You Always Meet Twice A Lifetime von NguyenTranLoc (Final Fantasy VII) ================================================================================ Kapitel 19: Chaos Theory ------------------------ "Die schaffen es aber auch immer vom Regen in die Traufe zu kommen", kommentierte Sephiroth leicht amüsiert die Szene, die sich vor ihm abspielte. Aeris ging nicht darauf ein. Im Gegensatz zu ihrem Begleiter betrachtete sie die Vorgänge in der Welt der Sterblichen mit größter Sorge. Sie hatte zwar schon lange befürchtet, dass ihre Freunde gegen Vincent kämpfen mussten, aber dennoch hatte sie nie die Hoffnung aufgegeben, dass es sich doch irgendwie vermeiden ließe. "Das wird nochmal schwieriger als alles, was sie bisher zu überwinden hatten." "Ich weiß!", schimpfte Aeris ungehalten. "Sei bitte einfach mal ruhig. Ich muss mich konzentrieren." "Was hast du vor?" "Ich muss ihnen vielleicht helfen und ich habe kaum noch Kraft. Mir bleibt nur ein Versuch, und den will ich nicht vergeuden." "Was willst du schon tun? Das böse Monster um Frieden bitten." "Das wird wohl nicht ausreichen..." * * * Bevor Tifa sich versah, hatte sich Elena auf Vincent gestürzt. Die Turk riss ihn zu Boden und begann wild auf ihn einzuprügeln, ehe er sie von sich stieß. Beinahe gleichzeitig kamen sie wieder auf die Beine, gingen aber nicht mehr aufeinander los. Keiner der beiden hatte sich bisher vollständig verwandelt, doch dass es jeden Moment so weit sein musste war ihnen deutlich anzusehen. Elena machte einen Schritt vor – scheinbar um ein weiteres Mal anzugreifen – sank dann aber auf die Knie und krümmte sich zusammen. Ihr gequältes Stöhnen steigerte sich zu einem die Nerven zerreißenden Schmerzensschrei als ihre monströse Seite von ihr Besitz ergriff. Tifa wandte sich angeekelt ab, als der einzelne Flügel aus Elenas rechter Schulter brach und dabei ihre Weste wie Papier zerfetzte. Endlich befreit entfaltete er sich zu voller Länge. Vincent war währenddessen in einer Aura aus purpurner Finsternis verschwunden. Ein tiefes Grollen ertönte aus dem Inneren. Die dunkle Wolke stob auseinander, als das Paar Schwingen, das Vincents Rücken entsprungen war, sich ruckartig ausbreitete. Aber es war nicht mehr Vincent, der sich da zu voller Größe aufrichtete und ein wütendes Brüllen ausstieß, das den Raum erzittern ließ. Chaos war erwacht und ließ es die Welt wissen. Tifa trat erschrocken zurück, bis sie die Wand in ihrem Rücken spürte. Es war als würde ihr das Blut in den Adern gefrieren. War Elenas verwandelte Form schon ein Anblick, den sie kaum ertragen konnte, so ließ die Gegenwart von Chaos sie beinahe an ihrem Verstand zweifeln - und das nicht zum ersten Mal in ihrem Leben. Sie würde sich nie daran gewöhnen können. Er... Es war viel größer als Elena und die dämonische Macht, die dieses Biest ausstrahlte war einfach nur noch unnatürlich. Und das Schlimmste war: Diesmal stand Chaos nicht auf ihrer Seite. Für einen Moment mustern sich die beiden Monster leise knurrend. Elenas Flügel zuckte gereizt, dann stürzte sie sich laut fauchend auf Chaos. Sie rammte ihn mit ihrem vollen Körpergewicht und riss ihn mit sich durch einen Tisch. Dutzende Gläser und Laborgeräte gingen zu Bruch als beiden in einem Durcheinander aus Klauen und Zähnen miteinander rangen. Für eine Sekunde trennten sie sich, landeten auf allen Vieren und gingen sofort wieder aufeinander los. Sie verbissen sich ineinander und tauschten Schläge aus, von denen Tifa annahm, dass jeder einzelne ihre alle Knochen gebrochen hätte. Aber der Kampf war nicht ausgeglichen. Elenas Monsterform kämpfte zwar wie eine wilde Furie, aber sie schien Chaos kaum etwas anhaben zu können und musste im Gegensatz mehr und mehr einstecken. Tifa unterdrückte es verzweifelt aufzuschreien, als Elena krachend durch die Fahrstuhlröhre geschleudert wurde, in der Vincent zuvor aufgetaucht war. Tifa war sich nicht einmal sicher zu wem sie halten sollte. Sie schaffte es für einen Moment den Blick zu lösen und sah zu Sarcone hinüber. Der junge Wissenschaftler stand zwischen Cloud und Reno, die ebenfalls wie gebannt den Kampf der Bestien beobachteten. Zorn stieg in Tifa auf, als sie sein Gesicht erblickte. Der Mistkerl lächelte! "Mach, dass das aufhört!" Sarcone sah sie mit einer überheblichen Mischung aus Überraschung und Amüsement an. "Und warum sollte ich das tun?" "Vincent wird uns alle umbringen, dich eingeschlossen, Dreckskerl." "Ganz im Gegenteil." Sein Lächeln verbreiterte sich zu einem siegesgewissen Grinsen. "Mister Valentine ist mir zutiefst ergeben. Ich bin hier in absoluter Sicherheit." Nicht mehr lange, wollte Tifa gerade sagen, als der Monsterkampf ihre Aufmerksamkeit zurück erlangte. Genauer gesagt war es Elena. Die Turk prallte mit voller Wucht neben Tifa gegen die Wand, wobei sie sich augenblicklich in ihr menschliches Selbst zurückverwandelte. Sie stürzte zu Boden und blieb dort regungslos liegen. Chaos hingegen stand immer noch in der Mitte des Raumes. Zu voller Größe aufgerichtet stieß er ein dominantes Brüllen aus, dann senkte sich sein Blick auf die kleine Gruppe. Eiskaltes Entsetzten ergriff Tifa: Er hatte seine nächsten Opfer erblickt. Doch bevor sie auch nur einen Finger rühren konnte, hatte Cloud seine beiden Schwerter gezogen, sprang über einen umgestürzten Tisch und stürmte auf das Ungetüm zu. "Cloud, nein!", rief sie ihm vergebens hinterher. Der Angriff schien selbst Chaos zu überraschen. Cloud schaffte es sich unter dem ersten Schlag hinwegzuducken und einen Treffer mit dem Meisterschwert anzubringen. Er wehrte zwei weitere Hiebe mit Ultima ab, versuchte sich an einem weiteren Angriff und sprang dann außer Reichweite. Und schon begann der tödliche Tanz wieder von Neuem. Vielleicht konnte er es tatsächlich schaffen. Aber bedeutete das, er würde Vincent umbringen müssen? Der Gedanke verursachte ein scheußliches Gefühl in Tifas Magen. Sie wandte den Blick ab. Dabei fiel ihr Elena wieder ein, die immer noch nicht bei Bewusstsein war. Besorgt eilte sie an die Seite der Turk und taste ihren Hals ab. Ein knapper Seufzer der Erleichterung entwich Tifa, als sie sowohl einen Puls spürte und auch feststellte, dass Elena noch atmete. Schwere Verletzungen schien sie ebenfalls nicht zu haben - jedenfalls keine äußeren. Mühsam zog sie Elena hinter einen umgestürzten Schreibtisch in Deckung, dann widmete sie wieder dem Kampf, der nur wenige Meter neben ihr tobte, ihre Aufmerksamkeit. Cloud tat immer noch sein Bestes, aber er war nun ausschließlich damit beschäftigt sich den unbarmherzigen Attacken zu erwehren. Er hatte mittlerweile etliche Kratzer abbekommen. Ein tiefer Schnitt zierte seine Stirn und tränkte sein Gesicht in Blut. Dazu kamen noch seine Verletzungen aus dem Kampf mit Mishima, die ihn sicherlich schwächten. Aber sein verbissener Gesichtsausdruck sagte Tifa, dass er noch nicht geschlagen war. Ein letzter Funken Hoffnung bestand noch. Dann bemerkte sie Reno, der ebenfalls hinter einer improvisierten Deckung hervorlinste und den Kampf beobachtete. "Reno!", schrie Tifa wütend. "Hilf ihm gefälligst!" "Bist du irre?! Hilf ihm doch selbst!" "Los jetzt!" Dieser feige Turk machte sie fassungslos. "Cloud schafft es vielleicht nicht alleine." "Und du denkst, ich kann daran was ändern?" "Reno!" Der Rotschopf stieß ein genervtes 'Ja, ja!' aus und verschwand kurz hinter seiner Deckung. Dann sprang er plötzlich auf die Beine. Er warf ein Mikroskop in Richtung des Kampfes und tauchte dann sofort wieder in sein Versteck ab. Das Gerät traf Chaos am Rücken, doch das Monster ließ sich den Treffer nicht einmal anmerken sondern fuhr unbekümmert mit seinen Angriffen auf Cloud fort. Als Renos Kopf wieder hinter dem Labortisch hervorkam warf Tifa ihn einen verächtlichen Blick zu, den er nur mit einem hilflosen Schulterzucken beantwortete. Tifa wollte gerade zu einer weiteren Aufforderung ansetzen, als ihr etwas anderes auffiel. "Reno. Wo ist Sarcone?" "Was zum...?" Der