Tage wie diese von Shunya (Buch 1: Simon) ================================================================================ Kapitel 2: Simons Plan ---------------------- Deprimiert sitze ich bei Clemens in der Wohnung auf dessen Couch, während er mir eine heiße Tasse Cappuccino reicht. Er sitzt rechts von mir mit gutem Blick aus dem Fenster. Da er in einem Wohnhaus ziemlich weit oben lebt, sieht man auf den ersten Blick von meiner Positon aus nur den Himmel. „Gestehe ihm doch einfach deine Liebe. Wieso machst du es dir komplizierter als nötig?“, meint er völlig unbekümmert und setzt sich zu mir auf das Sofa. „Du hast leicht reden. Seit dem Besuch meiner Mutter habe ich die Hoffnung gehegt, dass wir uns näher kommen würden, aber jetzt ist auf einmal wieder diese Wand zwischen uns und alles ist wie vorher als hätte sich überhaupt nichts geändert!“, jammere ich. Clemens setzt sich neben mich und schaut auf den Inhalt seiner Tasse. „Ich bin nicht gut in solchen Dingen. Ich kann dir da nicht helfen.“ Lächelnd sehe ich zu ihm. „Schon gut. Mir fällt bestimmt noch etwas ein. Mir macht es nur zu schaffen, dass er eine Freundin hat. Ich weiß nicht mal wie sie zueinander stehen.“ „Kannst du nicht ein bisschen in seinen Sachen wühlen, wenn er nicht da ist?“, fragt Clemens und trinkt aus seiner Tasse. „Du Schlawiner!“ Ich lache und lasse mich ins Sofa zurücksinken. „Na ja, es wäre eine Überlegung wert.“ „Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß.“ Wir lachen beide und wer weiß, vielleicht finde ich ja tatsächlich einen Hinweis auf Jonas Freundin? Ich liege auf meinem Bett und habe vor mir meinen Laptop platziert. Da Jonas momentan ein neues Onlinespiel zockt, melde ich mich dort kurzerhand an, nachdem ich herausgefunden habe um welches Spiel es sich handelt. Von der Fülle an Details bin ich allerdings doch ein wenig überfordert, denn an Rassen, Charakterklassen, Haarfarbe und -stil, Hautfarbe, Kleidung, Größe, Augenfarbe, die Form der Nase und so weiter und so fort gibt es alle möglichen Einstellungen. „Das dauert doch Stunden bis ich mir mal einen Charakter erstellt habe!“, entfährt es mir. Jonas befindet sich zurzeit nur eine Wand von mir entfernt und ist bereits fleißig am zocken, während ich mich noch mit dem Spiel vertraut mache, meinen Charakter erstelle, der Figur einen Namen gebe und endlich starten kann. Viel zocken tue ich für gewöhnlich nicht, auch wenn ich in den meisten Games nicht schlecht bin, trotzdem eher Beat'em Ups bevorzuge. Meistens hänge ich jedoch lieber mit meinen Freunden in der Stadt herum als vor der Konsole oder wie jetzt vor dem Laptop zu sitzen. Mein Avatar gefällt mir jedenfalls ziemlich gut. Die Umgebung ist detailliert und meine Figur sieht einfach nur cool aus, wie ich finde. Ganz abgesehen von meiner Axt. Das wuchtige Ding macht echt was her! „Wie gut, dass ich mir eine weibliche Figur erstellt habe. So findet Jonas zumindest nicht heraus, dass ich es bin, falls er mal einen Blick in meinen Laptop wirft.“ Meine Figur heißt Pearl und hat hellblaues, langes Haar, welches weiter unten von einem Band zusammengehalten wird. Zwei Haarsträhnen fallen ihr locker an den Seiten herunter und ihre Augen wirken wie blaue Ozeane. Auf ihrer Stirn hängt an einer Kette ein tropfenförmiger Anhänger. Sie trägt ein Halsband sowie an der linken Schulter eine Art schwarzes dünnes Schweißband, aus einem breiten Streifen, oben und unten umrahnt von zwei kürzeren Streifen dazu zwei Armstulpen in schwarz, die bis auf ihre Handrücken reichen und vom Mittelfinger in Position gehalten werden. Ihr Top mit tiefen Ausschnitt ist dunkelblau und hat zwei breite weiße Streifen, die von oben nach unten reichen. Ihr Rock ist in einem verschwommenen Muster und hat rechts einen tiefen Schnitt, der das Bein zeigt, wäre es nicht an der Seite von einer Hose verdeckt, deren rechtes Hosenbein so kurz ist, dass man es unter dem Rock gar nicht mal bemerkt. Ein cooler Kontrast mit den unterschiedlich langen Hosenbeinen. An dem Gürtel hängt ein kleiner lustiger Stern. Zusätzlich trägt Pearl bequeme Stiefel in braun mit weißem Schafsfell. Alles in allem ist sie schon ein echter Hingucker. „Also, wo könnte er denn jetzt stecken?