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Dear Junk

Kazzy's Vorgeschichte
von

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the last time

Die drei Jungs blieben vor der Kühlerhaube des weißen, französischen Kleinwagens stehen, musterten ihn. Einer von ihnen war mit einem Baseballschläger bewaffnet, der Zweite verbarg sein Gesicht hinter einer Sonnenbrille, obwohl die Sonne nicht schien. Und der Dritte war Cipher. Gemeinsam ließ das Trio ihre Augen über die alte, ausgediente Karosserie gleiten. „Und die sind alle nur in den französischen Autos versteckt?“, fragte der Baseballschläger-Träger zum wiederholtem Male nach.

„Ja“, lautete die wortkarge und kalte Antwort des Typen mit der Sonnenbrille, während er seinen Kopf ein kleines Stückchen hob und seine Blicke durch die dunkel getönten Gläser über den ganzen Schrottplatz warf, seine Kollegen allesamt wachsam im Auge behaltend.

„Und wo?“, wollte der Junge mit dem Schläger ungeduldig wissen. „Oder müssen wir erst suchen?“

„Im Handschuhfach.“ Der Kerl, der ganz offenbar der Anführer war, senkte seinen Kopf wieder um das gleiche Maß, wie er ihn kurz zuvor gehoben hatte.

Der Bewaffnete blickte ihn ungläubig an. „Im Handschuhfach?“, wiederholte er. „Ist das dein Ernst?“

Wieder bewegte der Bebrillte seinen Kopf langsam und bedacht, diesmal zur Seite und in die Richtung seines Gesprächspartners. Und obwohl seine Augen von den tiefdunklen Gläsern verdeckt waren, konnte man spüren, wie er den scheinbar Unerfahreneren fixierte. „Das beste Versteck ist manchmal, etwas gar nicht zu verstecken, Chai.“ Seine Stimme war ruhig, sanft und leise, trotzdem aber messerscharf und allerspätestens jetzt wurde deutlich, dass es sich hierbei um den Leader der Iron Killers handelte. Dieser setzte sich nun wieder in Bewegung und steuerte die offene Fahrerseite des Wagens an.

In Cipher's Körper setzte ein rasches Kribbeln ein, von den Beinen bis hinauf in den Kopf. Er machte größere, raschere Schritte, wollte seinem Boss zuvor kommen. Schaffte es nur ganz knapp, die türlose Fahrerseite vor ihm zu erreichen. Und steckte, scheinbar neugierig, seinen Kopf ins Innere des aufgegebenen Fahrzeugs.

Seine Augen trafen Kyo.

Kyo's Augen trafen ihn.

Cipher warf ihm einen aufrichtigen, vom tiefsten Herzen entschuldigenden Blick zu. Es sah schon fast so aus, als würden seine Augen 'Es tut mir Leid' sagen. Dann änderte sich seine Mine schlagartig. Und die Stimme schlug sofort einen rauen Ton um. „Hey...ich glaub, wir haben hier 'ne extra Ladung geliefert bekommen!“ Grob packte er Kyo an den Schultern und zerrte ihn, nicht gerade zimperlich, aus seinem Versteck – dem Fußraum der Beifahrerseite – heraus.

Kyo zappelte und wand sich wie ein Fisch, der dem tödlichen Angelhaken noch entkommen wollte. Er hatte Panik, hatte Unverständnis, wusste nicht, wo er hier plötzlich reingeraten war. Verstand nicht, warum Cipher das tat. Fühlte sich im Stich gelassen, verraten.

Der Leader stand dicht neben Cipher und seiner Beute und beäugte den ungebetenen Gast nun erst mal ganz genau. „Wen haben wir denn da...?“, raunte er und musterte Kyo von Kopf bis Fuß.

„Lasst mich!“, keifte Kyo und zerrte immer wieder, wollte von Cipher's gnadenlosem Griff los kommen. Die Wut und der Hass in seinem Gesicht war nur eine Maske, die die Panik und Angst, die er wirklich fühlte, verdecken sollte. Was hatte Cipher nur vor? Wollte er ihn wirklich seiner Bande ausliefern? Das wäre sein Todesurteil.

„Das ist einer von Snakebite“, meinte Cipher und auf seinen Lippen tauchte mit einem Mal ein leichtes, triumphierendes Lächeln auf. Wie es nur die Leute trugen, die auf der sicheren, auf der starken Seite waren.

