Dear Life von RedSky (Fortsetzung zu "Dear Loser") ================================================================================ Kapitel 2: mistake? ------------------- hide leckte sich über die Lippen wie eine Katze nach der Mahlzeit. Als würde er mit der Zunge die Reste des nicht erwiderten Kusses einzufangen versuchen. Seine Augen waren die eines unschuldigen Betrunkenen, einer Person die nicht mehr wusste, was sie tat. Das Lächeln der Narrenfreiheit lag auf seinem Gesicht. Eine Antwort auf seine eben gestellte Frage erhielt Tusk nicht. Er kuckte sich hide's Schauspiel noch einen Augenblick lang an, dann erhob er sich und trabte hinüber zu seinem Bett, von dem er die zerwühlte Decke zurück schlug. „Ich glaube, du solltest dich hinlegen.“ Tusk beugte sich zu dem Blonden hinunter, griff ihm unter die Arme und hob ihn mit einiger Mühe – hide dachte nämlich nicht im Entferntesten daran, mal ein bisschen mitzuhelfen, geschweige denn sich leichter zu machen – hoch, um ihn gleich darauf in sein Bett zu verfrachten. Er zog ihm noch fürsorglich Jacke und Stiefel aus, dann deckte er den Freund locker zu. All das ohne jegliche Berührungsängste. Tusk war weder Homophob noch reagierte er auf irgendeine Art von Körperkontakt überempfindlich. Er schob hide's Reaktion auf den Alkohol. Vielleicht würde sich der andere morgen früh schon gar nicht mehr an seine unüberlegte Tat erinnern können. Tusk wand sich von dem Freund ab um sich selbst einem Teil seiner Klamotten zu entledigen. Dass er dabei genauestens beobachtet wurde, ahnte er nicht. hide's Augen scanten den Jüngeren regelrecht ab. Beobachteten die Finger, die mit flinken und geübten Bewegungen das Stirnband aufknoteten und vom Kopf entfernten. Beobachteten wie die schlanken Hände die dünne Jacke über die knochigen Schultern schoben und zu Boden fallen ließen. Beobachteten wie eben diese Hände die Schuhe von den Füßen schoben und die Hose aufknöpften, die nur wenige Momente später gleich neben der Jacke auf dem Boden lag. hide schloss die Augen. Tusk hatte sich wieder umgedreht und stieg, mit Shorts und T-Shirt wesentlich spärlicher bekleidet als der Andere, zu hide ins Bett. Scheinbar hatte er keinerlei Bedenken, dass hide sich noch mal an ihm vergreifen könnte. Zumal er davon aus ging, dass der Alkohol hide sowieso schon ins Traumland geschickt hatte. Er drehte sich mit dem Rücken zu ihm und schloss die Augen, die Decke bis über die Schulter gezogen. Obwohl vom Alkohol nach wie vor beeinflusst, blieben hide's Augen nun lange Zeit offen. Starrten auf den ihnen zugewandten Rücken. Konnten erkennen, wie sich die Wirbelsäule ansatzweise unter dem Shirt abzeichnete. Als hide am nächsten Morgen aufwachte, merkte er sofort dass er alleine war. Schon mit dem ersten Augenaufschlag, als er das helle Tageslicht das kleine Zimmer fluten sah, spürte er Tusk's Abwesenheit. Und doch blickte er, wie aus Reflex, neben sich. Die Wand. Irgendwie lag er viel zu dicht an der Wand...auf der anderen Seite spürte er aber wiederum, wie sein rechter Arm aus dem Bett hing. hide hob ansatzweise den Kopf – und erkannte den Grund für seine überraschende Pose. Sein Körper lag völlig quer, mit großzügig ausgestreckten Armen und Beinen, im Bett. Solche Posen nahm er im Schlaf nur ein, wenn er Alkohol im Blut hatte. Ob er Tusk mit seiner nächtlichen Wühlerei vertrieben hatte, kam es ihm plötzlich in den Kopf. hide blinzelte nochmal rüber zum Fenster, in dessen Rahmen ein altes Laken festgeklemmt war, das bei Bedarf notdürftig als Gardine diente. Es war so still in der ganzen Wohnung. Er hörte keinen Laut. Nur ab und an einen Vogel im Hinterhof, zu dem das Zimmer rausging und dessen Gezwitscher auch durch das geschlossene Fenster noch zu vernehmen war. hide blieb noch einige Momente bewegungslos liegen, bevor er sich dann doch mal aus den Laken