Vera Lamia von CichAn ================================================================================ Kapitel 10: Ausweg? ------------------- Was ich auch versuchte, es hatte keinen Sinn. Satoru blieb stur und trug mich am nächsten Tag sogar bis zum Auto. Obwohl ich wieder absolut fit war. Egal was ich ihm sagte, er lächelte nur fröhlich vor sich hin. Also gab ich irgendwann auf. Erst kurz vor dem Auto ließ er mich vorsichtig runter. Mein Blick viel sofort auf das Gepäck davor. “Ich kann mich irren, aber sagtest du nicht meine Sachen wären so gut wie alle verbrannt? Warum haben wir dann mehr als bei der Anreise?”, “Das wüsste ich auch gern.” Er verschränkte die Arme vor der Brust. “Bitte entschuldigt. Das ist mein Gepäck.” Wir drehten uns fast gleichzeitig um und standen nun Lorelei gegenüber. “Ich werde euch begleiten.” Sie lächelte. Satoru schüttelte kaum merklich den Kopf. “Und wieso wenn ich fragen darf?”, “Natürlich weil Vater es so will. Er hat gesagt, dass er mich momentan nicht um sich haben kann.” Trotz der harten Bedeutung ihrer Worte, lächelte sie uns weiterhin an. Sie raffte den mit Rüschen versehenen Saum ihres roten Kleides zusammen und brachte das (hoffentlich) letzte Gepäckstück zu dem bereits vorhandenen Stapel. Es schien schwer zu sein einen Vampir großzuziehen. Denn dank dieser Gefährten-Sache konnten die Eltern fühlen, aber ihre Kinder nicht. Jemanden zu lieben und genau zu wissen, dass diese Liebe nicht erwidert wird, muss schwer sein. Nicht dass ich viel Erfahrung in solchen Sachen hatte… “Ich nehme nicht an, dass er uns verabschieden wird?” Sie schüttelte den Kopf. Satoru atmete geräuschvoll aus und ging zum Fahrer. Als er weit genug weg war, um uns nicht mehr hören zu können, kam Lorelei näher und flüsterte mir auf Französisch zu: “Es gibt da noch etwas, dass ich dir gestern sagen wollte, aber ich kam wegen Satoru nicht mehr dazu.”, “Und was?” Sie kam noch näher. “Es könnte dir helfen ihn besser zu verstehen. Das Ritual der Gefährten gibt es schon sehr lange und damals als es entstand bedeutete ‘Gefährten sein’ nichts anderes als…” Sie warf Satoru, der dem Fahrer beim verstauen der Gepäckstücke half, einen kurzen Blick zu, dann zog sie mich, auf ihre Höhe herunter und flüsterte mir das nächste direkt in mein Ohr: “Es bedeutete nichts anderes als ‘Ehe’…” Ich schluckte schwer. War das ein Scherz? Bei Lorelei konnte ich mir das allerdings nur schwer vorstellen. Wir waren keine richtigen Gefährten, also hieß das jetzt soviel wie ‘wir sind verlobt‘..? Während ich noch versuchte diese Information zu verarbeiten, legte mir Satoru seine Hand auf die Schulter. “Was gibt es denn hier zu tuscheln?” Ich zuckte zusammen. Wie sollte mir das denn helfen ihn besser zu verstehen? Das bescherte mir nur noch ein paar Fragen mehr… Während ich wie angewurzelt dastand und Satoru anstarrte, stieg Lorelei fröhlich kichernd in das nun mit Gepäck beladene Auto. Satoru runzelte die Stirn. “Alles in Ordnung mit dir? Du siehst blass aus? Vielleicht hätten wir uns doch noch ein bisschen hier ausruhen sollen.” Er strich mir über die Wange. Ich fühlte wie mein Gesicht anfing zu glühen und machte einen Schritt rückwärts, um seiner Hand zu entkommen. “Nein, nein, alles bestens, lass uns einfach nur fahren!” Dann huschte ich so schnell wie möglich an ihm vorbei und setzte mich neben Lorelei ins Auto. -- Während der Fahrt warf mir Satoru immer wieder besorgte Blicke zu. Ich fragte mich ob es wirklich nötig gewesen war, mir das zu sagen… Wir waren ‘verlobt’, also hieß das, dass Satoru mich auf diese Weise haben wollte. Dann war es auch nur verständlich, dass ich ihn nicht als Onkel sehen sollte… Mal ganz davon abgesehen, dass eine Ehe zwischen zwei Männern im allgemeinen schon ungewöhnlich und vor allem unüblich war. Aber aus welchen Gründen heiraten die Menschen? Ich versuchte mich wenigstens an ein paar der Romane meiner Mutter zu erinnern und kam so zu folgendem Schluss: Es gab zwar viele verschiedene Gründe, aber man konnte sie wohl in zwei Kategorien unterteilen. Zum einen Macht. Menschen heiraten, um auf irgendeine Weise Macht zu erlangen. In unserem Fall würde dafür sprechen, dass wir unsere magischen Kräfte teilen und damit stärker werden. Außerdem könnte es auch sein, dass er aus irgendeinem Grund Interesse an Europa hat. Da ich der Sohn des europäischen Vampirkönigs bin, könnte er sich dadurch erhoffen dort Fuß zu fassen. Geld würde in diesem Fall vielleicht auch eine Rolle spielen. Dagegen spricht allerdings, dass er mich nicht gleich zu seinem richtigen Gefährten