Zum Inhalt der Seite

Elementary Angels

Trilogie - Staffel 3
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Aufbruch ins Ungewisse

Kapitel 4 ~ Aufbruch ins Ungewisse
 

~ Juline Coldfire ~

„Wie kannst du nur von mir verlangen, dass ich mit diesem Teufelsweib zusammen so weit weg reise!?!“, schrie Melody ihren Vater störrisch und wütend an. Meine erste Nacht dort war schrecklich. Fast jede Stunde wurde ich von meinen Alpträumen geweckt. Diesen Morgen wachte ich mit einem dumpfen Gefühl im Magen auf. Er fühlte sich leer an, ich hatte Hunger, aber mir war zu übel um etwas zu mir zu nehmen.

Wie unwohl ich mich fühlte... Und wie schrecklich ich sie alle vermisste. Wie hatten Dad und Aris nur die Nacht überstanden!? Hoffentlich würde Chamuel sie wirklich am Leben lassen bis er mich finden würde.

„Melody, dein Gemecker nervt langsam, ehrlich! Ich kann sie nicht nach Orlando bringen! Ich habe ein wichtiges Spiel, das ich nicht einfach absagen kann!“ „Du und dein scheiß Basketball!“ „Mein scheiß Basketball sorgt dafür, dass du jeden Tag was anständiges zu Essen hast! Und dafür, dass du immer shoppen gehen kannst, also beschwer dich nicht und tu ein einziges mal was von dir verlangt wird.“ „Das ist zu viel!!! Ich will, dass sie geht und sie nie wieder sehen!“

Langsam fühlte ich mich echt beleidigt. Ich konnte sie ja irgendwo verstehen, aber diese Dinge, die geschehen waren, an mir auszulassen war nicht richtig. Jayden stemmte die Hände in die Hüfte.

„Du brauchst dich nicht dafür zu verantworten, was mit mir damals passiert ist, hörst du!? Es war meine Sache, damit hast du nichts zu tun und Juline auch nicht. Es ist nicht deine Aufgabe, ihr diese Dinge vorzuhalten! Ich habe Feye verziehen! Dann tu es auch! Es gibt nichts, was du Juline anschuldigen könntest! Also beherrsch dich endlich junge Dame!“

„Du willst also mein Leben riskieren!?“ „Wer redet denn davon!?“ „Du schickst mich mit dieser gefährlichen Satanistin weg! Vielleicht überfällt sie mich und trinkt mein Blut!“ „Also ehrlich...“, murmelte ich und verschränkte die Arme. „Was hast du bitte für ein Bild von Satanisten.“ „Die machen sowas!“ „Ja, dumme Menschen die den Teufel anbeten, den sie sich völlig anders vorstellen als er vielleicht ist. Satanismus ist ein Glaube den die Menschen sich einbilden. Das was sie mit ihrem Blut treiben hat nichts mit uns zu tun!“, wandte ich ein und schnaufte. Diese Göre war so anstrengend...

Jay packte seine Autoschlüssel und zog sich die Schuhe an. Melody und ich waren schon fertig zur Abreise. Sie hatte sich schon den ganzen Morgen dagegen gesträubt, genau wie ihre Mutter, die Jay inzwischen ruhig stellen konnte. Er musste seine Tochter regelrecht aus dem Haus schieben.

„Das ist nicht fair!!!“ „Jetzt beruhige dich endlich wieder, Mel. Du fliegst doch nur nach Orlando, zu unserer Familie. Du kennst dort doch alle. Sie werden sich gut um dich kümmern.“ „Klar... Die sind doch alle bekloppt dort! Ich will hier in LA bleiben!“ „In ein paar Tagen darfst du doch schon wieder zurück fliegen, meine Güte! Du bist nunmal gerade die Einzige, die Juline dort hin bringen kann. Ab ins Auto jetzt!“

Während die Beiden noch immer munter diskutierten guckte ich in den Himmel, der nun endlich blau war.

Die Sonne blendete mich richtig und ich musste mir die Hand schützend über die Augen halten. Wunderschön... Das Meer funkelte unter dem Licht der Sonne. Am liebsten würde ich alles festhalten, damit ich es niemals vergessen würde, wenn ich erstmal wieder zu Hause wäre.

Nun interessierte mich mehr das Auto, wie Jayden es nannte. Ich hatte noch nie eins gesehen. Höchstens in den Büchern, die ich gefunden hatte, doch dieses Auto sah anders aus. Der schwarze Lack glänzte. Wahrscheinlich war dieser Wagen noch nicht sehr alt. Melody riss die Tür derartig auf, dass sie gegen mich schlug. Vorsichtig wagte ich einen Blick in den Innenraum, der mit hellem Leder in Beige überzogen war.

