Licht ohne Wärme von mangacrack (Ob unser Kampf jemals enden wird? ...) ================================================================================ Grenzen des Himmels - Tief in der Stille der Nacht -------------------------------------------------- Kommentar: Weil ich mir des konkreten Inhalts nicht sicher war, hat mich dieses Kapitel Schweiß, Blut und Wasser gekostet. Von meinen Nerven wollen mir am besten gar nicht reden. Und letztendlich kam mir „Die, die aus dem Himmel kamen“ dazwischen. Dafür ist diese Fanfiction immerhin jetzt abgeschlossen. Zur besseren Visualisierung möchte anmerken, dass das grobe Layout der Kommandobrücke Star Trek nachempfunden wurde. Frühe Beeinflussung und der Fakt, dass jeder etwas damit anfangen kann. Änderungen habe ich mit selbstverständlich vorbehalten. mangacrack xxx ::Kapitel 22 – Tief in der Stille der Nacht:: Der Wind schlug ihm bereits ins Gesicht, als Katan die Notfallluke öffnete. Schwer musste sich Thorongiel dem Druck entgegen stemmen, um nicht zurück in das Flugschiff gedrückt zu werden, aber er biss die Zähne zusammen und trat an die Kante heran. Für einen Moment blickte er nach unten, wo in dem Licht der späten Dämmerung das Land tief unter ihnen dahin fegte. Die wenigen Dörfer, die in dieser Gegend die Sphäre besiedelten, sahen so winzig aus, dass Thorongiel sich bewusst wurde, wie viel Raum wirklich zwischen ihm und dem Erdboden war. Eine Distanz, die beständig größer wurde, weil der Pilot an Geschwindigkeit zulegte. Er musste sich nicht extra ausrechnen, dass sie bald die Grenze der Sphäre erreichen würden und er musste es vermieden in die Energieströme zu geraten. Innerhalb der Sphären konnte ihm nicht viel passieren, aber es gab Gründe, warum Sevothtarte so einfach den Flugverkehr nach Assiah hatte überwachen können. Flugschiffe fielen auf und kaum einer war so verrückt es eigenständig zu probieren. Nur wenige Engel konnten hoffen, dass ihre Flugkünste ausreichten, um heil durch die Zwischenwelten und wieder zurück zu gelangen und er gehörte eindeutig nicht dazu. Zwar war er trainierter als andere Engel, doch er war nicht alt genug, um zu der Generation zu gehören für die das Fliegen durch physikalisch instabile Mitwelten normal gewesen war. Katan, der sein Zögern bemerkte, fragte: „Wäre damit meine Schuld beglichen?“ Thorongiel drehte sich zu dem vertrauten Engel um, dem er in den letzten Jahrhunderten mehrmals über den Weg gelaufen war, als es darum ging Sevothtarte auszutricksen. Sie hatten beide stets gewusst, dass sie an den Orten, wo sie sich begegneten, nichts verloren hatten, doch so etwas wie Sympathie hatte sich dennoch nie eingestellt. Ein Feind blieb ein Feind, auch wenn man ihn respektierte und daran hatte sich nie etwas geändert. „Ich denke nicht, dass wir beide noch einmal dazu kommen werden, irgendeine Schuld von dem Anderen einzufordern, Katan“, sagte Thorongiel und sprang nun endgültig, bevor Rosiel merken würde, dass sein Gefangener entkommen war. Denn das Schicksal, das ihn bei einem gescheiterten Fluchtversuch erwartete, würde schlimmer sein, als mit schweren Verletzungen aus einem fliegenden Flugschiff zu springen, dass dabei war die äußeren Hemisphären einzutreten. - Katan blickte Thorongiel hinterher, als dieser wirklich aus dem Flugzeug sprang. Er betrachtete es als schlichtweg wahnsinnig, doch er konnte nicht sagen, dass er den Engel irgendwie verstand. Schon früh hatte er feststellen müssen, dass Thorongiel kein Freund oder ein Verbündeter werden konnte. Aus seiner Sicht war der Engel seinem Kommandanten sehr viel ähnlicher, als der sich das eingestehen wollte. Er selbst wagte es von sich zu behaupten, dass er weniger Züge seines Vaters übernommen hatte, als Thorongiel Wesensarten von Michael, doch ganz gleich welch vermindertes Verständnis er für deren Methoden und Auffassungen haben mochte, er wusste was Loyalität war. Gerade weil sie lange Zeit ein und dieselben Feinde ihr Eigen nennen konnten. Ob sich das nun ändern wird?, fragte sich Katan, ehe er hörte wie schnelle Schritte den Gang hinunter hechteten. „Katan?“, hörte er seinen Vater rufen, doch seinen Gedanken hingen noch bei Thorongiel. „Bist du verletzt?“ Thorongiels Worte hatten sicher geklungen und der Engel stand nicht in dem Ruf sich zu irren. Ohne ihn wäre es schließlich niemals möglich gewesen seinen Rosiel-sama zu befreien. „Katan!“, wurde er an geherrscht und Katan schreckte auf. „Nein, Rosiel-sama“, antworte er immer noch ein abwesend. „Ich bin nicht verletzt.