“, murmele ich und versuche mich mit meiner Umgebung vertraut zu machen. Dabei hilft mir die kleine Weltkarte auf dem oberen rechten Bildschirm weiter, sowie die Blickrichtung meiner Figur. Es sind ziemlich viele Gamer unterwegs. Alle Figuren haben individuelle Kleidung und ein interessantes Äußeres. Ich bemerke sogar einen Zentauren sowie einen Typ, der komplett nackt auf einem schwebenden Teppich durch die mittelalterliche Stadt schwirrt, die ich gerade durchlaufe. Mein erster Weg führt mich in eine Taverne, an der ich beinahe gedankenversunken vorbeilaufe. Dort gibt es die Möglichkeit Quests anzunehmen. Auch hier treiben kuriose Gestalten ihr Unwesen. Zum Beispiel Tiermenschen und Riesen. Das hier ist sicher eine ziemlich große Spielwelt, wenn ich nach Jonas suche kann ich auch wie nebenbei ein paar Mitspieler fragen ob sie ihn gesehen haben. Ich schaue mir die Questen an und da ich noch auf einem niedrigen Level bin, beschließe ich einen leichten Auftrag anzunehmen. Etwas anderes bleibt mir leider nicht übrig. Ich soll fünf Pflanzen suchen und sie einem NPC in einer anderen Stadt bringen. Klingt ja gar nicht mal so schwer und dank der Karte bin ich gut ausgerüstet. Dachte ich zumindest, denn die Monster in der Umgebung sind nicht ohne und es ist nicht leicht sie zu besiegen, wenn man nicht vorher ein wenig an kleineren Wesen levelt. Trotzdem schaffe ich es, die erste Pflanze zu finden. Doch schon nach kurzer Zeit verfolgt mich ein merkwürdiges Biest. Es ist eine Mischung aus einer Ziege mit Hasenohren, einem stumpfen Horn auf der Stirn und weiteren hornartigen Zacken auf dem Rücken. Der Körper ist sehr schmal und der Kopf des Tieres sieht nicht aus als würde es sich streicheln und füttern lassen. Zudem ist es wahnsinnig schnell und so bleibt mir nur die Flucht auf einen nahegelegenen Felsen in der Nähe der Wälder und der Stadt aus der ich komme. Der 15. Spieler, der an mir vorbei kommt hat schließlich erbarmen und rettet mich aus meiner Misere indem er die Bestie mit gezielten, ziemlich rabiaten Schlägen attackiert und Experience Points sowie einen Trank einheimst. „Du hast eine Axt! Benutze sie auch!ˮ, fährt er mich an. „Okay...ˮ, antworte ich und versuche mich zusammen zu reißen. Der Typ namens HotDog mit den Hundeohren und -schwanz macht sich kurz darauf auch schon vom Acker. Nachdem ich doch endlich nach einigen Strapazen alle Pflanzen gefunden habe, atme ich erleichtert auf. Bis die nächste Katastrophe direkt neben mir steht und mir interessiert zusieht wie ich die letzte Pflanze in einem Beutel verstaue. Es ist ein Alienartiges Wesen. Ein Schleimviech mit einem kleineren Alienkopf oben drauf und Ohren die mich ein wenig an die Fühler von Schnecken erinnern. „Nicht schon wieder!ˮ, schreie ich und renne panisch davon. Mal wieder denke ich nur an die Flucht. Diesmal rette ich mich auf einen Baum ganz in der Nähe und schon nach wenigen Sekunden zuckt das Alien zusammen und nimmt reißaus. Irritiert sehe ich ihm nach und klettere vom Baum. „Puh, es ist weg!