Kaibas Herz von Idris (Seto x Joey) ================================================================================ Kapitel 13: Tauziehen --------------------- Vorwort: Ich gestehe, ich weiß nicht was ich machen soll. ^^* Ich habe das Gefühl, dass die Qualität dieser FF mit jedem Kapitel nachlässt. *seufz* ;_; Nachträglich weiß ich, was ich hätte anders machen müssen, aber jetzt ist es zu spät und kann nicht mehr ein paar Kapitel zurückgehen und Dinge ungeschehen machen. Aber ich liebe diese verdammte Fic - und ich werde es sicher nicht übers Herz bringen sie abzubrechen. Also macht euch deswegen vorerst keine Gedanken. ^^ Warnungen: UST (mit einem großen U *hust*), Kitsch, Knatsch, das übliche Danke an alle Kommentarschreiber - ihr seid wunderbar. *__* Ehrlich! Ich bin total platt - und wow, danke. *___* ~ Joey, baby - don't get crazy Detours. Fences ... I get defensive And if I seem to be confused I didn't mean to be with you. And when you said I scared you, well I guess you scared me too But we got lucky once before And I don't wanna close the door ~ Concrete Blonde: "Joey" "Joey." Jemand rüttelt an meiner Schulter. Ich träume von Riesenmarshmallows, die mich quer durch die Stadt verfolgen. Ich hasse diesen Traum. Seit ich acht bin, träume ich davon und seitdem sehe ich Marshmallows mit anderen Augen. Hinterhältige Biester ... "Nicht essen...", murmele ich. "Ich will euch auch nicht essen ..." "Herrgott, Joey!" Diesmal klingt es nachdrücklicher und der Griff um meine Schulter wird fester. Die Marshmallows verschwinden. Ich gebe ein unidentifizierbares Geräusch von mir und blinzele verwirrt. "Wassislos?" Muss ich etwa in die Schule ...? Wo bin ich? Wer bin ich? Und vor allem - ist das ... "Was los ist?! Das wüsste ich gerne von dir!" "...Kaiba?" Ich blinzele ein wenig mehr und das verschwommene, helle Oval vor meinen Augen wird schärfer. Blaue Augen, unterkühlter Blick, ausdruckslose Mimik - yep, das ist er. Kaiba. KAIBA?! Meine Augen werden weit. "Hey! Was machst du in meinem Zimmer?" Ich starre ihn an. "In meinem BETT?!" Ich klinge wie eine hysterische Jungfrau, aber das muss daran liegen, dass ich noch nicht ganz wach bin. Sekundenlang starrt er mich einfach an. Dann schießt eine schmale, dunkle Augenbraue nach oben. "Dein Zimmer? Bring mich nicht zum Lachen. Ihr könntet euch doch nicht einmal eine Wohnung in dieser Größe leisten." Eine passende (und sehr beleidigende) Erwiderung liegt schon auf meiner Zunge, aber in letzter Sekunde überlege ich es mir anders und schlucke sie hinunter. Hastig setze ich mich auf und mein Kopf fliegt herum, während ich mich fragend umsehe. Ich ... oh ... Gott ... Das sieht tatsächlich nicht aus wie mein Zimmer. Erstens ist es fünfmal so groß. Zweitens ist es fünfmal so blau. Gut, ich übertreibe. Aber nur ein bisschen. Die dominierenden Farben sind schwarz, weiß und ... äh blau, und an mehreren strategischen Stellen sind weiße Drachen in allen möglichen Formen und Größen angebracht. Eine edel verchromte Stehlampe neben dem Bett verteilt warmes, indirektes Licht. Ich blinzele und reibe mir heftig über die Augen. Langsam dämmert mir, wem dieses Zimmer gehört. Und das liegt nicht nur an dem verschlungenen, silbernen KC, dass auf die Bettwäsche gestickt ist. Kann einem so etwas wirklich entgehen? "Oh ...", sage ich in Ermangelung etwas Besserem. Und nach einem Augenblick: "OH!" Was ...? Wieso ...? Innerhalb des Bruchteils einer Sekunde rauschen die Erinnerungen durch mein langsam erwachendes Gehirn, und mir fällt schlagartig alles wieder ein. Kaiba. Die Kaiba Corp. Sein Büro. Seine Fensterfront. Die Baseballkappe. Mokuba. Überfall der Teutonen-Ninjakrieger. Mika. Mein Mund klappt auf. "Ah ...", hauche ich intelligent. "Deine sprachliche Kompetenz verblüfft mich immer wieder." Es klingt sarkastisch. "Wenn du die Vokale alle durchhast, kriegst du einen Keks." "Ich bin in deinem Zimmer?" frage ich kleinlaut. "In deinem ... Bett?" "Es sieht nicht grade aus wie deine Hundehütte, nicht wahr?" Er seufzt und lässt sich auf der Bettkante nieder. "Hey! Warte mit den Beleidigungen gefälligst, bis ich richtig wach bin!" Missmutig fahre ich durch meinen fransiges Pony, welches wischmoppartig in meinem Gesicht hängt, und werfe ihm einen schiefen Blick zu. Oh verdammt ... da ist Kaiba ... hier bin ich ... und er ... wir ... jetzt ... oh man ... Als hätte er das Chaos in meinem Kopf gesehen, höre ich ihn leise schnauben. "Ich will dir nicht zu nahe treten, aber es spricht nicht unbedingt für dein Gehirn, dass es länger braucht als ein durchschnittlicher PC, um sich hochzufahren." Andererseits ändern sich manche Dinge zwischen uns vermutlich nie. Ich öffne den Mund und suche hastig nach einer passenden Erwiderung ... aber ausnahmsweise fällt mir keine ein. Also klappe ich ihn wieder zu und beschließe, dass es mir für den Moment egal ist. Ich bin nicht einmal wach genug, um mich zu ärgern. Außerdem bin ich grade mit Kaiba im Bett. Mehr oder weniger. Ich meine - wie viele Leute können das von sich sagen? Allerdings sieht er im Augenblick weniger romantisch aus, sondern viel eher königlich angepisst. Langsam schwinge ich meine Beine über die Bettkante und rutsche in eine halbwegs aufrechte Position neben ihn. Dabei bemerke ich, dass ich nicht einmal daran gedacht habe, meine Turnschuhe auszuziehen, bevor ich mich auf seinem Bett ausgebreitet habe. Kaiba wirft mir einen Seitenblick zu und hebt vielsagend eine Augenbraue, aber er kommentiert es nicht. "Du hast deinen Rucksack in meinem Büro vergessen", sagt er stattdessen und deutet mit