“ Dennoch hieß das nicht, dass er sich besonders wohl fühlte. - Das Blut pulsierte mit jedem Schlag seines Herzens und schlug heftig gegen die Wände seiner Adern. Thorongiel konzentrierte sich darauf, damit ihm in der ungewohnten Höhe nicht die Luft wegblieb und er ohnmächtig wurde. Die Schwärze drohte ohnehin schon ihn zu überfallen wie versteckt lauernde Dämonen der Hölle. Ähnlich wie deren Ketten rasselte sein Atem, sodass Thorongiel fest seine Handfläche seiner Rechten auf die linke Seite seiner Rippen presste, um sich selbst vormachen zu können, dass es half den Schmerz zu lindern. Eisig brannte seine Haut, weil die Kälte der höheren Gefilde durch die zu dünne Schicht seiner Kleidung drang. Es war nicht sicher so hoch zu fliegen, aber er hatte eine günstige Thermik erwischt, die seine Flügel schonte. Die Schusswunde schmerzte heftig und beständig sickerte das Blut in den Stoff seiner Hose, aber die Erinnerung an Katans Hand auf seinem Rücken war zweifellos unangenehmer. Im Gegensatz zu dem traditionellen Vorgehen, so wie es Sevothtarte gerne hatte verwenden lassen, hatte Katan seine Finger nicht wirklich in die anfälligen Muskeln gebohrt, die nur schwer heilten, wenn man wusste wie man sie richtig verletzten musste, damit man nie wieder würde fliegen können. Aber selbst das Verwenden von scharfen Klingen wäre nicht so bedrängend wie das Gefühl von fremden ungebetenen Fingern in den Rückenregion. Mit einem Schaudern schlug Thorongiel einmal kräftig mit seinen Schwingen, um sich davon zu überzeugen, dass mit ihnen alles in Ordnung war und das ekelhafte Gefühl abzuschütteln, das ihn überfallen und nicht mehr loslassen wollte, seit er auf den kalten Boden des Flugschiffes gepresst worden war. Diese Art der Bedrängung war immer bedrohlich und seit dem Großen Krieg betrachtete man es im Allgemeinen als Nötigung ohne explizite Aufforderung den oberen Rücken auch nur zu berühren. Ein Schulterklopfen konnte unter Umständen intimer sein als Sex. Nur unter guten Freunden oder Liebenden musste man daher nicht auf seinen Rücken achten. Denn Sevothtarte hatte sich die alte Angst zu Nutze gemacht, die jedem Engel angeboren war, aber seit mit den Krieg geschürt und verstärkt worden war, da besonders in diesen Zeiten Verräter nicht mit den Tod, sondern mit dem Flügelschlag bestraft wurden. Wir waren niemals sicher, erinnerte sich Thorongiel und ein alter Schrecken kroch wieder aus seinem Versteck hervor. Es gab immer jene, die verschwanden und nie wiederkehrten. Ob sie nun in Einzelteile zerlegt, betäubt und erforscht oder einfach nur getötet wurden, niemand war ausdauernd genug Sevothtarte auf Dauer dauerhaft zu entwischen. Es hatte nur jene gegeben, die ihr offen ihre Grenzen zogen und jeden töteten, der sich ohne Befugnis hinüber wagte. Ausnahmslos jeden, sei er nun jung, alt, dämonischer oder engelhafter Herkunft. Thorongiel unterdrückte das Zittern der Muskeln in seinen Flügeln und das Gefühl von Übelkeit in seinem Magen. Sevothtarte war tot, auch wenn der weiße Diktator ein noch viel zu gnädiges Ende gefunden hatte. Er hatte die Leiche gesehen und egal was Layla angetan worden war, dies war keine Ausrede für die tiefe, grausame Angst, die nun in nahezu jedem Engel wohnte und den Himmel wahrlich zu dem passenden Wohnort für einen wahnsinnigen Gott gemacht hatte. Doch obgleich die Gefahr gebannt worden war, so gab es für ihn nur einen sicheren Hafen, zu dem er fliegen und seine Flügel ausruhen konnte. Eine mondlose Nacht umgab ihn und nur die Sterne des Alls leuchteten schwach, als Thorongiel getrieben von diesen Gedanken unaufhörlich mit seinen Flügeln schlug und auf dem Wind an den Grenzen des Himmels stetig näher kam. Bald schwebte er an der Küstengleichen Kante der vierten Schale entlang, nur das unter ihm nicht Wasser, sondern sich das Meer der Dunkelheit ausbreitete. Unendlich schien es in die Tiefe zu gehen, selbst das Licht der entlegenen Sonnen verblasste im Anblick des düsteren Nichts, das die Hölle umgab und den Schlund verbarg, der mehr einem offenen Krater eines aufgerissenen Planeten glich, als einem Wohnort. Hin und wieder wirkte die Hölle wie ein Versprechen, wie eine Zuflucht für jeden, der dem Terror des Himmels entkommen wollte, aber der Schein trug immer. Die Obhut der Hölle hatte ihren Preis, außerdem gab es für ihn nur einen Ort, wo er Schutz finden und leben konnte. Ganz gleich ob dieser Ort nun direkt zwischen Himmel und Hölle lag. Aber sein Weg würde ihn trotz jeglicher Bedenken und Aussichten immer wieder dort hinführen. Knochenweiß schimmerten Thorongiels Flügel, als er die ersten Scheinwerfer von Michaels Heereskreuzern in der Ferne auftauchen sah. - An einem anderen Ort zog sich Jibril die Kapuze ihres Umgangs tiefer ins Gesicht. Die Nacht half ihr sich ungesehen durch die Straßen zu bewegen, aber sie wollte es verhindern gesehen und erkannt zu werden. Hier im Zentrum des Himmels, wo sich wichtige Gebäude wie Bäume in einer Allee aneinander reihten, patrouillierten Wachen in regelmäßigen Abständen, besonders da die Erinnerungen an die Invasion der Dämonen noch präsent in den Köpfen der Bevölkerung war. Also musste sie darauf achten die Zeitfenster abzupassen, in der sich Lücken in der Bewachung der Paläste auftaten, die auch in Nachtstunden wie diesen noch hell angestrahlt wurden und ihr die Fortbewegung erschwerten. Freilich hatte ihr niemand verboten sich durch das Regierungszentrum zu bewegen, aber durch die im ganzen Himmel übertragene Verhandlung würde man auf ihr Auftauchen an Orten außerhalb ihre Zuständigkeit automatisch mit Interesse reagieren. Nicht einmal aus Bösartigkeit, viele