Kaibas Herz von Idris (Seto x Joey) ================================================================================ Kapitel 6: Reinfall ------------------- Warnungen für dieses Kapitel: Joey leidet, Kaiba ist ein Arsch (sorry ^^*) , Auftauchen eines OC's (die ich normalerweise hasse), eine sexuelle Belästigung *drop*, der übermäßige Gebrauch des Wortes 'Bastard', die Misshandlung und Zerstörung einer unschuldigen Kappe, und ein Cliffhanger - viel Spaß damit. ^^ Feedback: Immer her damit. ^^ ~ You know, with love comes strange currencies And here is my appeal: I need a chance, a second chance, a third chance, a fourth chance A word, a signal, a nod, a little breath ... Just to fool myself, to catch myself, to make it real ... ~ (R.E.M "Strange Currencies") *** Ich habe ein déjà vu. Ich habe ein déjà vu und es regnet. Schon wieder stehe ich vor einem riesigen, geschlossenen Eingangstor und weiß nicht, ob ich wütend auf ihn sein soll. Nur, dass ich mir diesmal nicht überlegen muss, was ich auf einen kleinen, bunten Zettel schreibe. Und dass das Tor diesmal nicht zu seinem Zuhause, sondern zu dem gigantischen Hauptsitz der Kaiba Corp. gehört. Und dass es diesmal regnet. Ich weiß, dass ich verrückt bin, okay? Hierher zu kommen ... und zu erwarten, dass er ernsthaft mit mir redet. Natürlich ist schon geschlossen. Immerhin ist es praktisch schon dunkel. Aber es brennt noch Licht ... ganz oben, in der Chefetage. Genau wie ich erwartet hatte. Das ist er ... bestimmt. Ihm ist zuzutrauen, dass er so lange Überstunden macht. Dieser Vollidiot. Penner. Arroganter Bastard. Und ich sollte überhaupt nicht hier sein. Ich sollte Zuhause sein und meine Wunden lecken. Die Schulschwester meint, ich habe mehr Glück als Verstand gehabt. Und einen verdammt harten Schädel. Aber mir war gleich klar, dass ich keine Gehirnerschütterung habe. Immerhin hat er das doch ... » "Du siehst echt nicht gut aus. Du hättest überhaupt nicht in der Schule sein sollen in deinem Zustand." "Sag nicht ,in deinem Zustand'! Das klingt, als ob ich schwanger wäre ... Außerdem hat er doch gesagt, dass ich keine Gehirnerschütterung habe." "Und wenn schon! Vertrauen wir jetzt etwa Seto Kaiba? Was sind denn das für neue Sitten?" « Ich gebe zu, dass mir darauf keine Antwort mehr eingefallen ist. Er mag ja ein arroganter Bastard sein, aber in den meisten Fällen weiß er, was er sagt. Denke ich. Hoffe ich! Ich muss daran denken, wie ewig lang er mir heute Morgen in die Augen gesehen hat. Auf der Straße ... als er neben mir gekniet hat. Mit diesem ernsthaften, sachlichen Ausdruck im Gesicht, als ob er mich ausnahmsweise mal wie eine ernste Sache betrachten würde und nicht wie eine Witzfigur. Mit seinen viel zu blauen Augen ... Komisch, das hat die Schulschwester nicht getan ... Seufzend bleibe ich stehen und fahre mir durch die feuchten Haare. Es tropft langsam und kalt in meinen Kragen. Ich schaudere. Er macht mich verrückt. Ich bin verrückt gewesen, hier herzukommen, so sieht es aus. » "Ich bin immer noch dafür, das ganze vernünftig anzugehen. Warte einfach, bis er das nächste Mal in der Schule auftaucht und rede mit ihm. Es kann doch nicht so schwer sein, ihn dazu zu bewegen, dir Schadensersatz zu leisten." « Vernünftig, ja? Dieses Wort ist leider so ziemlich das letzte, was die Beziehung zwischen Kaiba und mir auch nur annähernd beschreiben kann. Wir sind einfach nicht ... vernünftig zueinander. Wenn wir vernünftig wären, wäre ich nicht hier. » "Soll ich ihn für dich festhalten und du verprügelst ihn?" « Ja, das klingt schon eher nach uns. Tristans Vorschlag hatte doch etwas für sich. Wieso habe ich ihn eigentlich nicht angenommen? Das liegt daran, weil ... » "Du willst gar kein Geld von ihm, nicht wahr? Keinen Schadensersatz, meine ich. Und kein Fahrrad." "Nein ..." "Dachte ich mir..." « Soweit die Meinungen meiner drei besten Freunde. Tea ist empört, aber entschlossen, weiterhin pazifistisch zu bleiben und auf der Basis der Vernunft zu argumentieren. Tristan ist nur empört, und bereit alles zu tun, um es Kaiba heimzuzahlen. Und Yugi ist ... Seltsam. Definitiv seltsam. Er hat seltsam gelächelt und seltsame Dinge gesagt. Kurz - er war richtig seltsam. Ich kann gar nicht beschreiben, wie seltsam er war. Während Tea, Tristan und ich uns die Köpfe heiß diskutiert haben, was ich jetzt tun soll, hat er daneben gestanden und sah aus, als würde er mit sich selbst reden. Nun, vielleicht hat er das. Also, nicht mit sich selbst, sondern mit Yami, und ich bin nicht sicher, ob ich wissen will, was die Beiden über mich zu sagen hatten. Und jetzt ... bin ich hier. Nass. Allein. Wieso allein? Bei Tristan hatte ich Bedenken, dass er wirklich anfängt, sich mit Kaiba zu prügeln, wenn ich ihn mitnehme. Und ich hänge eben doch zu sehr an meinem Kumpel, als dass ich ihn ohne weiteres von Kaiba auseinander nehmen lassen würde. Tea wollte nicht aufhören mich zu bemuttern, und sie hätte mich