100 Moments von GodOfMischief (Brotherhood) ================================================================================ Kapitel 1: Das beste Geschenk ----------------------------- Titel: Das beste Geschenk Autor: Wort: #59 - Weihnachten Charaktere: Sascha, Soda Genre: Öhm... na ja, ein wenig Drama würde ich mal sagen ._. Sonstiges: War erst geplant für einen Adventskalender, der dann leider gelöscht werden musste. Ich lasse diesen Beitrag jetzt aber so, wie er ist. Das beste Geschenk „Bwahahahahahaha!!! Nein.“, Saschas schallendes Lachen endete ebenso abrupt, wie es begonnen hatte. Seine Miene war hart, obwohl er nach unten blickte und es fast so aussah, als würde er sich schuldig fühlen. In Wirklichkeit fühlte er jedoch gar keine Schuld, im Moment war in seinem Gefühlsleben überhaupt keine Spur davon. Einzig und allein die Wut würde gleich vorherrschen. „Aber warum denn nicht?!“, Soda zog einen Flunsch und hob die klobige Polaroidkamera hoch um eine Foto von sich zu machen, er zog das Foto heraus und betrachtete es kurz mit dem Kommentar: „So volle Lippen... ...Aber warum denn nicht?!“ „Weil es eine total beschissene Idee ist du Flachpfeife!“, rief Sascha mit vollem Mund, als er gerade anfing sein Frühstück zu essen. „Das ist ja kein Grund beleidigend zu werden“ „Klappe dicht!“ „Oder laut“ Sascha schnaubte nur noch und wandte sich mit einem Grummeln seinem Sandwich zu, während Soda abermals seine Kamera hob. „Wag es ja nicht...“, brummte der Ältere und drehte sein Essen ein wenig. „Bitte lächeln“, sein Freund legte seinen Finger auf den Auslöser, doch ehe er drücken konnte, hatte Sascha das Sandwich bereits aus der Hand gelegt und warf die Kamera quer durch den Raum. Soda sah ihr hinterher und fragte leise: „Hmm, vielleicht sollte ich dir zu Weihnachten einen Gutschein für Yoga schenken. Das entspannt und du bist nicht immer so aggressiv“ Mit einem hellen Klirren fiel das Objektiv der Kamera auf das Kopfsteinpflaster, als Soda die Überreste in seiner Hand drehte: „Weißt du, das ist jetzt schon die fünfte Kamera, die du mir erst geschenkt und dann kaputt gemacht hast“, er warf die Kamera in den nächstbesten Eimer, während er mit seinem Freund durch die Altstadt schlenderte, „Du solltest mir ein Abo dafür geben“ „Ich schenk dir keine Kameras mehr“ „Nicht mal bei unserer gemeinsamen Weihnachtsfeier? Bald ist doch Weihnachten und wir wollten Weihnachten zusammen feiern. WeihnachtenWeihnachten-“ „Sag noch einmal Weihnachten und ich versenke dich in einer der Teergruben“ „Du bist so ein Weihnachtsmuffel, das ist ja noch fast schlimmer als mit dir deinen Geburtstag zu feiern“ „Den wollte ich nie feiern“ „Das ist es ja!“ „Okay, genug jetzt, ja?“, Sascha wurde wieder lauter und einige der Bordsteinschwalben drehten sich nach ihnen um, „Wir feiern kein Weihnachten zusammen, klar? Oder soll ich nochmal lachen?“ „Nein, bitte nicht mehr lachen“, Soda setzte seinen Dackelblick auf und schniefte theatralisch. Sascha fuhr sich durch die raspelkurzen, braunen Haare und warf einen flüchtigen Blick zu dem Großen neben ihm. Dieser hatte nun seine Unterlippe hervor geschoben und drückte gerade auf die Tränendrüse. „Soda, erinnerst du dich noch an die Wand vom 7th Heaven?“ „Hmm...“, er neigte den Kopf und überlegte lange, „War das nicht die, an der mal ein Graffiti von diesem Ding aus Herr der Ringe war?“ „... Keine Ahnung was du meinst, aber willst du mit ihr Bekanntschaft machen?“ „Wenn sie nett ist“ „Du kriegst definitiv Nichts zu Weihnachten!“ Seid Minuten herrschte nun Stille zwischen den beiden. Und das kam selten vor, wo Soda doch meist die ganze Zeit etwas zu erzählen hatte. Sascha nahm einen tiefen Zug seiner Zigarre und stieß den Rauch in Form von Ringen aus, während er mit Vergnügen die fünf leichten Damen vor sich hier im Ruheraum von oben bis unten taxierte. Und das während er weiterhin von Soda angeschmollt wurde. „...“, der Ältere blieb stumm. Ein leises Wimmern drang an sein Ohr. „Was?“ Das Wimmern wiederholte sich. „Du benimmst dich wie ein kleines Kind“ „Ja und? Das ist es wert“ „Ist es das?“, Sascha sagte es monoton und führte den Zigarrenstummel wie in Trance zu Sodas Hand, welcher sich in Sekundenschnelle zum anderen Ende des Raumes in Sicherheit brachte. „Sadist!“ „Du mich auch!“, er erhob sich aus dem alten Stuhl und warf seinem Freund einen letzten Blick zu, „Also... ich geh jetzt. Wir sehen uns morgen“ „Morgen ist Weihnachten!“, trällerte der Große und war blitzschnell wieder neben Sascha, der sich seine Lederjacke überzog und Soda prüfend musterte, „Ja und? Du kriegst nichts“ Abermals schob er die Unterlippe vor und drückte die große Schwarzhaarige neben sich: „Du bist gemein Sascha, schenkst du niemandem etwas, nicht mal dem Besten der Besten?“ „Wieso sollte ich mir selbst was schenken? Obwohl...“, er fuhr sich übers Kinn und grinste hämisch, ehe er den Kopf schüttelte, sich zu Soda umdrehte und kurz stutzte. Der Jüngere sah so geknickt aus, das man meinen könnte jemand wäre gestorben. Sascha schluckte und wandte den Blick schnell ab. „Ich geh dann“ Die Nacht war eisig kalt. Mittlerweile war ein weiterer Schneesturm ausgebrochen, der die gesamte Stadt in glitzerndes Weiß hüllte. Sascha kämpfte sich durch die wehenden Schneeflocken, auf den Weg zu seiner Wohnung, den Blick gesenkt und in Gedanken versunken. Er bekam den Anblick von Soda, wie er mit diesem wehleidig traurigen Blick seine Polaroidsammlung musterte nicht mehr aus dem Kopf. Tief in ihm regte sich doch langsam das Gefühl der Schuld und dann traf es ihn plötzlich mit so einer Wucht, das er stehen blieb und über seine eigene Dummheit so wütend war, das er zitterte. „Verdammt!“ In guten Gedanken an seine warme Wohnung, drehte er sich auf dem Absatz um und ging in die entgegengesetzte Richtung. „Ich wünsch dir trotzdem frohe Weihnachten, du Muffelchen“, strahlte Soda, als Sascha bereits um 18 Uhr – wo er doch immer erst in der Nacht kam – in dessen Tür stand. Dick eingepackt und fast von dem Schnee eingehüllt, aber immer noch mit der selben Laune wie gestern. Sascha stieß nur ein Schnauben aus und drückte dem Großen das Päckchen in die Hand, das er gestern Abend noch unter höchsten Anstrengungen kurz vor Ladenschluß ergattern konnte. „Ich dachte du wolltest mir nichts schenken“, nuschelte Soda verdutzt, „Ich hab jetzt nichts für dich“ „Mach's auf!“, schnauzte der Ältere nur zurück und fing an sich an der Bar selbst zu bedienen. Das Rascheln des Papiers durchbrach die Stille und Sascha sah absichtlich nicht hin, als Soda die neue Kamera in den Händen hielt. „Sogar wieder eine Polaroidkamera“, jauchzte er und schon erhellte das Blitzlicht den Raum. Sascha verdrehte die Augen, kam aber trotzdem nicht umhin kurz zu Lächeln, bis sich plötzlich Sodas lange Arme um ihn legten. Das Lächeln erstarb und ein mehr als leerer Ausdruck schlich sich auf sein Gesicht. „Du bist der Beste“, flüsterte Soda an seinem Ohr. Sascha hielt seinen Arm und nickte leicht. Egal, ob Soda ein Geschenk hatte oder eben nicht. Allein schon die Tatsache, das der Junge jedes Jahr die selbe Tortur durchmachen musste, wusste, dass er sich wahrscheinlich nie bessern würde und trotzdem an seiner Seite stand war das beste Weihnachtsgeschenk, das er ihm machen konnte. Kapitel 2: Sommertagstraum -------------------------- Titel: Sommertagstraum Autor: Wort: #01 – Sommer Charaktere: Nora, Sascha Genre: Fluff Sonstiges: Saschas Hund wurde nach dem gleichnamigen Disneyfilm benannt, da Nora Disneyfilme liebt. Sommertagstraum Es waren bestimmt 38 Grad Celcius und das im Schatten. Was aber auch kein Wunder ist, wenn die Jahreszeit auf Sommer steht. Gelegentlich wehte eine kühle Brise, bewegte mit einem raschelndem Geräusch die Blätter der Bäume und Pflanzen und das saftige, grüne Gras wogte sich in dem aufkommenden Wind, kitzelte die beiden Gestalten, die es sich dort gemütlich gemacht hatten. Kleine Rauchschwaden stiegen gen Himmel, immer wenn Sascha seine Zigarette genüsslich von den Lippen nahm. Seinen Kopf auf den Arm gebetet, nahm er die Sonne auf. Einen freien Tag hatte er lange nicht mehr gehabt. Und auch wenn er für sich behauptete mehr ein Frühlingsmensch zu sein, war es einfach ein wunderbar entspannendes Gefühl dösend in der Sonne zu liegen und sich keine Sorgen zu machen – selbst wenn seinen Pflegeeltern es nicht gefiel, wenn er rauchte. Aber immerhin war er dabei zur Zeit nicht im Haus. Ein kleiner Fortschritt. Die junge Nora neben ihm im Gras, seufze wohlig, öffnete für eine Sekunde die Augen und musste plötzlich niesen, als sie direkt in die Sonne blickte. Kurz darauf tönte aus der Wohnung ein lautes Bellen und der kleine Golden Retriever hetzte über den Rasen, winselte, wedelte mit dem Schwanz und schleckte dem brünetten Mädchen vergnügt über das ganze Gesicht. Sie quiekte erschrocken auf und saß kurz darauf kerzengerade in der Senkrechten, ihr dicker Wälzer rutschte von ihrer Brust, während sie versuchte den Kleinen von sich zu drücken. „Bolt! Lass das, das macht man nicht“, doch der Hund schien nicht zu hören, „Sascha, dein Hund! Nimm ihn weg!