Licht ohne Wärme von mangacrack (Ob unser Kampf jemals enden wird? ...) ================================================================================ Morgendämmerung - Das Spiegelbild des Drachen ----------------------------------------------- Kommentar: Veränderungen vor allem in der Formulierung und einigen Details. Der Inhalt sich nicht geändert, aber es ist, so hoffe ich, jetzt leichter und besser zu lesen. Und es sind knapp 1500 Wörter mehr, das hat sich so ergeben. Vielen Dank mangacrack xxx ::Kapitel 03 – Das Spiegelbild des Drachen:: Michael landete elegant in auf seiner Balkon, der vom Schlafzimmer aus zu erreichen war. Mit einem Wink löste sich das Schutz Siegel, der Andere am Eintreten hinderte und er trat durch die aufschwingenden Türen. Gleichzeitig fingen die Fackeln an Wänden Feuer und erhellten den Raum mit ihrem Schein. Automatisch ließ er seine Schwingen verschwinden und ein paar einzelne Federn segelten zu Boden. Michael schnaubte und fuhr sich durch Haare während er sich beruhigte. Das heißt, er versuchte es. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass sich ein paar Flammen um seine Füße schlichen. Aus einem plötzlichen Impuls heraus steckte er seine Schuhe in Brand und innerhalb von Sekunden hatten sie sich in Asche verwandelt. Jetzt stand er mit bloßen Füßen da und fühlte sich schon etwas besser. Er lief über den heißen Stein, der durch seine Astralkraft erwärmt wurde und ging zu der anderen Seite des Raumes, wo ein riesiger Spiegel stand. Dabei musste er aufpassen nicht auf die ganzen Waffenzeitschriften zu treten, die hier überall verstreut herum lagen. Vor dem Spiegel angekommen musterte er sich. Ja, der Anblick war immer noch der Gleiche. Seit Jahrtausenden blickte ihn dieses Gesicht an, wenn er in den Spiegel sah. Bis sich das vor Monaten geändert hatte. Er konnte es immer noch nicht glauben. Michael knurrte als er daran dachte. Vor einigen Monaten hatte er seinen Körper mit einem magischen Schleier verhüllt, als er bemerkte, dass er sich zu verändern begann. Er hatte sich gar nicht genau betrachtet oder darüber nachgedacht, sondern einfach nur seinen Anblick verborgen. Vor allen. Auch vor sich selbst. Zuerst hatte er gefürchtet Uriel würde etwas merken, doch nichts. Keiner hatte ihn darauf angesprochen. Was für ein Glück. Leicht unsicher blickte er noch einmal in den Spiegel. Er war immer noch er selbst. Sollte sich das ändern, wenn er jetzt den Schleier löste? Mit Herzklopfen zog er sich seine Kleidung aus. Es war ein traditionelles Gewand, nicht zum Kämpfen geeignet, sondern eher formell. Nicht das, was er all die Zeit getragen hatte, doch schon eher etwas, das seinen Körper verdeckte und vor neugierigen Blicken verbarg. Am Schluss stand er nur noch in einer kurzen, engen und schwarzen Short da. Ansonsten war er nackt. Michael schloss seine Augen und beendete den Zauber, den er mit seiner Feuerkraft geschaffen hatte. Er war eigentlich nicht der Typ, der sich auf diese Art von Zauberkraft verließ, aber sie war nützlich. Vor allem, weil niemand ahnte, dass er sie beherrschte. Fast sofort spürte er ein Ziehen in seinem Körper. Er hustete und keuchte, sank auf die Knie, doch er weigerte sich in den Spiegel zu sehen. Seine linke Gesichtshälfte und Brustplatte begannen zu brennen. Da wo der Drache eintätowiert war, ging ein unglaublicher Schmerz aus und Michael krümmte sich. Er hustete noch einmal und diesmal spukte er Blut. Seine Sicht verschwamm und seine Hände begannen zu zittern. Er konnte es nicht stoppen. Er war hilflos und er hasste dieses Gefühl. Inzwischen lag Michael bäuchlings auf dem Boden und atmete unkontrolliert. Er war Schmerz gewöhnt, doch as hier war jenseits seiner Vorstellung. Er konnte ihn noch nicht einmal