schon längst überredet nach Hause zu gehen und mich hinzulegen. Und Yugi ... Yugi war definitiv zu seltsam. Ich hatte die ganze Zeit den Eindruck, dass er etwas über mich weiß, was ich selbst noch nicht weiß - und ich bin nicht sicher, ob ich das gut finden soll. Deswegen bin ich alleine hier. Ohne Beistand. Aber ich schaffe das. Genau. Glaub an dich, Joey! Ich atme tief durch und hebe entschlossen die Hand. Hier ist nur ein einziger Knopf auf den man drücken kann - hoffentlich ist das die Klingel und nicht der Feueralarm oder so was. Aber was habe ich zu verlieren ... noch viel nasser kann ich auch nicht mehr werden. "Guten Abend", kommt eine leicht metallisch klingende Frauenstimme aus der Sprechanlage. Sie kommt mir vage bekannt vor, aber ich kann sie nicht zuordnen. "Äh ... hi?" sage ich vorsichtig. Wie auf Kommando werden tausend Überwachungskameras langsam und bedrohlich in meine Richtung geschwenkt. Ich lächele nervös und versuche nicht wie ein Terrorist auszusehen. "Wir haben zurzeit geschlossen", leiert sie herunter. "Bitte besuchen sie uns zu unseren offiziellen Geschäftszeiten. Diese sind Mo.-Fr. von 8.00 bis..." "Ähm ... tut mir leid, das ist ein Notfall." unterbreche ich. Moment ... Hat es Sinn, einen Computer zu unterbrechen? "...19.00 Uhr und Sa. von 8.30 bis 15.00 Uhr. Außerhalb unserer Geschäftszeiten kontaktieren sie uns bitte über ..." Ich verdrehe die Augen. Wen interessiert das? Nachdrücklich drücke ich auf dem Knopf herum, in der Hoffnung diesen Programmpunkt zu überspringen. "Sehr schön, wirklich - ich will doch nur ..." "Würdest du mich gefälligst ausreden lassen, du kleiner Punk?" Eine der unzähligen Überwachungskamera wird drohend näher auf mich gefahren. "Punk?" wiederhole ich ungläubig und starre in die Kamera. Und ziehe in Erwägung, dass das doch kein Computer ist. "Ja, du da, mit den gefärbten Haaren!" Sie zeigt auf mich. Das heißt ... so weit eine Kamera eben zeigen kann. "Hey! Meine Haare sind nicht gefärbt!" Schneller als ich reagieren kann, saust sie zu meinem Kopf und ich komme mir vor, als würde ein Hund an mir schnüffeln. Erschrocken hüpfe ich zur Seite. "Tatsache ..." murmelt die Frauenstimme. "Kein dunkler Ansatz." "Natürlich nicht! Ich bin von Natur aus blond!" Und stolz drauf. Tz ... "Was du nicht sagst, Schätzchen." Sie klingt herablassend. "Nun ja, es gibt nur einen todsicheren Weg das herauszufinden ..." Langsam fährt sie die Kameras tiefer. "Aber dafür müsstest du die Hosen herunterlassen." Bitte ... WAS? Hastig halte ich meine Hände vor den Schritt - reine Vorsichtsmaßnahme, falls hier gleich irgendwelche computergesteuerten Greifarme auftauchen und an meiner Hose zerren. Das darf nicht wahr sein. Ich werde SEXUELL BELÄSTIGT! Ich meine ... von einer ÜBERWACHUNGSKAMERA! Von ... KAIBAS Überwachungskamera! "Finger weg!" knurre ich bissig. "Schüchtern, Kleiner?" "HALLO?!" Zu meiner persönlichen Demütigung werde ich rot. Ich bin nicht schüchtern. Aber ich steh auch nicht unbedingt darauf, wenn wildfremde Computerfrauen über die Farbe meiner Schamhaare spekulieren! "Hören sie ... ich will doch nur noch mal kurz rein gelassen werden ... bitte!" "Sind wir die Wohlfahrt?" kommt schnippisch zurück. "Wir haben längst Feierabend. Um diese Uhrzeit ist niemand mehr da." "Aber in der oberen Etage brennt doch noch Licht!" "Wir sind wohl ein ganz Schlauer, was Blondie?" erwidert sie herablassend. "Hier sind nur noch ich - und der Boss. Und den wollen wir sicher nicht stören, oder?" Der Boss? Ihr Boss? Boss wie in Seto Kaiba-Boss? Bei näherer Betrachtung ...wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es hier noch einen Boss gibt, außer ihm? "Und wie ich den stören will!" rutscht es mir heraus. Die Kamera fährt wieder näher auf mein Gesicht zu. Entschlossen funkele ich sie an. "Ich will zu Kaiba. Jetzt!" "Du bist hier wegen einem Termin mit der Chefetage?" Ich nicke eifrig. "Ja, genau." Chefetage? Man, bin ich wichtig. "Verstehe." Sofort klingt sie entgegenkommender. "Das ist natürlich was vollkommen anderes. In welcher Angelegenheit wollen sie Seto Kaiba sprechen? Geschäftlich oder privat?" Na endlich. Vielleicht habe ich heute doch noch Glück. Wenigstens einmal an diesem beschissenen Tag. Erleichtert fahre ich mir durch die Haare. "Privat." "ÄTSCH! Pech gehabt, du Punk - Seto Kaiba vergibt keine privaten Termine!" "WAAS?! Nein - Moment!! Ich meinte, geschäftlich! Geschäftlich!!" "Tja, das hätten wir uns wohl ein bisschen früher überlegen sollen, was? Haha!" "Grrr! Du miese, kleine ..." Ich bin so kurz davor, sie zu erwürgen! "Sprich dich ruhig aus, Blondchen ... Ich mache in der Zeit Feierabend." Die Kameras surren zurück. "Was?! Nein! Nicht doch ...! Bitte!" Verzweifelt versuche ich sie aufzuhalten. "Warten sie! Ich brauche ganz dringend einen geschäftlichen Termin mit Seto Kaiba!! BITTE! Ich lasse auch meine Hosen runter, wenn es sein muss! Ich ..." Ich bin nur noch Millisekunden