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Lost Prince

Krieg auf Aira
von

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In der Gewalt einer Hexe

Zurückgewiesen. Verscheucht. Alleine…

Die junge Frau, welche gerade die steinigen Stufen des Turmes hinuntergetaumelt war, wischte sich eine Träne von ihrer Backe, ehe sie durch das offene Tor hinaus ins Freie schritt.

„Gehe nicht…!”

Starr blieb sie stehen, denn etwas hallte in ihr wieder. Es war die Stimme dieser vertrauten Person aus ihren Träumen. Doch zum Nachdenken kam Siri nicht.

Sie schaute auf und musste mit Entsetzen feststellen, dass um den Eingang des Turmes der Ruine jede Menge Dämonen aufgestellt waren. Als sie nervös durch die Runde blickte, starrten und belächelten sie spöttisch die Fratzen der Krieger, rührten sich aber nicht vom Fleck.

„Was – was wollt ihr denn?!”, ohnehin schon verwirrt, verstand sie die Welt nicht mehr.

„Komm, Siri.”, da war Ritter Tarrence, der langsam aus der Menge schritt und ihr die Hand anbot, „Es ist vorbei.”

„Was? Nein!”

„Weigere dich nicht. Es ist niemand mehr hier, der dich beschützen könnte; lass uns gehen.”

Nun begann das Mädchen zu verstehen. Wieso die zwei Dämonen zwar Limiu jagten, aber dann flohen…

„Das war eine Falle…!”, sie ging kleine Schritte rückwärts, „Das war von Anfang an geplant, um uns zu trennen!”

Tarrence konnte Siri nur belächeln – viel zu spät hatte sie es bemerkt. „So ist es. Du kannst auch nichts mehr für ihn tun. Lass uns gehen.”

„…Nichts mehr für ihn tun? Was mein-?”, da traf es Siri, wie ein Blitz und die Warnung aus ihrem Traum wurde lauter: „Snowwitch…”, sagte sie, zuerst leise. „Snowwitch! Wenn eine Seele in ihrer Gewalt ist, ist sie für immer verloren!”

Unerwartet lief sie auf Tarrence zu, schlug ihm mehrmals auf die Brustrüstung: „Tarrence, du Monster! Du Monster!!“

„Beruhige dich-”

„Du Monster! Ich hasse dich!!”, in ihrer Wut schlug das Mädchen mit all ihrer Kraft auf ihn ein, dies brachte allerdings wenig – außer dass sie dem Nervenzusammenbruch immer näher kam, schließlich auf die Knie sank und begann, zu weinen.

Dies wiederum brachte Gelächter in die Dämonenrunde und führte dazu, dass die Krieger endlich mal wieder Spaß hatten.

„Hört auf!”, schallte es schließlich von Tarrence, der dies ganz und gar nicht als witzig empfand. Er beugte sich hinab und zog Siri mit einem Arm zurück auf ihre müden Beine. Anschließend drehte er sich zu der Meute und deutete mit einer klaren Kopfbewegung an, dass die Reise weiterging.

Die Reise ging auch weiter – ganze zehn Schritte.

Dann fielen nämlich auf einmal die vordersten Dämonen um und bewegten sich nicht mehr.

„Was ist das?”, Tarrence schaute hinauf zu den Bäumen und zu den Büschen, „Da ist doch jemand… zeige dich!”

Wie auf Befehl raschelten kurz die Büsche auf, als Avrial gelassen hervorkam. Bei seinem Anblick verzerrte sich Tarrences Gesicht zu einem müden Lächeln. „Tse. Ein Arcaner, das fehlte uns gerade noch… Was willst du?”

Sich räuspernd richtete er seinen Hut, ehe sein starrer Blick dem verzweifelten Mädchen galt. Mit nur einer Handbewegung machten sämtliche Dämonen, die dabei waren ihn zu bedrängen, einen weiten Flug zur Seite. Sofort danach bewegte er sich mittels Magie so schnell am Ort, dass er für keinem Anwesenden mehr zu sehen war, Siri beim vorbeikommen mitnahm und mit ihr vor dem Eingang des Turmes wieder auftauchte. „Ich will Freiheit für Siri.”

Dies sah der überraschte Dämonenanführer gar nicht gerne. Immerhin war er im festen Glauben, Siri endlich alleine erwischt zu haben – und dann tauchte dieser Typ auf.

Zornig zog er sein blasses Schwert aus dem Hüfthalter heraus, deutete mit ihm auf den Arcaner: „Tötet ihn!”