ˮ Ein Windzug erfasst mich und ein seltsames Geräusch macht mich aufmerksam. Ich drehe mich um und bekomme einen Schock. Eine unheimliche Harpyie fliegt direkt auf mich zu!!! Sie hat einen menschlichen Schädel, doch der Mund ähnelt eher einem Schnabel. Auf dem Schädel klafft ein tiefer Schnitt und schwarzes, schütteres Haar weht im Wind. Ihre Flügel schlagen unaufhörlich, ihr Schrei lässt mich zusammen fahren und ihre Klauen sind auf mich gerichtet, darauf aus mich zu packen und meine Lebenspunkte zu rauben. Scheinbar bin ich unbewusst in einer anderen Gegend gelandet als vorgesehen war. Der Schreck lässt mich zu einer Salzsäule erstarren. „Was tust du da?! Beweg dich! Idiot!“, vernehme ich eine gereizte Stimme. Jemand rennt an mir vorbei, zückt sein Schwert und bekämpft die Harpyie. Hilflos muss ich zusehen, da ich kaum richtig Schaden zufügen kann. Ohne mit der Wimper zu zucken, kämpft der Fremde und rettet somit das Leben meiner Spielfigur. Bewundernd sehe ich zu ihm als er in nur kurzer Zeit das Monster besiegt und eine Menge Bonuspunkte erhält. „Was soll das? Bist du blöd? Willst du dich freiwillig von den Monster fressen lassen?!“, herrscht der Typ mich an, so dass ich mich sofort angegriffen fühle. „Kann ich was dafür? Ich bin noch nicht stark genug für solche Monster! Ich richte kaum Schaden an!“, erwidere ich ungehalten und weiche seinem Blick aus. Dass ich es nicht mal probiert habe lasse ich aus. „Was hast du dann hier überhaupt zu suchen, Newbie?!“, erwidert der Fremde herablassend. „Ich suche jemanden...“, gebe ich geknickt zu. Wenig überrascht, als viel mehr entgeistert schaut er mich an. „Wen suchst du?“, fragt er und geht vor mir in die Hocke. Der Anblick der Harpyie hat mich nicht gerade kalt gelassen und nun sitze ich wie ein Häuflein Elend am Boden. „Einen Freund. Er spielt auch dieses Spiel, aber ich weiß leider nicht wie er sich nennt.“ „Tja, das ist ziemlich geistreich dich hier anzumelden ohne auch nur eine Information über deinen Freund.“ „A-also, er ist nicht mein Freund!“, wehre ich hastig und errötend ab. Der Junge grinst. „Dann kann ich mir also noch Hoffnungen machen?“, fragt er spitzbübisch und rückt mir ordentlich auf die Pelle was mich in Verlegenheit bringt und meine Wangen erröten lässt. „Ich kenne nicht mal deinen Namen!“, antworte ich angetan. „Norio.“ „Ich heiße Pearl.“ „Eine hübsche Perle.“ Dass er offensichtlich mit mir flirtet genieße ich schon sehr. Die Spielfigur sieht heiß aus mit den langen braunen Haaren, die von einem weißen Zopfband zusammengehalten werden, das mehrmals darum herum gewickelt ist. Seine Kleidung ähnelt einer japanischen Schuluniform. Aber wer weiß schon wer sich hinter der Figur befindet? Sicher ein Fettwanst, der gerade nebenbei bei Pearls Anblick masturbiert. Innerlich verziehe ich angewidert mein Gesicht. „Okay. Ich helfe dir.“ Norio steht auf und tut so als wäre es eine überaus großzügige Tat von ihm. „Ich brauche deine Hilfe nicht!“, erwidere ich brüsk und verschränke meine Arme vor der Brust. „Ja, das habe ich gerade gesehen!“, meint Norio herzhaft lachend. „Da wären wir. Das ist Krigolia.“, erklärt Norio. „Du scheinst nicht viel über das Spiel zu wissen oder?“ Ich schüttele verlegen den Kopf als er mir die Stadt zeigt zu der ich muss. Sie wird von einer Burgmauer umrundet und wir stehen direkt vor der großen Zugbrücke vor dem Eingangstor. Es gibt sogar einen tiefen Graben, der Wasser führt. „Krigolia ist ein Kontinent in Harmonia. Es gibt noch weitere Kontinente, aber die muss man erst mal freischalten und das kostet Geld. Insgesamt gibt es hier etwa zwei Dutzend Orte, die du bereisen kannst. In jedem Ort kannst du Quests annehmen und gegen Monster kämpfen um zu leveln. Praktisch wie in jedem anderen Spiel auch. Auch der Spielverlauf variiert. Es gibt keine vorstrukturierte Handlung. Du kannst alles frei erkunden.“ Ich nicke und öffne die Karte um mir alles genauer anzusehen. „Der NPC wartet hier.“ „Dann sollten wir keine Zeit verlieren.