Turk sah sich suchend um. "Elender Mistkerl! Eben war er noch hier, er muss sich verzogen haben." * * * Als sie wieder zu sich kam, wusste Elena genau wo sie war. Nur gefiel es ihr nicht. Sie schmeckte Blut auf ihrer Zunge. Ihr Schädel dröhnte, als wäre von einem Vorschlaghammer getroffen worden. Außerdem regte sich irgendwo in ihrem Hinterkopf die verlegene Erkenntnis, dass von ihrer Kleidung nun kaum noch etwas heil war. Aber es gab wichtigeres. Das Brüllen und der Kampflärm sagten ihr: Es war noch nicht überstanden. Ihre schlechtere Hälfte hatte verloren. Sie versuchte sich aufzurichten, aber ein plötzlicher Hustenkrampf hinderte sie daran. Als sie ihn überstanden hatte, spürte sie eine Berührung an der Schulter. "Langsam. Du hast ordentlich was abbekommen", sagte Tifa und half ihr sich aufzusetzen. "Er ist so stark", flüsterte Elena leise, mehr zu sich selbst. "Ich weiß", stimmte Tifa unsicher zu. "Bleib einfach hier. Cloud..." Es strengte Elena an, sich weiter aufzurichten, und Tifas sorgenvollem Blick über den Schreibtisch, hinter dem sie sich beide verbargen, folgen zu können. Cloud war offensichtlich für sie in die Bresche gesprungen und hatte es übernommen Chaos zu bekämpfen. Leider war es nicht schwer einzuschätzen wer in dem Duell die besseren Karten hatte. Sie zog ihren Kopf wieder in Deckung und lehnte sich gegen den Tisch. "Cloud wird es schon schaffen. Er hat es immer irgendwie geschafft", sagte Tifa, die ihren Blick immer noch auf den ungleichen Kampf gerichtet hatte. Elena wusste nicht, ob sie versuchte, ihr Mut zu machen oder sich selbst beruhigen wollte. Vermutlich beides. "Ja, vielleicht", pflichtete sie der anderen Frau wenig hoffnungsvoll bei. "Oder Vincent beruhigt sich wieder", fuhr Tifa fort. "Sarcone ist uns entwischt, vielleicht verliert er die Kontrolle über ihn, wenn er nur weit genug weg ist." Vor ein paar Minuten hätte diese Information sie wahrscheinlich rasend gemacht, aber nun nahm es Elena einfach so hin. Es spielte gerade keine Rolle. Ihre Situation war so aussichtslos. Tifa war verletzt, Cloud würde Chaos jedem Moment unterliegen, Reno war sicher auch zu nichts zu gebrauchen. Sie hatten diesem Monster nichts entgegenzusetzen. Absolut gar nichts. Trotzdem weigerte sich etwas in ihr in Panik auszubrechen und einfach zu verzweifeln - was sie zu tiefst verwunderte. Statt Todesängsten schossen ihr tausende Gedanken durch den Kopf. Dummerweise kamen sie alle zu dem selben Schluss. Elena stieß ein schweres Lachen aus. "Mir fällt einfach nichts anderes ein..." Tifa sah sie fragend an. "Was?" Sie suchte kurz den Boden ab, ließ dann ihren Blick ein letztes Mal zum Kampf wandern, bevor er sich mit dem von Tifa traf. "Was hast du gerade gesagt?", fragte die sie nochmal. "Cilica-Boulevard 117, Apartment 22." Sie umfasste Tifas Hand. "Kannst du dir das merken?" "Elena, was...?" "Tifa, kannst du dir das merken?" Elena wurde nachdrücklicher. "J-ja", antwortete Tifa und wiederholte die genannte Adresse. "Gut", meinte Elena zufrieden und kam auf die Beine, blieb aber noch in der Hocke. "Das ist meine Adresse in Costa del Sol. Die Tür wirst du schon auf bekommen. Unter meinem Couchtisch ist eine der Bodendielen lose. Darin hab ich die teure Materia von Mishima versteckt. Verkauf sie, bau deine Bar wieder auf und mach dir bitte ein schönes Leben." "Elena, was hast du vor?" "Etwas ziemliches Dummes", seufzte die Turk laut. Sie sah Tifa noch ein letztes Mal in die Augen und schaffte es zumindest den Impuls zu einer zweiten Dummheit zu unterdrücken. Dann wandte sie sich ab und lief gebückt zu einem anderen Tisch. Dort schnappte sie sich eine der Spritzen mit dem Serum, auf das Sarcone sie vorhin hingewiesen hatte. "Elena, nein!" Sie achtete nicht auf den Ruf. Stattdessen betrachtete sie die hellgrüne Flüssigkeit für einen kurzen Moment, dann stieß sie sich die Nadel in den Hals und injizierte das Serum knapp oberhalb der Stelle, wo einst die Mutation begonnen hatte. Tifa sah sie mit Tränen in den Augen an. "Elena... was du tust du da bloß?" Elena antwortete nicht. Sie warf die leere Spritze beiseite und wartete ab. Für einen Moment dachte sie, es hätte vielleicht nicht funktioniert, doch mit einem Mal verspürte sie ein unangenehmes Kribbeln, dass ich zügig in ihrem Körper ausbreitete. In ihrem Hinterkopf ertönte ein leises Lachen. Langsam stand sie auf. Fehler oder nicht, jetzt konnte sie es nicht mehr rückgängig machen. "Eines noch", wandte sie sich ein letztes Mal an Tifa, als das Lachen immer lauter wurde. "Bitte versteck' dich vor mir. Sie mag dich nicht besonders." "W-Was?", rief Tifa "Warte!" Sie konnte nicht mehr warten, es würde jeden Augenblick passieren. Elena machte einen Satz über das nächste Hindernis und stürmte auf Chaos zu. Kurz vorher sprang sie ab und verpasste dem überraschten Biest einen Tritt, der es von Cloud wegschleuderte und in ein Regal stürzen ließ, dass samt seines Inhalts über Chaos zusammenstürzte. "Ich übernehme das", teilte sie dem verblüfften Schwertkämpfer mit. "Verschwinde! Bring Tifa weg von hier!" Elena wartete keine Erwiderung von Cloud ab, denn Chaos brach mit einem wütenden Brüllen aus den Resten des Regals hervor. Sie rannte zur Seite, weg von Cloud, weg von Tifa. Und es funktionierte! Chaos hatte sie als neuen Gegner ausgemacht und raste auf sie zu, eine Pranke zum tödlichen Schlag erhoben. Sie wich seinem Angriff aus. Dem zweiten auch. Und jedem folgenden. Links, rechts, ducken. Er war plötzlich so langsam. Nein, sie war so schnell. Und sie wurde noch schneller! Bevor sich jedoch ein allzu leichtsinniges Gefühl des Triumphs in ihr breit machen konnte, erwischte sie Chaos schließlich doch mit einem Rückhandschlag. Dessen Wucht trug sie durch die Luft, doch anstatt gegen die nächste Wand zu prallen landete sich kurz davor sicher auf den Beinen. Die restliche Wirkung des Treffers hatte sie einfach abgeschüttelt. Das Kribbeln war mittlerweile einem Brennen gewichen, das sich bis in die kleinste Faser ihres Körpers erstreckte. Ihre Sinne schienen zu überladen, der ganze Raum wirkte strahlend hell. Das hämische Lachen der Stimme war inzwischen ohrenbetäubend. Es wirkte so triumphierend, so überheblich, so schadenfroh. Und das schlimmste: Elena merkte, dass es ihr egal war. Chaos ließ nicht lange auf sich warten und setzte zu seinem nächsten Angriff an. Doch anstatt ein weiteres Mal auszuweichen, fing Elena seine Faust diesmal einfach mit einer Hand auf. "IcH bIN dRaN!", drang es aus den Tiefen ihrer Kehle. Elena schmetterte ihre Faust in Chaos' Gesicht und schleuderte ihren überraschten Gegner damit einige Meter von sich weg. Ihr Gesicht verzog sich zu einem Grinsen, das jedoch schlagartig verschwand, als sich all ihre Muskeln verkrampften. Und dann kam der Schmerz. * * * Es war unfassbar. Tifa konnte einfach nicht begreifen, wie Elena das tun konnte. All die Kämpfe, die Versteckspiele, die Lügen - sämtliche Ereignisse der vergangenen Tage hatten sich nur darum gedreht eine Heilung für sie zu finden. Und nun hatte sie sich ohne zu Zögern das Serum dieses Irren verpasst, von dem sie nicht einmal wusste, welche Wirkung es genau hatte. Wobei, dass es eine Wirkung hatte, war in den wenigen Momenten klar geworden, die das zweite Duell von Elena und Vincent bisher gedauert hatte. Tifa konnte dem Kampfgeschehen kaum folgen - und das ließ sich nicht nur auf ihre eigene Erschöpfung zurückführen. Ihr stockte der Atem als Vincent Elena den ersten Treffer verpasste. Das Gefühl wurde nicht besser, als Elena kurz darauf mit mehr Wirkung als erwartet zurückschlug. Das sadistische Lächeln, das sich kurzzeitig im Gesicht der Turk abzeichnete gefiel ihr ganz und gar nicht. Dann geschah es. Elena verzog ihr Gesicht vor Schmerzen und krümmte sich zusammen. Tifa wollte sich abwenden, aber etwas in ihr zwang sie dazu die Szene weiter zu beobachten. Sie konnte sehen, wie sich die Knochen und Muskeln unter Elenas Haut verschoben. Ihr Gesicht wurde länger, ihre Zähne spitzer, die Schultern breiter. Ihr ganzer Körper wurde massiger. Die Haare standen ihr zu Berge. Das schmerzvolle Gestöhne der Turk wurde zu lauten Schreien - und dann zu etwas anderem, unnatürlichen. Für eine Sekunde dachte Tifa außerdem ein Lachen zu vernehmen. Nach einem kurzen Zucken brach der vertraute Flügel wieder aus Elenas rechter Schulter hervor, gleich darauf schoss ein zweiter aus der anderen Seite. Mit einem Kreischen bäumte sie sich auf und wurde von einem grellen, grünen Licht eingehüllt. Als der gleißende Schimmer abebbte, war Elena verschwunden. An ihrer Stelle stand die Kreatur die sich bisher in ihr versteckt gehalten hatte. Ein hellgrün geschupptes Ding mit schwarzen Krallen an Händen und Füßen und Flügeln wie ein Drache. Elenas Haare waren zu einer Mähne aus dunklen, fingerdicken Stacheln geworden. Nichts erinnerte mehr an die junge Frau, die sie eben noch gewesen war. So schrecklich Tifa die Verwandlung auch fand, so wirkte diese Form dennoch nicht mehr chaotisch und grotesk, sondern irgendwie... 