Dear Loser von RedSky ================================================================================ Kapitel 6: Too weak? -------------------- „HIDE!“ Es kam nicht oft vor dass Pata den Namen des Freundes so laut und durchdringend schrie. Doch als er dessen Schmerzensschreie hörte und ihn kurz darauf am Boden kauern sah, da hatte sich sein Mund schon selbstständig gemacht. Er machte nicht den Fehler den kurz zuvor hide begangen hatte, nämlich seine Aufmerksamkeit für einen Moment von seinem Gegner abzuwenden. Nein, Pata behielt weiterhin die Kontrolle, sah kurz zu hide hinüber, konzentrierte sich aber gleichzeitig noch auf seinen Gegner Tusk. Als er realisierte dass hide ernsthaft verletzt sein musste, zögerte er keinen Augenblick. Er startete mehrere Täuschungsmanöver mit denen er Tusk sichtlich in die Irre führte, dann packte er ihn an den Haaren und verpasste ihm in Windeseile einen langen Schnitt quer über den Hals, der jedoch nicht lebensbedrohlich war – und selbst wenn er es gewesen wäre hätte Pata damit keine Skrupel gehabt. Doch im Moment ging es ihm nur darum, Tusk kampfunfähig zu machen. Schon im nächsten Moment rammte er ihm erst seinen Ellenbogen in die Rippen, dann mehrfach sein Knie in die Magengrube. Es war abzusehen dass Tusk daran zu Boden ging und Pata hatte somit ein Problem weniger. Rasch rannte er zu hide, packte ihn gekonnt unter den Armen und schleifte ihn ein paar Meter vom Kampffeld weg, in die Nähe der nächsten Hauswand. Er wollte den Verletzten aus dem Kampfgetümmel raus haben damit es ihn nicht noch schlimmer erwischte. „hide....was ist mit dir? Was hat er gemacht?“, keuchte Pata atemlos als er sich neben ihn kniete und die Wunde versuchte zu begutachten. hide schluchzte nur und ächzte unter Schmerzen. „Das Messer.......“, war das Einzige was er heraus bekam. Seine Wahrnehmung war getrübt, er realisierte fast nur noch Pata's Anwesenheit. Dass nur wenige Meter von ihnen entfernt noch immer der Kampf tobte, bekam er nur bedingt mit. Die Geräusche, das Klingen der Messer, das Geschrei, Gefluche und Gekeuche hörte er wie durch Watte. Seine Augen suchten Pata, doch immer wenn sie ihn gefunden hatten rutschte sein Blick wieder weg. Irgendwie drehte sich alles..... Morrie hatte, anders als man in der Situation vielleicht erwartet hätte, sich nicht mehr weiter um den verletzten hide gekümmert sondern widmete sich wieder dem übrigem Kampfgeschehen. Genauer gesagt kam er Taiji zu Hilfe da dieser mit Yoshiki nur schwer fertig zu werden schien. Es war ja auch ein ungleicher Kampf: Machete gegen Jagdmesser. Yoshiki war die Wut und der Mißmut im Gesicht anzusehen als Morrie hinzu kam. Er wollte nicht dass seine Bande verlor, er wollte nicht unterlegen sein – er hasste es unterlegen zu sein! Doch bei Zwei gegen Einen – besonders wenn einer der Gegner so ein sicherer und kaltblütiger Kämpfer war wie Morrie – sah es selbst für Yoshiki schlecht aus, obwohl er selbst es ja liebte auf Schwächere los zu gehen. „Ihr Bastarde...“, zischte er hasserfüllt und seine Zähne blitzten schon fast so gefährlich auf wie bei einem Raubtier. „Ich bring euch um!“ „Danach sieht das im Moment aber nicht aus.“ Morrie konnte sich den Kommentar einfach nicht verkneifen, sah er doch in Yoshiki's Augen die Verzweiflung. Nun brannte bei Yoshiki auch die letzte Sicherung durch! Ohne noch irgendein Kampfmuster oder eine bestimmte Taktik zu verfolgen schlug und wirbelte er mit seiner Machete laut schreiend um sich, zu blind vor Wut um noch zu erkennen ob er seine Gegner damit überhaupt traf. Dass er mit der Klinge einmal nur haarscharf an Toshi's Gesicht vorbei fuhr entging ihm auch. Er kochte, er brodelte, er wollte nur noch zerstören! Sein Hass, den er ursprünglich scheinbar nur auf die Sister's no Future konzentriert hatte, bezog sich nun auf die ganze Welt. Diese elendigen Penner sollten sterben, alle! Seine ehemaligen Mitschüler, Taiji's Leute, jeder verdammte Wichser in Süd-Korea der ihn auch nur schief ansah! Das war Yoshiki's Schwachstelle. Taiji wusste das und er wusste auch dass an diesem Punkt Fairness in einem Kampf unmöglich geworden war. Yoshiki würde alles und jeden kurz und