puzzlete und seine Füße auf den Boden stellte. Kaum folgten denen seine Augen, erinnerte er sich wieder an Tusk's Klamotten, die er vergangene Nacht achtlos auf den Boden hat liegen lassen, nachdem er sich ausgezogen hatte. Jetzt lagen sie nicht mehr da. Nicht einmal mehr die Schuhe. Der Hausherr war also wohl nicht nur mal kurz auf Klo gegangen, sondern scheinbar schon längere Zeit weg. hide wackelte mit den Zehen, die noch in seinen Socken steckten. Er hatte keine Kopfschmerzen. Für einen Kater hatte er gestern Abend auch nicht genug getrunken. Der Junge erhob sich und streckte sich leicht, warf nochmals einen flüchtigen Blick quer durch den Raum, bevor er Selbigen verließ und durch die Wohnung in die kleine Küche tappste. Dort traf er auf Tusk's Mitbewohner, der an dem kleinen, abgenutzten Küchentisch saß und über seine Uni-Unterlagen hing, neben sich einen großen Becher mit inzwischen nur noch lauwarmen Kaffee stehend. „Morgen“, begrüßte hide ihn nuschelnd aber freundlich, während er den Kühlschrank ansteuerte und im nächsten Augenblick mit aufmerksamen Blick den Inhalt inspizierte. Der einfach aber gepflegt gekleidete Junge mit dem Kurzhaarschnitt sah von seinen Unterlagen auf und starrte den Blonden an – beziehungsweise seinen Rücken, denn der Rest wurde gerade von der offenen Kühlschranktür verdeckt. „Morgen“, erwiderte er dann schließlich nach einigem Zögern die Begrüßung. Obwohl er hide nicht zum ersten Mal in dieser Wohnung sah, war dessen Anblick für ihn jedes Mal auf's Neue wie ein kleines Abenteuer. Zwar war er die Extravaganz von Tusk schon längst gewöhnt, doch hide schien für ihn noch eine Steigerung zu sein. Der blonde Gitarrist war inzwischen fündig geworden und krabbelte mit einer Schale in der linken Hand wieder aus dem Kühlschrank heraus. „Is' nicht deins, oder?“, fragte er wie beiläufig und hielt die Schale, deren Inhalt ein Gemisch aus gekochten Spaghetti, Ei und nicht ganz klar definierbarem Gemüse war, kurz in die Luft. Takashi, so der Name des braven Studenten, schüttelte nur wortlos den Kopf. Seine Augen blieben nach wie vor an hide, insbesondere an hide's gebleichten, in alle Himmelsrichtungen abstehenden, Haaren hängen. Wie kam man nur auf die Idee solch einer seltsamen und aufwendigen Haarpracht...? hide hatte sich indes schon längst dem Herd zugewandt und den Inhalt der Schüssel – vermutlich die Reste von Tusk's Essen vom Vortag – in einen kleinen Stieltopf befördert, um das Essen für sich aufzuwärmen. Dieses Verhalten, das für Takashi so befremdlich und, obwohl er hide schon kannte, noch immer gewöhnungsbedürftig war, war für hide selbst pure Normalität. Frei nach dem Motto: Wen's stört, der hat Pech gehabt. „Sag mal...hast du Tusk heute morgen zufällig schon gesehen?“, wollte der Blonde nebenher wissen und wand sich wieder Takashi zu. Der Student schüttelte abermals den Kopf. In seinen Augen sammelte sich jedoch plötzlich Verwunderung. „Warum fragst du? Du hast doch heute bei ihm geschlafen.“ „Ja...aber irgendwie lag ich heute Nacht im Koma und ich hab nicht mitbekommen, wann er gegangen ist.“ So die offizielle Version. Der Typ musste ja nichts von seinem nächtlichen Annäherungsversuch, der deutlich missglückt war, wissen. Takashi zuckte kurz mit den Schultern. „Tut mir Leid. Ich weiß nicht, wo er ist.