betäuben und die Intensität trieben ihm Tränen in Augen, die er versuchte zu unterdrücken. Voller Schmerz schrie er auf, denn nun begann etwas in seinem Rücken zu stechen. Michael vermutete, dass es seine Flügel waren. Er wusste, dass er im Moment hilflos war und nichts anderes machen konnte, als abzuwarten bis die Verwandlung aufhörte, doch vielleicht half es ihm, wenn er seine Flügel, die Quelle seiner Kraft offenbarte. So eine Art von Schmerz hatte er noch nie erlebt und als Kriegsengel hatte er schon reichlich Erfahrungen mit Wunden und allerlei Arten von Schmerz machen können, doch der Zauber hatte das, was er hatte verbergen wollen, so zurückgedrängt, dass es jetzt mit aller Macht zurück kam. Da es sich dabei um seine eigne Astralkraft handelte, die sich nun gegen ihn wendete, konnte er auch nichts anderes tun, als aus zu harren. Er konnte den Prozess nicht aufhalten oder stoppen. Nur beschleunigen, um ihn so beenden zu können. Also entfaltete er seine Schwingen. Die Schmerzen griffen allerdings sofort auf seine Flügel über. Der Eine lag schlaff auf dem Boden und zuckte leicht, als er den Schmerz in sich aufnahm und begann den Prozess für Michaels Körper zu vereinfachen. Der andere Flügel streckte sich soweit über Michaels Körper, dass die Sicht auf den rothaarigen Engel verborgen wurde. Ein wenig erleichtert holte Michael Luft und wischte sich das Blut aus dem Mundwinkel. Die Kraft aufzustehen, fand er allerdings noch nicht. Seine Flügel hatten ihm die schlimmsten Schmerzen genommen, doch er es war heftig gewesen. Der Zauber, den er verwendet hatte, war doch anderer Natur gewesen, als zunächst geglaubt hatte. Als er an dem Abend seiner Rückkehr vom Schlachtfeld die Veränderung bemerkt hatte, war sein einziges Ziel gewesen, das ungeschehen zu machen. Also hatte er es so aussehen lassen, hatte sogar daran geglaubt, doch eine Illusion, war eine Illusion und als die Auflösung des Zaubers eintrat, war diese in sich zusammengefallen. Michael spürte, wie er müde wurde. Das jetzt zuviel gewesen. Die ganze Zeit hatte dagegen angekämpft, was sich in seinem Körper ausgebreitet hatte und es hatte ihn geschafft. Nur schwer konnte er die Augen offen halten. Am liebsten wäre er sofort eingeschlafen, doch er schaffte es langsam zum Bett zu kriechen. Der Versuch, aufzustehen, ließ ihn wieder zu Boden sinken. Er hasste seine Schwäche, doch der Brand Vorfall heute hatte an seinen Nerven gerissen, vor allem sich selbst wieder unter Kontrolle zu bekommen, hatte ihn fertig gemacht. Es war nicht einfach sich zurückzuhalten, nicht dem Zorn, seiner Wut und seiner Verzweiflung nachzugeben, die immer noch in seiner Seele zu Hause waren. Nur weil der Messias ihm wieder ein wenig Klarheit verschafft hatte, hieß das nicht, dass diese Gefühle verschwunden waren. Der alte Konflikt, zwischen ihm und Luzifer, war Äonen alt. So alt, dass er das Weltbild der Menschen geschaffen hatte, heute noch in ihr alle Köpfe weiter lebte und den er sich jetzt zu beenden sehnte! Doch in diesem Zustand konnte er das nicht. Michael biss die Zähne zusammen und bewegte sich zu seinem Bett. Eine Nacht auf den Fußboden zu verbringen, war nicht unbedingt das Angenehmste und das Erholsamste für seinen Körper. Außerdem würden morgen Diener kommen, die sauber machen würden. Zwar durften nur einige wenige diesen Raum betreten, doch würden sie ihn so vor finden, würden sie ihn sofort zu Raphael bringen. Michael atmete schwer auf als endlich beim Bett ankam und sich am Stoff hochzog. Wenn er gewusst hätte, dass das solche Auswirkungen haben könnte, wäre vielleicht doch zu Raphael gegangen. Denn seltsam war diese Veränderung sicherlich. Doch darüber nachdenken konnte er jetzt nicht mehr. Morgen, ja morgen würde er sich darüber