Kaibas Herz von Idris (Seto x Joey) ================================================================================ Kapitel 2: Ein Lächeln ---------------------- Eigentlich war diese Fortsetzung nie wirklich geplant. *drop* Aber ich bin grade absolut besessen von den Beiden und kann nicht aufhören über sie zu schreiben. ^^** Warnung: Irgendwie ist dieses Kapitel dämlich .... O.O *nicht weiß wie immer auf solche Ideen kommt* *** ~ Everytime I try to make you smile You're always feeling sorry for yourself Everytime I try to make you laugh You can't you're too tough You think you're loveless Is that too much that I'm asking for? ~ (Avril Lavigné "Too much to ask for") *** Das Leben ist eine Achterbahn. Es geht Schwindel erregend rauf und wieder runter und in den Kurven wird dir schlecht. Und jedes Mal wenn deine Fahrt wieder nach unten geht, hast du das Gefühl spätestens jetzt als farbiger Matschfleck auf dem Boden zu enden. "Bei nächster Gelegenheit wirst du das bereuen, Köter...!" "Was habe ich wieder getan?!" Mein Leben hatte seine Tiefpunkte. Um ehrlich zu sein hatte es schon unglaublich viele und wirklich unglaublich tiefe Tiefpunkte. "Das ist deine Schuld!" "Ist es nicht! Und wenn nicht allein!" Aber die absolute Krönung, der ultimative Aufschlag, sozusagen der Tiefpunkt aller Tiefpunkte war der Moment in dem mein Lehrer mir versuchte zu verklickern, dass ich einen verdammten Frosch fangen sollte, damit er ihn für uns sezieren konnte. "Kommst du mir blöde, Wheeler?" Seine Augen werden schmal und nicht zum ersten Mal fällt mir auf was für edel geformte Katzenaugen er hat. "Hallo? Wieso ist das wieder meine Schuld?" fauche ich zurück. "DU hast doch angefangen!" Mir ist heiß. Mein T-Shirt klebt an meinem Oberkörper. Scheiß Sommer. Scheiß Hitze. Scheiß Sumpf. Was für ein Sumpf, fragt ihr? Der Sumpf formerly known as our Schulgarten. "Sein endlich still!" werde ich unfreundlich angeschnauzt. "Du bist schließlich der jenige, der verschlafen hat und dann mitten in sein Experiment geplatzt ist!" "Da bin ich jawohl nicht der Einzige!" Ein Frosch. Ich fasse es nicht. Mit funkelnden Augen und erhitzten Gesichtern stehen wir uns gegenüber. Schon wieder regt er mich so auf, dieser ... dieser Idiot!! Immerhin ist es seine Schuld, dass er mich so provozieren musste. Sonst hätte ich ja nicht aus Versehen den Versuchsaufbau vom Tisch gefegt, als ich mich auf ihn stürzen wollte. Dass wir beide auch noch zu spät gekommen sind, machte das Ganze nicht grade besser. Ja, Tatsache! Holt die Fanfaren raus - Seto Kaiba kam zu spät zur Schule! Das war ein praktisch unerhörtes, da bis dato noch niemals eingetretenes Ereignis. Ich weiß bis jetzt nicht wie ich mit diesem Trauma fertig werden soll. Scherz. Im Gegensatz zu mir sah er genervt und angepisst aus als er endlich eintraf und warf unserem Lehrer einen Blick zu, als machte er ihn persönlich dafür verantwortlich, dass er früher mit dem Unterricht angefangen hatte, als Kaiba bereit war sich einzufinden. Dass das nicht gut ankam, war klar. Im Endeffekt gebe ich uns beiden die Schuld, so fifty-fifty, dass er uns schließlich rausgeschmissen hat. Na ja, so ganz unter uns - eigentlich sind es mindestens 70 Prozent Kaibas Schuld. "Tu bloß nicht so erhaben! Du warst genauso spät wie ich!" Bitte, das muss ja mal klar gestellt werden. Und er hat immerhin einen persönlichen Chauffeur, der ihn zur Schule bringt. "Werd nicht lächerlich. Das ist überhaupt nicht vergleichbar!" Seine Augen sind voller Verachtung. Es sind immer seine Augen, die seine Gefühle preisgeben - das Ausdrucksvollste an seinem sonst so unbeweglichen Gesicht. "Im Gegensatz zu dir habe ich einen verdammt guten Grund und nicht nur die erbärmlich Ausrede, dass ich verschlafen