“ Er wirkte leicht betroffen im Angesicht der Tatsache, hide nicht weiter helfen zu können. Eben dieser musterte den adretten Studenten. Anerzogene Höflichkeit. Wie war Tusk nur auf diesen Vogel als Mitbewohner gestoßen? Die Gedanken rissen jedoch abrupt ab als er hinter seinem Rücken plötzlich energisches Gebrutzel vernahm. Er wirbelte herum und griff nach einem Kochlöffel, um den Topfinhalt, der langsam begann anzuschmoren, umzurühren. Nach seinem Frühstück, das hide noch in der WG-Küche am Tisch direkt neben Takashi verdrückt hatte, verließ er Tusk's Bleibe und zog durch die Straßen Seoul's die jetzt, inzwischen mitten am Tag, ihre tägliche und gewohnte Hektik präsentierten. Schien diese Stadt doch nie zu schlafen, so sah sie bei Tageslicht völlig anders aus als bei Nacht, wo sie ein gänzlich fremdes Gewand angelegt zu haben schien. Der junge Musiker stiefelte über vielbelaufene Zebrastreifen, passierte begrünte Gehwege und mehrere Zeitungsläden, bis er sein Ziel, die Miethausreihe in der sanften Straßenkurve, erreicht hatte. Durch das Treppenhaus gelangte er rasch in die Wohnung, in der er mit seiner Mutter und seinem kleinen Bruder lebte. „Hey Mom...bin wieder da und gleich wieder weg!“, rief er durch die Räume, kaum dass er den Flur betreten hatte. Seine Mutter steckte den Kopf aus dem Badezimmer, in welchem sie gerade die gewaschene Wäsche aufhing. „Willst du denn vorher gar nichts essen?“, fragte sie leicht verwundert, mit einem feuchten, hellgelben Lätzchen ihres jüngeren Sprößlings in den Händen. hide winkte ab. Er wusste, sie meinte es nur gut mit ihm, aber manchmal ging ihm ihre Fürsorge doch ein kleines bisschen zu sehr auf die Nerven. „Hab schon“, kam die knapp gehaltene Antwort, während er in sein Zimmer watschelte um noch nach etwas zu suchen. „Außerdem geh ich ja nur hoch zu Pata.“ Seine Finger durchwühlten einige Stapel seiner Unterlagen und übrigem Krempel, tasteten sein zerwühltes Bett ab, bis er das, was er suchte, schließlich gut sichtbar mitten auf seinem Schreibtisch erblickte. Er steckte das Tape in seine Jackentasche. „Sag mal, Mom....hat sich Tusk hier gemeldet?“, wollte er plötzlich wissen, als er sein Zimmer wieder verließ und sich in die Richtung seiner Mutter zubewegte. „Tusk? Nein. Aber bei dem warst du doch, denke ich?“ hide-Mama griff in das Körbchen neben sich, um nach zwei Wäscheklammern zu angeln. „Ja...aber er war heute morgen schon weg bevor ich wach war. Hatte wohl noch was zu erledigen“, nuschelte hide und seine Hand fuhr sich dabei verräterisch kratzend an den Hinterkopf. „Dachte, er hätte sich vielleicht hier gemeldet... - Na, is' ja auch egal!“ Er merkte, dass er aufpassen musste, wollte er sich nicht wieder um Kopf und Kragen sabbeln. „Ich bin dann mal weg!“ Und schon stapfte hide wieder aus der Wohnung raus, hüpfte ein paar Treppenstufen hinauf und stand wenige Augenblicke später ein Stockwerk höher vor Pata's Tür. Nachdem er geklingelt hatte, öffnete ihm kurze Zeit später sein Freund mit den roten Zotteln vor dem Gesicht. „Hey...! Kater überstanden?“, grinste Pata und ließ den Anderen rein. „So dicht war ich gar nicht!“, protestierte hide sogleich, hüpfte aber, ohne sich an weiteren Streitigkeiten aufzuhalten, durch die Wohnung bis in Pata's Zimmer. Dort saß auch noch jemand: Sceana. Im Schneidersitz und mitten auf dem Fußboden. „Hoi!“, begrüßte der Älteste der Drei das Nesthäkchen und hob kurz die flache Hand. Im nächsten Augenblick hatte er sich auch schon neben Sceana auf den Boden gepflanzt und wartete auf Pata, der in seinem üblichen Trott hinterher geschlichen kam. Sogleich zubbelte er das Tape aus seiner Tasche. „Hier, ich hab was für euch.“ Und er reichte das kleine Tonband Pata, noch bevor Dieser sich auch zu ihnen setzen konnte. Pata nahm die Cassette entgegen, besah sie sich kurz. Außer mit hide's Namen auf beiden Seiten war das Ding nicht beschriftet. Er wendete sich zu seinem Cassettenrecorder um und fütterte Selbigen. Sceana, der die kurze Reise des Tapes mit aufmerksamen Augen mitverfolgt hatte, lauschte gespannt. Ein leises Rauschen. Ein Rascheln. Dann erklang der scheppernde Klang einer E-Gitarre, die eine anfänglich immer wiederkehrende Melodienfolge spielte. Erst nach dem vierten Durchgang nahm das Instrument einen etwas anderen Klangverlauf an, wirkte zeitweilig noch etwas unsicher. Pata und Sceana hörten der Aufnahme interessiert zu. Nach knapp eineinhalb Minuten war der leicht verschrobene Klangzauber vorbei. hide blickte erwartungsvoll von einem Freund zum anderen. Er war neugierig, wie die beiden sein neues Werk bewerteten. Pata nickte knapp. „Nicht schlecht...