gemacht hat. Das würde die ganze Sache, mit diesem Hintergrund, nur unnötig in die Länge ziehen. Außerdem scheint er kein Interesse daran zu haben nach Europa zu kommen und Geld hat er wohl auch genug. Ich wusste nicht, welche der beiden Varianten mir mehr Angst machte. Denn der zweite Grund war Liebe… Das würde zu dem passen, was er mir am Abend sagte, als Darius mich angegriffen hatte. Etwas das stärker ist als Trauer und Mitgefühl. Es würde auch erklären warum er mich um jeden Preis bei sich haben wollte, sogar nachts. Dagegen spricht wiederum, dass er ständig Dinge tut, die mir nicht gefallen, dass er scheinbar ohne Grund auf mich wütend wird, mich anschreit und mir wehtut. Außerdem… Ich warf ihm einen kurzen Blick zu. Er saß ganz ruhig da und starrte aus dem Fenster. Ich seufzte leise. Außerdem… wenn er mich wirklich lieben würde… und dieses Gefühl wirklich so toll und erfüllend wäre, wie in den Büchern meiner Mutter beschrieben… wieso sah er dann immer so unglücklich aus..? Müsste er nicht zufrieden sein, bei der geliebten Person sein zu dürfen? Aber selbst wenn er lacht, scheint es, als würde er jeden Moment anfangen zu weinen… Vielleicht hatte ich auch ein paar Dinge diesbezüglich falsch verstanden. Immerhin kannte ich so etwas wie Liebe nicht und bezog mich nur auf Romane, die sicher einige Übertreibungen beinhalteten. In diesem Moment trafen sich unsere Blicke. Ich wollte wegsehen, konnte es aber nicht. Er sah zu Lorelei, dann wieder zu mir. Sie schien eingeschlafen zu sein. Er rückte ein wenig näher und begann dann im Flüsterton: “Ich will nur, dass du weißt, dass alles was ich mache, wenn wir wieder zu hause sind, nichts damit zu tun hat, dass ich ein schlechtes Gewissen habe und versuche mich so zu entschuldigen. Ich halte es immer noch für richtig, was ich getan habe.” Ich runzelte die Stirn. “Alles was ich jetzt tun werde, hatte ich schon vorher geplant und vorbereitet. Ich will nur dass du das nicht missverstehst.” “Momentan verstehe ich es überhaupt nicht…”, erwiderte ich kopfschüttelnd. Er lächelte nur, tätschelte mir den Kopf und ließ seine Hand dann an meiner Wange hinab gleiten. Sein Gesicht wurde wieder ernst. Als er seine Hand wieder wegnahm, streifte er wie zufällig mit seinem Zeigefinger meine Unterlippe. In diesem Moment wurde es mir zum ersten Mal bewusst. Ich hob meine Hand und tippte mit meinem Finger gegen seine Wange. Er sah mich verdutzt an. “Spürst du das auch?” Doch er antwortete nur mit einem “Was?” Ich nahm meine Hand wieder herunter. “Wenn wir uns berühren fühlt sich diese Stelle komisch an…”, “Wie meinst du das ‘komisch’?” Ich wusste nicht recht wie ich es sagen sollte. “Es… knistert…” Spannung, Elektrizität schien von jeder Berührung auszugehen. “Ach das… Vielleicht weil wir beide sehr gut mit Elektrizität umgehen können. Ich hab gehört, dass Gefährten meistens die selben Stärken in der Magie haben.” Richtig er hat Blitze gegen Darius eingesetzt. Heißt das Vampire deren Stärke Feuer ist, fühlen dann Hitze? “Es gibt nicht viele Vampire deren Stärke Elektrizität ist. Bis auf uns beide kenne ich nur noch einen Vampir, der damit gut umgehen kann.” Während ich das sagte, nahm sein Gesicht einen seltsamen Ausdruck an. Dann drehte er sich wieder zum Fenster. “Das dachte ich mir schon.” Und das war auch das Letzte, was er zu mir sagte. Ich schien ihn wütend gemacht zu haben, aber ich konnte mir nicht erklären wieso. “Onii-chan…” Lorelei hatte sich an meinen Arm geklammert und murmelte seltsame Worte. Ich nahm an, dass es sich um Japanisch handelte. Genau konnte ich es allerdings nicht sagen. So schlief sie friedlich bis zu unserem Ziel. -- Als wir ankamen war es bereits dunkel. Auf einem Hof des Hauptgebäudes flackerten seltsame Lichter. Während ich noch versuchte sie zu deuten, waren Satoru und Lorelei sofort allarmiert. Sie stürmten zum Eingang und ich folgte kurzerhand. Kaum hatten wir das Haus betreten, kamen uns Kazuki und ein paar andere Bedienstete entgegen. Satoru schrie sie sofort auf Japanisch an, während Kazuki scheinbar versuchte die Situation zu erklären. Dann lief er weiter, zu dem Hof, von dem die Lichter kamen, Lorelei und ich folgten. Schon nach wenigen Schritten stieg mir beißender Rauch in die Nase. Es brannte, die flackernden Lichter waren Flammen. Satoru blieb hinter der nächsten Abbiegung stehen und hielt uns mit seinem Arm zurück. Aber ich konnte sehen und hören, was vor sich ging. Mitten auf dem Hof mit dem Teich und dem großen Baum, wirbelte eine Gestalt herum. Sie warf mit so etwas wie Feuerkugeln um