einem Kopfnicken auf den blauen, unförmigen Klumpen in der Nähe der Tür. "Oh ...danke." Den muss ich bei meiner panischen Flucht liegen gelassen haben. Der panischen Flucht aus seinem Büro, in dem wir uns vor einigen Stunden noch ge-... äh -dingst haben. Danach herrscht sekundenlanges, unbequemes Schweigen. Ich lasse meinen Blick durch das Zimmer schweifen, überallhin, nur nicht zu ihm. Sein Mantel hängt über einem Sessel, der mitten im Zimmer steht und sieht aus, als hätte er ihn einfach achtlos darüber geworfen. Mir wird klar, dass ich nicht einmal über ihn weiß, ob er unordentlich ist oder eher ordentlich ... Aus unerfindlichen Gründen deprimiert mich das. Als ob ich keine anderen Probleme hätte. Unsicher starre ich auf meine nervös hin und herschlenkernden Turnschuhe. Zwischen uns ist mindestens ein halber Meter Abstand ... was nicht weit genug ist, wenn er mich umbringen will. Und viel zu weit, wenn er das nicht will. Ich werfe ihm einen nervösen Seitenblick zu. Da sind so viele Dinge, die ich ihm beichten muss, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll ... Das kommt auch alles so schlecht, wenn man grade dabei ist, jemandem auf alle möglichen Arten näher zu kommen. Mein Timing ist echt mal wieder am Rande der Katastrophe. Falls er meinen Blick auf sich spürt, lässt er es sich zumindest nicht anmerken. Er sitzt mit übereinander geschlagenen Beinen auf der Bettkante in einer Haltung, die durch und durch Kaiba ist. Seine Arme sind verschränkt und sein Kopf ein wenig geneigt, so dass man die elegante Linie seines Nackens verfolgen kann. Irgendwie wirkt er steifer als sonst, was möglicherweise an meiner Anwesenheit auf seinem Bett liegt. Aber vielleicht gebe ich mir da auch zu viel der Ehre. "Joey." Ich zucke schuldbewusst zusammen. "Ja?" "Wäre es möglich, dass du irgendwann heute ... sagen wir zwischen 12 und 12.30 Uhr ... gegenüber deinen lächerlichen Freunden erwähnt hast, dass du, Zitat ,gleich wiederkommst'?" fragt er im Plauderton und ohne mich anzusehen. Verwirrt schaue ich ihn an. Dass ich heute irgendwann mal in der Schule war, kommt mir vor wie ein anderes Leben. Auf jeden Fall ist es soweit weg, dass ich mich kaum noch dran erinnern kann. Ist das wichtig? Vage zucke ich mit den Schultern. "Kann sein, wieso?" Irgendwo dämmert mir, dass ich so was in der Art gesagt haben könnte. "Und du hast nicht ganz und gar zufällig im Zuge dessen angedeutet, dass du vorhast, mich zu belästigen?" "Weiß nicht ... möglich wäre es ..." Ich halte inne. Mir dämmert da was. 12.30 Uhr ist schon ganz schön lange her, nur um mal kurz ... Abrupt fliegt mein Kopf herum und mein Blick landet auf der großen Uhr an seiner Wand. Ich spüre, wie meine Augen weit werden "Wo~ah ..." "Ja, Joey. ,Woah'", erwidert Kaiba in gefährlich sanftem Tonfall. Es ist gleich NEUN! Scheiße - wie ist denn das passiert ...?! Wie lange habe ich denn geschlafen? "Ähm ... wieso ...? Ich meine ... wer? Wie ...? Heilige Scheiße!" "Nachdem du ungefähr vier Schulstunden verpasst hast und einfach nicht mehr aufgetaucht bist, sind deine Kindergartenfreunde zu dem Schluss gekommen, dass ich dich offenbar umgebracht und mit Beton an den Füßen im Fluss versenkt habe." Er klingt, als würde er das jetzt gerne nachholen und ich werde mit jedem Wort kleiner und kleiner. "Daraufhin kamen sie auf die brillante Idee, meine Firma aufzusuchen, meine Sicherheitskräfte zu belagern und mich von meiner Arbeit abzuhalten!" "Sorry, ehrlich - ich habs total vergessen ... oh man, ich muss Yugi anrufen und ihm Bescheid sagen, dass ich nicht mit Beton an den Füßen im Fluss liege ... Tea wird das garantiert nachholen ... Was haben sie gemacht? Und vor allem, was hast du ihnen gesagt?!" "Sehr witzig, Wheeler. Was hätte ich ihnen deiner Meinung nach sagen sollen - nachdem ich in keinster Weise über deinen Aufenthaltsort informiert war." Seine Stimmt hebt sich merklich am Ende des Satzes. "Ach ja ..." Ups. Verlegen wuschele ich mit einer Hand über meinen Hinterkopf. Jetzt heißt es also wieder ,Wheeler'. Oh man, er klingt echt angefressen. "Hey ... ähm, du hast dir doch nicht etwa Sorgen um mich gemacht, oder?" Das ist ein Scherz. Ehrlich. "Halt den Mund." Seine Zähne sind so fest aufeinander gepresst, dass es schmerzhaft aussieht. Das ist nicht gut. "Hör mal, Kaiba ..." Ich hole tief Luft und versuche ruhig zu bleiben. "Es gibt einen total naheliegenden Grund, wieso ich hierher gekommen bin und ... ähm ... wieso ich es dir nicht gesagt habe. Ich bin hierher gekommen, weil ... weil ... ich wollte ... also ..." Oh Shit ... mir fällt einfach nichts ein, was ihn davon abhält, mich eiskalt auf die Straße zu setzen, sobald er es hört. "Geschenkt. Ich will es nicht einmal wissen." "Doch, willst du!" widerspreche ich, mehr aus Prinzip als aus Überzeugung. "Nicht wirklich." Er wendet den Kopf ab und ich habe den vagen Eindruck, dass er sich innerlich zusammenreißt. Er wirkt schrecklich angespannt. "Ich sollte dich wegen Hausfriedensbruch verklagen." "Und wie du das willst!" Langsam werde ich wütend. Ich bin bereit ihm alles zu gestehen - in dieser Sekunde. Das muss nicht bis morgen anhalten, ich kenne mich doch. "Hör zu, ich bin hier, weil ...!" Und dann werde ich gepackt und rückwärts auf das Bett gedrückt, so schnell und so fest, dass ich nicht reagieren kann. "Ufff...!" Luft entweicht meinen Lungen, wie aus einem aufgestochenen Luftballon. Die Matratze federt und gibt nach, als er mich darauf niederdrückt, und meine Augen sind garantiert so groß wie Unterteller. "Du hast Nerven!" Er ist direkt über mir, seine Augen