“ Doch der Junge lachte nur in sich hinein und drückte die Zigarette in einem Taschenascher aus: „Lass den Kleinen doch. Der wird gleich merken, das es viel zu warm ist und dann zurückschleichen“ „Du bist ein schlechtes Herrchen“, sagte sie ruhig, mit einem so wehleidigen Unterton, ernst angehaucht, das er nur die Augen verdrehte und den Hund zu sich pfiff. Bolt merkte auf und legte den Kopf schief, dann hallte wieder ein fröhliches Bellen über den Rasen, kurz darauf das gleichmäßige trappeln seiner Pfoten. Es dauerte auch nicht lange, da konnte man einen erstickten Schrei vernehmen. „Bah, Junge!“, Sascha, nun ebenfalls in einer sitzenden Position, fuhr sich über das angesabberte Gesicht, „Das ist ja eklig. Mach Platz!“, herrschte er das Jungtier an, welches sich sofort winselnd zusammenrollte. Der Braunhaarige ließ sich wieder ins Gras fallen und hörte sich genug tuend das leise Kichern seiner kleinen Schwester an: „Du hast kein Benehmen“ „Du doch auch nicht. Sonst wüsstest du, das man in so einem Moment nicht lacht“ Es kam keine Antwort, einzig und allein das Hecheln des Hundes war zu hören und Bob Dylan, der aus der Küche des Hauses mit seiner schnorrenden Singstimme It Ain't Me Babe zum Besten gab. Ein kurzes Räuspern, dann langte Nora nach ihrem Schmöcker, strich ihr sonnengelbes Kleid glatt und bettete ihren Kopf auf Saschas Bauch: „Wir waren bei Kapitel 4, oder?“ „Ganz egal“, murmelte er leise und schloss wieder seine Augen, „Hauptsache du liest es“ Kapitel 3: Beschützer --------------------- Titel: Beschützer Autor: Wort: #39 - Beschützer Charaktere: Heather, Sam Genre: Spannung, Hetero Sonstiges: Eigentlich ist Heather ja mit Sascha zusammen, aber das Pairing gefällt mir auch sehr gut :3 Beschützer Wie jeden Freitagabend verließ sie um Punkt zehn nach neun das Büro von Max Cromwell und schloss die dicke Eichentür hinter sich. Mit einem tiefen Seufzer wandte sich das brünette Mädchen ab und schlich auf leisen Sohlen den Gang hinunter zum Fahrstuhl. Nach den Sprechstunden ging es ihr meist besser, doch es kam ihr immer so anstrengend vor, wie eine lästige Prozedur, in der sie sich erst bloßstellen musste und dann immer wieder versuchen musste die Tränen zurückzuhalten, so gut es ging. Lange klappte dies nicht, doch wenigstens war Max vertrauenswürdig, so dass sie sich etwas wohler in seiner Gegenwart fühlte. Wie eine Spieluhr aufgezogen, ging sie weiter und drückte wie automatisch auf den Rufknopf. Innerhalb weniger Sekunden öffneten sich die gläsernen Türen mit einem leisen Summen. Langsam stieg sie ein und ihr Blick wanderte sofort nach draußen. Der Fahrstuhl war komplett verglast und als er sich ruckartig in Bewegung versetzte, fühlte es sich einen Moment so an, als würde sie schweben. Die Stirn an das Glas gelehnt und die davon ausgehende Kühle genießend blickte sie hoch gen Mond, der umschlossen war von alles verschlingender Dunkelheit. Nach zwei zögernden Atemzügen fühlte es sich an, als würde sich ihr Herz verkrampfen. Dieser Teil war der schwierigste. Das nach Hause kommen, wenn es dunkel ist. Nachts ist es in Basin am gefährlichsten. Normalerweise wurde sie auch von Jack abgeholt, doch der war mal wieder nicht zu erreichen – und ehrlich gesagt war es noch gefährlicher mit ihm mitzufahren, als zu Fuß nach Hause zu laufen. Natürlich gab es auch Nachtbusse, aber wer will schon mit den betrunkenen Versagern fahren, die einen dann anpöbeln? Erst als die Tür des Fahrstuhls wieder aufging, machte sie ihre Jacke zu, nickte der Dame am Empfang kurz zu und verließ dann in einem schnelleren Tempo das hohe Gebäude. Trotz der dicken Jacke war es draußen eiskalt, der kühle Wind brauste durch die Blätterkronen der Bäume und die Regentropfen fühlten sich auf ihrem Gesicht an wie kleine Nadelstiche. Sie schluckte schwer und legte einen Zahn zu, bis sie unmerklich anfing zu laufen. Hie und da bog sie ab, musste durch das Strahlen der Straßenlaternen niesen und schloss immer wieder die Arme um sich. Als sie hochblickte blieb sie abrupt stehen. „Baustelle?“, nuschelte sie und betrachtete fröstelnd das große, dreieckige Schild, um welches orange blinkende Warnlichter aufgestellt worden waren. Sie rieb sich kurz die Augen, als das Licht anfing zu stechen, dann drehte sie sich um, ihr Blick strich suchend durch die Gegend. Das war die Hauptstraße, immer noch am ungefährlichsten, aber wenn diese jetzt gesperrt war, wo sollte sie dann entlang? Eine Weile drehte sie sich im Kreis und ging gedanklich den Stadtplan von Basin durch. Wenn sie jetzt links gehen würde, dann müsste sie durch den Park und das wiederum wäre der sichere Tod. Bei dem Gedanken schüttelte sie sich und drehte sofort nach rechts ab. Mit eiligen Schritten lief sie die breite Straße hinunter, doch weit kam sie nicht, da ging ihr schon die Puste aus. Laufen war definitiv nicht so ihr Ding. Als sie in eine kleine Gasse einbog, war ihre Geschwindigkeit bereits unter dem Schritttempo angelangt und so schlich sie mehr oder weniger an den Hintertüren und Mülleimern vorbei. Eine heimatlose Katze blitzte sie an und machte schnell einen Buckel, als das kleine Mädchen an ihr vorbei kam. Erst als sie ein seufzen von sich gab, fauchte das Tier und war mit einem Satz hinter der nächstbesten Mülltonne verschwunden, allerdings nicht ohne mit dem Umstoßen des Deckels einen gewaltigen Krach zu veranstalten, denn dieser löste auch sofort einen Kettenreaktion aus. Unter dem Lärm zuckte sie zusammen und machte mehr aus Reflex einen Sprung nach vorne. Ohne sich umzudrehen ging sie weiter, bog wieder ab und betrachtete die schäbigen Häuserfronten. Kurz stutzte sie. Hier war sie doch nicht richtig. War sie vielleicht doch falsch abgebogen und in der Altstadt gelandet? Nein, das konnte nicht sein. Es gab doch auch in der Innenstadt solche Lokale. Erst zögerte sie, dann beeilte sie sich wieder schnellstmöglich an der Häuserfront vorbeizugehen. Aus den Läden hörte sie das leise pulsieren der Musik, das Rauschen der Stimmen und das plötzliche Losschießen einer unheimlichen Lache. Mit einem grauenhaften Quietschen öffnete sich eine Tür und ein sonnengelber Lichtkegel ergoss sich über die Straße. Zögernd blieb sie stehen, als sich das Gemurmel von Männern zu ihr bahnte und einer nach dem anderen auf die Straße begab und sich ihr in den Weg stellte. Einer der Männer lachte höhnisch, als sein Kamerad die kleine Treppe hinunter stolperte und würgen musste, ehe er fast seine Flasche Bier verlor. Mit einem mulmigen Gefühl und einer Portion Fremdscham machte sie einen Bogen um die Dreiertruppe und blickte dabei nach Möglichkeit zum Boden. Einer der Männer hinter ihr tönte auf einmal: „He! Warte mal, Kleine!“ Verdutzt blieb sie stehen und hätte sich anschließend dafür selbst ohrfeigen können. Einer der drei kam auf sie zu, die ganze Zeit über wedelte er mit dem Finger und lallte etwas von: „Du bist doch die-“, ehe er mit ihrer Seite kollidierte und umkippte. Durch den Zusammenstoß kippte sie zur Seite und fuchtelte mit dem Arm wild in der Luft herum um irgendwo Halt zu finden, doch ein weiterer Mann nahm ihr diese Aufgabe ab, als er sie an den Schultern packte und seinem Kumpanen verärgert zu rief: „Pass auf, man! Man macht das nicht kaputt!