Sofort liefen die Muskelbepackten Krieger, brüllend, mit deren Waffen auf Avrial zu, der sich schützend vor Siri stellte und schnell mit kurzen Handbewegungen ein durchsichtiges Schutzschild um sich errichtete. Er hielt die linke Hand angespannt in die Richtung der Angreifer, um das Schild aufrecht zu erhalten, mit der anderen stieß er Siri sacht näher zum Eingang des Turmes.

„Schnell! Du musst dich beeilen, Siri!”

„A-aber was wird aus dir?!”

„Ich komme klar.”, er stieß schwungvoll das Schild gegen die Meute, die darauf hin zu Boden gingen, „Lauf, du musst Lyze aus den Klauen der Schneehexe befreien!”

„Das kann ich nicht!”, sie schluchzte, „Das schaffe ich nicht alleine, es ist zu spät!”

„Es ist nicht zu spät. Glaube mir, ich wäre nur im Weg.”, Avrial ging in Kampfpose, bereit die nächsten Dämonen abzuwehren, „Lauf endlich! Du bist die einzige, die ihm jetzt noch helfen kann!”

Doch sie stand immer noch da. Den Glauben an sich selbst hatte sie längst verloren. Kleinlaut senkte sie den Kopf und schüttelte ihn leicht.

„Lauf!”, erneut stieß er sie ein Stück, „Tue es, oder es wird tatsächlich zu spät werden!”

„Avrial…”, traurig sah sie auf, seufzte leicht. Einen kurzen Moment verweilte sie noch an ihrem Platz, dann gab sie sich einen Ruck, nickte: „Danke!”, und lief los.
 

„Das war ein schwerer Fehler, Arcaner.”, Tarrence schnaufte ein wenig, seine Wut war ihm sichtlich ins Gesicht geschrieben.

Weiter vorne kämpfte Avrial immer noch gegen die Krieger. Es sah fast elegant aus, wenn er gegen fünf dieser Kerle kämpfte, geschickt mit einer Umdrehung auswich, zur Seite wanderte und hier und da mal einen Dämonen mittels Magie in den Boden stampfte, gegen altes Gemäuer warf und seine Hand gegen den Dämonenkörper stieß, worauf dieser von unsichtbarer Kraft zu Boden gerissen wurde.

Als langsam keiner mehr übrig war, der ernsthaft kämpfen konnte, putzte Avrial seinen Mantel ab, ehe er zum Dämonenanführer blickte: „War das alles?”

„Oh nein.”, Tarrence riss sich seinen schwarzen Umhang von den Schultern und knackste mit den Fingern seiner rechten Hand, „Wir fangen gerade erst an.”
 

Inzwischen eilte die junge Frau erneut die Stufen des Turms hoch. Beim ersten Mal wurde sie verscheucht – doch diesmal würde sie nicht ohne Lyze das alte Gebäude verlassen. Kurz stolperte sie, wäre fast die Stufen hinab gefallen; es war Glück, dass sie sich auf den Beinen halten konnte und weiterlief.

Oben angekommen, bremste sie sich am Eingang zum alten Thronsaal ein und suchte umher. „Lyze, wo bist du!?”

Keine Antwort.

„Lyze!”, sie ging in den Raum, doch er war nicht da. Erst als Siri sich erneut umdrehte, tauchte Limiu aus dem Nebenraum auf. „…Suchst du etwas?”

Auf ihre Frage ging sie nicht ein. Sie wusste nun, dass Limiu schon lange nicht mehr lebte und diese Person vor ihr ein Dämon, eine Schneehexe war.

„Wo ist Lyze?”, ernst schauend stand sie da, machte nicht den Eindruck wieder gehen zu wollen.

„Ohh.”, die Hexe grinste, als sie ihre Hand ins Nebenzimmer ausstreckte und Lyze hereinführte. „Du meinst ihn hier?”

„Lyze…!”

Etwas war anders. Etwas, das einem verriet: hier fehlte doch etwas.

Tatsächlich blickte durch seine verschieden farbigen Augen kein Leben. Er bewegte sich, ohne seine Umgebung zu beobachten; er sah einfach unheimlich aus.

Sacht setzte sich die Hexe in Limiu-Gestalt auf den Thron, führte an ihrer Hand den Halbengel herbei. Als er sich neben ihr zum Thron stellte, war Siri bewusst, dass Lyze jeden freien Willen verloren hatte.
 