Der Leader ging halb um den blonden Jungen herum, seine Augen fingen dabei noch immer jeden Quadratzentimeter des Opfers ein. „Eine dreckige Schlange also, ja...?“, gurrte er seelenruhig, bevor sich seine Füße wieder in die entgegengesetzte Richtung bewegten und er den Halbkreis zurück ging. „Wenn das so ist.... Chai, für dich.“

Der Junge mit dem Baseballschläger, der in eineinhalb Meter Entfernung zu dem Fremden gestanden hatte, kam nun auf dieses Kommando hin auf sie zu und schlug schon vorfreudig die Keule des Schlägers in seine offene Handfläche, während das dreckige, fiese Grinsen auf seinem Gesicht immer größer wurde.

Kyo starrte den jungen Koreaner mit den schwarzen, kurzen Haaren und dem Schläger an. Konnte nicht glauben, was hier gerade passierte. Wollte es nicht glauben. Sein Blick klebte voller Panik an der Keule, spürte praktisch schon das harte Holz in seinem Gesicht. Sie würden ihn zu Tode prügeln...! Er käme hier nicht mehr lebend raus. Es war vorbei....es war vorbei.....

„Warte, Rancor!“ Cipher's Einwand kurz vor dem Bevorstehendem war wie ein Messer, das durch ein Stück Butter schnitt.

Chai, der gerade mit dem Schläger ausholen wollte, hielt plötzlich inne und auch der angesprochene Leader, Rancor, blickte den Brünetten überrascht an.

Kyo hielt die Luft an.
 

Aus ihrem Versteck heraus beobachteten Joe und Lucifer das Geschehen. Den Leader der Snakebites packte die kalte Wut, da ihm seine Hilflosigkeit von Sekunde zu Sekunde bewusster wurde. Er konnte unmöglich aus seinem Versteck heraus um Kyo zu helfen, ohne dass er alle übrigen seiner Jungs mit in Gefahr brachte. Die Iron Killers waren deutlich in der Überzahl, hatten außerdem bessere Waffen – gegen die hätten sie keine Chance gehabt! Andererseits ertrug er es kaum, mitansehen zu müssen, wie die drei Kerle da hinten Kyo in die Mangel nahmen und kurz davor waren, ihn zu Brei zu verarbeiten. Er hoffte inständigst, dass seine übrigen Schützlinge in ihren Verstecken sicher waren und nicht entdeckt wurden. J, Sugizo und Kazzy. - Doch was war das? Warum hielt der Eine, mit dem Baseballschläger, plötzlich mitten in seiner Bewegung inne? Joe kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, um die Szene besser erkennen zu können. Was geschah da gerade? Was war da hinten los?
 

Rancor schielte knapp über die Ränder seiner Sonnenbrille hinweg und sah Cipher an. „Was ist?“

Cipher, der seinen Fang nach wie vor fest im Griff hatte und auch gar nicht dran dachte, das so schnell zu ändern, erwiderte den Blick. „Wir könn' für ihn Lösegeld fordern...“, schlug er vor und schien von seiner eigenen Idee überzeugt zu sein.

Rancor's Gesicht zeigte daraufhin keinerlei Regung, scheinbar dachte er kurz nach.

„Die Snakebites sind sich gegenseitig ziemlich viel wert....und wenn wir schon Einen von denen haben, könn' wir's doch gleich ausnutzen!“

Lösegeld. Freikaufen. Entführung. Verschleppung. In Kyo's Kopf drehte sich alles, ihm wurde schwindelig und übel. Eben gerade hatte er noch damit gerechnet totgeprügelt zu werden, hatte sich schon seine letzten Worte zusammen gepuzzlet. Und plötzlich, von hier auf jetzt, hieß es nun 'Planänderung'? Sie wollten für ihn Lösegeld fordern?

Rancor nickte schließlich, wenn auch nur für Eingeweihte sichtbar. „Okay. Lassen wir sie ihn freikaufen. Cipher, nimm Chai mit und bringt den blonden Wurm in unsere Hütte. Wir kommen später nach, wenn wir hier fertig sind.“

„Verstanden.“ Und damit trieb Cipher Kyo vor sich her, schubste ihn immer wieder um ihn zum weiter gehen zu animieren. Im Schlepptau den jungen Chai.
 

Joe war wie erstarrt, lediglich seine Augen bewegten sich und verfolgten das Dreiergespann, bis sie vom Schrottplatz verschwunden und somit außer Sichtweite waren. Was hatten sie jetzt nur mit ihm vor? Warum haben sie Kyo mitgenommen? Und wonach suchten die anderen Iron Killers, die sich nach wie vor in beachtlicher Zahl zwischen den Autoleichen tummelten? Obwohl Joe der Leader der Snakebites war und eigentlich wusste, dass er in Stresssituationen stets einen kühlen Kopf behalten sollte, wuchsen ihm die Ereignisse der letzten Tage allmählich doch über Selbigen. Er fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare und versuchte ruhig zu bleiben.

