The Lay of a Broken Winged Sparrow von Sen ================================================================================ Prolog: Teil I: Exil -------------------- Teil I: Exil "We carry on our back the burden time always reveals In the lonely light of morning, in the wound that would not heal It's the bitter taste of losing everything that I've held so dear." - Sarah McLachlan, Fallen. In Ketten brachten Sie mich vor ihr Gericht, wertloser als der Staub auf dem ich kniete. Mit gesenktem Haupt betete ich auf eine Art die sich für mein Volk niemals ziemte, nicht für Rache, sondern für ein gnädiges Ende. In meinem Herzen war keine Kraft mehr für Rache. „Verlest die Anklage,“ sprach Lord Carcarron, seine Stimme täuschend sanft, so ähnlich der seines Sohnes dass sie den Schmerz in meiner Seele erneut entfachte. Ich hoffte Aion würde mich auf der Stelle töten; der letzte kümmerliche Rest meines Stolzes konnten dieses öffentliche Gericht niemals überstehen, mein Schmerz und meine Trauer für alle enthüllt die Burg Carcarron in ihrer Stunde des Verlustes besuchten. Lange vor diesem Moment hatte ich die Wache vor meiner Zellentür gebeten, mein Leben zu beenden. Er lehnte ab, wand sich fort in Scham und Trauer. Es gab keine weitere Gelegenheit mein Leben ehrenvoll zu beenden, und meine Ankläger hatten solch Wert darauf gelegt das ich unserem Herrn bei bester Gesundheit gegenüber trat – gewaschen und wohl genährt, meine graue Kleidung in einwandfreiem Zustand – dass ich nur vermuten konnte er selbst hatte den Befehl dazu gegeben. Die Tage vergingen als lebte ich in einem Albtraum. Sie hatten mir nicht gestattet, Raums Beerdigung beizuwohnen, doch ich hatte den Gesängen der Kleriker durch mein verschlossenes Fenster lauschen können. Der Herold räusperte sich; ihre engelsgleiche Stimme schwebte durch die Menge all derer die zu meiner Verhandlung erschienen waren, und verlas in lieblichen Tönen meine Vergehen. Erst da erhob ich mein Haupt und mein Blick traf den Avarran Carcarrons, dessen Erben ich mit meinem Leben beschützt hatte – und dessen Schicksal schlussendlich mein Versagen besiegelt hatte. Ich prägte mir Lord Carcarrons Züge ein, brannte sie tief in mein Gedächtnis, das Gesicht das einmal Raum hätte gehören können, wäre er alt genug geworden diesen Tag zu erleben. Kaum hörte ich den Herold als sie meine unzähligen Verfehlungen verlas, sowohl die wahren als auch die erdachten. Die Einwohner Carcarrons, nein, mein Volk brauchte einen Grund, jemanden dem sie die Schuld geben konnten am Tod eines ihrer liebsten Söhne. Und so wurde jede kleinste Missetat die ich jemals ansatzweise begangen hatte in meiner Anklage notiert, und ich wurde verantwortlich gemacht für Dinge die ich niemals getan hatte. Dennoch, ich würde keine davon anfechten. Raum war tot, und nichts, nicht einmal mein eigenes Ende, konnte ihn zurückbringen oder meine befleckte Ehre reinwaschen. Als der Herold endete, wurde Lord Carcarron’s Miene hart und seine Stimme scharf und wütend. „Wie plädierst du, Azhdeen?“ Er kannte meine Antwort, las sie in meinem Gesicht ebenso sicher als wäre ich ein Buch in seiner Bibliothek, doch sein Stolz als Lord und seine Liebe für seinen toten Sohn geboten die Antwort, verlangten den Abschluss den nur ich ihm geben konnte. Ein Teil von mir lachte innerlich; oh, wie tief war ich gesunken, in den Schatten der Gnade meiner Mutter, doch noch immer hatte ich die Kraft den mächtigen Avarran Carcarron um den Schlaf zu bringen. Ich brach unseren Blickkontakt, wandte meinen Blick gen Boden. Die Worte die folgten waren kaum mehr als ein Flüstern, meine Stimme eingerostet durch zu langes Schweigen und Trauer. „Ich vertraue auf die Gnade meines Herrn.“ So wenig es auch gab, und für mich geben würde. Ich vertraute darauf, dass er mein kümmerliches Dasein beendete. Lord Carcarron konnte diese Entscheidung nicht allein treffen – nein, das Gesetz gebot sieben Lords und Ladies als Zeugen, Richter und Jury, die der Anklage des Beschuldigten lauschten. Carcarron sprach nicht zuerst, wofür ich dankbar war. Statt dessen begann der Herold mit den anwesenden Adligen, beginnend mit Ciella, der Heilerin die mich mit eigenen Händen mit in diese Welt gebracht hatte. Mir, der Eidbrecherin, war verboten ihnen in die Augen zu sehen wie ich es bei Avarran Carcarron getan hatte, und so beobachtete ich sie aus den Augenwinkeln. Eine zarte Faust ausgestreckt, den Daumen gen Himmel gerichtet, und eine überraschend heisere Stimme sprach: „Begnadigung. “ Und ein Flüstern ging durch die Menge wie der Lauf der Gezeiten. Als nächstes Asric, Kapitän der Leibgarde des Lords wie ich es für Raum gewesen war, seine Stimme tief und seine Hände schwielig und geziert von Narben, ein Daumen gen Granitboden: „Tod.“ Und Callyan, Lady der Schwerter, die gelegentlich Avarran’s Geliebte war seit seine Frau vor Jahren verstarb, Hände geziert von Tattoos in schwarz, rot und weiss; ein weiterer Daumen gen Boden und ein kräftiges „Tod!“ für all jene Anwesenden, ihre Stimme ein Echo bis in die letzte Ecke der Kammer. Er wird sie nicht heiraten, dachte dieser finstere, ferne Teil von mir, und deshalb ist sie immer so wütend. Ein kurzes, wahnsinniges Lachen entwich meinen Lippen, nahezu tonlos, doch Carcarron sah es und hob eine Braue. Ich senkte den Kopf erneut und schloss die Augen, identifizierte die restlichen meiner Richter allein an ihren Stimmen. Pentarus Lockstep folgte, Carcarron’s Meisterspion, ein schlanker Mann mit einer leisen Stimme, die einen Willen aus Stahl verbarg: „Begnadigung,“ sprach er unerwartet, und das Flüstern war lauter und tiefer als zuvor. Ich wünschte ich hätte Avarran’s Gesicht gesehen, als sein treuster Vasall für mich sprach. Als fünftes sprach Sryddan Redfeather, der Falkner, gebaut wie ein Schmied und der grösste Mann in ganz Carcarron, mit einer Wildheit die Ihresgleichen suchte. „Tod,“ grollte er in seiner tiefen Stimme, und meine Hoffnung wuchs. Vielleicht würde ich doch noch erlöst werden. Ihm folgte die blinde Kyaran, Carcarron’s Hochmagierin, alt und weise. Ihr Sopran schwang mit der Last vieler Jahre, doch ihre Weisheit und ihr Geist waren noch immer messerscharf: „Begnadigung,“ rief sie. „Ich überlasse euch die Entscheidung, Avarran. Aion möge euer Herz führen.