schmal und dunkel wie die einer Raubkatze. "Äh ... Kaiba ...?" Er steht darauf mich festzuhalten und irgendwo gegen zu drücken, kann das sein? "Sei einmal im Leben im richtigen Moment still!" werde ich angefaucht. "Und halte mich davon ab, dir den Hals umzudrehen!" "Was?!" "Ich will es nicht wissen, hörst du?!" Seine Stimme ist ein einziges lautes Grollen und mit jedem Satz wird der schmerzhafte Griff um meine Handgelenke fester. Okay ... er scheint wirklich wütend zu sein ... Was habe ich gemacht?! Also ... außer meine Freunde auf ihn zu hetzen, meine ich. In sein Haus einzudringen ... Seine Anweisungen zu missachten ... Mika wieder einzuschalten ... Ihn vom Arbeiten abzuhalten. Oh, und seine Firma lahm zulegen ... Wo ist mein Anwalt?! "Ich ... hey ..." Ich versuche etwas zu sagen, aber ich bekomme kaum Luft. "Ich könnte dich wegen so vieler Dinge einsperren lassen, dass du es dir kaum noch vorstellen kannst! Also, halt den Mund! Halt einfach den Mund!" Ich schlucke heftig. Irgendwo dämmert mir, dass er Recht hat ... und dass mein gesamtes Verhalten in den letzten Tagen nicht ganz legal und moralisch einwandfrei war. Die Standpauke, die Mika mir vorhin gehalten hat, hallt immer noch in meinem Kopf wieder und gibt mir den Rest. Aber den Mund halten ... genau das habe ich nie gekonnt. Verzagt hebe ich den Kopf und sehe ihn direkt an. Der Abstand zwischen unseren Gesichtern ist so gering, dass ich jede einzelne seiner Wimpern sehen kann. Das Schlimme ist ... Das Schlimme ist, ich mag ihn wirklich ... Auch wenn er gemein ist ... und mich permanent aufregt ... ... und ich hasse es, wenn er so wütend auf mich ist. Und ich hasse es, dass ich wieder alles falsch gemacht habe, was man nur an einem Tag falsch machen kann. Man sollte doch meinen, dass es für jeden Menschen ein gewisses Limit an Dingen gibt, die man innerhalb so kurzer Zeit falsch machen kann! Aber nein ... nicht für mich. "Kaiba ...", sage ich so leise, dass es kaum hörbar ist, " ...ich habe die Kaiba Corp. letzte Nacht lahm gelegt!" Jetzt ist es raus. Und ich bin mausetot. Hundetot. Er ist ganz still. Der Druck um meine Handgelenke lässt ein wenig nach und sein Gesicht ist vollkommen unbewegt. "Es ... es war meine Kappe, die das ... das Dings verstopft hat ..." flüstere ich. Ich weiß nicht mal, wie es heißt. Da. Ich habe es gesagt. Zufrieden, Mika? Jetzt wird er es wissen und mich hassen und mich nie wieder in seine Firma oder in sein Leben oder sonst wohin lassen, wo es irgendeine Rolle spielt und ... "Ich weiß." "Es tut mir Leid, ehrlich!", beginne ich hastig. "Es war keine Absicht! Ich wollte das nicht! Ich kann verstehen, wenn du mich jetzt hasst und nie wieder etwas mit mi-... äh, was?" "Ich weiß." Der Zorn ist aus seinem Gesicht gewichen und hat eine Art vorsichtige, betonte Gleichgültigkeit hinterlassen. "Du weißt ...?" Er zuckt mit den Schultern und erwidert meinen Blick nicht. "Es war naheliegend." Sein Körper ist so angespannt und steif, als sei er mitten in der Bewegung eingefroren und seine Stimme ist teilnahmslos. Sprachlos sehe ich zu ihm auf. "Naheliegend ...?" "Irgendwie habe ich mir schon gedacht, dass dein Besuch nicht ohne Spuren vorbeigehen würde ..." " ... Spuren?" "Ist da irgendwo ein Echo?" "HALLO?!" Oh nein, so nicht, Freundchen! Sein Griff um mich hat sich gelockert und ich nutze den Moment, um mich freizukämpfen. Da hast du deine Karatetricks, Kaiba! Ich komme von der Straße und ich weiß, wie man schmutzig kämpft. Ich drehe mich um und ziehe ihn mit. Er gibt ein überraschtes Keuchen von sich, als er mit einem dumpfen Quietschen auf der Matratze landet, und ich werfe mich auf ihn, wie ... tut mir Leid das sagen zu müssen ... wie ein bissiger Hund. "Ich habe mir VORWÜRFE gemacht!" brülle ich ihn an, als er endlich unter mir liegt. Meine Hände sind in dem dünnen Stoff seines Pullovers verkrallt. "Ich dachte, du KILLST mich oder steckst mich ins Gefängnis oder willst mich nie wieder sehen! Ich war kurz davor, mich in deinen Computer zu hacken, wenn ich nur gewusst hätte wie das geht! Ich habe mich mit KAMPFNINJAS und mit deinem Sicherheitssystem angelegt! Alles um diese abgefuckten Beweisaufnahmen zu löschen! Also los - schlag mich, brüll mich an, verklag mich, werfe mich aus dem Haus! Aber komm mir nicht mit ,ICH WEIß'!!" Heftig atmend halte ich inne. Seine Zähne sind zusammengebissen und er sieht aus, als könnte er nicht fassen, dass ich ihn so überrumpelt habe. Oder als hätte er nicht erwartet, dass ich mich das traue. Mich auf ihn zu stürzen und so ... "Nimm die Pfoten von mir", befiehlt er kühl und versucht vergeblich, mich von sich zu schieben. "Ich denke ja nicht dran!" Ich bin kurz davor ihn zu packen und durchzuschütteln. Ich meine, ,Ich weiß'?! Was für eine Reaktion ist das, wenn jemand deine Firma lahm legt?! "Hast du sie noch alle? Wieso bist DU denn wütend?!" zischt er. "Weil ich es hasse, wenn ich dir egal bin!" fauche ich zurück. "Wieso zum Teufel bist DU so wütend?!" "Weil ich es HASSE, was du mit meinem Leben anstellst!" Er öffnet den Mund, um noch etwas zu sagen und schließt ihn dann wieder, als sei er selbst schockiert darüber, was ihm grade herausgerutscht ist. Sekundenlang starren wir uns einfach nur an ... wortlos, atemlos, erschrocken. Irgendwie habe ich grade das Gefühl, dass es hier nicht mehr länger nur um seine lahmgelegte Firma geht ... » Weil ich es hasse ... HASSE ... hasse ... was du mit meinem Leben anstellst. « Seine Worte echoen in meinem Kopf. Seine Brust unter meinen Händen hebt und senkt sich in irrwitzigem Tempo und er liegt ganz