Lucifer erkannte Joe's Mühen. Irgendwie tat er ihr fast schon ein wenig Leid. Als Anführer hatte er wirklich keine leichten Aufgaben zu tragen. Sie war für einen kurzen Moment versucht, ihm tröstend über den Rücken zu streicheln, besann sich jedoch noch rechtzeitig und ließ es bleiben. Sie war noch nie ein Freund davon gewesen, zu viele Emotionen zu zeigen und das brauchte sich auch jetzt nicht zu ändern.
 

Kyo war an diesem Abend nicht der Einzige gewesen, der die Erfahrung machen durfte, dass sich der Fußraum eines Autos als nutzbares Versteck verwenden ließ. Kazzy hatte sich ebenso in diesen engen Bereich gequetscht, als er die fremden Eindringlinge bemerkt hatte. Nun kauerte der wendige Junge, wie schon kurz zuvor der Entführte, zusammengekrümelt in dem Wagen, aus welchem er eben noch eine einfache aber im top Zustand befindliche Musikanlage ausbauen wollte. Kazzy wagte kaum zu atmen, als es immer mehr Fußpaare zu werden schienen, die um das Autowrack herum schlurften. Wie die Raubkatze um ein ausgekucktes Opfer schienen die Typen um das große Stück Blechschrott herum zu schleichen. Das Genuschel und Gemurmel drang nicht klar bis zu Kazzy durch und so konnte er weder ausmachen, wie Viele gerade in seiner unmittelbaren Nähe waren noch, was genau die Kerle hier eigentlich suchten. Er hatte kurz zuvor noch ein lautes Fluchen und Zetern von Kyo vernommen, so als sei er von irgendjemandem erwischt worden. Doch Kazzy hatte nicht nachgeschaut, was genau nun los war denn bevor er die Chance dazu gehabt hätte, hatte er schon die bedrohlich klingenden Schritte auf sich zukommen gehört. Und so konnte er nur hoffen, dass, was immer jetzt mit Kyo geschehen mochte, es nicht allzu schlimm werden würde. Obwohl er wusste, dass diese Hoffnung ziemlich albern war. - Da! Was war das? Dieses Geräusch...direkt über ihm! Kazzy atmete schon so flach, doch diese flache Atmung wurde nun auch noch schneller. Ein Zustand, für den sich sein Gehirn bald schon bedanken würde. Knarren und Quietschen, blechern – dann hörte es wieder auf. Die Motorhaube, schoss es dem Jungen plötzlich durch den Kopf. Sie mussten die Motorhaube geöffnet haben. Aber warum? Was suchten sie hier? Wollten sie auch noch verwendbare Teile der Autowracks klauen und an Händler verkaufen? Wenn ja, dann hatten sie ein verdammt schlechtes Timing. Wieder Genuschel und Getuschel, Worte, die Kazzy nicht verstand. Kurzzeitig Ruhe. Er lauschte. Mit einem lauten Knartschen wurde die Motorhaube plötzlich wieder zugeschlagen! Der zusammengekauerte Junge zuckte gehörig. Von irgendwoher vernahm er ein gezischtes „Penner!“, dann entfernten sich die diversen Fußpaare wieder. Bis er um sich herum wieder nichts hörte. Sie schienen weg zu sein. War nur die Frage, wie weit. Vielleicht hatten sie sich ja schon am nächsten Wagen vergriffen, nur wenige Meter von Diesem hier entfernt. Würde er womöglich direkt in ihrem Blickfeld landen, wenn er jetzt hervor gekrabbelt käme und den Kopf aus der Tür steckte? Er entschied sich gegen dieses Experiment und wartete lieber ab. Bis irgendwann, nach einiger Zeit, Joe kam, als die Gefahr vorüber war. Wie lange Kazzy bis zu diesem Zeitpunkt gewartet hatte, wusste er selbst nicht.
 