'fertig'. Elenas echsenhaftes Gesicht fixierte Chaos mit kaltem Blick. Vincents innerer Dämon hatte die Verwandlung tatenlos verfolgt - oder sich nur von Elenas Attacke erholt? Tifa konnte nicht sagen wie viel Zeit vergangen war. Beide Monster knurrten einander an, bewegten sich ansonsten jedoch nicht - von einigen unruhigen Bewegungen ihrer Flügel abgesehen. Einen Moment lang befürchte Tifa die beiden würden so etwas wie einen Waffenstillstand aushandeln, um sich dann gemeinsam auf sie und Cloud zu stürzen, doch dann begannen sich die beiden langsam zu umkreisen. Was für ein Duell auch immer sie mit ihren Blicken ausfochten, es dauerte nicht lange. Elena stieß ein lautes Fauchen aus, dann stürmte sie auf allen Vieren auf Vincent zu, der ihr brüllend entgegenkam. Mit gefletschten Zähnen, die Klauen erhoben sprangen sie aufeinander zu. Tifa hatte das Gefühl als würde eine leichte Druckwelle durch den Raum jagen, als die beiden zusammen prallten. Erschrocken ging sie in Deckung. Das Brüllen und Kreischen der beiden Kreaturen war ohrenbetäubend. Unter ihr vibrierte der Boden, Staub rieselte von der Decke. Mehr und mehr von dem Labor ging zu Bruch. Eine Deckenlampe nach der anderen fiel aus, bis schließlich der ganze Raum in Dunkelheit gehüllt war. Plötzlich bemerkte sie, dass der Kampf der beiden sich in Richtung ihres Versteckes verlagerte. Tifa machte sich so klein wie möglich und schlich zügig die Wand entlang davon. Nachdem sie etwas Abstand zwischen sich und die tobenden Bestien gebracht hatte, fand sie hinter einem weiteren umgestürzten Tisch Schutz. Erst da bemerkte sie, dass sie die Luft angehalten hatte. Sie atmete ein paar mal scharf durch, bevor sie verärgert gegen die Tischplatte schlug. Ihre feige Untätigkeit frustrierte sie. Es gibt nichts, was du tun kannst, Dummerchen, sagte ihr ihre innere Stimme. Das hat mich früher auch nicht aufgehalten, antwortete sie trotzig. Und irgendetwas musste sie tun können, und sei es nur, lebend hier herauszukommen. Das war immer noch besser als zusammengerollt in einer Ecke auf das Ende zu warten. Einen kurzen Augenblick zögerte sie noch, dann nahm sie allen Mut zusammen und hob ihren Kopf aus der Deckung. Der Kampf hatte sich wieder in die Mitte des Raumes verlagert, und war zu einem verbissenen Ringen auf dem Boden um die Vorherrschaft geworden. Als Elena gerade die Oberhand zu gewinnen schien, schmetterte Vincent sie blitzartig mit beiden Beinen in die Decke des Raumes. Zusammen mit Schutt und den Resten einer Lampe stürzte sie wieder zu Boden. Vincent hatte sich beiseite gerollt und packte seine Gegnerin gleich darauf an den Füßen. Er wirbelte sie zweimal im Kreis durch einige der zerstörten Einrichtungsgegenstände. Daraufhin ließ er sie los und Elena flog quer durch den Raum gegen die Tür, durch die sie vorhin das Labor betreten hatten. Keine drei Sekunden später hatte Elena sich schon wieder aufgerappelt, doch Vincent hatte ihr nachgesetzt und riss sie mit voller Wucht mit durch die geschlossene Tür. Die Biester gönnten sich keine Pause. Die Schlacht wurde unüberhörbar im Flur fortgesetzt. Und anscheinend entfernten sie sich vorerst weiter von dem Labor. Tifa wartete noch einen Augenblick, dann erhob sie sich und bemerkte gleichzeitig eine Bewegung am anderen Ende des dunklen Raumes. "Cloud!", rief sie erleichtert, als er unter einem halb umgestürzten Stahlschrank hervorkroch. Er wirkte erschöpft, aber er war am Leben. Das war das Wichtigste. "Tifa, bist du okay?", fragte er und eilte durch den Trümmerhaufen zu ihr. Ihr fielen ein Dutzend Gründe ein mit 'Nein' zu antworten. "Ja." Sie musterte ihn von oben bis unten. Soweit sie erkennen konnte, sah er noch schlimmer aus als sie sich fühlte. "Was ist mit dir?" "Wir müssen weg von hier", ignorierte er ihre Frage. "Wo steckt Reno?" "Er..." Verwundert sah sie sich um und schnaubte verächtlich, als sie ihn nirgendwo erblickte. War ja klar. Zumindest hatte der Turk eine schicke Ausrede zur Hand. "Wahrscheinlich ist er Sarcone nach, der hat sich vorhin verdrückt." Cloud deutete auf eine kleinere Tür am anderen Ende des Raumes und ging darauf zu. "Suchen wir sie!" Damit schlug er wohl das Beste vor, was sie gerade tun konnten. Vielleicht konnten sie so auch was immer es war, womit Sarcone Vincent kontrollierte, finden und deaktivieren. Trotzdem blieb Tifa wo sie war. Ihre Füße wollten sich nicht bewegen, und das lag nicht an ihren Verletzungen. "Tifa?", fragte Cloud, nachdem er bemerkt hatte, dass sie ihm nicht folgte. "Ich... Ich kann nicht." Sie ließ den Kopf hängen und richtete den Blick schuldig zu Boden. Wie sollte sie ihm das nur erklären? "Ich kann sie nicht allein lassen. Vincent... Chaos ist vielleicht immer noch zu stark für sie." Er kam zu ihr herüber und packte sie an den Schultern. "Es gibt nichts was du tun kannst", beschwor er sie. "Das weiß ich..." flüsterte sie kraftlos, dann kam ihr ein Gedanke. Hoffnungsvoll sah sie auf. "Erinnerst du dich daran, wie du in Midgar gegen Elena gekämpft hast? Nachdem du sie niedergeschlagen hattest, hat sie sich zurückverwandelt. Vorhin ist mit ihr das gleiche passiert. Vielleicht klappt das auch bei Vincent! Wir könnten..." "Tifa, es hat keinen Zweck!" Wütend schlug sie seine Arme beiseite. "Natürlich hat es den! Elena will sich für uns opfern. Für mich!" Sie sah ihm fest in die Augen. "Ich kann das nicht zulassen. Nicht noch einmal. Du müsstest das doch am allerbesten verstehen!" Cloud sah sie längere Zeit wortlos an, dann zog er Ultima von seinem Rücken und hielt es ihr unter die Augen. "Mit dieser Waffe habe ich zwei Weapons nieder gestreckt", erklärte er. "Sie kann auch Chaos und was immer Elena jetzt sein mag verletzten und töten." Er drehte die Waffe in seiner Hand um und lächelte Tifa an. "Aber wenn das, was du sagst, stimmt, dann reicht ein gut platzierter Hieb mit der stumpfen Seite vielleicht aus, um sie zu betäuben." Was sie hier planten war ein absolut wahnsinniges Unterfangen, schoss es Tifa durch den Kopf. So, als würde man zu dritt das ShinRa-Hauptquartier erstürmen. Oder von einer riesigen Kanone aus auf die Highwind springen. Oder in den Nordkrater hinabklettern, um sich einem gottgleichen Überwesen entgegen zu stellen. Tifa erwiderte Clouds Blick, als sich ihre Mundwinkel zu einem wagemutigen Grinsen verzogen. "Gehen wir!" * * * Etwas hektischer als er sich eingestehen wollte eilte Sarcone durch die Gänge des Labortrakts. Als er die Tür zum Zellenblock erreichte, huschte er schnell hindurch und zog sie wieder zu. Er vertippte sich zweimal, bevor der Code zum Verriegeln des elektronischen Schlosses akzeptiert wurde, worauf er sich ein kurzes Seufzen der Erleichterung erlaubte. Eigentlich gab es ja keinen Grund zur Besorgnis. Er glaubte nicht, dass sie bemerkt hatten, wie er sich aus dem Labor geschlichen hatte. Seine Feinde hatten jetzt größere