vor meiner persönlichen Demütigung entfernt, als plötzlich ... "Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich es schmeichelhaft oder schlichtweg bedenklich finden soll, dass du deine Hose für mich herunterlassen würdest ..." ertönt es hinter mir. "Was mir allerdings ganz neu ist, ist, dass wir beide Geschäfte miteinander zu erledigen hätten, Köter. " Mein Herz bleibt stehen. Ich bleibe stehen. Sogar die Kameras bleiben stehen. Es ist wie im Film. Es ist wie Zeitlupe in einem Film, und ich warte eigentlich nur noch auf die passende Musik im Hintergrund. Was ... macht der denn hier? Langsam drehe ich mich um. Er hat die Arme verschränkt und lehnt auf der anderen Seite des Eingangstors an der Wand. Größer, schlanker und eleganter, als das jemals ein anderer Mensch hinbekommen würde. Sein langer, dunkelvioletter Mantel schwingt stilvoll um seine Beine, so als hätte er sich eben noch bewegt. Und im Gegensatz zu mir, hängen ihm seine Haare nicht wie ein nasser Wischmopp im Gesicht ... sie sehen sogar trocken aus, obwohl er genau wie ich mitten im Regen steht. Verwirrt sehe ich ihn an. Irgendetwas stimmt mit diesem Bild nicht. "Kaiba ...?" frage ich unsicher. Ist das etwa ein Hologramm? "Köter." Er hat einen Mundwinkel zu einem kleinen, spöttischen Lächeln verzogen. Oh man ... das ist ein Hologramm. Es flackert sogar ein wenig, wenn man genau hinsieht. Scheinbar verträgt die moderne Technik auch keinen Regen. Nur seine Stimme ist original die echte dunkle, leicht unterkühlte Kaiba-Tonlage. Also redet er wirklich mit mir. "Würdest du mir verraten, wieso du hier grade so einen Aufruhr veranstaltest? Müssten kleine Kläffer wie du, um diese Uhrzeit nicht schon längst im Bett sein?" "Sir, ich habe versucht ihn zu vertreiben, aber er hat nicht aufgehört mich zu belästigen ..." ertönt es von allen Seiten. "Gar nicht wahr! Es ist ... alles nicht so, wie du denkst! Ich ... ich wollte ja nicht einmal einen Geschäftstermin - aber die blöde Schachtel sagt, du vergibst keine privaten Termine ... Und ich wollte auch nicht meine Hose runterlassen, aber sie hat mir ja nicht geglaubt, dass ich blond bin ... und ..." versuche ich atemlos zu erklären und werfe der Überwachungskamera, die am dichtesten um mich herumkreist, einen bösen Blick zu. "Wer ist das überhaupt - deine Sekretärin?" "Sekretärin?!" Sie klingt empört. "Hat sich was mit Sekretärin, du kleiner Punk! Pass auf was du sagst - sonst brenne ich dir eins mit meinen Lasern auf den Pelz!" "Genauer gesagt, ist das M.I.C.A", erklärt Kaiba ruhig und völlig unbehelligt von dem Kleinkrieg vor seinen Augen. Er hebt den Kopf und wirft mir einen abschätzigen Blick durch die Gitterstäbe zu. "Was willst du hier?" "Mika?" wiederhole ich dümmlich. "M.I.C.A., du Kleinhirn" er verdrehte die Augen. "Steht für Microtechnology-Intranet-Communicator-Assistant". Ich blinke. "Äh ... und das bedeutet?" "Das bedeutet, dass M.I.C.A. tausend Dinge kann, für die dein mickriger IQ noch nicht hoch genug entwickelt ist, und es vermutlich auch nie sein wird." Die Überwachungskameras nicken zur Bestätigung. Ich werfe ihnen einen bösen Blick zu. Muss er eigentlich immer das letzte Wort haben? Arroganter Bastard! Trotzdem bin ich gegen meinen Willen irgendwie beeindruckt von ihm. "Ist das eine von deinen Erfindungen?" "Siehst du hier noch ein Genie außer mir?" Wütend knurre ich ihn an. "Schon gut. Erspar es mir. Wenigstens weiß ich jetzt, von wem sie ihren freundlichen Charakter hat. Bescheidenheit, Liebenswürdigkeit - das klingt ja wirklich ganz nach dir." Statt darauf einzugehen, verzieht er nur das Gesicht, als hätte ich etwas besonders Dummes gesagt. "Hör zu, Köter ... ich muss arbeiten und ich habe absolut nicht genug Zeit, um sie an dich zu verschwenden. Also - komm zur Sache. Was. Willst. Du hier?" Natürlich ... hat er keine Zeit. Wie komme ich nur auf die verrückte Idee, dass der große, der wichtige, der superbeschäftigte Seto Kaiba sich ausnahmsweise Zeit für einen kleinen, nassen Hund nehmen könnte?! Entschuldige bitte, das muss wirklich ein kompletter Denkfehler von mir gewesen sein. Sie haben einen hässlichen Stachel, diese Worte, und er bleibt stecken ... auch wenn ich versuche, mir das nicht anmerken zu lassen. Das ist er. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Ich kann spüren, wie meine Hände sich wie von selbst zu Fäusten ballen. Dieser ... Bastard! Er hält es nicht einmal für nötig, mir das Tor zu öffnen ... denkt er wirklich, dass er mich so schnell abwimmeln kann? Geht es ihm denn immer nur darum, mich möglichst schnell wieder loszuwerden? "Was ich hier will?" fauche ich zurück. "Du bist witzig! Ich bin hier, weil ich einen beschissenen Tag hatte und alles DEINE Schuld ist! Und jetzt lass mich gefälligst rein und stell dich deiner Tracht Prügel, wie ein Mann!" Sein Hologramm hebt eine Augenbraue. Wütend trete ich näher an das Gitter. "DU hast mich angefahren! Deinetwegen ist mein Fahrrad ein Haufen Schrott! Und dann hast du mich auch noch zur Schule gebracht, du egoistischer Mistkerl ...!" "Also mir kam das noch wie ein selbstloser Akt reiner Nächstenliebe vor ..." "Ja sicher. Deswegen hassen mich jetzt auch alle 639 Mädchen unserer Schule - und ja, ich weiß, dass es so viele sind, weil ich genau so viele Drohbriefe in meinem Schrank gefunden habe! Vielen Dank auch! Jetzt ist dein gesamter, gottverdammter Fanclub wütend auf mich, weil sie wissen, dass du mich zur Schule gebracht hast - und sie hassen MICH dafür! Als ob ich was dafür könnte! Ich war bestimmt nicht scharf darauf in deinem 500.000 Dollar Ferrari durch die Gegend kutschiert zu werden!" Aufgebracht wedele ich mit den Armen. Ich meine, es ist schon irgendwie eine gewisse bittere Ironie des Schicksals, wenn man es sich recht überlegt. 639 Mädchen sitzen jetzt vermutlich frustriert zu Hause und sind damit beschäftigt, mich zu hassen - weil ich ein einziges Mal ihrem angebeteten Sexgott so nah sein und meine dreckigen Turnschuhe auf seinem 500.000 Dollar Armaturenbrett abstützen durfte ... und ich habe im Endeffekt nichts als Scherereien dadurch. Und er und ich ... hassen uns mehr als je zu vor. "Mein ... Fanclub ...?" wiederholt er gedehnt. "Ja! Tu nicht so, als ob du nicht wüsstest, dass du einen hast!" Weiß der Geier, was sie alle so toll an ihm finden. Er zuckt mit den Schultern. "Ich dachte, ich hätte ihn per Gerichtsbeschluss untersagen lassen." "Ist mir vollkommen egal! Tatsache ist, dass ich nicht mehr über den Schulhof laufen kann, ohne dass sie mir böse Blicke zuwerfen - oder faule Eier! Bald muss ich nach Australien auswandern oder die Schule wechseln oder mich umbringen! DEINE Schuld!" Wenn nicht die Gitterstäbe zwischen uns wären, würde ich ihn jetzt erwürgen - Hologramm hin oder her. Wütend funkele ich ihn an. "Außerdem bin wegen dir schon wieder zu spät zu Englisch gekommen! Und jetzt darf ich eine Woche lang Nachsitzen - was ebenfalls deine Schuld ist! Und außerdem ..." Ich hole tief Luft. "... habe ich heute meinen Job verloren! Beide Jobs!" "Entschuldige - ich muss lachen." Der Arsch klingt tatsächlich amüsiert. Also ehrlich ... irgendwie behandelt er das Ganze nicht mit dem gebührenden Ernst! "Wie bitte, hast du es geschafft, an einem Tag zweimal gefeuert zu werden?" "Ha ha! Ja, lach mich ruhig aus! Dreimal darfst du raten, wer dafür verantwortlich ist! Weil ich jetzt kein Fahrrad mehr habe, kann ich keine Zeitungen mehr austragen. Und weil ich so oft nachsitzen muss, kann ich abends nicht mehr bei ,Dinos Pizza' arbeiten! Und das ist alles DEINE Schuld! Und dann bin ich nicht rechtzeitig nach Hause gekommen ... weil ich kein Fahrrad mehr hatte, und dann war es schon zu spät ...und ..." miserabel senke ich den Kopf. "... mein Vater hat den Kuchen gegessen." "Kuchen?" "Den Kuchen! Den ... Hundekuchen." Es liegt mir auf der Zunge zu sagen ,Deinen Kuchen' aber nachher, bildet er sich noch was drauf ein. Oder darauf, dass ich ihn aufgehoben habe. "Ich habe ihm gesagt, dass er ihn nicht essen soll ... aber er hat mir vermutlich nicht zugehört ..." Ich fahre mir über die Augen. "Und dann hat mich deine Überwachungskamera sexuell belästigt und mir nicht geglaubt, dass ich blond bin ... und es hat angefangen zu regnen ... und jetzt muss ich mit einem blöden Hologramm von dir streiten und ... und das war ein wirklich schlimmer ... schlimmer Tag." Ich schniefe erbärmlich. "Taschentuch?" kommt es mitfühlend von der Seite. Zum ersten Mal klingt Mika nett und nicht wie eine Zicke. "Nein. Danke ..." Deprimiert lasse ich den Kopf hängen. "Was zu essen? Ein Schokoriegel?" "Äh ..." "Schlaftabletten? Ich meine, nicht, dass ich Selbstmord befürworten würde, aber in diesem Fall ..." "Entschuldigung, dass ich lebe!!" Ich hasse sie. "Und deswegen kommst du zu mir?" Kaiba klingt nicht, als ob er begeistert davon wäre. Überrascht mich das? "Wheeler, ich habe zu tun ... Manche von uns arbeiten tatsächlich ab und zu." Ich seufze und hebe den Kopf. Wasserperlen tropfen aus meinen Haaren und laufen über mein Gesicht. Warmer, schwerer Sommerregen. Vermutlich sehe ich wirklich aus wie ein ertrunkener Hund. "Hör zu, Kaiba ... Mein Tag war echt ... mies. Ich habe kein Fahrrad mehr. Ich habe keinen Job mehr. Ich habe keinen Kuchen mehr. Ich bin nass. Alle hassen mich. Sogar dein Überwachungssystem denkt, ich sollte mich umbringen ... Also, könntest du mich bitte ... bitte ... eventuell ... vielleicht ... reinlassen?" Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, dass er mich einfach nur ansieht. Seinen unlesbaren, blauen Blick über mich wandern lässt. Ich sage mir, dass es nur ein Hologramm ist ... aber das hilft nicht viel. Schließlich verschränkt er die Arme. "Ich werde es in Erwägung ziehen." "KAIBA!" "Ja ja. Fang nicht an zu heulen." Er rollt mit den Augen, und dann sehe ich, wie er mit ein paar beiläufigen Bewegungen seiner langen, schlanken Finger ein paar Zahlenreihen irgendwo eingibt. Es gibt ein leises, surrendes Geräusch von sich und das Tor beginnt langsam sich zu öffnen. "Manchmal bin ich wirklich nicht sicher, ob ich dich wegen deiner Dummheit bedauern oder deine Sturheit bewundern soll." Er verzieht das Gesicht. "Es gibt nicht viele Menschen, die lebensmüde genug sind, um sich so permanent mit mir anzulegen. Du bist wirklich ... ein Freak." Ich weiß nicht, ob ich das als Kompliment oder doch als Beleidigung auffassen soll. Besser, ich frage nicht nach. Stattdessen sehe ich dabei zu, wie sich das Gitter zwischen uns langsam auseinander schiebt. Endlich. "M.I.C.A. wird dir den Weg zeigen. Tu einfach, was sie sagt und verlauf dich nicht." Er drückt auf irgendetwas, das ich nicht sehen kann und sein Hologramm beginnt zu flackern und verblasst schließlich. Wie auf Kommando fahren sämtliche Überwachungskameras von allen Seiten auf mich zu. "Tja, sieht aus, als wären es nur noch du und ich, Kleiner. Nyahahahaha!" Schluck. Hilfe! Ma~ma ...! "Willkommen in der Kaiba Corporation. Bitte genießen sie unseren Rundgang und vergessen sie nicht, sich an die Regeln zu halten", flötet sie. Etwas wird auf meinen Kopf gedrückt. Ich greife danach und schnappe empört nach Luft, als ich sehe was es ist. "Hey! Du erwartest doch nicht, dass ich damit rumlaufe!" Aufgebracht fuchtele ich mit dem Ding vor ihrer Nase herum. Okay, sie hat keine Nase - es ist immerhin nur eine Kamera, aber ihr wisst, was ich meine. ,Das Ding' ist eine Kappe. Eine wirklich hässliche Kappe. Eine sehr hässliche Kappe mit einem fetten K.C. oben drauf. Sehe ich so aus, als würde ich mit Kaibas Logo durch die Gegend laufen? Oh nein! Nie~mals ...! Das wäre ja praktisch, als würde ich mit einem Hundehalsband mit seinem Namen darauf herumlaufen. Was ihm sicher gefallen würde, so wie ich den Bastard kenne. Zugegeben, Mika zeigt mir tatsächlich den Weg. Sie macht mich zwar in einer Tour fertig und bedroht mich mit ihren Lasern - aber man könnte sagen, sie zeigt mir den Weg. Irgendwie. Und ich schaffe es die demütigende Kappe hinter ihrem Rücken loszuwerden, als sie mal wieder damit beschäftigt ist, irgendeine Sicherheitstür für mich zu öffnen. Ich werfe sie ganz einfach elegant über die Brüstung in eine der tausend Produktionshallen, durch die wir laufen. Hoffentlich wird sie von einer der riesigen Maschinen zerstampft, die immer noch am laufen sind. So weit kommt es noch, dass ich wie ein billiger Tourist mit einer Kappe auf dem Kopf herumlaufe. Mit seinem K.C. darauf! Allein wäre ich verloren hier drin. Wie findet sich Kaiba hier zurecht? Ob er Mika immer nach dem Weg fragen muss, wenn er den Ausgang sucht? Und wie finden die Angestellten jemals zurück zu ihrem Büro, wenn sie mal auf dem Klo waren? Jeder Flur sieht gleich aus - und alles ist riesengroß, gigantisch und verschachtelt ohne Ende, voll mit Chrom und Glas. Edel. Beängstigend. Gewaltig. Und ich gehöre nicht hierher. Nach einer ewig langen Fahrt im Aufzug, und nachdem wir durch einen endlosen Flur gelaufen sind, halten wir endlich vor einer dunklen Bürotür an. Wir befinden uns garantiert ungefähr im 175. Stockwerk. Mika macht irgendetwas mit der Tür, denn sie beginnt ganz langsam aufzuschwingen. Mein Herz klopft. Ich versuche zuversichtlich und entspannt auszusehen ... aber ich hinterlasse Wasserflecken auf seinem Teppich. Irgendwie ist mein Auftritt nicht so beeindruckend, wie er sein sollte. Er sitzt an seinem Schreibtisch und ist vertieft in irgendeine Akte. Mit einer Hand macht er Notizen und mit der anderen tippt er ohne hinzusehen auf seinem PC herum. Das Computerlicht wirft dunkle Schatten auf sein Gesicht, und als ich näher komme, sehe ich, wie müde er aussieht. Er trägt eine Lesebrille, was mich überrascht, denn ich habe ihn noch nie mit Brille gesehen. Ich wusste nicht einmal, dass er eine hat. Sein Mantel liegt, achtlos über eine Stuhllehne gehängt, neben ihm, und er wirkt sehr schlank, und sehr jung in den engen, schwarzen Sachen, die er trägt. Kann es wirklich sein, dass er schon seit heute Morgen hier sitzt und nichts anderes tut außer Arbeiten? Mit einem Mal weiß ich nicht mehr, ob ich noch wütend auf ihn bin ... Verlegen komme ich näher, unsicher was ich jetzt sagen soll. Es ist irgendwie leichter gewesen ihn über sein übermächtiges, arrogantes Hologramm anzubrüllen, als so ... Die Tür fällt mit einem endgültigen Geräusch hinter mir ins Schloss und ich zucke unwillkürlich zusammen. Abwartend bleibe ich vor seinem Schreibtisch stehen und traue mich nicht etwas zu sagen. "Wie ich sehe, warst du intelligent genug zur Schulschwester zur gehen", bemerkt er beiläufig und ohne den Kopf zu heben. Automatisch schnellt meine Hand nach oben und berührt verlegen das Pflaster mit den kleinen Teddybärchen darauf, welches meine linke Wange ziert. Das ist so was wie das Markenzeichen dieser schrecklichen Frau. "Yugi hat mich