„Was ist!? Steig halt endlich ein du blöde Kuh!“, fauchte die Blondine mich an. Ich war weiterhin fasziniert, als ich einstieg und die Tür zu machte. Im Vorderraum hörte ich ein Signal, das ich mir nicht erklären konnte. „Du musst die Tür fest zu schlagen, sonst will das Auto nicht angehen“, erklärte Jayden geduldig und mit einem Lächeln. Meldoy verschränkte die Arme und verdrehte die Augen.

„Geht da auch nichts kaputt?“ „Hehe, nein.“ Noch einmal versuchte ich es mit mehr Wucht und hatte Angst, nicht doch etwas zerstört zu haben. Doch Jayden sagte nichts und der Signalton verschwand.

„Da!“, sagte Melody grob und warf mir einen schwarzen Gurt entgegen. „Was ist das?“ „Guck halt...“ Sie deutete auf ihren Bauch über den sich der selbe Gurt spannte. Ich guckte mir die Funktion an und befestigte den Gurt in der Schnalle.

„Man, bis wir in Orlando sind, vergehen sicher Monate! Wenn die schon mit einem Auto nicht klar kommt, wie wird das dann mit einem Flugzeug?“ „Mel, du bist ein großes Mädchen, du wirst ihr sicher helfen können“, sagte ihr Vater nun etwas genervter und fuhr aus der Einfahrt heraus auf die große Straße. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Dieses Gefühl in einem Auto zu fahren... Eine neue Erfahrung. Und wie schnell man damit vorankam. Die Landschaft war wunderschön! Die Straße führte an dem Strand und dem Meer entlang und meine Augen wurden magisch von dem weißen Sand angezogen.

„Wow, alles ist so schön hier!“ „Ja, herrlich“, sagte Melody sofort trotzig und legte einen grimmigen Blick auf. „Warum willst du nicht zu deiner Familie?“, fragte ich sie verständnislos. „Weil ich sie nicht leiden kann!!! Die ganzen Leute in meinem Alter sind kindisch und bekloppt! Die haben nur Scheiße im Kopf!“ „Melody, das letzte mal habt ihr euch gesehen, da warst du zwölf. Ich denke, sie haben sich auch etwas verändert.“ „Tzz... Und wenn schon, Dad.“ „Wie auch immer, ich freue mich schon darauf sie endlich kennen zu lernen“, sagte ich mit Freude. Vielleicht würde es mir dort dann auch wieder besser gehen.

Ich war schon so gespannt auf die vielen neuen Gesichter und alle waren irgendwie mit mir verwandt. Wie sie wohl so waren? Vielleicht lustig, aber hoffentlich nicht so ätzend wie die Blondine, die immernoch grimmig dreinschaute.

„Haha Melody, dein bester Freund Jo freut sich bestimmt, wenn er dich sieht“, sagte Jayden belustigt. „Wer ist das?“

„Das ist der Sohn meiner Cousine.“ „Hör mir mit dem auf!!! Ich hasse ihn von allen am Meisten! Und jetzt wo du ihn erwähnt hast, bitte ich dich noch einmal: Dreh um!!!“ „Nein, das muss jetzt leider sein, Mel. Wir telefonieren gerne jeden Abend und du hast ja die Kreditkarte. Ich hab heute morgen schon herum telefoniert und ein Hotel für euch gebucht. Dort werdet ihr erstmal bleiben. Zum Glück habe ich noch einen Flug für euch bekommen.“ „Glück!?! Verarsch mich nicht, Dad!“

Sie war so ätzend... Wie konnte man nur so unzufrieden und undankbar sein, wenn man so viel besaß?

Sie hatte gute Eltern, einen wahnsinns Wohnort und viel Geld. Dazu noch eine große Familie und im Grunde alles was sie wollte. Ich dachte mir jedoch schon, dass es ihr mit ihrer Art an Freunden mangelte. Wie sollten wir die nächsten Stunden nur gemeinsam auskommen?
 

~ Raik Coldfire ~


 

Nach dem langen Flug war ich richtig müde und hätte mich am liebsten erstmal schlafen gelegt. In der Zeit hatte ich auch oft die Gelegenheit noch einmal an Hailey zu denken und an Tam, die mich zum Flughafen begleitete und sich mit den Worten: „Ich liebe dich, wir sehen uns bald wieder, Schatz“, verabschiedete. Ich hatte wirklich einen großen Fehler gemacht indem ich mit ihr schlief.