“ Ich höhrte wie Ihr Stock auf die Steine schlug als sie sich abwandte. Als Avarran Carcarron sein Urteil überdachte, Entscheidungsträger über mein Schicksal wie er es immer schon gewesen war, dankte ich still der alten Kyaran. Carcarron’s Entscheidung würde sicher der Tod sein, sicher die Art der Gnade die mein Volk nicht wünschte, doch mit Freuden gewährte – „Begnadigung,“ sprach der Lord, so sanft wie das Flüstern eines Liebhabers. Ich starrte ihn mit aufgerissenen Augen an, geschockt und verzweifelt, spührte wie die Farbe aus meinem Gesicht wich und meine Wangen bleich wurden. Es war das eine das ich nie erwartet hatte. Carcarron war ein Kriegsherr, Befehlshaber über Armeen und Soldaten, in erster Linie ein General der für seine Fähigkeiten im Kampf berüchtigt war – „Nein,“ brachte ich entsetzt hervor, unfähig den Laut zu unterdrücken. Carcarron’s Augen verengten ich fixierten mich, sein Wille stärker als der Fels. Er hatte den Wunsch entdeckt mich leiden zu lassen. „Ja,“ sprach er, lauter, die Stimme kräftiger. Ob Aion an jenem Tag mit ihm war oder nicht, ich werde niemals vergessen wie er sich aus seinem Sitz erhob, kräftig und hochgewachsen über mir stand, wie seine Stimme durch den Saal drang und ihr Echo über den Granitboden und von den Wänden reflektierte. Ich hatte keinen Blick für die Reaktion der Menge oder der Lords und Ladies, meine Augen waren allein auf ihn gerichtet, Avarran Carcarron, der Geist dessen was einst aus Raum geworden wäre. Er sprach das Urteil über mich und bereute keinen Augenblick davon. „Jaya Azhdeen, vormals von Carcarron, ich entziehe dir allen Rang und Titel und verbanne dich von meinem Land. Du wirst als Gefangene zu den weissen Hügelgräbern gebracht und dort für so viele Jahre bleiben wie ich oder ein anderer Lord Pandaemoniums es für angebracht hält und dir die Freiheit gewährt. So wenig gutes sie auch bisher gebracht hat.“ Grollte er mit verengten Augen, „Die Blutlinie muss bewahrt werden.“ Es traf mich wie ein Schlag, ein Speer in meiner Brust. In Rivenstone hatte ich das Schwert eines Elysischen Gladiators in meiner Schulter gespürt, und auch wenn die Wunde längst verheilt war, der Arm dank Ciella’s fähiger Hand erneut in der Lage eine Klinge zu führen, schmerzte sie nun, frisch und mit einem Feuer als hätte ich sie gerade erst erhalten. Die Qual fesselte mich am Boden wärend mein Geist vor Kummer geflohen wäre, der schmerz pulsierte in meinem Arm und meinem Rücken wie flüssiges Metall. Ich brachte ein paar unverständliche Worte heraus, meine Handflächen auf meine linke Schulter gepresst, über die blassen Narben unter meiner Kleidung. „M-mein Bruder?“ „Hat weit mehr Nutzen und Talent als seine Schwester,“ sprach Carcarron und setzte sich zurück auf seinen Thron, doch wie seine Augen in seinem kantigen Gesicht brannten! „Er wird in der Akademie bleiben; Ich werde einen Kurier zu ihm senden der ihn über dein Schicksal informiert.“ Also würde ich mich nicht einmal von der einzigen Person in Atreia verabschieden können, die meine Abwesenheit betrauern würde. Ich richtete meinen Blick erneut gen Boden; Jareth würde Synedell nicht vor seiner Abschlussprüfung zum Magier verlassen dürfen, und es war offensichtlich Carcarron‘s Wille das ich ihn nicht besuchte. Und ich betete, das erste Mal seit Tagen, Schritt für Schritt, ohne die Gebetsperlen wirklich zu brauchen um die Reihenfolge zu behalten, betete für Raum, und für meinen Tod. Ich betete das Jareth glücklich werden würde, dass er der Versuchung wiederstehen würde mir zu folgen. Ich betete das er sein Bestes geben würde, und dass er sich nicht von seiner Herkunft und seiner Nervosität die Chancen auf ein besseres Leben als das meine verderben würde. Er hatte all das Talent unserer Mutter geerbt; und so war für mich keines geblieben, und nun konnte ich sehen wohin es mich geführt hatte. „Ja, mein Lord,“ flüsterte ich, und presste meine Hände härter gegen meine Schulter um ihr Zittern zu verbergen. Das schien das Zeichen gewesen zu sein, den Fingerzeig den der Hof benötigt hatte, dass ich mein Schicksal annahm. Wieder wurden sie aktiv, der Herold sprach, und Carcarron sprach Befehle, und die Lords und Ladies verschwanden. Ich höhrte keine ihrer Worte. Statt dessen blieb ich wo ich war, knieend auf dem Granitboden, zusammengekauert, kalt und allein, wartend auf die Wachen die mich zu den weissen Hügelgräbern eskortieren würden, einem Ort von dem asmodischen und elysischen Kinder gleicher Maßen berichtet wurde das man sie dorthin schickte wenn sie nicht artig waren. Die Berührung auf meiner brennenden Schulter war jedoch sanft, nicht grob; ich sah hoch und dort stand Ciella, ihr Haar weiss vom Alter und ihr Gesicht gefurcht von Falten. Sie war eine Freundin meiner Mutter gewesen, erinnerte ich mich. Sie war wärend dem Angriff vor all den Jahren nicht in Carcarron gewesen, hatte sie nicht retten können. Vielleicht wollte sie vor Aion ihre Schuld begleichen, indem sie so liebevoll für ihre Kinder sorgte. Ciella sprach kein Wort. Statt dessen schenkte sie mir ein schwaches, betrübtes Lächeln und schob etwas kaltes und rundes unter meine zitternden Hände bevor sie sich abwandte. Es war das letzte Mal das ich sie sah. Als ich meine Hände öffnete um es zu betrachten brachen schlussendlich doch die Tränen hervor die ich so mühsam zurückgehalten hatte, und voll Scham weinte ich, vor ganz Carcarron, die Gebetsperlen so fest an die Brust gedrückt dass es schmerzte. Raum hatte sie mir zum Geburtstag geschenkt, als er, ich und mein Bruder noch Kinder waren. Ich weinte, als Soldaten für die Reise zum Hügelgrab ausgewählt wurden, weinte als sie mich in den mit Stroh gefüllten und von Lasttieren gezogenen Käfig führten, weinte als ich Carcarron das letzte Mal verlies. Ich konnte noch einen kurzen Blick auf den im Schatten liegenden Fels werfen, weit fort von der Burg in der ich geboren wurde und aufgewachsen war, brannte den Ausblick tief in mein Gedächtnis als meine Eskorte uns fortführte von allem das ich jemals wirklich gekannt hatte. Raum war tot, Avarran hatte sichergestellt dass ich auch weiterhin leiden würde, und Ciella’s Freundlichkeit hatte mir den Rest gegeben. Ich rollte mich auf dem Stroh zusammen und schlief, weinte fort in meinen Träumen, sah weder nach vorn noch zurück. Ich bot mich den Winden des Schicksals an und hoffte, noch im Halbschlaf, das etwas schreckliches geschehen möge noch bevor ich die weissen Hügelgräber erreichte. Oh, törichtes Kind das ich war, ich hätte es besser wissen sollen als etwas zu wünschen dessen Tiefe ich nicht greifen konnte. Aion muss gelacht haben. Kapitel I --------- Krank im Herzen und zu schwach mich aufzurichten, erinnere ich mich an wenig von der Reise zu den Weissen Hügelgräbern ausser dem Wetter. Manchmal war es kühl und klar, und die ferne Atreiische Sonne hüllte meine Welt in Dämmerung, dann wieder schien es hell wie ein elysischer Tag für meine ungeübten Augen; manchmal war es warm und schwül, und das dichte Blätterdach über uns schütze uns vor dem Licht. Doch meistens regnete es. Weiter und weiter und weiter, endloser Regen, warm oder kalt wie Speere aus Eis, verhüllte die Strasse vor uns und hinter uns bis es schien als würden wir endlos auf diesem Weg wandern, gefangen in einer endlosen Schleife wie Vyra Lightning-Branded und ihre Schaar von Geistern, die ewig gen dem zerbrochenen Turm der Ewigkeit flogen und doch niemals dort ankamen.   