„Los, hole deine Waffe!”, Tarrence hatte sein Schwert gezogen und wollte Avrial zu einem Zweikampf herausfordern. Er aber schaute schief durch seine langen Haare hinweg zu ihm und nahm langsam seinen Hut ab. „Das brauche ich nicht.”

„Tse.”, leicht schmunzelnd trat der Dämonenanführer näher, „Ihr Arcaner seid so eingebildet.”

Avrial lächelte jedoch nur zurück, ließ sich von seiner Provokation nicht beeindrucken: „Besser eingebildet als hochnäsig.”, legte seinen Hut zur Seite, auf eine umgestürzte Säule und kam zurück zu Tarrence.

„Mir wurde von euch erzählt… Ihr seid einer von denjenigen, die direkt unter dem König stehen.”, völlig gelassen stand er da, plauderte ein wenig mit Tarrence. „Aber eines kann ich nicht verstehen.”

„…Das wäre?”

„Müsstet ihr Ritter nicht normalerweise auf eure Prinzen Acht geben?”

„Sei still.”

„Habt ihr ihn verloren, verbannt, oder ist er euch weggelaufen?”

„Du sollst still sein!”

„Ich weiß zwar nicht eure Hintergründe, aber glaube mir – Siri kann euch dabei nicht helfen.”

„Was weißt du schon?”, Tarrence machte sich zum Kampf bereit, „Du kennst sie nicht und weißt gar nichts!”, nun holte er zum ersten Schlag aus, den Avrial mit einem Schritt zur Seite auswich.

„Dann lehrt es mich. Sagt mir, was Ihr über Siri wisst, damit ich es an sie weitergeben kann-”

„NEIN!”, erneut schlug Tarrence zu, „Das geht keinem außerhalb Azamuth etwas an!”

Da verschwand Avrial. Kurze Zeit später stand er auf einer Hausruine und sah überlegend drein: „Ahaa… nun, da kommen wir der Sache schon näher.”

„Feigling!”, der Dämonenanführer warf sein Schwert weg. Mit großen Schritten ging er auf die Hausruine zu, griff über seine Schulter hinweg auf den Rücken und zog ein mächtiges, schwarzes Breitschwert hervor. Mit einer schwungvollen halben Umdrehung schlug er gegen die Mauern auf denen Avrial stand, die zugleich in sich einfielen. Wieder sprang der Arcaner weg, landete hinter Tarrence und zog ihm mit dem Fuß ein Bein weg, worauf hin der Dämon zu Boden ging. Gerade als er mittels Magie zuschlagen wollte, rollte sich Tarrence zur Seite und sprang auf die Beine zurück.

Plötzlich packten den Arcaner zwei der Dämonenkrieger von der Seite und hielten ihn fest, während ihr Anführer zu einem weiteren Schlag mit seinem Breitschwert ausholte.
 

„Lyze, lass uns gehen! Avrial wartet unten auf uns, wir müssen ihm helfen!”

„Er kann dich nicht hören, Kleine.”

Durchaus war dies Siri bewusst. Doch wer sagt, dass zureden nicht hilft?

„Ich weiß, du hast das vorhin mit dem Buch nicht so gemeint. Es tut mir auch leid, dich angeschrien zu haben; im Grunde ist das Buch ja auch alt – aber für normal würdest du den Büchern mehr Glauben schenken als ich.”

Der Halbengel rührte sich nicht.

Nicht einmal blinzeln tat er, einfach starr stand er da, neben dem Thron der Schneehexe. Höchst über Siris Mühen Lyze zu erreichen amüsiert, lachte die falsche Limiu und genoss die Vorstellung.

„Lyze!”, rief die junge Frau abermals, die immer noch knapp neben dem Ausgang stand, „Komm zu mir! Bitte!”

Nun schmunzelnd hob die Hexe ihren rechten Arm, „Na, ich werde mal nicht so sein.”, machte eine Handbewegung und Lyze reagierte.

Er ging bis in die Mitte des Saales, im gleichen Abstand zu Siri und der falschen Limiu entfernt.

Tatsächlich im Glauben nun endlich mit ihm reden zu können, lief das Mädchen zu ihm und rüttelte an seinen Schultern: „Gehen wir, los!”, dabei sah sie in seine vollkommen leeren Augen; sogleich verließ sie wieder etwas die Hoffnung. „Lyze, bitte!”

