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Dream the World

von  Waterlily-G-and-C-


Dream the World

Langsam schwebte die rosafarbene Blüte hinunter und legte sich auf die blau schimmernden Wellen.
Das Meer riss die Blüte des Magnolienbaumes, der auf einer Klippe über dem Wasser stand, mit, ließ sie auf den weißen Schaumkämmen tanzen und tauchte sie immer wieder unter. Einzelne Blütenblätter wurden abgerissen und trieben nun überall im hellblauen Wasser.

„So sieht wenigstens ein Teil von dir etwas von der Welt, wie ich...“, meinte einer der beiden Männer, die über den Strand schlenderten und warf sein schulterlanges Haar zurück. Der andere, dessen Haut stark gebräunt war, lächelte leicht. Der Langhaarige sah ihn entschuldigend an: „Ich kann dich nicht mit auf meine Reisen nehmen... Es ist bestimmt sehr langweilig, das ganze Leben über nur an einem einzigen Ort zu sein und nie etwas anderes zu sehen als das Wasser, den Strand und die Wiese dahinten...“ Er blickte nach vorne und so bemerkte er die Regung des anderen, die undeutlich zeigte, dass er anderer Meinung war, nicht. „Ich glaube, ich werde dir von dem, was ich gesehen habe, berichten, wenn ich schon nur eine deiner Blüten, die nie wieder zurückkehren wird, mit mir nehmen kann.“ Er blickte erwartungsvoll zu seinem schweigsamen Freund hinüber. Doch dieser lächelte nur und sagte nichts. Er blieb still wie ein Baum bei Windstille.
Der schlanke, junge Mann wandte sein Gesicht dem Wasser zu und ein Wind, der leise und versteckt von weit entfernten Orten flüsterte, fuhr durch seine Haare. Die beiden blieben stehen, die langen Haare des einen flatterten in der Brise, die vom Wasser herkam, während der andere mit geschlossenen Augen und verzückter Miene dem Wind lauschte.
Ein Blütenblatt tanzten auf den Wellen worüber und wurde einige Schritte weiter auf den Strand gespült. Mit langsamen Schritten, bei denen sich die bloßen Füße des Langhaarigen tief in den Sand gruben und der Dunkelhäutige, der Schuhe aus etwas wie Rinde trug, ebenfalls auffällige Spuren hinterließ, gingen die beiden auf den hellen rosanen Fleck zu, der sich deutlich vom ockerfarbenen Sand abhob. Träumerisch blickte der Barfüßige auf die Wellen hinaus. „Dahinter“, begann er schließlich zu erzählen, „gibt es viele Häfen, ich habe sie alle gesehen, unzählige Schiffe treiben dort über meine Wellen... aber dafür schwimmen dort nicht so viele Fische durch das Wasser, die Schiffe haben sie vertrieben...“
Der Dunkelhäutige ließ sich auf einen Stein sinken und betrachtete von dort aus abwechselnd die Klippe und das Wasser, während der andere sich auf den Strand gesetzt und gegen den Fels gelehnt hatte. „Doch nicht überall wurde die Natur vertrieben... hinter dem Horizont liegen Wiesen, grüner als die oben bei der Klippe, und voller Blumen... es wachsen viele Bäume dort und in ihren Zweigen haben Vögel ihre Nester gebaut...“ Er brach ab und sah zu seinem Freund, der gerade auf das angeschwemmte Blatt schaute, hinauf. „Du würdest das bestimmte gerne mal sehen, oder?“, fragte er leise. Die verhaltene Stimme wurde sanft vom Wellenrauschen und dem Geräusch, das das Wasser machte, wenn es auf den Strand schlug begleitet.
„Nein...“, sagte der auf dem Stein Sitzende langsam und nachdenklich, „Nein... Ich muss es nicht sehen... du erzählst mir davon, der Wind flüstert mir leise Worte über Gegenden, die selbst du nicht kennst zu und die Vögel berichten mir laut und aufgeregt von all den Gebieten, in denen sie schon waren... aus all dem, das ihr mir erzählt habt, habe ich mir einen Traum geschaffen... in meinen Träumen war ich an all diesen Orten und habe sie in ihrer ganzen Pracht gesehen... ich möchte nicht weg von hier, um woanders hinzu gelangen und zu sehen, dass mein Traum nur ein Traum ist...“ Er lächelte. „Ich möchte lieber meine Illusion behalten und weiter träumen...“
Es wurde still und bis auf das Klatschen der Wellen auf dem Strand.

„Träumen...“, murmelte der Langhaarige leise, als sie beide aufstanden und über den Sand zurückgingen.

Langsam schwebte eine rosafarbene Blüte auf die Wellen hinunter – ein Geschenk des Träumers an den Unruhigen, das ihn auf seiner neuen Reise begleiten sollte...


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