sich und schrie: “Komm raus! Zeig dich endlich!!” Es war niemand zu sehen, alles was sie traf, gehörte zum Haus und stand nun zum größten Teil in Flammen. “War ja klar, dass sie uns Ärger machen wird!”, wetterte Satoru. Ich schlüpfte unter seinem Arm hindurch und lief hinaus auf den Hof. “Sophie! Hör sofort damit auf!” Sie zuckte zusammen und drehte sich um. “W…William… Ihr seid schon zurück..?”, “Kannst du mir mal erklären, was du hier machst?!” Erst jetzt schien sie wieder vollkommen da zu sein. Sie sah sich um, betrachtete ihr Werk. “Oh… Das habe ich nicht gewollt… Ich wollte nur etwas trinken und bin noch einmal raus, da hat mich so ein Kerl angegriffen! Er hatte komische Kleider an, wie ein Mönch oder ein Priester.” “Ich hatte dir doch gesagt, du sollst dein Zimmer nicht verlassen, wenn es dunkel wird!”, schrie Satoru, der gerade über einen verkohlten Balken stieg, um zu uns zu kommen. “Wer kann denn so etwas ahnen!” Während die beiden sich anfunkelten, ging Lorelei seelenruhig an uns vorbei und löschte die Flammen mit dem Teichwasser. Die Bewegungen die sie dabei vollführte, erinnerten an einen Tanz. Ich stellte mich zwischen die beiden Streithähne. “Könnte mir vielleicht jemand mal erklären was hier los ist?” Satoru seufzte. “Als mich deine Mutter und James damals wegschickten, wusste ich nicht wohin und wanderte ziellos durch die Gegend. Irgendwann kam ich bei diesem Haus an. Es war damals noch ein Tempel, indem ein Mönch lebte. Da er sehr freundlich und hilfsbereit war, nahm er mich bei sich auf.” Lorelei hatte nun alles gelöscht und kam in unsere Runde. Da alles verbrannt roch und es schon ziemlich dunkel war, erinnerte das Ganze an ein Beisammensein am Lagerfeuer, mit entsprechenden Gruselgeschichten. “Sag jetzt nicht du hast ihn getötet, um sein Haus zu bekommen.”, warf Sophie ein. “Natürlich nicht. Ich falle hilfsbereiten Leuten nicht einfach so in den Rücken.“ Während er das sagte, betonte er das ‘ich’ ganz besonders, sodass Sophie verstummte. “Leider war er ein bisschen zu gutgläubig und geriet bald darauf an die falschen Leute. Er gewährte ein paar Männern Unterschlupf, die nur auf die Reichtümer des Tempels aus waren. Leider war ich nicht rechzeitig zur Stelle.”, “Er wurde von ihnen getötet und geistert nun hier durch die Gänge.”, ergänzte Lorelei mit einem Lächeln. “Er greift nachts alles an, was menschlich ist oder war. So was wie ein persönlicher Rachfeldzug. Die Türen und Fenster von einigen Räumen hat er vor seinem Tod mit Schriftzeichen versehen, um böse Geister abzuwehren. Jetzt wären sie ihn ab. Deshalb schicke ich nachts das Personal nach hause und Gäste auf ihre Zimmer. Mich lässt er in ruhe, deshalb macht es mir nicht viel aus, dass er hier ist. Aber momentan scheint das immer mehr zu einem Problem zu werden.” Dann hatte ich wohl ihn im Teich gesehen, bevor wir losgefahren sind. Will Satoru vielleicht deshalb auch, dass ich bei ihm schlafe? Damit mir nichts passiert? Er sagte, dass ein paar Räume geschützt waren, das traf sicher auch auf sein Schlafzimmer zu. Irgendwie… sorgte diese Erkenntnis für ein komisches Gefühl. Es verwirrte mich… “Soll ich ihn austreiben?”, fragte Lorelei mit einem unschuldigen Lächeln. Wir drei starrten sie verwirrt an. “S…so etwas kannst du..?”, fragte ich. “Ich könnte es ja mal versuchen. Ich müsste ihn dafür aber wenigstens sehen.”, “Ah! Ich habe ihn das letzte Mal im Teich gesehen.”, plapperte ich los, ohne vorher darüber nachgedacht zu haben. Satoru packte mich daraufhin fast schmerzhaft fest am Arm. “Du hast ihn gesehen und mir nichts davon gesagt?! Hat er dir etwas getan?” Ich schüttelte den Kopf. Satoru schien zwar weiterhin angespannt, aber zumindest etwas erleichterter. Lorelei drehte sich um und ging zum Teich. Wir wollten ihr folgen, sie hielt uns aber durch ein Handzeichen davon ab. Sie schaute auf die Wasseroberfläche und fing an Japanisch zu reden. Es hatte für mich den Anschein, als versuchte sie ihn hervorzulocken. “Tatsächlich… Sieht aus als würde er sich im Wasser hinter mir spiegeln…”, sagte sie scheinbar begeistert. Satoru zog mich ein Stück weiter vom Teich weg. Lorelei bewegte ihre Hand einen Meter über der Wasseroberfläche so, als wenn sie darüber strich und das Wasser gefror augenblicklich. Dann sorgte sie dafür, dass die gefrorene Oberfläche sich aufrichtete und wie ein Spiegel aus Eis in der Luft schwebte. In ihm spiegelte sich das Haus und der Mönch. Nur von uns und den verbrannten Stellen war nichts zu sehen. Es sah aus, als würde man in die Vergangenheit blicken. Lorelei sprach