Tödliches Spiel: Rematch von UrrSharrador (Schreien hat noch nie jemandem genutzt ...) ================================================================================ Prolog: Der Wille, zu überleben ------------------------------- Dieser Schmerz … Er hatte ihn noch nie gefühlt. Aber dieses Gefühl kam ihm bekannt vor. Sollte er es wirklich riskieren, die Augen zu öffnen? Um seinen Hals fühlte er kaltes Metall. Er bewegte sich ein wenig und stellte fest, dass der Ring nicht an einer massiven Kette befestigt war, wie er erwartet hatte, sondern an einem dünnen Kabel. Nein … Das konnte nicht sein … Das durfte nicht sein! Nicht schon wieder! Sai riss die Augen auf. Seine schlimmsten Albträume seit jener Nacht waren wahr geworden. Er saß in einem winzigen Keller, der durch ein oder zwei Gitter geteilt war, auf einem rohen Holzstuhl. Um seinen Hals hatte er einen eisernen Ring, und am Kopf spürte er einen unangenehmen Druck, der die Kopfschmerzen auslöste … Er tastete seine Stirn ab – und sein Herz setzte einen Schlag aus. Er trug eine Art Helm aus rostigem Metall, der mit dem Halsring verbunden war. Seine Finger wanderten nach unten, bis zu dem Kabel, das straff nach hinten angespannt war, doch er wagte es nicht, den Kopf zu bewegen, aus Angst, es könnte reißen. Sai hatte sich in den letzten drei Jahren genauestens über die Orochimaru-Morde informiert. Das Schlangengesicht hatte niemals eine tödliche Falle zweimal verwendet. Auch wenn ihm dieses Szenario noch so bekannt vorkam – diesmal würde die Gefahr nicht von zwei riesigen Scherenarmen hinter ihm ausgehen. Jenseits der Gitter sah er einen älteren Mann sitzen. Er konnte nichts Genaueres von ihm erkennen, da es in dem Keller ziemlich finster war. Was er sah, ließ seine Alarmglocken läuten: Der Mann war ebenfalls aufgewacht, und er begann unruhig an seinem eigenen Helm zu rütteln. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er aufsprang und womöglich einen tödlichen Mechanismus auslöste. „Bleiben Sie ruhig sitzen!“, rief Sai ihm zu, doch der Mann hörte nicht – und beugte sich vor. Sai hörte ein metallisches Pling, und eine grelle Glühbirne im zweiten Kellerteil flammte auf. Der Mann hielt sich geblendet die Hand vor die Augen, drehte sich um – und wirbelte wieder zu Sai herum. „He … He du! Wer bist du?“ Der Mann kam näher, bis an das Gitter. Er hatte struppiges weißes Haar und trug altmodische Kleidung. Sein Blick glitt am Gitter entlang. „Was zum … Wo sind wir hier?“ „In einer Todesfalle.“ Sai hatte noch nie viel Wert darauf gelegt, jemandem eine schlechte Nachricht mit Honigworten zu umschreiben. Der Mann sah ihn entgeistert an – und drehte sich dann wieder um und sah zu seinem Sitzplatz zurück. Hinter dem Stuhl stand ein niedriger Tisch, auf dem etwas metallisch schimmerte. Sai wusste instinktiv, dass auch er einen solchen hinter sich finden würde. „Was liegt auf dem Tisch?“, fragte Sai, so ruhig er konnte. Der Mann sah ihn unsicher an, und Sai schenkte ihm sein beruhigendstes Lächeln. „Messer“, antwortete der Alte dann. „Ein Messer, ein Fleischerbeil und so ein komischer Schlauch, oder was das sein soll …“ Er sah ihm fest in die Augen. „Du weißt, was hier los ist, oder?“, hauchte er. Sai nickte. „Das ist eines von Orochimarus Spielen. Ich habe schon einmal gespielt … Es ist grauenhaft. Wir könnten sterben.“ „Dann hör auf zu lächeln!“, herrschte ihn der Mann an. Erneut versuchte er, das Gerät von seinem Kopf zu bekommen. Vergeblich. Plötzlich hielt er inne. „Moment – du hast schon einmal gespielt? Das heißt, du hast überlebt? Dann können wir vielleicht heil hier raus kommen?“ „Wenn wir zusammenarbeiten“, sagte Sai und beschloss, dass es Zeit war, anzufangen. Er stand auf. Das Kabel in seinem Nacken spannte sich – und ein Sicherungsstift sprang aus seiner Halterung. Eine Glühbirne über ihm ging an – und einen Moment später ein flackriger Fernseher an der Wand, der ein weißes, schlankes Gesicht mit langen schwarzen Haaren und gelben Schlangenaugen zeigte. „Herzlich willkommen“, ertönte eine raue, unangenehme Stimme, die jedoch nicht mit den Lippenbewegungen des Schlangengesichtes zusammenpasste, als hätte jemand ein altes Video genommen und den Ton neu hinzu gespielt. „Wer ist das?