gezwungen", höre ich mich selbst murmeln, bevor ich es verhindern kann. Ich bin wütend. Ich bin wütend. Er hat mein Fahrrad verschrottet. Mich meinen Job gekostet. Nachdrücklich versuche ich mich dran zu erinnern. "Dummkopf...", sagt er leise. "Hast du nicht daran gedacht, dich von ihr krankschreiben zu lassen?" "Nein. Zu viele Fehlstunden ..." Verlegen schüttele ich den Kopf. Mein Blick wandert um ihn herum. Obwohl sein Büro randvoll ist mit technischen Geräten, Computern, Büchern und dicken Akten, wirkt es dennoch auf seltsame Art und Weise steril und leer ... weil nichts Persönliches hier ist. Nichts Privates. Nichts, was nicht Arbeit ist. Es ist so deprimierend ... "Oh man Joey, das ist ... wirklich erbärmlich." So wie er das sagt, klingt das beinah nett. Aber nur beinah. Er kritzelt immer noch unablässig in der Akte herum und weigert sich, mich anzusehen. "Hey, vielleicht bin ich erbärmlich - aber ich bin trotzdem im Recht!" "Im Recht ist immer derjenige mit dem Geld - und rate mal, wer von uns beiden das ist." Endlich hebt er den Kopf und sieht mich an. Ein Mundwinkel ist zu einem herablassenden Lächeln verzogen. Ich möchte beinah aufatmen. Das ist wieder der Kaiba, den ich kenne. Provokant. Anmaßend. Ein arroganter Bastard. "Ja, aber ich bin viel nerviger und aufdringlicher als du - und ich könnte dich mit meiner Anwesenheit in den Wahnsinn treiben", erinnere ich ihn. Er hebt eine Augenbraue. "Das wagst du nicht." "Darauf würde ich nicht wetten, Kaiba!" "Sir, er ist unverschämt zu ihnen! Ich bitte um Erlaubnis ihn eliminieren zu dürfen." Klickend werden sämtliche Kameras auf mich gerichtet und ich bin ziemlich sicher, ein rotes Zielkreuz auf der Stirn zu haben. "Zielobjekt anvisiert ... erfasst. Drei ... zwei ... " "Hey!" Entsetzt springe ich zur Seite. "Sag ihr, sie soll das lassen! Das ist nicht witzig!" "Sei nicht albern." "Ich bin nicht albern! Sie - sie zielt auf mich!" Anklagend deute ich auf eine der Kameras. Er seufzt und wirft ihr über den Rand seiner Brille einen scharfen Blick zu. "Keine Todesdrohungen in meinem Büro." "Aber er hat angefangen!" "Keine Sorge - er ist nur ein kleiner Straßenköter ohne Manieren. Ich werde mir irgendwann die Zeit nehmen, ihn zu erziehen." "Hey, ich bin KEIN Hund!" mische ich mich empört ein. "Komisch - das sagst du immer wieder. Aber dann verrate mir mal, wieso du immer wie einer herumkläffst?" "Grrrrrr!" Er gibt ein leises, amüsiertes Geräusch von sich, als er mein Knurren hört, und verzieht die Mundwinkel zu einem Grinsen. Überrascht sehe ich ihn an und vergesse sekundenlang mich über ihn aufzuregen. Er lacht ... hey, wieso lacht er denn jetzt ...? Ich meine ... wow ... okay ... Normalerweise hasse ich es, wenn andere mich auslachen oder nicht ernst nehmen - aber bei ihm ist es in Ordnung ... irgendwie. Ihn bringe ich gerne zum Lachen. So wie im Schulgarten. Dann sieht er nicht länger aus, wie ein dunkler Fürst der Finsternis, dessen Seele ewiger Verdammnis anheim gefallen ist ... okay, eine Spur ZU dramatisch, aber ihr wisst, was ich meine, oder? Und auch nicht länger wie ein allmächtiger Firmenboss - sondern mehr wie er wirklich ist ... ein ganz normaler Teenager ... mit einer viel zu großen Klappe ... und einem sehr schönen Lächeln. "Das solltest du öfter tun", rutscht es mir heraus, ohne dass ich darüber nachdenke. "Was?" "Na ja ... Lachen?" In seiner Gegenwart klingt das wie ein obszönes Fremdwort. Vor allem in Gegenwart dieses Büros, dass so durch und durch funktional und professionell aussieht. "Tz. Für diesen Kinderkram habe ich keine Zeit." Er wendet den Kopf zur Seite und nimmt die Brille ab. Langsam und ohne hinzusehen, legt er sie auf den Schreibtisch und fährt sich mit den Fingern über die Schläfen. "Außerdem ...", fügt er leise und unerwartet hinzu, "bist du ohnehin das erste Lachhafte, was heute in dieses Büro geplatzt ist ..." Ähm ... war das etwa eine Art Kompliment? An mich? Ich bin schockiert ... Bevor ich diesen vollkommen utopischen Gedanken aussprechen kann, räuspert er sich hastig, als würde er es schon wieder bereuen, das gesagt zu haben und wirft mir einen sachlichen, rein geschäftsmäßigen Blick zu. "Da du jetzt schon einmal hier bist, und mich sehr effektiv vom Arbeiten abhältst ..." Sein Blick wandert an mir herunter, "... und auf meinen Teppich tropfst ... können wir auch gleich zur Sache kommen. Was willst du von mir?" Dich ... Ich meine, dich zum Lachen bringen! Aber das ist etwas, was er nicht verstehen würde, wenn ich es ihm sage. Ich verstehe es ja selbst nicht. Der abrupte Themenwechsel lässt mich sekundenlang nach Worten suchen. Was soll das? Komme ich ihm etwa zu nah? Gehe ich ihm unter die Haut? Das kannst du nicht leiden ... nicht wahr, Kaiba? Ich hole tief Luft. "Also gut ..." Langsam trete ich näher zum Schreibtisch. "Ich will wirklich etwas." "Welche Überraschung." Er rollt mit den Augen und gibt mir sekundenlang das Gefühl ein