habe. Was hast du in deinem nutzlosen Versagerleben schon zu tun ..." Ach, leck mich! Was weißt du schon ... Sauer wende ich mich von ihm ab und kicke einen Stein durchs beinah kniehohe Gras. Ehrlich - unser Schulgarten ist dermaßen übel verwahrlost ... Ich bin kein Versager. Auch wenn du das immer von mir denkst und mir nicht grade zum ersten Mal an den Kopf wirfst. Ich sollte daran gewöhnt sein. Und eigentlich bin ich jetzt dran dir zu versichern, was für ein gefühlskaltes Arschloch du bist. So laufen unsere Argumente doch jedes Mal, nicht wahr? Ich bin kein Versager ... es tut weh, wenn du das denkst. Es ist albern. Es ist dämlich. Es ist geradezu lächerlich. Aber irgendwie ist alles anders, seit ich weiß, dass Kaiba ein Herz hat. Ja, lacht ruhig. Ich will damit nicht sagen, dass es mein komplettes Leben umkrempelt, nur weil ich einmal seinen blöden Puls fühlen durfte, aber ... jedes Mal wenn wir jetzt anfangen uns anzugiften, dann kann ich nicht anders ... ich muss an das kräftige, gleichmäßige Pochen unter meinen Fingern denken und dann kann ich nicht mehr zurückfauchen. Es macht ihn so unglaublich ... warm ... und sanft ... und lebendig ... Weiß der Geier, was er darüber denkt, dass ich plötzlich mitten in unseren Argumenten innehalte und nichts Beleidigendes mehr erwidern kann. Ihn bloß aus großen Hundeaugen ansehe und schlucke, schlucke ... so lange bis diese Kloß aus meiner Kehle verschwunden ist. Wenn er denn überhaupt was dazu denkt. Meistens hebt er nur eine elegant geschwungene Augenbraue und wendet sich mit einem verächtlichen Schnauben ab. Genau wie jetzt. Er wendet sich ab. Immerhin ... er lässt mich in Ruhe. Jetzt weiß ich nicht ob ich mich darüber freuen soll oder nicht. Es ist eins der ungelösten Rätsel des Universums wieso es mich jedes Mal deprimiert wenn Kaiba mich ausnahmsweise zufrieden lässt. Ich schraube an dem Glas herum, dass Herr Kazuka mir gegeben hat. Die Preisfrage lautet jetzt wie ich da einen Frosch hereinbekomme - und das bis Ende der Stunde damit ich nicht nachsitzen muss. Beziehungsweise wie WIR einen Frosch da hereinbekommen, damit WIR nicht nachsitzen müssen ... aber irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, dass es im Endeffekt doch wieder alles an mir hängen bleibt. Als ob sich schon jemals ein Lehrer getraut hätte Kaiba nachsitzen zu lassen. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Nicht einmal ich würde mich trauen ihn nachsitzen zu lassen. Ich werfe einen suchenden Blick nach rechts und links über das meterhohe Gras hinweg. Bei der flirrenden Hitze da jetzt herumzukriechen ist wirklich alles andere als verlockend ... Falls hier irgendwo ein selbstmordgefährdeter Frosch sitzt - bitte melden! "Okay", sage ich fest entschlossen und schraube nachdrücklich den Deckel auf. "Wir gehen das jetzt ganz methodisch an! Wenn ich ein Frosch wäre - wo würde ich sein?" "Oh Gott ..." Er verdreht die Augen. "Da du offensichtlich der unfähigste Frosch wärst, den die Welt je gesehen hat - würdest du an einem Autoreifen kleben! Wheeler, manchmal kann ich kaum fassen, wie du mit diesem IQ jemals die Grundschule geschafft hast!" Ach, sei still. "Hey, du bist doch auch grade nicht wirklich produktiv - Mr. "Jugendliches-Genie-mit-der-eigenen-Hightech-Firma"!" fauche ich zurück. "Was erwartest du jetzt von mir, du Komiker?! Soll ich unser Satellitensuchsystem auf einen Frosch hetzen? Sehr intelligente Idee ..." "Nein. Aber sei doch zur Abwechslung mal ein bisschen hilfreich und mach mich nicht dauernd fertig!" Eben. Das ist überhaupt nicht produktiv. Und es tut mir weh ... Darauf antwortet er nicht. Stattdessen massiert er mit verzogenem Gesichtsausdruck seine Schläfen. Täuscht das ... oder sieht er irgendwie