Gedanken machen, was die Veränderung seiner Astralkraft bewirkt hatte und vorher es kam. Erschöpft, wie nach einer langen und schweren Schlacht gegen ein Heer von Dämonen, ließ er seinen Kopf ins Kissen fallen und schloss die Augen. Noch immer schmeckte er den metallischen Geschmack des Blutes in seinem Mund, doch das bemerkte er kaum. Zu oft hatte er das erlebt, als das er sich darüber Sorgen machen müsste, ob sein Körper das aushielt. Physische Schmerzen war er gewöhnt. Im Kampf verletzte man sich oft. Blut war seine Lebensquelle, erst wenn es vom Himmel regnete, konnte er seine Sorgen, seine Vergangenheit, sein Dasein hinter sich lassen. Der Rausch des Schlachtfeldes, wenn im Krieg immer wieder Schwert, Glaube und Körper aufeinander prallten, dann war er das, wofür er geschaffen worden war. Er versuchte es nicht einmal zu leugnen, aber als ewige Zerstörung immer weiter kämpfen, konnte auch für ihn ermüdend sein. In letzter Zeit war die Lust weniger berauschend gewesen. Der Versuch sich einzureden, der Spaß am Dämonen jagen würde wieder kommen, versickerte immer mehr in dem Meer von Zweifel. Erschöpft in Körper und Geist, schob Michael die Gedanken beiseite. Er streckte sich in seinem gewaltigen Bett aus und fühlte, wie seine Glieder immer schwerer wurden. Nicht einmal die Kraft, die Augen auf zu machen hätte er jetzt noch aufbringen können. Doch dann fühlte er die Gegenwart eines anderen Wesens am Ende des Raums. Er ließ die Augen geschlossen. „Herr“, hörte er seine Dienerin fragen. „Kann ich euch behilflich sein? Wünscht ihr etwas?“ Zuerst wollte er etwas Harsches auf die Störung erwidern, doch er besann sich eines Besseren. Er war jetzt nicht mehr in der Stimmung dazu der harten Kriegsfürst zu sein, der sich nur so selten zur Ruhe begab, doch genau jetzt war das der Fall. „Nein, geh. Ich will nicht gestört werden.“ Sofort verschwand seine Dienerin wieder. Endlich hatte er Ruhe. Ohne weiter über noch irgendetwas nachdenken zu können, gab er sich seiner Müdigkeit hin und versank in einen tiefen Schlaf, der ihn wie ein schützender Mantel umhüllte und alles vergessen ließ. - Als Rosiel sich später der Residenz des Feuerengels näherte, hielt er inne und blieb wo er war. Von Weitem betrachtete er das Haus, der eigentlich mehr einer Burg mit vielen Hörnern, Ecken und Kanten als einem Palast der großen Vier ähnelte. Nachdenklich erinnerte er sich an seine letzte Begegnung mit Michael. Mit einander gesprochen hatten sie nur, als er durch Setsunas Auge dessen Körper in Besitz genommen hatte, um diesem bei dem Prozess von Jibril dabei sein zu lassen. Ihre Begegnung war so kurz gewesen, das man sie kaum beschreiben konnte. Er hatte damals einen Subraum erzeugt, um Michaels Flugschiff lahm zu legen. Etwas anders war auch nichts möglich gewesen, um Michael am Eintreffen in der Gerichtshalle zu hindern. Das Uriel sich eingemischt hatte, war schon überraschend genug, ebenso wie Raphaels Unterstützung, aber Michael wäre für seine damaligen Pläne fatal gewesen. Denn es mochte sich die Weltordnung verschieben und ihr Schöpfer verschwunden sein, doch er würde niemals das erste Gesetz des Lebens missachten: Michael zu unterschätzen. Dieser hatte Recht gehabt, als er sagte, dass die Elementare sich besser mit dem organischen Engel verstehen würden, weil sie die Schutzengel der Natur waren, doch ebenso wahr war seine Aussage, dass sie ihn einfach nicht leiden konnten. Doch damit hatte Michael eigentlich nur für sich selbst gesprochen. Er selbst und der Feuerengel waren in der Vergangenheit schon öfter aneinander geraten. Sei es persönlich, im Kampf oder um die Frage, wer der wahre Heerführer war. Die Existenz seiner schwarzen Armee war Michael gehörig gegen den Strich gegangen und weil