“ Noch ehe sie sich über diese Aussage wundern, oder jeglichen Versuch starten konnte, um sich zu befreien, grölte der Dritte plötzlich los und schlug dem Kerl, der sie hielt ins Gesicht. Anscheinend mit einer solchen Wucht - oder dank des Alkohols - das beide von den Beinen gerissen wurden. Die Brünette stöhnte gequält auf, als sie das Schaben des Asphalts an ihrem Arm spürte, jedoch hielt der Schmerzenslaut nicht lange an, denn der Mann drohte sie zu ersticken, wie er in seiner Panik ihren Hals umklammerte. Sofort versuchte sie seine Arme weg zu zerren, was bei seiner Kraft jedoch kläglich misslang. Langsam aber sicher bekam auch sie Panik und schnappte nach Luft. Mit ihren Beinen trat sie um sich und erwischte ihn am Knie, was ihn dazu veranlasste seine Hände dorthin zu führen. Erleichtert kam sie, so schnell sie konnte, wieder auf die Beine und lief unglücklicherweise sofort wieder in die Arme der anderen beiden. Der Größere von ihnen grinste hämisch und hauchte ihr entgegen: „Nein, nein. Wir machen sowas schon nicht kaputt“ Allein schon vor der Alkoholfahne wich sie zurück. Ein Arm schlang sich um ihren Hals und heißer Atem streifte ihr Ohr. Die drei redeten wild durcheinander, Glas klirrte und die schwitzigen Hände streiften immer wieder über ihr Gesicht und ließen es sich nicht nehmen immer wieder tiefer zu gleiten. Mit aller Kraft versuchte sie sich zu befreien, doch der Kerl hatte immer noch seinen Arm um ihren Hals und schnürte ihr die Luft ab. Die Panik schwoll in ihr an, war kurz davor zu bersten und drängte dazu in einem Schrei über ihre Lippen zu quellen. Doch nichts geschah, bis auf- Vor Schreck kniff sie die Augen zusammen und spürte wie heiße Tränen über ihre Wangen kullerten, als sie das laute Knacken der Knochen vernahm. Als der Kopf des Mannes in den Nacken flog und er dabei einen Schrei ausstieß, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ, lockerte sich auch endlich sein Griff und das junge Mädchen stolperte nach vorne, ehe sie auf die Knie sank und nach Luft japste. Ihre Finger krallten sich automatisch an das kalte Pflaster, immer fester und schon nach wenigen Sekunden tat ihre ganze Hand weh, während ihr Herz Blut und Adrenalin durch ihren Körper pumpte. Das Blut rauschte in ihren Ohren und ihr Kopf dröhnte, immer und immer wieder, bei jedem Schlag, den sie hinter sich ausmachte, zwischen den ganzen Schmerzensschreien. Die Panik kroch der Brünetten den Hals hoch und schnürte ihr die Kehle ab. Vermutlich war das auch nur so ein Irrer, der aus Spaß irgendwelche Leute auf der Straße abstach, solche Kerle tummelten sich nachts gerne in den Straßen von Basin. Allerdings konnte sie sich nicht bewegen, ihr Körper wollte ihr einfach nicht mehr gehorchen. Die einzige Regung, zu der sie im Stande war, war das öffnen ihrer braunen Augen. Aufgeregt huschten sie von links nach rechts, von rechts nach links. Versuchten irgendetwas auszumachen, doch die Straßenlaternen beleuchteten die Umgebung nur spärlich. Sie konnte noch immer das leise Knacken hören, die dumpfen Schläge, die Schreie. Ein einziger dumpfer Schlag riss sie aus dieser Odyssee, als neben ihr ein leblos wirkender Körper auf das Kopfsteinpflaster knallte. Mit einem Ruck drehte sie den Kopf zu der Gestalt und ihre Augen weiteten sich erschrocken. Das war der Kerl, der ihre Brust berührt hatte. Seine Augen waren weit aufgerissen, der Mund stand einen Spalt weit offen und rotes, glänzendes Blut floss über seine linke Gesichtshälfte. Bei diesem Anblick drehte sich ihr der Magen um, in ihrem Hals drückte es, als wolle etwas hinaus, doch heraus kam nur ein schwaches Wimmern. Bis der Arm des Fremden plötzlich hervor schnellte und sich mit einem festen Griff um ihren Knöchel schloss. Ein gellendes Kreischen erfüllte die Nacht, voller Panik in ihrem Ausdruck versuchte sie zurück zu weichen, doch weit schaffte sie es nicht, da kriegte der Kerl einen weiteren Schlag ab, der Griff lockerte und er kippte um. Leblos. Mit aller Kraft versuchte sie Luft in ihre Lungen zu ziehen, zurück zu krabbeln und zeitgleich die Tränen los zu werden, um wenigstens nicht mehr so verschwommen zu sehen. Eine dunkle Gestalt baute sich vor ihr auf. Jetzt war sie dran. Ihr ganzer Körper bebte vor Angst, zitterte unaufhörlich und lies leise ihre Zähne klappern. Noch ehe sie es schaffte wieder auf die Beine zu kommen, wurde sie mehr als grob an den Armen hochgezogen und förmlich an die kalte Steinmauer eines Hauses geworfen. Ein gewimmertes Fiepen drang hervor, sie kniff wieder ihre Augen zusammen und wand den Kopf ab. Was auch immer er oder sie jetzt mit ihr vor hatte, sie wollte es nicht sehen. Sie zuckte zusammen, als sich eine Faust in das Gemäuer neben ihrem Kopf bohrte, sie konnte die Steine auseinander brechen hören und spürte an ihrem Rücken, wie sie sich verschoben. Ihre Gedanken flogen wild durcheinander. Was sollte das? Warum wurde nicht sie geschlagen? Teilweise war sie erleichtert, doch vielleicht hatte die Person etwas Schlimmeres mit ihr vor... „Meine Fresse, Heather! Wie dumm bist du eigentlich?! Ständig baust du so 'ne Scheiße!“, bei jedem einzelnen Wort, das er ihr entgegenschrie, zuckte sie zusammen und abermals sammelten sich die Tränen in ihren Augen. Sie verstand den Jungen einfach nicht. Im einen Moment war er immer so lieb zu ihr, wie kein anderer es sein konnte und im nächsten fauchte er sie an und beleidigte sie. Die Brünette dachte immer sie würden sich so gut verstehen und jedes Mal brach er ihr das Herz. Bestimmt lag es daran, dass er immer noch nichts mit Menschen anfangen konnte. „S... Sam, i-“, fing sie an zu schluchzen, wurde dann jedoch jäh unterbrochen. „Sei leise!“, wieder schlug er seine Faust gegen die Wand und letztendlich brachen einige Ziegel heraus. Ehe Heather ein weiteres Wort herausbringen konnte, packte er sie rabiat am Handgelenk und zog sie von der Wand weg. Sie zuckte bei dieser groben Geste zusammen, noch immer taten ihre Hände weh und folgte ihm, so gut es ging. Ihre braunen Augen fielen auf die Typen, die reglos auf dem Boden lagen. Um den Kopf des einen bildete sich eine Blutlache. Sam beschleunigte seine Schritte und das junge Mädchen stolperte, ihre Knie streiften den Boden, ehe sie wieder hochgezogen wurde. Sie versuchte mit ihm mitzuhalten, blickte fragend in sein unergründliches Gesicht. Sie hätte schwören können, das sich in seinen Augen ein kleiner Schimmer von Angst zeigte, doch sein Kiefer wiederum war vor Wut so angespannt, das sich die Knochen auf der Haut schon weiß abhoben. Immer wieder hatte er sie aus brenzligen Situationen gerettet. Immer und immer wieder. Es war kein Wunder, das sie ihm langsam lästig wurde. Dieser Gedanke versetzte ihr einen Stich, sie wandte schnell den Blick ab und drückte ihre freie Hand auf die Augen. Warum war er nur immer so gemein zu ihr, wo sie selbst ihn doch so sehr- ja, wo sie ihn doch so sehr liebte. Auf ihrem Weg ins Unbekannte, wurde sie immer wieder von Schluchzern geschüttelt, stolperte und scheuerte sich nach und nach die Knie blutig. Sie hörte Sam vor sich leise Verwünschungen murmeln, immer wenn sie hochsah, war sein Blick starr nach vorne gerichtet. Sie konnte die Schmerzen an ihren Beinen spüren, ihre Hand war von seinem Druck mittlerweile taub geworden und ihr Herz wurde bei jedem seiner Wort ein kleines bisschen mehr zerrissen. In der Ferne hallten Polizeisirenen zu ihnen herüber, vermischten sich mit dem immer währendem Prasseln des Regens und des Rauschens der Blätter im Wind. Das Rauschen klang hier so kräftig, wie nirgends sonst in Basin. Heather hob den Kopf und tatsächlich. Sie liefen am Park entlang. Sie sah es zwar nicht, doch sie konnte es sich mehr als gut vorstellen, wie Augenpaare, gefährlich blitzend auf sie gerichtet waren. Augen von Dingen, die keineswegs menschlich waren. Bei dieser Vorstellung machte sich Angst in ihrem Magen breit und sie beschleunigte von alleine ihre Schritte, um näher bei dem Schwarzhaarigen zu sein. Doch dieser blieb abrupt stehen und ungewollt stieß sie gegen ihn. Das einzige was sie von ihm zu hören bekam war ein leises Knurren und ehe sie sich versah, hörte sie, wie hinter ihr eine Tür ins Schloss fiel, die eiligen Schritte auf Steintreppen und wieder eine Tür. Wohlige Wärme umschloss sie, erst jetzt wurde der Brünetten klar, wie kalt es draußen war. Es herrschte vollkommene Stille. Das einzige, was zu hören war, war das Trommeln des Regens an den Fensterscheiben. Sam ließ das kleine Mädchen los, ohne einen Halt zu finden, rutschte sie auf den Boden, wie ein durchnässter Sack. Verwirrt sah sie zu ihm hoch, schnappte nach Luft und wollte etwas sagen, doch sie brachte kein einziges Wort über ihre bebenden Lippen. Er hatte ihr erlaubt zu duschen. Seine Wohnung hatte eine angenehme Größe, nicht zu groß, aber auch nicht zu klein. Sie war auch nicht gerade spärlich eingerichtet. Sie fragte sich, wo Sam das Geld dafür her hatte, während sie sich in die weichen Handtücher einwickelte. Als es an der Tür klopfte, zuckte sie wieder zusammen. „J-ja?