müde aus? Bevor ich fragen kann, öffnet sich eins der eisblauen Augen und fixiert mich mit einem scharfen Seitenblick. "Bevor du hier ein weiteres Schauspiel deiner Unfähigkeit ablieferst für das ich im Augenblick einfach keine Geduld und keine Zeit habe, Köter, würde ich dir mal den dringenden Tipp geben es in der Nähe eines stehenden Gewässers zu versuchen." Mal abgesehen davon, dass er ein Arsch ist und wieder äußerst erfolgreich auf meinen Gefühlen herumtrampelt - er hat Recht. Scheiße. Das ist echt eine seiner unangenehmsten Charaktereigenschaften ... muss der eigentlich immer alles wissen? "Schulteich", folgere ich messerscharf und ohne auf seine Beleidigung einzugehen. Da dürfte es vor Fröschen nur so wimmeln. Ratlos drehe ich mich einmal um die eigene Achse. Irgendwo hier unter dem wild vor sich hinwuchernden Gras und Unkraut muss irgendwo der, schon seit Jahren stilvoll vor sich hinmodernde Teich existieren, welcher irgendwann mal angelegt wurde, als ich noch in der Unterstufe war. Seine Antwort besteht nur aus einem erschöpften Nicken. Er sieht wirklich müde aus. Nicht, dass es mich interessieren würde ... Okay zugegeben, langsam werde ich doch neugierig - was ist los mit ihm? Ich komme mir vor wie im Dschungel als wir durch kniehohes, stacheliges Gras stapfen. Die Temperaturen sind ungefähr genauso tropisch und feucht wie dort. Alles an mir klebt und ich wette zu meinen Füssen wimmelt es nur so vor Taranteln und Schlangen und Skorpionen. Oder wenigstens Insekten, Mäusen und Kriechtieren. Was für ein durch und durch beschissener Tag. Alles was ich brauche ist eine Peitsche und du darfst mich Indiana Jones nennen, Kaiba-Boy. "Halt mal." Ich drücke ihm das Glas in die Hand. "Sehe ich aus wie ein Kammerdiener?" ist die unfreundliche Erwiderung. Statt einer Antwort bleibe ich stehen und beginne mich aus der Jacke meiner Schuluniform zu schälen, die an mir klebt wie eine zweite Haut. Er betrachtet mich mit hochgezogenen Augenbrauen, als ich sie unordentlich um meine Hüften schlinge und vorne die Ärmel verknote. Irgendwie komme ich mir beobachtet vor. "Hey, guck nicht auf meinen Hintern!" "Sehr witzig, Köter. Was für ein Interesse sollte ich deiner Meinung nach an deinem kleinen, mageren Arsch haben?" "Blanker Neid?" rate ich mit einem koketten Grinsen und werfe die Haare zurück. "Weil ich so umwerfend gut aussehend bin?" Ja, ja, ich weiß ... nicht sehr wahrscheinlich. Andererseits würde ich lieber sterben, mir die Zunge abbeißen, mir die Lippen zutackern, als ihm jemals zu sagen, dass er ebenfalls eine nette ... Rückansicht hat. Er hatte auch eine nette Vorderansicht. Aber dass ändert nichts an der Tatsache, dass er ein Arsch ist. Meistens. Mit einem spöttischen Schnauben verschränkt er die Arme. "Wegen mir fang ruhig an zu strippen, Wheeler - wir haben ja Zeit." "Es ist heiß - was kann ich dafür? Es hat ja nicht jeder ein eingebautes Gefrierfach so wie du!" Darauf erwidert er schon wieder nichts. Langsam fängt es mich zu beunruhigen. Ich bin es nicht gewohnt so viele verbale Auseinandersetzungen hintereinander zu gewinnen und es bewirkt, dass ich mich irgendwie ... gemein fühle. Was ist nur los mit ihm? Ist er krank? Gereizt schnappe ich nach dem Glas und marschiere weiter. So, das ist schon besser. Ich will eigentlich nicht mal über ihn nachdenken. Jetzt muss ich mich nur noch damit abfinden, dass mir die Jacke um die Beine herumhängt und meine Bewegungsfreiheit irgendwie einschränkt. Suchend drehe ich mich erneut um mich selbst. Gras, Gras. Büschelweise, meterhohes Gras. Mäht hier mal jemand den Rasen? "Man, hier muss doch irgendwo der blöde Teich ..." Es quakt. "Da!" Wie elektrisiert fahre ich herum. "Hast du das gehört?!" "Hm?" Er klingt schläfrig. "Es