Dead Society von Gepo (Die Hoffnung stirbt zuerst) ================================================================================ Kapitel 16: Nachsitzen? ----------------------- Ich glaube, das hier ist das erste Mal in dieser Geschichte, dass ich einen Titel, den ich vor dem Schreiben eines Kapitels ausgesucht habe, genau so belasse. Er trifft zu ^.^ Und hat keine tiefere Bedeutung, womit auch nichts falsch gemacht werden kann. Und der erste Kommentar dieses Kapitels wird mein Rekordbrecher ^.- Und dem 80. Kommischreiber schenke ich hiermit einen Jubiläumsknuddel. Und jetzt ganz schnell, ohne viele Worte, das neue Kapitel: P.S.: Die Zitate sind natürlich geklaut. Das erste ist von der englischen Königin über die deutsche Reichsgründung, das Zweite von einem Prince of Wales über seinen Cousin, dem letzten deutschen Kaiser. P.P.S.: Bei den Nebensequenzen ist ein neues Kapitel on ^.^ ______________________________________________________________________________ Katsuya durchbohrte seinen Lehrer mit tödlichen Blicken. Die arme Englischunterrichtskraft, die ihn letzte Woche vor die Tür gesetzt hatte, wand sich nun unter seinen Augen. Er zuckte zusammen, wenn er in Katsuyas Richtung sah. Er ordnete seine Krawatte, er tupfte sich die Stirn ab und lockerte sein Jackett. Er schwitzte und man sah es ihm an. Nackter Angstschweiß. Dabei dachte der Blonde nicht einmal an den Lehrer vor sich. Nein, er war mit seinen Gedanken am Nachmittag. Im Nachsitzraum. Bei Kaiba. Warum wurde er denn schon wieder zu ihm zitiert? Nur weil er eine Stunde auf der Krankenstation verbracht hatte? Okay, seine Wunden lagen nicht unter der Versicherungspflicht der Schule und eigentlich hätte er weder behandelt noch befreit werden dürfen, aber schließlich war das hier doch eine humane, soziale Einrichtung, oder? Warum also Nachsitzen? Er wettete, das war eine von Kaibas Ideen gewesen, nur um ihn zu quälen. Anders war seine Strafe nicht erklärbar. Was hatte er denn falsch gemacht? Oder gefiel es Kaiba plötzlich doch nicht, dass er Contra gab? Ach, Lehrer waren einfach nur kompliziert! „So, can someone tell me a sentence that all English pupils have to know?“ Meine Güte, dieser Englischlehrer war aber auch ein Schwachkopf… was sollte denn die blöde Frage? Lehrer hatten doch echt alle einen Schaden. Sah man auch daran, dass sich niemand meldete. Katsuya zeigte auf. Der Lehrer zuckte nur leicht, hob seinen zitternden Arm, um den Jüngeren dran zu nehmen. „We are not amused.“, zitierte dieser. Der Mann zog den Kopf ein Stück ein, als wären die Worte des Blonden Geschosse, mit denen er auf die Lehrkraft feuerte. „Doe- does someone know another sentence?“, piepste jener. Katsuyas Gedanken glitten wieder ab. Warum bestellte ihn Kaiba zu sich? Warum setzte sich Kaiba überhaupt für ihn ein? Warum mochte Kaiba ihn überhaupt? Seine Rede der letzten Woche hatte Katsuya sowieso schon als komplette Lüge abgestempelt. Das war gespielt gewesen, ohne Frage. Allein die Ausdrucksweise hatte überhaupt nicht zu Kaiba gepasst. Und diese Ehrlichkeit und Freundlichkeit und besonders die Komplimente erst recht nicht. Das war nicht Kaiba persönlich! Das war einfach nur Theater gewesen. Manipulation. „Anyone?“ Aber warum? Warum spielte Kaiba ihm etwas vor? Warum versteckte er sich? „No one?“ Warum war er nicht einfach er selbst? Katsuya hob den Arm wieder. „Yes?“ „He is the most brilliant failure of history.“ „Welch ein Wunder, dass du es hergeschafft hast.“, begrüßte Kaiba ihn im Hereinkommen, „Du bist fünf Minuten zu spät.