rechneten es ihr immer noch hoch an, dass sie sich trotz fehlender Erinnerungen und Verteidigungsmöglichkeiten gegen Sevothtarte aufgelehnt hatte, aber es bedeutete Aufmerksamkeit, die sie derzeit nicht wünschte. Sie hatte sich schon früh an den Medienrummel gewöhnt, der ihr als Hoher Engel und einziger weiblicher Elementar zuteil kam, aber hin und wieder musste auch sie sich verstecken und Abwege gehen. Besonders wenn es um Vorsichtsmaßnahmen ging, bei denen ihre Gefährten still erwarteten, dass sie existierten. Die Gerichtsbarkeit des Himmels war ihre Aufgabe, genauso wie Uriel, Raphael und Michael die ihren hatten. Doch im Gegensatz zu ihnen, war sie in den letzten Jahrhunderten nicht anwesend gewesen, um auch nur die grundlegendsten Dinge zu gewährleisten. Das musste sich nun ändern und Jibril wurde innerlich getrieben von dem Drang ihre Schuld wieder gut zu machen. Denn Sevothtartes Existenz war ihre Schuld. Er hatte sie überlistet, als sie sich damals gegen seine Politik gestellt hatte und das hätte nicht passieren dürfen. Keiner der drei Anderen war in der Himmelspolitik bewandert, nicht so wie sie, die darauf zu achten hatte, das die Ränge der Hohen Engel frei von Korruption bleiben und davon hatte sich unter Sevothtarte nur allzu viel angesammelt. Entschieden beschleunigte Jibril ihren Schritt. Uriel war geheilt und er hatte ihr zugesichert, dass er sein Amt als Justiziar wieder aufnehmen würde. Ganz gleich, was noch passieren würde, sie musste sich nun auf das Zusammentragen der Anklagepunkte und der betreffenden Beweise konzentrieren. Sie war de Engel der Verkündung und laut würde ihre Stimme erschallen, wenn sie die Schandtaten des Himmels verlesen würde, um die Opfer der grausam verwaltenden Willkürlichkeit an die Oberfläche des Ozeans zu zerren, dessen reines Wasser man ihrer Abwesenheit mit Blut ersetzt hatte. Das musste sie ändern. Allerdings würde ein sichtbarer Erfolg noch lange auf sich warten müssen, denn der Schmutz war tief in den Boden eingedrungen und sie musste von dem Himmel retten, was sich noch zu retten ließ, in Anbetracht dessen, dass Michael die Veränderung unaufhörlich vor sich her trieb. Wenn auch sie bezweifelte das er wusste, was genau die Veränderung war und wo sie ihn hinführen würde. - „Es ist nicht nötig, dass wir rasten Uriel“, sprach Raphael, doch er wurde von Uriel zurück gegen den Stamm des Baumes gedrückt unter dem sie Schutz gefunden hatten. „Doch, das ist es“, erwiderte der Engel der Erde und blickte sich prüfend um. „Zum Einen hat dieser Flug dir mehr abverlangt, als du es zugeben möchtest und wir haben noch sehr weit zu fliegen, zum Anderen sind die Grenzen des Himmels lange nicht mehr so sicher, wie sie es einmal waren.“ Er bohrte das Ende seiner Sense in die Erde und errichtete einen Bann, der gerade stark genug war, um die schwächeren Totengeister fernzuhalten, ohne allerdings die Stärkeren auf sie aufmerksam zu machen. Als Engel des Todes wirkte er für die Geister der Toten wie ein Leuchtfeuer in der Nacht, denn er war das Portal zur ewigen Ruhe und die Hoffnung auf den ersehnten Seelenfrieden, den sich die Rastlosen so herbei sehnten. Auf Grund der vergangenen Kämpfe streiften leider noch weitaus mehr Seelen der Toten umher, als es sicher gewesen wäre. Raphaels irritiertem Blick begegnete Uriel mit meisterlicher Gelassenheit. „Als die Satane die Verbindungspfeiler kappten, starben sehr, sehr viele Engel. Genauso wie Dämonen. Selbst im Hades habe ich die Erschütterung gespürt und wäre Enra-Oh nicht gewesen, hätte der Hades vielleicht nicht gehalten, der theoretisch im Mittelpunkt von Himmel, Hölle und Assiah liegt, damit jedes Lebewesen, das verstirbt, denselben Weg zurücklegen muss und niemand einen Vorteil hat. Ganz gleich, was er im Leben getan hat oder wer er war.“ „Die Gerechtigkeit des Todes“, meinte Raphael trocken, sah in die weite Nacht hinaus und fuhr mit seinen Fingern durch das vom Wind zerzaustes Haar. Er wollte eigentlich nicht über das nachdenken, was in seiner Natur lag zu bekämpfen, aber es bestand die Chance, dass er dadurch sich von dem ablenken konnte, was ihm nicht aus dem Kopf gehen wollte. „Keine Gerechtigkeit“, widersprach Uriel und blickte auf Raphael herunter. Er schien zwischen Mitleid und Bedauern zu schwanken. „Es gibt nur den Tod und jene, die bereit sind sich ihm zu überlassen.