korrupter, heuchlerischer Mensch zu sein, was ich absolut nicht leiden kann "Und was? Geld? Ein neues Fahrrad? Eine offizielle Entschuldigung? Oder doch lieber ... Geld?" "... nein." Es tut ein bisschen weh. Vielleicht ein bisschen mehr weh, als es sollte. Der Gedanke, dass für ihn alles seinen Preis hat - sogar ich ... und mein Stolz. Aber ich hätte es erwarten sollen. So ist er nun mal. Er lebt in einer Welt, in der vielleicht wirklich alles nur eine Frage des Preises ist. Er angelt nach seinem Kugelschreiber und nach etwas anderem, das verdächtig wie ein Scheckbuch aussieht. "Bringen wir es einfach hinter uns. Nenn mir eine Summe und ich sage dir, ob ich sie für akzeptabel halte. Aber ich warne dich. Wenn du ..." "Ich ... will einen Job." Meine Stimme ist ganz leise, aber es unterbricht ihn sofort. Er hält mitten in der Bewegung inne. "... was?" Endlich, endlich entdecke ich etwas Persönliches hier. Das einzige in seinem gesamten Büro. Es ist ein Bild von Mokuba auf seinem Schreibtisch. "Einen Job", wiederhole ich etwas lauter. "Bei dir." Er starrt mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Vielleicht habe ich das. "Vergiss es!" "Wieso nicht?" "Niemals!" "Kaiba, das ist mein Ernst!" "Meiner auch! Wie kommst du auf so eine lächerliche Idee?" "Ich will wirklich ... einen Job bei dir." "Du hast ja nicht mehr alle Tassen im Schrank!" » "Du hast ja nicht mehr alle Tassen im Schrank, Joey!" "Oh, vielen Dank auch." "Wieso würdest du ausgerechnet für Kaiba arbeiten wollen? Ich meine ... es ist Kaiba!" "Leute ... Ihr versteht es nicht ..." "Dann erklär es uns! Wieso willst du dir das antun?" « "Wieso sollte ich dich einstellen?" knurrt er gereizt. "Und wieso solltest du ausgerechnet für mich arbeiten wollen?" Er steht mir direkt gegenüber und nur sein wuchtiger Schreibtisch ist noch zwischen uns, während wir uns aufgebracht über ihn hinweg anfunkeln. "Weil ich einen Job brauche, okay? Und weil es deine Schuld ist, dass ich meinen verloren habe!" Er verschränkt die Arme. "Das ist vollkommen absurd." "Ist es nicht!" Er schnaubt verächtlich. "Du bist wirklich noch dümmer als ich dachte. Denkst du so ein Angebot unterbreite ich jeden Tag? Denkst du, ich ..." "Hör endlich AUF damit! Ich will dein VERDAMMTES GELD NICHT!" Mein Gesicht glüht vor Rage. "Kapier es endlich! Ich bin nicht käuflich! Ich brauche keine Nettigkeit von dir und bestimmt keine Almosen! Denkst du, so einfach wirst du mich los?! Aber du hast mich nun mal meinen Job gekostet! Also, steh endlich dazu und gib mir verdammt noch mal einen neuen!" » "Wenn ich ihn um Geld bitte, könnte er es mir ohne zu zögern geben. Wie du schon sagtest ... es ist nicht so, als ob er mir nicht ohne mit der Wimper zu zucken ein halbes Dutzend Fahrräder finanzieren könnte. Aber er würde es so aussehen lassen, als ob er es mir aus reiner Gefälligkeit gibt. Nicht, weil ihn irgendeine Schuld trifft. Er könnte einfach mit einem herablassenden Lächeln sein Scheckbuch zücken und mir ein Stück Papier mit seiner Unterschrift darauf geben. Und er müsste nicht länger als drei Sekunden auch nur einen Gedanken an mich verschwenden ... und könnte sich noch großzügig und gönnerhaft dabei fühlen. Aber das ist nicht, was ich will ..." « "Denk nur nicht, dass ich mir das nicht überlegt habe!" Nachdrücklich wedele ich mit den Armen. "Für dich zu arbeiten ist nicht grade eine Traumvorstellung von mir. Aber ich brauche nun mal einen Job! Und ich habe auch meinen Stolz!" "Wieso bei mir?" wiederholt er stur. "Weil die einzige andere Alternative im Augenblick ,Burgerworld' ist! Oh - und weil es deine Schuld ist." "Das sagtest du bereits. Ungefähr hundert Mal." "Dann sollte es langsam ankommen!" "Ich warne dich ... komm mir nicht blöde!" "Ach nein?!" Es passiert vollkommen unerwartet. In einer Sekunde funkeln wir uns noch an - und in der nächsten macht es ,Zapp' ... und schlagartig wird es dunkel um uns. Die Computer geben ein sterbendes Geräusch von sich, als sie leise und unaufdringlich abstürzen. Hey, hallo ...was ist jetzt los? Alarmiert sehe ich mich um. Obwohl sehen das falsche Wort ist. Ich sehe mehr oder weniger gar nichts mehr. Alles ist schwarz. "Ähm ... Kaiba? Das Licht ist aus", stelle ich überflüssigerweise fest. "Danke, dass du es erwähnst - das wäre mir sonst gar nicht aufgefallen." Ich beschließe seinen völlig unangemessenen Sarkasmus zu ignorieren. "Ja, aber wieso ist es aus? Stromausfall?" "Sieht so aus ..." er klingt zögernd. "Und ... was machen wir jetzt?" frage ich nervös. Ich meine, es ist dunkel! Ich mag nicht, wenn es dunkel ist. Und ich bin allein mit Seto Kaiba, der grade mehr als nur ein bisschen angepisst auf mich ist! "Also rein theoretisch..." ertönt es plötzlich direkt neben mir. "WAAAAH!" Entsetzt hüpfe ich zur Seite. "Mika ...?!" "Ja?" Oh Gott, die hatte ich ja ganz vergessen ... Also, Korrektur, ich bin allein im Dunkeln mit Seto Kaiba, der grade nicht sehr gut auf