“ Wie auch schon beim letzten Mal saß er am Pult, lehnte lässig auf dem Stuhl und trank Kaffee – diesmal aus einem Snoopy-Becher. Und der immer noch aufgewühlte Katsuya kam einfach nicht umher, an das letzte Gespräch mit einer Begebenheit dieser Art erinnert zu werden. Hündchen. Ein Glück, dass Kaiba damit aufgehört hatte. Aber wer wusste, wie lang dieser gute Vorsatz noch anhielt… „Bin ich zu spät?“, fragte eine heitere Stimme hinter Katsuya. „Natürlich bist du das.“, erwiderte Kaiba vom Pult. Der Blonde drehte sich ein Stück und erblickte Yu- nein, Herrn Muto. „Was wird das hier?“, fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue – die andere wurde vom Pflaster zurückgehalten. Es war sehr auffällig, dass er heute der einzige Nachsitzende sein sollte. Und dann mit zwei Lehrern? Nein, hier war irgendetwas im Busch. „Ein konspiratives Treffen.“, meinte der Brünette mit einem Lächeln. Das Lächeln hieß, er wusste, dass Katsuya keine Ahnung hatte, was das Wort konspirativ bedeutete. „Aha…“, äußerte dieser jedoch nur. Was sollte das hier bloß werden? „Setzt euch doch.“, bot Kaiba freundlich an. Freundlich! Der hölzerne Schulstuhl war unbequem. Das war zwar keine Neuigkeit an sich, aber heute traf es ganz besonders zu. Er war härter als sonst und kantiger als sonst und… allgemein unbequemer als sonst. „Wieso muss ich hier sitzen?“, fragte Katsuya. „Du kannst auch stehen, wenn dir das besser gefällt.“, erwiderte sein Japanischlehrer. „Argh, sie wissen verdammt noch mal, wie ich das meine!“, knurrte der Blonde und sprang auf. „Ruhe, setzen.“, sein Gegenüber trank einen Schluck Kaffee, „Achte auf deine Manieren und fang ja nicht an zu fluchen.“ „Was ist das hier? Ein Benimmkurs?“, er wurde lauter. „Bellende Hunde brauchen manchmal ein Klaps.“ „Wenn sie so weiter machen, dann brauche ich eine Klapsmühle!“, er stemmte seine Hände auf den Tisch, „Was wird das hier?“ „Würdest du mal ein paar Sekunden stillhalten, dann könntest du es auch erfahren.“, meinte Kaiba sichtlich amüsiert. Er hatte schon wieder sein fieses Lächeln aufgesetzt. Katsuya atmete tief durch. Einatmen. Ausatmen. Sollte er sich setzen oder Kaiba an die Kehle springen? Er entschied sich für Ersteres. „Yugi und ich haben uns über dich unterhalten.“, begann der Brünette, „Und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass du für diese Institution akzeptabel bist, wenn du so weitermachst wie bisher.“ Halleluja! Er war angenommen! … Nein, das hieß, er war nicht abgewiesen. Aber andererseits hieß es, dass sie ihn mochten, oder? Oder fanden sie nur einfach nichts mehr wegen dem man ihn rauswerfen konnte? Ach was! Kaiba hatte doch selbst dafür gesorgt, dass dem so war. Aber wenn das Gespräch letzte Woche Schauspiel gewesen war, was hatte es dann zu bedeuten? Und was sollte dies? „Allerdings müssten wir da noch ein bisschen über dich wissen.“ Ach so, es ging um den Haken an der Sache… „Yugi meinte, du könntest finanzielle Probleme haben. Dieselbe Überzeugung vertrete ich auch, auch wenn ich nichts von dir weiß-“ „Glauben sie das, weil ich Atemu erwähnt habe?“, richtete sich der Blonde an den jüngeren Lehrer. Mal sehen, wie er reagierte… „Ja.“, erwiderte Herr Muto eher trocken, „Wenn jemand meinen Bruder kennt, dann muss dieser jemand schon ganz schöne Probleme haben.“ „Hey!“, fuhr Katsuya auf, „Er ist auch nur ein Mensch, okay?“ „Nenn mir mal einen Bekannten von ihm, der normal ist.“, forderte der Ältere. „Normal ist eh niemand!“ Er kannte wirklich keinen Bekannten von Yami, der „normal“ war. „Dürfte ich mal fragen, was da mit deinem Bruder ist?