Probleme. Valentine war die ultimative Kampfmaschine. Und eben diese stand unter seiner Kontrolle. Diese Ignoranten würden dafür bezahlen, ihm in seine Arbeit gepfuscht zu haben - und für andere Dinge. Er rieb sich seine schmerzende Wange. Es fühlte sich so an, als hätte sich ein Zahn gelöst. Was fiel diesen hysterischen Weibern eigentlich ein, ihn so zu behandeln? Er war ein Genie! Er hatte es geschafft die über dreißig Jahre alte Arbeit des großen Hojo wieder aufzunehmen, sie sogar zu verbessern. Fast jedenfalls. Das entkommene Exemplar hatte sich im Kampf gerade eben nicht sonderlich herausragend geschlagen. Er schob das jedoch auf die unvollständige Verwandlung. Hoffentlich blieb etwas von ihr über, dass er untersuchen konnte. Das Fortschreiten dieser unkontrollierten Mutation interessierte ihn. Seine Arbeit war schließlich erstklassig gewesen. Im Gegensatz zu den Söldnern. Klar, sie hatten die letzten Monate professionell gearbeitet, aber heute - und heute war nun mal der Tag, auf den es ankam - hatten sie allesamt versagt. Er war enttäuscht. Schließlich hatte er immer gedacht hinter dem Namen SOLDAT würde mehr stecken als nur heiße Luft. Selbst Mishima war besiegt worden - zweimal. Diese sagenumwobenen Zellen, die er ihm verpasst hatte, wurden wohl auch überschätzt. Sarcone fragte sich für einen kurzen Moment, was er dafür wohl auf dem Schwarzmarkt bekommen hätte, dann schreckte er auf, als jemand laut gegen die Tür polterte. "Ich weiß, dass du da drin bist, Doktorchen." Sarcone glaubte die Stimme des Anführers - dieser inkompetente Rotschopf - zu erkennen. "Mach auf! Dieses Versteckspiel ist doch einfach nur lächerlich." Etwas war lächerlich, ja. Aber nicht er, sondern diese jämmerlichen Versuche ihn jetzt noch aufhalten zu wollen. Glaubte dieser ungebildete Rüpel tatsächlich, er hätte etwas gegen ihn der Hand? Selbst wenn seine Lakaien Valentine momentan ablenkten, ER hatte immer noch weitere Asse im Ärmel. Mit einem selbstgerechten Grinsen zog er zwei Ampullen mit Serum-2 aus seiner Tasche und machte sich auf den Weg zu den Zellen. Er war fest davon überzeugt, dass die beiden anderen Kandidaten, die er neben Valentine festgehalten hatte, einsatzbereit waren. Immerhin hatte es bisher keine Abstoßung von Serum-1 gegeben. Er hatte vorhin bereits einen Assistenten die Kontrollreife anbringen lassen. Das war die einzig unsichere Konstante. Die Frequenz des Kontrollsignals funktionierte vielleicht nur für Valentine, aber er war zuversichtlich genug um diese Kleinigkeit zu ignorieren. Manchmal musste man einfach sofort zum Feldversuch schreiten. Seine Aufregung war ihm fast etwas peinlich, aber wenn alles funktionierte würde er bald so unendlich reich sein. "Aufgewacht!", rief Sarcone erwartungsvoll, als er sich der Zelle mit den beiden gefangenen Straßenpunks näherte. "Die Forschung wart..." Er stutze. Das Bild, das sich ihm bot entsprach nicht den geforderten Parametern. Das Mädchen lag in einer großen Blutlache mitten in der offenen Zelle, der Junge lehnte mit durchgeschnittener Kehle an der Wand. "Was hat das zu bedeuten?!", schrie er aufgebracht, auch wenn er allein war. Konnte sein Assistent ein Verräter sein? Erst da bemerkte er die dritte Leiche, die seines Assistenten, die unweit der Zelle lag. Diese Barbaren! "Herr Doktor." Erschrocken fuhr er zusammen. "Shishima! Sie haben mich erschreckt", sagte er anklagend, nachdem er den dunkel gekleideten Kämpfer erkannt hatte. "Wenigstens Sie leben noch. Haben Sie gesehen, wer das hier getan hat?" Er redete jedoch weiter ohne auf eine Antwort zu warten. "Einer von denen muss sich hier unten noch herum schleichen. Sie sollten ihn suchen, aber kümmern Sie sich bitte vorher um den Rüpel dort draußen vor der Tür." "Her Doktor", wiederholte Shishima seine Anrede. "Sie schätzen die Situation falsch ein." "Papperlapapp!" Sarcone war empört. "Reden Sie doch keinen Unsinn, nur weil diese unfähigen SOLDATs gescheitert sind. Valentine allein reicht aus..." "Sie sind aufgeflogen", unterbrach ihn der Ninja. "Es besteht eine Gefahr für die Integrität meines Herrn." "Und was bitte wollen Sie damit sagen?!" "Es wird Zeit unseren Vertrag zu beenden." "Das ist..." Die restlichen Worte blieben Sarcone im Hals stecken, als Shishima plötzlich direkt vor ihm stand und ein stechender Schmerz durch seinen Unterleib fuhr. Sein Verstand brauchte ein paar Sekunden bis er realisierte, dass ihm soeben eine Klinge in den Bauch gestoßen worden war. "Seien Sie sich dem Dank des Reiches gewiss, Doktor Sarcone. Sie haben hervorragende Arbeit geleistet. Die von Ihnen erzielten Ergebnisse werden den bestmöglichen Gebrauch finden." Shishima zog die Klinge aus Sarcones Bauch und schnitt ihm anschließend mit einem schnellen Streich die Kehle durch. Röchelnd sank Sarcone auf die Knie, die Hände am Hals, als Blut seine Lungen füllte und das Leben langsam aus seinem Körper wich. Sein Blick haftete auf Shishima, der zurückgetreten war und einen rot leuchtenden Stein an seiner Unterarmklinge anbrachte. "Keine Angst. Ich werde sorgsam aufräumen." * * * Auch wenn sie die beiden aus den Augen verloren hatten, war es ein leichtes Elena und Vincent durch die Anlage zu folgen. Die Spuren, die der Kampf der beiden hinterließ, waren nicht zu übersehen. In einiger Entfernung konnte Tifa auch immer wieder das Gebrüll von Chaos und das Kreischen von Elenas Monsterform vernehmen. Cloud lief mit gezückten Schwertern vor ihr her, sein Blick suchte dabei ständig die Umgebung nach Bedrohungen ab. Tifa konzentrierte ihre ganze Mühe darauf nicht den Anschluss zu verlieren. Der letzte Adrenalinschub ließ sie zwar die meisten Schmerzen einfach ignorieren, aber das änderte nichts an ihren müden Beinen. Ihr Marsch durch die Tunnel endete in einem großen Raum, der wohl als Kantine diente. Lange Tische und Bänke standen in mehreren geordneten Reihen nebeneinander. Stürmischer Regen prasselte gegen zwei große Fenster, die den Blick ins Freie ermöglichten, wo die Nacht langsam zu Ende ging. "Wir müssen falsch abgebogen sein", meinte Cloud, nachdem er die Tür hinter der Ausgabetheke überprüft hatte; sie war verschlossen. Der Raum war unberührt und auch vom Kampflärm war nichts mehr zu hören. Etwas ratlos trat Tifa an eines der Fenster und versucht in der abklingenden Dunkelheit etwas zu erkennen. Wo waren die beiden auf einmal? Plötzlich vernahm sie ein zuerst leises Poltern und Krachen, das immer näher kam. Ohne weitere Vorwarnung brach schlagartig die Decke auseinander und begleitet von Schutt, Kabeln und weiteren Bestandteilen des Gebäudes stürzten die beiden verkeilten Monster in der Mitte des Raumes durch einen Tisch - genau zwischen Cloud und Tifa. Elena hatte gerade die Oberhand. Sie kniete auf Chaos und schlug immer wieder auf ihn ein, mal mit geballten Fäusten, mal mit ihren Klauen. Blut und Fleischfetzen flogen in alle Richtungen. "Hör auf!", schrie Tifa entsetzt, nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte. "Du bringst ihn um." Zu ihrem Schrecken ließ Elena tatsächlich von ihrem Gegner ab und sah zu ihr auf. Die Augen des Biestes verengten sich bösartig, ihre Mundwinkel wurden breiter und entblößten mehr der scharfen Zähne. Ein tiefes Knurren drang aus ihrer Kehle, als sie auf den nächsten Tisch sprang. Mit dem nächsten Satz hätte sie Tifa erreicht, doch bevor diese auch nur einen Finger rühren konnte, kam Cloud von hinten heran gesprungen und traf Elena mit dem beidhändig geführten Ultima am Rücken. Der Treffer schickte die Kreatur zu Boden. Cloud holte zum nächsten Schlag aus. In diesem Moment stand jedoch Chaos hinter ihm und entriss ihm seine Waffe. Mit einem Hieb fegte er Cloud gleich darauf beiseite; er wurde fast durch den ganzen Raum geschleudert. Elena war gerade dabei sich wieder aufzurichten, da sprang Chaos ihr ins Kreuz und presste sie mit seinem Gewicht zu Boden. Seine Pranken schlossen sich um die Flügel seiner Gegnerin. Geradezu