„Es ist zwecklos.” Nun stand die Schneehexe langsam auf, blickte zu den Beiden rüber. „Seine Seele gehört mir. Und denke nicht, dass ich sie einfach so wieder hergebe; er ist längst nicht meine erste Trophäe…”, schmunzelnd hielt sie sich eine Hand zum Mund, „…und doch ist so eine durchleuchtete Seele nicht oft zu finden…”

„Hör auf!”, Siri wurde wütend, „Er gehört dir nicht!”

Wieder höchst amüsiert kicherte die Frau, dann seufzte sie: „Ach, Schätzchen. Er gehört mir bereits seit dem Moment, in dem du diesen Turm verlassen hattest.”

„Das stimmt nicht!”

„Oh doch. Willst du etwa mit mir streiten…?”

„Nein, kämpfen!!”, auf ihre Worte hin lief Siri tatsächlich los, auf die Hexe zu – doch noch bevor Siri sie erreichen konnte, stellte sich Lyze in den Weg und schlug das Mädchen mittels Windstoss weit zurück in den Saal.

Da brach die Hexe im Lachen aus: „Ahahahaha! Du willst kämpfen? Ahaha, na gut, dann kämpfe!”, sie hob den Arm und zeigte auf Siri, „Lyze, töte sie!”

Und der Halbengel trat vor, bereit sie anzugreifen.
 

Inzwischen holte Tarrence mit einigem Kraftaufwand zum Schlag aus, während Avrial fest im Griff zweier Dämonenkrieger war; scheinbar.

In dem Moment, wo das Breitschwert auf ihn zuraste, schnappte er sich mit der rechten Hand den linken und mit der linken Hand den rechten Dämonen, zog sie mit etwas Hilfe von Magie vor sich – und war vor dem Schwerthieb geschützt, im Gegensatz zu den zwei Kriegern.

„Das war nicht nett, Herr Ritter.” Nach seinem spielerischen Satz kam der Magier endlich an die Reihe: er stampfte mit dem rechten Bein, um Halt zu gewinnen und schlug dem Dämonenanführer fest den Ellbogen in die Magengrube.

Tarrence flog darauf hin ein kleines Stück zurück, auf den Boden, stand danach aber wieder sofort auf den Beinen; knackste wieder mit seinen Fingern.

„Oh.”, Avrial lächelte, „Du hältst einiges mehr aus, als dass ich erwartet habe.”

„Jetzt bin ich dran!”, nun griff Tarrence an, mit allem was er hatte.

Er ließ den Arcaner keine zwei Sekunden Zeit, schlug mit dem Breitschwert immer wieder zu, rechnete sich schließlich aus, wo Avrial als nächstes hin ausweichen würde; und stieß mit seinen großen Hörnern des Kopfes zu.

Wie von einem Rammbock gestoßen, ging der Arcaner durch den Rückstoß zu Boden und spürte, dass da etwas in seinem Brustbereich nicht stimmte. Tatsächlich breitete sich ein Blutfleck durch seine Kleidung hindurch aus.

„Ah…”, Avrial stand langsam zurück auf die Beine auf, hielt sich dabei die Hand an die Brust. „Wie unfair…”

„Erzähle du mir nichts von fair.”, stolz schritt Tarrence auf ihn zu, „Ihr Arcaner mit eurer ach so tollen Magie… glaubt auch, ihr wäret deswegen das stärkste Volk der Welt.”, und holte abermals zum Schlag aus: „Lebe wohl!”

Genau auf diesen Zeitpunkt hatte Avrial gewartet. Er mag verletzt gewesen sein, aber noch lange nicht bewegungsunfähig: blitzschnell drehte er sich an Tarrence vorbei, während der Dämon sein Breitschwert daneben im Boden versenkte; und riss ihm sein rechtes Horn ab.

Das war die Schwachstelle.

Von Schmerzen geplagt, ließ Tarrence sein Schwert los, griff sich auf den Kopf und sank in die Knie. „Ahhrg – Du verdammter…!”

„Verdammter was? Magier?”

Dies ließ sich Tarrence nicht gefallen. Keuchend nach dem Griff seiner Klinge gefasst, holte er – taumelnd – zu weiteren Schlägen aus. Stark geschwächt und irritiert, war er jetzt kaum noch ein Gegner für Avrial. Anstatt wegzurennen, zu verschwinden oder schnell auszuweichen, ging er einfach immer ein paar Schritte zur Seite.