klein schlagen, bis es Toshi und den anderen gelungen war ihn wieder zu beruhigen. Taiji und Morrie tauschten ein kurzes Zeichen aus, daraufhin verpasste Taiji Yoshiki in einem mehr oder minder günstigen Moment einen gekonnten Kinnhaken woraufhin von Morrie ein Schlag in die Magengegend und ein anschließend kräftiger Tritt gegen die Beine folgte. Yoshiki taumelte vor Schmerzen keuchend zu Boden. Und als sei das nicht schon genug, spürte er plötzlich zwei kräftige Beine dicht neben seinem, am Boden liegenden, Oberkörper und ein deutliches Gewicht auf seinem Brustkorb. Er riss die Augen auf und sah dicht über sich die finstere Mine Morrie's schweben, eingerahmt von seinen schwarzzotteligen Haaren aus denen hier und da ein paar vereinzelte, schneeweiße Strähnen blitzten. Yoshiki spürte das Ansetzen der Klinge an seiner Kehle. Morrie's düstere und stets mysteriösen Augen schienen ihm immer näher zu kommen. „Wie fühlt es sich an zu sterben?“, kam es zischend über seine Lippen. Yoshiki war plötzlich wie versteinert, hatte längst aufgehört wie wild rumzuzappeln. Hatte er sich den gesamten Kampf über doch nicht einmal ansatzweise in so tödlicher Gefahr befunden wie in diesem Augenblick. „Morrie, nicht!“ Taiji's Schrei legte den kompletten Bandenkampf für einige Momente völlig lahm. Alle Augen waren auf Taiji, Morrie und Yoshiki gerichtet. Selbst Toshi, der neben Yoshiki stand und bis eben noch gut mit Tommy zu tun hatte, blickte auf seinen Boss hinab. Er hatte die ganze Zeit mitbekommen wie die zwei Anderen gegen Yoshiki vorgegangen waren und ihn schließlich zu Fall brachten, doch hatte er mit seinem eigenem Gegner so verbissen zu kämpfen dass er seinem Führer nicht zu Hilfe kommen konnte. Yoshiki's und Morrie's Blicke hatten sich ineinander verankert. Keiner von ihnen zwinkerte auch nur für den Bruchteil einer Sekunde. Würde Morrie ihm die Kehle durchschneiden, würde er sich Taiji's Aufforderung entziehen? Oder würde er gehorsam von ihm lassen? Yoshiki glaubte, die Antwort zu kennen. Mit einem, nur für Yoshiki wahrnehmbarem, verächtlichem Schnauben nahm Morrie die Klinge von dessen Hals und erhob sich langsam vom schmächtigen Körper Yoshiki's. Doch seine Augen ruhten noch eine ganze Weile auf ihm. Anstatt erleichtert darüber zu sein, seine Kehle unversehrt behalten zu können, kochte es im Inneren von Yoshiki wieder bedrohlich. Er hasste es wie nichts Anderes wenn alle um ihn herum sehen konnten wie er in eine unterwürfige Position gezwungen wurde und er sich aus Dieser wieder erhob. Am allermeißten hasste er es wenn seine eigenen Leute dies sehen mussten weil er stets die Befürchtung hatte, dadurch an Überzeugung und Respekt zu verlieren und eines Tages als 'Schwächling' zu gelten und nicht mehr als Anführer anerkannt zu werden. Als er wieder halbwegs sicher auf beiden Beinen stand, schenkte er seine letzte Aufmerksamkeit Taiji indem er langsam auf ihn zu trat und nur wenige Zentimeter vor ihm stoppte. Seine verbitterten, verengten Augen blitzten den Jungen mit den blondbraunen Locken rachsüchtig an. „Das ist der Grund weshalb du nie gewinnen wirst; du bist zu weich.“ Seine Stimme hatte den typischen Yoshiki-Charakter, leise aber gefährlich und schneidend scharf. Dass er selbst aus diesem Kampf nicht gerade als strahlender Sieger hervortrat, ignorierte er gekonnt. „Verdammte Scheiße ich hab euch doch gesagt ihr sollt niemanden umbringen!“ Taiji ging vor seiner Truppe ständig auf und ab, das eindeutigste Zeichen für seine Unruhe. Morrie hingegen, der für diesen Vorwurf eigentlich der Hauptadressat war, saß am ruhigsten von allen auf einer großen Holzkiste und qualmte seine Zigarette vollkommen relaxed. „Wenn ich ihn hätte umbringen wollen, hätte ich anders zugestochen“, entgegnete er nur nuschelnd und behielt beim sprechen den Glimmstengel zwischen seine Lippen geklemmt. Taiji blieb abrupt stehen, drehte sich zu Morrie und legte seinen Kopf schief. „Und Yoshiki? Hättest du ihm die Kehle durchgeschnitten wenn ich nichts gesagt hätte?