versteinert beobachtete Tifa, den Rücken gegen die kalte Glasscheibe gepresst, wie sich die Muskeln an Chaos Armen anspannten. Ein abscheuliches Ratschen ertönte, als er mit einem kräftigen Ruck Elena die beiden Flügel aus dem Schultern riss. Die beiden abgetrennten Glieder zerfielen daraufhin fast augenblicklich in seinen Händen zu Staub. Elena bäumte sich auf und stieß einen markerschütternden Schmerzensschrei aus, dann sank ihr Kopf erschöpft zu Boden. Chaos stieg von der bezwungenen Kreatur, packte sie anschließend am Nacken und zerrte sie hoch. Sie war immer noch verwandelt, aber Tifa konnte schwören, dass Elenas Gesicht bereits wieder menschlichere Züge hatte. Chaos musterte sein Opfer kurz, dann schleuderte er es mit einem Knurren in Tifas Richtung. Reflexartig duckte sie sich nach unten weg. Das Glas zerschmetterte unter dem Einschlag und Elena stürzte nach draußen ins Dunkel. Tifa schob augenblicklich alle Gedanken an die Turk beiseite. Langsam stand sie wieder auf, Wind und Regen peitschten in ihren Rücken, aber sie konzentrierte sich nur auf das gewaltige Ungetüm, das sie mit zornigen Augen anstarrte. Bestürzt beobachtete sie, wie sich die Wunden, die Elena ihm zugefügte hatte, schon langsam wieder schlossen. Sie wartete darauf, dass ihr Leben an ihr vorbei zog, aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen ertappte sie sich dabei, wie sie mit ihren Füßen in Kampfstellung rutschte und trotzig ihre rechte Faust erhob. Chaos fuhr plötzlich herum, als ein wilder Kampfschrei ertönte. Ultima wieder in seinen Händen stürmte Cloud über einen der Tische heran. Chaos fegte das riesige Möbelstück mit einem beinahe beiläufigen Hieb beiseite, aber Cloud war rechtzeitig abgesprungen. Noch in der Luft zog er auch das Meisterschwert von seinem Rücken und stürzte sich auf Chaos. Tifa schloss die Augen als ein weiterer wilder Kampf zwischen den beiden entbrannte. Jetzt spürte sie die warmen Tränen auf ihren Wangen. Entschlossen ballte sie ihre Faust und begann ihre Kräfte zu sammeln. * * * "Wird das noch was?", piepste es aus Renos Tasche, während dieser immer noch versuchte die Tür zu öffnen, hinter der er Sarcone vermutete. "Sei bloß still", brummte Reno genervt und verpasste Caits Kopf in seiner Tasche einen leichten Schlag, der mehr zu seiner Befriedigung als sonst etwas diente. "Ich meine nur, sonst bist du damit schneller." "Ich kann nichts dafür. Mein Generalschlüssel steckt in einer Riesenschlange." "Das war auch nicht gerade eine deiner brillantesten Ideen bisher." "Wenn ich wieder in Midgar bin, höre ich mir gerne die Alternativen aus dem Handbuch für solche Situationen an. Bis dahin... HAH!" Reno grinste über beide Ohren, als er es endlich geschafft hatte das elektronische Schloss zu knacken. Mit einem Surren glitt die schwere Metalltür auf. "Doktorchen", trällerte er spielerisch und trat ein. "Das Versteckspiel ist vor..." Die Worte erstarben auf seiner Zunge, als der ihm nur zu gut bekannte Geruch von Blut in die Nase stach. Gleich darauf erblickte er die riesige Blutlache und die Gestalt im weißen Laborkittel, die darin lag. "Das ist nicht gut." "Wovon redest du? Was geht da vor?" Er antwortete nicht sofort, sondern überprüfte zuerst Sarcone auf Lebenszeichen und sah sich dann weiter im Raum um. Das Bild, das sich ihm bot, wurde nicht besser. "Reno?", hakte Cait noch einmal nach. "Sarcone ist hinüber. Und so wie's aussieht auch jeder andere, der noch hier war. Da wollte jemand verhindern, dass wir ihn lebend in die Finger bekommen." "Verdammt! Das bedeutet nichts Gutes." "Wie gut, dass du mich auf Einsätze begleitest, um diese Dinge festzustellen." "Konzentrier' dich, Reno!", ermahnte ihn sein Boss, auch wenn der scharfe Ton im Rauschen des beschädigten Funkgeräts unterging. "Jetzt da Sarcone tot ist, stehen wir immer noch ohne einen handfesten Beweis da. Versuch einen Computer zu finden. Wir brauchen Aufzeichnungen, E-Mails, irgendwas." "Was du nicht sagst. Aber, Katerchen, jetzt da die Mission quasi gescheitert ist, was hältst du davon, mich langsam mal hier rauszuholen?" "'Mich'? Meinst nicht eher 'uns'?" "Details sind doch jetzt nicht so wichtig..." "Reno!" "Schon gut, ich seh' dann nach, ob noch einer von ihnen am Leben ist." * * * "IcH hAbE dICh geWaRNt. SiE iST dEiN ToD!" Elena war zu schwach um der Stimme zu widersprechen oder auch nur etwas darauf zu erwidern. "SiE hAT diCh aBGeleNkT." Kalter Regen prasselte auf sie hernieder, sie hatte kein Gefühl mehr in ihren Gliedern. "WEgEn iHR kONnTE eR uNS iN dEn RüCKeN faLlEN." Alles um sie herum war in Dunkelheit gehüllt. Sie konnte weder sagen, ob ihren Augen offen oder geschlossen waren, noch wusste sie, ob sie sich zurück verwandelt hatte. Ihr Körper fühlte sich immer noch so fremd an. Ihre Gedanken waren klarer als zuvor, aber immer noch vernebelt von Zorn, Schmerz und Angst. Soviel Angst. "WeGEn iHr mUsStEsT dU dIeSE QUalEn eRlEIdEN." Ein grausiger Schauer durchzuckte Elena. Solche Schmerzen wie gerade eben hatte sie noch nie erlebt. "Er... er ist so... so unglaublich stark", brachte sie mühsam hervor und spürte wie Tränen aus ihren Augen traten. "IcH wEIß. Du kaNNsT iHn nICht beSiEgEN." "I-Ich will nicht sterben." "WiRSt dU niCHt. WiR wArTeN hIEr. WeNn eR siE aLlE uMgEBraCht hAt, wIrD eR siCH bErUhiGeN. DaNN gEhÖRt eR uNS! AlLE wErDeN sTErBEn, nUr dU nIcHt." "Tifa..." "SiE iST gEfÄhrLiCh, sIE mUSs sTeRbEN!" "Ich..." "Du wIRst lEbEN, Elena!" "Hör nicht auf sie!" Ihre Geist war genau so erschöpft wie ihr Körper, deshalb wehrte sie sich nicht einmal gegen den Gedanken, nun auch noch eine zweite Stimme zu vernehmen. "WeR bISt dU?" "Hab keine Angst." Diese neue, unbekannte Stimme war anders. Viel weiblicher. Sanft. Und warm. "Wer bist du?" "Die Freundin einer Freundin. Ich bin hier um zu helfen." "SiE bRaUcHt DeInE HIlFe niChT. SiE brAUcHT nUr MICH!" "Sei still!" Elena hatte das Gefühl eine schwere Last wurde von ihrem Geist genommen. Das Treibsandloch des Wahnsinns, in dem sie mehr und mehr zu versinken gedroht hatte, war plötzlich versiegelt. Und es war so still. So unglaublich beruhigend still. Wie seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr. "Ist... Ist sie weg?", fragte sie ungläubig, der einkehrenden Ruhe nicht vertrauend. "Hast du sie vertrieben?" "Nur für den Augenblick. Ich habe ihr einen kleinen Maulkorb verpasst." Für einen Moment hörte sich die warme Stimme amüsiert an, wurde jedoch schnell wieder ernster. "Er wird nicht für sehr lange halten. Mehr kann ich nicht für dich tun, so Leid es mir tut. Irgendwann musst du dich ihr selbst stellen. Aber ich gebe dir soviel Zeit wie ich kann. Du musst weiter kämpfen." Mit einem Mal war die Angst wieder da. "Er ist so schrecklich stark." "Ich weiß." "Ich will nicht sterben." "Es geht im Leben um mehr als nur ums Überleben." "Ich will nicht..." "Ich weiß, dir ist Schreckliches angetan worden und du hast Angst. Aber dir ist auch außergewöhnliche Kraft gegeben worden." "Ich will..." "Es ist dein Körper und deine Kraft. Also nutze diese Kraft! Nicht um zu töten." "Ich..." "Sondern um zu beschützen." Die Worte sanken tiefer und tiefer in Elenas Bewusstsein ein. Gleichzeitig kam die Wärme und Kraft zurück in ihre Glieder. Ihr Herz schlug wieder schneller. "Hilf ihr!" Entschlossen riss sie ihre Augen auf. Es war nicht mehr dunkel. Alles um sie herum war in ein grünes Licht getaucht. Dünne Fäden aus Lebensstrom traten überall um sie herum hervor und hatte sie teilweise eingehüllt. "Rette Tifa!" Ihr Blick fiel auf ihre Hände. Es waren immer noch Klauen. Aber es waren ihre Klauen! Mit der Kraft kehrten auch die Wut und der Zorn zurück. Aber es war gut so. Sie brauchte sie. Mit einem resoluten Knurren stemmte sie sich in die Höhe. "Ich zeige dir wie." * * * Vor knapp zwei Jahren hatte sie sich unzählige Male gewünscht Cloud würde sich endlich ändern. Heute hoffte sie es würde niemals passieren. Er war der größte Held, den sie kannte. Sie