Ich lag im Stroh meines Käfigs und liess alles an mir vorüberziehen, rezitierte meine Gebete wieder und wieder in den schlimmsten Momenten, die Perlen fest um eine Hand geschlungen. Am Ende der Kette war ein Siebeneck, graviert mit dem Siegel der uralten Zwillingsgrafschaft, geschaffen lange bevor Carcarron vereint wurde; ein Paar Falken, die Klauen  im Kampf verschlungen. Irgendwann hatte ich das Siebeneck in meiner Hand gedreht und das Siegel in meiner Handfläche verborgen, doch ich erinnere mich nicht mehr es getan zu haben.   An die Zwillingsgrafschaft zu denken liess mein Herz schmerzen, denn es erinnerte mich an Raum, Jareth und mich als Kinder, wie wir in der grossen Bibliothek auf Schatzsuche gingen. Und wenn nicht auf Schatzsuche, dann auf die Suche nach Bücher über Schätze. Raum war eitel und stolz gewesen, als er über die Geschichte der Länder erzählte die eines Tages sein Eigen geworden wären – hätte ich nicht versagt.   Irgendwann während der Reise, ich weiss nicht mehr wie viele Tage es her war seit wir Carcarron verlassen hatten, ertappte ich mich dabei leise die siebte Verse aus The Lay of a Broken-Winged Sparrow zu singen. Die Soldaten, die mich hören konnten, schauderten und wandten sich ab. Ich hätte vermutlich aufhören sollen, wenn man die Geschichte des Liedes bedachte, doch ich tat es nicht. Der gespenstische Refrain der tragischen Ballade linderte den Schmerz in meinem Herzen.   Es war irgendwann während der zehnten Strophe, als die Elyos von den Bergen herabkamen, silberne Flügel violett schimmernd in Asmodae‘s Dämmerung, still und tödlich wie Eulen auf der Jagd.   Es gab keine Daeva unter meiner Eskorte, ihre Art war gering in unserem Volk und schwand weiter als der lange Krieg weiter und weiter tobte, und keine neuen Seelen an Stelle der Gefallenen aufstiegen. Inzwischen weiss ich das es nur wenig mehr von ihnen unter den Elyos gab, doch damals wusste ich es nicht. Selbst in der Tiefe meiner Depression sah ich ihre Gruppe aus der Höhe herabstossen, ihre Federn und Rüstungen glänzend, ein halbes Dutzend weissgeflügelter Daeva die einer doppelt so grossen Menge sterblicher Krieger mehr als gewachsen war.   Ich hatte nicht die Kraft den Kopf aus dem Stroh zu erheben, dennoch verfolgte ich das folgende Massaker, und meine Klauen kratzten über die Rückseite des Siebenecks als ich die Faust ballte.   Die Tiere brachen zuerst in Panik aus. Sie hatten nie zuvor einen Elyos gesehen, noch weniger einen Daeva, und so versuchten sie sich zerrend und strampelnd aus ihren Geschirren zu befreien, jedes von ihnen in eine andere Richtung. Das erste brach sich das Bein und stürzte kreischend zu Boden; das zweite befreite sich und floh in die Sicherheit der violetten Bäume, das halbe Geschirr an den Flanken hinter sich herzerrend. Es trampelte einen Soldaten nieder und stiess einen zweiten an der Spitze des Konvoys um; der zweite Soldat wurde vom Schwert eines der Elyos niedergestreckt noch bevor er wieder auf die Füsse kam, und der erste fand Erlösung von seinen Wunden durch eine Klinge im Herzen.   Sie fuhren durch meine Eskorte wie der Wind durch einen Blätterhaufen, streckten jeden nieder der ihnen in den Weg kam. Keine Magie; der Ruf des Äthers hätte jeden, der sein Flüstern verstand noch über Meilen in Alarm versetzt und eine Untersuchung gefordert, und wenn dieser Angriff eines war, dann war er schnell, still und effizient. Das war etwas, das die Elyos meisterhaft beherrschten. Hit and Run Taktiken.   Ich zwang mich zu lauschen wie sie starben, die mutigen, etwa fünfzehn Mann die für eine scheinbar ereignislose Reise und einen kurzzeitigen Posten am Weissen Hügelgrab abkommandiert worden waren. Ich bringe allem was ich berühre den Tod, dachte ich voll Bitterkeit, hörte ihre Schreie, ihr Keuchen als sie aufgeschlitzt wurden, die gurgelnden Laute als ihre Kehlen durchtrennt wurden. Unsere Feinde waren mit Umhängen verhüllt, ihre Gesichter maskiert, doch ich starrte auf ihre Flügel, prägte mir die Unterschiede zwischen ihnen ein die ich sehen konnte. Vier Männer und zwei Frauen, vermutete ich, und auch wenn mein Körper im Stroh versunken lag, so war ich doch im Herzen der Schlacht und mein Geist war klar, wankte nur ein einziges mal. Ein Paar grauer, messerscharfer Flügel, schlank und spitz wie die eines Gerfalken. Ein blasseres Paar, kurz und goldgesprenkelt wie die einer Eule, klein doch kraftvoll. Breite, schneeweisse Flügel, die eines Schwans. Ein schlankes Paar, schieferfarben und bläulich, an den Spitzen metallisch Silber – Ein Wanderfalke. Ich erhaschte nur kurze Blicke der letzten beiden, und würde sie später als das kennen was sie waren: ein gewaltiger Albatross, die Spanne jedes einzelnen Flügels weiter als er gross war, und eine kleine, unbeschreiblich hitzige junge Frau mit den Flügeln eines Neuntöters.   Fünfzehn Männer und Frauen, überrascht auf einer Reise die nichts Aussergewöhnliches hatte beinhalten sollen. Sie fielen in einer erschreckend kurzen Zeit. Die sechs Angreifer versammelten sich um meinen Käfig, und der Gerfalke und die Eule spähten unter Ihren Kapuzen hinein, die Eule lehnte sich vor als wäre er fasziniert von dem Tier im Käfig.   