“ Abwesend fragte sich Raphael, ob Uriel ihm damit etwas sagen wollte. Es klang als wäre dahinter eine tiefere Botschaft versteckt, die entschlüsseln sollte, aber bei Weitem nicht begriff. Wie sollte er auch, wenn alle seine Gedanken nur um Michael kreisten? Seit sie in die Lüfte gestiegen waren, wurde ihre Weg und die Thermik um sie herum davon bestimmt, in wie weit es ihm gelang von Michael Abstand zu nehmen und nicht über die verstörende Leere in seiner Brust nachzudenken. Sein Verstand sagte ihm, dass der zerstörte Bund zwischen ihm und Michael nichts war, was seine Gesundheit in irgendeiner Weise beeinträchtigen würde. Dennoch fühlte es sich an, als würde er haltlos und alleine durch den Himmel fallen, nur darauf wartend, dass er verbrennen würde, wenn er in die Luftschichten der Atmosphäre eindrang. Sowie die zahllosen kleinen Meteoriten, deren einziger Existenzgrund zu Grunde ging, wenn sie in das Kraftfeld der Erdplaneten gerieten. Sie verpufften und endeten als kalte, bedeutungslose Steine. Es schien alles bedeutungslos zu sein, da alles irgendwann einmal verging. „Du solltest schlafen, Raphael“, sprach Uriel sanft zu ihm. „Ich weiß nicht, ob ich dazu in der Lage bin“, antwortete Raphael ehrlich. Er hatte Angst, was seine Träume ihm zeigen würden. Oder das er nicht mehr würde vergessen können, was sie ihm sagen wollten. „Du wirst“, meinte Uriel sicher. „Auch Vögel sind nur frei, weil sie immer einen Ast finden, auf dem sie sich ausruhen können.“ „Hn...“, machte Raphael leicht schnaubend, schloss aber die Augen und ignorierte das Gefühl von weichen, dunklen Feder auf seiner Haut, als Uriel seinen Flügel um ihn legte. „Komm mir jetzt nicht mit altchinesischen Sprichwörtern“, murmelte er, allerdings bereits leicht schlaftrunken. „Wenn sie aber doch der Wahrheit entsprechen“, hörte er Uriels amüsierte Antwort. Raphael wusste genau, dass sie beide jetzt an die Jahrhunderte dachten, in denen sie auf Erden wandelten. Getarnt als Menschen hatten sie sich unter die Bevölkerung gemischt und hatten ihnen die Wichtigkeit des Gleichgewichts in der Natur und die Lehre der vier Elemente beigebracht. Es war eine der Zeiten gewesen, die für den weiteren Zusammenhalt der Großen Vier gesorgt hatten. Damals hatten sie das alle gebraucht, denn nach Luzifers Fall hatte sich alles geändert. Damals hatten sie verzweifelt aneinander Halt gesucht, um das Gefühl von Vertrautheit zu behalten. Zwischen hatte sich das Rad der Zeit bereits zwei volle Male gedreht und es hatte sich erneut alles verschoben. Luzifels Fall hatte ihnen einst den Boden unter den Füßen weggerissen, doch nun war es als blickte man durch gesprungenes Glas. Alles wirkte falsch und verzerrt. Daran würde auch der ferne Morgen nichts ändern. - Saiga faltete ihre ledernen Flügel zusammen, als sie mit ihren nackten Füßen auf dem sengenden, erhitzten Fußboden aufsetzte. Die Krallen bohrten sich in den Stein, als sie Halt suchte, da es nicht in ihrer Natur lag zu derartig eigenständig zu handeln. Sie war es gewohnt, gepackt und geführt zu werden. Doch ihr Meister hatte ihr befohlen die Federn des großen Drachen dort zu verstecken, wo man sie am allerwenigsten suchen würde. Im Herzen der Himmlischen Gefilde, wo die geflügelten Wesen wohnten, die ihren eigenen Volk so fremd waren. Allein Michael-sama und seinem Bruder zollte man Respekt, wobei viele Drachen keinen Unterschied zwischen dem Einen und dem Anderen machten. Das machte man bei Drachen nicht, die aus ein und demselben Ei geschlüpft waren. Engel – so hatte ihr Meister es ihr erklärt – nannten dieses Vorkommen eine Zwillingsgeburt. Eine Wortschöpfung, die sie niemals verstanden hatte, denn es steckte der Wortstamm zwei darin und jeder Drache wusste, dass aus einem Ei auch nur eine Seele entstehen konnte, ganz gleich wie viele Identitäten oder Gestalten diese Seele auch annehmen würde. Aber es handelte sich hierbei um Engel und deren Handlungsweisen hatte ihr Volk noch nie verstanden. Sie schritt ungesehen durch die vertrauten Gänge der Höhle ihres Meisters, das nur in einigen Bereichen aussah wie die Behausung der anderen Engel. Es war ein Zeichen von Weisheit, dass Michael-sama in seinen privaten Gemächern mehr auf den natürlichen, rustikalen Baustil zurückgriff, wie ihn auch die Drachen bevorzugten und nicht den verschnörkelten, nutzlosen Schand, was man im Himmel als schön und angemessen bezeichnete. Nicht aus Zufall ließen jegliche Kreaturen, die keine Verbindung zum Himmel hatten, diesen auch wohlweislich in Ruhe. Keiner verstand das Handeln der Engel, selbst Jade – der Drache der Weissagung – stand in dem Ruf ihre Schwierigkeiten damit zu haben, es in Worte zu fassen, was die Engel als nächsten Schritt planten und ob sie eine Gefahr für den Drachenmeister darstellte. In der Regel galt, dass man Engel am besten in Ruhe ließ, da es sinnlos war, gegen sie vorzugehen. Ihre Wege waren widersprüchlich, ihr Handeln launisch und beschrieben damit fast alle grundlegenden Gesetze der Natur. Und mit der Natur legte man sich nicht unbedacht an, ganz gleich ob sie die Gestalt eines Engels annahm. Saiga schob daher langsam den wichtigsten Besitz ihres Meisters in das geheime Fach, das er ihr genannt hatte. Das Feuer, das in dem Kamin beständig brannte, leckte an ihren Armen und Beinen, doch ihr machte das nichts aus, es wärmte ihre Schuppen nur. Als sie zurück trat und sicherstellte, dass alles wie sonst aussah, überkam sie der Instinkt, dass sie hierbleiben sollte. Es war der nicht dasselbe Prickeln von Gefahr das sie erfasste, wenn sich etwas näherte, das sie nicht sehen konnte, sondern eher eine Vorahnung. Wie der Schatten eines Tieres, das man nur für den Moment erhaschten konnte, wenn das Mondlicht es zuließ. Eigentlich wäre es ihre Aufgabe gewesen nun zurück zu