wieder ein paar Worte, dieses Mal allerdings in einem seltsamen Singsang und in einer Sprache, die ich noch nie zuvor gehört hatte. Der Eisspiegel bekam Risse und zersprang in tausende kleine Scherben, die noch bevor sie zu Boden fielen zu kleinen Regentropfen wurden. “H..hast du ihn vernichtet..?” Lorelei schüttelte den Kopf. “Eine Seele zu vernichten, sodass sie nicht wiedergeboren werden kann, ist ein viel zu großes Verbrechen. Viel schlimmer als jemanden zu töten. Ich habe seine Seele nur dahin geschickt, wo sie schon vor einer ganzen Weile hingehen sollte.” “Gut. Da das jetzt geklärt wäre…” Satoru wandte sich an Sophie. “Dir ist hoffentlich klar, dass du für den Schaden hier aufkommen wirst.” Sie verzog ihr Gesicht und stapfte zurück ins Haus, dabei stolperte sie über einen verkohlten Balken und fiel fast hin. Satoru gab den Bediensteten, die drinnen in sicherer Entfernung gewartet hatten, noch ein paar Anweisungen auf Japanisch und zog mich dann am Arm hinter sich her. Ich war gar nicht erst dazu gekommen Sophie zu sagen, dass ich ihr verziehen hatte. Das musste ich dann wohl oder übel am nächsten Tag nachholen. “Wenigstens habe ich jetzt den Beweis, dass ich Richtig lag mit meiner Vermutung.”, “Mit welcher Vermutung?” Ich versuchte mit ihm Schritt zu halten, aber das fiel schwer bei seinem Tempo. Als ich fast hinfiel, wurde er langsamer. “Sophie hat Feuer als Waffe benutzt. Verwandelte Vampire erhalten immer die Magie als Waffe, die derjenige der sie verwandelt hat, am besten beherrschte. Das beweist das Darius sie getötet hat.” Ich riss mich los und blieb stehen. “Das heißt du wusstest nicht einmal, ob du den Richtigen bestrafst??” Ich konnte es nicht fassen. Er hätte sich also bei einem Irrtum, durch alle Anwesenden seines kleinen Dinners gemetzelt, BIS er den Richtigen letztendlich gefunden hätte. Er wollte noch etwas erwidern, ich hielt ihn jedoch davon ab. “Nicht. Ich glaube alles was du jetzt sagen kannst, würde das Ganze nur noch verschlimmern.” Ich wollte mich nicht noch mehr über seine Art und Weise Dinge zu regeln aufregen. Ich ging an ihm vorbei, den Gang hinunter bis zu unserem Zimmer. Er blieb die ganze Zeit still und immer ein Stück hinter mir. Als ich die Tür aufschob, fielen mir die Japanischen Schriftzeichen ins Auge, die innerhalb des Rahmens angebracht waren. Ich drehte mich wieder zu Satoru um. “Wenn… dieser Mönch der einzige Grund gewesen ist, aus dem ich bei dir schlafen musste, könnte ich doch jetzt mein eigenes Zimmer bekommen, oder?” Satoru machte daraufhin ein Gesicht, als wäre ich ihm auf den Fuß getreten. “Was?”, “Du denkst das war der einzige Grund?” Ich runzelte die Stirn. “War es nicht?” Er kam ein paar Schritte auf mich zu. Irgendwas an seinem Blick, sorgte dafür, dass ich automatisch nach hinten auswich. Dann schloss er die Tür und lehnte sich dagegen. “Sag bloß du konntest gut schlafen, bevor Darius durch dein Fenster kam.” Sein Lächeln hatte etwas boshaftes. “Ich konnte es jedenfalls nicht.” Ich wich noch ein paar Schritte zurück, bis ich mit einem Bein an das Bett stieß. “Du kannst gerne ein eigenes Zimmer haben, aber dann finden wir wohl beide keinen Schlaf mehr.” Es dauerte ein Bisschen, doch dann hatte ich verstanden. “Wieder so eine Gefährten-Sache.” Er nickte. Ich seufzte und drehte mich um. Wie erwartet fand ich auf dem Bett vorbereitet Schlafzeug. Bevor ich jedoch danach greifen konnte, umarmte Satoru mich von hinten. Das kam so plötzlich, dass ich zusammenzuckte und mir ein Schauer über den Rücken lief. “Es gibt noch einen weiteren Grund…”, flüsterte er. Die Antwort auf meine Frage machte mir Angst. Aber ich konnte nicht anders. Ich versuchte mich trotz seiner Umarmung umzudrehen. “W..welchen..?” Er lächelte. Doch bevor er antworten konnte, wurde die Zimmertür aufgeschoben. Lorelei stapfte nun im Nachthemd und mit Teddybär bewaffnet an uns vorbei und schlüpfte ins Bett. Satoru ließ mich los, was mich wieder aufatmen ließ. “Was soll das werden, wenn ich fragen darf?” Sie antwortete nur trotzig: “Mir gefällt mein Zimmer nicht. Außerdem will ich bei William schlafen.” und kuschelte sich noch tiefer in die Kissen. Diese Situation brachte mich zum schmunzeln, außerdem war ich froh fürs erste nicht mehr mit Satoru allein sein zu müssen. Ich zog mich schnell um und kroch zu Lorelei ins Bett. Glücklicherweise lag sie auch noch zwischen uns, so hatte ich auch in der Nacht nichts zu befürchten. “Als meine Schwester klein war, ist sie auch immer zu mir ins Bett gekommen. Wir haben uns dann Geistergeschichten erzählt oder