“ Sceana ließ seiner Begeisterung da schon freieren Lauf, was er sowieso immer tat, wenn es um eine von hide's Ideen ging. „Das klingt krass, man! Wann hast du das aufgenommen?“ „Vorgestern Abend.“ „Warum hast du uns das nicht schon gestern gezeigt?“ An Sceana's Stimme konnte man unverkennbar raushören, wie gut ihm allein schon dieses kleine Demo gefiel. hide zwinkerte ihm zu. „Glaubst du, ich spiel eines unserer Tapes in 'ner Kneipe?“ Pata grinste. „Danach hätten wir den Laden garantiert für uns alleine gehabt...!“ Für diese Bemerkung kassierte er von hide einen mittelsanften Boxhieb gegen den Oberarm. „Außerdem waren gestern andere Sachen zu besprechen. - Übrigens: Wisst ihr zufällig, wo Tusk ist?“ Der Themenbruch kam so unerwartet, dass er wiederum kaum auffiel. Nun erntete er aber doch erstaunte Blicke von den anderen beiden. „Wieso, du warst doch bei ihm“, wunderte sich Pata. hide hatte gerade das Gefühl, er würde in einem Déjà vu feststecken. „Ja...! Aber heute morgen war er weg!“ Er beabsichtigte es gar nicht, aber seine Stimme wurde nun doch etwas gereizter im Klang; ging es ihm doch zunehmend auf die Nerven, sich immer wiederholen zu müssen. Pata sah nicht das Problem, das sich für hide ergab. Wie könnte er auch. „Aber unter der Dusche hast du schon nachgekuckt, ja?“ hide's Augen formten sich zu schmalen Katzenschlitzen und funkelten den Anderen missmutig an. Hielt er ihn neuerdings für vollkommen bekloppt? „Hat er dir keine Nachricht geschrieben, oder sowas?“, schaltete sich nun Sceana ein als er die zunehmende Spannung zwischen den beiden spürte. „Ne... Sein Mitbewohner hat auch keinen blassen Schimmer“, beichtete der Blonde und sein eben noch brüsker Blick wandelte sich schlagartig in Abwesenheit und leichte Besorgnis. Er hatte den Kuss von letzter Nacht nicht vergessen. Seine Gedanken schlichen sich immer wieder dahin zurück und er hatte Angst, dass Tusk aus eben diesem Grund verschwunden war. Dass er zu weit gegangen war und ihn verschreckt hatte. Dabei wollte er doch gar nichts böses! Er wollte lediglich dem Jungen näher kommen, für den er schon die ganzen, vielen Monate so sehr geschwärmt hatte. Sogar noch zu verfeindeten Bandenzeiten, in denen Pata sich zeitweilig aus eben diesen Gründen von ihm abgewandt hatte. Heute, hier und jetzt mit Tusk in der selben Band zu spielen war für hide das mit Abstand Größte. Er war ihm in diesen paar Monaten, in denen sie 'Seth et Holth' aufgebaut hatten, so uneingeschränkt nahe gekommen. Mental. Und er wollte auch die körperlichen Grenzen überschreiten. Irgendwie. Zumindest hatten sich diese Fantasien schon seit einiger Zeit in seinem Kopf fest gesetzt und fühlten sich dort auch allen Anschein nach zu Hause. Nie wäre er auf die Idee gekommen, dass es Tusk vielleicht gar nicht so erging, dass er vielleicht gar nicht das gleiche Verlangen, die gleichen Sehnsüchte oder Fantasien wie hide hatte. Daran hatte der Blonde irgendwie nie gedacht. Diese Gedanken waren auch der Grund dafür, dass hide sich nach gar nicht mal so langer Zeit wieder von seinen Freunden verabschiedete mit der fadenscheinigen Behauptung, noch etwas erledigen zu müssen. Pata und Sceana waren beide sichtlich verwundert und blickten dem Blonden etwas zweifelnd hinterher, als dieser wieder die Wohnung verließ. Der Gitarrist trabte rastlos durch die staubigen Straßen seines Viertels. Seine Füße bewegten sich wie von alleine, er musste gar nichts dafür tun. Selbst die Richtung schienen sie selbst zu bestimmen. Somit hatte hide uneingeschränkte Möglichkeiten, sich nur auf seine Gedanken, die sich natürlich