hat gequakt!" "Das könnte genauso gut eine von deinen Schrauben gewesen sein, die sich gelockert hat ..." Kaiba lehnt neben mir an einem Baum und unterdrückt ein Gähnen. Er hat die Arme verschränkt und den Kopf gesenkt und sieht aus, als würden seine Augen jeden Moment zufallen. Ich fass es nicht. Er ist sogar noch dann fies, wenn er übermüdet ist. Aber ... er sieht wirklich fertig aus. "Was ist mit dir los?" frage ich zögernd. Irgendwas stimmt nicht. Das merke sogar ich. "Nichts. Frag nicht so blöd!" Sofort richtet er sich wieder auf und macht wieder einen auf eisig. So als hätte ich das gar nicht mitbekommen dürfen, dass er hier vor Müdigkeit fast aus den Latschen kippt. Ach ja, ich vergaß ... ein Kaiba hat keine Schwächen, nicht wahr? Das kann nicht dein Ernst sein ... Und wieder habe ich dieses "Herzschlag"-Gefühl, dass mich seit der Erste Hilfe-Übung von neulich nicht mehr loslässt. Als ob ich etwas von ihm spüren kann, was er nicht preisgeben will. Mir etwas zeigt, dass eigentlich niemand sehen darf. So als ob ich meine Finger wieder direkt an seinem Hals habe ... und das warme, feste Schlagen seines Pulses unter ihnen spüren kann. Schwäche. Verletzlichkeit. Alles irgendwo begraben unter Bergen aus Eis. Hastig drehe ich den Kopf weg, damit er nicht sieht was mit mir los ist. Es verwirrt mich, nagt an mir, beschäftigt mich ... lässt mich nicht mehr los, dieses Gefühl. Ich bin so dumm ... Es quakt erneut, diesmal nur wenige Meter von uns entfernt, und unsere Köpfe fliegen beinah synchron herum. "Ha!" sage ich triumphierend. "Schon gut ... ich habe es gehört!" Er schnaubt abwehrend. "Schwing keine Reden, sondern versuch lieber das Vieh zu fangen, damit wir es hinter uns haben." Er hat gut reden - jetzt wo ich darauf achte, scheinen die Geräusche von überall zu kommen. Frösche, Grillen ... Stechmücken. Ich liebe den Sommer. Alles wird aufgeschreckt als ich durch das meterhohe Gras vorwärts stolpere. Kaiba und Wheeler - zwei tapfere Abenteuer verschollen auf einer Expedition in den Schulgarten. Ihre Leichen wurden nie gefunden. Schluck. Wo verdammt ist der blöde Teich? "Ich sollte den Gärtner verklagen ...", murmelt Kaiba hinter mir. Irgendwie scheinen seine Gedanken sich grade auf ähnlichen Bahnen zu bewegen wie auf meinen. "Das hier ist fahrlässige Körperverletzung." "Es gibt keinen Gärtner!" Verschwitzte Haare kleben in meiner Stirn und pieksende Grashalme haben sich in meine Klamotten geschmuggelt. "Genau das ist ja das Problem!" Ich bleibe stehen, dermaßen abrupt, dass Kaiba beinah in mich hineinläuft. "Was zum Teufel ...?!" knurrt er ärgerlich. "Shhhht!!" Fasziniert starre ich auf das kleine, grüne Objekt, das nur wenige Meter von mir entfernt auf einem flachen Stein sitzt und vor sich hinquakt. Es geht beinah unter in den Tarnfarben, welche es seiner Umgebung so unglaublich ähnlich machen. Ein Frosch - das ist definitiv ein Frosch. Kröte? Whatever. Es ist unser Freifahrtschein! Mein Herz klopft vor Aufregung. "Schnell, wir brauchen eine Strategie!" flüstere ich aufgedreht. "Einen Plan - irgendwas." Kaiba wirft einen abschätzigen Blick auf das kleine, grüne Tier. "Wheeler ... wir reden hier vermutlich von dem einzigen Lebewesen auf der Welt, dessen Gehirn eventuell noch kleiner ist als deins. Es dürfte nicht so schwer sein das zu fangen." "Ha ha, sehr witzig!" zische ich zurück, bemüht nicht zu laut zu werden. "Hilf mir lieber! Es ist wohl kaum zu erwarten, dass ich einfach das Glas aufhalten muss und sie mir den Gefallen tut und freundlicherweise hineinhüpft!" "Sie?" Keine Ahnung ... wie komme ich jetzt darauf? Irgendwie sieht es aus wie ein Froschmädchen, so wie die da auf dem Stein sitzt und sich sonnt ... Okay, manchmal finde ich es selbst