Sie redete sich nun leider eine Beziehung zwischen uns ein und wenn sie erfahren würde, wie es in mir wirklich aussah, würde sie mir die Hölle heiß machen. Natürlich wäre ich dann wieder der „Playboy“ der nur an Sex denkt.

Die heiße Karibiksonne brannte mir in den Augen als ich durch die Flugzeugtüre schritt. Lange konnte ich den Anblick von Strand und Palmen aus der Höhe allerdings nicht genießen, denn die anderen Passagiere drängten schon und wollten zu ihren Bussen, die sie in die umliegenden Hotels bringen würden. Für mich und meine fünf Mitstreiter gab es einen extra Abholdienst und ein anderes Hotel. Karibik... Vielleicht hatte ich ja die Gelegenheit meine Eltern irgendwo zu finden. Sie trieben sich immerhin auch hier irgendwo herum.

Ich stellte mir jetzt schon Dad's entsetztes Gesicht vor, wenn er mich sehen würde. Er war immer so fertig, wenn er unangekündigten Besuch von mir oder meinen Geschwistern bekam. Er sagte, er müsste sich immer erst drei Tage mental auf seine Kinder einstellen, bevor er sie unbesorgt sehen könnte. Meine Ma stellte sich da nicht so an. Sie ließ es einfach auf sich zukommen.

Doch jetzt war die große Frage erstmal, wer unser Teamleiter und Coach wäre. Hoffentlich kein mürrischer alter Sack. Vielleicht eine sexy Lady... Nein, die würde nur zu sehr ablenken.

Leider sank mir das Herz irgendwo in die Hose. Es war tatsächlich eine sexy Frau, allerdings eine, die mich nicht auf sexueller Ebene ablenken würde. Nein, sie würde mich ablenken, aber eher mit Aggressionen.

Meine Zwillingsschwester Ayane hatte eine Sonnenbrille auf den blauen Haaren sitzen. Ihre einzige violette Haarsträhne drängte sich etwas vor ihr Gesicht im Karibikwind. Unbeeindruckt von meinem Anblick, strich sie sich die Haare zurück. Sie hatte sich aufgetakelt... Eine weiße Hotpants, die nur knapp ihren Hintern bedeckte und ein rotes Top, das gerade so unter ihren Brüsten endete, trug sie heute. Das tat sie gerne... Um die männlichen Teilnehmer aus der Fassung zu bringen und mit ihrer üppigen Oberweite zu prahlen.

„Uii, wen haben wir denn da? Wenn das nicht mein geliebtes Brüderchen ist“, sagte sie gespielt erfreut und mit heller quiekender Stimme, als sie ihre Arme um mich legte und auf beiden Wangen küsste.

Sie stellte sich vor mich und musterte mich von Kopf bis Fuß, ehe sie ihre Augenbrauen noch oben zog.

„Man, siehst du beschissen aus. Fett bist du geworden. Wie viel hast du zugenommen? Zwanzig Kilo!?“ „Fünf...“ „Hm, auch gut. Sieht aus wie zwanzig.“ „Kuh...“ Frech grinsend schlug sie mir ihr Notizbrett gegen den Kopf: „Nicht in diesem Ton, ich bin deine Chefin. Und eure auch!“, dabei wandte sie sich an die fünf Anderen, die noch dabei waren. Zwei weitere Kerle und drei Frauen. Allesamt recht gut trainiert, gute Körper. Hoffentlich könnte ich sie zumindest im Gesang übertreffen.

Ayane machte sich Notizen und kaute auf dem Kuli herum. Eine Angewohnheit von ihr, die sich im Laufe der letzten Jahren nicht geändert hatte.

„So, womit starten wir das Programm?“ „Dürfen wir nicht erst ins Hotel gehen und uns vom Flug erholen?“, fragte einer der anderen Jungs. „Genau, wir haben Hunger und Durst!“, stimmte eine der Frauen zu.