ich habe ihr etwas vorgesungen.”, “Was hast du ihr denn vorgesungen?” Ich musste schmunzeln. Satoru schien von der jetzigen Schlafsituation überhaupt nicht begeistert und schmollte am anderen Ende des Bettes vor sich hin. Mit leiser Stimme fing ich an das Schlaflied zu singen, dass meine Schwester so mochte. Denn auf eine seltsame Art und Weise erinnerte mich Lorelei vom Charakter her an sie. Ich hatte meine Augen eine Weile geschlossen, um mich besser an den Text erinnern zu können. Als ich sie wieder öffnete, starrten mich die beiden an. “Was ist? Hat sich das jetzt so schrecklich angehört?” Lorelei schüttelte heftig den Kopf. “Nein, überhaupt nicht! Aber… woher kennst du dieses Lied?” Ich musste einen Moment überlegen. “Ich weiß nicht so genau… Vielleicht hat uns das unsere Mutter vorgesungen, als wir noch klein waren…” Satoru musste sich das Lachen verkneifen. “Glaub mir. Wenn Ann dir das vorgesungen hätte, würdest du dich daran erinnern. Dass konnte sie wirklich überhaupt nicht.” Er kicherte weiter vor sich hin, aber Lorelei achtete nicht darauf: “Unser Vater hat uns dieses Lied oft vorgesungen.”, “Dann hat er es uns sicher beigebracht, als wir hier waren.” Trotzdem war es seltsam. Auch wenn James so etwas wie mein Onkel war. War es nicht eigentlich so, dass die Eltern ihren Kindern etwas vorsingen? Lorelei kuschelte sich näher an mich heran. “Solange wie ich hier bin, kann ich ja deine Schwester sein. Also schau nicht so traurig und sing noch ein wenig weiter.” Hatte ich denn traurig geguckt? Da ich nicht mehr wusste, wo ich stehen geblieben war, fing ich von vorne an. Woran das wohl lag..? Trotz der beiden, kam ich mir plötzlich so allein vor. Dieses Lied zu singen, machte mich im Gegensatz zu früher, traurig und irgendwie ein wenig einsam… -- Als ich aufwachte war Satoru längst fort, aber das kannte ich ja bereits. Lorelei schlief immer noch friedlich an meiner Seite. Ich schlüpfte vorsichtig aus dem Bett, um sie nicht zu wecken und ging ins Bad. Alles war wie vor unserer Abreise. Meine Sachen lagen bereit und irgendwie wusste ich, dass Satoru im Gewächshaus mit dem Frühstück auf mich warten würde. Und genau so war es. Er saß mit einer Tasse Tee und einer Zeitung an dem kleinen Tisch. “Guten Morgen.” Er sah zu mir hoch. “Guten Morgen.” Ich hatte mich gerade hingesetzt, als auch schon das erste Dienstmädchen eine Teetasse für mich hinstellte. Zwei weitere brachten dann ein paar Teller und eine weitere Tasse. Ich staunte nicht schlecht, als ich anstatt eines japanischen Frühstücks, zwei Croissants und einen Milchkaffee serviert bekam. “Dir schien das japanische Frühstück nicht so zu gefallen, also habe ich einen französischen Bäcker, der bei James arbeitet, darum gebeten unserem Küchenpersonal beizubringen wie man die herstellt.” Er zeigte auf die Croissants. Er stützte nun seinen Kopf auf die Hand. “Außerdem habe ich dir einen Lehrer besorgt, der dir ab heute Japanisch-Unterricht geben wird.” Ich starrte ihn immer noch sprachlos an. “Was ist? Ich dachte, das würde dir gefallen.” Dann las er wieder, ein wenig verlegen, in seiner Zeitung. Das meinte er also während der Fahrt. Er wollte dafür sorgen, dass ich mich hier ein wenig mehr zuhause fühlte und sein Versprechen einlösen. Ohne weiter darüber nachzudenken, stand ich auf, beugte mich zu ihm hinüber und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Dann strahlte ich ihn an. “Danke.” Noch während ich das sagte, wurde mir klar, was ich da gerade getan hatte. So hatte ich mich zu hause immer bei meiner Schwester bedankt, wenn sie mir etwas geschenkt hatte. Das war so zur Routine geworden, dass ich das bei ihm auch getan hatte. Ich lief rot an, als ich sein schockiertes Gesicht sah. “T..tut mir leid! Das war ein Versehen! L..lass mich das erklären!”, stammelte ich, während ich mich wieder auf meinen Platz fallen ließ. Er hingegen tastete seine Wange ab, stand dann auf und kam näher. “So habe ich mich immer bei meiner Schwester bedankt! Wirklich, das war ein Versehen, ich…” Ich verstummte, als er direkt vor mir stand und sich mit dem rechten Arm am Tisch abstützte. So schwebte sein Gesicht etwas über meinem und machte mich noch nervöser. “Bei deiner Schwester, ja?” Ich nickte leicht. Daraufhin hob er seine linke Hand. Ich kniff die Augen zusammen, weil ich nicht wusste, was er vorhatte. “Wenn du dich bei MIR bedanken willst, dann so…”, “Huh..?” Er hatte mein Gesicht am Kinn weiter zu sich gezogen und gab mir nun tatsächlich einen richtigen Kuss. Es dauerte nur ein paar Sekunden, eine leichte, ganz sachte