er am Ende sich geweigert hatte, ihn zu unterstützen, hatte er letztendlich den Kampf gegen Alexiel im zweiten großen Krieg verloren. Aber das war Vergangenheit. Es war nicht von Bedeutung, was damals mit ihm war, denn das war vorüber. Nicht vorüber war allerdings Michaels Streit mit sich selbst. Alexiel hatte keine Ahnung, wenn sie sagte, dass das Verhältnis zwischen Michael und seinem Bruder gestört war. Als sich Luzifer in seinen Diensten befand, hatte dieser nie eine Regung gezeigt. Unendlich kalt und böse war seine Ausstrahlung gewesen, seine Lust zu töten immer präsent. Herrje, Michael hatte sich aber auch eine seltsame Seele als Zwilling ausgesucht. Oder andersherum, das konnte man nicht so genau sagen. Rosiel blickte noch einmal auf den Ort hinunter, wo er spüren konnte, wie die Schwingungen des Feuers ruhiger wurden. Es war besser, wenn er da jetzt nicht auftauchen würde. Unbemerkt drehte Rosiel sich um und flog durch die Nacht zurück. Er würde diesen schlafenden Drachen nicht wecken. Niemand sollte das, denn das Feuer, dass er spuckte, war für jeden gefährlich, der damit in Berührung kam. - Am nächsten Morgen schlug Michael langsam die Augen auf. Er versuchte sich daran zu erinnern, was gestern passiert war, dass er mit ausgebreiteten Schwingen auf seinem Bett lag, Blut darüber verteilt. Er gähnte und streckte sich. Der Wind blies die dünnen Vorhänge beiseite und ließ die Sonne herein scheinen. Ein kurzer Blick nach draußen, ließ Michael schon fast wieder fühlen, wie seine Kraft zurück kehrte. Der Sonnenaufgang kündigte den neuen Tag an und mit ihm stieg auch seine Kraft, seine Verbindung zu der Verkörperung des Feuers selbst. Als er sich stark genug fühlte, schwang er die Bettdecke zur Seite, rutschte an den Rand, blieb aber dort noch eine Weile sitzen. Er fühlte das Kribbeln an seinem Rücken, weil seine Schwingen immer noch ausgebreitet waren, dennoch noch schlaff herunter hingen. Ein wenig desorientiert fuhr er sich durch die Haare. Sein ganzer Körper fühlte sich etwas taub an. Wie durch einen Schleier erinnerte sich an den Schmerz vom vorherigen Abend. Er suchte in seinen Gedanken nach der Antwort, was passiert war. Es viel ihm nach einigem Nachdenkens wieder ein. Er hatte den Zauber gelöst, der über seinem Körper lag. Zauber und Illusionen waren eigentlich nicht seine persönliche Art mit Problemen umzugehen, deswegen hatte er seinen Kräften eine Pause gönnen wollen. Es fehlte ihm die nötige Konzentration dazu etwas derartiges lange aufrecht zu erhalten. Doch da war noch etwas, das sich jetzt nun in sein Bewusstsein drängte. Er sollte die Gelegenheit nutzen, um nachzusehen, ob die Aufhebung des Zaubers irgendeinen Schaden angerichtet hatte. Langsam und noch etwas betäubt stand er auf. Für einen Moment musste er sich am Bettpfosten festhalten, weil er sonst wieder umgekippt wäre. Ihm hatte die Aktion vom Abend mehr Kraft gekostet als erwartet. Eine dunkle Vorahnung ließ Michael, aus Vorsicht vor dem was ihn möglicherweise erwarten würde, seine Flügel in dem Zustand beibehalten. Leicht frustriert wegen dem so unangenehmen frühen Morgen, durchquerte Michael sein Schlafzimmer und hielt auf den großen Spiegel zu, der im Durchgang zu seinem Baderaum hing. Gedanklich begann er seinen Tag zu planen. Er fühlte eine gewisse Müdigkeit in sich und Michael musste sich zusammenreißen, um nicht dem Impuls nachzugeben, sich wieder zurück ins Bett zu legen. Doch seine Erfahrung sagte ihm, dass er jetzt nicht weich werden, sondern sich zusammenreißen musste. In seinem Inneren fühlte Michael, wie das Feuer seiner Seele, sein Feuer, dass er hütete, beherbergte und bewachte, nicht so stark brannte, wie es sonst der Fall war. Ein Grund zur Beunruhigung, denn er erlaubte es sich nur, nach schweren und langen Auseinandersetzungen mit den Dämonen so ausgelaugt zu sein. Sein Feuer war in seiner Seele und brannte zusammen mit seinem Willen und in seinem Blut. Michael trat vor den Spiegel. Nachdem er einen Blick hinein geworfen hatte, weiteten sich seine Augen voller Unglauben. „Nein!