treten, ihre Flügel auszubreiten und so schnell wie möglich zu ihrem Meister zurück zu kehren, damit sie ihm in dem kommenden Kampf beistehen konnte. Aber das Prasseln des Feuers warnte sie. Sie durfte nicht. Es wäre besser hier zu bleiben, damit Michael auch in den Himmel zurückkehren würde. Angst kannte sie nicht, nicht für sich selbst oder ihre eigene Existenz, aber sie kannte die Empfindung Sorge um dessen, den sie geschworen hatte zu beschützen und zu verteidigen. Als man ihren Dolch geformt, gegossen und geschmiedet hatte, war ihr Geist hinein geflossen, getrieben von Mächten, die sie selbst nicht verstand, aber sie kannte nur diesen Befehl. Es war ihre Aufgabe den zu schützen, der sich Michael nannte und wenn sie jetzt zurückkehrte, könnte sie versagen. Aber es stand im Widerspruch zu allem, wofür sie bisher existiert hatte. Sie ging sogar soweit es als Leben zu bezeichnen, denn sie wurde geboren, als ihr Meister sie zum ersten Mal in seine Hände nahm, sie mit dem Blut eines anderen Lebewesens tränkte, um sich selbst zu schützen und ihr ihren Namen gab. Ihr Meister hatte ihr angeboten sich frei zu bewegen und zu gehen wohin auch immer sie wollte, als sie zum ersten Mal die Gestalt auf zwei Beinen annahm, so merkwürdig sich das auch anfühlte. Sie wusste, dass man dieses Konzept, den freien Willen nannte, aber es hatte sie stets verwirrt, dass es einen Unterschied machen sollte, wenn sie sich freiwillig dazu entschied ihrem Meister zu dienen oder es bloß tat, weil man es ihr befohlen hatte. Bis jetzt. In diesem Moment befahl ihr die Stimme aus dem Feuers hier zu bleiben, sie selbst allerdings konnte es nicht. Ihr Platz war an der Hüfte oder in dem Stiefel ihres Meisters, ganz gleich, was es bedeutete. Sie würde zu dem Herrn des Feuers zurückkehren und nicht nur, weil er ihr es befohlen hatte. Wenn dies das Konzept des freien Willens war, dann hieß das, dass es ihre Entscheidung war. Sie konnte die Stimmen und Warnungen ignorieren, die sie zur Ordnung rufen wollten. Die ihr sagen wollten, dass sie hier zu bleiben hatte. Außerdem gab es keinen Hinweis darauf, wer versuchte sie zu warnen, daher musste sie von vorneherein annehmen, dass jemand versuchte sie von dem richtigen Weg abzubringen, um Michael-sama zu schaden. Saiga schüttelte irritiert den Kopf und breitete ihre Schwingen wieder aus. Aus einem Impuls und ihrer neu gewonnenen Entscheidung heraus, nahm sie die Federn des Zwillings wieder aus dem Versteck heraus und schwang sich in die Nacht. Lederne Flügel schlugen kräftig, die sie in den Himmel trugen, ungesehen von seinen Bewohnern. Es mochte keinen Sinn ergeben und den Segen derer, denen sie ihr Bewusstsein und ihre Intelligenz zu verdanken hatte, hatte sie auch nicht, aber sie wusste, dass es richtig war. - Die Luft war eng und drückend auf der Brücke der Flaming Hell und die Motoren arbeiteten heftig, um durch die Energieströme zu kommen, die sich ihnen entgegensetzten. Pyrrha hatte ein scharfes Auge auf die Anzeigen vor sich, doch soweit war alles im sicheren Bereich, daher lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und rief die Routenkarte auf, um den Kurs wenn nötig korrigieren zu können. Der Pilot würde seine Unterstützung wohl nicht brauchen, aber sie befanden sich jetzt nun mal kurz vor dem Ziel und zugleich auch auf dem gefährlichsten Abschnitt der Strecke. Als sie bei der Basis gestartet waren, hatten sie durch die gesetzlich vorgegebenen und gesicherten Hohlbahnen leicht in den Leerraum eintreten können. Abschnitten des Himmels, den kleineren Welten und Meteoriten auszuweichen war eine leichte Aufgabe, die zu der Ausbildung eines jedes Piloten dazu gehörte, doch nun mussten sie in verkehrter Richtung wieder an die Grenze der vierten Schale heran fliegen. Der Schutzschild des Himmels mochte durch die Erschütterungen gebrochen worden sein, aber das Gerüst war noch vorhanden und man arbeitete bereits wieder an der Wiederherstellung des Walls, der sie von der Hölle trennte. Anlass war die Tatsache, dass die Soldaten der Armee dringend eine Pause brauchten und die Kraftreserven langsam zu Ende gingen, die Dämonen jedoch scheinbar nicht schnell müde wurden. Bisher auch noch keine größere Entscheidung gefallen, welche wenig Ruhe gebracht hätte, denn seit der Invasion war die Lage angespannt geblieben, ohne dass sich eine Besserung in Aussicht stellte. Es mochte daran liegen, dass die Hölle ihnen zwar wie sonst auch zahlenmäßig überlegen war, aber auch nicht über genügend eigenständig denkende Wesen verfügte, um sich diesen Vorteil zu Nutze zu machen. So griffen immer wieder nur vereinzelte Gruppen an, aber auch die kleineren Angriffe rieben an den Nerven. Besonders, da es kein Ende zu nehmen schien und Siege auf ihrer Seite kaum zur Kenntnis genommen wurden. Selbst die niederen Kreaturen, deren Verstand kaum dem eines wilden Tieres gleich kam, attackierten ihre Barrieren mit unverminderter Heftigkeit und inzwischen konnte man die anhaltende Moral unter den Dämonen nur noch der Rückkehr ihres Fürsten zu geschrieben werden. Offensichtlich