Wütend darüber, ließ Tarrence einen schon leicht verzweifelten Schrei los, ehe er seine auf der Seite kauenden Krieger aufscheuchte: „Starrt nicht so blöd, greift an!“

Wirkliche Lust zum Kämpfen hatte keiner mehr. Doch fürchteten sich die Soldaten mehr vor ihrem Boss, als vor Avrial – und so liefen sie wieder los, mit lautem Gebrülle, um sich selbst ein wenig Mut zu machen.

Auch der Magier war durch seine Wunde leicht angeschlagen, schaffte es aber trotzdem, die Krieger ein zweites Mal zu beschäftigen.

Beschäftigt war auch Tarrence, der keine andere Möglichkeit mehr sah, als zu flüchten. Er klettere erschöpft auf sein Ross, während Avrial kämpfte. Als der Dämon auf dem leicht nervösen Pferd saß, hob er schließlich die Hand und deutete seinen Männern an, dass nun Schluss sei.

„Wir treffen uns wieder, Arcaner…!”, mit diesen Worten ritt er mit seinen angeschlagenen Kriegern von dannen. Es war ein feiger Schachzug und das wusste er auch. Andere Dämonen verwickelten sich tief in Kämpfe und verloren die Kontrolle – es war sein Vorteil, lange klar denken zu können und zu wissen, wann man sich am Besten zurück zog.
 

Auch hoch oben im Turm der Ruine ging der Kampf weiter. Lyze, der inzwischen kein eigenständiges Handeln mehr besaß, war gezwungen gegen Siri zu kämpfen. Immer wieder versuchte sie ihm aus dem Wege zu gehen, flüchtete dabei weit nach hinten. „Hör auf!”, rief sie nebenbei, „Ich will dich nicht verletzen!”

Langsam wurde allerdings die Schneehexe ungeduldig, saß im Thron und tappte mit ihren Fingernägeln auf der Lehne herum. „Töte sie, na los! Töte sie!”

„Du Feigling!”, Siri ging rückwärts, als der Halbengel wieder näher kam, „Was bist du nur für ein feiger Dämon? Lässt deine Marionetten für dich kämpfen!”

Wieder lachte die falsche Limiu, schüttelte dabei den Kopf: „Ich nenne das nicht feige. Eher sich einen klaren Vorteil verschaffen, um nervige Feinde loszuwerden!”

„Warum zeigst du nicht dein wahres Gesicht!? Bis du so hässlich, dass du dich hinter der Maske einer Toten verstecken musst-?”, im Moment der Unachtsamkeit hatte Lyze sie eingeholt und eine feste Ohrfeige verpasst – durch die Wucht fiel das Mädchen zu Boden und musste erstmals verstehen, was gerade passiert war.

Schon im nächsten Moment packte er sie am Hals, drückte Siri nach hinten bis an die Steinmauer und begann sie zu würgen.

„Ly…! Urgh…”, sie versuchte ihn wegzustoßen, „Bi-tte… hör au-”

„Tue es!”, die Hexe war begeistert aufgestanden, „Bring sie um, tue es!”

Hilflos starrte Siri in seine leeren Augen, konnte aber überhaupt kein Mitleid erwecken; stumm und ohne jede Mimik drückte er ihr immer länger die Kehle zu.

Mehr und mehr drängte sich die Gewissheit auf, seine Seele sei für immer verloren. Jeglicher Versuch, den stärkeren Lyze vom würgen abzuhalten, scheiterte und sie spürte, wie langsam die Kraft in den Armen verloren ging. Eben noch hatte sie sich versucht zu befreien, nun sanken sacht ihre Arme hinab und das Gefühl der Ohnmacht wurde stetig stärker.

Im Moment der Stille begann der türkise Stein unter ihrer Kleidung zu leuchten – er hob sich von selbst hervor und gab einen starken Impuls ab, dessen Druckwelle den Halbengel von Siri wegdrückte und ihn zwang, mit dem Würgen aufzuhören.

Ungläubig stemmte die Hexe ihre Hände auf die Lehne des Thrones, als Siri in die Knie ging und nach Luft rang.

„Unmöglich! Töte sie! Ich befehle es dir Lyze, töte sie!”, abermals ging er ihrem Befehl nach und auf Siri zu, die allerdings von seiner Nähe weg kroch und schließlich holprig zurück auf die Beine kam. Ein bisschen röchelte sie noch und stand neben dem großen Buntglasfenster gelehnt: „Du… kannst Lyze nicht zwingen, mich umzubringen… du hast nicht die Macht über ihn…”

„Von wegen!”, die Hexe lachte wieder auf, „Seine Seele gehört mir!”