“ Norio geht voraus und so folge ich ihm enthusiastisch. Ich überreiche nach kurzer Zeit die Gegenstände an den NPC namens Flora, die vor einem Heilpflanzenstand auf dem Marktplatz befindet und eine blumige Aura versprüht. Quest abgeschlossen! Ich bekomme dafür ein Heilkraut und 50 Goldmünzen. Somit bin ich endlich und offiziell auf Level 1. „Gib Anfangs nicht zu viel Gold aus. Das häuft sich mit der Zeit zwar an, aber am Anfang ist man immer knapp bei Kasse.“ Etwas enttäuscht verstaue die Münzen in einem Beutel. „Du bist noch ein Anfänger und solltest gegen Monster kämpfen um zu leveln.“ Norio bringt genau den Satz, den ich bisher erfolgreich aus meinem Kopf gestrichen habe. Genau das wollte ich umgehen, schließlich bin ich doch nur hier im Spiel um Jonas zu suchen und mich so mit ihm anzufreunden. „Du hast eine ziemlich gute Axt. Probiere sie mal an dem Monster aus!ˮ, fordert Norio mich auf und deutet auf einen kleinen Hasen, der durch die Stadt hoppelt. Ertappt richtet sich das Tier auf und guckt in unsere Richtung. „Echt jetzt? Ein Häschen?ˮ, frage ich ihn entsetzt. Noch nie habe ich in einem Spiel ein Tier getötet. Gehemmt stehe ich mit meiner Axt vor dem Hasen, dem es wahrscheinlich gerade genauso miserabel geht wie mir. „Ugh...ˮ Den Tränen nahe sehe ich über die Schulter hinweg zu Norio. „Willst du lieber gegen das da kämpfen?ˮ, fragt er mich schmunzelnd und deutet in die andere Richtung. Ganz oben am Himmel erkenne ich die dunkle Silhouette eines furchteinflößenden Drachen. Mir klappt die Kinnlade runter und schon im nächsten Moment sause ich dem Hasen, die Axt im Anschlag, nach. „Warte! Bleib hier!ˮ, brülle ich verzweifelt. Irgendwie schaffe ich es, dass gewitzte Viech mit zwei Schlägen zu besiegen und ein Level aufzusteigen. Gerade als ich mich entspanne werde ich erneut angegriffen. Diesmal beißt mir einfach ein streunender Hund in den Arm. Ohne zu zögern rammt Norio ihm sein Schwert in den Leib und das auch noch haarscharf an meinem Arm vorbei! „Du hast mir beinahe den Arm abgehackt!ˮ, fahre ich ihn wütend an. „Reg dich ab, ist doch nur ein Spiel.ˮ Erschöpft lasse ich mich zu Boden sinken. Norio tut es mir gleich und geht in die Hocke. „Glückwunsch, du bist auf Level 2. Wenn du fleißig trainierst kannst du es mit stärkeren Monstern aufnehmen. Wenn dein Freund schon länger im Spiel ist, ist er wahrscheinlich auf einem höheren Level. Sobald du besser bist, finden wir ihn vielleicht eher...oder auch nicht. Wer weiß?ˮ, meint er. „Hm? Pearl, bist du noch da?ˮ, fragt er. Das hat mir gerade noch gefehlt. Der Laptop ist abgestürzt. Einfach so. Das Bild ist eingefroren und ich kann nichts mehr machen. „Verdammt!“, brülle ich frustriert und hämmere auf die Tastatur ein. Gerade habe ich noch so einen Spaß gehabt und jetzt das hier. Frustriert liege ich bäuchlings auf dem Bett und versuche die eingefrorene Maus zu bewegen. Sie rührt sich keinen Millimeter vom Fleck. Jonas wirft einen Blick in mein Zimmer. „Alles okay?“ „Ja, sorry. Mir ist nur ein Spiel abgestürzt.“ Deprimiert schaue ich auf den schwarzen Bildschirm und setze mich auf. „Soll ich mir das mal ansehen?“, fragt Jonas hilfsbereit. „Klar, wenn du dich damit auskennst?“ „Ein bisschen.“ Er setzt sich zu mir auf das Bett und fährt den Laptop herunter und neu hoch. Jonas sitzt so dicht neben mir, dass ich mich unwillkürlich anspanne. Seine Nähe macht mich ganz nervös und er riecht auch noch so gut. Meine Wangen flammen auf und ich genieße es, dass Jonas so dicht neben mir sitzt und unsere Schultern einander berühren. Ohne, dass er es bemerkt greife ich nach dem Saum seines weißen Shirts und halte ihn zwischen den Fingern fest. „Du hast lauter Müll auf deinem Laptop. Du solltest ihn ab und an mal aufräumen. Das Spiel musst du jetzt nur noch mal neu hochfahren.“ „Eh? Okay. Danke!