hatte so oft erlebt, wie er Situationen gemeistert hatte, die einen anderen Menschen in einen wahnsinnigen, sabbernden Krüppel verwandelt hätten. Selbst das war ihm widerfahren - und er hatte sich davon zurück gekämpft! Auch jetzt war es nicht anders. Chaos war eine unaufhaltsame Kampfmaschine, Cloud hatte schon drei anstrengende Kämpfe hinter sich, blutete aus Wunden, deren Anzahl sie gar nicht wissen wollte, und war vermutlich genauso erschöpft wie sie selbst. Dennoch weigerte er sich aufzugeben und kämpfte unerbittlich weiter gegen seinen bestialischen Gegner. Das lag nicht allein an seinen durch die Makobehandlung erhaltenen Fähigkeiten oder dem eingebildeten SOLDAT-Training. Das war pure Willenskraft. Und auch wenn es ein verzweifeltes Duell gegen den Untergang war, focht er besonnen und überlegt. Zwei Situation hatte sie bereits gezählt in denen er den Kampf vermutlich für sich hätte entscheiden können und es nicht getan hatte. Er wollte Vincent nicht töten - selbst wenn es ihn das eigne Leben kosten würde. Dafür bewunderte Tifa ihn. Cloud hatte seinen Platz in ihrem Herzen zu recht eingenommen. Sie hatte nur Jahre damit verschwendet, ihn in die falsche Rolle zwängen zu wollen. Doch Tifa beobachtete den spektakulären Kampf nicht einfach nur. Sie wartete ab. Sie wartete auf ihre Möglichkeit in den Kampf einzugreifen. Ihr rechter Arm bebte vor angestauter Kraft. Die hellen Flammen, die ihre Faust umschlossen hatten, bedeckten den halben Unterarm. Als Cloud von einem heftigen Treffer fast durch den halben Raum geschleudert wurde, Chaos ihm jedoch nicht sofort nachsetzte und sie sich in dessen Rücken befand, sah Tifa ihre Gelegenheit gekommen. Angetrieben von Adrenalin und purer Willenskraft setzten sich ihre müden Beine in Bewegung. Sie rannte drei, vier Schritte ohne dabei einen Laut zu verursachen. Schließlich sprang sie ab und riss ihre glühende Faust hoch. Der Schrei, den sie ausstieß, zerriss ihr beinahe die Kehle. Chaos wandte sich noch zu ihr um, doch es war zu spät für ihn. Tifas Faust traf ihn mit voller Wucht am Kopf. Die aufgestaute Energie ihrer Attacke entlud sich auf einen Schlag, explodierte in einem grellen Blitz. Der Treffer schleuderte Chaos quer durch die Kantine. Das Biest überschlug sich mehrmals und prallte dann unsanft gegen die Wand. Tifa verlor bei der Landung kurz das Gleichgewicht, schaffte es aber gerade noch sich abzufangen und auf den Beinen zu bleiben. Schwer atmend beobachtete sie ungerührt wie Chaos sich langsam wieder aufrappelte. Sie hatte nicht damit gerechnet ihn zu besiegen. Nur gehofft hatte sie es. Aber ihr Angriff hatte etwas bewirkt. Chaos war zwar auf die Beine gekommen, aber das riesige Untier taumelte, ging nochmals in die Knie und fasste sich mit beiden Pranken an den Kopf. Ein paar helle Funken sprühten aus seiner Stirn. Tifa blinzelte überrascht und musste ein zweites Mal hinsehen. Die Funken stammten nicht von Chaos, sondern von dem dünnen, dunklen Metallreif der seine Stirn umschloss. Sie hatte ihn bis gerade eben nicht bemerkt. Ein erwartungsvoller Schauer fuhr durch Tifa. Das musste es sein! Damit kontrollierte er Vincent. Sie ballte ihre Faust. Ein letzter gezielter Schlag... Chaos schien seine Verwirrung wieder abgeschüttelt zu haben und erhob sich erneut. Seine Augen wurden schmal, als sie Tifa zornig ins Visier nahmen. Todesmutig erwiderte sie seinen Blick. "Komm schon!", forderte sie das Monster heraus, dann schloss sie ihre Augen und begann jeden noch so kleinen Rest an in ihrem Körper verbliebener Kraft zu sammeln. Sie blendete alles andere aus und konzentrierte sich nur auf Chaos. Das schwere Atmen, das leiseste Fletschen der Zähne, die unruhigen Bewegungen seiner Flügel, selbst die Spannung seiner Muskeln; sie konnte alles hören. Als Tifa das trockene Scharren seiner Füße und sein gereiztes Knurren vernahm, riss sie die Augen wieder auf. Chaos hatte sich wieder in Bewegung gesetzt. Sie rannte ihm entgegen, die Faust zum letzten verzweifelten Schlag erhoben. Die Flamme, die sich erneut zwischen ihren Fingern gebildet hatte, war kleiner und schwächer als zuvor, aber es würde reichen. Es musste reichen! Die Geschwindigkeit mit der Chaos plötzlich vor ihr stand überraschte sie. Er war immer noch so schnell. Und sie so langsam! Ein harter Schlag traf sie in den Magen und sie erstarrte förmlich zu Stein. Die Flamme in ihrer immer noch erhobenen Hand erlosch augenblicklich und sämtliche Kraft verpuffte wirkungslos. Fassungslos blickte sie in unbarmherzige Augen des Untiers, während sie ihren Arm sinken ließ. Den stechenden Schmerz nahm sie erst wahr, als sie spürte wie etwas warm und nass an ihrem Bauch hinab rann. Dann verloren ihre Beine den Bodenkontakt. * * * "Tifa!", schrie Cloud entsetzt, als er wie gelähmt mitansehen musste wie Chaos ihr seine Krallen in den Bauch rammte. Es war alles so schnell gegangen. Sie hatte ihm mit ihrem Angriff eine dringend benötigte Verschnaufpause verschafft, doch bevor er hatte eingreifen können, hatte Tifa schon versucht ein zweites Mal anzugreifen. Ohne das Überraschungsmoment war sie chancenlos gewesen. Als Chaos nun seinen Arm anhob, hing Tifa wie aufgespießt in der Luft. Der Anblick ließ etwas in Cloud zerplatzen und jeden verbliebenen Skrupel in den Wind schlagen. Er ließ das Meisterschwert liegen und umfasste Ultima, das von seiner Wut getrieben weiß glühte, mit beiden Händen. Mit Tränen in den Augen und einem Schrei in der Kehle stürzte er sich in den Kampf. Während er sich bereits Cloud zuwandte, streifte Chaos Tifa mit nicht mehr als einem kurzen Ruck ab und warf sie wie ein totes Tier achtlos beiseite. Clouds Angriff war selbst für Chaos zu schnell. Schlag auf Schlag verpasste er dem Monster, ohne darauf zu achten, wie herum er seine Klinge führte. Ein Aufwärtshieb versetzte Chaos einen derart tiefen Schnitt am Brustkorb, dass es ein gequältes Brüllen ausstieß und schließlich von den vielen Treffern geschwächt in die Knie ging. Cloud riss Ultima für den finalen Schlag hoch über den Kopf. Erst im letzten Moment besann er sich auf das, was er gerade im Begriff war zu tun, und zögerte. Er drehte die Klinge in seinen Händen um und zielte auf Chaos' Kopf. Er hoffte der Schlag würde ihn wirklich nur betäuben und ihm nicht das Genick brechen. "Es tut mir Leid, Vincent." Bevor er jedoch zum Zuschlagen kam, schossen unvermittelt Chaos' Pranken vor und packten ihn an den Armen. Zum ersten Mal in diesem Kampf hatte er seine Deckung vernachlässigt! Fast gleichzeitig mit dieser Erkenntnis rammte ihm das Biest ein Knie in den ungeschützten Magen. Nun war es Cloud der kraftlos auf die Knie sank, während ihm Ultima entrissen und dann weg geschleudert wurde. An der Grenze zur Bewusstlosigkeit sah Cloud auf. Sein Blick traf sich mit dem von Chaos, der sich in voller Größe vor ihm aufbaute. Ein plötzliches helles Licht lenkte die Aufmerksamkeit der beiden zu dem zerstörten Fenster. Darin stand eine grelle, grün leuchtende Silhouette. Als das Licht verschwand kam die verwandelte Elena zum Vorschein, vollständig geheilt und mit einem frischen Paar Flügel am Rücken. Mit einem lauten Fauchen verkündete sie ihre Rückkehr und sprang in den Raum. Chaos versuchte ihn mit einem schnellen Hieb den Rest zu geben, aber Clouds Reflexe retteten ihn und er rollte sich rechtzeitig beiseite und außer Reichweite. Knurrend sah Chaos ihm nach, wandte sich dann aber seiner neuen und gefährlicheren Gegnerin zu. Das gegenseitige Mustern entfiel dieses Mal. Chaos brüllte unzufrieden, dann stürmte er auf Elena los. Die spannte ihre Flügel auf und flog ihm entgegen, die Arme weit ausgebreitet. Elena war schneller. Als die beiden einander erreichten, schmetterte sie ihre Fäuste von beiden Seiten gegen Chaos' Schläfen. Es blitzte schwach, dann zersprang der Ring um seine Stirn. Im gleichen Moment traf Chaos seine Gegnerin mit einem krachenden Kinnhaken, der ihren Kopf in den Nacken warf und sie davon