“, fragte Heather vorsichtig. Sie wusste nicht, ob er sich inzwischen wieder beruhigt hatte, oder nicht. Die Tür öffnete sich langsam, für einen kurzen Moment sahen sie sich an, er erforschte sie gründlich, musterte ihr Gesicht und ließ den Blick dann nach unten gleiten. Ohne es selbst zu merken, versteifte sie sich, presste die Arme an ihren Körper und die Beine zusammen. Ohne ein weiteres Wort warf er ihr ein Bündel Klamotten vor die Füße, drehte sich um und schlug die Tür hinter sich zu, deren Knall ihr leises Danke verschluckte. Schnell trocknete sie sich ab und zog sich die Sachen über. Ihr Rock, der noch trocken geblieben war, eines seiner T-Shirts und dazu eine Sweat-Jacke. Im Eiltempo zog sie den Reißverschluss nach oben und warf sich die Kapuze über den Kopf. Sie lauschte dem Nichts und atmete seinen herben Geruch ein. Nach wenigen Minuten verließ sie das Bad, schlich über den dunklen Flur zum einzigen Zimmer, in dem Licht brannte. Sam saß auf seinem hellen Sofa, mit dem Rücken zu ihr und fuhr sich immer wieder durch die pechschwarzen Haare. Auf dem niedrigen Tisch stand etwas zu essen und trinken. Hier sah er so friedlich aus, sie wollte nicht dazwischen platzen. Doch er hatte sie anscheinend schon bemerkt, denn seine Stimme bahnte sich langsam einen Weg zu ihr: „Komm her“ Plötzlich spürte Heather, wie trocken ihr Hals auf einmal war, sie versuchte zu schlucken, doch es wollte nicht so recht klappen, als sie mit wankenden Schritten zu ihm ging. Er sah nicht hoch, als sie sich vorsichtig neben ihn setzte und selbst nun brachte sie nicht einmal ein Danke über die Lippen. Allerdings hatte sie auch Angst es auszusprechen, denn dann würde er sie nur wieder anschnauzen, warum sie es denn gemacht hatte. Dabei betraf sie doch eigentlich keine Schuld. Oder? In ihren Gedanken versunken, merkte sie erst gar nicht, wie er leise sagte: „Ruh dich aus“ und ihr eine Tasse mit dampfendem Kakao vor die Nase hielt. Mit einem Geräusch, das eigentlich ein Danke sein sollte, jedoch mehr nach einem würgendem Krächzen klang, nahm sie die Tasse in die Hand und gönnte sich einen kräftigen Schluck. Sofort wurde ihr wieder ein wenig wärmer, was vielleicht nicht nur dank des Kakaos geschah. Immer wieder huschte ihr Blick zu dem Mann neben ihr, der sie gerettet hatte. Doch er regte sich nicht, machte keine einzige, noch so winzige Geste, noch sagte er etwas. Jetzt war es ihr egal, ob er sie aufmunterte, irgendetwas liebes sagte, oder sie gar in Grund und Boden schimpfte, doch diese Stille konnte sie nicht aushalten. Sie zog sich weiter zurück aufs Sofa, machte sich so klein wie möglich und umklammerte die Tasse mit aller Kraft. Ihre nackten Füße bohrten sich in den weichen Bezug, für einen Augenblick starrte sie auf ihre aufgeschabten Knie. Noch hatte sich keine richtige Kruste gebildet, bluten wollte es jedoch auch nicht mehr. Mit einem leisen Seufzen schloss sie die Augen, um sie sofort wieder aufzureißen. „Aah!“, fasst wäre der Kleinen die Tasse aus der Hand gefallen, als der Schmerz ihren Körper durchzuckte. Geschockt blickte sie zu ihm herunter, ihr Ausdruck bildete ein Fragezeichen. Heather verstand nicht, was er dort machte. Und er verstand nicht, was sie jetzt von ihm wollte. „Tat es weh?“, fragte er ruhig. Nein, überhaupt nicht, schrie es in ihrem Inneren, doch wieder brachte sie kein Wort heraus. Sam umging das Schweigen einfach, indem er weiter ihre Knie verarztete. Er nahm abermals das Desinfektionsmittel, doch diesmal tat es überhaupt nicht weh. Heather wartete zwar schon auf den Schmerz, doch er kam nicht. Seine Finger glitten langsam über die Wunden, ein leichtes Kribbeln war dort zu spüren, wo er sie berührte und kurz darauf fing ihr ganzer Körper an zu brennen. Seine Berührungen waren flüchtig und von kurzer Dauer, ihr einziger Zweck war es die Wunden zu heilen, doch das sie so eine Wirkung auf sie ausübten... Erst als er die Heilung vollendet hatte, richtete er sich wieder auf und musterte sie eingehend: „Du zitterst. Ist dir so kalt?“ „Hm? I-ich...“, die Brünette errötete leicht, allerdings eher aus dem Grund das sie keinen vernünftigen Satz zu Stande bekam, wenn er in ihrer Nähe war. Mit einer Bewegung strich er ihr die Kapuze vom Schopf und legte seine Hand an ihre Wange. Mit der anderen Hand stellte er die Tasse wieder auf den Tisch, beugte sich über sie und mit einer weiteren, schnellen Handlung, hatte er sie auf seinen Schoß befördert. Ohne recht zu wissen, wie ihr geschah, klammerte sie sich an seinem Oberteil fest und blickte verdutzt geradeaus. Sanft drückte er sie an sich, strich langsam durch ihre Haare um sie zu beruhigen. Ebenso langsam fing sie wieder an zu Atem und schnappte bei jedem Zug ein wenig seines Geruches auf. Mit einem süßlichen Schmerz fing ihr Herz an zu rasen und ein Gefühl des Glückes durchströmte sie. Ein zufriedenes Seufzen glitt über ihre Lippen und sie drückte sich näher an ihn. Sie konnte hören wie sein Herz schlug, langsam und beruhigend. Plötzlich übermannte sie die Müdigkeit, ihre Lider fielen zu und binnen weniger Minuten war sie im Halbschlaf. Sam legte die Arme enger um sie und immer wieder glitten seine großen Hände über ihren Rücken. „Danke“, murmelte sie und hörte nur noch sein leises, heiseres Lachen, ehe seine pechschwarzen Flügel sich um sie legten um sie sanft in den Schlaf zu geleiteten. Kapitel 4: Bad Moon Rising -------------------------- Titel: Bad Moon Rising Autor: Wort: #68 - Mond Charaktere: Soda, Esther Genre: Songfic, Drama, ein bisschen Action Sonstiges: Ich glaube es ist schwer zu verstehen, wenn man nicht das ganze Verhältnis der beiden zueinander kennt, oder? Bad Moon Rising I see a bad moon a-rising I see trouble on the way I see earthquakes and lightnin' I see bad times today Don't go round tonight It's bound to take your life There's a bad moon on the rise Der Mond stand in seiner vollen Form und einem bedrohlichem orangerot über Basin und erleuchtete die Dächer der Stadt in einem trügerischen Schein. Die Gutmenschen hatten sich schon längst wieder in ihre Häuser verkrochen und genossen das Gefühl von scheinbarer Sicherheit. Draußen auf den düsteren Straßen tummelte sich nun das ganze Pack - Säufer, Spieler, Vergewaltiger, Huren und Mörder. Mörder, so wie Soda. Alleine aufgewachsen in einem Waisenhaus, das eine Leitung wie eine Diktatur führte. Es waren sicherlich nicht die glänzendsten Jahre seines bisherigen Lebens gewesen. Ganz und gar nicht. Und doch brachte irgendetwas ihn dazu ein mal im Jahr zurück zu kehren. Zurück zu „Haus Hoffnung“, tief versteckt im dunklen Wald, wo Kinder zwischen Dreck, Gewächs und wilden Tieren ausgesetzt wurden. Überlebten sie, hatten sie Glück und man brachte sie zu diesem schäbigen Haus, dessen Hoffnungen und Glück weit unter dem Gemäuer begraben schienen. Starben sie, brachte man ihre kleinen Leichen zur Küche und verarbeitete