Sie sprachen mir aus der Seele, doch Ayane lächelte nett: „Wenn ich einige Monate auf Tour bin, steige ich nach über dreißig Stunden Flug aus und muss gleich auf die Bühne. Dort muss ich dann weitere drei Stunden herumspringen, tanzen, singen. Beschwere ich mich wegen Hunger und Durst? Nein. Ich sehe trotz aller Anstrengung und Müdigkeit sehr sexy aus.“

Die drei Mädels verdrehten die Augen, in den Augen der Jungs hingegen brodelte die Lust und ich beobachtete wie die Blicke immer wieder auf Ayane's Hintern und ihre Brüste wanderten. Sie wusste es genau wie ich... Und sie genoss es. Sie liebte es, wenn die Männer sie angafften und sich vorstellten, wie sie wohl im Bett sei. Wie sie ohne das bisschen Kleidung aussehen würde. Ja, das war Ayane. Sie strotzte nur so vor Ego.

Grinsend lief sie in ihren Highheels durch den heißen Sand und fuhr langsam mit ihrer Hand über die Brust von einem der Kerle.

„Du willst mich, oder? Ich sehe es an deinen Blicken... Heiß, wild... Stellst du dir gerade vor, wie ich mich ausziehe, ja?“ „Äh... Tut mir leid... Mir ist gerade etwas heiß“, redete er sich heraus, doch ein Blick nach unten verriet mir, dass da etwas recht stramm stand.

Ayane genoss es erneut und lachte: „Gut, es ehrt mich. Es bestätigt, dass es kein Mann gibt, der mir widerstehen kann. Außer der Penner da“, sie zeigte auf mich und grinste erneut: „Ich bin heute allerdings niemand, den ihr verführen könnt. Ich bin eure Chefin und entscheide, ob ihr eine Stelle in unserer Agentur bekommt. Du! Du bist eigentlich schon fast ausgeschlossen, du wirst zu leicht geil, bei dem Anblick einer schönen Frau. Und du, Raik. Du bist zu fett. Deine Chancen stehen bei null! Hahaha. Aber wir versuchen es mal. So, und jetzt nehmt eure Taschen und folgt mir.“

„So eine blöde Kuh“, hörte ich diese Mädels miteinander tuscheln und alle folgten ihr. Das würden einige harte Wochen werden.

Wir gingen zu einem anderen Strandabschnitt und ließen unsere Taschen in den glühenden Sand fallen. Die Sonne brannte schrecklich auf meiner Haut, doch in meinen Klamotten war es mir zu warm und ich zog mein Oberteil aus. Die drei Mädels schauten zu mir rüber und eine kam sogar zu mir.

„Ist diese Zicke wirklich deine Schwester?“ „Leider, ja.“ „Oh mein Gott... Du Armer.“ Nun kamen auch die anderen Beiden, die meinen Oberkörper anstarrten. Sie waren eigentlich kaum anders als die beiden Männer, die Ayane bei jedem Schritt beobachteten.

„Ich bin Jessy“, sagte eine der Dreien und zwinkerte mir kurz zu. Ihre blonden Haare stachen förmlich heraus bei ihrer braun gebrannten Haut. Sie sah schon sexy aus, doch die anderen Beiden hatten es auch in sich.

„Mein Name ist Trisha“, erklärte die Schwarzhaarige mit den braunen Augen und die Rothaarige streckte mir die Hand entgegen: „Ich bin Serah.“ „Freut mich euch kennen zu lernen. Raik, heiße ich.“

Jessy schrie kurz schrill auf und sprang hibbelig vor mir herum: „Du bist der Raik!!! Oh Gott, ich hab dich damals so gern gehört und war dein Fan!!!“ „Dieser Raik!? Ja! Natürlich! Ich erinnere mich!“, sagte Trisha und nun sprang auch sie vor mir herum. „Sagt mir nichts, aber anscheinend hast du Fans“, entgegnete Serah und schmunzelte.

„Und seid ihr fit, Mädels?“ „So! Genug Smalltalk! Wir machen jetzt erstmal ein paar Übungen für eure Fitness. Wir wollen euch immerhin trainieren, deswegen werdet ihr jetzt alle erstmal eine Runde joggen. Seht ihr das große weiße Hotel dort hinten!? Ihr lauft bis zum Strandabschnitt davon und kommt dann zurück“, ordnete Ayane zufrieden an.