waren die Anwesenheit des Morgensterns nach wie vor noch Anlass genug, um selbst den Selbsterhaltungstrieb des feigsten Dämon mit blinder Ergebenheit zu ersetzen. Für Luzifer würden die Bewohner der Hölle alles tun, sei es aus Bewunderung oder Furcht und Pyrrha wusste noch sehr gut wie berauschend es sein konnte im Glanz des Sternes zu stehen und zu glauben, dass man selbst in der Lage wäre den gesamten Himmel mit der ein paar Ideenfolgen kontrollieren zu können, weil man glaubte, dass Grenzen und Gesetze nur für Andere galten. Ein Irrtum für den bisher noch jeder hat bezahlen müssen, dachte Pyrrha dunkel. Selbst Luzifer. Zumindest hoffte er das. Ein Zischen schräg hinter ihm kündigte an, dass sich die Tür zu Brücke öffnete. Gleichzeitig blickten alle Anwesenden auf, weil es sich eigentlich nur um einen handeln konnte. Michael deutete seinen Männer jedoch sofort wieder an die Arbeit zu sehen. „Es gibt nichts zu sehen und man wendet bei einem Kehr-Manöver unter diesen Bedingungen die Augen nicht vom Schirm“, bellte er, worauf die Crew sofort wieder die Blicke senkte. Den Raum durchquerte Michael mit wenigen Schritten, um sich hinter Pyrrha zu stellen und die Ellbogen auf die Rückenlehne des Sessels zu legen. Dann warf er einen prüfenden Blick auf die schimmernde Projektion des Hologramms, die vor ihnen schwebte und die reinkommenden Nachrichten der anderen Offiziere enthielt. „Gibt es Neuigkeiten betreffend unserer Verteidigung?“, fragte Michael direkt und Pyrrha versuchte sich davon abzulenken, dass ihm direkt über die Schulter gesehen wurde. „In den letzten Stunden hat sich nicht viel geändert“, berichtete er und tippte die Projektion an, um sie besser sichtbar zu machen. „Aber die Situation verschlechtert sich dennoch zusehends, daher wird dringend eine Lösung benötigt. Da die meisten unserer Schiffe ihre Energie aus den Sonnenstrahlen gewinnen, die von der Ozonschicht zurück geworfen werden, sollten wir in dieser Hinsicht eigentlich nicht mit Schwierigkeiten rechnen müssen.“ „Aber die allgemeine Versorgung der Schilde und Gebäude nimmt nach wie vor ab?“, erkundigte sich Michael. „Jawohl“, antwortete Pyrrha. „Auch wenn sich nicht bestimmen lässt wieso. Es kommt zu Ausfällen, die Werte der Messgeräte schwanken ständig und konnten bisher noch keine Ursache ausmachen. Sollte dies so weiter gehen, wird uns von den Wissenschaftlern gesagt, werden wir nicht nur die Wiederherstellung des Schutzschildes vergessen können, dann müsste man ebenfalls damit rechnen, dass andere Quellen unzuverlässig werden. Abgesehen von dem Offensichtlichen, dass wir dann irgendwann ohne Strom dastehen könnten.“ Sein Kommandant massierte sich den Schädel, als müsste er seine Gedanken ordnen. Pyrrha bemerkte, dass Michael-sama nicht unbedingt so aussah, als hätte er die letzten Stunden geschlafen, aber bisher hatte er seine Grenzen immer einschätzen können. Außerdem war keine stressfreie Aufgabe einen Großteil der Armee an den Rand des Himmels zu verlagern, ohne das die Bevölkerung und der Hohe Rat etwas bemerkte. Letzteren schätzte er zwar nicht besonders, aber eine universell geltende Bescheinigung für „Ich darf das“ zu haben, war immer nützlich. Das verhinderte, dass man von fremdem Behörden oder Kontrollen belästigt wurde, welche im schlimmsten Fall einer anderen politischen Fraktion angehörten. Allerdings er konnte durchaus verstehen, dass Michael-sama nicht bekannt geben wollte, die vierte Schale von außen nach innen ihre Stromversorgung verlor. Bisher konnte darüber Stillschweigen bewahrt werden, aber es war dennoch ein Thema mit dem man sich besser jetzt beschäftigte, ehe doch etwas durchsickerte und eine Panik ausbrach. „Besteht denn genügend Energie, um die Versorgung bis um die fünfte Schale zu garantieren und den Schutzwall wenigstens bis dorthin zu errichten?“, fragte Michael mit leichter Genervtheit in der Stimme. Pyrrha schüttelte den Kopf und rief ein Diagramm der aktuellen Stromversorgung auf. „Negativ, Sir. Zumindest nicht, wozu ich Wissen oder Zugang hätte. Der große Schutzwall, der bei dem Selbstmordangriff der Dämonen zu Bruch ging, ist so konzipiert, dass er den ganzen Himmel umgibt und nur nach kompletter Aktivierung verkleinert werden kann. Ob die einzelnen Schalen an sich noch zusätzliche eigenständige Verteidigungssysteme in dieser Richtung haben, kann ich nicht sagen. Das übersteigt meine Sicherheitsstufe.“ Nun grollte es hinter ihm bedrohlich. „Der Hohe Rat hat die Möglichkeit bei Bedarf einen Bann um die obersten Schalen zu legen, der von dem Schutzwall komplett unabhängig ist“, meinte Michael verärgert. „Gott hat mit Atziluth schließlich auch nichts anderes getan, doch so einfach funktioniert das dann zum Glück doch nicht, denn der Bannwall für Notfälle ist so alt, dass es bestimmter Maßnahmen bedarf, um ihm zu hochzufahren.