schleuderte. Noch in der Luft fiel die Verwandlung von ihr ab. Die Flügel zerfielen zu nichts, die Klauen wurden wieder zu Fingern, die Haut erhielt ihre natürliche Farbe zurück und ihre Gestalt wurde wieder zierlicher. Als am Boden aufschlug und regungslos liegen blieb war sie wieder einfach nur Elena. Chaos hingegen stand immer noch aufrecht, aber das Monster wirkte durcheinander und hielt sich mit beiden Händen Kopf. Es stolperte ein paar Schritte herum, blickte verwirrt im Raum umher und sank schließlich auf die Knie. Ein erlöstes Brummen drang aus seiner Kehle, dann begann es zu schrumpfen und ein paar Sekunden später hatte die Verwandlung ein Ende. Vincent hielt sich noch einen kurzen Moment auf den Knien, dann kippte er nach vorne und rührte sich ebenfalls nicht mehr. Cloud kauerte immer noch auf allen Vieren. Schwer atmend betrachtete er die Szene und brauchte einen Augenblick, bis ihn die entscheidende Erkenntnis traf: Es war vorbei! Keine Sekunde später erinnerte er sich an etwas noch viel wichtigeres. "Tifa!" Besorgt eilte Cloud zu ihr. Zum Glück atmete sie noch; das sah er sofort. Aber ihr T-Shirt war in der Höhe ihres Bauches bereits blutrot gefärbt. Hektisch sah er sich um. Nachdem er keine bessere Alternative entdeckte zog er ihr vorsichtig ihre Jacke aus, knüllte diese zusammen und presste sie auf die Wunde. "C-Cloud?", murmelte Tifa schwach und öffnete die Augen. "Shh, nicht reden." "H-Haben wir... gewonnen?" "Ja, haben wir. Und jetzt spar' dir deine Kräfte. Ich bring dich hier raus." Mit einem Lächeln auf den Lippen schloss sie ihre Augen wieder und gehorchte ihm endlich. * * * Es war so ruhig. Kein Geschrei. Kein Lachen. Kein Kampflärm. Als Elena wieder zu sich kam, begriff sie erst nach ein paar verwirrten Sekunden, dass sie wirklich bei Bewusstsein und am Leben war. Erschöpft und kraftlos, aber erleichtert rappelte sie sich auf und ignorierte dabei den Umstand, dass sie nun endgültig nichts mehr anhatte. Was war passiert? Hatte sie es geschafft? Ungläubig betrachtete sie ihre Arme. Sie sahen so normal aus. Sie fühlte sich so normal. Und friedlich. Für einen Moment wollte sie fast glauben, die fremde, freundliche Stimme hatte sie wirklich geheilt, aber tief in ihrem Inneren spürte sie, dass dem nicht so war. Dennoch konnte sie nicht anders und lächelte. "Halt durch!" Clouds Stimme riss sie unsanft aus ihrer Trance und sie wurde sich der verwüsteten Umgebung bewusst. Als sie erkannte, wem sein Ausruf gegolten hatte, wich das Lächeln gänzlich aus ihrem Gesicht und sämtliche Wärme aus ihren Gliedern. "Tifa, nein!", rief sie entsetzt. Sie kroch mehr zu den beiden hin als dass sie lief und ließ sich an Clouds Seite nieder. Ungläubig betrachtete sie das viele Blut und streckte die zittrigen Finger nach Tifa aus, traute sich aber nicht sie zu berühren. "W-War ich das? I-Ich wollte nicht...", brachte sie mühsam hervor und spürte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. "Nein. Das war ich." Mit feuchten Augen sah sie auf, als sie die ruhige, tiefe Stimme vernahm. Valentine war ebenfalls wieder er selbst. "Vincent. Bist du okay?", fragte Cloud, während Elenas Blick wieder auf Tifas Gesicht fiel. Weiter unten wollte sie nicht mehr hinsehen. Valentine gab Cloud keine Antwort. Stattdessen kam er zu ihnen herüber, um Tifas Wunde zu untersuchen. "Sie braucht Hilfe", sagte er nach einem kurzen Blick unter die blutgetränkte Jacke. "Habt ihr Materia?" Ihr Blick fiel auf Jinuas Anhänger, der trotz allem immer noch an ihrem Handgelenk baumelte, und schüttelte entmutigt den Kopf. "Keine zum Heilen." "Hier versteckt ihr euch also!" Elena hob kurz den Kopf und verzog ihr Gesicht. Reno war in der Kantine aufgetaucht. "Und gewonnen habt ihr auch. Ich bin... oh." Sein höhnisches Grinsen verschwand als er die verletzte Tifa erblickte. "Wir müssen Tifa hier wegbringen, sie braucht Hilfe", sagte Cloud ungeduldig. "Der Heli sollte jeden Moment hier sein, Sanitäter ist an Bord. Wir müssen nur hoch aufs Dach." "Dann nichts wie los!", rief Cloud. Er schob seine Arme unter Tifa, hob sie vorsichtig hoch und trug sie Richtung Tür. Vincent folgte ihm. Elena streckte ihre Hand aus, zog sie aber gleich wieder zurück. Sie fühlte sich so nutzlos, sie wollte etwas tun. Gerade als sie selbst aufstehen wollte, drückte Reno sie unvermittelt von hinten wieder auf die Knie. Ihr überraschter Protest verstummte ehe er ihre Lippen verlassen hatte, als Reno sie an den Haaren packte. Grob riss er ihren Kopf zurück und Elena verspürte einen kleinen Stich, als er etwas gegen ihren Hals rammte. "AH!", schrie sie mehr aus Empörung als aus Schmerz auf, aber der Turk hatte sie schon wieder losgelassen, bevor sie sich überhaupt gegen seinen Griff wehren konnte. Wütend rieb sie sich den Hals und erblickte einen der Injektoren mit Arculas Gegenmittel in seiner Hand. "Arschloch!" "Nimm das nächste Mal einfach rechtzeitig deine Medizin, dann bleibt dir das erspart." Reno warf einen abschätzigen Blick auf sie herab, worauf sie verlegen die Arme vor ihre Brust verschränkte. Zu ihrer Überraschung riss er darauf keinen blöden Spruch, sondern zog seine Jacke aus und legte sie ihr nonchalant um die Schulter. "Und zieh dir gefälligst was an! Wir sind im Einsatz. Etwas professioneller bitte", witzelte er schließlich doch noch. "Habt ihr's bald?", fragte Cloud aus der Tür. Elena konnte seine Unruhe nachfühlen; die Zeit drängte. Statt ihr Machtspielchen mit Reno in die Länge zu ziehen, schlüpfte sie wortlos in die Jacke, zog den Reißverschluss bis oben hin zu und stand endlich auf. "Ich lotse euch zum Dach", piepste es aus einer der Taschen, worauf Elena Caits Kopf hervorholte und ihn Reno zuwarf, der damit in der Hand an Cloud vorbei eilte. "Mir nach!" Die Aufforderung musste er keinem ein zweites Mal sagen. "Wo ist Sarcone?", fragte Vincent, während sie durch die Gänge eilten "Tot", rief Reno über seine Schulter zurück und hob gleichzeitig die Hände zur Verteidigung. "Ich war's nicht! Aber das ist noch so ein Grund, warum ich denke, wir sollten schnellstens von hier verschwinden." Elena hörte kaum zu, noch achtete sie wirklich auf die Umgebung. Ihr Blick haftete an Tifa. Eine Spur von Eifersucht nagte an ihr, als sie hinter Cloud herlief, der die Verletzte auf seinen Armen aus der Anlage trug. Verschämt drängte sie die Gefühle beiseite. Es gab gerade wichtigeres. Der Gedanke, dass Tifa sterben könnte und sie nichts tun konnte machte sie beinahe wahnsinnig. Nicht daran Schuld zu sein war ihr auch kein Trost. Als Schlusslicht der Gruppe trat sie als letzte durch die Tür zum Dach in die Morgendämmerung und den kalten Regen. Sie zog augenblicklich die Jacke fester um sich, was jedoch nur geringen Nutzen hatte, da ihre nackten Beine immer noch dem eisigen Wind ausgesetzt waren. Das Dach war mit Leichen gepflastert. Was sie jedoch wirklich überraschte war Reno, der neben einem besonders großen leblosen Körper in die Knie gegangen war und wohl nach Lebenszeichen suchte, statt wie die anderen zum Hubschrauber zu laufen, der eben am anderen Ende des Daches zur Landung ansetzte. "Wer ist das", fragte sie, sobald sie ihn erreicht hatte. "Lorgan", antwortete Reno betroffener als sie erwartet hatte. Als sie den Namen schließlich zuordnen konnte, machte sich Verwirrung und dann Bestürzung bei ihr breit. "Raikas Freund. Habe ich den nicht in Junon erschossen?" "Nein. Vorhin war er noch am Leben." Reno stand auf und warf einen letzten Blick auf den gefallenen SOLDAT, dann forderte er Elena mit einem Kopfnicken auf ihm zu folgen. "Hauen wir ab!" Die beiden Turks eilten zum Transporthubschrauber. Die anderen waren mittlerweile eingestiegen. Erleichtert erkannte Elena, dass Tifa bereits medizinisch versorgt wurde. Alles würde gut werden. Der Hubschrauber würde sie nach Midgar bringen und... Midgar. Elena wurde langsamer. In Midgar wartete nur eines auf sie: Ein Leben als Laborratte. Sie hatte es zwar in den letzten