Berührung. Ich war wie erstarrt. Er setzte sich daraufhin wieder auf seinen Platz und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. Es dauerte noch ein paar Sekunden, bis ich ganz vorsichtig meine Finger auf meine Lippen legte, da ich sie nicht mehr zu spüren schien. Mein Herz raste, aber er machte den Anschein, als sei eben gar nichts passiert… Ein Kuss. Nein. Nicht einfach irgend ein Kuss. Diese Art von Kuss war für einen geliebten Menschen bestimmt. Also war es wirklich so? Wollte er mich bei sich haben, weil er mich liebte..? Aber was sollte ich dann tun..? Ich wusste nicht einmal wie sich ‘Liebe’ anfühlt. Ich konnte dieses Gefühl unmöglich erwidern. “William?” Ich zuckte zusammen. Neben mir stand nun Sophie. Ich hatte nicht bemerkt, dass sie das Gewächshaus betreten hatte. Hatte sie das ganze etwa mitbekommen..? Sie strich mir mit ihrer kalten Hand über die Stirn. “Ist alles in Ordnung? Du siehst blass aus…”, “Ja… Alles in Ordnung.” Satoru legte seine Zeitung beiseite und stand auf. “Ich gehe dann Lorelei wecken. Wenn du hier fertig bist, komm bitte in die Bibliothek neben dem Schlafzimmer.” Was sollte ich denn in der Bibliothek? Bevor ich ihn jedoch fragen konnte, war er verschwunden. Es war bewölkt und dunkel. Scheinbar stand uns ein enormes Unwetter bevor. Deshalb war wohl auch Sophie, nicht wie vor unserer Abreise, komplett vermummt. Sie setzte sich auf den Platz, an dem eben noch Satoru gesessen hatte. “Da ihr… jetzt schon zurück seid, kann ich davon ausgehen, dass du mir verziehen hast..?” Ich seufzte. “Es ist wohl eher so, dass es nichts zu verzeihen gab. Die letzten paar Tage haben mir klar gemacht, dass mein Zusammentreffen mit Satoru unvermeidbar war. Du hast es nur beschleunigt.” Ich lächelte und nahm eines der Croissants. Sie sah seitlich zu Boden. “Ich verstehe immer noch nicht ganz… was genau euch eigentlich verbindet… Erst dachte ich er würde dich genauso hier gefangen halten wie mich, aber…”, “Er hält dich nicht gefangen. Er will dich nur nicht unvorbereitet auf die Außenwelt loslassen.” Ihre Finger begannen mit der Zeitung auf dem Tisch zu spielen. “Ja. Ich weiß… Aber… E..es ist vielleicht vermessen, dass gerade ich das sage. Und da kannst du behaupten was du willst, ich bin Schuld daran das du hier festsitzt. Aber…”, “Nun sag es endlich.” Sie erstarrte in ihren Bewegungen und hob den Kopf, sodass sie mir direkt in die Augen sehen konnte. “Du solltest ihm gegenüber nicht so nachlässig sein.” Hatte sie es etwa doch gesehen? “Es gefällt mir nicht, dass du dich scheinbar in dein Schicksal gefügt hast. Hast du denn gar keinen Stolz mehr? Willst du hier gar nicht mehr weg? Wenn du ihn weiterhin mit dir tun und lassen lässt was er will, wird er irgendwann zu weit gehen und du wirst ihm dann nichts mehr entgegen zusetzten haben.” Ein seltsames Gefühl breitete sich in mir aus. “Aber… Ich weiß nicht was ich will…”, “Dann solltest du das lieber schnell herausfinden.” Natürlich wollte ich zurück nach hause… Aber mittlerweile gab es auch hier Personen und Dinge die nicht einfach so zurücklassen konnte. Mittlerweile war mir klar geworden, dass unser Vater uns zwar beschütz hat und wir ein friedliches Leben geführt haben. Aber er hat uns dadurch auch viele Dinge vorenthalten. Dinge die ich erst durch Satoru und all die anderen hier gelernt habe. Wollte ich denn wirklich an einen Ort zurück, der mir wieder alles, ob gut oder schlecht, vorenthalten würde? Es gab sicher noch mehr zu entdecken und sicher musste ich herausfinden was ich will, meine Grenzen festlegen. Aber was war dafür der richtige Weg? Wirklich der in Richtung Heimat? Ich musste mir allerdings auch endlich mal die Gefahr, die von Satoru ausging klar machen, ganz besonders wenn er mich wirklich lieben sollte. Denn ich wusste nicht wozu er noch fähig war. Und das bezog sich sowohl auf mich selbst, sowie auf mein Umfeld. “Ich sollte jetzt besser zu ihm gehen.”, “Pass auf dich auf.” Ich musste schmunzeln. Das war jetzt schon das zweite mal in den letzten Tagen, dass mir das jemand sagte. Hoffentlich sind dieses Mal die Folgen nicht ganz so gravierend. -- Als ich die Bibliothek betrat, spielte Satoru am Klavier. Ich erinnerte mich an die Melodie. Es war das selbe Stück, dass er an meinem ersten Tag hier gespielt hatte. Ich blieb eine Weile in der Tür stehen. Er hatte kein Notenheft vor sich. Seine Augen waren geschlossen und ich bezweifelte, dass er mich bemerkt hatte. “Das ist das erste Mal, dass ich dich spielen sehe. Ich meine beim ersten Mal, habe ich dich ja nur gehört.”, sagte ich