beunruhigend was in meinem Gehirn so vor sich geht. "Sieh sie dir doch an", flüstere ich. "Sieht sie nicht aus wie ein Mädchen?" Komischerweise sieht er nicht sie an, sondern mich. Mit einem langen, durchdringenden Seitenblick unter dem dunklen Pony, der meinen Puls vor lauter Nervosität beschleunigt. "Hündchen", flüstert er zurück, "da siehst sogar eher du aus wie ein Mädchen." HÜNDCHEN??? Hallo?! Was soll das denn heißen? Scheiße, mir fällt nicht einmal eine passende Beleidigung darauf ein! Ich bin ja an vieles gewöhnt von ihm. Straßenköter. Flohschleuder. Kläffer. Streuner. Aber DAS geht entschieden zu weit! Bei Hündchen denke ich an ein verpeiltes, hechelndes Fellknäuel mit zu großen Ohren, das ständig über seine eigenen Füße stolpert! Ich kann mich nicht einmal darüber aufregen, dass er mir grade unterstellt, dass ich vielleicht wie ein Mädchen aussehe. Ich mache den Mund auf um zu protestieren. Es liegt praktisch schon auf meiner Zunge ihm an den Kopf zu werfen, dass ich verdammt noch mal kein Hund bin. Und mit Sicherheit kein Hündchen. Und dass er mich mal kann. Wieso ich es dann doch nicht tue, weiß ich in letzte Instanz nicht einmal selbst. Vielleicht weil es ...so um drei Millionen Ecken herum ... irgendwie das Netteste ist, was er je zu mir gesagt hat. Er klang nicht einmal so, als ob er es als Beleidigung meinte. Vielleicht war es ja keine. Vielleicht ... vielleicht ... ... oder ich bin einfach ein Idiot, weil ich mir diesen Scheiß einrede und nicht aufhöre nach Strohhalmen zu greifen und ihm das auch noch straflos durchgehen lasse. Ich verstehe ja selbst nicht wieso. Ich tue das, was ich immer tue, wenn er mich so verwirrt. Ich wechsele das Thema. "Also, zurück zu unserer Strategie!" "Ach, wir hatten eine?" Er hebt spöttisch die Augenbrauen. "Was glaubst du - wie gut sehen die Viecher?" frage ich leise, ohne meinen Blick von ihr abzuwenden. "Ich meine, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich unbemerkt an sie ranpirschen kann?" "Was fragst du mich das? Ich leite eine Firma für Computertechnik - keinen Amphibienzoo!" Er steht so dicht neben mir, dass ich die Wärme seines Körpers spüren kann. Seltsamerweise ist das nicht einmal unangenehm ... trotz der tropischen Temperaturen. Es ist angenehm ... weil er es ist. Ich schlucke die Antwort runter, die mir auf der Zunge liegt - dass er doch eigentlich immer alles weiß. Das könnte man sonst glatt als Kompliment missverstehen. "Sie mit dem Glas zu fangen, kannst du gleich vergessen", fügt er freundlicherweise nach ein paar Sekunden hinzu und nimmt es mir aus der Hand. Seine Stimme ist gedämpft. "Selbst wenn sie erst in letzter Sekunde kapiert was Sache ist, reicht das noch um wegzuhüpfen." Scheinbar ist sein logischer, pragmatischer Verstand doch endlich bereit sich um unser aktuelles Problems zu kümmern. Na bitte. Vielleicht erspart er mir ja doch das Nachsitzen, was echt nett wäre. Denn sonst kann ich abends wieder nicht arbeiten - und wenn ich noch mal absagen muss, werden sie mir diesmal garantiert kündigen. Bevor ich etwas darauf erwidern kann, tut er plötzlich etwas Unerwartetes. Etwas absolut und in jeder Hinsicht Unerwartetes. Kritisch betrachtet er mich von oben bis unten und dann spüre ich plötzlich seine Hände auf meiner Taille. Er berührt mich. Kaiba berührt mich! Oh Gott - Herzinfarkt! Was ... was ...? Alarmiert halte ich die Luft an und weiß, dass meine Augen in diesem Augenblick garantiert so groß wie Unterteller sind. Ich wage nicht auch nur mit einem Muskel zu zucken. Was zum Teufel ... MACHT er da?! Langsam und mit hochrotem Kopf senke ich den Blick und starre auf seine Hände ... die damit beschäftigt sind vorsichtig die Ärmel meiner Jacke aufzuknoten. Mein Herz hämmert. Er