Ich beobachtete sie, regungslos, meine Klauen zogen Kratzer in Raum’s Jadeperlen, hoffte das sie mich schlussendlich erlösen würden. Dann begannen sie zu reden, ihre Sprache lyrisch und fliessend und verlockend bekannt; ich fand mich kurzzeitig eingehend lauschen, hörte Wortfetzen die einst die Sprache gewesen waren die ich kannte. Durch Jahrtausende getrennt entstammten wir doch der selben Wiege, vor Aeonen einmal, und eine Tatsache die beide Völker vergessen hatten. Der Eulen-geflügelte Elyos war offensichtlich ihr Anführer, er sprach am meisten von ihnen, mit einer dunklen, röhrenden Stimme, und selbst der Gerfalke folgte seinem Befehl, das Haupt gesenkt. Sie diskutierten eine Weile, ein paar hitzige Argumente durch den Schwan die keiner Übersetzung bedurften, doch am Ende fügte auch er sich dem Willen der Eule. Als ich versuchte herauszufinden was sie vor hatten, bewegten sich alle ausser der Eule, die kleinste erhob sich gen Himmel als Späher, die Anderen befreiten meinen Käfig von den grossen Holzrädern die ihn am Boden hielten um Seile um ihn zu winden als planten Sie mich fort zu tragen.   Als ich ihr Vorhaben verstand, fühlte ich meine Seele plötzlich von Energie erfüllt wie nie zuvor, die tiefen Reserven der Wut und Verzweiflung an die ich bisher noch nicht einmal gekratzt hatte erwachten plötzlich zu flammendem Leben. Ich fuhr aus dem Stroh und warf mich gegen die hölzernen Gitter des Käfigs, nur Zentimeter trennten mich von der Eule als er einen vorsichtigen Schritt zurück trat. Meine Klauen griffen nach ihm um ihn zu schütteln bis er tat was ich wollte, die Perlenkette schwang von meiner Hand wie ein Pendel. Ich verfehlte ihn, unglücklicherweise, erwischte nur den Rand seiner Kaputze und erhaschte einen kurzen Blick auf ein goldenes Auge, doch ich war noch nicht fertig; ich rüttelte an den Gitterstäben, schlug meine Fäuste und die Perlen dagegen, fauchte ihnen jede Beschimpfung entgegen die ich jeh in Carcarron gehöhrt hatte. „Tötet mich!“ Befahl ich, bettelte, das Feuer in meinen Adern ein letzter verzweifelter Versuch, die Elyos zu provozieren. Ich würde mich nicht freiwillig ihrer Gefangenschaft ergeben, ihre gefangene asmoische Nachtigall werden, die sie stets begutachten und belästigen konnten wann immer es ihnen passte. „Ich weiss ihr kennt das Wort,“ fauchte ich ihm entgegen, „ihr habt es oft genug gehört! Tötet mich!“   Die Arbeit über mir stoppte, und die Eule schien unter seiner Kapuze hochzuschauen. Er nickte, als gäbe er eine Erlaubnis. Dann erschien ein Gesicht über dem oberen Rand des Käfigs, verkehrtherum, die Kapuze fiel dank der Schwerkraft offen und enthüllte stolze, männliche Züge, scharfe Wangenknochen, Büschel ungezähmten blassen Haares. Was mich jedoch erstarren liess waren seine grossen, schockierend schwarzen Augen – Ich hatte niemals von solchen Augen bei einem Elyos gehört, nicht einmal in den alten Geschichten. Wut verengte sie zu schmalen Schlitzen.   „Nein,“ sprach er dann in einer klaren, klangvollen Stimme, und ich erstarrte vor Schock und purem Erstaunen, einen Elyos ein Wort in Asmoth sprechen zu hören. Seine Stimme gab mir die Flügel zu seinem Gesicht – der Gerfalke.   „Nein?“ gab ich stumpf zurück, meine Hände zitternd wo sie auf den Gitterstäben lagen. Plötzlich war mir sehr, sehr kalt als die Hitze meines Wutausbruchs aus mir heraus sickerte.   „Dein Leben,“ sprach der Gerfalke mit einem seltsam trällernden Akzent, doch ganz klar in meiner Sprache, „gehört jetzt dem Haus der Sonne.“   Ich hatte geglaubt zu wissen was Verzweiflung ist als Raum starb. Es dämmerte mir, in jenem Augenblick, im Angesicht der Feindseligkeit des Gerfalken, dass ich nicht einmal begonnen hatte ihre Tiefen zu begreifen.   Und doch, als ich dem Feind entgegenstarrte, konnte ich mich nicht dazu durchringen mich ihnen zu ergeben.   Der Gerfalke breitete mit einem Windstoß seine messerscharfen Schwingen aus und signalisierte so das Ende des Gesprächs von seiner Seite aus. Dennoch presste ich mich gegen die Gitterstäbe und versuchte weiter ihn zum reden zu bewegen. Was es war das ich rief, weiss ich nicht mehr, nur das ich ihn mit einer Vehemenz und all meiner Kreativität verfluchte die ich aufbringen konnte. Ich reckte meinen Hals zu einer Seite und dann zur anderen, konnte gerade noch ausmachen wie er mit seinen bleichen Händen feste Knoten flocht, die so etwas wie ein Geschirr darstellten, etwas das die Elyos in der Luft halten konnten. Ich schlug mit den Fäusten gegen die Gitterstäbe, als die Wut zu mir zurückkehrte und mir Kraft gab, und der Käfig bebte unter den Füssen des Gerfalken. „Was zur Hölle tut ihr?“   Ich erhielt keine Antwort, doch die Eule und der Gerfalke musterten mich beide missbilligend; ein paar weitere Rufe in Elyan folgen, ihrer Muttersprache, und ich rüttelte an den Gitterstäben, hackte die Krallen meiner Füsse und Hände in die Gitter auf beiden Seiten um den Käfig als Ganzes zu schütteln. Eine weibliche Stimme erklang von oben, eine Warnung als einer der Gitterstäbe tatsächlich unter meiner Wut knarrte und nachgab; dann schoss die Eule in die Luft und der Gerfalke und Seinesgleichen folgen ihm, vier starke Elyos zogen gleichzeitig an und ich hörte das Geräusch von verschiedenen Flügelpaaren als sie sich in die Lüfte erhoben. Der Käfig schwankte erneut, dieses Mal durch die Elyos, die der Schwerkraft trotzten.   Ich arbeitete verbissen, nutze all meine Kraft und mein Gewicht um den Holzstab aus seiner Verankerung zu brechen – wenn ich nur schnell genug herauskäme, könnte ich entkommen bevor die Elyos an Höhe gewannen – oder aus der Höhe in die Tiefe stürzen und mein Leben auf die harte Art beenden. Ich hörte die Eule rufen und eine andere männliche Stimme antworten, hörte das knarren der Seile über mir und des Holzes unter mir. Ein Seil das den Käfig hielt hatte sich losgerissen, ebenso wie das untere Ende des Gitterstabes in meiner Hand. Ich trat es mit mehr Kraft als nötig gewesen wäre los, und es fiel und fiel; die Elyos stiegen schneller höher in die Luft als ich erhofft hatte, und als der Boden unter mir rasend schnell schwand, lächelte ich.   