“ Morrie's Augen fixierten Taiji's; blinzelten nicht, hielten dem Blick Stand. Eine verbale Antwort gab er seinem Leader jedoch nicht. „Du musst aber auch bedenken wozu X bereit sind“, meldete sich plötzlich Tusk, um das unangenehme Schweigen, Welches seit Taiji's letzter Frage eingesetzt hatte, zu beenden. „X würden töten. Und es wird immer ein ungleicher Kampf bleiben wenn die Einen etwas machen was die Anderen immer ablehnen.“ Taiji ließ nun von Morrie ab und stiefelte den sandigen Weg zu Tusk, was nur wenige Meter waren. „Ich will keine hirnlosen Killer um mich haben“, entgegnete er mit leiser, aber eindringlicher Stimme und sah Tusk fest an. „Die hast du schon längst um dich. Überall auf der Strasse“, kam es nun wieder etwas entfernt von Morrie's Holzkiste. Taiji musste sich zusammenreissen um nicht gleich wieder ausfallend zu werden. Das wurde er schnell, eine Gemeinsamkeit mit Yoshiki über die er sich nicht bgewusst war. Würde er doch nie auf die Idee kommen mit Yoshiki auch nur irgendetwas gemeinsam zu haben! Er atmete einmal tief durch, wand sich dann wieder an seine gesamte Truppe. „Ich will euch aber nicht zu Killern trainieren! Töten nur aus Notwehr, wenn es nicht anders geht! Aber normalerweise geht es anders“, versuchte er seine Philosophie erneut zu erklären. „Was er meint ist, ihr sollt nicht so blind andere niedermätzeln wie es Yoshiki und seine Leute tun würden“, unterstützte Tommy seinen Freund nun. „Genau“, nuschelte Taiji nickend und sichtlich erschöpft davon, seinen Standpunkt immer wieder wiederholen zu müssen. War es für seine Jungs denn wirklich so unverständlich, dass er keine unnötigen Morde begehen wollte? Waren sie alle der Moral der Straße schon so verfallen dass sie sich nicht mehr um Regeln innerhalb der Gruppen scheren wollten? Genau das wollte Taiji mit den Sister's doch verhindern, dass seine Jungs völlig ziellos in der Weltgeschichte herum irrten, ohne das Gefühl von Vertrauen und Zusammenhalt noch zu kennen. Er hatte schon so viele Kids gesehen die genau so auf den Straßen Seouls endeten, nur noch voller Hass und Mißtrauen waren und niemanden mehr hatten. Er wollte seine Leute nicht diesem Schicksal aussetzen, er wollte ihnen mit dem Zusammenhalt der Sister's no Future ein 'zu Hause' geben; einen familiären Zusammenhalt den sie von ihren leiblichen Familien nicht bekamen. Es herrschte heute allgemeine Zurückhaltung in der Gruppe was das sprechen anbelangte, doch einer war diesmal mehr als schweigsam, er war abwesend: Sceanna. Schon die ganze Zeit glitten seine Blicke über den hellen Sandboden der von der Sonne beschienen wurde; dem Gespräch folgte er schon lange nicht mehr. Seine Gedanken waren bei hide. Ob Morrie Recht hatte und hide wirklich nicht an den Verletzungen gestorben war? Morrie war ein sehr guter Kämpfer, wenn nicht sogar der Beste von ihnen; er wusste wo er einen Gegner treffen musste um ihm diese oder jene Schäden zufügen zu können. Er konnte die Schwere der entstehenden Schäden immer sehr gut abschätzen. Sceanna seufzte innerlich. Er machte sich Sorgen um hide. Auch wenn er das vor der Gruppe nie laut ausgesprochen hätte. Wie würde er dann dastehen, wenn er zugab dass er sich um den Feind sorgte? Er wollte keinen Streit mit Taiji und den anderen haben und schon gar nicht wollte er ausgegrenzt oder ausgestoßen werden. Also hielt er den Mund. Doch gut fühlte er sich dabei nicht. Er mochte hide. Es war nicht so dass er mit den X'lern sympathisierte, eigentlich war hide der einzige von denen für den er sich interessierte. Ja, er interessierte sich für den Jungen mit der schrillen, blonden Frisur und den wilden Lederklamotten die, obwohl sie immer recht locker und lässig saßen, erahnen ließen wie schmächtig der Körper unter Ihnen in Wirklichkeit war. Er bewunderte die Ornamente die hide sich manchmal mit schwarzer Schminke ins Gesicht malte. Überhaupt fand er eigentlich alles an hide bewundernswert. Aber er wusste auch dass hide damals dran beteiligt war als Kenzy niedergeprügelt wurde. Trotzdem hatte er das Gefühl hide sei nicht so ein brutaler Schläger wie Toshi oder gar Yoshiki... Irgendetwas Faszinierendes hatte der Typ an sich, fand Sceanna. Er wäre zu gerne mit ihm befreundet. Wenn sie nicht in unterschiedlichen Banden wären. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)