“, fragte Sais Zellengenosse. „Orochimaru. Sie haben nie von ihm gehört?“ „Aber der ist doch schon tot!“, entfuhr es dem Mann. „Ich möchte ein Spiel spielen“, fuhr der Serienmörder fort. „Sie beide sind schlechte Menschen. Der eine ein schamloser, lüsterner Voyeur, der andere ein nichtsnutziger, fauler Tagedieb. Ich behaupte, die Welt wäre ohne Sie besser dran. Wenn Sie jedoch den Willen haben, weiterzuleben, dann können Sie ihn in diesem Spiel unter Beweis stellen.“ Aha, der andere war also ein Voyeur. Sai musterte den Mann aus den Augenwinkeln. „Sie beide bekommen die Chance, ein neues Leben anzufangen. Dafür müssen Sie sich nur den ganzen Schmutz vom Leibe schneiden. Auf den Tischen finden Sie die nötigen Werkzeuge dafür. Zwischen den Gittern befindet sich eine Waage. Sie haben sechzig Sekunden Zeit. Derjenige von Ihnen, der mehr Fleisch spendet, wird frei sein. Der andere wird den Tod finden.“ Der Bildschirm erlosch und im gleichen Moment schoss ein Stromstoß über den Eisenhelm in Sais Schädel. Er zuckte schreiend zusammen, genauso wie sein Leidensgenosse. Der alte Mann fing sich aber schnell wieder und stürzte auf seinen Tisch zu. „Ich werde nicht gegen dich verlieren!“, rief er. Am anderen Ende des Raumes hatte eine Uhr zu ticken begonnen. Es waren noch fünfundfünfzig Sekunden Zeit. Sai richtete sich schwer atmend wieder auf. Er tastete seinen Gürtel ab und ein echtes, erleichtertes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Diese Falle unterschied sich wenig von der, in der er schon einmal war. Orochimaru hatte nichts dazugelernt. Er würde auf dem gleichen Wege entkommen, wie schon einmal zuvor. Sai riss seine Papierrolle, das Tintenfass und seinen Pinsel von seinem Gürtel und ließ sich in den Schneidersitz fallen. Eifrig zeichnete er eine Armee aus Mäusen, die er auf ein schnelles Fingerzeichen hin zum Leben erweckte. Die Tintentiere sausten über den Boden, kletterten an dem Gitter hoch und ließen sich durch die Öffnung darin auf die Waagschale fallen. Sai ließ jedoch nicht nach. Eine Minute war verdammt wenig Zeit. Kühl beschäftigte er sich nur mit einem Gedanken: Weiterzeichnen. Was tat der andere? Sai nahm sich nicht einmal die Zeit aufzuschauen. Vielleicht schnitt er sich tatsächlich sein Fleisch aus dem Körper. Oder er verzweifelte stumm, denn Sai hörte keinen Laut von ihm, nur das Geräusch des Pinsels, der über Papier strich. Zwölf weitere Mäuse waren fertig gezeichnet. Ohne auf die Uhr zu achten, die immer noch tickte, ließ der Ninja sie lebendig werden und davon trippeln. Noch eine Seite. Das Lächeln war nicht aus Sais Gesicht gewichen. Er zeichnete jetzt nur noch einzelne Mäuse, um das Maximale aus seiner Fähigkeit herauszuholen – für alle Fälle. Tintenwesen hatten kein nennenswertes Gewicht, und wenn sein Gegenüber auf dumme Gedanken kam … Noch eine Maus, noch eine. Immer hastiger wurden seine Striche … Noch eine, zuerst der Schwanz, dann der Rücken, die Schnauze … Als Sai bei den Beinen angelangt war, ertönte ein schrilles Klingeln. Die Zeit war um. Sai lehnte sich entspannt zurück – und ein grässlicher Schmerz durchzuckte seinen Körper. Ein Stromstoß fraß sich durch seine Zellen, lähmte seine Muskeln und ließ seine Gliedmaßen unkontrolliert zucken. Er stürzte zu Boden und blieb verrenkt liegen, sein Körper war ein einziger Schmerz. Das letzte, was er sah, war ein verschwommenes Bild seines Zellengenossen, der ihn mitleidig ansah – und er sah einen übergroßen Frosch auf der Waagschale des Mannes hocken. Dann nichts mehr. ================ Damit erkläre ich Tödliches Spiel 2 für eröffnet :D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)