sie. So sagte man zumindest. Durch das Moos klangen seine Schritte dumpf. Es war still hier in diesem Wald, nicht ein mal der Wind wehte und brachte die Blätterkronen zum rascheln. Kein Tier gab einen Laut von sich. Stille. Fast. Bis auf die kläglichen Schreie der Kinder, die durch die brüchigen Mauern zu ihm drangen. Soda musste schlucken. In seinem Kopf spielten sich Bilder ab, die er seid langem versucht hat zu vergessen. Und nun kamen sie wieder hoch, vernebelten seine Sinne mit den schlimmen Erinnerungen. Er versuchte diese Gedanken abzuschütteln, scheiterte dabei doch kläglich, da die erbärmlichen Schreie der Kinder, die nur wenige Meter weiter weg von ihm aufgewachsen sind, ihn immer wieder zurück in die Realität brachten. Seine Augen fixierten ein gelbes Rechteck, Licht, das auf den dunklen Boden fiel, als im linken Trakt eine Lampe angeschaltet wurde. Dort lag das große Badezimmer und er wusste, was sie dort mit den Kindern machten, die nicht gehorchten. Man musste tief Luft holen, es konnte sein, das sie deinen Kopf über Minuten unter Wasser drückten. Wenn man Glück hatte, dann erwischte man auch die Badewanne, wenn nicht, ließ die Schüssel grüßen. Aber das Schlimmste an alle dem war, das sich die Schläger des Hauses die Aufpasser als Vorbild nahmen und so kriegte man häufig das Doppelte ab. Wieder durchschnitt ein Schrei die stille Dunkelheit, gefolgt von einem lauten Krachen. Dunkle Gewitterwolken hatten sich vor den Mond geschoben und kündigten unheilvoll den nächsten Regensturm an. I hear hurricanes ablowing I know the end is coming soon I fear rivers over flowing I hear the voice of rage and ruin Don't go round tonight It's bound to take your life There's a bad moon on the rise „Wunderschön, nicht wahr?“, Soda schreckte zusammen, als er die dünne Mädchenstimme hinter sich vernahm. Und er kannte diese Stimme nur zu gut. Er drehte seinen Kopf leicht und konnte das hagere Mädchen im fahlen Mondlicht erkennen. Esther hatte sich kaum verändert, seid er sie das letzte Mal gesehen hatte. Sie war ein kleines Stück größer geworden, doch immer noch genauso blass und ihre schwarzen Haare ließen dies noch deutlicher erkennen. Trotz ihrer fünfzehn Jahre hatte sich noch kein Busen entwickelt, nicht eine einzige rundliche Form ließ ihren jugendlichen Körper weiblicher aussehen. Sie war wortwörtlich wie ein Brett, genauso steif, wie dürr. Die alten Klamotten, die sie trug schlabberten an ihrem Körper. Sie waren vielleicht eine oder zwei Nummern zu groß und kamen immer aus irgendwelchen Wühlkisten. „Was meinst du?“, fragte er misstrauisch und drehte sich langsam zu ihr um. Er hatte die Stirn in Falten gelegt und von dem Lächeln, das sonst immer auf seinen Lippen strahlte war nichts zu sehen. „Die Schreie der Kinder. Sie kriegen das, was sie verdienen, was wir auch alle durchmachen mussten“, erklärte sie und ihre dunklen Augen blitzten wild auf. Sie machte ein paar kleine Schritte nach vorne und ihre Arme schlackerten an ihren Seiten, ehe sie diese auf dem Rücken faltete. Ein kleines Grinsen schlich sich auf ihre schmalen Lippen. Soda konnte nicht anders, als ihr mehr als verachtend zu antworten: „Diese Waisen haben das nicht verdient, nur weil wir es auch durchstehen mussten“ Fast, als wäre es eine Beleidigung gewesen, blieb sie stehen und sah ihn sprachlos an. Ihre Gesichtszüge entgleisten, als hätte sie einen Geist gesehen, doch Soda blickte sie immer noch so verachtend an und die Schwarzhaarige wusste sich nicht anders zu helfen, als ihm patzig zu antworten: „Doch! Es ist ihre Schuld, allein ihre!“ Der Große jedoch konnte nur den Kopf schütteln: „Du hast es immer noch nicht verstanden“ Diesmal bewahrte Esther ihre Fassung, wenn auch nur schwer – in ihren Augen konnte man die Verwirrung und Verzweiflung sehen die sich langsam in ihr breit machte. Ein Blitz erhellte die Landschaft und kurz darauf folgte der ohrenbetäubende Donner, der ihren Wutschrei verschluckte, als sie sich auf ihn stürzte, die Hände nach oben gerissen und mit der einen umklammerte sie ein Skalpell – Soda wusste nur zu gut, woher sie es hatte. Trotz ihres Fliegengewichts, riss sie den Jungen von den Beinen und erwischte ihn mit dem Messer am Arm. Sofort quoll der rote Lebenssaft hervor und tropfte auf das tote Laub. Die beiden rollten über den Boden und Soda versuchte sie von sich zu stoßen, doch das kleine Mädchen hatte wohl doch noch genug Kraft, um sich an ihm festzuklammern. Eine ihrer knochigen Hände legte sich um seinen Hals und versuchte ihm die Luft abzuschneiden. Der Braunhaarige hustete und versuchte sich von ihr zu befreien, doch sie war hartnäckig. Wieder blitzte es und er sah das Skalpell, hoch über ihrem Kopf erhoben, abermals blitzte es bedrohlich auf, als es auf ihn hinunter sauste. Stechender Schmerz zog sich durch seine Schulter und erfasste seine ganze Brust, schnell folgte ein zweites und drittes Stechen, er hörte wie sie über ihm vor Anstrengung schnaubte und sich immer wieder ruckartig bewegte, um die kleine Klinge aus seinem Torso zu ziehen und sie wieder hinunter zu stoßen. Doch bevor sie es schaffte ein viertes Mal zu zu stechen, konnte Soda sie von sich werfen und sich aufrichten, Esther schrie wieder, wie eine Wahnsinnige. Sie konnte es schon vor sich sehen, die Niederlage. Mit einem gequälten Stöhnen, packte Soda sich an die Brust und fühlte, wie das Blut durch den Stoff seines T-Shirts sickerte. Sein Gesicht wurde plötzlich totenbleich und im Licht des nächsten Blitzes sah es aus, als gehöre er nicht mehr zu dieser Welt. Das war’s er konnte nicht mehr. Er musste hier wegkommen, bevor sie ihm weitere Verletzungen zuführte und diese seinen sicheren Tod bedeuten würden. Der Große richtete sich auf und versuchte Haltung zu bewahren, als er sich hektisch nach einem Ausweg umsah. Doch er hatte nicht damit gerechnet, das seine Gegnerin so schnell wieder auf den Beinen war und ihn wieder anfiel. Diesmal konnte er sich noch auf den beiden halten und versuchte ihre Arme festzuhalten, als sie anfing wie eine Furie wild um sich zu schlagen. Ihr wutentbranntes Kreischen erfüllte die Nacht, vermischte sich mit dem gelegentlichen Donnern, das immer weiter in die Ferne rückte und den verzweifelten Schreien aus dem alten Waisenhaus, die immer noch aus dem Badezimmer drangen. Er drückte sie weiter von sich weg, versuchte Abstand zu gewinnen, um an seine Waffe zu kommen, die er immer hinten in seiner Hose versteckt hatte, doch als seine Finger den Bund entlang glitten, konnte er nicht das kalte Eisen fühlen, das er sich erhofft hatte. Bei dem Sturz musste er sie verloren haben. Jetzt waren sie beide ohne Waffe. Langsam machte sich Müdigkeit in seinen Gliedern breit, er musste sich beeilen. Zum Glück schaffte er es sie weiter zurückzudrängen und als er festen Stand fand, konnte er sie sogar wegschubsen. Esther strauchelte, ihre Arme ruderten durch die Luft, bevor auch sie wieder stand und sich erneut auf ihn stürzen wollte. Soda hockte sich hin, strich mit der Hand über den Boden in der Hoffnung etwas zu finden, mit dem sie sie außer Gefecht setzten konnte. Seine Finger glitten über Laub, er spürte etwas Feuchtes – vielleicht sein eigenes Blut? - bis er einen rauen Ast spürte. Sein Blick huschte nach oben, Esther sprang mit einem zu einer Grimasse verzerrten Gesicht auf ihn, Soda schnellte nach oben und riss den Ast hoch. Der dumpfe Schlag gegen ihren Kopf war in dem ganzen Lärm kaum zu hören, doch der Große kannte ein solches Geräusch zu gut, das es auch nur Einbildung hätte sein können, das Holz splitterte und fiel zu Boden. Es riss sie sofort von den Beinen, landete plump auf dem Laub und regte sich kaum noch. Einzig ihr Kopf drehte sich von einer Seite zur anderen und ein gequältes Stöhnen drang über ihre Lippen. Ihr glasiger Blick stierte nach oben in den Himmel, in dem immer noch der verfärbte Mond hing. Soda nutzte sofort die Gelegenheit um zu verschwinden und ließ das Mädchen alleine im Wald zurück. Leise prasselte der Regen auf das Blätterdach der Bäume. Ihr Atem ging schnell, die schwarzen