Minuten ganz vergessen, aber ihr persönlicher Alptraum war noch gar nicht zu Ende. Er begann erst noch. Ein paar Meter vor dem Hubschrauber blieb sie stehen, was Reno nicht verborgen blieb. "Trödel nicht 'rum!", rief er über die lauten Rotoren hinweg. "Ich werde nicht mitkommen." Renos Blick wurde zornig und er machte einen Schritt auf sie zu. "Einen Teufel wirst du tun! Hast den Deal schon wieder vergessen? Du gehörst jetzt uns, also schwingst du gefälligst deinen kleinen Arsch in den Heli. Sofort!" "Zwing mich!" Elena trat auf ihn zu, so dass die Gesichter der Turks nur noch wenige Zentimeter von einander getrennt waren. Die Augen der beiden trugen ein verbittertes Duell aus. Obwohl sie immer noch im strömenden Regen standen, wagte es keiner auch nur zu blinzeln. "Ich kann dich einfach abknallen lassen", meinte Reno mit einem Deut über seine Schulter. "Den Ärger mit Reeve wirst du nicht riskieren", gab Elena zurück ohne eine Miene zu verziehen. "Worauf wartet ihr noch?", schrie Cloud plötzlich. "Tifa geht es immer schlechter." Es war zwar nur für eine Sekunde gewesen, aber Elena wusste, dass ihr Gesicht sie verraten hatte. Reno begann zu grinsen und trat mit gönnerhaft ausgebreiteten Armen einen Schritt zurück. "Also schön, Elena, ganz wie du willst. Du kannst hier bleiben." Sein Grinsen wurde immer hämischer und breiter. "Lass dir nur gesagt sein: Dieser Heli fliegt nirgendwo hin, solange du nicht drin sitzt. Aber damit dürftest du egoistisches Miststück sicher keine Probleme haben." Er machte eine kurze Pause und fuhr spielerisch mit seiner Zunge an den Lippen entlang. "Oder etwa doch?" Elena ließ ihren Kopf und die Schultern hängen. Sie wusste, was ihr die andere Elena jetzt raten würde und irgendwie war sie froh, dass dieser Ratschlag gerade wieder durch das Gegenmittel unterdrückt wurde. Sie wusste nicht, ob sie sonst die Willenskraft gehabt hätte diese Entscheidung zu fällen, die eigentlich keine war. Ihr Leben oder das von Tifa? In diesem Moment hörte es auf zu regnen. "Du hast gewonnen", sagte sie leise und warf ihm dann einen Blick zu, der ihm hoffentlich mitteilte, dass er nur eine Schlacht gewonnen hatte. Nicht den Krieg. "Sehr schön. Dann komm!" Wenig beeindruckt winkte er sie herbei und drehte sich dann zum Hubschrauber um. Auf halben Weg blieb sein Blick an irgendetwas in der Ferne heften. "Was in Leviathans Namen ist das!?" Elena folgte seinem Blick und wusste augenblicklich, was er meinte. In dem ausgetrockneten Flusstal vor der Anlage erhob sich in einigen Kilometern Entfernung ein gewaltiger Wulst aus tosendem Wasser in den Himmel. Das erklärte auch das abrupte Ende des Regenschauers. Jeder Regentropfen, jede einzelne Regenwolke schien von dem immer größer werdenden Turm aus Wasser angezogen zu werden. Ein helles Licht erstrahlte kurz, dann manifestierte sich die Wassersäule zu einer riesigen Seeschlange, deren blaue Schuppen auch ohne Sonnenlicht zu glitzern schienen. Für einen Moment herrschte absolute Stille, dann stellte das Ungetüm sämtliche Flossen auf und stieß ein hohes Kreischen aus, das die ganze Umgebung erzittern ließ. Felsen stürzten von den Wänden des Tals und der Betonboden unter Elenas Füßen bekam Risse. Geradezu aus dem Nichts türmte sich eine Dutzende Meter hohe Flutwelle hinter der Schlange auf, die immer noch kreischte. Als die Welle sie erreichte löste sich die magische Kreatur ebenfalls wieder in Wasser auf. Mit zerstörerischer Geschwindigkeit rasten die tosenden Wassermassen unaufhaltsam über das Tal hinweg auf die Anlage zu. "Weg hier!" Elena dachte nicht einmal daran Reno zu widersprechen. Zeitgleich sprangen die Turks in den Hubschrauber. "Schnell, starte das Scheißding!", befahl Reno dem Piloten. "Wie geht's Tifa?", fragte Elena, nachdem sie neben Cloud Platz genommen hatte und sich nun anschnallte. "Schlechter als vor zwei Minuten", meinte dieser mit strafendem Blick. Auch die Hektik der beiden Turks entging ihm nicht. "Was ist los?" "Ärger." "Wegen ihm?", fragte Vincent. Überrascht folgten Elena und Cloud seiner deutenden Kopfbewegung. Vor der Tür zum Dach stand eine einzelne blutüberströmte Gestalt, in der rechten sein Schwert haltend, in der linken den abgetrennten Kopf des Zoloms an dessen Zunge hinter sich herschleifend. Mishimas Gesicht war zu einer hasserfüllten Grimasse verzerrt. Der dröhnende Schrei des SOLDATs drang sogar über den Lärm des Hubschraubers und des Wasser an ihre Ohren. "STRIFE!" Gerade als Hubschrauber zum Abheben ansetzte, ließ Mishima den Kopf los und begann einen unmenschlichen Sprint. "Wir schaffen es nicht mehr!" Entschlossen schnallte Cloud sich ab und hangelte sich zur Einstiegsluke. Mit einer Hand hielt er sich im Inneren des Hubschraubers fest, mit der anderen zog er Ultima vom Rücken. Gerade noch rechtzeitig um Mishimas Angriff zu parieren. Obwohl sie sich bereits in zwei Meter Höhe befunden hatten, hatte es der SOLDAT geschafft mit einem Sprung auf der Landekufe zu landen und gleichzeitig einen Schlag auszuführen. Seine freie Hand schoss vor und packte Cloud am Hals. "Dachtest du wirklich, du entkommst mir so leicht?!" Mishima war weniger erschöpft als Cloud und presste seine Klinge immer näher an dessen Gesicht. "Mishima!", rief Elena nachdem sie sich schneller als Vincent abgeschnallt hatte. "Falls das ohnehin noch nicht klar war: Ich kündige!" Elena ergriff mit beiden Hände eine Haltestande und schwang sich, die Beine voraus, durch das Innere des Hubschraubers. Cloud duckte sich nach unten weg und zog damit Mishima über sich. Ihr Tritt traf den SOLDAT am Brustkorb und schleuderte ihn im hohen Bogen aus dem Hubschrauber. Im gleichen Moment rutsche Elena mit ihren nassen Händen von der Haltestange und fiel ihm hinterher. Mit einem Arm erwischte sie die Landekufe, drohte aber weiter abzurutschen, da ergriffen sie zwei Paar starke Arme. Elena erlaubte sich einen Seufzer der Erleichterung, als Cloud und Vincent sie wieder ins Innere zogen. Alle drei sahen nach unten zur Anlage. Mishima hatte den Sturz auf den harten Untergrund überlebt und sich schon wieder erhoben. Doch mittlerweile waren sie außer Reichweite. Der fanatische Blick den er Cloud zuwarf sagte nur eines: "Wir sehen uns wieder." Dann erreichte die Flutwelle die Anlage. Das alte Gebäude hatte keine Chance und wurde von den Wassermassen zerschmettert und endgültig ausgelöscht. Mishima verschwand regungslos zwischen den Trümmern und der schäumenden Flut. Das Wasser setzte seinen Weg noch etliche Kilometer fort bis es die ausgedehnte Sumpflandschaft hinter den Bergen erreichte und sich dort großflächig verteilte. Der Hubschrauber war durch die Luftströmungen der Flutwelle ins Trudeln geraten und für einen Moment dachte Elena sie würden nun einfach abstürzen, aber nach einigen schrecklich langen Sekunden bekam der Pilot die Maschine wieder unter Kontrolle. Sie warf einen letzten Blick hinab in die Fluten und zog gerade noch den Kopf zurück, bevor Reno ohne Warnung die Seitentür zuzog. "Aussicht kostet extra", grinste er sie immer noch frech aber auch sehr erschöpft an. Elena unterließ es auf sein Gehabe einzugehen und setzte sich wieder an ihren Platz. Ihr besorgter Blick ruhte auf Tifa, während sie über das überschwemmte Tal hinweg, den Sonnenaufgang im Rücken, nun endlich zurück nach Midgar flogen. ---------- Ende Kapitel 19 ---------- Anmerkungen des Autors: Was lasst ihr euch hier aufhalten? Es wartet noch ein Kapitel auf euch, los weiterlesen! Ach ja, meine Darstellung von Chaos orientiert sich an "Final Fantasy 7", nicht an "Dirge Of Cerberus". Letztere finde zwar eigentlich ziemlich cool, aber zu YAMTAL hat sie nicht mehr gepasst und weil ich lange vor DoC damit begonnen habe, war's auch nix mehr mit umschreiben. Lasst doch hören, wie's euch gefallen hat. Nguyen Tran Loc, 7. Juni 2009 (Steht da wirklich 'ne 9? Keine 5, oder so? Quo vadis, tempestas...? -__-) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)