“ Michael starrte in den Spiegel. Ungläubig legte er seine Hände auf die Oberfläche des Spiegels und sein Spiegelbild tat es ihm nach. Die Berührung seiner Fingerspitzen mit der glatten Oberflächen, ließ ihn bewusst werden, dass das kein irrealer Traum oder ein schlechter Scherz war. Es war real. Das Gesicht, das ihn aus dem Spiegel ansah und der Körper, der zu diesem Gesicht gehörte, war nicht mehr dasselbe, das ihn gestern noch angesehen hatte. Nicht mehr das, dass er seit Äonen lang mit sich herum getragen hatte. In wenigen Sekunden blitzen vor Michaels innerem Auge die Bilder auf, die ihn seit seiner Erkenntnis, dass er nie größer als die meisten anderen Engel werden würde, verfolgt hatten. Die lachenden anderen Jungengel, die ihn verspotteten, weil er kleiner war. Die verächtlichen Blicke der Offiziere, die seine Anweisungen nicht befolgten und das dann teuer bezahlen mussten. Die verletzten Kommentare der Erzdämonen, wenn mal wieder das Dämonenheer auf die Himmlischen Heerscharen traf und er sich dem Duell mit den Satanen stellte. Es kam Michael unwirklich vor und doch erkannte er sofort, dass er, wirklich über Nacht, gewachsen war. Es mochten nur ein paar wenige Zentimeter sein, die nicht einmal irgendjemand auffallen mussten, doch allein die Tatsache, dass endlich jenes Wunder geschehen war, das er, der seit ewigen Zeiten im Körper eines Kindes gefangen war, nun doch noch erwachsen zu werden drohte. Michael fand keine Erklärung dafür. Er hatte diesen Kindeskörper gehasst. Sein Geist war ständig gealtert, hatte ihn zu einem der ganz großen Engel im Himmelreich gemacht, doch sein Körper hatte sich geweigert dem Wunsch in seinem Inneren nachzugehen. Doch endlich, wo er darüber hinweg war, seit der Messias ihm ein wenig Verstand eingehämmert hatte, entschied sich sein verräterischer Körper doch noch dazu? Es war kurios und unwirklich. Michael fand keine Erklärung dafür. Er betrachtete sich genauer im Spiegel. Vorher hatte er stets in dem Körper eines dreizehnjährigen Jungen gesteckt. Sein wildes Drachen Tattoo, seine Lederkleidung, die Waffen und die roten wüsten Haare hatten es versteckt, doch er hatte es jeden Tag seiner Existenz gefühlt. Kleiner zu sein. Selbst Raphael hatte nichts tun können. Und nun…? Jetzt starrte ihm ein Gesicht entgegen, dass er nicht kannte. Es wirkte fremd. Reif, erwachsen und erstaunt, doch auch merkwürdig gefasst. Doch eines missfiel ihm. Missfiel ihm ganz gewaltig und nur der Schock allein hinderte Michael daran, es wirklich zu begreifen. Sein Gesicht hatte sich über Nacht so verändert, dass die Ähnlichkeit mit seinem Zwillingsbruder nun wirklich zu sehen war. Sein Blick wanderte zu seinem Drachen Tattoo, das er schon seit er dem Zeitpunkt ersten großen Krieg hatte. Es war immer bei ihm gewesen. Seit dem Zeitpunkt, an dem sein Bruder, Luzifel, den Himmel verraten hatte. Er selbst weigerte sich Luzifer als den Bruder anzuerkennen, der er einmal gewesen war. Der fremde Zwilling, der den Schöpfer vernichtet hatte, war nicht derselbe Mann, der einst in ihren Kindertagen sein großer Bruder gewesen war. Michael drehte sich vom Spiegel weg und dachte nach. Seine gesamte Kraft und sein Verhalten waren immer von seinem Bruder abhängig gewesen. Sie waren der Teil eines Ganzen. Selbst wenn er es leugnete, so stimmte es dennoch. Er zitterte vor Wut. Wut auf Luzifer, auf den Schöpfer, die Welt und auf sich selbst. Er musste sich zurückhalten nicht