Es machte ihr Spaß die Leute herumzujagen. Bevor sie den Startschuss gab, kam sie zu mir und lehnte sich an mich: „Ich erwarte mal, dass du als Erster wieder zurück kommst. Es wäre peinlich sich von Menschen schlagen zu lassen.“ „Was denkst du denn? Willst du mich jetzt extra schikanieren, weil ich Kräfte habe?“ „Sicher! Hahaha, sonst wäre es ja auch einfach. Und die Anderen sollen immerhin eine Chance bekommen, den Job zu kriegen.“ „Ayane, fick dich.“ „Hihi, ich hab dich auch vermisst.“

Sie scheuchte uns los und ich merkte schnell, dass die Entfernung geringer aussah, als sie eigentlich war. Der Sprint durch den Sand schmerzte und war anstrengend. Mir war schrecklich warm. Hätte ich doch nur mehr Sport gemacht. Aber ich gönnte Ayane ihren Triumph über mich nicht. Besonders schneller als die Anderen lief ich jedoch auch nicht. Ich joggte mit den Mädels und mit den Typen, die sich als Max und Alex vorstellten in einer konstanten Geschwindigkeit.

„Ich will schlafen“, beschwerte sich Max. Er sah aus wie ein typischer Beachboy. Braungebrannte Haut, blonde Haare, blaue Augen. Alex dagegen war eher dieser coole Hip-Hop Typ.

Ein weites und viel zu großes Shirt bedeckte seinen dunklen Oberkörper. Er weigerte sich seine Mütze abzusetzen.

Wir alle hofften inständig, dass sie uns erstmal zur Ruhe kommen lassen würde, wenn wir diese erste Aufgabe hinter uns gebracht hätten. Ich wollte endlich in ein Hotel, etwas Schatten, etwas Abkühlung. Doch zumindest hatte ich erreicht, was ich mir erhofft hatte – ich dachte in dem Moment weder an Tam noch an Hailey. Eigentlich genoss ich die Bekanntschaft mit den fünf neuen Gesichtern und die drei Mädels waren mehr als heiß.

Vielleicht würde sich sogar noch was ergeben. Nur Sex, auf Beziehungen hatte ich absolut keine Lust.
 

„Da seid ihr ja alle wieder! Und es gibt keinen Gewinner! Habt ihr euch etwa abgesprochen, alle gleichzeitig einzulaufen!?“, fragte Ayane geschockt. „Ja, sowas tun Menschen, wenn sie nicht so egoistisch sind wie du!“, entgegnete ich belustigt. Ich als ihr Bruder durfte mir als Einziger solche Worte herausnehmen ohne gleich rausgeworfen zu werden. Sie grinste ja auch darüber...

„So, dann erlöse ich euch halt erstmal von euren Qualen und bringe euch in euer Hotel. Dann habt ihr erstmal zwei Stunden Pause. Danach treffen wir uns wieder in der Hoteleigenen Trainingshalle. Wir sind hier um zu üben, euch für die Branche vorzubereiten und nicht zum karibischen Traumurlaub.“

Das Hotel war groß und sehr Luxuriös. Die Eingangshalle allein war schon mit Marmor gefliest. Solche Dinge kannte ich natürlich schon von früher, doch meine fünf Kameraden bekamen den Mund nicht mehr zu vor Erstaunen. Ayane ignorierte ihre Umgebung komplett und lief gleich zum Empfang um uns anzumelden. Danach überreichte sie jedem von uns einen Schlüssel.

„Passt gut darauf auf. Packt eure Sachen aus, macht euch frisch, esst und trinkt, ruht euch etwas aus und in zwei Stunden sehen wir uns wieder, genau hier.“ „Okay, bis dann!“ „Bis später.“

Erschöpft und erleichtert öffnete ich meine Zimmertür und genoss die Stille und den Meeresblick. Alles sah sauber und ordentlich aus. Meine Tasche legte ich erstmal auf einen der beiden Stühle, die neben dem Balkon standen. Zwischen ihnen stand ein kleiner runder Tisch und gleich einen Meter weiter ein kleiner Schrank mit einem winzigen Fernseher drauf.

Wenigstens das Bett war groß. Ein Doppelbett für mich ganz allein. Das hatte ich zwar auch zu Hause, doch hier war wirklich alles für mich alleine. Hier musste ich nicht alle paar Stunden aufschrecken und mich nach Hailey umsehen.

Wahrscheinlich würde ich die Tasche erst auspacken, wenn mir die Unordnung in einigen Tagen auf die Nerven ginge. Neugierig erkundigte ich mich weiter und entdeckte das kleine Badezimmer, in das man durch den schmalen Flur gelangte.

Eine Badewanne, daneben gequetscht eine Toilette und neben der Tür befand sich ein Waschbecken mit einem großen Spiegel, der die Wand über dem Becken komplett ausfüllte.

Es war nicht das größte Hotelzimmer in dem ich je gewohnt hab, jedoch zufriedenstellend für eine einzelne Person. Ich wusste, dass Ayane natürlich eine große Luxussuite hatte, aber das störte mich nicht weiter. Sie arbeitete schließlich hart dafür.