still. Atmet nur ein und aus ... und sieht mich aus dunklen Augen an. Ich wage nicht zu blinzeln. Langsam gleitet mir der schwarze Stoff seines Pullovers aus den taub gewordenen Fingern. Meine Gedanken sind chaotisch und ich kriege keine Ordnung hinein. Alles fliegt durcheinander in meinem Kopf, passend zu dem rhythmischen Hämmern meines Herzens. Ich versuche zu verstehen, was hier los ist und was mit mir abgeht - oder mit ihm. Und zum ersten Mal in meinem Leben wünsche ich mir, eine Frau zu sein. Die tun doch immer so, als hätten sie als Einzige das Monopol auf den totalen Gefühlsdurchblick. Vielleicht muss man eine Frau sein, um das alles zu verstehen. Ich vermisse die Untertitel in meinem Leben ... oder Tea, die mit einem Wörterbuch daneben steht und es mir erklärt. Ausnahmsweise ist er der Erste, der die Stille durchbricht. "Egal ...?" wiederholt er. Er seufzt leise und verdreht die Augen, als hätte ich damit etwas unglaublich Dummes gesagt. Das warme, seitliche Licht macht seine scharfen Gesichtszüge weicher. "Du machst mich wahnsinnig. Du bist aufdringlich und laut und penetrant." Er wendet den Kopf ab und fährt sich durch die Haare, die nach meiner Attacke unordentlich und zerzaust aussehen. "Du bist die reinste Pest. Aber ,egal' ... bist du mir wirklich noch nie gewesen ..." Ich starre ihn und schlucke heftig, selbst überrascht davon, was diese Worte in mir auslösen. Dabei war die Hälfte davon nur beleidigend. Eine Menge Menschen haben in den letzten Jahren eine Menge Adjektive benutzt, um unser Verhältnis zu beschreiben, von denen einige mehr und andere weniger schmeichelhaft waren. Das reichte von ,streitsüchtig', ,besessen', pubertäres Machogehabe' (danke, Tea) über "vorübergehende Phase", bis hin zu ,Wasserbüffel, die um Dominanz ringen'. Aber ein Wort ist im Zusammenhang zu uns tatsächlich noch nie gefallen. Egal. Ein warmes, kribbeliges Gefühl steigt in meinem Magen auf, wie Luftblasen in Limonade. Meine Eloquenz erreicht einen neuen Tiefpunkt. Aber das macht nichts ... denn sekundenlang ist meine Achterbahn ganz oben. Ich spüre wie meine Arme nachgeben und lasse mich ihm einfach entgegen fallen. Mein Gesicht stoppt genau vor seinem. Direkt über seinem linken Auge ist die blasse Haut immer noch verfärbt, da wo ich ihn mit der Taschenlampe getroffen habe. Man könnte meinen, wir massakrieren uns, sobald wir nur zusammen in einem Zimmer sind. Ich denke ... ausnahmsweise werde ich um Erlaubnis fragen. "Kaiba ... darf ich ...?" "Was denn noch? Mein Haus in die Luft jagen?" Er hebt eine Augenbraue. "Nein." Er ist soo unromantisch. Egal. Ich bin oben. Er ist unten. Hah! Bitte, noch mal - HAH! Und ich küsse ihn. Zum dritten Mal innerhalb von vierundzwanzig Stunden. Langsam sollte ich mich daran gewöhnen. Aber das ... das ist jedes Mal wieder ein Schocker. Jedes Mal merke ich, wie viel ich davor verpasst habe. Weil da etwas ist an ihm, dass nicht hart und kantig und abweisend ist. Ich will das alles ... und ich will noch viel mehr. Sekundenlang erstarrt er, aber dann spüre ich wie er sich ganz langsam unter mir entspannt. "Musst du immer gegen alle meine Regeln verstoßen ...?" murmelt er, bevor er den Kuss erwidert. "Hm?" Ich kann nicht gleichzeitig küssen und denken - no way. Welche Regeln überhaupt? Dass er nicht geküsst wird? Dass er niemals unten ist? "Ich dachte nicht ..." "Tust du eh nie." Ich hebe den Kopf. "Ach, sei still!" "Sei selber still." Seine Hand wandert in meinem Nacken und zieht mich wieder zu sich hinunter. Werden wir jemals aufhören das letzte Wort behalten zu wollen? Vermutlich nicht ... Meine Haare fallen ihm ins Gesicht und ich spüre seinen warmen Atem auf meiner Haut, als er den Kuss erwidert. Er nimmt die Hand von meinem Nacken. Mit den Fingern schiebt er meinen fransigen Pony über meiner Stirn zusammen, damit es ihm nicht im Weg ist und ich merke, wie seine Mundwinkel zucken, als er versucht nicht zu lachen. "Köter", sagt er. "Schnauze", erwidere ich. Atemlos und zwischen zwei Küssen. Wir werden besser. Diesmal weiß ich, was ich machen muss, damit ich gleichzeitig atmen und denken kann und nichts verpasse. Ich mag seinen Mund ... diesen Mund, den er so unglaublich sarkastisch verziehen kann und aus sonst dem nur Beleidigungen kommen ... und der so sanft ist, wenn er mich küsst. Ich merke, wie meine Knie langsam auseinander rutschen, so dass ich praktisch auf ihm liege. Er ist ganz warm ... und ich habe immer noch Schuhe an ... in seinem Bett ... Ach ... egal ... "Sir?" Plötzliches, unerwartetes Hämmern an der Tür lässt uns schlagartig innehalten. Wir schrecken beinah gleichzeitig hoch. Abrupt spüre ich Hände auf meiner Brust und dann werde ich heftig von ihm hinunter gestoßen. Rücklings und mit einem dumpfen Poltern lande ich auf dem Boden. "Hey-...!" protestiere ich, während ich mich empört wieder aufrappele. Man, das tut doch weh ...! Kaiba schnellt vor und presst eine Hand auf meinen Mund, bevor ich mich beschweren kann. "Shhht!" werde ich wütend angezischt. Er ist blass geworden. Aufgebracht funkele ich ihn vom Boden aus an. Was soll das denn? "Herr Kaiba?" kommt es von draußen. "Ist alles in Ordnung bei ihnen?" "Ja! Ja. Einen Moment." Seine Stimme klingt kühl, kontrolliert, und niemand, der ihn in diesem Moment nicht sehen kann, würde auf die Idee kommen, dass seine Haare durcheinander sind oder vermuten wie schnell er atmet. "Los!" zischt er leise und nimmt die Hand von meinem Mund. Auffordernd deutet er unter das Bett. Häh? Wie jetzt? "Unter das Bett!" verdeutlicht er. "Sofort!" Ne, oder? Das kann nicht sein Ernst