„Seine Seele gehört niemanden!”, fuhr Siri zurück und ging dabei auf sie zu, „Seelen kann man gar nicht besitzen, sie sind frei!”

Höchst empört über ihre Meinung, stampfte die Schneehexe auf den Boden, grinste aber dann zu Lyze, der sich der jungen Frau langsam von hinten annäherte.

„So, Kleine. Du behauptest also, seine Seele gehört mir nicht…?”

„Ja, das tue ich!”

„Dann beweise es mir!”, erneut deutete sie auf Siri und wollte wieder ein „Töte sie!”, auf den Halbengel loslassen – als sich das Mädchen unerwartet umdrehte und diesmal ihn zurück drängte, Richtung großes Buntglasfenster.

„Nein! Was tust du!?”

„Lyze-”, Siri schmiss sich mit voller Wucht gegen ihn, „-ist keine Marionette…!”, und flog mit ihm durch tausende Glasscherben hindurch, mit dem Kopf voran steil nach unten.

Sie fielen nun aus luftiger Höhe herab, als sich Siri an den Halbengel heran zog und fest umklammerte: „Lyze, wach auf!”, sie rüttelte an ihm, „Breite deine Flügel aus! Bitte…!”

Noch immer konnte man in seinen Augen nicht das geringste Leben erkennen. Während sich die zwei vom Fenster immer mehr entfernten, kam ihnen der Boden gefährlich näher, zum Aufschlag würde es nicht mehr lange dauern!

„Hör mir zu!”, abermals rüttelte sie verzweifelt an ihm, „Ich weiß, du hast die wahre Limiu für immer verloren. Ich weiß, welche Schmerzen es in dir auslösen muss; aber… bitte! Breite deine Flügel aus, beeile dich!”, Siri stieß den Kopf gegen ihn, „Alleine kann ich mein Ziel nicht erreichen, ich brauche dich, hörst du! Ich brauche dich Lyze, mach keinen Unsinn…!”

Abermals begann der türkise Stein zu leuchten. In der Sekunde der größten Not schien sich diese magische Kraft, welche dem Stein innen wohnte, von selbst zu aktivieren und den schweren Zauber von Lyze zu absorbieren – und brachte durch das kleine Fünkchen Restleben in ihm seine Seele aus den Klauen der Schneehexe zurück.

Gerade als Siri die Augen fest zusammenkniff, breitete der Halbengel seine hellgelben Flügel aus und glitt über den Boden hinweg, ein kleines Stück weiter, zu einer relativ sanften Landung.

Am festen Land angekommen, kippte Lyze von den Beinen und blieb vorerst im Gras liegen, als auch wieder seine Flügel verschwanden. Leicht erschrocken von dieser wirklich viel zu schnellen Landung – und doch erleichtert – sah Siri zu ihm herab, bevor sie sich müde neben ihn setzte.

„Heeeey!”, fragend schaute sie zurück, hinauf zum Turm: Avrial stand beim einstigen Glasfenster und winkte zu den Beiden hinab. Er war hinauf gelaufen um ihr zu helfen, allerdings konnte er niemanden vorfinden. Nur ein schwarzes Kleid blieb am Thron zurück, denn die Schneehexe, wie sich später heraus stellte, hatte sich ohne den Besitz einer fremden Seele in Luft aufgelöst.
 

„Meine Güte, nun schlingt doch nicht so!”, lachend schüttete der Arcaner seinen beiden Reisegefährten eine weitere Schüssel heißer Kartoffelsuppe ein.

Da entgegnete ihm Lyze: „Ich kann nichts dafür, man kriegt Hunger, wenn man unter dem Bann einer Hexe stand!”

Nicht weit von der Ruine entfernt, hatten die drei Reisenden ihr Lager aufgeschlagen und dank Avrials hervorragenden Koffer-Zauber jede Menge Proviant und sogar ein Zelt für die Nacht, welche bereits über ihnen herein gezogen war.

Bis zum Kopf hatte sich Siri in ihrer Decke eingemummelt, um sich auch von den Strapazen des heutigen Tages zu erholen. „Und…”, begann sie, „…du hast echt keinerlei Erinnerungen an das, was du im Turm getan hast?”

Lyze nickte. „Es war schon erschreckend. Ich wusste, dass ich etwas Falsches tue, aber nicht genau, was es war…”

„Na ja.”, Avrial, der seine Wunde bereits verbunden hatte, nahm einen Löffel voll Suppe. „Es ist nochmals alles gut gegangen. Wer weiß, was passiert wäre, wenn ich nicht in der Nähe gewesen wäre?”