Schon nach wenigen Minuten wurde mir das Zimmer wieder zu still. Der Fernseher hatte keine Programme zu bieten, wie in so vielen Hotels. Man musste sie sich extra mieten und bezahlen. Da ich knapp bei Kasse war und das TV-Programm nicht von der Agentur übernommen wurde, müsste ich eben ohne Fernsehen leben. Lieber schwang ich mich kurz unter die Dusche und zog mir frische Kleidung über.

Ein gemütliches helles Shirt und Shorts sollten genügen.

Oben ohne würde ich so schnell hier nicht mehr herumlaufen. Die Frauen hier schienen wahre Geier zu sein.

Zufrieden mit meinem Anblick verließ ich das Zimmer und blickte kurz auf die Uhr. Ich hatte nun noch eineinhalb Stunden Zeit und nutzte diese um mir das Hotel und den Pool anzusehen. Hier würde ich gerne Urlaub machen... Der Pool sah sehr verführerisch aus, doch zum Schwimmen hatte ich nun keine Zeit. Ein kleiner mit Steinen gefliester Pfad führte zum Strand, über den sich einige Palmen zogen, die etwas Schatten spendeten.

Alles war voll mit Touristen, die ihren Urlaub genossen. Ich beneidete sie. Nur wenige Meter weiter befand sich eine kleine Strandbar, die mich interessierte. Sie wirkte richtig idyllisch, wie im Bilderbuch.

Als ich dann ein paar Schritte näher kam, begann ich zu lachen und lief schneller. Vor den bunten Flaschen, die den verschiedensten Alkohol beinhalteten, sah ich doch tatsächlich meine Eltern schuften. Ich hatte ja gewusst, dass sie hier irgendwo arbeiteten, doch dass ich sie so schnell finden würde, hätte ich nicht für möglich gehalten.

„Maaaa!!! Daaaad!“, rief ich ihnen laut und fröhlich entgegen und winkte ihnen zu. Sie guckten gleich aufmerksam und erkannten meine Stimme. Meine Ma bekam richtig strahlende Augen, so sehr freute sie sich. Dad jedoch wurde blass und sank hinter der Theke ab.

„Raik! Wow! Was machst du hier?!“, fragte Ma erstaunt und kam hinter der Theke vor um mich in ihre Arme zu schließen. „Ich bin mit einem Workshop hier.“ „Du arbeitest wieder?“ „Haha, ja. Ich versuche es. Ayane ist auch hier. Und sie nervt.“ „Als könntet ihr beide euch auch jemals lieb haben. Rick!!! Du Spinner, jetzt hör auf dich zu verstecken!“

Langsam folgte ich Ma hinter die Theke wo Dad leicht zitternd und noch immer blass auf dem Boden saß. „Dad! Was ist?“, fragte ich. „Das... Das kommt echt unerwartet... Ich brauche doch... Mindestens drei Tage... Um mich mental auf Besuch von euch... Vorzubereiten...“, stammelte er, worauf Ma und ich lachen mussten.

„Jetzt hör mit dem Scheiß auf!“, lachte ich und er seufzte und stand endlich auf. Dann nahm auch er mich in die Arme. Die Touristen, die an der Bar saßen, guckten schon ganz neugierig. „Willst du nen Drink? Er geht aufs Haus.“

„Hm. Eigentlich sollte ich ja nüchtern bleiben, aber ich glaube etwas Alkohol ist genau das was ich jetzt brauche“, antwortete ich auf Dad's Frage und setzte mich nun auch auf einen der Barhocker.

„Wie geht es dir? Kommst du mit Hailey klar?“ „Ja, Ma. Es geht. Sie kostet mich viele Nerven und viel Kraft. Deswegen musste ich erstmal Abstand bekommen und wollte meine Karriere wieder starten. Aber ich hab leider viel verpasst und muss wieder aufholen.“ „Ach, du schaffst das schon. Die arme Hailey. Ich kann immernoch nicht glauben, dass sie so geworden ist. Dass Clyde's Tod sie fertig machen würde, war mir klar, doch ich hatte gehofft sie würde es nach einigen Jahren endlich verkraften.“ „Meiner Meinung nach gehört sie in eine Klinik“, sagte Dad, der damit beschäftigt war meinen Drink zu Mixen.