Ein weiterer Ruf folgte als sie bemerkten wie der Gitterstab gen Boden stürzte. Nicht lange und sie würden erkennen was ich vor hatte und vermutlich alles tun um es zu verhindern, doch ich hatte vor dann lange frei von diesem Käfig zu sein. So beeilte ich mich und kämpfte mich durch die Lücke zwischen den verbliebenen Gitterstäben. Auch wenn meine Mutter für asmodische Verhältnisse schlank gewesen war, hatte das Training meine Schultern geweitet, mir Muskeln geschenkt wo sie keine gehabt hatte. Und so fand ich mich schnell zwischen den Hölzern steckend, kämpfte um freizukommen, sämtliche Körperteile angespannt, und mein Blick verschwamm als meine Lungen zusammengepresst wurden. Einen langen, langen Augenblick, in dem Funken vor meinen Augen tanzten, in dem ich glaubte das der Käfig das Leben aus mir heraus pressen würde und ich mir nicht die Mühe machen musste den Elyos zu entkommen –   Ich kam frei, doch erst als das lose Seil gesichert war und mein Käfig sich wieder gerade richtete, mehr durch die Elyos die ihn trugen als durch den Wind der sie vorantrug. Ich begann zu fallen, ein Bein bis zum Knie noch hinter den Gitterstäben, doch meine Hoffnung stieg und ich lachte, das morbide Lachen der Verdammten, in dem Wissen das ich aus der Reichweite ihrer Schwingen war. Es würde kostbare Sekunden dauern, bis die Elyos sich aus dem Geschirr, das den Käfig hielt befreiten. Der Horizont drehte sich vor mir, und ich hiess den Fall willkommen. Nicht einmal der Wanderfalke würde mich noch einfangen können …   Oh, zu früh hatte ich mich über meinen Sieg gefreut. Der Käfig machte einen erneuten seltsamen Satz in der Luft, und mein Bein rutschte über den Holzboden, die Wade traf schmerzhaft auf die zersplitterte Verankerung des herausgebrochenen Gitterstabes, und mein Knöchel verhakte sich in dem schmalen Spalt zwischen ihr und dem nächsten Stab. All diesen Details wurde ich erst später gewahr; alles was ich in diesem Moment wusste war, dass plötzlich ein heisser Schmerz durch mein Bein fuhr. Mein Kopf schnellte zurück und da hin ich vom Käfig und das Blut rauschte in meinen Ohren.   „Verdammt!“ Ich bewegte mich hin und her, meine Schläfen begannen schon zu pulsieren, und kreischte als ich mein Knie und meinen Knöchel in genau die falsche Richtung drehte. Blut rann mein Bein herab, warm und dünn wie Wasser, doch ich weigerte mich es als mein eigenes Blut anzusehen, als mein eigenes Bein, gefangen wie ein Fuchs in einer Bärenfalle. Auf diesen Weg würde ich nur in Panik verfallen, und ich musste einen kühlen Kopf bewahren um sowohl den Elyos zu entkommen wie auch mein Ziel zu erreichen mein Leben zu beenden.   Das war jemand anderes Bein dort oben, dessen Knochen gegen Metall- und Holzsplitter rieb. Jemand anderes. Ich sog scharf die Luft ein, Tränen brannten in meinen Augen, und mit einer erneuten Welle des Schmerzes die so kraftvoll und brennend war das ich dachte ich müsse das Bewusstsein verlieren, versuchte ich meinen Körper nach oben zu ziehen um meinen Knöchel zu erreichen.   Ich versagte. Meine Hand streifte mein Knie, mein anderes Bein taumelte nutzlos in der Luft, und Wellen heissen Schmerzes rasten durch mein Bein und meinen Rücken. Ich war kurz davor das Bewusstsein tatsächlich zu verlieren, die Welt um mich herum drehte sich gefährlich, der Himmel unter mir und die Erde über mir. In einem kurzen Moment des Wahns fragte ich mich, ob dies Asmodae war wie die Elyos es sahen, die Erde als Decke und der Himmel als Boden.   Das Rufen von Stimmen in Elyan, ihre musischen Stimmen schimpfend. Mein Kopf dröhnend liess ich den Blick schweifen, das bisschen das ich sehen konnte ausser weitem bewölktem Himmel oder grünen Wäldern und Farmland. Die Elyos beachteten mich nicht, und als ich die Erleichterung in Ihren Stimmen hörte, sah ich wieso: Ich hatte von ihnen gelesen, den grossen Portalen mit einer Basis aus Stein wie die gewaltigen uralten Portale, doch solche gab es in Carcarron oder den umliegenden Ländereien nicht. Statt dessen hatten die Elyos ein kleineres erschaffen, vielleicht zehn Fuss weit, aus Holz und Stein und den Knochen der Gefallenen. Ein seltsames Bild inmitten eines leeren Feldes, noch seltsamer von oben nach unten betrachtet. Ein Spähtrupp also, war mein wirrer Gedanke, kein Kamp, keine Armee, nur ein schneller Angriff und ein hastiger Rückzug bevor der Feind merkte was geschehen war.   Wie ein Mann gingen die sechs Elyos in den Sinkflug, Eule, Gerfalke und Wanderfalke, flogen gemeinsam gen Portal und der Sicherheit die es barg. Zu spät ergriff mich das Entsetzen seiner Bedeutung, und ein Schrei entwicht meinen Lippen.   Es war ein enger Flug; die Eule war der Erste, seine Flügelspitzen streiften die Ränder des Portals und er verschwand im wabernden orangenen Nebel. Der Neuntöter folgte, zu schnell für meinen Blick. Dann waren die Käfigträger am Portal und ich merkte das es niemals möglich sein würde das vier geflügelte Daeva, der Käfig und schlussendlich ich selbst, hindurchpassen würden. Es geschah unglaublich schnell, die beiden vorn liessen den Käfig los, ihre Flügel verschwanden in Nebel und Äther, und so stürzten sie durch das Portal; die beiden hinter ihnen, Gerfalke und Wanderfalke, folgten nur einen Herzschlag nach ihnen, ganz bestimmt um sicher zu gehen dass sie sich vom Rest des Käfigs befreien konnten der ihnen folgte.   Erfüllt von einer Furcht die ich nicht mehr verspürt hatte seit ich ein Kind war, wurde ich mitgezerrt.   Ich traf den Nebel, und mein Magen rebellierte als ich durch Zeit und Raum geschleudert wurde, doch der Moment war so kurz das ich verhindern konnte mich zu übergeben. Die Umgebung war plötzlich eine andere als wir auf der anderen Seite ankamen, nicht länger draussen, sondern in einer hell erleuchteten Kammer, so hell das ein Blinzeln schmerzte. Der Käfig kam auf dem Steinboden zwischen den Elyos zum Halten, einige sprangen zur Seite um zu verhindern von dem fast berstenden Holz umgeworfen zu werden.  Mein Schädel schlug gegen den Stein am Eingang als das Portal hinter mir zusammenfiel, und ich versuchte mich zusammenzurollen um weitere Verletzungen zu vermeiden. Kaum das ich aufhörte mich zu bewegen, das Adrenalin meinen Körper verliess, kehrte der Schmerz in meinem Bein mit überwältigender Wucht zurück; ich lag auf dem Rücken, reglos und benommen, und ich denke das ich mich nicht einmal gerührt hätte wenn Ariel Lady des Lichts selbst mir die Freiheit und eine Gruppe Daeva als persönliches Geleit versprochen hätte.   Meine Augen schmerzten vom hellen Licht und suchten nach einem Halt in dieser fremden Umgebung. Steinmauern, eine ganze Legion von Kerzen. Ein hochgewachsener, jung aussehender Mann mit einem Schopf goldenen Haares, Drei-Tage-Bart, einem unbändigen Lächeln und eine äonenalten Erfahung ausstahlend. Er trug die Roben eines Zaberers, und als er sich über mich beugte verschwamm sein Gesicht, als erblickte ich Ihn durch ein Glas Wasser. Er fragte mich etwas in Elyan, zumindest schien es mir damals so; Ich stammelte ein „Ich verstehe nicht“ in Asmoth, und er drehte sich um um jemanden anzublicken den ich nicht sehen konnte, Besorgnis in seinen Cyanblauen Augen. Ich hörte den Gerfalken sprechen, seine Worte kalt wie Eis, die Stimme der Eule sanft, überzeugend.   