“ Er wandte sich kurz um und die goldenen Augen blickend böse auf den Großbildschirm vor ihnen, wo die Scheinwerfer die Warnlichter der Klippengebiete erhellten und ihnen die Richtung vorgaben, währen die Anzeigen langsam darauf hinwiesen, dass sie die nächste Basis erreichten. Da Michael-sama wohl die Unterhaltung für beendet hielt und schweigend hinter ihm stand, um nachdenklich ins Leere zu starren, wies Pyrrha seinen Piloten an, sich auf den Landeanflug vorzubereiten. Persönlich verstand er nicht sonderlich viel von dem Aufbau des Energieschildes, aber dessen Fehlen machte sich bemerkbar. Sie mussten häufiger, öfter und härter kämpfen, da die Dämonen derzeit ungehindert in den Himmel eindringen konnten. Das hielt nun schon an seit die Schalen ineinander gekracht waren, aber derzeit gab es keine Anzeichen dafür, dass sich das so schnell wieder ändern würde. - Michael warf sich jetzt in den leeren Stuhl neben Pyrrha als die Aufforderung ertönte, dass die Landung bevorstand und man sich gut festhalten sollte. Auf dem Schirm vor ihnen konnte man gut die Lichter des halbfertigen Stützpunktes sehen, den man nach dem Rückzug der Dämonen in die Hölle dort aus dem Boden gestampft hatte. Dies war das neue Hauptquartier, das schnell zur neuen Hochburg ihres Militärs geworden war. Kein Dämon würde es ja einnehmen und bis auf vereinzelt wahnsinnige Dämonen, war es bisher noch nicht einmal angegriffen worden. Jene hatte man zur Demoralisierung der Dämonenbrut wieder laufen lassen, damit Gerüchte zu Geschichten und zu Legenden heranwachsen konnten. Man wusste schließlich nie, wann es mal nützlich sein konnte einen schlechten Ruf zu haben. Währen die Flaming Hell eine Schneise flog, um die Landebahn anzufliegen zeigte ihm ein Blick nach schräg unten durch das Fenster die Andeutung der dritten Schale, die gespenstisch still sich hinter dem Horizont des Nachthimmels versteckte. Vor noch nicht all zu langer Zeit war dies zwar ein raues, aber dafür mit Leben erfülltes Gebiet gewesen. Jetzt war die dritte Schale weitestgehend zur Verteidigungszone mutiert, denn wer den Zusammenstoß überlebt hatte, war entweder in die höheren Lagen geflohen oder war umgebracht worden, als die Dämonen einfielen. Jetzt bestand die dritte Schale nur noch aus verwaister Zivilisation, Wildnis und den Festungen, die er dort hatte errichten lassen. Schließlich war die dritte Schale inzwischen alles andere als sicher, denn nicht alle Dämonen hatten sich in die Hölle zurückgezogen, als die Invasion ihr Ende fand. Manche waren einfach dort geblieben und versteckten sich jetzt einzeln oder in kleinen Gruppen in den Überresten der Städte, die man hatten räumen müssen. Seine eigenen Männer hatte er alle in Sicherheit bringen können, als ihnen die Hölle auf den Kopf gefallen war. Durch die fehlenden Verbindungspfeiler, deren Aufgabe gewesen war, die Schalen auseinander zu drücken, hatte sich vieles verschoben, wenn nicht gar alles. Kein Wunder, dass es dann zu Stromausfällen kam. Michael zog seine Füße auf den Sessel, sodass sich seine Stiefel in das Leder bohrten und er seine Hände auf seinen Knien ablegen konnte. Es mochte keine angemessene Haltung für einen Kommandanten der Armee dessen Flaggschiff gerade zur Landung an einem Militärstützpunkt ansetzte, aber er konnte so besser nachdenken. Außerdem war wegen seinem Befehl alle Waffen zum neuen Hauptquartier zu bringen zu viel Betrieb, als das man bei seiner Ankunft einen allzu großen Aufstand machen konnte. Transporter landeten im Minutentakt, mussten entladen und wieder aufgetankt werden, damit sie ohne Verspätung abheben und als Ablenkung für die Umsiedlung der Kampfjäger dienen konnten. Der Umzug war keine Kleinigkeit gewesen, aber wenn sie ihn abschließen konnten, bevor jemand etwas davon mitbekam, dann würde man sie hier auch nicht so schnell wieder vertreiben können. Nicht einmal seine eigenen Soldaten wussten, dass dieser Stützpunkt permanent werden sollte. Die Meisten glaubten entweder sie würden die dritte Schale bald wieder zu ihrem Heim machen können oder aber in die Fünfte zurückkehren. Es waren genau die zwei Lager, die aus den Anhängern der Elitegruppen und den einfacheren Soldaten bestanden. Beide Fraktionen waren teil seiner Armee und auf beide konnte er sich in Schlachten absolut verlassen, aber auch hier gab es Rangabstufungen und keiner wollte über die Aussicht nachdenken im Alltag zusammenleben zu müssen. Dass sie keine Wahl hatten, würde er ihnen aber gewiss nicht sagen. Sobald das Hauptquartier zu mehr als nur einem kargen Stützpunkt geworden war, würden sich jene mit normalen Bedürfnissen aufhören zu beschweren und seine Generäle würden ohnehin meckern, ganz gleich was er tat oder wo sie stationiert waren. Als die Motoren röhrten und das Fahrwerk ausgefahren wurde, kam Michael der einzige strittige Punkt in den Sinn, der ihm noch Bauchschmerzen bereitete. Die Politik war zu weit weg. Zwar hatte es den Vorteil, dass sie ihn dann nicht mehr mit Kleinigkeiten belästigen würden, aber es würde auch die Gefahr beherbergen, dass der Hohe Rat sich wieder Dinge ausdachte, die er absolut nicht gebrauchen konnte. Zu den meisten Sitzungen ging er ohnehin nicht, aber er hatte dennoch gerne ein Auge auf die machtgierigen Aufstreber, die ständig auf der Suche nach Einfluss und Druckmittel waren. Nicht, dass es mich interessieren würde, wenn die Herren und Damen Hohe Engel meinen, sie müssten mich mal wieder herausfordern, aber wir unsere Freiheit mit der abgeschiedenen Lage erkaufen müssen, dachte Michael und lehnte sich in den Sessel zurück, als der Kreuzer rumpelte und auf dem Asphaltboden der Landebahn aufsetzte. Um sie herum leuchteten die Lampen an den Seiten der Flugbahnen, die ihnen den Weg vorgaben und eine Stimme aus dem Lautsprecher wies den Piloten an welchen Lagerplatz sie zu benutzten hatten. „Gehen wir heute noch einmal in die Luft, Kommandant?