„Klinik ist hart ausgedrückt. Aber irgendwo stimmt es ja. Sie war so lebensfroh... Am wichtigsten ist mir, dass es dir gut geht!“, sagte Ma und guckte mich besorgt an: „Du bist etwas blass und siehst müde aus.“ „Ich bin lange geflogen und konnte mich erst jetzt ausruhen.“ „Nein, das meine ich nicht. Du siehst allgemein ausgebrannt aus. Ich glaube, da sind mehr als ein paar Stunden Schlaf nötig.“ „Hier, Sohnemann!“

Dad gab mir den Cocktail, den ich genüsslich vor mich herschlürfte. „Lecker!“ „Du hättest mal was Anderes sagen sollen, haha.“

„Läuft eure Bar gut?“, erkundigte ich mich, während Dad schon die neuen Bestellungen aufnahm. „Ja, ich kann mich nicht beklagen. Den ganzen Tag hier zu stehen und zu arbeiten ist zwar schon etwas anstrengend, aber wir verdienen gut und haben Spaß mit den netten Leuten.“

Ma lehnte sich etwas zu mir herüber und nahm die Hand zu unseren Gesichtern, damit auch ja niemand etwas hören konnte.

„Ehrlich, die halten Rick und mich für ein junges Paar, das sich hier etwas aufbauen will. Wenn die wüssten...“ Nun musste ich laut lachen. Meine Stimmung drückte sich etwas, als Ayane plötzlich zu uns kam und sich einfach neben mich auf den Hocker setzte.

„Hallo, Eltern.“ „Oh, Ayane, schön, dass du auch hier bist.“ „Na, Schätzchen?“, fragte Dad überaus nett und lächelte sie so süß an, dass mir schlecht wurde. „Ich sehe, ihr arbeitet mal nicht an der Familienplanung. Mal was ganz neues. Aber so lang ihr glücklich seid. Schmeckt euer Kram denn?“ „Probier es. Ich mische dir vielleicht auch kein Gift rein“, antwortete Dad gehässig und bereitete eine neue Mischung aus Alkohol vor.

„Und Ayane, was geht?“, fragte Ma, die sich eine kurze Pause gönnte und sich zu uns setzte. „Bestens. Ich bade im Geld und bin von schönen Männern umgeben. Meistens. Gerade nicht...“, sagte sie sarkastisch und klopfte auf meinen Bauch, womit sie meine fünf Kilo anspielte. „Was ist das Problem, Raik sieht gut aus.“ „Nein, er ist fett und hässlich. Raik, soll ich dir Make-Up kaufen? So welches, das die schwarzen Augenringe etwas verdeckt. Wobei ich mir bei dir gar nicht sicher bin, ob da überhaupt noch was hilft.“ „Halt die Klappe. Du hast die Schönheit auch nicht mit dem Löffel gefressen.“ „Nein, sie wurde mir in die Wiege gelegt. Woher auch immer.“ „Ayane, ist gut jetzt“, sagte Ma etwas eingeschnappt.

„Sie meint es nicht so, hahaha!“ „Seht ihr, Dad erkennt meinen Humor. Danke, Papi“, sagte sie und nahm ihren Drink entgegen.

„Raik, gehen wir nachher feiern?“ „Das kann ich ihm nicht erlauben, Ma. Der Fettsack ist zum abnehmen und arbeiten hier.“ „Du hast nicht alles zu entscheiden“, giftete ich ihr entgegen. „Doch. In diesem Fall schon. Verdiene etwas Geld und buche dir einen eigenen Cluburlaub, da kannst du feiern bis du umfällst. Aber nicht jetzt und hier.“

Ich lächelte Ma nett an: „Das nächste Mal, Mum.“ „Die gönnt uns nichts, was?“ Lachend ging sie zurück hinter die Theke um Dad zu helfen. Wir saßen noch eine ganze Weile zusammen und Ayane ging uns dann auch nicht mehr so auf die Nerven. Eigentlich lachten wir sie dann eher aus.

Die Zeit verging wie im Flug und es war Zeit zurück zur Arbeit zu gehen, worauf ich gar keine Lust mehr hatte. Der Alkohol machte meinen Kopf schwer. Ayane schien es weniger etwas auszumachen. Sie musste sich ja auch kaum bewegen. Wie ein Feldwebel hetzte sie uns durch die Halle, wobei sie es besonders auf mich abgesehen hatte. Mein Shirt war schnell komplett durchgeschwitzt und meine Nerven lagen langsam blank.

Es war schon dunkel, als sie uns endlich gehen ließ und in mir staute sich der Frust auf. Irgendwie vermisste ich Hailey und Tam etwas. Dabei wollte ich doch nur meine Ruhe vor ihnen und hatte ich am Mittag sogar noch darüber gefreut nicht an sie zu denken.