ausschließlich um Tusk drehten, zu konzentrieren. Den beiden Anderen mochte er vorhin nichts sagen. Er konnte schließlich nicht abschätzen, was die davon halten würden. Er wusste ja noch nicht einmal, was Tusk von der ganzen Aktion hielt und er konnte ihn auch nicht einmal fragen, da er nicht wusste wo er war! Naja, ganz stimmte das auch wieder nicht. Pata's Reaktion konnte er sich durchaus ausmalen. Der wäre ganz bestimmt nicht so glücklich darüber gewesen, dass er mit Tusk rumknutschte. Mit einem Kerl. Mit seinem Erzfeind. Seinem Ex-Erzfeind. Es hatte Pata anfänglich einiges an Überwindung gekostet zu akzeptieren, dass hide sich nicht nur von X losgesagt hatte, sondern auch noch mit dem Typen etwas aufbauen wollte, gegen den sie als X kurz zuvor noch gekämpft hatten. hide war überglücklich und unsagbar dankbar als er realisierte, was für eine Mühe Pata sich gab, mit Tusk klar zu kommen als sie die Band gründeten. Und inzwischen gingen Pata und Tusk miteinander um wie zwei gute Freunde. Wie zwei Freunde die nie in ihrem Leben miteinander verfeindet waren. Und dennoch...nagten die Zweifel an hide. Die Erinnerungen von früher kamen wieder in ihm hoch, wie er sich heimlich zu Tusk's Live-Auftritten geschlichen hatte und Pata ihn dabei mehrfach erwischt hatte. Ein Mal war es besonders schmerzhaft ausgegangen, im wahrsten Sinne des Wortes. Pata hatte ihn geschlagen, ihn angeschrien und schlussendlich auf offener Straße alleine zurück gelassen. Das war mit Abstand einer der schmerzhaftesten Momente in hide's Leben gewesen und noch immer spürte er die Klaue, die sich um sein Herz schloss, wenn er diese Szene in seinem Kopf erneut abrief. Er wollte soetwas kein zweites Mal erleben. Hinzu kam noch, dass er absolut nicht abschätzen konnte, ob Pata homophob war oder nicht. Er hatte Pata nie mit einer Freundin oder einem Freund gesehen, war sich nicht einmal sicher, ob Pata soetwas überhaupt je gehabt hatte. Und er selbst war bisher nur mit Mädchen liiert gewesen. Naja, liiert konnte man das eigentlich auch nicht nennen... Die Mädchen, die er sich bisher geangelt hatte, waren nie länger als ein paar Wochen an seiner Seite zu sehen gewesen. Dann hatte er meist keine Lust mehr auf sie gehabt. Die längste 'Beziehung', wenn man überhaupt davon sprechen konnte, hielt in etwa drei Monate. Blicke auf Jungs hingegen hatte er bisher nur heimlich geworfen. Nie hatte er darüber gesprochen. Er sah auch keinen Sinn darin, schließlich war es nie zu näherem Kontakt mit solch Einem gekommen. Bis jetzt. hide hob seinen Kopf, sah geradeaus. Dem Stand der Sonne nach zu urteilen musste sich der Nachmittag allmählich seinem Ende entgegen neigen. Vielleicht war Tusk inzwischen wieder zu Hause. Er sollte nochmal zu ihm gehen. Und das tat er im nächsten Augenblick auch, bog um die Ecke und steuerte sein neu angepeiltes Ziel an. Es dauerte vielleicht eine Viertelstunde, die ihm jedoch lediglich wie wenige Minuten vorkam, dann stand er auch schon vor dem Haus in dem Tusk wohnte. Ohne zu zögern drückte sein Finger auf den Klingelknopf neben dem beschrifteten Namensschildchen, auf denen, mit unsauberer Handschrift, die beiden Namen 'Nakamura/Itaya' prangten. Er wartete. Länger als ein normaler Mensch vor einer verschlossenen Tür warten würde. Und trotzdem passierte nichts. Niemand öffnete ihm. Takashi war bestimmt noch in der Uni. Und Tusk ganz offenbar doch noch nicht wieder zu Hause. hide starrte die Tür an. Was hatte er nur getan? Was, wenn Tusk nie wieder zurück kam? Was, wenn er mit dem Kuss alles kaputt gemacht hatte? Sie standen doch alle gerade erst am Anfang der Verwirklichung ihrer Träume, das konnte doch jetzt nicht mit einem Mal einfach so aus sein? hide's Herz pochte, sein Magen fühlte sich flau an. In seinem Kopf herrschte Endzeitstimmung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)