mit einem Lächeln, als etwas Zeit vergangen war. Er öffnete seine Augen nur leicht und spielte weiter. “Wenn es dir gefällt, kann ich das ja jetzt öfter machen.”, “Das wäre schön.” Es vergingen einige Minuten, bis ich weiter sprach. “Sollte ich deshalb hier her kommen?” Er hörte abrupt auf, stand auf und ging hinter eines der Regale. Zurück kam er mit einer Kiste. “Was soll das werden?” Er öffnete die Kiste und holte eine Glühbirne hervor. Da ich nicht weiter reagierte, fing er an zu erklären: “Ich will, dass du dich in Zukunft verteidigen kannst, ohne dich gleich mit umzubringen.”, “Ich verstehe nicht ganz…” Er drückte mir eine Glühbirne in die Hand. “Versuch sie zum leuchten zu bringen.“ Eine Glühbirne zum leuchten bringen, war nicht gerade eine Herausforderung. Aber ich tat was er sagte, ich versuchte ein bisschen Strom zu bündeln und durch die Glühbirne fließen zu lassen. Sie fing an zu leuchten, wurde heller und heller und zersprang mit einem gewaltigen Knall. Eigentlich war das keine schwere Aufgabe… Aber da ich jetzt stärker war, konnte ich meine Kraft wohl noch nicht richtig bündeln. “Wenn du es schaffst eine Glühbirne zum leuchten zu bringen, ohne sie kaputt zu machen, kannst du, glaube ich, mit deinen Kräften umgehen.”, “Aber jetzt ist sie doch schon kaputt… Was mache ich denn jetzt?” Er ging zur Kiste und entfernte den Deckel vollständig. Sie war bis zum Rand mir Glühbirnen gefüllt. “Es war harte Arbeit so viele davon zu beschaffen, also streng dich an.” Ich musste schmunzeln. “Ja, keine Sorge... Danke.” Er schien für einen kurzen Moment zu überlegen, dann drehte er sich weg. “Ich habe dir doch gesagt, wie du dich bei mir bedanken sollst.” Mein Lächeln verschwand. Es schien ihm tatsächlich ernst damit zu sein. Mir fielen Sophies Worte wieder ein: Ich sollte ihn nicht zu weit gehen lassen. Aber diese Sache sollte von mir ausgehen. Für mich war ein Kuss eine Berührung wie jede andere auch. Wie ein Handschlag. Ich verband damit keine besonderen Gefühle. Natürlich nicht, da ich mir bis vor kurzen sowieso noch nicht viele Gedanken um so etwas wie Gefühle machen musste. Also war es aus meiner Sicht keine große Sache und vielleicht würde er sich ja darüber freuen. Also, ich meine richtig darüber freuen. Mir ein richtiges, echtes Lächeln schenken… Ich zog ihm am Ärmel, weil ich nicht wusste wie ich ihn sonst dazu bewegen sollte, wieder zu mir zu sehen. “Satoru..?” Als er sich zu mir drehte und sein Gesicht so nah an meinem war, fing mein Herz wieder an schneller zu schlagen, auch wenn ich mir immer wieder sagte, dass das für mich keine Rolle zu spielen brauchte. Aber in dem Moment, wo ich meine Chance ergreifen wollte, platzte Lorelei in den Raum. “Ich bin fertig im Bad. Was machen wir heute?” Ich war noch nicht weit genug gekommen, sodass man hätte erkennen können, was ich vor gehabt hatte. Also legte sie nur leicht ihren Kopf schräg, als Satoru sich etwas zu schnell von mir entfernte. Er schien es also gewusst zu haben. -- Die nächsten Wochen verstrichen ohne besondere Ereignisse. Lorelei schlief weiterhin bei Satoru und mir im Bett. Jeden Tag wenn Satoru nicht da war, bekam ich Unterricht in Japanisch und erprobte danach meine Fähigkeiten an den Glühbirnen. Die Tage waren so friedlich und angenehm, dass ich alles hier langsam als meinen ganz normalen Alltag ansah. Ich schickte ab und zu Briefe nach hause, in denen ich beschrieb wie mein momentanes Leben aussah. Das Satoru mein Gefährte geworden war verschwieg ich allerdings… Es hatte sicher einen Grund gehabt, dass Vater uns darüber nichts gesagt hatte, also wollte ich das nicht unbedingt an die große Glocke hängen. Alles blieb friedlich, bis zu jenem Morgen. Lorelei hatte sich mit der Zeit daran gewöhnt zu normalen Tageszeiten aufzustehen und Frühstückte nun jeden Morgen mit Satoru und mir. Genau wie an diesem Morgen, als Sophie wutentbrannt in das Gewächshaus stürmte und schrie: “Nun reicht es mir aber langsam! Wie lange willst du mich hier noch festhalten?! Es sind jetzt schon über zwei Monate!” Satoru nahm in aller Ruhe einen Schluck aus seiner Tasse und antwortete dann: “Ich halte dich immer noch nicht für bereit.” “Was du denkst spielt keine Rolle! Was meinst du denn warum ich das hier alles auf mich genommen habe?! Denkst du ich will den Rest meines Lebens euch dreien beim Vater-Mutter-Kind-Spiel zusehen?!” Vater-Mutter-Kind? Dieser Vergleich gefiel mir nicht unbedingt, da ich mir schon denken konnte welche Rolle dabei meine war… Aber erst jetzt wurde ich dazu gebracht, über ihren Grund