„Woher wusstest du, dass Lyze von einer Schneehexe besessen war?”, fragte Siri, „Ich wusste es wieder aus einem Traum, aber du? Und… was ist eigentlich aus Tarrence geworden?”

Da musste Avrial lachen, bevor er antworten geben konnte: „Ich habe aus sicherer Entfernung aus den Büschen gelauscht. Und was diesen Ritter betrifft… er verliert wohl nicht gerne seine Hörner – ich habe noch nie einen Dämonen so schnell flüchten sehen!”, erneut musste er lachen.

„Danke, euch beiden.”, Lyze lächelte zu seinen Kameraden, „Ohne eure Hilfe wäre ich wahrscheinlich nicht mehr am Leben.”

„Bitteschön – aber direkt gerettet hat dich eigentlich Siri, ich habe nur meine Arbeit als Bodyguard erledigt. Wie könnte ich auch; als Mann hat man bei einer weiblichen Schneehexe doch keine Chance.”

„Warum denn das?”, wollte Siri wissen.

„Na, sie würde sofort versuchen, mich um den Finger zu wickeln; und was dann aus Lyzes Seele geworden wäre, weiß ich nicht.”

Der Halbengel nickte erneut dankbar. „Aber…”, er schaute schief zu Siri, „Dieses ‚Ich brauche dich’ – wie hast du das gemeint?”

„Oh, ach das…”, Siri war das schon etwas peinlich – die ganze Wahrheit blieb wohl für immer ungeklärt. „Das tut doch nichts zur Sache… ich… brauche dich, um den Prinzen zu finden… genauso wie Avrial!”, sie stand auf und gab ihre Schüssel zum schmutzigen Geschirr, „Ist doch auch egal. Lasst uns schlafen legen, damit wir morgen Früh endlich Destercity erreichen können.”

Darauf konnte Lyze nur zustimmen: „Eine wirklich gute Idee.”

Und als sich sie kleine Gruppe schlafen legte, konnten alle Drei auf eine gewisse Art und Weise spüren, dass ab nun nichts mehr schief gehen konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Azahra
2013-02-10T14:47:39+00:00 10.02.2013 15:47
*seufz*
Gerade noch alles gut gegangen! Ich dachte schon, Tarrence Siri endlich geschnappt hat.
Avrial hat sich wirklich sehr gut gegen ihn geschlagen, auch wenn das meiste nur dumme Sprüche klopfen war *haha*
Diese Schneehexe; ich glaube kaum dies sie tot ist. Ich hab so ein ungutes Gefühl dabei....
Tja, jetzt schuldet Lyze wohl Siri sein Leben, denn immerhin hat sie ihn gerade noch gerettet :)

cucu
Azahra
Antwort von:  Ireilas
12.02.2013 23:09
Oah, eine Möglichkeit des Antwortens! Danke Mexx! (wurde auch zeit xD)
Schneehexen brauchen eine fremde Seele, um Leben können. Natürlich kann es auch sein, dass sie abgehauen ist... :P Der Name kommt im übrigen wegen ihrer "Herzenskälte" ^^
Von:  Ireilas
2010-02-17T17:49:00+00:00 17.02.2010 18:49
Sag Sunny, liest du die Geschichte zuerst ganz und schreibst dann die ganzen punkte zusammen, oder schreibst du wärend des lesens alles bei einander? xD°
Mach das nicht, wenn es zu viel zeit und mühe kostet, ok? xD

> Mit was wollte Avrial denn zuschlagen? Oo Mit geballter Magie? :D

Gerade als der Magier zuschlagen wollte, ... Geändert in:
Gerade als er mittels Magie zuschlagen wollte, ...

"verband" in "verbannt" geändert, bitte vielmals um verzeihung xD

> Mmmm....Warum heisst der Dämon eigentlich Schneehexe? Oo Hat das einen bestimmten Grund? x3

Schneehexen sind - jetzt mal speziell in der Geschichte - Dämonen die so ähnlich wie Formwandler sind. Sie ernähren sich von Seelen anderer und heißen "Schnee"hexe, weil sie Herzlos sind und selber über keine Seele verfügen.
:)

> Das ist wohl ein spezieller Zauber bei den Arcaner, oder? :)

So ne Teleportation machen die alle sehr gerne; vorrausgesetzt man weis, wie es funktioniert xD

