupt an etwas? Wenn ich mal richtig weggetreten bin, denke ich meistens an gar nichts mehr. Diese Art von Depressionen ist wirklich hart. Der ganze Rest der Welt geht immer weiter weg und ich höre nichts mehr und sehe auch nicht mehr wirklich was und ganz langsam schalten sich alle Sinne aus. Das ist schön, denn der ganze Schmerz wird betäubt. Aber dann kann ich es nicht mehr steuern. Alles geht immer weiter und ich bekomme Angst mich zu verlieren. Der Rest ist so weit weg. Zu weit weg. Ich werde panisch. Und langsam finde ich wieder zurück, weil ich mir so starke Schmerzen zufüge, dass ich die Realität nicht mehr verneinen kann. Und wenn ich dann aufwache, ist mein ganzer Arm blutig. Ich habe mich dann meistens geritzt.“, er zog seine Jacke aus und hielt seine bandagierten Arme in Kaibas derzeitiges Blickfeld, „Würde ich das nicht tun, dann würde ich ganz langsam sterben, weil alles so weit weg ist. Es ist schlimm, wenn man nicht mehr fühlen kann. Daran stirbt man. Wirklich. Und deswegen möchte ich auch nicht, dass sie sich so verlieren. Aber ich will ihnen auch keine Schmerzen zufügen, damit sie zurückkommen. Weil sie vorhin mal ein bisschen in meine Richtung gesehen haben, habe ich gehofft, dass ihr Gehör noch da ist. Aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Ich würde mich freuen, wenn sie mir ein Zeichen geben könnten, dass da noch irgendwie Leben in ihnen ist.“ Der Blonde biss sich auf die Unterlippe. Bitte. Bitte. Bitte. Bitte. Bitte! Die Pupillen der graublauen Augen zogen sich leicht zusammen. Erleichtert stieß Katsuya die Luft aus. „Ja, genau, das sind meine Arme. Da sind die Wunden drauf, von denen ich eben erzählt habe. Die, die ich vom Ritzen habe. Erinnern sie sich noch? Die meisten sind relativ alt, weil ich mich schon lange nicht mehr in meinen Gedanken verloren habe. Da ist jetzt nur noch das Kreuz, was noch nicht zu einer Narbe verheilt ist. Das habe ich mir geritzt, als ich sie bei Yami im Bett gefunden hatte. Das tat ziemlich weh, wissen sie? Da habe ich mich das letzte Mal in Depressionen geschmissen. Yami hat mich zum Glück schnell entdeckt und auch zurückgeholt. Irgendwie kann er das gut. Ich meine, dass er Leute aus den Depressionen holt. Wenn er will, kann er ein sehr sonniges Gemüt haben. Ich auch. Deswegen hoffe ich ja auch ihnen helfen zu können. Ihre Augen haben zwar schon wieder jeden Fokus verloren, aber ich hoffe einfach, dass sie noch da drin sind und mich hören. Ryou sagt zwar, dass man handeln und nicht hoffen soll, aber ohne ein bisschen Hoffnung wird Handeln zu einer Unmöglichkeit. Also versuche ich jetzt die goldene Mitte zu finden. Wären sie wach, dann könnten sie mir jetzt sicher sagen, wer sich diesen Begriff mal ausgedacht hat, weil ich das schon wieder vergessen habe. War irgendso ein alter Philosoph. Ryou und Yami wissen das sicher. Bei Yami dachte ich immer, er hätte gar nicht so eine riesige Bildung, aber das war falsch. Yami ist gebildet. Zumindest was Psychologie und alles rund herum angeht. Und er scheint auch einiges über Medizin auf dem Kasten zu haben. Er wäre sicher ein super Arzt. So einer, der Seele und Körper Gutes tun kann. Zumindest bei mir kann er das richtig gut.“ Er stand auf, trat zur Kaffeemaschine, legte einen der Schalter um und nahm die Kaffeekanne. War sogar bis zur Markierung acht voll. Kaffeekochen geklappt! „Und Ryou erst! Das ist bombastisch, was der alles weiß. Er ist vier Jahre jünger als ich und weiß mindestens das Vierfache. Und er ist ja nicht nur belesen. Er ist auch noch super intelligent. Schule macht ihm überhaupt keine Probleme. Manchmal kommt es mir so vor, als wüsste er schon alles, was wir da machen. Und dann fragt er mich nach irgendwelchen Sachen, die eigentlich ganz leicht sind. Ich glaube, er denkt einfach zu kompliziert. Ich sage jetzt einfach mal, dass das typisch für Hochbegabte ist. Denn sie denken ja auch so kompliziert. Manchmal kann ich ihnen überhaupt nicht folgen. Wenn ich mit ihnen rede, habe ich das Gefühl sie denken über tausend Sachen gleichzeitig nach. Passiert nicht immer, aber manchmal schon. Besonders wenn ich über irgendwelches Alltagszeug rede. Sie geben irgendwie immer nur Standardantworten dann. Beim Einkaufen zum Beispiel. Als hätten sie das ganze Gespräch vorgefertigt. Das macht mir manchmal Angst. Deswegen führe ich auch gerne unsere kleinen Streitgespräche. Da habe ich ihre komplette Aufmerksamkeit.“, er setzte sich mit dem vollen Becher zu Kaiba und drehte dessen Stuhl zu sich, „Und jetzt? Jetzt habe ich gar nichts. Außer Angst.“, er hielt dem Brünetten den Becher unter die Nase, „Ich weiß nicht einmal, ob sie überhaupt noch atmen. Oh, nein, das nehme ich zurück. Am Kaffee kann ich jetzt sehen, dass sie noch atmen. Wenigstens etwas. Aber was halten sie davon einen Schluck zu trinken?“ Kaibas Augen begannen den Becher zu fokussieren. „Ja, genau.“, unterstützte der Blonde ihn, „Das ist Kaffee. Lecker. Sie schütten sich jeden Morgen fast eine ganze Kanne davon hinter die Binde.“, er griff mit seiner freien Hand nach Kaibas und brachte ihn dazu den Becher so zu halten, wie er es sonst auch tat, ließ ihn aber trotzdem nicht los, „Probieren sie doch mal. Ich hab‘ mir Mühe gegeben.“ Katsuya spürte einen leichten Ruck des Bechers und beobachtete still, wie Kaiba selbst den Rand zu seinen Lippen zog und an dem Getränk nippte, bevor der Behälter wieder in Katsuyas Hand lag, als wäre sie der Tisch. Ja! Es war noch Leben da! Der Brünette fand zurück! Die graublauen Augen fanden die braunen und Katsuya hörte aus einem Hauchen von Kaibas Lippen: „Der schmeckt grausam.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)