mich zu sprechen ist - und einem feindlichen, weiblichen Computersystem, dass in einer Tour versucht mich zu eliminieren! Oh man ... wieso ich ...? "Moment mal ... wieso bist du überhaupt noch an?" frage ich misstrauisch. "Müsstest du nicht auch längst abgestürzt und tot sein?" "Deine Wortwahl gefällt mir nicht, Punk! Und denk nicht, dass ich dich im Dunkeln nicht sehen kann. Ich weiß genau, wohin ich meine Laser richten muss ..." "Hey ...!" "Entspann dich, Köter ..." sagt eine ruhige, dunkle Stimme plötzlich direkt an meinem Ohr. Seine Hand berührt kaum merklich meine Schulter, als er an mir vorbei geht. Meine Augen werden weit und ich erstarre. "M.I.C.A. läuft auf externer Strombasis, wenn es sein muss - soll heißen, sie kann sich im Notfall in das öffentliche Stromnetz einhacken. Allerdings nur für ungefähr zehn Minuten." Kleine Schauer laufen über meinen Rücken, als er plötzlich so nah ist. "Aber müsste nicht eigentlich das ganze Viertel ohne Strom sein?" frage ich und versuche mein klopfendes Herz unter Kontrolle zu bringen. "Kluges Hündchen." Ich kann hören ... spüren ... wie er an mir vorbeigeht und an das riesige Panoramafenster an der Seite tritt. Die Vorhänge rascheln, als er sie beiseite hebt und sekundenlang wird seine dunkle Silhouette in weißsilbernes Mondlicht getaucht. "Aber im Gegensatz zu uns hat das übrige Viertel Strom. Die Straßenlaternen funktionieren noch." Er lässt die Vorhänge los und sie fallen mit einem Rauschen zurück an ihren Platz. Alles wird wieder dunkel und ich kann ihn nicht mehr sehen. Das ist unheimlich. "Kaiba ...?" Mein Herz klopft. "Hm?" Ich versuche ihn zu orten. Seine Stimme befindet sich irgendwo in der Nähe seines Schreibtisches. Er scheint sich vollkommen lautlos zu bewegen, und Nachtsicht zu haben wie eine Katze, denn irgendwie schafft er es tatsächlich alle Hindernisse zu umgehen und mit nichts zusammen zu stoßen - so wie es mir garantiert passieren würde. Genau deswegen wage ich nicht, mich zu rühren. "Und ... ähm ... was jetzt?" frage ich leise und kleinlaut. Rede mit mir ... bitte. Ich mag nicht alleine im Dunkeln sein. Seine Schubladen rascheln, als er sie auf und zu schiebt, und ich kann hören, wie er darin herumwühlt. "Jetzt ... suche ich den Sicherungskasten." Ein kleines Licht flammt auf und er gibt ein leises, zufriedenes Geräusch von sich. Scheinbar hat er seine Taschenlampe gefunden. Hallo - welcher Mensch hat eine Taschenlampe in seinem Arbeitszimmer? Außer einem Pfadfinder ... eine Rolle, in der ich Kaiba nicht wirklich sehen kann. "Du bleibst hier", befiehlt er knapp. Der schmale Lichtstrahl wandert kurz über mein Gesicht und ich schirme aus Reflex meine Augen ab. "Warte, bis ich zurückkomme. Es wird einen Moment dauern." "Allein?" Ich kaue auf meiner Unterlippe herum. Irgendwie gefällt mir der Gedanke nicht. "Ja, ganz allein ...", es folgt ein gruseliges Lachen aus allen Ecken des Zimmers, "... mit mir!" "WAAAH - Kaiba!" Ich stürze auf das Licht zu, das grade an mir vorbeiwandert und klammere mich panisch an seinen Arm. "Ich komme mit, okay?! Lass mich hier nicht allein! Nicht mit der!" Ja, Todesangst IST eine Entschuldigung für Lächerlichkeit! "Oh bitte ...!" Trotz der Dunkelheit kann ich praktisch sehen, wie er mit den Augen rollt. "Joey, das ist albern ... lass mich los." Ich schüttele ungestüm den Kopf. "Nein!" Nachdrücklich halte ich mich an seinem Arm fest, bereit, mich notfalls von ihm überall hin mitschleifen zu lassen. "Ich komme mit!" Ich erwarte, dass er mich einfach abschüttelt. Hartherzig beiseite stößt. Oder mich als erbärmlichen Feigling bezeichnet. Oder alles zusammen. Ich bin ganz sicher, dass er so etwas tun wird ... Aber irgendetwas in meinem entschlossenen Tonfall scheint ihm klar zu machen, dass argumentieren im Augenblick vollkommen sinnlos ist. Schließlich seufzt er. Schicksalsergeben. "Meinetwegen ..." Ja - gerettet! Ich atme förmlich aus vor Erleichterung, und mein fester Griff um ihn lockert sich ein wenig. Bevor ich mich jedoch endgültig von ihm lösen kann, schießt seine freie Hand plötzlich und unerwartet vor und packt mich am Kragen meines T-Shirts. Seine Zielsicherheit im Dunkeln ist beängstigend. "Jetzt hör mir gut zu!" knurrt er mit zusammengebissenen Zähnen. Er klingt scharf, und so als ob es ihm ernst ist. "Du bleibst in meiner Nähe, verstanden? Und du tust alles, was ich dir sage! Wenn die Hauptstromleitung der Kaiba Corp. unerwartet ausfällt, werden automatisch die internen Sicherheitsvorkehrungen scharf gemacht. Und ich bin der Einzige, der sämtliche Alarmcodes kennt und weiß, wie man sie entschärft. Also, wenn du vermeiden willst, auf dem Weg in kleine Häppchen geschnitten oder pulverisiert zu werden, tust du gut daran an meiner Seite zu bleiben! Alles klar?" "Klar ...", hauche ich und nicke schwach. Mein Leben ... ist keinen Pfifferling mehr wert. ^Fortsetzung folgt^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)