Müdigkeit breitete sich in meinen Gliedern aus, der Schmerz verschwand in den Hintergrund und ich spürte mit einem Mal das Bedürfnis zu schlafen. Es kümmerte mich nicht, wie die Eule, der Gerfalke und der Zauberer in eine plötzliche Diskussion verfielen, die Wörter in Elyan, so bekannt und doch so befremdlich, flossen zu schnell um auch nur das geringste Verständnis zu gewinnen. Einen Moment später seufzte ich und gestattete meinen Augen sich zu schliessen, zu benommen um aufzustehen, zu müde zu kämpfen.   Möge Aion mich zu sich nehmen, wenn er es wünscht, dachte ich, und zog mich zurück in meine Träume, die mich wieder ohne Schwierigkeiten erreichten. Das Gezänke der Elyos verschwamm, und dankbare Stille umgab mich auf dem langen Weg hinab in die Dunkelheit.   Ich hörte das leise Lachen eines Mannes, fern wie Donnergrollen, und dachte an nichts mehr. Kapitel II ---------- Auch wenn ich denke das der Schmerz mich früher oder später geweckt hätte, war es doch das Licht; eine gleissende Supernova, ein Feuerwerk, konzentriert und um ein vielfaches verstärkt, das mein Blut kochen liess und meine Augen blendete. Ich erwachte quälend langsam, wurde meinem Körper Stück für Stück, meiner Umgebung Zentimeter für Zentimeter gewahr. Das erste was ich tat als ich wieder zu minimaler Regung fähig war, war die Reflexe meiner Finger und Zehen zu testen. Als dies problemlos klappte, rollte ich mich herum und kroch hinaus aus dem Licht, mein Bein schmerzend, dumpf zuerst und schliesslich stechend wie Messer.   Messer – die Messerschwingen des Gerfalken, und der zertrümmerte Käfig, die unterbrochene Reise –   Ich stöhnte. Nein, es gab keine Hoffnung alles geträumt zu haben.   Ich zog mich zurück in eine kleine, ein wenig abgedunkelte Ecke, schützte meine Augen mit den Händen vor dem hellen Licht und begann mein Gefängnis zu untersuchen. Die Wände waren aus weissem Stein, mehr als zweimal so hoch wie ich gross war, abgeschlossen durch ein gewaltiges, in Holz gefasstes Glasfenster. Die Sonne brannte am Himmel, heller als ich sie jemals gesehen hatte, ein Stern, gefangen und dort angebracht um mich zu quälen; Ich konnte nicht länger als ein paar Augenblicke gen Himmel schauen ohne das meine Augen tränten, und so begnügte ich mich damit alles andere zu begutachten das ich finden konnte. Eine massive Tür, Holz mit gusseisernen Scharnieren, weiss lackiert. Kein Fenster wie in asmodischen Gefängnissen, nur dieses eine Tor ohne Griff oder Klinke, stark und undurchdringlich. Im Ganzen maß der Raum vielleicht acht mal acht Fuss in den Ecken und sicher das doppelte an Höhe, genug um aufrecht zu stehen und sich zu strecken und herumzulaufen, doch nicht mehr.   Keine Pritsche mit der ich mich hätte ersticken können, keine Schüssel mit Suppe um mich darin zu ertränken. Ich verfluchte die Elyos für diese Folter, mich an einem solch hellen Ort zu sperren, und nur Aion wusste wie lange ich hier ausharren musste bis schliesslich jemand kam um nach mir zu sehen.   Das Bein jedenfalls war gut versorgt, verbunden mit Stoff der nur an einer Stelle blutig war wo ich mir vermutlich durch die Bewegung einen Faden aufgerissen haben musste. Ich spürte kein Brennen, also war es nicht entzündet, doch ich hatte keine Ahnung wie lange ich bewusstlos gewesen war. Es konnten Stunden sein, vielleicht sogar Tage. Meine Schulter pulsierte gemeinsam mit dem dumpfen Schmerz in meinem Bein, die ältere Wunde erwacht durch die unsanfte Reise hierher. Sie erinnerte mich nun an die Gefahren die es mit sich brachte als Sterbliche inmitten der Angelegenheiten von Daeva zu stehen, so ungewollt ich auch hineingeraten war.   Zusammengerollt in meiner schattigen Ecke mit nichts anderem als Zeitvertreib als zu warten, döste ich vor mich hin, die Wärme trug ihren Teil zu meiner Schläfrigkeit bei, wenn sie nicht gerade versuchte mich zu rösten. Die Sonne über mir schien sich niemals zu bewegen, bis sie mit einem mal ein wenig blasser war, nicht mehr ganz so sehr auf das Glasdach brannte. Ich vermutete das die elysische Nacht nicht viel anders als der asmodische Tag war, auf ihre eigene Art: während in meiner Heimat die Sonne niemals wirklich aufging, ging sie in Elysea niemals wirklich unter, sondern verlor lediglich an Kraft.   Die Jadeperlen waren wieder fort. Ich trauerte noch einmal um ihren Verlust, vermutete sie auf der hektischen Reise zum Portal verloren zu haben.   Ich konnte keinen Laut durch die Steinmauern vernehmen, kein Signal das mich darauf vorbereitete als die weisse Tür aufschwang und den Blick auf zwei nur zu bekannte Gesichter frei gab: die scharfen Züge des Gerfalken und den blonden Zauberer, der eine so gewaltige Kraft ausstrahlte das selbst ich Schwierigkeiten hatte sie nicht zu spüren. Ich schaffte es mich aufrecht zu setzen, die Augen noch immer mit beiden Händen geschützt, das verletzte Bein unter mir verborgen; Ich wog meine Chancen ab an ihnen vorbei zu kommen und die Tür zu erreichen, alle Muskeln zum zerreissen gespannt, doch der kleine Funke Hoffnung erlosch als ich die Gruppe Soldaten hinter ihnen sah und die weisse Tür sich erneut schloss.   Der Gerfalke hatte seinen Umhang abgelegt und stand gekleidet in glattes schwarzes Leder, ein Paar Schwerter an der Hüfte, Dolche im Gürtel, Wurfmesser im Saum seiner Stiefel; ich vermutete das er sicher weitere Waffen an jeder nur möglichen Stelle verbarg, vielleicht sogar zwischen den zerzausten Strähnen seines weissen Haares, dass bis zu den Brauen reichte. Der Zauberer dagegen trug einfache Roben in verschiedenen Tönen von Blau und Violett und war unbewaffnet, doch ich wusste mit einem einzigen Blick in seine cyanblauen Augen das er keine Waffen benötigte um ein mächtiger Gegner zu sein. Sie unterhielten sich einen kurzen Moment, der Gerfalke eisig, der Zauberer knapp. Dann wechselte der Gerfalke so plötzlich in Asmoth, dass der Schock einen Elyos meine Muttersprache sprechen zu hören mich erneut durchfuhr.   „Wir möchten deinen Namen erfahren.“   Ich lachte, ein düsteres, verzweifeltes Lachen; der Ausdruck, den die nachtschwarzen Augen des Gerfalken annahmen war jede Bestrafung die für mein Verhalten folgen würde wert. „Was kümmert es euch? Ich bin eine Kriegsgefangene.“   „Elyos behandeln ihre Gefangenen nicht wie Sklaven.