Ein paar Stunden. Ein paar Stunden waren es nur noch, die ihn noch hier in diesem Land halten sollten. Ein paar Stunden, die ihn von seinem Aufbruch trennten, von seinem Aufbruch in eine ihm völlig unbekannte, fremde und ungewollte Welt. Einer Welt namens Japan. Ein paar Stunden. Die letzte Nacht. Inoran lag auf seinem Bett, blickte durch das winzige, mit Gitterstäben versehrte, Fenster, durch die der Mond seine Strahlen zu ihm hinein warf wie ein guter Freund, der einem die Hand reichte. Sehr bald würde der Mond wohl sein einziger Freund sein, wenn er hier weg war. Wenn er J und Sugizo nicht mehr um sich haben konnte, noch nicht einmal mehr für einige Augenblicke am Tag. Getrennt von ihnen. Getrennt von seinen beiden allerbesten Freunden. Vielleicht für immer. Immer. Eine unvorstellbar lange Zeit. Warum war sie für den Menschen nur so unvorstellbar? Warum konnte das menschliche Gehirn diese Zeitspanne nicht messen? Wäre es noch schmerzhafter, wenn man es könnte? War diese Unfähigkeit des Gehirns nur ein reiner Selbstschutz? Um nicht noch größere Qualen erleiden zu müssen? Inoran wusste es nicht. Wie er eigentlich überhaupt nichts von dem wusste, was ab morgen früh auf ihn zukäme. Das Einzige, von dem er erfahren hatte war, dass er in Japan zu Verwandten sollte. Irgendeine Großtante und ein Großonkel aus der Familie seines Vaters. Die Namen hatte er längst schon wieder vergessen, kaum dass er sie gehört hatte. Er konnte sich auch nicht dran erinnern, diese beiden Menschen je in seinem Leben gesehen zu haben. Zu Besuch waren sie nie gewesen und in Japan war er nie gewesen. Aber zumindest Letzteres sollte sich ja ab morgen ändern. Sollte. Würde. Es wurde einfach so über seinen Kopf hinweg entschieden. Er hatte keinerlei Mitspracherecht gehabt. Es interessierte niemanden, was er wollte. Was er wollte. Nein, dafür war er hier nicht auf der Welt. Um seine Interessen zu vertreten. Sein Kampfgeist, den er doch erst kürzlich hier im Gefängnis durch die Wehr gegenüber anderen Mithäftlingen gewonnen hatte, löste sich bereits schon wieder auf. Er war nur wie das letztes Auflodern der Flammen gewesen, bevor das Feuer endgültig erlosch. Sie wollten ihn ersticken mit dieser Entscheidung, so wie die Flammen erstickten. Ersticken und zum Schweigen bringen.

Inoran schloss die Augen, seine Gedanken erschöpften ihn.

Er sah Sugizo.

Den wilden, roten Wirbelwind, der sich immer so gerne zu ihm ins Bett geschlichen hatte und sich von seiner Mutter bekochen ließ. Der nichts auf Inoran zukommen ließ und ihn, ohne zu zögern, unter Einsatz seines Lebens beschützt hätte. Genauso wie J. J, der immer für ihn da war, egal was war. J, der wie ein undurchdringbarer Schutzwall um ihn herum herrschte und auf ihn aufpasste. J war die schützende Mauer, Sugizo der Sturm der alle Feindseligkeiten in die Flucht schlug. So war es immer gewesen. Und hätte es immer sein sollen. Doch durfte es nicht. Die Mauer wurde eingerissen, der Sturm ausgebremst und er wurde von einer fremden Hand entwendet.

Die letzte Nacht.

Die letzte Nacht im Gefängnis, die letzte Nacht in Seoul, in Süd-Korea.
 

Es hatte einen Anruf gegeben. Am frühen Morgen. Kazzy hatte ihn entgegen genommen als J und Sugizo noch schliefen und Joe vorübergehend nicht zu Hause war. Es war Inoran, der angerufen hatte. Der letzte Anruf, den er vor seiner Ausweisung aus dem Gefängnis heraus noch tätigen durfte. Es dauerte nicht lange, nur ein paar Momente, in denen er Kazzy aber etwas mitteilte, was für Andere noch eine große Rolle spielen sollte. Er gab ihm seine Daten durch, wann er wo von welchem Flughafen und welchem Terminal abreisen würde. Abreisen. Oder besser gesagt, 'vertrieben werden'.

Kazzy hatte diese brisanten Informationen natürlich unverzüglich weiter gegeben und J und Sugizo wären beinahe in Unterwäsche zum Flughafen gelaufen, so aufgeregt und durcheinander waren sie.

Und nun standen sie sich gegenüber, alle drei. Inoran, Sugizo und J.

Ein letztes Mal.

Und keiner sagte ein Wort. Sekundenlang. Minutenlang. Stundenlang. Wie es schien. Die Zeit war aufgehoben, so fühlte es sich an.