“, erwidere ich aufgeschreckt und lasse sein Shirt los. Da Jonas am nächsten Tag wieder im Wohnzimmer vor der Konsole hängt, nutze ich die Gelegenheit nach einer Dusche seine Seite des Zimmers zu durchsuchen. Ich setze mich auf sein Bett und werfe einen Blick in die Schubladen seiner Kommode direkt neben meiner. Außer einem dicken Buch, ein paar Zetteln und einem Stift ist kaum etwas da drin. Bei den unteren Schubladen sieht es auch nicht viel besser aus. „Hier ist nichts zu finden. Wo versteckt der Kerl nur sein Zeug? Wenn sie ein Paar sind, dann muss er hier doch irgendetwas liegen haben, das darauf hinweist...“ Grübelnd sehe ich mich in unserem Schlafzimmer um. Im Schrank finde ich auch nicht viel. Hauptsächlich seine ganzen Spiele und Klamotten. Er hat kaum Dinge, die irgendwie persönlich sind. Keine Fotos, keine Alben, wo hortet er das ganze Zeug nur? Ein kleiner Zettel erregt meine Aufmerksamkeit. Er steckt unter seinen Nintendo DS-Spielen. Ich ziehe ihn hervor und sehe ihn mir genauer an. „Ganz toll, meine Wohnungsanzeige? Ist ja auch sehr persönlich...ˮ, murre ich. Ich schaue im untersten Regal nach und bemerke eine unauffällige Pappschachtel. „Na, was da wohl drin ist? Pornos? Freizügige Bilder?ˮ, vermute ich schmunzelnd. Ich hebe den Deckel hoch und ziehe die Augenbrauen zusammen. Ah, das sind nur Unterlagen. Kontoauszüge und all so ein Zeug. Auch nicht wonach ich gesucht habe. „Was machst du da?ˮ Die Tür knarzt und ertappt sehe ich Jonas im Türrahmen stehen. „Was machst du mit meinen Sachen?ˮ, fragt er mit wütendem Blick. „Ich habe dir nicht erlaubt da ran zu gehen! Machst du das bei all deinen Mitbewohnern so?ˮ „Tut mir leid.ˮ Geknickt schließe ich die Schachtel. „Ich dachte dir kann man trauen, aber das du so etwas machst...ˮ Ich wage es kaum Jonas anzusehen. Er hockt sich neben mich und beugt sich nahe zu meinem Ohr. „Fass nie wieder meine Sachen an, klar?!ˮ, raunt er mir mit eiskalter Stimme zu, ehe er mir die Schachtel aus den Händen reißt und aufsteht. Betrübt bleibe ich im Zimmer zurück und starre wie betäubt zu Boden. Ich liege mit Robert nackt in seinem Bett, während er mich am Hals küsst und sich zwischen meine Beine drängt, bin ich aber nicht wirklich bei der Sache. „Er hat mich erwischt als ich seine Sachen durchwühlt habe. Ich glaube, jetzt habe ich es total verschissen...“, klage ich ihm mein Leid und stöhne im nächsten Moment, als Robert in mich eindringt. „Der kriegt sich schon noch wieder ein.“ Scheint ihn ja nicht sonderlich zu interessieren. Ein wenig angepisst sehe ich zu ihm auf. Ich seufze und versuche mich auf den Sex zu konzentrieren. Robert schafft es zumindest meine Gedanken ein klein wenig abzulenken und gerade als wir richtig in Fahrt kommen hören wir aus der Wohnung gegenüber einen lauten Rumms. Erschrocken zucken wir zusammen. „Kam das von nebenan?ˮ, fragt Robert, hält inne und lauscht. Clemens? Noch ehe ich reagieren kann, springt Robert hastig vom Bett, schnappt sich seine Jeans, schlüpft hinein und rennt aus der Wohnung. „Robert! Warte!ˮ, rufe ich ihm nach. „Clemens! Clemens!ˮ Unaufhörlich hämmert Robert an die Haustür. „Clemens!ˮ, brüllt er. Mittlerweile habe ich ebenfalls meine Hose an und komme aus dem Haus, während ich mir noch eilig meinen Pullover überziehe und durch den Flur zu Robert haste. Wir lauschen einen Moment an der Tür. Doch nichts geschieht. „Tritt die Tür ein!“, fordere ich Robert besorgt auf. Er schmeißt sich gegen die Tür, doch es bringt nichts also tritt er mit voller Wucht dagegen. Nach kurzer Zeit gibt die Tür endlich nach und gibt den Blick auf den Flur und einen Teil des Wohnzimmers frei. Wir stürmen die Wohnung und finden Clemens bewusstlos am Boden liegend in der Küche vor. Um ihn herum zersplittertes Glas und Scherben eines Tellers. 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