“, mischte sich Kaiba ein. „Nein.“, der Schwarzhaarige stand auf und stellte sich ans Fenster. „Entschuldigung, aber er ist mein bester Freund und er gehört zu den nettesten und vor allem freundlichsten und freundschaftlichsten Menschen dieser Erde. Vielleicht kenne ich einfach eine andere Seite an ihm, eine, die er ihnen nicht zeigt.“ „Erzähl mir nichts über meinen Bruder, du hast doch keine Ahnung!“, schrie der Ältere. Es standen Tränen in seinen Augen. „Kommen wir mal zurück auf dich.“, wechselte Kaiba sofort das Thema. Katsuya hätte dasselbe getan. „Hast du finanzielle Probleme?“ „Ja.“, antwortete der Blonde ohne Umschweife, „Aber ich habe zurzeit einen Job als Kellner, da krieg ich genug, um mir etwas zu Essen zu leisten.“ Der Brünette zog eine Augenbraue hoch und sagte: „Erstmal ist arbeiten neben der Schule verboten-“ „Echt?“, fragte Katsuya erstaunt wie verängstigt. Die würden ihn deshalb doch nicht rausschmeißen, oder? „Ja. Ich schreibe dir eine Sondergenehmigung. Zum zweiten. Hast du genug Geld für Schulsachen und Schulbücher?“ „Ich sagte, mein Geld reicht, um mir etwas zu Essen zu kaufen…“, dennoch war er erleichtert, dass man ihn nicht von der Schule warf. Kaiba schrieb ihm echt eine Sondergenehmigung? „Dann muss dir wohl oder übel jemand die Schulsachen bezahlen.“, schloss der Lehrer, „Hast du Verwandte?“ „Keine, die mir auch nur einen Yen geben würden.“ „Freunde?“ „Ich könnte mir bei Ryou die Schulbücher leihen…“ „Lebt der nicht auch an der Armutsgrenze?“, fragte Kaiba fast überrascht. „Zumindest hat er Bücher, Hefte, Stifte und einen Internetanschluss.“ „Dann brauchst du nur eine Grundversorgung, richtig?“ Katsuya überlegte kurz und nickte. „Dann bleibt das wohl auch an mir hängen…“ „Was?“, hauchte Katsuya, während seine Augen sich weiteten. Hatte Kaiba gerade gesagt, er würde ihm die Schulsachen bezahlen? Hatte Kaiba das wirklich gerade gesagt? Und hatte er das so gemeint? Hatte er das wirklich, ganz wirklich, so, und auch nur so, gemeint? Schrei! „Bilde dir ja nichts darauf ein, irgendwer muss das nun mal tun und bis man irgendwelche Anträge beim Sozialamt durchkriegt, hat man die zwei Jahre Schulzeit wahrscheinlich schon hinter sich.“ Der Blonde allerdings blieb bleich wie er war, starrte den Blauäugigen abwesend an und ließ dann seinen Blick nach rechts schweifen. Er traf Herrn Muto, der seinen besten Freund nicht minder erstaunt ansah. Auch er schien sprachlos. „Seid wann interessierst du dich für das Wohlergehen anderer?“, fragte er nach kurzer Zeit. „Was soll das denn heißen?“, meinte Kaiba schnippisch, „Es geht mir nur auf die Nerven, dass er ohne irgendwelche Vorbereitung und Mitarbeitsmöglichkeit in meinem Unterricht sitzt. Zeit mich um andere zu kümmern habe ich ganz sicher nicht!“ Der Braunäugige stutzte, zog die Brauen leicht zusammen und presste die Lippen aufeinander. „Was sollten mich die Probleme anderer interessieren?“ Sein Blick sank zu Boden, sein Atem wurde tiefer, seine Gesichtszüge verzerrten sich im Schmerz. „Ich interessiere mich nur für mich selbst, das müsstest eigentlich mittlerweile bemerkt haben.“ Katsuyas rationales Denken schaltete sich wieder ein, während sein Zorn aufwallte. Der Brünette machte das nur für seine Nerven? Und er hatte keine Lust sich um andere zu kümmern? Okay, dann eben alles auf eine Karte! Sprach er die Frage eben aus, die ihm schon einige Zeit auf der Zunge lag. „Dann war das letzte Woche also wirklich reine Lüge?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)