Doch gerade hatte ich einfach nur den Drang die Stimmen von Beiden zu hören. Durch die Telefonzellen im Hotel konnte man günstig ins Ausland telefonieren. Günstiger als mit dem Handy allemal. Lange überlegte ich welche von ihnen ich als erste anrief und entschied mich für Tam, da sie eine aufbauende Wirkung auf mich hatte.

Es klingelte nicht lange, da ging sie schon an den Hörer: „Raik!“ „Hey.“ „Schön, dass du auch endlich mal Zeit findest, dich zu melden!“ „Sorry! Ich war den ganzen Tag mit Arbeiten und Sport beschäftigt.“ „Ja, komm. Erzähl mir kein Stuss. Bestimmt hast du irgendwelche Groupies oder Beachgirls gefunden und dich mit ihnen vergnügt.“ „Ooookay... Ich ruf dich an, weil ich müde und fertig bin. Eigentlich hatte ich mir ein paar nette Worte erhofft, stattdessen machst du mir ne Szene.“ „Tzz! Da meldest du dich endlich und ich darf mir sowas anhören. Weißt du was? Amüsier dich halt mit den Weibern!!!“

Dann legte sie einfach auf und ließ mich verwirrt hier stehen. Ich verstand die Welt nicht mehr und wusste gar nicht was auf einmal los war. Bevor ich ging war doch noch alles in Ordnung. Aus Verwirrung wurde Wut und ich wollte zumindest noch Hailey anrufen, doch da ging niemand ran, was mich noch wütender machte. Da ist man jahrelang immer da, aber wehe man hat selbst Probleme, dann steht man alleine da, so wie ich gerade.

Frustriert lief ich zurück zu meinem Zimmer, wo Jessy stand. Sie hatte das Zimmer genau gegenüber von mir und lächelte mich an.

„Hey, du bist ja noch unterwegs. Gar nicht müde?“ „Doch, total. Aber eher frustriert gerade. Nichts läuft wie es soll.“ „Hmm... Möchtest du noch mit herein kommen und reden? Ich habe Zeit und wollte sowieso noch nicht schlafen gehen.“ Natürlich wusste ich worauf sie hinaus wollte, doch ich hatte gerade nichts dagegen und folgte ihr.

Ihr Zimmer sah genauso aus wie meins, nur ihre Sachen waren schon ordentlich in die Schränke verpackt. Ich setzte mich auf einen der Stühle, die auf dem Balkon standen. Sie hatte im Gegensatz zu mir keinen Meeresblick, sondern den Pool vor dem Fenster. Von oben herab sah die Pool Landschaft im Dunkeln herrlich aus.

Sie bot mir eine Zigarette an und setzte sich neben mich.

„Wie ist das Leben als Star?“ „Turbulent, anstrengend... Aber gut. Die Menschen rennen dir hinterher, du hast immer Geld, aber nie Zeit.“ „Klingt ja, als würde man von seinem Geld nicht viel haben.“ „Nun, man kann es sparen, sich Luxus aneignen, von dem man dann auch nichts hat. Die Partys, auf denen man auftritt, sind meist kostenlos weil man Gäste anlockt, die Geld bringen.“ „Hattest du schon viele?“

Ich guckte sie fragend an und pustete den Rauch meiner Zigarette in die Luft. „Viele was?“ „Groupies im Bett.“

„Direkte Worte...“ „Was dagegen?“, fragte sie mich mit einem charmanten Lächeln. Ich mochte ihre blonden Haare. Sie erinnerten mich an Hailey, obwohl sie viel länger waren als ihre.

„Verdammt viele...“ „Dann musst du gut sein... Überzeuge mich.“ Nun blies sie mir ihren Zigarettenrauch direkt ins Gesicht und schenkte mir herausfordernde Blicke. Ohne Worte stand ich auf, packte sie und zog sie hinein, wo ich sie aufs Bett warf.

Nachdem ich mich über sie beugte und ihren Hals küsste, hielt ich kurz inne: „Ich will gleich klarstellen – Sex, keine Beziehung.“ „Wenn du gut bist, würde ich die nächsten Wochen gerne öfters die Nächte mit dir verbringen. Nur so lange wir hier sind.“ „Einverstanden. Das werden wir... Ich geb dir Garantie darauf.“
 

~ Kapitel 4 ~ Aufbruch ins Ungewisse ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück