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Himitsu no Mahou - alte Version

Alte Version 2004-2008
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Weinender Himmel

Weinender Himmel
 


 

„Nein! Kannst du zur Abwechslung mal, nicht was anderes fragen, Ga-kun? Z.b wann wir endlich wieder ein wenig Sonnenschein bekommen? Ich garantiere dir, meine Wettervorhersagen sind korrekt, nicht wie diese Menschen… Ich tue mein möglichstes… Was soll ich mehr machen!? Ich hab seit drei Tagen nicht mehr geschlafen! … Was? Ich versteh dich nicht gut, ist das Si-kun im Hintergrund? …Thanks… Nein, meine Wächterkollegen haben auch noch keine Spur… Was glaubst du denn? Das wir unsere Hikari im Stich lassen? … Ga-kun, ehrlich, ich versichere dir, du wirst der Erste sein, den ich kontaktiere sobald sie wieder auftaucht, ja? …Versuch ein wenig zu schlafen – ich würde ja auch so gerne… ja… JA… Thanks, dir auch… TU NICHTS AUF EIGENE FAUST!“ Süß. Etwas Anderes fiel der Kikou nicht ein, als sie die Verbindung kappte und die eine Hand von ihrer Tastatur trennte, um einen Schluck Limonade zu trinken. Die Andere tippte munter weiter. Soweit man von „munter“ sprechen konnte. Denn die Stimmung war alles andere als dies. Green war seit drei Tagen verschwunden. Kein Handy, keine Spur und das Schlimmste: Ihre Aura war nicht auffindbar. Es herrschte Alarmstufe rot, nicht nur bei Siberu und Gary, sondern auch bei allen Wächtern. Es ging drunter und drüber. Kaum zu glauben was das dreitägige Verschwinden alles auslösen konnte… Als die Hikaris erfahren hatten dass Green verschwunden war, hatten sie sofort den Befehl gegeben sie mit allen verfügbaren Mitteln suchen zu lassen. Es war nicht in deren Sinn, dass Green „verschwand“. Grey war bei den beiden Halblingen gewesen und hätte niemand ihn aufgehalten, hätte er sie auf offener Straße angegriffen. Natürlich gab er, wie so viele Andere, ihnen die Schuld und es gab nur einen Grund weshalb die Beiden nicht sofort in Den Tempel gebracht worden waren: Zum Zeitpunkt wo Green verschwand, war Tinami bei den Brüdern gewesen, sie hatte Greens Punkt sogar auf ihren Minilaptop verschwinden sehen. Sie hatten ein Alibi – es war nur fraglich wie lange das noch halten würde.

Es kam Tinami vor, als hätte sie es zum 100sten Mal versucht und sie fluchte, als sie sich ins System der Dämonenwelt einhackte – einer ihrer Spezialitäten. Sie hatte es das erste Mal geschafft sich ins System zu hacken als sie vierzehn war. Ein Rekord. Und sie brüstete sich immer noch sehr gerne damit. Tinami hatte sieben Jahre gebraucht um den Weg ins System zu finden. In den vielen Jahren hatten die Dämonen ihr System wahrscheinlich noch öfter revolutioniert als die Wächter, aber keine Hürde konnte Tinami standhalten. Es gehörte zu ihren Hobbies. Zu ihren kostspieligsten Hobbies. Denn sie hatte damit schon 147 Computer zu Schrott verarbeitet. Aber als Wächter wurde sie gut bezahlt. In ihrem Arbeitszimmer hatte sie genau 14 Computer. Nicht ohne Grund, 14 war ihre Lieblingszahl. Die Laptops zählte sie nicht einmal dazu (davon besaß sie zehn), drei von den 14 waren normale Computer, die auch Menschen besaßen – sobald sie genug Geld hatten. Denn diese Maschienchen waren auf den allerneuesten Stand der Menschentechnik – selbstverständlich konnten sie nicht mit der Technik der Wächter Computer mithalten. Dennoch arbeitete Tinami gern auf ihnen, nicht nur um sich darüber lustig zu machen. Der Computer an den sie gerade saß, war nämlich einer der Menschen-PCs. Um sich ins Dämonensystem einzuhacken, benötigte sie zwei Computer. Einen Normalen und einen der Wächter. Beide hatten eine externe Stromversorgung, da Tinami schon einmal mit ihren Onlinekämpfen Tokio den Strom gekappt hatte – wäre sie keine Elementarwächterin, hätte sie das Kopf und Kragen gekostet. Es war ohnehin keiner der anderen Kikous, außer dem Elementarwächters, erlaubt sich soweit vorzuwagen.

Auch dieses Mal, kam Tinami beinahe mühelos in deren System, aber sie fand nicht einmal so viel wie einen Funken. Geschweige denn eine Hikari.

Natürlich bestand die Möglichkeit dass Green tot war… Aber es würde den Dämonen nichts bringen sie einfach so zu töten…

Die Hackerin seufzte und wühlte ratlos in ihren Pony, als wieder Jemand versuchte Kontakt mit ihr aufzunehmen. Entweder war es Siberu, Grey oder Pink. Auf alle drei hatte Tinami nicht gerade Lust. Dennoch stellte sie ihr Headset auf Empfang, während sie die Stromversorgung für den Computer und damit die Verbindung zur Dämonenwelt, ausschaltete.

„Die ewig geplagte Ti-chan? Ja? Wer will schon wieder was von mir?“

„Stell dich nicht so an, Asuka!“ Umgehend hellte sich Tinamis Gesicht auf und mit einem erfreuten „Ai-chan!“ schwang sie sich an den Computer den sie für Kommunikation nutzte. Der Standby Modus war schnell verschwunden und schon sah sie das genervte Gesicht Kairas auf dem substanzlosen Bildschirm. Zu Tinamis Verwunderung hatte ihre Freundin nasse Haare – kam sie von Draußen?

„Hast du dich doch noch um entschieden und hast dich auf der Suche nach Ee-chan beteiligt?“ Kaira nahm sich ein Handtuch und begann ihre Haare zu trocknen.

„Nein!“

„Solltest du aber. Nicht nur auf Grund der Befehlsverweigerung.“ Die Toki tat so als hätte sie es nicht gehört.

„Ich war nur einkaufen.“

„Hast du an die Pockys for me gedacht?“ Tinami erntete sich einen finsteren Blick.

„Du wirst noch zu dick.“

„Ach was, so viele Kalorien haben die nun auch wieder nicht. Warum rufst du an, Ai-chan? Du hast ja selbstverständlich nicht vor, nach Ee-chan zu fragen.“

„Selbstverständlich nicht.“ Ha, Kaira sah so süß aus wenn sie rot wurde.

„Es gibt noch keine Anzeichen auf ihren Aufenthaltsort. Du glaubst gar nicht wie oft ich heute angerufen worden bin! Ich fühle mich wie in einer Telefonzentrale.“ Ein tiefes Seufzten begleitete diese Worte.

„Das ist eben dein Job, Asuka. So machst du dich zu nutzen.“ In manchen Ohren, würde dies als Beleidigung eingestuft werden, doch nicht bei Tinami. Im Gegenteil, es weckte viele Erinnerungen. Erinnerungen die Tinami dazu brachten anders als sonst zu lächeln, was Kaira nicht entging.

„Hej, drifte nicht ab! Ich rede noch mit dir!“ Doch die Angesprochene sah zu einem Bild, welches auf ihren ersten Minilaptop stand. Das Bild war nur eine Kopie, das Original hatte sie in ihrem Zimmer stehen. Sie hatte die Kopie extra in ihrem Arbeitszimmer, weil es sie immer wieder motivierte und ihr half auch bei der schwierigsten Aufgabe nicht zu verzweifeln. Das Bild zeigte ihre Familie – als sie noch heil war. Sai war noch da. Es war nur zwei Wochen vor seinem Tod aufgenommen worden. Er hatte die Arme um die damals dreijährige Tinami, sie standen vor deren Eltern. Mizuno hielt Azura auf dem Arm, mit der anderen hielt sie Azais Arm. Er hatte die eine Hand auf ihre Schulter und die andere auf Sais Kopf.

Tinami konnte sich natürlich nicht mehr genau an ihre ganze Familie erinnern, dafür war sie zu klein gewesen als der Krieg sie getrennt hatte. Dennoch liebte sie dieses Bild und es würde immer ihr wichtigster Besitz bleiben. Es war ihre Familie… auch wenn…

„Asuka? Hallo?! Bist du taub?!“ … sie eine neue Familie hatte.
 

1999/Sommer Irgendwo an der italienischen Küste
 

Das Wasser des Mittelmeeres konnte man auf vielerlei Arten nutzen. Die Einen um damit Energie zu erzeugen, um mit dem Türkisfarbenen Wasser Geld zu scheffeln, um darin zu baden und zu spielen… und die ganz Anderen erprobten damit ihre heranwachsenden Magie Künste. Wie die damals neunjährige Azura es zu diesem Moment an den verlassenden Strand tat. Naja fast verlassen. Menschenleer traf es besser. Denn Azura probte nicht alleine ihre Künste aus.

„Könntet ihr gefälligst mal einen Schlag reinhauen?! Ich will heute nicht schon wieder Draußen übernachten!“ Kaira war einige Schritte voraus und auch als sie dies gesagt hatte, war sie nicht stehen geblieben, sondern stampfte weiter durch das türkisfarbene Wasser, welches die Wellen an den Strand spülte. Doch Tinami überhörte sie. Sie war in die Hocke gegangen um ganz genau das Wasser zu begutachten, welches Azura um ihre Hand entstehen ließ.

Kaira blieb nach weiteren zehn Metern stehen und schaute finster über ihre Schulter.

„Könntet ihr das mal lassen?! Ihr macht mich total nervös! Es könnte jederzeit ein Mensch vorbei kommen! Und was dann!?“ Doch abermals wurde sie Zeitwächterin überhört und so langsam wurde sie richtig wütend. Mit schnellen Schritten machte sie ihren Vorsprung weg und stand bei den Schwestern. Beide sahen sie an, als hätten sie die Toki gerade erst bemerkt.

„Ihr geht mir auf den Geist! Wenn ihr nicht sofort aufhört zu spielen, werde ich euch in die Steinzeit schicken!“ Mit diesen Worten und einen vernichtenden Blick drehte sie sich wieder um, stemmte die Hände in die Hüfte und trat wieder den Weg zurück an.

Tinami und Azura blieben eine Weile stehen.

„Sie mag uns nicht, nicht wahr, Nee-sama?“, fragte Azura leise, während sie Kaira folgten. Tinami grinste und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

„Ne ne Azu-chan, dass siehst du falsch! Das ist ihre Art Zuneigung zu zeigen.“ Kaira, die das gehört hatte, schnaubte verächtlich.

„Das glaubst auch nur du, Asuka.“

„Irrtum. Ich glaube es nicht. Ich weiß es.“

„Und ich dachte du wärst intelligent.“

„Das liegt im Auge des Betrachters! In meinen Augen bin ich brillant und in deinen?“ Tinami grinste und Kaira sah über die Schulter zurück und antwortete:

„Besserwisserisch und schwach.“ Tinamis Grinsen kam ins Wanken. Ein seltener Anblick.

„Schwach? Why?“

„Ohne mich wärt ihr Beide, schon hundert Tote gestorben. Du bist als Wächterin nicht zu gebrauchen und deine Schwester ebenso wenig.“ Tinami öffnete den Mund um dem entgegen zu setzen, doch Azura unterbrach deren Streit:

„Hört auf! Ich will nicht das ihr schon wieder streitet!“ In Normalfällen hielt sich Azura eher zurück, doch da deren kleine Gruppe nur aus drei bestand, war sie die einzige, die die beiden davon abhalten konnte sich tot zu streiten. Sie stritten sich oft, zu oft und das wo sie beide genau wussten, dass sie aufeinander angewiesen waren. Sie mussten zusammen halten, ansonsten würden sie bis in alle Ewigkeit als Weltenbummler unterwegs sein. So gern sie auch neue Kulturen entdeckten: Alle drei wollten nach Hause.

Aber es war nicht möglich. Jedenfalls nicht zum gegebenen Zeitpunkt. Denn keiner von ihnen war dem Teleportieren mächtig und um Nachhause zurückkehren zu können, brauchten sie diese Fähigkeit. Daher reisten sie um die gesamte Welt, in der Hoffnung jemand ihres Gleichen zu finden. Doch die einzigen magischen Wesen, die sie auf ihrer Reiße getroffen hatten, waren einige Dämonen gewesen und Kaira hatte Recht: Wäre sie nicht bei ihnen gewesen, wären Azura und Tinami schon längst umgekommen.

Sie waren nicht von Anfang an alleine unterwegs gewesen. In den ersten vier Jahren waren sie mit Violet, wie auch Ilang und Daichi, unterwegs gewesen. Azura konnte sich kaum noch daran erinnern, dafür war sie zu klein gewesen. Tinami hatte ihr erzählt dass es zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen war Nachhause zurückzukehren, weil ein Dämon sie während der gesamten vier Jahren verfolgt hatte und so wie es sich anhörte, sollte Azura froh darüber sein, sich nicht mehr genau daran erinnern zu können… Violet hatte ihr Leben für die Kinder aufs Spiel gesetzt, hatte Tinami erzählt, daher durften sie auf keinen Fall sterben.

Es gab jedoch noch einen weiteren Faktor der zu beachten war. Sie hatten an diesem Tag, oder eher Nacht, nicht nur Violet verloren, sondern auch Daichi und Ilang. Auf der Flucht hatten sie sich aus den Augen verloren… Die Fähigkeiten der jungen Wächter waren damals noch nicht ausgebaut genug um die Auren der Anderen zu spüren. Sie verloren sich aus den Augen… Mittlerweile war Kaira als Einzige in der Lage die Auren wahr zu nehmen. Bis jetzt war es jedoch immer nur Dämonen gewesen…

„Das Hotel sieht doch ganz annehmbar aus!“, sagte Tinami, kurze Zeit später als sie vor einem prachtvollen, sehr teurem, Hotel standen. Kaira achtete nicht auf die beiden und ging voraus. Solange unter dem Namen des Hotels fünf Sterne zu sehen war, war ihr alles andere egal. Azura und Tinami waren da jedenfalls wählerischer. Azura brauchte Bewegungsfreiheit im Wasser und das konnte ihr kein eckiger Pool von fünf Metern bieten. Wasserwächter waren immer etwas eigen, was das anging. Sie brauchten Wasser, fast genau wie Fische. Schon nach 24 Stunden erschienen die ersten Symptome des „Wasserentzugs“. Die Haut schien zu altern, Fieber, Seh- und Gehörstörungen waren die Folge. Einem Wasserwächter das Wasser zu verwehren bedeutete nicht zwingend den Tod für den Wächter. Es bedeutete Qual. Wenn der Mizu jedoch lange genug vom Wasser fern gehalten wurde, konnte es auch zum Tode führen. Doch dieser setzte spät ein… ein langes leidvolles Warten auf den Tod.

Tinamis Sorgen waren da weit aus banaler. Zimmerservice und Internetanschluss reichten für das Glück der Kikou.

Wie immer wurden sie merkwürdig beäugt als sie in die Eingangshalle traten. Drei Mädchen ganz alleine. Ohne Koffer und jeder nur mit einem Rucksack unterwegs. Natürlich war die erste Schlussfolgerung das sie sich ein Fünf Sterne Hotel nicht leisten konnten. Aber bekanntlich irrte der erste Eindruck oft, wie auch in diesem Fall.

Sie gingen vor wie immer.

Die Menschen um sie herum blieben plötzlich stehen. Ein Kind welches seinem Vater gerade in die Arme springen wollte, hing unbeweglich in der Luft. Selbst diese schien still zu stehen.

„Beeil dich!“, herrschte Kaira Tinami an. Die Angesprochene verdrehte die Augen, musste ein neckisches Kommentar unterdrücken und sprang dann athletisch über die Theke der Rezeption. Wie die Hände eines Pianisten sausten ihre braunen Finger über die Tastatur des Computers. Es dauerte nicht einmal eine Minute da war die Kikou fertig und stand wieder grinsend neben Kaira.

Die Zeit nahm wieder den gewohnten Lauf an und der nächste Teil der üblichen Prozedur wurde eingeleitet, von Tinami ausgeführt. Denn sie war die einzige die Italienisch konnte. Das Gespräch wahrte keine fünf Minuten, indem Tinami ihn davon überzeugte dass sie reserviert hatten und im Voraus bezahlt hatten. Sie bekam den Zimmerschlüssel und schon waren sie auf den Weg zum Fahrstuhl. So gingen sie immer vor, es war immer das Gleiche und jedesmal genauso einfach.

Während Tinami und Azura sich das Zimmer ansahen, hatte sich Kaira bereits auf das Bett gesetzt und blätterte im Prospekt des Hotels.

„Sie haben hier eine Spielhalle“, sagte die Zeitwächterin und linste zu Tinami rüber.

„Wollen wir… nachher…“ Die Kikou sah sie nicht an als sie ihre Freundin unterbrach. Sie packte gerade ihren Rucksack aus und belegte den gesamten Schreibtisch mit allen möglichen technischen Utensilien.

„Du weißt dass ich keine Zeit habe.“ Kaira gefiel der Tonfall nicht wie sie das gesagt hatte. Es klang als würde ein Elternteil zu seinem Kind sagen es sollte geduldig sein. Gut, Tinami war die Älteste. Doch meistens merkte man es nicht, wenn man es jedoch merkte, bekam man es mit voller Wucht zu spüren. Neben ihrer kindlichen Art war die Kikou nicht nur sehr intelligent sondern auch sehr reif für ihre 13 Jahre. Es kam Kaira oft so vor, als würde in ihrem 13jährigen Körper eine erwachsene Seele wohnen. Immer wenn sie das dachte und dabei Tinami ansah, wirkte sie… weit weg. Fast unerreichbar. Manchmal hasste Kaira sie dafür. Für diese verfluchte Intelligenz - für diese verfluchte Reife.

Die Klimawächterin war schon nicht mehr ansprechbar. Sie war in ihrer Arbeit vertieft, die Augen hinter der blauen Brille waren konzentriert und nur auf die unfertige Waffe vor ihr gerichtet. Ihre Umgebung war für sie verschwunden. Wie immer. Wie immer seitdem sie diesen bekloppten Auftrag bekommen hatte. Sowohl Azura und auch Kaira wussten nicht viel über den Auftrag. Vor zwei Wochen, als sie noch in Napoli waren, war plötzlich, wie aus dem Nichts, ein Brief vor Tinamis Gesicht aufgetaucht. Es war Nacht gewesen und so hatte man deutlich gesehen wie der Gegenstand geleuchtet hatte. Zum Glück war niemand in der Nähe gewesen, denn das dies nichts für Menschenaugen war, war verständlich.

Tinami hatte den Brief an sich genommen und gelesen. Das einzige was sie dazu gesagt hatte, war:

„Von den Hikari.“

Seitdem hatte sie sich verändert. Nicht nur dass sie stundenlang an ihrem Projekt saß, nein sie war fast schon besessen davon. Nachts, wenn die Beiden anderen schon schliefen, arbeitete die Kikou bis zum Morgengrauen. Nichts konnte sie davon abbringen und wenn sie erst einmal darin vertieft war, gelang es ihnen nicht mit ihr zu reden.

Wortlos stand Kaira auf, nahm sich eine Jacke und verließ das Zimmer ohne ein Wort. Tinami würde sie ja ohnehin nicht bemerken…
 

Ein wenig ziellos streifte die junge Zeitwächterin durch die Stadt, die beinahe nur aus Hotels bestand. Eins teurer als das andere. Sie konkurrierten sich in Pracht und Schönheit oder im ausgefallenen Design, um die Augen der Touristen auf sich zu ziehen. Es gab kein Hotel welches unter vier Sterne hatte, mal wieder waren die drei Weltenbummler im teuersten Viertel abgestiegen. Wenn schon, denn schon. Dennoch war Kaira es leid. Sie wollte sagen können: „Das ist mein Zimmer. Das ist mein Bett. Das ist mein Zuhause“ Wie lange, wie viele Jahre würde es noch so weiter gehen? Wie viele Jahre würden sie noch um die Welt herum reißen, ohne jemals Zuhause anzukommen? Tinami hatte einmal gesagt, dass es von den ganzen Menschen nicht mal einen Prozent Wächter gab. Von so vielen Milliarden. Sie würden nie jemanden finden…

Warum nur? Warum holte sie niemand ab?! Sie waren alle drei Elementarwächter! Die Höchstgestellten ihres Elements. Wenn die Hikari ihren Standpunkt wussten, warum gaben sie nicht den Befehl dass man sie abholen würde? Waren sie den Hikaris etwa egal? Das konnte Kaira sich aber irgendwie nicht vorstellen… Violet hatte immer nur in besten Tönen von ihnen gesprochen…gütig, gerecht, heilig, rein.

Kaira blieb stehen.

Violet waren sie nicht zur Hilfe gekommen.

Pink auch nicht.

Es war so lange her. So viele Jahre. Und dennoch konnte Kaira sich noch sehr genau daran erinnern…
 

1995/Ort unbekannt
 

Sie war hingefallen, deutlich spürte sie den brennenden Schmerz an ihrem Knie, als die harten Steine ihre Haut aufrissen. Selbst das ekelhafte Gefühl, als das Wasser von der Decke tropfte und sich seinen Weg von ihrem Nacken unter ihrem Oberteil bahnte, nahm die Verfolgte kaum wahr.

„Ai-chan!“ Eine braungebrannte Hand tauchte vor ihrem Blickfeld auf. Nur einen kurzen Augenblick sah Kaira auf, entdeckte das angstvolle Gesicht Tinamis, die ihre kleine Schwester Huckepack trug. Der Atem der kleinen Azura war beschleunigt, die Augen zusammengepresst und der Schweiß trotz der Dunkelheit deutlich zu sehen.

Ohne ein Wort zu sagen ergriff Kaira die Hand ihrer Freundin und stand wieder auf. Sie biss sich auf ihre Lippen um den Schmerz ihres Beines zu unterdrücken und nicht darauf aufmerksam zu machen.

„Tinami-chan, wie groß ist der Abstand?“, fragte eine Frau, die zwei Meter weiter vorne war. Violets sonst so lange Haarpracht war brutal zerteilt worden, zusammen mit einer vertikalen Schnittverletzung die über ihren Rücken ging. Das rechte Bein blutete stark. Doch sie zeigte kein Leid.

„Wir haben noch 900 Meter! Aber der Abstand wird kleiner… er ist schnell…“, sagte Tinami nachdem sie die Daten an ihrer Brille abgelesen hatte. Violet war stehen geblieben und sah nach hinten zurück.

„Aber er kann hier nicht fliegen. Das beeinträchtigt seine Schnelligkeit und wenn er hier seine Attacken einsetz, riskiert er das die Hölle einstürzt… Somit unseren Tod und bezweifle dass es das ist, worauf er hinaus will…“ Kaira verstand nicht vollkommen. Im Gegensatz zu Tinami.

„Du hast dennoch keine Chance! Deine Magie dient der Verteidigung! Bitte, Vio-chan, tu das nicht!“

„Ich kann dir helfen, Violet! Ich kann ihn angreifen…“, mischte sich Kaira ein, doch Violet legte die Hand auf ihren Kopf und war versucht zu Lächeln, als sie die drei Mädchen ansah.

„Es tut mir Leid das ihr so viel mitmachen musstet…“ Kaira sah sie merkwürdig an. Sie war es doch die überall blutete, deren Haare und Kleidung zerfetzt war… die drei Anderen waren, bis auf einige Schrammen, unversehrt.

„Eure Eltern würden mich umbringen…“ Violet lachte. Doch es klang falsch und sofort wurde sie wieder ernst.

„Wenn ihr weiter durchgeht, werdet ihr einen Ausgang finden. Ihr müsst einfach dem Wind folgen. Wenn ihr Draußen seid… Kehrt zurück zu dem Ort wo wir vor drei Tagen gewesen sind und… wartet dort auf mich.“ Nicht nur Kaira verstand die Botschaft, die sich zwischen ihren Worten befand. Violet würde nicht mit ihnen flüchten. Die Flucht würde ein Ende haben… doch Violet würde nicht kommen um sie abzuholen.

Kaira nahm die Hand von der Schutzwächterin und sah sie flehend an.

„Nein, Violet, bitte nicht!“ Sanft löste die Angesprochene die Hand von ihr und sah sie versucht lächelnd an.

„Mir bleibt keine Wahl.“ Die junge Zeitwächterin sah zu Tinami, fast so als würde sie Unterstützung haben wollen. Doch Tinami sah Richtung Boden.

„Er hat Pink. Ich werde nicht zulassen das dieser Mistkerl meiner Tochter auch nur ein Haar krümmt!“ Während sie dies sagte, sah sie wutentbrannt, doch auch besorgt, in die Richtung aus der sie gekommen waren. Damit waren Kairas Wiedersprüche erloschen. Genau wie Tinami sah sie jetzt zu Boden. Das Mädchen neben ihr sagte ohne jegliche Gefühle, als ob sie eine Zählmaschine wäre:

„750 Meter.“ Violet sah die beiden wieder an, bückte sich und beide erwiderten ihren Blick, dabei schaltete Tinami ihren kleinen Bildschirm aus, der die Zahl gemessen hatte.

„Wenn ich nicht komme… Sucht Unseresgleichen, sucht Wächter! So könnt ihr in unser Zuhause zurückkehren.“ Die Kikou legte Azura behutsam ab. Das Gefühllose fiel von Tinami und ohne Vorwarnung schlang sie ihre Arme um Violets Hals. Diese sah ein wenig verwundert aus, legte dann jedoch ihren Arm um sie und streichelte ihren eisblauen Haarschopf. Dabei sah sie jedoch zu Kaira.

„Pass gut auf sie auf, Kaira-chan.“ Das kleine Mädchen biss sich jetzt noch fester auf die Lippe, unterdrückte jegliche Tränen, auch wenn ihre Augen glasig waren.

„I-Ich verspreche es!“ Bei diesen Worten hatte sie schnell den Kopf gesenkt. Ihre Hände klammerte sie an ihrer Hose und hoffte es fiel niemanden auf. Tinami löste sich wieder von Violet. Sie weinte immer noch, auch wenn Violet sie, den Umständen entsprechend, aufmunternd anlächelte.

„Ich hab euch alle drei sehr lieb. Bitte gibt gut auf euch Acht… und verzeiht mir.“ Mit diesen Worten richtete sie sich auf, sah die drei nicht mehr an und schritt furchtlos ihrem Feind entgegen. Gerade als sie mit dem Laufen ansetzen wollte, ertönte jedoch noch einmal Kairas Stimme:

„Mach ihn fertig, Violet!“ Die Schutzwächterin sah über die Schulter zurück. Kurz erstaunt, doch dann grinste sie und sagte, fast schon freudig:

„Natürlich! Ich werde ihm zeigen, das die Tochter Shaginais sich nicht so leicht unterkriegen lässt!“

Damit verschwand die Frau, die für die Mädchen so vieles mehr war, als nur eine Schutzwächterin… Ihre Schritte halten noch wenige Sekunden nach, verschwanden dann jedoch auch und hinterließen eine Unheimliche Stille…

Kaira nahm Tinami an der Hand und verschloss ihre Gefühle, damit sie ihre Freundin und ihre Schwester sicher zu deren Ziel bringen konnte…
 

Tinami, Azura und Kaira warteten vier Stunden. Dann sechszehn. Die sechszehn wurden zu einem Tag und der eine Tag zu drei…

„Lass uns gehen.“ Und wieder nahm Kaira Tinamis Hand…
 

1999/Sommer Irgendwo an der italienischen Küste
 

„Ai-chan!“ Kaira sah es nicht für nötig aufzusehen, oder eher, herunterzusehen. Momentan befand sie sich zwei Meter über dem Boden, denn sie saß auf einem Felsbrocken am Waldrand, von wo aus man wunderbar das dunkle Meer sehen konnte, welches sich am Horizont mit dem schwarzen Tönen des Himmels vereinte. Es war doch später geworden als von Kaira beabsichtigt. Doch dass Tinami sie abholen kommen würde, hätte sie nicht gedacht.

„Wie hast du mich gefunden, Asuka?“

„Peilsender!“ Die Angesprochene verdrehte die Augen. Wo hatte sie ihr denn diesmal einen angebracht…

„Was machst du eigentlich da?“ Tinami unternahm einen Versuch hinauf zu kommen, es gelang ihr jedoch erst mit Kairas Hilfe. Die Kikou war unheimlich untalentiert in körperlichen Tätigkeiten. Als sie oben angekommen war, schielte die Toki zu ihr rüber. Die Kikou grinste, war aber sichtbar aus der Puste.

„Ich wollte eigentlich alleine sein“, bemerkte Kaira.

„Hast du was dagegen wenn ich die Gesellschaft leiste?“

„Welchen Teil von „alleine“ verstehst du nicht?“ Tinami antwortete nicht. Sie ließ ihre dünnen Beine am Felsen herunterbaumeln und sah zwischen den Bäumen aufs Wasser hinaus. Im Gegensatz zu Kaira, die ihre Beine zu sich gezogen hatte und finster in den Fels hinein starrte, als könnte sie alleine mit ihrem Blick Löcher hinein bohren.

„Bist du mit deiner Wunderwaffe fertig?“ Der sarkastische Unterton war nicht zu überhören. Tinami überhörte trotzdem. Sie war zu froh und zu stolz über ihr Ergebnis als dass sie das jetzt stören könnte.

„Jap! Ich bin eben fertig geworden! Soll ich sie dir zeigen? Sie ist…“ Weiter kam sie nicht, denn Kaira unterbrach sie mit einem harten und protestlosen „Nein!“. Durch die Härte dieses Wortes verblasste das Grinsen auf Tinamis Gesicht.

„A-Aber… ich hab sie doch für…“ Kaira sprang vom Felsen, ohne ein Wort zu sagen. Erst als sie unten war, sagte sie:

„Ich will dein Spielzeug nicht sehen, Asuka! Versteh endlich das es mich nicht interessiert!“ Tinami blieb auf dem Felsen, sah verwirrt zu ihr runter. Sie war schroffe Worte von Kaira gewohnt. Aber etwas war anders… Etwas das ihr sagte dass sie es ernst meinte.

„Dein Spielzeug ist zu nichts zu gebrauchen, genauso wenig wie du! Immer muss ich euch retten, immer muss ich kämpfen! Und was ist mit dir?! Du kannst gar nichts! Du lässt mich die Drecksarbeit machen! Ist ja egal ob ich sterbe!“

„Ai-chan…“ Wutentbrannt wandte Kaira sich herum.

„ICH WILL DAS NICHT MEHR HÖREN! Wenn du ach so schlau bist, denn akzeptiere endlich das ich diesen Namen verabscheue!“Diese Worte schienen „Klick“ gemacht zu haben. Tinamis Gesicht versteinerte und sah plötzlich fast schon bedrohlich aus. Sie holte tief Luft und sagte:

„Du hast den Namen sowieso nicht verdient, Kaira!“ Es war das erste Mal das Tinami Kaira bei ihrem richtigen Vornamen genannt hatte. Schon die ganze Zeit über hatte die Toki sich das gewünscht, doch jetzt… jetzt klang es aus ihrem Mund irgendwie… falsch.

Da die Toki jedoch nicht wollte, dass Tinami dies bemerkte, drehte sie sich um und ging davon. Keine dreißig Meter kam sie, bis sie plötzlich Donnergrollen vernahm. Aber es war doch gerade eben noch sternenklar gewesen? Doch nicht nur das, es fing auch noch an zu regnen. Und wie es regnete. Als hätte man einen Wasserhahn aufgemacht und das Wasser einfach nur so herunter strömen würde. Unentwegt ging Kaira weiter, ließ sich nicht aufhalten. Vielleicht würde der Regen die Gefühle wegspülen, die sie so irritierten…

Einige würden sagen der Himmel weinte. Es war jedoch nicht der Himmel der weinte…

„…I-Ich komm d-doch ohne… deine Hilfe n-nicht r-runter…Ai-chan!“
 

„Herzlichen Glückwünsch. Sie haben Platz Eins der Rangliste erreicht.“ Diese mechanische Ansage wurde begleitet mit einer glorreichen Musik und einem blinkenden Hintergrund. Kaira sich ließ sich von der Farbenpracht nicht beeindrucken. Auch ihre Laune machte keinen Schritt Richtung Besserung. Eigentlich müssten sie vier Siege in Folge erfreuen, doch selbst ihre sonst so geliebten Videospiele erfüllten ihren Zweck der Erheiterung nicht.

Das war auch diesmal nicht ihr Zweck. Sie sollten eher der Ablenkung dienen. Kaira wollte nämlich nicht in ihr Zimmer zurückkehren. Tinami war wahrscheinlich wieder da… und das war kein Anblick auf den sie erpicht war. Allerdings war die menschenleere Spielhalle, kein Ort an dem sie gern übernachten wollte, so sehr sie diesen Ort auch anderen bevorzugte.

Langsam rutschte sie von dem hohen Stuhl runter und verließ mit leisen Schritten den Raum. Der Foyer war verlassen, hinter der Rezeption saß eine Frau die am einschlafen war. Aus der Baar klang Musik und gedämpftes Gelächter. Kaira jedoch hört nur das Trommeln des Regens. Er hatte nicht an Kraft verlassen und war dank der hohen Glasfenster sehr deutlich zu vernehmen. Der tiefgründige Gedanke dass Tinami genau wie der Himmel weinte, quittierte sie mit verdrehten Augen. Die alte Schlafmütze war oben in deren Zimmer und würde schlafen wie ein Stein, wenn die Toki zurückkam. Ihre teure Kreation wahrscheinlich im Arm. Was sollte daran schon so toll sein… Tinami wollte doch nur beweisen dass sie auch was konnte. Aber mit diesem Spielzeug würde sie Kaira nicht beindrucken können. Ein Wächter musste sich auf seine eigene Magie verlassen und sich damit zu Wehr setzen können, anstatt sich auf so ein Objekt zu verlassen. Nur die Schwachen brauchten sowas.

Im Fahrstuhl angekommen, lächelte Kaira ihr Spiegelbild ironisch an.

Tinami war schwach. Sie tat zwar immer als wäre sie oberschlau, doch in Wirklichkeit war sie nichts anderes als eine schwache Wächterin ohne bemerkenswerte Fähigkeiten. Ständig musste sie beschützt werden. Trotzdem…

Trotzdem… was?

Ein “Pling“ ertönte und der Fahrstuhl glitt auf und unterbrach die Gedanken der Toki. Keine fünf Schritte weiter und sie stand schon vor deren Zimmertür. Ehe sie jedoch den Schlüssel hineinsteckte, sah sie Tinami vor sich, wie Kaira sie verlassen hatte. Dieser todernste Gesichtsausdruck…

Sie öffnete die Tür und bemerkte dass das Licht eingeschaltet war. Das Bedürfnis wieder umzudrehen überkam sie, denn es hieß dass die Asuka-Schwestern nicht schliefen. Doch sie blieb und schritt ins Zimmer. Azura sprang vom Bett auf und musterte Kaira überrascht.

„Wo ist Nee-sama?“ Die Angesprochene konnte nichts anderes als zu Seufzten. Dieser Sturkopf war wohl immer noch da Draußen… sollte sie sich doch eine Erkältung holen.

„Ich weiß es nicht. Es interessiert mich auch nicht.“

„Ihr habt euch anders als normal gestritten.“ Verfluchtes Kind. Tinami war scheinbar nicht die einzige der Familie, die mit Intelligenz ausgestattet war.

Kaira antwortete nicht und legte ihre Jacke weg. Dabei entdeckte sie die Waffe die auf dem Schreibtisch lag. Was redete Tinami eigentlich für einen Schwachsinn? Sie war doch überhaupt nicht fertig… Der Starb, oder was auch immer das darstellen sollte, lag in vier Teilen in der Ecke des Schreibtisches, halb begraben mit Notizen. Es befand sich jedoch etwas Fertiges auf dem Tisch. Etwas was den Blick Kairas auf sich zog. Ein kleiner goldener Gegenstand. Schon ohne ihn genauer anzusehen, erkannte sie es. Es war eine Taschenuhr. Doch nicht irgendeine. Kaira erinnerte sich an diese, weil es sie selbst es war, die diese Uhr unbedingt haben wollte. Sie hatte sie in London bei einer Aktion gesehen. Uhren übten schon seit je her eine magische Anziehungskraft auf sie aus. Anders als andere, nervte sie das Ticken der Uhren nicht. Sie mochte es. Für sie war es eine wunderschöne Musik, bei der sie ihre Sorgen vergaß. Höchstwahrscheinlich lag es an ihrem Element der Zeit. Der Grund war ihr aber auch egal. Sie mochte es einfach, egal warum.

Diese Taschenuhr hatte Kaira besonders schön gefunden. Nicht ohne Grund. Sie ähnelte der Taschenuhr die ihre Mutter ihr mitgegeben hatte, als sie geflüchtet waren. Sie war jedoch verloren gegangen… und auch diese Taschenuhr, die in London vor ihr gelegen hatte, sollte nicht ihr gehören, denn sie war einfach zu teuer gewesen. Kaira hatte nicht einmal gefragt ob deren Budget es erlaubte. Sie hatte keine Anzeigen darauf gemacht, dass ihr diese Uhr überhaupt gefiel…

Woher hatte Tinami das gewusst?

Die Wächterin der Zeit nahm die Uhr in ihre Hand. Das Gold leuchtete kurz, zusammen mit ihrer Hand lila auf und Kaira hörte nicht nur das die Uhr anfing zu Ticken, sondern sie spürte es förmlich, als wäre sie selbst, ein zur Uhr gehöriges Zahnrad.

„Nee-sama wollte dass du ihre erste Waffe bekommst.“ Dieses Ding? Dieses Ding sollte eine Waffe sein? Aber wenn das wahr war… dann hatte sie Tinami Unrecht getan. Sie wollte ihr nur die Waffe zeigen… Die Waffe die für Kaira war, die sie für sie gemacht hatte… und die Zeitwächterin hatte nicht einmal zugehört, sondern sie völlig grundlos angeschrien. Und warum? Nur aus… purer Eifersucht. Aber auf was war sie eifersüchtig? Auf ihre Intelligenz? Auf ihre Reife? Oder darauf… das Tinami ihre Gefühle offen zeigen konnte, nicht wie Kaira…?

Aber da war noch etwas…

„Du hast den Namen sowieso nicht verdient, Kaira!“

Kaira drehte sich zu Azura herum und fragte:

„Was bedeutet „Ai-chan“ für Asuka?“ Azura sah sie verblüfft an, ehe sie einen Entschluss zu fassen schien. Sie langte zu Tinamis Rucksack, wühlte darin rum und holte einen Photorahmen heraus. Diesen gab sie Kaira, mit den Worten:

„Der Junge der Nee-sama im Arm hat, war mein großer Bruder. Meine Schwester hat ihn sehr lieb gehabt. Er war ihr Vorbild… Sie weint immer noch heimlich weil er tot ist… Er hieß Sai. Doch sie hat ihn… Ai-chan genannt.“
 

„Verflucht seist du, Asuka! Sehe ich etwa aus wie ein Junge?! Ich habe keine Lust für dich ein Bruderersatz zu sein! Also hör auf mich so zu nennen… warum glaubst du nenne ich dich bei deinen Nachnamen?! Du machst doch alles kaputt!“ Solche Gedanken und noch weitere gingen Kaira durch den Kopf als sie durch den Wald rannte. Das Wasser der Pfützen hatte ihre Hose bereits vollkommen durchnässt und schmutzig gemacht. Doch darauf achtete sie nicht, sie lief einfach weiter.

Kaira und Tinami hatten sich nie mit ihren Vornamen angesprochen. Tinami war es gewesen, die bei ihrer ersten Begegnung, den ersten Schritt gemacht hatte. Lange hatte sie sie angeschaut, von Oben bis Unten, ehe sie gesagt hatte:

„Ich glaube ich mag dich, Ai-chan.“ Einfach nur um Tinami eins auszuwischen hatte die junge Kaira geantwortet:

„Ich mag dich jedenfalls nicht, Asuka!“ So war es angefangen, doch jetzt hatte der Name „Asuka“ einen anderen Hintergrund bekommen…

Kaira blieb stehen. Das Gefühl welches sie plötzlich traf, hatte sie zum Stillstand getrieben. Tinami schien warten zu müssen…

„Wo bist du, Mistviech…“ Kaira hatte keine Angst vor Dämonen. Jedenfalls nicht vor den hässlichen, die einfach nichts mehr als Monster waren. Violet hatte erzählt, dass die wahren Dämonen die waren, die den Wächtern im Aussehen ähnelten. Die anderen Kreaturen waren nichts als Kanonenfutter, aus Experimenten in großer Vielzahl erschaffen.

Und selbst wenn sie Angst spüren würde… ein Wächter zeigte im Kampf keine Gefühle, am allerwenigsten Furcht.

Diese jedoch kroch an ihr empor als Kaira bemerkte aus welcher Richtung die Aura kam. Die Aura war nicht stark, nein… aber sie würde ausreichen um Tinami ernsthaft in Gefahr zu bringen.

„Verdammt!“ Die Zeitwächterin verlangte alles von ihrem Körper ab, um so schnell wie möglich zu ihrem Ziel zu kommen. In dem Moment verfluchte sie ihre Angewohnheit Sekunden zu zählen, denn so kam sie auf zwei Minuten und Achtundreißig Sekunden ehe sie ankam.

Das Erste was nicht zu übersehen war, war der vier Meter große Dämon. Er schien jedoch für Kaira völlig außerhalb ihrer Interesse zu stehen. Der Blickkontakt zwischen Tinami und Kaira war zu entschuldigend, beider Seiten, als das sie auf ihre Umgebung achteten.

„Ai-chan…“ Die Kikou sah nicht gut aus. Ihr Zopf war offen und ihre eisblauen Haare, die vermischt waren mit Blut, hingen schlaff herunter. Ihr rechtes Schienbein blutete und schien enorm zu schmerzen. Kaira gelang es nicht sich nach ihrem Befinden zu erkundigen, ehe der Dämon die Aufmerksamkeit wieder auf sich lenken wollte. Kaira konnte seiner Attacke ausweichen, in dem sie sich in den nassen Boden warf. Bei dieser Bewegung fiel ihr beinahe die Taschenuhr aus der Tasche, nur mit Mühe konnte Kaira sie gerade noch festhalten.

Tinami bemerkte es und sofort ratterte ihr Gehirn. Gerade wollte sie ihr ihren Plan mitteilen, als Kaira schon in einer günstigen Sekunde zum Gegenschlag ausholte.

„Time Rekatia!“ In dem sie dies sagte, erschien eine Art Schwert auf ihrer Hand. Es war durscheinend und hatte die Form eines Sekundenzeigers. Furchtlos stürmte Kaira auf ihren Gegner los, wich einen weiteren Hieb aus und schlug selbst zu. Oder eher, so hatte sie es sich vorgestellt. Denn kaum hatte ihre Attacke die Haut des Dämons berührt wurde sie wieder zu Boden geworfen.

„Ai-chan! Diese Attacke wird nichts bringen! Du musst die Taschenuhr…“ Den Rest des Planes würde Kaira wohl nie erfahren, denn die letzten Worte wurden Tinami entrissen. Einen Moment hatte sie nicht auf ihre Deckung geachtet und wurde von einem Hieb des Feindes erwischt. Sie prallte an einem Baum und blieb an dessen Wurzeln liegen. Regungslos.

„Asu…“ Es gelang ihr nicht ihren vollen Namen zu sagen, denn im nächsten Moment verfehlte sie die nächste Attacke nur knapp. Zu knapp für ihren Geschmack. Aber was sollte sie machen? Ihre Attacken zeigten keine Wirkung… und die Taschenuhr? Kaira hatte doch nicht den blassesten Schimmer, wie sie funktionierte! Die Zeit sich die Uhr näher anzugucken blieb ihr auch nicht. Jetzt da Tinami ausgeschaltet war, lag die gesamte Aufmerksamkeit des Dämons auf Kaira. Diese war zu sehr damit beschäftigt auszuweichen, als dass sie einen Blick auf die Uhr werfen konnte, die sie fest in der Hand umklammert hielt. Auch wenn sie überhaupt nicht darauf fixiert war, spürte sie das Ticken der Zahnräder, als wäre es ihr eigener Puls. Ob ihre Mutter das auch so vernommen hatte?

Kaira kam auf eine Idee – was wenn die Uhr der ihrer Mutter nicht nur ähnlich sah, sondern wenn Tinami dafür gesorgt hatte, dass sie genauso funktionierte? Aber das brachte sie nicht weiter… denn sie wusste auch nicht welche Funktionen die Waffe ihrer Mutter gehabt hatte.

Das war nicht die richtige Denkweiße, das spürte sie. Wächter sollten für ihre Waffen keine Gebrauchsanweisung benötigen. Sie mussten es selbst herausfinden, eins mit der Waffe werden und somit erspüren was für Fähigkeiten in ihnen steckte. Umso mehr Erfahrungen ein Wächter sammelte, umso mehr Funktionen konnte er aus seiner Waffe erspüren.

Doch der Grund warum sie sich nicht konzentrieren konnte, lag nicht nur an dem ständigen Ausweichen, sondern auch das sie immer wieder besorgt zu Tinami sah. Nach wie vor regte sie sich nicht und zu dem Erschrecken der Zeitwächterin stellte sie fest dass Blut ihrem Kopf herunter lief.

Kaira hatte keine Zeit!

Sie musste Tinami retten, koste es was es wolle und wenn sie diese bekloppte Uhr nicht dabei helfen wollte, musste sie einen anderen Weg suchen!

Ein weiteres Mal beschwor sie „Time Rekatia“ hervor. Irgendwo musste dieser Dämon verwundbar sein. Es war der Zeitwächterin egal ob sie dabei verletzt wurde, Sie musste etwas tun, wenn sie sich nicht beeilte würde sie vielleicht niemals wieder ihr verfluchtes „Ai-chan“ zu hören bekommen.

Kaira lief los, keine zwei Meter kam sie, als es ihr nicht mehr gelang auszuweichen. Ihre rechte Schulter riss auf, Blut schoss hervor. Sie hatte Glück in Unglück das die Attacke sie nicht frontal getroffen hatte, sondern nur gestreift hatte.

Die Zeitwächterin müsste durch den Schmerz zu Boden gehen, tat sie jedoch nicht. Nicht einmal eine Sekunde war sie stehen geblieben. Entschlossen ihre Freundin zu retten, lief sie zielsicher weiter, holte mit dem Sekundenzeiger aus und… erstarrte mitten in der Luft.

Was war das? Plötzlich kam es ihr vor als wäre die Zeit stehen geblieben, aber sie hatte keinen Befehl dafür gegeben. Die Zeit anzuhalten kostete zu viel Kraft, zu viel Kraft um danach weiter zu kämpfen. Kaira hörte nichts, sie spürte auch die Schmerzen an ihrer Schulter nicht. Sie hing mitten in der Luft, nicht fähig sich zu bewegen und das Einzige was sie hörte, fühlte… war das Ticken der Taschenuhr. Es war schneller geworden und es klang auch nicht mehr wie das normale Geräusch, welches ein Uhrwerk von sich gab. Es klang wie… Worte.

… und zu Kairas Überraschung verstand sie es sogar.

Sie Zeit setzte sich hart und erbarmungslos wieder in Bewegung. Die Zeitwächterin war darauf nicht vorbereitet gewesen und fiel zu Boden. Es gelang ihr nicht schnell genug wieder aufzustehen, denn in dem Moment raste schon die nächste Attacke auf sie zu. Die Nächste und letzte.

Unerschrocken streckte Kaira den Arm aus, hielt ihm die Taschenuhr entgegen und rief:

„OWARI JIKAN!“ Das Ergebnis war anders als sie es erwartet hatte. Der Deckel der Uhr öffnete sich und sie wusste das die Zeiger in einem rasenden Tempo rückwärts gingen, gleichzeitig wie der Dämon sich wortwörtlich in Luft auflöste. Kaum war die Kreatur vollkommen verschwunden, verstummten die Zeiger und der Deckel klappte zu. Kaira starrte einen Moment fassungslos gerade aus, ehe sie die Uhr, beinahe schon in Trance zurück steckte. Dann schrak sie auf.

Sie rannte zu Tinami und kniete sich zu ihr nieder.

„Asuka! Asuka! Wach auf verdammt!“ Keine Reaktion. Kaira spürte wie sie panisch wurde. Sie rüttelte in ihr, versuchte sie wach zu bekommen.

„Asuka, verdammt! Du kannst doch jetzt nicht einfach… das kannst du mir nicht antun! Mit wem soll ich mich denn streiten?“ Weiterhin keine Reaktion.

„D-Das… von vorhin dass tut mir Leid! Wirklich.. ich… ich wollte das nicht… ich war einfach nur blind vor Eifersucht! N-Nicht… das du denkst ich wäre neidisch auf deine Intelli-Intelligenz… aber… aber… ich wäre so gern… wie du! … Ich würde meine Gefühle… auch so gerne zeigen können… aber wenn ich das tue, kann ich euch… nicht mehr gut genug beschützen… Deswegen nenne ich… dich auch Asuka! Damit ich… meine Gefühle besser verstecken kann… bitte, wach auf und verzeih mir! Du darfst mich auch Ai-chan nennen… nur wach endlich auf!“ Als Tinami weiterhin nicht antwortete, warf Kaira sämtliche Prinzipien über Bord. Die Tränen rollten in schnellen Lauf an ihren Wangen herunter, als sie sich auf ihren Oberkörper warf.

„A-Asuka… nein! Das ist… alles meine… Schuld! I-Ich… konnte dich nicht…beschützen… obwohl ich dich doch… so lieb habe…!“

„Man sollte immer erst den Puls fühlen, Ai-chan.“ Die Angesprochene erstarrte. Nicht fähig sich zu rühren.

„Und am besten fühlt man den am Hals.“ Unwirklich hob Kaira den Kopf und starrte in Tinamis grinsendes Gesicht. Sie sah etwas leidend aus, aber ansonsten schien es ihr gut zu gehen.

„Achja. Ich hab dich auch lieb, Ai-chan!“

„ICH BRING DICH UM!“
 

„Ai-chan?“

„Was?!“

„Es ist egal wie tief du deine Gefühle versteckst, ich werde deine wahren Gefühle immer finden.“

… und mit diesen Worten nahm Tinami Kairas Hand.

Der Himmel kündigte einen wunderschönen Tag an…
 

Fertig gestellt: 22.08.07
 

Pink: AAAAAAH!!! GREEN-CHAN IS EVIIIIIIIIIIIIL >____<!!!! *Im Kreis Laaaaaauuuuf* Irgendetwas ist mit ihr TT° sie ist so… evil! So gemein! Sie spricht ganz anders und… und… Schoko-kuuuuuun! *ausheul*

Daichi: *beneidet Schoko-kun* Pink es wird sicherlich alles wieder gut ^^° meine Schwester und Tinami-san werden Green-san schon wieder normal machen… und die Siberu-san und Gary-san sind ja auch noch da!

Pink: Aber Daichi-kun! Green-chan will ja auf niemanden hören! Sie redet von irgendeinen toten Typen! Sie.. sie … sie greift ja sogar unsere Freunde an T____T° Und guck ma! Sie hat schwarze Augen! DAS IST NICHT DIE GREEN-CHAN DIE ICH LIEB HABE >_____<

Daichi: … //Wie soll ich Pink trösten? Wie? WIE?! Vielleicht sollte ich ihr neue Schokolade kaufen… etwas für die Nerven…. Etwas womit sie sich ablenken kann! Meine arme Pink… ich ertrage es nicht wenn sie weint! ICH MUSS WAS TUN!//

Pink: Daichi… jetzt sind wir gaaaaanz alleine… *weiter flenn*

Daichi: …. .////////////////. //MEINE CHANCE! Ich werde Pink in die Arme nehmen und sie trösten! Ja das mache ich!// Pi-Pi…Pink? Du musst nicht… *unterbrochen wird*

Pink: *aufspring* AH! Ich hab vergessen das nächste Kapitel anzusagen! AH! DAS IST MEINE AUFGABE! *HelloKitty-chan holt* *in Pose stell* *pinker Hintergrund* Das nächste Kapitel heißt…. „Eingekerkertes Mondlicht“! *zu Daichi guck* Sagma, Daichi-kun, was bedeutet denn das Öuö?

Daichi: … ;_;° //Ich werds NIE schaffen!//



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2007-09-01T15:46:02+00:00 01.09.2007 17:46
Ein sehr interessantes Kapitel! Schön, dass die Vergangenheit von Tinami und Kaira mal gezeigt wurde!
Ich freu mich auch schon aufs nächste Kapitel!
Ciao!
Deine Mekura
PS: Go, Daichi! Irgendwann schaffst du's! *anfeuer*
PPS: Ja, ich bin auch mal wieder da! Endlich funktioniert mein Internet, bin nämlich vor kurzem umgezogen...
Von:  JunAkera
2007-08-25T11:57:01+00:00 25.08.2007 13:57
das ist mal ein super süsses Kapitel über Tinami und Kaira... *schnüff* ^^

super goldig! also ich mag ja Tinami ^^ *smile* Kaira gehört jetzt nicht unbedingt so zu meinen Favos... aber ist auch goldig :) *smile*


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