Der junge Inoran hielt in der einen Hand eine kleine Reisetasche, in der die nötigsten Sachen drin verstaut waren. Ein paar Klamotten, Hygieneartikel, Kleinkram halt. Die andere Hand war leer. Am liebsten hätte er sich damit an J und Sugizo festgehalten, sich an sie geklammert, nie wieder losgelassen um ja nicht von diesem Ort zu verschwinden. Doch das ging alles nicht, das wusste er. Die Anwesenheit des anzugtragenden Mannes mit Aktenkoffer, dicht hinter ihm, machte ihm das bewusst. „Ich vermisse euch. Jetzt schon.“ Inoran's Stimme war nicht mehr als ein heiseres Flüstern.

„Ino...“ In Sugizo's Augen sammelten sich schlagartig Tränen, kaum dass er die Worte des Anderen vernommen hatte. Er konnte es immer noch nicht fassen, sein Verstand begriff es einfach nicht, was hier gleich passieren würde. Dass sein Freund in wenigen Minuten für immer weg sein würde. Weg. Einfach weg. Wie ein vom Baum gerissenes Blatt, das davon geweht wurde.

Auch J saß der Kloß tief im Hals. Er wollte ständig etwas sagen, irgendwas. Um Inoran die Angst zu nehmen, die Dieser haben musste. Um sie alle zu trösten. Doch nichts dergleichen drang aus seinem viel zu trockenem Mund. Zum Teil hatte er sogar Schwierigkeiten, seinem Freund ins Gesicht blicken zu können. Es war einfach so schmerzhaft zu wissen, dass dieses Gesicht schon bald aus seinem Blickfeld verschwinden würde. So endgültig. So absolut. „Pass auf dich auf, Kleiner“, presste er dann schließlich doch noch hervor. Seine Kehle tat weh vom Unterdrücken des Heulkrampfes.

Nun konnte aber selbst Inoran nicht mehr und die Tränen rannen ihm über die blassen Wangen. Er fiel J leicht zitternd um den Hals, vergrub seine Nase in dessen blonder Mähne. Wollte noch ein Mal den vertrauten Geruch einsaugen, festhalten.

Sugizo vervollständigte die Gruppenumarmung schließlich, als er seine sehnigen Arme um die Körper der beiden Anderen schlang und, wie inzwischen auch J, mit in das leise Geflenne einstimmte. Nie hatte er eine so passende Vollkommenheit gespürt wie mit diesen zwei Jungs. Sie waren von Anfang an das ideale Trio gewesen, egal was kam. Keiner hatte den Anderen je im Stich gelassen. Freundschaft. Das war einfach das Gefühl von Freundschaft.

Die Umarmung löste sich, Inoran entfernte sich von den beiden, die er zurück lassen musste. Der Anzugträger, seine behördliche Aufsicht, begleitete ihn stillschweigend durch das Gate. Inoran sah nicht zurück. Kein einziges Mal.

J und Sugizo blieben alleine zurück. Ihrer beider tränenverschleierten Blicke waren noch lange auf den Punkt gerichtet, an dem sie Inoran das letzte Mal sahen. Bevor sie sich schließlich gegenseitig in die Arme fielen und sich an der jeweils anderen Schulter ausheulten. Sich aneinander festklammerten, die Anwesenheit und Gegenwart des Anderen spüren wollten. Sicher gehen wollten, dass das Gegenüber da war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2010-11-08T23:29:16+00:00 09.11.2010 00:29
kams mir jetzt nur so vor oder war das kapitel sehr kurz? ;P
mensch, jetzt spitzt sich's aber immer mehr zusammen. erinnert mich zum teil an dear loser, war ja zum schluss ja auch dieses zehn kleine jägermeister-prinzip, oder ist das nur zufall?
hehe, und das cipher kyo verpfiffen hat, hat mich ja jetzt doch ein wenig überrascht. aber lösegeld zu fordern ist auch ne gute idee (also in relation zur kaputthauen) ;P

uff, und ino geht ja jetzt tatsächlich... oh man, die snakebites haben's jetzt echt nicht leicht... bin gespannt wie's weitergeht.

Ps. "bebrillt" - du solltest texterin werden - nicht ironisch gemeint, ich find die wörter die du verwendest zu geil ;D
Von:  Luinaldawen
2010-11-08T19:45:03+00:00 08.11.2010 20:45
ähm... miep? Kyo? .___. Wird einfach weggefangen... hoffentlich passt Cipher auf, dass seine Kumpels ihm nicht wehtun. >_<
Und Inoran ist wirklich... weg? Dieses Kapitel kommt es wirklich ganz dicke... aber so wie ich dich kenne ist es vielleicht besser für ihn, weit weg zu sein *hust*
Aber es war so traurig, den Abschied zu lesen. Sugizo und J tun mir richtig leid.
Weiter? °-°


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