“, richtete der Pilot die Frage an seinen Kapitän und Michael gleichzeitig. Michael schüttelte den Kopf. „Ich gewiss nicht“, sagte er. „Man wird mich gleich verschleppen und erst nach einer ausreichenden Führung wieder entlassen, nur um mich dann mit Problemen zu überhäufen, die ich gefälligst sofort zu lösen habe.“ Die Aussicht war für Michael nicht sonderlich erbauend, doch das würde er über sich ergehen lassen müssen und solange man keine prunkvolle Staatsaffäre daraus machte, würde er damit zurecht kommen. Mit der Aussage zufrieden richtete der Pilot seinen Blick auf Pyrrha, denn nur weil ihr Kommandant keine weiteren Flüge geplant hatte, hieß das nicht, dass ihr Schiff nicht irgendwo eingeteilt worden war. Pyrrha zog kurz die Augenbrauen zusammen und überlegte. „Unsere Patrouille beginnt erst morgen, um Null-Neunhundert, doch auf Grund der neuen Umgebung ist das Briefing für Null-Sechshundertdreißig anberaumt worden. In Anbetracht der nicht nachlassenden Bedrohung der Dämonen müssen wir den Stützpunkt und das Umland kennen.“ Der Pilot nickte und wandte sich wieder dem Pult zu. Allerdings schien ihn noch etwas zu beschäftigen, denn er fragte verwirrt: „Über den Grundriss des Stützpunktes Bescheid zu wissen, ist eine verständliche Voraussetzung, doch wir befinden uns immer noch in denselben Himmlischen Gefilden wie bisher auch. Warum sollte sich dann etwas am Umland geändert haben?“ „Die Dämonen haben Zerstörung und Verwüstung hinterlassen“, erinnerte Pyrrha seinen Piloten. „Daher haben sich sicherlich einige Bedingungen geändert und neue Gefahrenzonen gebildet. Außerdem werden die Regionen zwischen den Schalen besonders gerne als Angriffspunkte benutzt. So haben sie uns währen der Invasion überrascht, daher müssen wir dafür sorgen, dass dies nicht noch einmal geschieht und gerade die Flaming Hell ist wie dafür geschaffen Grenzbereiche anzufliegen.“ Michael bemerkte wie Pyrrha bei dem letzten Teil des Satzes kurz stolperte, aber sich nicht anmerken ließ, er beinahe eine der wenigen Regeln gebrochen hatte, welche die Besatzung überhaupt hatte. Daher hielt er dem mahnenden Blick stand, den er von Nanadel zugeworfen bekamen, ehe der Pilot der Flaming Hell dann den Jäger in den Hangar manövrierte. Auch das Schnauben Pyrrhas überging Michael, als sei nichts geschehen, zwar hatte ihm die Crew wie alle anderen seiner Soldaten Loyalität geschworen, aber er respektierte ihren Wunsch, dass sie nicht gerne daran erinnert werden wollten, dass sie ein wenig anders waren als der Rest. Erst als sich die Laderampe öffnete und die gespannte Stimmung anhielt, vermerkte sich Michael in seinem Kopf, dass seine Männer Zeit brauchen würden sich an die Veränderung zu gewöhnen. Die Besatzung der Flaming Hell war gewiss nicht die Einzige, denen der Umzug zu den zusätzlichen Veränderungen in der letzten Zeit ein wenig zu plötzlich kam. Der Stillstand der Erde war für viele ein Aufrütteln gewesen, denn danach waren Ereignisse wie die Ankunft des Messias, Jibrils Verhandlung, Sevothtartes Ende und die Invasion der Dämonen Schlag auf Schlag gefolgt. Doch es ist bei Weitem noch nicht vorbei, dachte Michael, als die Flaming Hell umrundete und auf den erhellten Nebenausgang zuhielt, wo Camael ihn bereits erwartete. Ich brauche Antworten und kann es mir nicht leisten zurück zu blicken. In seinem Gesicht spürte er die Wärme der abkühlenden Motoren. xxx Das lasse ich zum Großteil jetzt mal so stehen, Erklärungen würden den Sinn und Zweck dieses Kapitels zunichte machen. Aber ihr dürft weiterhin Indizien sammeln und herum rätseln. Der den Meisten wahrscheinlich unbekannte Begriff „Null-Einhundert“ ist ein Ausdruck des Militärs zur Zeitangabe. Kommt daher, dass auch 9 Uhr Morgens, 0900 wird, wenn man den Doppelpunkt dazwischen weglässt. Zwecks der besseren Verständlichkeit haben Engel dieselben Stundenabgaben wie Menschen, wobei ich mir durchaus vorstellen kann, dass dort Tage wie Jahre länger sind als bei uns. Genauso wie sicherlich der Tag- und Nachtwechseln nicht in einem pünktlichen 12-Stunden Takt erfolgt. Wem die „Energie direkt aus der Sonne zu gewinnen“ – Theorie zu unwahrscheinlich erscheint, dem möge gesagt sein, dass die Menschheit bereits daran arbeitet. Zwar nur halbwegs erfolgreich (man bekommt die gebündelte Energie nicht wirklich auf unseren Planeten hinunter), aber man arbeitet daran. Ich sage das deshalb, weil es noch einmal auftauchen wird. mangacrack Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)