sein! "Hast du sie noch alle?" fauche ich leise zurück. Ich bin doch kein heimlicher Liebhaber, den man von dem aufgebrachten Ehemann verstecken muss! Außerdem sind die immer im Schrank ... und nicht unterm Bett! Nicht zu vergessen habe ich immer noch meine Schuluniform an - und die sieht schon lädiert genug aus. Da muss ich nicht noch auf dem Boden herumkriechen. "Keine Widerworte! Wird´s bald?!" Ich kann hören, wie er mit den Zähnen knirscht. "Nie im Leben!" Aufsässig verschränke ich die Arme. Da sind bestimmt Spinnen ... und Ratten ... und Monster ... und ... "Tu es! Oder ich verklage dich! Wegen ... wegen sexueller Nötigung, Hausfriedensbruch, Körperverletzung, Stalking und mit Sicherheit auf Schadensersatz!" Dieser ... Bastard! Ich bin so kurz davor, ihm an die Kehle zu gehen. Aber ein erneutes, nachdrückliches Klopfen an der Tür hält mich davon ab. Ich werfe ihm einen mörderischen Blick zu, bevor ich mich gegen meinen Willen flach auf den Bauch sinken lasse und hastig unter das Bett rutsche. Er steht auf und ich höre, wie es über mir raschelt, als er die lange Bettdecke glatt streicht, so dass sie beinah bis zum Boden reicht. Ich fasse das einfach nicht. "Ja, Roland?" Die Tür öffnet sich und ich ziehe hastig meine Beine an, bevor ich ganz still liege. Hier unten ist es kühl und staubig. Behutsam und so leise wie möglich drehe ich mich auf den Bauch und versuche meinen beschleunigten Atem unter Kontrolle zu bekommen. Ich lege die Arme übereinander, stützte den Kopf darauf ab und seufze leise. Vielen Dank auch, Kaiba ... Ich weiß nicht einmal, wieso ich hier bin. Als ob Roland mich noch nie gesehen hätte ...! Gut, vielleicht waren wir in einer etwas kompromittierenden Situation grade ... aber man, hätten wir nicht einfach sagen können, ich war hier ... um Hausaufgaben zu machen? Schritte nähern sich dem Bett, und als ich den Kopf zur Seite wende, sehe ich sauber polierte, schwarze Lederschuhe. "Sir? Ist alles in Ordnung?" "Natürlich", ist die brüske Erwiderung, und die Matratze bewegt sich ein wenig nach unten, als Kaiba sich darauf niederlässt und die Beine übereinander schlägt. "Was gibt es?" "Ich wollte sie unterrichten, dass unsere Suchaktion bislang erfolglos war. Allerdings habe ich grade von Master Mokuba erfahren ..." Wa-...? Moment! Halt! Stopp! Zurück! Irgendwie habe ich grade das Gefühl, dass ich die ganze Action voll verpennt habe. Was zum Teufel ging den ganzen Nachmittag lang ab? Suchaktion? Nach ... äh mir? Irgendwie habe ich mehr Ärger gemacht, als ich je vorhatte - und das nur weil ich eingeschlafen bin ... "Schon gut", unterbricht Kaiba ihn knapp. "Brechen sie das Ganze ab." "Verzeihung ... Sir?" "Brechen Sie es ab. Ich habe mich ohnehin nur darauf eingelassen, weil Yugi Mutou so ein penetranter Bettler ist." "Wie sie wünschen, Sir. Aber bezüglich dessen, was Master Mokuba sagt ..." Ich kann bis hier unten hören, wie Kaiba mit den Zähnen knirscht. "Ja, das ist mir bekannt. Wheeler war hier." "Genau, Sir." Einen Moment lang ist es still und ich wette, dass Roland auf eine Erklärung wartet. Ja, auf die bin ich auch gespannt! Aber er ist ja nicht Seto Kaiba, weil er irgendjemandem Rechenschaft schuldig ist ... also ist alles, was von seiner Seite kommt, eisiges Schweigen. "Und jetzt ist er ...?" Hey, Roland hat mehr Mumm als man ihm zutraut. Nachzubohren, wenn Kaiba einen so giftig anschweigt, ist echt mutig. Respekt, denke ich grinsend. "... offensichtlich nicht mehr hier." "Seto?" "Mokuba! Du sollst doch schlafen." Kleine Füße in gepunkteten Socken tapsen über den Teppichboden und die Matratze senkt sich kaum merklich, als Mokuba darauf springt. "Wo ist Joey?" Er klingt verwirrt. "Nicht hier." Ja, ja ... nicht mehr da. Der Herr hat sich verabschiedet - unters Bett! Grrrr. Dafür kann Kaiba gleich was erleben. "Er ist weg?" Der Kleine klingt verwirrt. "Ich hoffe, er ist nicht böse auf mich, weil ich ihn nicht geweckt habe ... hätte ich gewusst, dass ihr ihn alle sucht ..." "Du solltest eher böse auf ihn sein, Mokuba." Er klingt streng. "Seinetwegen hast du meine Anweisungen missachtet." "Es tut mir Leid, Seto ..." Der Kleine klingt beschämt. "Aber ... ich fand es auch nicht gut, dass Mika ausgeschaltet war ... Es ist so langweilig ohne sie." "Sie ... hatte einen Defekt. Das weißt du doch." Defekt? Ja, sicher! Ich halte mich grade so davon ab, verächtlich zu schnauben. So kann man es natürlich auch nennen, wenn jemand ausnahmsweise Mal nicht einer Meinung mit Kaiba ist ... Leise ausatmend lege ich den Kopf auf die Arme und schließe die Augen. Staub kitzelt in meiner Nase und ich bemühe mich durch den Mund zu atmen. Es wäre so übel klischeehaft, wenn ich ausgerechnet jetzt niesen müsste. Ich lausche, wie sie da oben über mich reden und versuche so zu tun, als bin ich nicht hier. Nicht existent. Ein kleines Bisschen schmerzt es schon ... Ich bin ihm peinlich. Zu peinlich, um vor irgendjemand zuzugeben, was wir grade gemacht haben ... Zu peinlich um zu zugegeben, dass ich überhaupt in seinem Zimmer bin. Witzig. Ich habe in den letzten Tagen so viel über uns nachgedacht. Über ihn. Mich. Und das ,uns', das daraus werden könnte. Aber ich habe bis eben nicht einen Gedanken daran verschwendet, dass es auch noch eine Außenwelt gibt, die eine Meinung dazu haben wird. Und der irgendwas daran nicht gefallen könnte. Mir ist so ziemlich gar nichts peinlich. Aber ich gebe zu, dass ich den Gedanken nicht sonderlich angenehm finde, Tristan oder Yugi oder Tea zu erzählen, was wir ... Puuuh, neee. Sekundenlang unterhalte ich mich mit dem Gedanken, wie ich Kaiba unter meinem Bett verstecke, während Yugi und ich oben drauf Karten spielen oder Tea mit mir Vokabeln paukt, und verkneife mir ein Grinsen. Unter meinem Bett ist es mehr als nur ein bisschen staubig. Da könnte man vermutlich Biotope züchten. Aber es dauert nicht lange, bis mir wieder einfällt, dass jemandem peinlich zu sein, keine schöne Sache ist ... Liegt es an mir? Hätte er Yugi auch unterm Bett versteckt? Oder Tea? Oder seine toll aussehende Sekretärin? Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass er Michalina vom Bett geschubst hätte ... Sie ist der Typ Frau, von der ich immer gedacht habe, dass Kaiba so jemanden haben will. Sie sieht toll aus und sie ist intelligent und hat ... wie heißt das so schön? Stil. Sie weiß vermutlich immer, wovon er redet. Wir haben alle unseren Leichen im Keller ... nur Kaiba hat einen Joey unter dem Bett. "Geh jetzt ins Bett, Mokuba. Sonst bist du morgen in der Schule müde." Kaibas Stimme klingt an mein Ohr, und obwohl es ein Befehl ist, überrascht es mich einen Moment lang, wie sanft er dabei klingt. Ich spüre, wie die Matratze sich über mir bewegt und ich stelle mir vor, wie Mokuba ihn umarmt. Oder wie Kaiba ihm über die Haare streichelt. Nur ganz kurz. Mit dieser beiläufigen Bewegung, bei der er immer denkt, dass sie keiner sieht. Als ob seine Hand nur ganz zufällig da ist, wo Mokubas Haare grade sind. "Schlaf gut, Seto. Und hoffentlich meldet sich Joey morgen mal ... ich finde es echt komisch, dass er einfach so gegangen ist." "Mach dir nichts draus. Er hat einfach keine Manieren." Ich kann förmlich vor mir sehen, wie Kaiba mit einem maliziösen Lächeln die Arme verschränkt und möchte ihm am liebsten an die Kehle gehen. Er ist so tot ...! "Bringen Sie ihn in sein Zimmer, Roland. Und regeln Sie alles weitere mit den Sicherheitskräften." "Natürlich, Sir." Ich sehe ihren Füßen nach, als sie weggehen und höre, wie behutsam die Tür geschlossen wird. Die Matratze bewegt sich, als Kaiba aufsteht, und ich krabbele hastig unter dem Bett hervor, während er hinter Roland und Mokuba die Tür abschließt. Ich stehe auf und strecke mich ausgiebig, warte auf das befriedigende Knacken meiner Gelenke. Langes Stillhalten ist absolut nicht mein Ding. "Du bist ein mieser Bastard", sage ich beiläufig, während er zurück zum Bett kommt. "Tatsächlich." "Kaiba!" Ich greife nach seinem Arm und blicke ihn finster ihn an. "Mach das ja nie wieder!" Ich meine es ernst. Vielleicht bin ich nur ein kleiner, blonder Versager - aber nicht mal ich verdiene es, unter seinem Bett versteckt zu werden, wie eine zweitklassige Geliebte. Das ist so ... niedrig. Sein Blick wandert von meinem Gesicht vielsagend hinunter zu meiner Hand auf seinem Arm. Unwillig nehme ich die Finger weg. Es dauert einen Moment, bis er antwortet. "Ich hatte nicht direkt eingeplant, dich hier zu finden ...", erwidert er. Es ist keine Rechtfertigung, aber verdammt nah dran. Okay, ich habe ihn überrascht. Zugegeben, man findet nicht jeden Tag Joey Wheeler auf seinem Bett, nachdem man die halbe Stadt nach ihm abgesucht hat. Trotzdem ... "Heißt das, dass ich verschwinden soll?" Blut rauscht in meinen Ohren, weil mein Herz so hämmert. Ich möchte nicht gehen. Er schüttelt den Kopf. "Nicht jetzt." "Nicht jetzt?" Was ist das denn für eine Antwort ... nicht jetzt ... "Ah, versteh schon. Du willst mich loswerden, aber am liebsten so, dass es keiner mitkriegt." Meine Stimme klingt bitter. "Von wegen sexuelle Nötigung ... am Arsch. Als ob du nicht in erster Linie damit angefangen hättest! Wenn es dir nicht passt, was wir tun ...!" Ich mache Anstalten mich umzudrehen, aber sein Arm schießt vor und versperrt mir den Weg. "Das habe ich nicht gesagt!" Unfreundlich ist das Kaiba- Äquivalent zu aufrichtig. "Setz dich", befiehlt er und deutet auf das Bett. "Nein!" "Joey ..." "Wenn wir uns erstmal setzen, dann fangen wir wieder an, mit dem ... damit." Nachdrücklich verschränke ich die Arme. "Entweder damit - oder ich bringe dich diesmal wirklich um." Ich weiß es, okay? Egal, wie sauer ich grade auf ihn bin - wenn wir einmal auf dem Bett sind, dann landen wir wieder kreuz und quer übereinander. Es ist, als ob wir letzte Nacht etwas losgelassen haben zwischen uns ... etwas, das sich nicht mehr einsperren lässt. "Schön, dass du mich für so unwiderstehlich hältst ..." "Grrrr, ich warne dich ...!" Kaiba schließt sekundenlang die Augen und atmet tief durch. "Setz dich. Bitte." Das letzte Wort wird mir so viel Widerwillen hervorgepresst, als müsste er sich zwingen, es zu sagen. Er öffnet die Augen wieder und sieht mich direkt an. "Ich will verhandeln." "Nicht auf dem ..." "Herrgott, mein Bett ist drei Meter breit! Wenn es dich glücklich macht, gehe ich auf die andere Seite." Ich nicke zögernd. Aber gut, es ist sein Leben, das auf dem Spiel steht. Lächerliche drei Meter werden mich nicht davon abhalten, ihn zu meucheln. Steif lasse ich mich auf die Kante sinken. Er verdreht die Augen und wirft mir einen Blick zu, als sei ich nicht ganz dicht, aber er geht tatsächlich einmal um das Bett herum. Diese Verhandlungssache muss ihm echt wichtig sein. "Und? Denkst du, du kannst so die Finger von mir lassen?" Spöttisch verschränkt er die Arme, als er sich ebenfalls hinsetzt. "Kaiba!" Aufgebracht werfe ich ein Kissen nach ihm, aber er fängt es lässig mit einer Hand ab. Arroganter Bastard. Ich streife meine Schuhe ab und kicke sie mit einem dumpfen Knall auf den Boden. Es bringt mir einen missbilligenden Blick ein, aber das könnte mir grade nicht weniger egal sein. Wenn ich mich schon von ihm