Haare klebten in ihrem blassen Gesicht. Über ihr schien der Mond, sein Licht brach durch das Blätterwerk und schien auf das alte Gebäude. Ihre Augen rollten in den Höhlen und versuchten das Haus, das so viel Unglück über sie gebracht hatte zu fixieren. Die Schreie aus dem Bad waren verstummt. Endgültig. Ein Grinsen machte sich auf ihren Lippen breit und als das Licht im Küchentrakt anging, verwandelte es sich in ein manisches Lachen. Hope you got your things together Hope you are quite prepared to die Looks like we're in for nasty weather One eye is taken for an eye Don't go around tonight Well, it's bound to take your life There's a bad moon on the rise Kapitel 5: Got you ------------------ Titel: Got you Autor: Wort: #30 - Erwischt Charaktere: Sascha, Shelly, Jack Genre: Erzählung Sonstiges: Aus Saschas ersten Wochen in der Bruderschaft – vor ungefähr vier Jahren. Und in der Ich-Perspektive. Wir haben uns unten am Hafen getroffen, dort, wo wir unser Hauptquartier haben, um unsere neuen Aufträge entgegen zu nehmen. Es war zur Mittagszeit und verdammt schwül, dieses Flirren lag in der Luft und in dem Gebäude war es stickig. Unser Vorgesetzter, zumindest nennen wir ihn so. er kommt jeden Morgen und verteilt die Aufträge. Wer unser richtiger Vorgesetzter ist, wissen wir nicht, deswegen werden immer Boten geschickt um die Jobs zu verteilen. Es gibt natürlich auch größere Jobs, sie sind zwar eher selten, man braucht ein wenig mehr Zeit für sie, aber dafür kann man bei denen mehr abstauben, weil es meistens steinreiche oder mehrere Opfer sind, in guten Fällen auch beides zusammen. Deswegen sind diese Jobs auch sehr beliebt. Und dieses Mal gab es einen viel versprechenden, auch so ein großer Fisch. Ich war gerade erst ein paar Wochen dabei. Und gerade neu war dieser eine Typ, keine Ahnung, wie er hieß, lohnte sich aber auch nicht sich den Namen zu merken. War ein richtiger Macker und war sich seiner auch immer total sicher. Außerdem war er sich auch sehr bewusst darüber, das er diesen Job kriegen wird. Und nun ja, er bekam ihn. Allerdings war er auch zwei Stunden später tot. Natürlich hat er seinen Job nicht erledigt. Wenn ich jetzt so daran denke, hat er es wahrscheinlich gerade mal bis Old Town geschafft. Am nächsten Tag kam unser Vorgesetzter wieder und verkündete die frohe Botschaft. Dann wurde der Job weitergegeben. Alle wollten, das ich ihn nehme. Ich meine, der Kerl hatte wohl was auf dem Kasten, aber dann wäre er ja nicht zwei Stunden später tot gewesen. Jedenfalls nahm ich den Job an und – ich muss ehrlich sagen – scheiße, war das ein geiler Job. Ein ganz großes Ding. Drei Leute auf einmal. Und die auch noch verdammt mächtig und verdammt reich. So reich, das kann man sich kaum vorstellen. Hätte ich alles mitgenommen, hätte ich bestimmt für einige Jahre ausgesorgt. Ich bin sofort los mit meinem Bike. Es war immer noch ziemlich schwül. Aber je weiter ich fuhr, desto kühler wurde es. Da braute sich was zusammen. Pure Ironie, das gerade 'Highway to hell' lief. Nach anderthalb Stunden auf knapp 200 km/h war ich da. Ich fuhr durch die Altstadt. Wow. In der Altstadt gibt es die schärfsten Bräute und für die passende Geldsumme – und vor allem, wenn du dich an die Regeln hältst, dann erfüllen sie dir jeden Wunsch. Kommst du ihnen in die Quere, bist du eine Leiche. Die Ladies sind ihr eigenes Gesetz. Alle Ladies der Altstadt sind Nutten. Die Polizei ist bestechlich, es gibt kaum gute Bürger, aber jeder hatte bestimmt schon mal was Großes am laufen. Die Damen waren noch gut drauf, sie versammelten sich um die Autos und hofften auf gute Angebote. Ich ging also ein wenig vom Gas runter. Nicht das ich vorgehabt hätte mich zu vergnügen, aber gucken darf man ja bekanntlich. Ich setzte mich auf und rief ein Mädchen zu mir. Sie war noch verdammt jung, aber ziemlich gut aussehend und ging schon anschaffen. „He, Lady“, rief ich und sie kam sofort herüber, mit einem Hüftschwung für den du deine Alte sofort verlassen hättest. Sie stemmte ihre schmalen Hände an die Taille und blickte mich erwartungsvoll an, vermutlich ging sie davon aus, das ich ihr nun ein unschlagbares Angebot machen sollte. „Was kann ich für dich tun?“, hauchte sie. Ihre Stimme war glockenhell. Sie war bestimmt noch keine zwanzig. Ich sagte ihr, das ich eine sichere Bleibe suche. „Geh ins Heaven's Night“, versicherte sie mir, „Frag nach Shelly. Sie wird dich mitnehmen, weil sie jemanden sucht, der auf sie aufpasst. Aber Vorsicht, sie ist ein kleines Plappermaul“ Sie war ziemlich aufreizend und suchte wohl noch dringend einen Job. Ich bedankte mich und gab ihr 'nen Fünfziger – für eine läppische Auskunft. Der Himmel wurde langsam dunkel und es brodelte immer noch. Ich fuhr weiter. An einigen Enden versperrten die Mädels die Zufahrten. Es war wie ein Ladenschluss. Ein paar Straßen weiter, bis zum Heaven's Night. Musste das Bike stehen lassen und mich durch die Gossen schlängeln. In der Bar war alles voll von Zigaretten- und Zigarrenqualm. Es stank nach Alkohol, da konntest du schon alleine vom Dunst besoffen werden. Auf der Bühne tanzte ein engelsgleiches Mädchen mit langem strohblondem Haar. Die ganzen Versager sammelten sich um die Bühne, gafften ihr auf die Brüste, die Schenkel und sogen ihren Tanz auf, wie Junkies. Ich setzte mich an einen Tisch, nahe der Bühne, aber lange alleine war ich nicht. Ein Mädchen kam, nicht mehr an, als Unterwäsche und lange Stiefel. Ihre lockigen, blonden Haare wippten bei jedem Schritt auf und ab. Auf ihrem Gesicht sprenkelten sich Sommersprossen, die großen braunen Rehaugen ließen sie unschuldig wirken, doch ihr breites Grinsen erhellte die Bar im Nu. „Hallo Pilger, neu hier?“, fragte sie fröhlich und drehte sich weiter zu mir. Ich nickte nur, denn sie redete einfach weiter, während sie sich elegant auf meinen Schoß niederließ: „Klar bist du neu hier, dein hübsches Gesicht hab ich hier noch nie gesehen. Also, Pilger, ich bin Shelly, dein Mädchen für heute. Was darf ich dir Gutes tun?“ Das man so gezielt mit dem Angebot herauskam, hatte ich auch noch nicht erlebt, normalerweise schwafelten sie dich zu und wollten dich erst heiß machen. Aber was wichtiger war, die Kleine hatte recht gehabt. Diese Shelly redete wie ein Wasserfall. „Hol mir erstmal 'nen Jackie“, murmelte ich und erlebte kurz, das sie auch stumm sein konnte. Die Blonde stutzte zuerst, als sie 'Jackie' hörte, doch dann lächelte sie wieder und erhob sich: „Ein Daniel's für dich, Süßer, kommt sofort“ Ich lächelte ihr aufmunternd zu, sie grinste frech zurück und stackste davon. Nur wenige Minuten später kam sie zurück und stellte das Glas auf den klebrigen Tisch. Die Eiswürfel klirrten. Shelly sah mich eine Weile an, dann setzte sie sich zu mir. Sie legte den Kopf schief und fragte erneut: „Was führt dich hierher, Süßer? So einen Hübschen trifft man ja nicht allzu oft“, kurz herrschte Schweigen, dann fügte sie hinzu: „Du siehst nicht so aus, als würdest du nach etwas für heute Nacht suchen“ Ich drehte das Glas in meinen Händen, ein Wasserfilm haftete schon an seiner Oberfläche und machte es glitschig. „Ich suche eine Bleibe“ Shelly nickte anerkennend und redete sofort weiter: „He Pilger, wenn du möchtest-“ „Shelly!“, eine Frau rief nach dem Mädchen und sie sprang auf, warf einen letzten Blick zu mir und flüsterte: „Treffen wir uns später?