hat schöne Hände. Schon wieder fällt mir das auf. Schlank und ein wenig knochig, genau wie seine Handgelenke ... mit langen, eleganten Fingern. Mit wenigen präzisen Bewegungen öffnen sie den Knoten und meine Jacke löst sich. Er fängt sie auf, als sie von meinen Hüften nach unten gleitet. Wortlos drückt er sie mir in die Hand. "Versuchs mal damit." Ich starre ihn an, atemlos. Sprachlos. Rettungslos. Was ist los mit mir? Alles in meinem Körper spinnt ... spielt verrückt. Es dauert eine endlos langen Moment in dem ich von meiner Jacke zum Frosch und seinem Gesicht immer hin und hersehe. Wieso ist er denn grade so nah? Und wieso sieht er plötzlich so amüsiert aus? Das verwirrt mich doch ... "Was ist? Wenn du mich noch lange so anstarrst, ist er unter Garantie bald weg." Es klingt nicht einmal böse ... nur trocken und ein wenig belustigt. Und reißt mich schlagartig aus meinem weggetretenen Zustand. Toll, er macht sich mal wieder über mich lustig. Hastig schüttele ich den Kopf. Fühle mich wie ein Idiot. "Ähm ... klar." Oh Gott, nur weg hier. Mit einer schwungvollen Kopfbewegung werfe ich eine Wolke blonde Haare aus meiner Stirn. Reiß dich zusammen, Junge. "Ha", verkünde ich energisch, "jetzt sieh mal zu, wie Joey, der Safarijäger dieses Baby zur Strecke bringt!" Fest entschlossen - es lebe die Macht der Verdrängung - marschiere ich auf das Froschmädchen zu. Sie sitzt immer noch brav auf ihrem Stein und quakt in regelmäßigen Abständen vor sich hin. Direkt hinter ihr ist so was wie ein riesiges Grasbüschel aus seltsam dicken Halmen, das irgendwie "ungrasig" aussieht, ohne dass ich genau erklären kann wieso. Ungefähr einen Meter von ihr entfernt bleibe ich unsicher stehen. Strategie. Planung. Irgendwas? "Beeil dich - die wird nicht ewig da sitzen bleiben" ertönt es hinter mir leise. Offensichtlich ist er mir nachgekommen. "Ja, ja ... keine Hektik ...", murmele ich und pirsche mich noch etwas näher heran. Also, entweder ist die ziemlich dumm, oder sie ist blind und taub, denn sie scheint echt nicht zu checken, dass wir zwei potentiell bedrohliche Feinde sind, die da grade auf sie zukommen. Das wird vielleicht alles viel leichter als ich dachte. Sie springt. Genau in dem Augenblick, als ich das denke, springt das blöde Vieh plötzlich los! Natürlich ausgerechnet in Richtung des dicken Büschels aus Halmen hinter ihr. Das darf nicht wahr sein! Wenn sie da verschwindet, sind wir geliefert! "Nein!" Entschlossen stürze ich mich auf sie, die Jacke zwischen den Händen ausgebreitet. Und verfehle sie nur um Millimeter. "Pass auf, das ist der ..." Ohne auf seine Worte zu hören, stolpere ich ihr hinter her. Fehler. Großer Fehler. Der Boden gibt unter mir nach und Kaibas Stimme geht in einem Platschen unter. Wasser rauscht in meinen Ohren. Erschrocken werfe ich den Kopf zurück und schnappe nach Luft. Prustend tauche ich wieder auf. Häh? Wasser? Feuchte, blonde Haarsträhnen kleben in meinem Gesicht, als ich mich triefnass und perplex vor mich hinblinkend herumdrehe. Und feststelle, dass ich wie ein begossener Pudel in einem flachen, trüben Gewässer sitze. Irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, dass ich grade den verschollenen Schulteich gefunden habe ... toll. Okay, scheinbar waren die dicken Halme gar kein Gras ... sondern Schilf. Nun ja, nachher ist man ja bekanntlich immer schlauer. "Wheeler ..." Kaibas Stimme lässt mich aufschauen. Kopfschüttelnd steht er am Rand. "Du bist wirklich zu gar nichts zu gebrauchen." Wenn ich es nicht besser wüsste, beziehungsweise wenn es sich hier nicht um Kaiba handeln würde, würde ich sagen, er versucht grade ein Lachen zu unterdrücken. "Gar nicht wahr! Was kann ich dafür, dass das dämliche Teil schon so zugewuchert ist?!" Ich bin