beleidigen lasse, kann ich dabei auch bequem sitzen. Ich krabbele auf hoch zum Kopfende, strecke die Beine aus und stapele einen Haufen Kissen hinter meinen Rücken. Zwei behalte ich als potentielle Wurfgeschosse neben mir. Man weiß ja nie. "Bist du endlich fertig?" Ich nicke gnädig. "Du kannst." "Schön. Machen wir es kurz." Er setzt sich ebenfalls so, dass er am Kopfende lehnt, aber die versprochenen drei Meter Abstand sind immer noch zwischen uns. "Wir brauchen ein paar Grundregeln, damit das Ganze nicht noch mehr außer Kontrolle gerät, als es ohnehin schon ist." Ein erneuter Kaiba-Augenblick, wo ich nur darauf warte, dass er einen Beamer aus dem Ärmel schüttelt und ein paar Statistiken und Graphen an die Wand wirft. Na ja, ich bin ja schon froh, dass er überhaupt zugibt, dass da irgendetwas ist, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. "Erstens ..." Ich sehe schon die erste Tabelle vor mir ... " ...ich will, dass du dich bei Mokuba entschuldigst." Er klingt streng und unnachgiebig, aber wenigstens nicht so, als ob ich demnächst damit rechnen muss, eine Briefbombe vor meiner Haustür zu finden. "Mach das ja nie wieder. Du hast ihn angelogen, nur damit er dich hereinlässt und meine Anordnungen missachtet." Ich nicke und fühle mich plötzlich wie ein Wurm. Innerlich sehe ich Mokubas erfreut strahlende Augen vor mir, die mich vertrauensselig ansehen. Gott, was bin ich für eine niedrige, verachtenswerte Kreatur ... "Ja, okay." "Benutze ihn niemals, um an mich heranzukommen oder weil du irgendetwas von mir willst. Niemals." "Pfadfinderehrenwort." "... du bist kein Pfadfinder." "Ich meine es trotzdem ernst!" Ehrlich. Ich hatte nicht vor, irgendjemanden zu benutzen, wenn ich was von Kaiba will. Am allerwenigstens den kleinen Puschel. Ich hätte es auch nicht gerne, wenn Kaiba sich an Serenity ranmacht, wenn er irgendwas von mir will. "Zweitens - du kommst nicht mehr in meine Firma, während ich arbeite." "Einspruch!" "Jetzt schon?" "Ja, man!" Ich ziehe die Beine an und wende mich zu ihm. "Du arbeitest andauernd! Du bist so gut wie immer in der Firma! Wann soll ich dich dann überhaupt belästigen? Ich wette, ,Drittens' ist, dass ich das in der Schule auch nicht darf!" "Korrekt." Ich werfe ein Kissen nach ihm. Es fliegt haarscharf an seinem Kopf vorbei und er hebt eine Augenbraue. "Nett, Joey. Wirklich ... nett." "Ich will meine halbe Stunden Joey-Zeit!" erwidere ich aufsässig. "Ja, in Ordnung", knurrt er. "Aber nicht jeden Tag zwanzig Stück." "Keine Sorge, ich habe auch noch ein eigenes Leben!" Als ob ich so an ihm hängen würde ... tz. "Dank dir darf ich die nächsten Wochen sowieso erstmal pausenlos Nachsitzen." "Viertens", er wirft mir einen vielsagenden Blick zu. "Sieh bitte ihn Zukunft davon ab, meiner Firma weitere Schäden zuzufügen." "Ähm ... ähem ..." Verlegen nicke ich. Ich bin echt überrascht, dass er das so gelassen hinnimmt. Ich dachte wirklich, er würde mich erwürgen oder so. "Sorry ... ehrlich ..." "Wie auch immer. Auf diese Weise haben meine Techniker wenigstens dieses bedenkliche Sicherheitsleck gefunden." So kann man es natürlich auch sehen. "Fünftens ... du wirst es niemandem sagen." Seine Worte hängen in der Luft und ich halte inne. Da ist es wieder, dieses ekelhafte Gefühl ... dass ich nichts weiter als eine Leiche in seinem Keller bin. "Ich hatte nicht vor, es an die Wände zu sprühen und in der Zeitung bekannt zu geben ...", sage ich leise. Nachdrücklich sieht er mich an. "Nein. Niemandem. Auch nicht deinen kleinen, lächerlichen Freunden. Aber vor allem nicht Mokuba." Ich atme aus. Und wieder ein. Ich suche nach irgendwelchen passenden Worten, die ihm zeigen, wie arsch ich das von ihm finde ... wie daneben ... und wie verletzend ... und ... und ich finde einfach keine. Das ist fast so schlimm, wie meine Mutter ... die vor ihren Nachbarn nicht einmal zugeben kann, dass sie auch noch einen Sohn hat ... Abrupt stehe ich auf und wende ihm den Rücken zu. "Joey." "Du kannst mich mal." Ich atme tief durch und bleibe stehen. Argh. Ich will nicht davonlaufen. "Hör zu, das muss ich mir nicht geben!" fauche ich und fahre herum. "Ich bin keine billige Geliebte, der du ein paar Scheine auf den Nachttisch legst, und dann hält sie den Mund und nervt dich nicht länger. Ich bin auch keins deiner Computerprogramme, die du an- und ausschalten kannst, wie es dir passt! Wenn es das ist, was du suchst, dann bin ich offensichtlich vollkommen falsch für dich." "Natürlich bist du vollkommen falsch für mich!" Ich stürze zurück auf das Bett und schnappe mir ein Kissen. Er zuckt nicht mal zusammen, als ich ihn damit treffe. "Vielen Dank, du Bastard, das wollte ich hören!" Das nächste Kissen fängt er grade noch ab, bevor es ihn trifft. "Verdammt Joey, das ist albern ...!" Federn fliegen um sein Gesicht wie Schneeflocken. Irgendein Kissen habe ich bestimmt grade kaputtgemacht. "Nein, ist es nicht! Ich habe nicht vor, mich mit den Staubflocken unter deinem Bett auf Dauer anzufreunden!" Tag, Staubflocke, mein Name ist Joey und ich knutsche mit deinem Boss. N.I.E.M.A.L.S! Er schnellt vor und packt mein Handgelenk, bevor ich das nächste Kissen nach ihm werfen kann. "Hör mir gefälligst zu!" "Bastel dir doch einen Roboter! Den kannst du nach Gebrauch wieder in den Schrank stellen, wenn er dich nervt. Aber mich nicht, okay?!" Kaiba ist nie ein Mensch großer Worte gewesen. Ruckartig zieht er mich nach vorne, so dass ich das Gleichgewicht verliere und in dem Berg aus Kissen lande, den ich vorhin noch angestapelt habe. "Denkst du ernsthaft, ich würde mir die ganze Mühe