nachzudenken. Sicher hatte jeder der sich für so ein Leben entschied einen bestimmten Grund. Die Frau von James zum Beispiel wollte mehr Zeit mit ihm. Was es wohl bei Sophie war? “Was war denn dein Grund?”, fragte ich schließlich. Ich schien sie für einen kurzen Moment von ihrer eigentlichen Mission abgebracht zu haben. “Ich hatte keine andere Wahl…”, antwortete sie und drehte ihren Kopf ein wenig von mir weg. “Ich habe etwas zu erledigen, das ich als Mensch nicht überlebt hätte. Und das kann nicht länger warten!” Sie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und sprach nun wieder zu Satoru: “Lass mich gehen…”, “Nicht ohne Aufsicht.” “Ich kann doch mit ihr gehen.”, meldete sich Lorelei zu Wort. Satoru überlegte kurz. “Wenn du willst.”, “Du willst mir allen ernstes dieses Kind andrehen?” Lorelei verzog das Gesicht. “Sei nicht so unhöflich! Ich bin mindestens vier Mal so alt wie du!” Sophie schien kurz zu überlegen. “Du willst mir diese Oma mitschicken?” Ich musste mir ein Lachen verkneifen: “Hast du vergessen mit wem du hier redest? Wenn Lorelei vier mal so alt ist, bin ich mindestens acht Mal so alt wie du.” Danach starrte sie mich an, als würde sie erst einmal nachrechnen. Wieder viel es mir schwer, ernst zu bleiben. Lorelei stand auf. “Ich nehme an du willst gleich heute nach England?” Sophie nickte. “So plötzlich?”, fragte ich ein wenig überrascht. “Keine Sorge, je eher wir gehen desto eher sind wir auch wieder hier. Außerdem sehe ich keinerlei Schwierigkeiten. Alles wird so geschehen wie Sophie es will. Ich werde nur beobachten.” Satoru saß während der ganzen Zeit still schweigend da und hörte zu, jetzt stand er auf. “Ich werde alles vorbereiten lassen. Geht schon Mal eure Sachen packen.” -- Alles ging plötzlich so schnell. Am Morgen hatten wir noch alle zusammen am Frühstückstisch gesessen und am Abend waren es nur noch Satoru und ich. Wie zu beginn. Alles war so still, als wir uns abends für das Bett fertig machten. “Ich gehe noch kurz ins Bad.”, brach Satoru nach einer ganzen Weile das Schweigen. Ich nickte und er verschwand kurz darauf. Diese Stille war für mich kaum zu ertragen. Weil sie für mich gleichbedeutend mit Einsamkeit war. ! Plötzlich hörte ich ein dumpfes Poltern aus der Bibliothek. Ich öffnete die Schiebetür und machte das Licht an. Nichts. Aber es schien auch nicht direkt von hier zu kommen, sondern von weiter hinten. Ich ging also am Klavier vorbei, zu dem kleinen Gang der zu weiteren Regalreihen führte. Hier hinten war es um einiges dunkler, als vorne am Eingang. Weiter hinten schien etwas blau zu schimmern. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass es das Mondlicht war, das durch ein Fenster zu scheinen schien. In diesem Schein bewegte sich plötzlich ein Schatten. Ich blieb stehen und hielt für einen Moment die Luft an, um besser hören zu können. Hatte sich etwa jemand hier unerlaubt Zugang verschafft? Nur ein paar Augenblicke später, wurde mir von hinten der Mund zugehalten und ein Mann kam vor mir aus den Schatten. Er fing an Französisch zu flüstern: “Euer Majestät! Bitte bleibt ruhig… Wir sind aus der Armee eures Vaters...” Tatsächlich, sie trugen die Uniformen der Leibgarde meines Vaters. Ich bedeutete dem Mann hinter mir, mich loszulassen, was er auch sofort tat. “Bitte verzeiht Majestät!”, “W..was wollt ihr hier..?”, fragte ich fast tonlos. Wie selbstverständlich bekam ich folgende Antwort: “Aber Majestät, wir sind hier um euch zu retten! Wir wollen euch nach Hause holen!” --- Er ging mit und sah Satoru nie wieder. Ende. Nee... war'n Scherz... Boha… Für mich total untypisch so ein langes Kap… Aber… geschafft! XD Jetzt habe ich (laut ursprünglichem Plan) die Hälfte geschafft! XD~ Freu mich! Hoffe euch gefällt’s noch und ihr bleibt weiter am Ball, war ja jetzt nich allzu viel los, aber das wichtigste (und hoffentlich spannendste) kommt ja jetzt erst alles… hihi… Hier das franz. Wiegenlied, dass Will-chan singt: (aus dem 18. Jahrhundert) À la claire fontaine A la claire fontaine, m'en allant promener J'ai trouvé l'eau si belle, que je m'y suis baigné Il y a longtemps que je t'aime Jamais je ne t'oublierai Sous les feuilles d'un chêne, je me suis fait sécher Sur la plus haute branche, un rossignol chantait Chante rossignol, chante, toi qui as le cœur gai Tu as le cœur à rire, moi je l'ai à pleurer J'ai perdu mon amie, sans l'avoir mérité Pour un bouquet de roses, que je lui refusais Je voudrais que la rose, fût encore au rosier Et que ma douce amie fût encore à m'aimer Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)