mitten am protestieren, als es plötzlich quakt. Wie auf Kommando sind wir beide still. Nein, oder? Genau neben mir, wo meine Jacke vor sich hindümpelt, hüpft es plötzlich aus dem Wasser - und landet direkt genau auf meinem Knie. Sekundenlang starren wir beide mit identischen Gesichtsausdrücken auf das kleine Biest. Sie quakt und setzt zum Sprung an. "Schnell, halt sie auf!!" "Halt sie doch selber auf!" "Scheiße, wo ist sie hin?" "DA!" Eine Viertelstunde später sind wir beide mehr oder weniger durchnässt (soll heißen, ich mehr und Kaiba weniger) und mit den Nerven am Ende - aber mein Job ist so gut wie gerettet und die Kröte ist im Glas. Jetzt sitzt sie leise vor sich hinquakend neben mir. Es ist ein Wunder, aber wir haben tatsächlich eine Stelle gefunden an der das Gras noch normale Höhe und nicht Dschungelausmaße hat. Meine Jacke und ich liegen ausgebreitet darauf zum trocknen. Immerhin haben wir noch eine gute halbe Stunde bis zum Ende des Unterrichtes und wie Kaiba kritisch und nicht ganz unberechtigt festgestellt hat - ich hinterlasse Pfützen. "Sie sieht nicht glücklich aus", stelle ich fest und tippe sanft mit dem Finger gegen das Glas. Wir haben das Loch im Deckel soweit vergrößert wie es eben ging, ohne dass sie herausspringen kann und ein wenig Wasser hineingefüllt. Aber das ist irgendwie auch schon alles, was wir für sie tun können. Tut mir leid, Kleines ... Kaiba wirft ihr einen kurzen, unbewegten Seitenblick zu. "Es ist Tierquälerei sie bei der Hitze in ein Glas zu sperren", stellt er fest. Er sitzt neben mir. Oder neben uns, wenn man den Frosch mitzählt, was ich tue. Persönlich glaube ich, dass er nur deshalb noch sitzt, weil er im Liegen einschlafen würde, aber das sage ich ihm nicht. "Sehe ich ja auch so. Können wir sie nicht irgendwo anders unterbringen?" Besorgt betrachte ich sie. "Sie sieht so ... schlapp aus." "Was erwartest du? Dass sie vor dir Tango tanzt? Du siehst auch schlapp aus." "Tu ich nicht ... ich bin bloß nass." Mein T-Shirt trocknet immerhin schon. "Aber ich finde immer noch, dass wir irgendwas mit ihr machen sollten ..." Irgendwie ist das nicht okay so ... Auch wenn sie mich eben noch in den Wahnsinn getrieben hat - jetzt tut sie mir leid. "Wozu? Wir wissen doch beide, was er mit ihr vorhat." Er gibt sich Mühe gleichgültig zu klingen, aber wirklich glücklich sieht er auch nicht aus. "Ich weiß ..." Niedergedrückt schiebe ich ihr Glas ein wenig mehr in den kleinen Fleck Schatten, der zwischen uns ist, gnädig gespendet von einem überdimensionalen Baum. Sie sieht mich sogar irgendwie dankbar an ... das dumme Vieh. Meine Haare tropfen und ich schiebe nachdenklich en paar durch die Nässe dunkler gewordene Strähnen aus meiner Stirn. "Kaiba...?" frage ich, um mich von ihren großen, traurigen Froschaugen abzulenken. "Hm?" Seine Stimme klingt schläfrig. "Wieso bist du heute zu spät gekommen?" "Was geht es dich an?" "Nur so ..." ich zupfe ein paar Grashalme zu meinen Füßen aus und warte. "Krisenkonferenz in der Firma", ist die knappe Antwort. Er unterdrückt ein Gähnen und sinkt, die Arme im Nacken verschränkt nach hinten ins Gras. "Die ganz Nacht über?" "Die letzten drei Nächte über", korrigiert er und fährt sich schlaftrunken über das Gesicht. "Du hast drei Nächte nicht mehr geschlafen?!" Schockiert sehe ich ihn an als er wortlos nickt. Das erklärt immerhin die dunkle Ringe unter seinen Augen. Und ich dachte, ich habe Stress mit meinen zwei Nebenjobs ... Allein, dass er mir so anstandslos auf die Frage antwortet, ist ein Beweis dafür, wie fertig er grade sein muss. Unter normalen Umständen würde ich eine eiskalte Abfuhr dafür kassieren. Aber irgendwie ist grade ohnehin nichts mehr normal zwischen ihm und mir ... schon seit der dämlichen erste Hilfe-Übung nicht mehr. Ich frage mich nur ob er das auch bemerkt. Oder ob ich der einzige bin, dem das zu schaffen macht ... dem das alles so sehr unter die Haut geht. "Das klingt echt hart ... tut mir leid, dass zu hören." "Tz, fang nicht gleich an zu heulen", murmelt er und klingt wie im Halbschlaf. "Halt nur die Klappe deswegen - Informationen wie diese werden an der Börse für ein paar Millionen Yen gehandelt." HM? ... war das etwa grade so was wie ein streng geheimes Geschäftsgeheimnis? Na toll, sobald er wieder wach und wieder er selbst ist, wird er sicher bereuen mir das jemals anvertraut zu haben und dann wird er diesen schrecklichen Knilch Roland auf mich hetzen, damit der mich zum schweigen bringt. Mein Leben ist keinen Pfifferling mehr wert ...!! Ich schlucke und starre einen Moment auf den erschreckend blauen Himmel über uns. Blau ist ja so eine beruhigende Farbe ... " ... und nicht nur die erbärmlich Ausrede, dass ich verschlafen habe. Was hast du in deinem nutzlosen Versagerleben schon zu tun ..." < "Kaiba ...?" "Hm?" Seine Augen sind geschlossen und sein Gesicht sieht ungewohnt ruhig und entspannt aus. Es ist seltsam ihn so zu sehen. Ohne, dass er sich so perfekt unter Kontrolle hat wie sonst. "Ich ... ich war nicht zu spät, weil ich verschlafen habe ..." Es ist dumm. Ich bin dumm. Aber es ist mir grade so wichtig, dass er das weiß. Ich will nicht, dass er mich für einen Versager hält. Nicht heute. Nicht jetzt. "Ich habe gearbeitet. Zeitungen ausgetragen." Er klappt ein Auge auf und sieht mich an. Ich halte die Luft an. Bei näherer Überlegung ist blau vielleicht doch keine so beruhigende Farbe. "Du trägst Zeitungen aus?" "Ja." "Auch in meinem Viertel?" Ich nicke verwirrt. "Ja ... oft." Ob er mich jetzt feuern lässt? Ich meine, er könnte es. Weiß ja jeder, dass bekanntlich sogar die Presse vor ihm kuscht. Einen Moment lang ist er still und sieht mich einfach nur an. Ich weiß nicht einmal, ob ihn das überhaupt interessiert, was ich ihm hier erzähle ... Ein Lächeln spielt um seine Lippen. "Gut zu wissen. Demnächst werde ich auf deine Pfotenabdrücke auf dem Titelblatt achten ..." Fasziniert starre ich ihn an. Oh Gott ... das ist ... das ist ... ein Lächeln. Sein Lächeln. Das ist es also ... wow ... Blut schießt mir ins Gesicht und ich wende hastig den Blick ab. Das darf nicht wahr sein ... Jahrelang beleidigt mich dieser Arsch, macht mich in einer Tour nur fertig und behandelt mich wie einen Idioten ...und dann lächelt er mich einmal, ein einziges beschissenes Mal an ... und ich habe das Gefühl ... meine gesamte Welt hört auf sich zu drehen. Nass und klebrig hin oder her ... in diesem Augenblick ist meine Achterbahn ganz oben. Und dieser Tag ist abgefahren. Dieser Tag ist wunderschön. Ohne hinzusehen, greife ich hinter mich in den Schatten und hole das Glas zu mir nach vorne. Ich kann niemanden sterben lassen, wenn ich gerade so dämlich und grundlos glücklich bin. Fragend sehe ich ihn an und er nickt ohne, dass ich etwas sagen muss. "Lass sie schon frei ...", sagt er. "Sonst darf ich mich noch den Rest des Tages mit deinen Schuldgefühlen herumschlagen." "Und das Nachsitzen...?" wage ich zu fragen, während ich den Deckel langsam aufschraube. Eine Augenbraue wird verächtlich nach oben gezogen. "Ich bitte dich, Wheeler, werde nicht lächerlich - keiner von den Versagern würde es wagen mich nachsitzen zu lassen." Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: "Zumal ich grade dabei bin über eine größere Spende an die Schule nachzudenken ... zur Sanierung des Schulgartens ..." ^to be continued^ Nachtrag: Aufgrund meiner akuten Sucht ist eine weitere Fortsetzung sehr wahrscheinlich. ^_~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)