“ Ein Zögern; er wandte den Blick nicht zur Seite, doch ich wusste er konnte den Blick des Zauberers, der auf ihm ruhte förmlich spüren. „Du bist ein Gast des Hauses der Sonne.“   „Haus der Sonne?“ wiederholte ich, und dachte dann über die Worte nach; Helios, begriff ich dann. Ein Wort in meiner Sprache, ein Familienname in seiner. Ich starrte den Gerfalken und den Zauberer an und fletschte die Zähne. „Ich, ein Gast? Du bist ganz schön dreist für einen Dieb.“   Ich wurde mit einem Zögern des Gerfalken belohnt, und war nicht klug genug mich auf meinen Lorbeeren auszuruhen, sondern lachte erneut. Der Zauberer legte warnend eine Hand auf die Schulter des Gerfalken, als dessen Hand zu einem Schwert an seiner Hüfte wanderte; Ich warf ihm ein paar hastige Worte in Asmoth entgegen, hoffte das er Mühe hatte sie zu verstehen. „Habe ich dich etwa verärgert, Elyos? Es gibt nichts was du von mir bekommen könntest, und ich würde dir vorschlagen dieses Spiel zu beenden bevor dein Freund es für dich tut. Ich bin bereits tot. Ich habe keine Angst vor deinen Drohungen.“   Der Gerfalke wurde überraschend schnell ruhiger, eine Eigenschaft die ich nicht von ihm geglaubt hätte, hätte ich sie nicht mit eigenen Augen gesehen. Das verärgerte Blitzen in seinen Augen verschwand so schnell wie es erschienen war. „Ich vermute wenn ich nach deinem Namen frage,“ sprach er, ruhig, doch säuerlich, „ist es nur recht wenn du auch meinen erfährst.“ Eine kurze spöttische Verbeugung, seine schwarzen Augen voll Hass für mich und alles was ich war mit jedem Wort das er förmlich ausspuckte als wären sie Gift. „Dein Volk kennt mich als Ourobouros Stalks-By-Night.“   Ich bin nicht zu stolz um zuzugeben dass mir bei seinen Worten ein Keuchen entfuhr. Oh ja, ich kannte diesen Namen, ebenso gut wie er den Namen meiner Mutter aus den alten Geschichten kennen würde, wäre es mir in den Sinn gekommen ihn preiszugeben. Vor mir stand ein Daeva mit etwa zwei ruhmreichen Jahrhunderten Geschichte, von dem man sagte er habe den Palast von Azphel, dem Lord der Dunkelheit allein infiltriert und Azphel’s eigenen Spionagemeister, der selbst eine Art Halbgott gewesen war, ermordet. Mein Blick wanderte wortlos zu dem cyan-äugigen Zauberer, der mit einer leicht hochgezogenen Braue und einem leichten Kopfnicken eine weniger feindselige Antwort brachte. Ich erwartete eine weitere Legende; ich wurde nicht enttäuscht, als er seinen Namen nannte. „Terekai.“   Terekai der Namenlose; es waren seine Ätherflammen gewesen die meine Mutter verschlungen hatten.   Meine Finger zuckten, und ich roch das leiseste Fünkchen von Rauch.   Das nächste woran ich mich erinnerte war das halbe Dutzend sterblicher Elyossoldaten die mich von ihm wegzerrten, alle Gliedmassen und Klauen die ich hatte wild um sich schlagend im verzweifelten Versuch ihn zu erreichen. Terekai selbst stand ruhig an der Wand, ein neuerlich abschätzenden Blick auf seinem Gesicht. Als ich mein wütend tobendes Selbst aus der Ferne betrachtete, fragte ich mich ob er mich erkannte, und wenn er mich erkannte, ob er fröhlich das Geheimnis meiner Abstammung preisgeben würde. Es schien nicht so, denn auch wenn der Gerfalke mich auf andere Weise betrachtete, so war es doch mit weniger als dem Fünkchen Respekt, mit dem man einen streunenden Köter betrachten würde, und Terekai schwieg und berichtigte ihn nicht.   Die Soldaten warfen mich zurück in meine Ecke, und als ich spürte wie ein weiterer Faden in meinem Bein riss schaffte ich es gerade noch einen Schmerzensschrei zu unterdrücken. Ich würde den Elyos nicht einmal die Genugtuung eines Wimmerns geben, schwor ich mir, und so schlug ich statt dessen die Faust gegen den weissen Steinboden, wo sie einen blutigen Abdruck hinterliess. Die Soldaten traten zurück, warteten ob ich es erneut versuchen würde; ihrem Ausdruck nach warteten sie nur freudig darauf, und so beliess ich es dabei und blieb reglos liegen, lauschte so aufmerksam ich konnte ihren Worten. Ausdrücke in Elyan zu entziffern wurde einfacher jetzt wo ich etwas mehr des seltsam trällernden Akzentes des Gerfalken gehört hatte, wenn er Asmoth sprach, denn ich hörte ähnliches von den Soldaten.   Doch es schien als wäre der Besuch noch nicht beendet. Der Gerfalke entfernte sich von der Gruppe Soldaten und kniete sich vor mich, zog meine Jadeperlen aus einer versteckten Tasche und hielt sie vor mein Gesicht wie einen Schatz, ein Lockmittel. Ich machte den schwachen Versuch danach zu greifen und er zog die Hand zurück, hoch genug das ich sie nicht erreichen konnte bevor mein verräterisches Bein mein Gewicht tragen konnte. Und das würde noch Wochen dauern. Ich fauchte ihn wortlos an, und er beobachtete mich mit seinen Onyxaugen; schliesslich sprach er, während der die Kette erneut vor mich hielt, „Der Preis ist ein Name.“   Ich hasste ihn in jenem Moment, hasste ihn mit allem was ich hatte, und meine Stimme versagte vor Hass, der mir die Kehle zuschnürte. Er zuckte die Schultern und machte Anstalten sie wieder in seiner Tasche zu verstauen; Ich ergriff sein Handgelenk, meine Klauen bohrten sich in das Leder, weit genug als Warnung, doch nicht genug um ihn zu verletzen. So leicht gab ich mich nicht geschlagen.   „Jaya.“ Und ich hasste mich selbst in diesem Moment ihnen auch nur meinen Namen zu geben. Ourobouros starrte mich an, als hätte er nicht einmal dieses winzige Zugeständnis erwartet.   Er stiess die Luft zwischen den Zähnen hervor, vielleicht ein kurzes Schnauben oder ein wortloses Lachen; er riss sein Handgelenk los, doch legte die Jadeperlen in meine wartende Handfläche bevor er aufstand und sich abwand. Er murmelte ein paar Worte in Elyan die ich kaum verstand, und dann gingen Gerfalke, Terekai und die Soldaten und verschlossen die weisse Tür hinter sich.   Fast warf ich die Jadeperlen nach ihnen, doch nachdem ich zwei mal schon von ihnen getrennt gewesen war, hatte ich nicht vor das Schicksal ein drittes Mal herauszufordern. Statt dessen starrte ich sie an, wie sie in meiner Handfläche lagen, und rätselte wie viel Kraft ich wohl benötigen würde mich mit ihnen zu erwürgen, fragte mich ob das Band wohl standhalten würde. Dann dämmerte es mir das ich noch nicht einmal erwägt hatte dem Beispiel von Jenica Poeset zu folgen, einer sterblichen Kommandantin die vor Jahrzehnten von den Elyos gefangen genommen worden war und sich die Zunge durchbissen hatte statt ihr Wissen mit den Elyos zu teilen. Es war ein schmutziger, schmerzhafter Tod wenn man langsam verblutete bis das Herz nichts mehr hatte womit es hätte schlagen können, doch es war keiner den ein noch so fähiger Priester noch hätte verhindern können.   