“ Ich nickte und kippte den Jack Daniels runter. Den Rest redete ich nicht mehr, stattdessen lauschte ich nur, ob jemand ein Wort über die Opfer verlor. Es dauerte seine Zeit, bis man in dem Stimmengewirr klare Abstriche machen konnte. Der Senator hatte wohl wieder die Steuern erhöht, um sich darauf ein schönes Leben zu machen. Und sein Bruder war wohl auch nicht besser, denn in voriger Zeit gab es anscheinend einige spezielle Auftragsmorde. Jedenfalls wurden ein paar Prostituierte aus Old Town vermisst. Ich bestellte noch einen Daniel's und ließ mich berieseln, bis Shelly endlich Feierabend machte. Ich erhob mich, fingerte eine Havanna aus der Jackentasche eines Kerls, der unbeteiligt zur Bühne starrte und bedeutete Shelly, das sie mit nach draußen kommen sollte. Mittlerweile war die Nacht hereingebrochen. Stockdunkel, saukalt und es schüttete aus Eimern. Also nutzte ich die Gunst der Stunde eine Havanna zu rauchen ein anderes Mal. Ich ging voraus zu meinem Bike. Der Sitz war klatschnass und ich wischte mit dem Ärmel ein mal drüber, um das Gröbste zu beseitigen, immerhin etwas. Shelly blieb dicht bei mir. Sie hatte sich normale Klamotten angezogen. Jetzt sah sie eher wie ein unschuldiges Schulkind aus. Vorsichtig kletterte sie zu mir auf das Motorrad. Ihr Griff war klammernd und verstärkte sich noch, als ich den Motor startete. Ich konnte sie selbst auf dem Vehikel reden hören. Shelly wohnte in einem kleinen Apartment mit schöner Aussicht auf die Schnellstraße und dazu noch der 2. Stock. „Hast du Hunger?“, fragte ich sie, doch sie schüttelte nur ihren blonden Schopf und zog mich sofort ins Schlafzimmer. Jetzt redete sie nicht mehr. Vielleicht wollte sie es sich auf diese Art erschleichen, mir war es relativ egal, zumindest ab dem Zeitpunkt, als sie anfing sich auszuziehen. Es gab nicht viele Zärtlichkeiten – obwohl sie es wollte. Vielleicht eine Abwechslung zu ihren sonstigen Arbeiten. Sie suchte ständig meine Lippen, knabberte und saugte, als würde es sie umbringen wenn sie losließ. Sie beseitigte die restlichen Klamotten schneller als mir lieb sein konnte, doch sie machte keine Anstalten, als ich die Kontrolle übernahm und ihre Beine auseinander drückte. Wir fingen langsam an, doch es steigerte sich schnell. Sie wand sich unter mir, keuchte angestrengt und bäumte sich auf, als sie kam. Lange blieben wir nicht liegen. Ich ging direkt danach ins Bad, sie zur Tür. Irgendjemand klopfte wie verrückt dagegen. Dann stoppte es abrupt und man hörte ihre Stimme, ziemlich verärgert: „Vergiss es, Mann! Du kommst hier nicht rein“ Ich ging zurück ins Schlafzimmer und zog die Havanna aus der Jackentasche. Eigentlich wollte ich sie anstecken, kam aber wieder nicht dazu, denn Shelly wurde immer lauter. „Du kannst das so oft sagen, wie du willst, Jackie-Boy, ich werd es nicht tun!“ Ich runzelte die Stirn, legte die Zigarre beiseite und schlich durch den Flur Richtung Wohnzimmer, wo sich die Eingangstür befand. Ohne mein Wissen hatte sie sich mein Hemd über gezogen, nur mein Hemd und das nicht mal geschlossen. „Alles klar?“, fragte ich und war kurz am überlegen, ob es eher niedlich oder sexy aussah. Und im nächsten Moment hörte ich den Grund für ihre plötzliche Wut: „Das tut ganz schön weh, Shelly. Es ist eine Sache die Unnahbare zu spielen, das kann ich verzeihen, aber verdammt, schneid mir doch nicht die Eier ab“ Der Kerl draußen vor der Tür bettelte und quängelte, flehte Shelly förmlich an. „Lass ihn rein, mit solchen werde ich locker fertig“ Sie drehte sich mit besorgtem Blick zu mir um: „Nein, tu das nicht. Wenn er erfährt, das du hier bist, dann-“, weiter wollte sie wohl nicht denken, andererseits wurde sie von dem Kerl jäh unterbrochen: „Shelly?! Was soll das, ist da wer bei dir? Sag, betrügst du mich, willst du mir gleich den Schwanz abschneiden?!“, er lehnte sich so stark gegen die Tür, das sich die Kette bedrohlich spannte. Und sie forderte es anscheinend noch heraus: „Oh ja, Jackie-Boy! Ich hab mir die ganze Mannschaft der Basin Jets geschnappt und die halbe Ersatzbank mit dazu. Wir feiern hier eine afrikanische Liebesorgie, Süßer!“ Sie räkelte sich vor mir und diskutierte weiter mit Jackie-Boy, Ich ging zurück ins Schlafzimmer, zog meine Shorts und Jeans an, während ich das hitzige Wortgefecht ausblendete. Doch kaum hatte ich das T-Shirt über dem Kopf, hörte ich ein Klirren und trampelnde Füße. Es waren also mehrere. Ich nahm meine Jacke und ging wieder ins Bad. Aus dem anderen Zimmer hörte ich aufgewühltes Gemurmel, dann ein Klatschen. Jemand wurde geschlagen. Dann steuerte jemand das Bad an. Ich warf die Jacke über, stellte mich in die Wanne und zog den Vorhang zu. Meine Hand gleitete in die Innentasche in der ich gerne mal ein Springmesser verstaute. Ich hörte die schweren Schritte auf dem Fließenboden und kurz darauf stieg mir Zigarettenqualm in die Nase. Der Toilettendeckel wurde hochgeklappt. Und dann hörte ich seine Stimme. Rau. Es war die gleiche wie vorhin. Das musste Jackie-Boy sein. Ich konnte ihn jetzt schon nicht leiden. Man schlug keine Frauen und erst recht nicht diejenigen, mit denen ich zu tun hatte. Langsam zog ich den Vorhang zurück und umfasste das Messer stärker. Jackie-Boy schwafelte vor sich hin – anscheinend war er angetrunken – und er hatte seinen Blick entweder auf die Tür oder sein bestes Stück gerichtet. Leise stieg ich aus der Wanne und ging zu ihm. Er schien nichts zu bemerken und redete weiter vor sich hin. Bis ich ihm in die Haare griff und seinen Kopf nach hinten riss. Er holte schon Luft um etwas zu schreien, doch überlegte es sich noch mal anders, als er die kalte Klinge an seinem Hals spürte. „Hi, ich bin Shelly's neuer Freund und gerade richtig angepisst. Belästige sie nie wieder, denk nicht mal ihren Namen, wenn du nicht willst, das ich dein bestes Stück in kleine Scheibchen schneide, klar?“ Ich spürte, wie sein Kehlkopf gegen die Klinge drückte, als er schluckte. Mit kratziger Stimme äußerte er sich endlich: „Du machst einen Fehler, Mann, einen großen Fehler!“ Meine Nägel bohrten sich in seine Kopfhaut und ich zog seinen Kopf weiter in den Nacken, raunte ihm ins Ohr: „Ach ja? Tja, du hast schon einen großen Fehler gemacht – du hast nicht gespült“ Seine Augen weiteten sich erschrocken und die Kippe fiel ihm aus dem Mund und mit einer fast schon diabolischen Freude drückte ich seinen Kopf in das Toilettenwasser. Solange bis sein panisches Gurgeln nur noch ein Blubbern war und seine hektischen Bewegungen erschlafften. Ich ließ seinen Kopf los und kletterte aus dem Badezimmerfenster. Ich spürte die Kälte der Nacht. Der Regen hatte aufgehört und die Luft roch frisch und klar. Hinter mir hörte ich das Poltern, als Jackie-Boy und Kumpane aus dem Haus rauschten und im nächsten Moment tauchte Shelly im Fenster auf, immer noch nur mit meinem Hemd bekleidet – man sah ihr die Kälte an. „Sascha“, flüsterte sie erschrocken, „Tu es nicht, bitte“ Sie schien genau zu wissen, was ich vor hatte. Ich schüttelte nur den Kopf und sagte leise, eher zu mir selbst: „Er hat's verdient“, ich drückte mich von der Wand ab und sprang. Über mir schrie sie etwas, voller Panik, ich verstand es aber nicht richtig und vermutlich war es sowieso unwichtig. Also kümmerte ich mich nicht weiter darum. Unter mir sah ich Jack und seine Crew, wie sie eilig das Gebäude verließen, sie drehten sich nach allen Seiten um und schienen Gefallen daran gefunden zu haben wahllos durch die Gegend zu schießen, während sie auf ihren Wagen zusteuerten. Hier durfte wohl jeder Vollidiot eine Waffe tragen. Mit einem Ruck spürte ich den harten Boden unter meinen Füßen, ich rollte mich ab. Noch in der Aufstehbewegung zog ich meine Waffen und entsicherte sie. Seine Freunde waren egal, ich wollte nur Jackie-Boy, deshalb kassierten die ersten beiden Kopfschüsse. Sie waren schon halb im Auto gewesen, das Blut spritzte auf den Rücksitz. Ein Dritter stürmte auf mich zu – eigentlich war es Munitionsverschwendung. Ich schlug ihm den Griff gegen die Schläfe, er taumelte zur Seite und mit einem kräftigen Tritt gegen die gleiche Stelle beförderte ich ihn in den matschigen Grund. Ein weiterer Schuss und auch er war Geschichte. Der letzte stand am Auto und funkelte mich aus dunklen Augen wütend an. Mein Mund formte automatisch ein schiefes Lächeln. Jacks Ausdruck wurde immer wütender, meiner immer hämischer. Ich sah, wohin sich seine Hand bewegte, auch er hatte eine Waffe. Aber ich war schneller. Mit einem Sprint lief ich zu dem Wagen, sprang über die Kühlerhaube und trat ihm ins Gesicht. Er taumelte und schoss einen Blindgänger in die Luft. Ich rutschte von dem Wagen runter, das Adrenalin jagte durch meine Adern, ich nahm kaum noch etwas wahr, hörte den Penner aber fluchen und hörte auch, wie er ich zur Hölle