alles in diesem Raum nieder zu brennen. Michael drängte die Taubheit in seinem Körper zurück, die ihn bis eben beherrscht hatte. Damit kehrte auch die Kraft zurück, die er schon vermisst hatte. Sein Selbstvertrauen und seine Selbstsicherheit ersetzten die Zweifel, die sein neues Spiegelbild ausgelöst hatten. Mit neu gewonnener Entschlossenheit sah er erneut in den Spiegel. Er würde nicht davon laufen. Schon gar nicht vor sich selbst. Auch nicht vor seinem Bruder. Doch seine Erscheinung ließ ihn wirklich denken, dass er nicht ganz so mutig sein konnte, wie er es sich wünschte. Denn wenn er genug Mut gehabt hätte, dann würde er sich jetzt eingestehen, dass sein Gesicht mehr dem von Luzifer ähnelte als früher. Er legte seine Hand auf die Brust, da wo sein Drache über den Körper lief und fuhr die Konturen mit seinem Finger nach. Dieser Drache war zweifelsfrei das Andenken an den Tag, an dem er seinen Bruder für immer aus dem Himmel verbannte. Manchmal hatte er daran gedacht, sich dieses Tattoo zu entledigen, weil sein Anblick immer wieder ihn an Luzifer erinnerte. Raphael könnte die Zeichnung auf seiner Haut innerhalb einer Sekunde verschwinden lassen, wenn er ihn darum bitten würde, doch jedes Mal, wenn er sich dazu entschloss es zu tun, wusste er im selben Moment, dass ihm der Drache unheimlich fehlen würde, sollte er nicht mehr da sein. War einfach nicht in der Lage der Drachen von seinem Körper zu reißen, war er doch ein Teil seiner Seele. Plötzlich fühlte Michael, wie der Drache unter seiner Hand pulsierte. Zuerst starrte der Feuerengel seine Hand an, dann seinen Drachen. Es war nicht das erste Mal. Manchmal tat der Drache das. Aber so stark war der Puls noch nie gewesen. Und noch nie so beständig. Es war nur immer ein schwaches Ziehen gewesen. Aber der starke Puls, fast wie das schlagende Herz in seiner Brust, war neu. Und es irritierte ihn. Es musste mit Luzifer zusammenhängen. Er kannte den Ursprung des Drachen und mit welcher Kraft der Drache in seine Haut gebrannt worden war. Was hatte sich sein Bruder jetzt wieder ausgedacht? Michael versuchte zu erahnen, was Luzifer planen könnte, doch nachdem der Höllenfürst ihn als Morgenstern bezeichnet hatte, war er nicht mehr aufgetaucht. Der Messias hatte ihn zuletzt gesehen, doch angeblich war Luzifer in einem hellen Licht verschwunden und war seitdem nicht mehr gesehen worden! Sicher war er nun in der Hölle. Was auch immer ihn von dem Ort des letzten Kampfes weggeschafft hatte, es war nicht von Bedeutung. Aber es war von Bedeutung, dass sich jetzt mit dem neuen Puls, seine Astralkraft ein wenig geändert hatte. Nur ein wenig und sicherlich nicht viel. Aber genug, um bemerkt zu werden. Es war wie, als wäre irgendwo eine weitere Quelle aufgegangen, die nun neue, frische Kraft spendete. Doch wo kam sie her? Eigentlich konnte es ihm egal sein. Er konnte Luzifer auch so besiegen. Er brauchte die zwei weiteren Schwingen nicht, die Luzifer besaß. Aber wenn er das beweisen wollte, dann musste er dazu Luzifer finden. Er musste sich diesem Problems verdammt noch einmal entledigen, damit er diesen Kampf endlich beenden konnte. Er hatte lange genug gezögert. Luzifers Verhalten warf ihn immer wieder aus der Bahn. Es war ihm egal. Diesmal würde er derjenige sein, der den Höllenfürsten zum Kampf herausfordern würde. Der ihn aus seinem Loch hervorholen würde. Aber dazu musste er den Fürsten der Hölle erst einmal finden, wissen was dieser vorhatte vielleicht auch. Das erforderte genauste Planung. Es würde eine Schlacht werden. Zwischen Himmel und Hölle, zwischen ihm und Luzifer. Denn er konnte nicht einfach nach Sheol spazieren und Luzifer herausfordern. Nein, er musste anders vorgehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)