machen, wenn es nur um die Befriedigung ein paar durcheinander geratenen Hormone ginge?!" faucht er. "Trau mir doch bitte so viel zu, dass ich mich dahingehend unter Kontrolle habe." Ich spucke eine Feder aus und rappele mich aufgebracht wieder auf. "Unter Kontrolle? Nicht bei mir!" "Nein." Er atmet tief durch. "Nicht ... bei dir." Ich blinzele überrascht und lasse das Kissen sinken, dass ich mir grade geschnappt habe. Kaiba ... räumt eine Schwäche ein? Wo ist ein Kalender, wenn man mal einen zum rot Anstreichen braucht? Er hat sich nie unter Kontrolle bei mir ... Stimmt auffallend. Er ist bei keinem anderen so rachsüchtig, kleinlich, aufbrausend, kindisch und besessen, ihn am Boden zu sehen, wie bei mir. Soll ich mich jetzt geschmeichelt fühlen? "Und genau das ist der Punkt", fährt er fort. "Das ... und die Tatsache, dass du vermutlich nicht in den nächsten Tagen nach Alaska verschwindest, so dass ich dich nicht mehr vor Augen habe." Ich werfe ihm einen schiefen Blick zu. "Man kann Menschen auch was Nettes sagen, ohne dass es als Beleidigung getarnt ist, weißt du?" "Möglich. Wer sagt, dass es nett gemeint war?" "Wieso darf ich es meinen Freunden nicht sagen?" entgegne ich und kicke ein störendes Kissen mit dem Fuß beiseite. Kaiba wirft ihm einen leidgeprüften Blick hinterher, bevor er antwortet. "Ich weiß nicht, ob es dir klar ist - aber ich muss eine Firma leiten. Ich kann mir keine Skandale in irgendeiner Richtung leisten." "Denk mal scharf nach, Kaiba. Ich werde in meiner Strasse verprügelt, wenn irgendjemand erfährt, dass du und ich ... Denkst du, ich bin scharf drauf, es an die große Glocke zu hängen?" Mein Vater würde mich mit Sicherheit rauswerfen. "Joey ... ich bin siebzehn." "Ja und? Ich auch. Schicksal würde ich sagen." "Du verstehst es nicht, oder?" Er lässt sich in den Berg Kissen sinken und legt eine Hand an die Stirn. "Ich verstehe was nicht?" Er wendet sich ab und fährt sich durch die Haare. Es dauert einen Moment, bis er weiterredet. "Ich habe das Sorgerecht für Mokuba." Ich öffne den Mund und schließe ihn wieder. Daran ... daran habe ich überhaupt nicht gedacht. "Es war nicht leicht zu bekommen - aber ich habe es. Tausend Sondergenehmigungen und Anträge, jede Menge Papierkram, den ich Roland aufhalse. Ein paar Bestechungen und eine Dame vom Jugendamt, die mir jeden Monat einmal auf die Nerven fällt. Ich hatte bisher eine Menge Glück, weil sie nie in der Nähe war, wenn Mokuba mal wieder von Psychopathen entführt worden ist, die die Weltherrschaft an sich reißen wollten. Und ich habe nicht die Absicht, es zu verlieren ... nur weil sie mich für einen unangemessenen Erziehungsberechtigten hält." Das muss ich erstmal verdauen. Ausgerechnet Kaiba ist ein Minderjähriger, dem die Behörden genauso auf den Keks gehen, wie uns Normalsterblichen. Irgendwie witzig, dass das Jugendamt bei Mokuba so einen Aufstand probt und bei mir nie einer vorbeischaut ... Andererseits bin ich verdammt froh darum. Ich wäre ziemlich im Eimer, wenn sie mich Zuhause rausholen und in ein Heim verfrachten. Wer hätte gedacht, dass auch Kaiba nicht alle Probleme mit genügend Geld beseitigen kann. Das ist vielleicht der Grund, wieso er sich seine Freizeit mit Kartenspielen vertreibt. Drogen, Sex und Alkohol sind da wohl nicht drin, was ...? Wir liegen erhitzt in einem Berg zerknautschter Kissen und die ursprünglichen drei Meter Abstand sind auf weniger als einen halben Meter geschrumpft. Ich wende den Kopf und sehe ihn an. Diese Beziehung gestaltet sich wie ein einziger Ringkampf. Nein ... wie Tauziehen. Tauziehen auf schlammigen Boden. Mitten in einem Gewittersturm. Er zieht auf seiner Seite und ich ziehe auf meiner, und wir sind beide nicht bereit und willens, auch nur einen Millimeter nachzugeben. "Okay ...", sage ich schließlich. Er hebt fragend den Kopf. "Ich schweige", fahre ich fort. "Und ich bleibe vorerst dein schmutziges, kleines Geheimnis." Eine seiner Augenbrauen zuckt nach oben und er sieht aus, als weiß er nicht genau, wie er das finden soll. "Ich meine es ernst", beteuere ich. "Wenn du willst, erzähle ich dir irgendein peinliches Geheimnis von mir, dann kannst mich damit erpressen. Wie damals, als Tristan und ich acht waren und wir ..." Sein Gesicht nimmt einen seltsamen Ausdruck an, irgendwo zwischen dem angestrengten Versuch nicht zu lachen, und einer plötzlichen Faszination, so als ob er mich noch nie zuvor gesehen hat. "Danke", erwidert er trocken, "aber ich denke, ich verzichte auf dieses ... Privileg." Jetzt fragt sich nur, wie lange das Seil hält. Entweder reißt es unter dem Druck. Oder wir rutschen irgendwann auf dem matschigen Boden aus ... und fallen uns einfach entgegen ... Wo wir es grade mit Privilegien haben ... "Hey, Seto ...?" "Hm?" Ich lächele breit und kuschele mich tiefer in den Berg aus Kissen. "Nichts. Wollte nur sehen, ob du darauf reagierst." ^tbc^ Nachtrag: Warum Seto so viele Kissen auf seinem Bett hat? Erstens - drei Meter müssen ja irgendwie gefüllt sein (XD) und zweitens - ich konnte mir das einfach zu gut vorstellen, wie ein übereifriges, berüschtes Zimmermädchen ihm jeden Morgen tonnenweise frische Kissen aufs Bett stapelt. *hust* Nachtrag 2: Da ich regelmäßig gebeten werde Leuten Bescheid zu sagen, wenn ich update (und das genauso regelmäßig vergesse *in Grund und Boden schäm*) kann ich allen, die es interessiert nur empfehlen, meinen Animexx-Weblog zu abonnieren. Da schreibe ich eigentlich nur Updates über Geschichten rein - ihr werdet also von sonstigem Gelaber verschont. ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)