wünschte. Jackie nahm jedenfalls kein Blatt vor den Mund. Mit einem weiteren Tritt gegen die Brust beförderte ich ihn zu Boden und trat seine Waffe über die Straße. Doch im nächsten Moment riss er mich von den Füßen. Zum Glück konnte ich mich auf den Händen fangen und schnell wieder aufspringen. Jack stand schon längst wieder und holte zum Schlag aus. Ich duckte mich unter ihr hinweg, umfasste sein Handgelenk und drehte ihm den Arm auf den Rücken. Kurz schrie er auf, dann drückte ich ihn gegen seinen Wagen. Er sog scharf die Luft ein und wehrte sich, als er merkte, das es nutzlos war, fauchte er mich an: „Shelly, diese kleine Schlampe, hat sie dich engagiert? Immer ein Tritt-“, weiter kam er nicht, da kassierte er den ersten Schlag, dann weitere. Ich prügelte ihn windelweich, rot und blau, zur Hölle und zurück. Alles mögliche eben – bis die Polizeisirenen sich zwischen die dumpfen Schläge mischten. Kapitel 6: Wie es damals war ---------------------------- Titel: Wie es damals war Autor: Wort: #55 - Verrat Charaktere: Sascha, Sarah, Benedict, Kai, Bernadette Genre: Drama..? Sonstiges: Ich habe ein mal angefangen die Originalstory auszuschreiben, wie Sascha zu dem wurde, der er heute ist und so weiter und so fing es an: „Der Junge zieht schon wieder so ein Gesicht“, die dünne Stimme war nur ein Flüstern, doch in dem Wagen war es so still, das man sie auch so vernehmen konnte. Der kleine Junge, der gemeint war, war der fünfjährige Sascha, der in der Mitte der Rückbank saß und ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter machte. „Er kann kein anderes Gesicht machen, das sieht immer so dämlich aus“, murmelte das blonde Mädchen, das zu seiner rechten saß. Saschas Hand zuckte, als er versucht war sie ihr in den Magen zu schlagen, doch er riss sich zusammen, als sein Vater einen strafenden Blick nach hinten warf: „Sarah, hör auf so über deinen Bruder zu reden und du Sascha guck nicht so“ Kaum richtete er seinen Blick wieder auf die Fahrbahn vor sich, ließ es sich Sarah nicht nehmen ihren kleinen Bruder gegen das Schienbein zu treten. Er streckte ihr sofort die Zunge heraus und verpasste ihr einen Faustschlag gegen den Oberarm. Ihr gespielter Schmerzensschrei hallte durch den Wagen: „Daddy! Hast du das gesehen?“, sie rieb sich den Oberarm und die falschen Tränen ließen auch nicht lange auf sich warten. Sascha hingegen zog die Augenbrauen zusammen und funkelte die Ältere wütend an. Es war klar, das sie sofort alles aus ihrem Repertoire zog. „Es reicht!“, die Worte waren fast schon ein Kreischen, als sich Bernadette in das Gespräch einschaltete, „Honey, halte bei der nächsten Moglichkeit“, sie drehte sich zu den drei Kindern auf dem Rücksitz um und warf jedem von ihnen einen vernichtenden Blick zu, sogar Benedict der kein einziges Wort dazu beigetragen hatte, doch an dem kurzen Blickaustausch mit dem Kleinsten, konnte man erkennen, das er genauso genervt von diesem war, wie seine Schwester und seine Mutter, die sich nun bereits die Schläfen massierte, da ein weiterer ihrer bekannten Migräneanfälle drohte. Das Tempo wurde langsamer und mit einem Schlenker fuhr Kai auf eine Raststätte. Es war zwar nicht mehr weit, bis sie wieder in Basin waren, doch wenn Bernadette es sagte, wurde es gemacht. Und kaum stand der Wagen, riss sie die Tür auf und stackste auf ihren schwarzen Pumps davon, in Richtung des kleines Verkaufshäuschens. Es dauerte auch nicht lange und Benedict, sowie Sarah sprangen aus dem Wagen, rannten über den asphaltierten Weg, dann die Böschung herunter um auf den Spielplatz des Fernfahrerrestaurants zu gelangen. Nur der Vater machte keine Anstalten aufzustehen, stattdessen beobachtete er im Rückspiegel das Jüngste seiner Kinder. Manchmal musste er sich doch eingestehen, dass der kleine Sascha ihn in seine schlechte Stimmung mit hinein sog, wie ein Strudel aus derlei negativen Gefühlen und dann kam er zu dem Schluss, das er ihn vielleicht doch bei seiner Mutter hätte lassen sollen. Doch diese konnte nichts aufweisen. Also hatte er zugestimmt ihn aufzunehmen, um ihm ein besseres Leben bieten zu können. Bernadette war zwar nicht so angetan davon, doch er war immerhin ein kleines Kind – jetzt gerade mal fünf Jahre alt. Und schlau war er. Ohne hinzu gucken, hatte er schon das Gefühl beobachtet zu werden und schnallte sich ab, sodass auch er aus dem Wagen klettern konnte. Seine kleinen Hände versteckte er in den Hosentaschen, seine grünen Augen glitten aufmerksam über den fast ausgestorbenen Parkplatz. Einige Familien kamen wohl gerade wie sie aus dem Urlaub zurück und machten nun eine Pause um sich die Beine zu vertreten. Der Himmel über ihnen war schon wieder grau. Kaum waren sie zurück in der Heimatstadt, begrüßte sie das fast schon typische Regenwetter. Der Kleine umrundete die Zapfsäulen, bevor auch er sich zu der Grünfläche trollte, sie einige Male auf- und abging, bis er abseits davon einen kleinen Hund entdeckte, der aufgeregt anfing mit dem Schwanz zu wedeln, als auch er den Jungen ausmachte. Sascha hätte gerne einen Hund als Haustier gehabt, jemanden, mit dem er spielen konnte, denn mit seinen Halbgeschwistern verstand er sich schließlich nicht so gut und seine Eltern, beziehungsweise seine Stiefmutter waren nie da oder nicht dazu bereit etwas mit ihm zu spielen. Und Haustiere durften sie auch nicht halten. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht, als er zu dem Jungtier – vermutlich gerade aus dem Welpenalter heraus gewachsen – kam und es nun immer aufgeregter wurde. War es hier ausgesetzt worden, oder sollte es hier nur warten? Die Zeit war wie vergessen, während er sich mit dem Tier beschäftigte, keiner kam um es mitzunehmen. Vielleicht gehörte er wirklich niemandem? Der Weg nach Hause war gar nicht mehr weit, die nächste Ausfahrt und sie kamen gleich in das Hafenviertel, mussten sich nur noch durch die Innenstadt schlängeln und dann waren sie fast da. Aber seine Eltern ließen sich sicher nicht überreden und schon keinesfalls von ihm. Mit einem traurigen Seufzen tätschelte er dem Hündchen den Kopf und erhob sich, um wieder zurück zum Auto zu trotten. Sein Blick haftete auf den Autos, die nicht alle säuberlich in Reih und Glied eingeparkt worden waren. Er wusste, das sie den großen, silbernen Familienwagen genommen hatten. Aufgrund des Platzes versteht sich. Normalerweise nahmen die Erwachsenen nämlich lieber den schwarzen, viel schickeren Wagen. Aber in den passten nicht noch zusätzlich drei Kinder. Kaum erreichte Sascha den Stellplatz, blieb ihm das Herz stehen. Die Parklücke war leer. Er spürte förmlich, wie alle Luft aus seinen Lungen wich, ihm das Herz mit einem schweren Schlucken in die Hose rutschte und pure Verzweiflung sich durch sein Innerstes frass. Sie hatten ihn hier zurückgelassen. Sofort kam ihm der Gedanke, das es Absicht war, mit hundertprozentiger Sicherheit konnte er sagen, das seine Stiefmutter dahinter steckte. Es dauerte keine fünf Sekunden, das nach dieser Erkenntnis Tränen in seinen Augen brannten, ihm gänzlich die Sicht auf den leeren Platz nahmen. Der kleine Sascha musste schwer schlucken und blickte sich verzweifelt um, vermutlich hatte er nur den Platz verwechselt, sie konnten, konnten, konnten einfach nicht ohne ihn gefahren sein. Doch, egal, wie oft er den Platz absuchte, er fand das Auto nicht und irgendwann gab er die Suche auf. Statt Trauer machte sich nun Wut in seinem Inneren breit. Seine kleinen Hände begannen zu zittern, die Tränen quollen endgültig hervor, kullerten über seine Wangen, doch er versuchte jegliches Schluchzen zu unterdrücken. Die Schwäche würde er nicht zeigen wollen. Mit versteifter Haltung, stackste er über den Platz zurück zu der Grünfläche. Er konnte spüren, wie einige Blicke auf ihm ruhten, ihm kurz folgten, doch keiner machte Anstalten ihn anzusprechen, zu fragen, ob alles okay sei. Das war es doch offensichtlich nicht. Warum half ihm denn keiner? Wahrscheinlich war es wirklich so, wie sein Vater immer sagte: „Vertraue nie auf andere“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)