Nächstes Kapi - Final der "Ruinen-saga" sollte morgen on sein.
Von:  SunnyFlower
2010-02-17T12:10:39+00:00 17.02.2010 13:10
Yaaaaaay! :3 Noch ein Kappi x3~

"wischte sich eine Träne von ihrer Backe"

Awwwww~ Nicht weinen óo Das muss aber auch wehtun, wenn der Weggefährte einen so vor den Kopf stößt >-<

"Unerwartet lief sie auf Tarrence zu, schlug ihm mehrmals auf die Brustrüstung"

Das klingt jetzt sehr doof, aber irgendwie stelle ich mir das süß vor, schließlich ist sie kleiner als Tarrence und er hat eine Rüstung an |D~
Tarrence muss wohl des Öfteren hören, dass er ein Monster ist, huh? ^^

"Die Reise ging weiter – ganze fünf Schritte."

Uuuuh~ Doch so weit! Ich bin begeistert :D

"Tse. Ein Arcaner"

Avrial! ^-^ Ein Glück x3~

"eher er sich mittels Magie so schnell am Ort bewegte,[...]vor dem Eingang des Turmes wieder auftauchte."

Ich wünschte, ich könnte das auch, dann würde ich nicht die Bahn verpassen xD° Das ist wohl ein spezieller Zauber bei den Arcaner, oder? :)

"„Lauf, du musst Lyze aus den Klauen der Schneehexe befreien!“"

Mmmm....Warum heisst der Dämon eigentlich Schneehexe? Oo Hat das einen bestimmten Grund? x3

"Den Glauben an sich selbst hatte sie schon längst verloren."

Awwwwww~ óo Arme Siri...Ich will, dass Lyze eine gehörige Standpauke bekommt, wenn er gerettet wird! >.< Er hat sie ganz durcheinander gebracht, dieser blauäugige Idiot <.< Dabei ist sie sonst immer von sich überzeugt ^^° (=Schöne Umschreibung für sturköpfig xD°)

"Es sah fast elegant aus, [...] zu Boden gerissen wurde."

...Langsam kann ich mir denken, was Avrial die letzten 83 (oder waren es 85?) Jahre gemacht hat...xD Nur Tee trinken, Bücher lesen und Dame spielen ist ja auch etwas eintönig :P

"[Tarrence] knackste mit den Fingern seiner rechten Hand"

Uhh >< Ich mag das Geräusch nicht xD°

"Tatsächlich blickte durch seine verschieden färbigen Augen kein Leben. Er bewegte sich, ohne seine Umgebung zu beobachten; er sah einfach unheimlich aus."

ZOMBIE!!! >< Obwohl, nein, das hatten wir schon...bezeichnen wir ihm als willenlose Puppe^^ Wenn ich mir das so vorstelle, ist das wirklich unheimlich, besonders wegen seinen Augen óo

"„Ihr Arcaner seid so eingebildet.“"

Sind sie das? Oo xD° Avrial kommt mir an sich nicht eingebildet vor, könnte aber auch der Grund sein, warum er Siri beim Dame spielen nicht gewinnen lässt <.< xD
Dass er den Hut extra ablegt, ist irgendwie süß ^-^ Das gute Ding darf nicht schmutzig werden x3

*lacht* Avrial ist aber auch fies, dass er Tarrence bez. des Prinzen provoziert x3~

"Gerade als der Magier zuschlagen wollte, rollte sich Tarrence zur Seite und sprang auf die Beine zurück."

Mit was wollte Avrial denn zuschlagen? Oo Mit geballter Magie? :D

"Wie es nun einmal Avrial Art war, lies er seinen Feind in aller Ruhe aufstehen,"

....Das ist nicht sein Ernst, oder? Hör auf, Gentleman zu sein und mache den Dämon zur Schnecke! xD° Also wirklich, das hat doch nur Nachteile für einen selbst - -° Mmm..Da stellt sich die Frage, ob Avrial eine Frau schlagen würde xD°

"als ihn plötzlich zwei der Dämonenkrieger von der Seite packten und festhielten, während ihr Anführer zu einem weiteren Schlag mit seinem Breitschwert ausholte."

Mmm...Irgendwie habe ich es im Gefühl, dass diese auswegslose Situation doch nicht so schlimm ist, Magier sind toll ^-^


Awwww~ Ich freue mich schon, bald weiterzulesen, es ist spannend :3 *Schüssel "Lernfutter" dalass*

Grüße,

Sunny^^


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