Die Jadeperlen pendelten als meine Hand zitterte während ich darüber nachdachte. Ich schloss meine Finger um sie, presste sie an mein Herz und akzeptierte die Erkenntnis das ich wohl nicht so selbstmörderisch war wie meine Ehre es mir geboten hätte, nicht mehr seit meine Eskorte überfallen worden war. Selbst als die Elyos mich entführt hatten, galt mein erster Gedanke der Flucht, nicht dem Tod.   Was hatte er gemurmelt, als er zur Tür getreten war?   Miset mou kai zeira, dachte ich, als ich gegen die Wand sank und dieses Puzzle als Zeitvertreib nahm während ich wartete, wissend das die Zeit lang werden könnte. Mein Bein schmerzte, doch ich ignorierte es.   ‚Miset‘ war das leichteste – sein Gegenstück in Asmoth war ‚miseo‘, hassen. Ich kannte dieses Wort nur zu gut, und vermutete das es wohl in nächster Zeit ein ständiger Begleiter sein würde. Der Rest war ein Mysterium für mich, und ich glaubte das es etwas in der Art von ‚Ich hasse alle deiner Art‘ hiess.   So sehr ich auch darüber nachdachte, schwor ich mir dieses Rätsel ohne das Wissen der Elyos zu lösen. Wenn ich nur gewusst hätte welche Hilfe ich noch bei diesem Vorhaben erhalten würde, oder wie es mein Schicksal beeinflussen würde, hätte ich diesen Schwur vielleicht nicht so leichtfertig gesprochen.   Es gab einen Rhythmus an den Tagen die folgten; Malzeiten wurden von zwei oder drei Soldaten im ‚Morgengrauen‘ und der ‚Dämmerung‘ gebracht, meist zusammen mit einem Heiler oder niederrangigen Priester der sich mein Bein anschauen sollte, und wenn die Sonne am höchsten stand erschien Ourobouros und belästigte mich mit fragen, jedes mal mit einem anderen Elyos als Begleitung, als würden sie fürchten was passieren könnte wenn man uns allein lies. Entweder er oder Terekai besassen die Weisheit, keine weitere Befragung in Anwesenheit des Zauberers durchzuführen; Ich war weiterhin feindselig gegenüber allen die mir mit Missachtung begegneten, und wenn sie mich für ein wildes Tier hielten, nun, es wäre nicht so das ich besser behandelt wurde als ein solches.   Am zweiten Tag in meiner Zelle begleitete Ourobouros eine Frau von kleinem Wuchs, mit hellblauen Zöpfen und honigfarbener Haut, gekleidet in metallene Beinschienen, einen seitlich geschlossenen Bikini, ein gebundenes Oberteil, und kaum mehr. Die Wahl der Kleidung die die Elyos trafen wenn es um Rüstung ging in der sie kämpften ist mir ein Rätsel, und ich hätte allein an Hand ihrer Kleidung erraten sollen wer sie war. Doch es waren ihre verschiedenfarbigen Augen die sie verrieten, eines grün und das andere von tiefem violett; Nico die Schlächterin, oder Nicolette Sethes, wie sie mir vorgestellt wurde, eine Gladiatorin mit den Schwingen des Neuntöters, bekannt für ihren Hang zur Gewalt.   Für das Auge wirkte sie jedoch liebreizend genug, mit ihrem Lächeln und wie sie den Gerfalken lachend ‚Oros‘ nannte und kicherte wenn es ihn aus der Fassung brachte.   Das war etwas das ich ohne Zögern übernahm. Und es brachte ihn dazu missbilligend die Stirn zu runzeln.   „Du bist aus Carcarron, nehme ich an?“ fragte er mich an jenem Tag, und gab sich Mühe gelassen zu wirken.   „Wie kommst du darauf?“ fragte ich und starrte ihn böse an. „Sehen nicht alle Asmodier für dich gleich aus? Fieh für die Schlachtbank.“   „Mir ist bewusst das Asmodier verschiedene Stämme haben,“ sagte Oros steif.   „Wir haben unsere eigenen Städte, Festungen, Provinzen, sogar Farmland.“ Ich verschränkte die Arme und rutschte ein wenig in meiner Ecke hin und her. „Blutlinien und noble Häuser, ebenso wie ihr. Nur das wir nicht so sehr darauf bedacht sind untereinander zu kämpfen bis ganze Blutlinien ausgelöscht wurden, alles im Namen der Silbernen Rose von Sanctum.“   Ich bezog mich natürlich auf den Stargazers Cycle, eine Elysische Geschichte über Bürgerkrieg und Rache, die auf Tatsachen basierte und ihren Weg durch Shugo Schmuggler nach Asmodae gefunden hatte. Oros erbleichte und zuckte zusammen als hätte man ihn geschlagen und schreckte sogar ein Stück vor mir zurück, vollkommen schockiert das ich die Geschichte kannte. Es brauchte nur einen Atemzug bis er seine Fassung wiedererlangt hatte und zurückschoss.   „Die Ballade die du gesungen hast, am Tag als wir dich gefangen haben,“ sagte er und beobachtete mich dabei genau, „Das war The Lay of a Broken-Winged Sparrow, nicht wahr? Dein Volk hat seine eigenen blutigen Geschichten.“   Ich starrte ihn mit geöffnetem Mund an, bevor auch ich die Fassung wiederfand. „Aber ‚The Lay‘ ist eine Liebesgeschichte.“   Oros hob ungläubig eine schlanke, blasse Braue, und überraschte mich erneut mit dem Umfang seines Wissens. „Wurde sie nicht von Arkain Carcarron geschrieben, nachdem Mishuvel die Bleiche ihn verraten hatte und zu seinem Tronräuber von Bruder in Rivenstone übergelaufen ist?“   Dies zu hören schockierte mich bis in die Tiefen meiner Seele, denn ich dachte die einzige Möglichkeit wie Oros davon gehört haben könnte war von jemandem der selbst aus Carcarron stammte. Ich begann mir Sorgen zu machen, und Gedanken wie wo er davon gehört hatte, und wer ihn die Sprache meines Volkes gelehrt hatte, flatternten durch meinen Kopf. Es dauerte einen Augenblick bis ich die passende Antwort fand. „Nein.“ Ich zögerte, hustete und zwang mich weiterzusprechen, meine Stimme gewann mit jedem Wort an Kraft. „Nein, es wurde von Mishuvel für Arkain geschrieben, nachdem sein Bruder ihn von den Zinnen der Krone der Nägel gestürzt hatte und sie die Zwillingsgrafschaft zurückeroberte. Es ist eine der grössten Liebesgeschichten meines Volkes.“ Ich zögerte erneut. „Aber ‚The Lay‘ ist ein Lied das Unglück bringt.“   Er schien wieder neugierig. „Warum hast du es dann gesungen als wir kamen? Wir hätten euch nicht gefunden ohne deinen Gesang.“   Ich hatte nicht gewusst das ich der Grund gewesen war das sie den Konvoy gefunden hatten; eine erneute Welle des Schams überrollte mich, und ich wand den Blick vom Gesicht des Gerfalken gen Boden. Aberglaube oder nicht, ich hatte den Feind durch meine Unvorsichtigkeit zu uns geführt, und nun waren fünfzehn unschuldige Asmodier tot während ich in einem elysischen Käfig lebte. „Ich habe nicht aufgepasst was ich mir wünschte.“   Er stellte mir keine weiteren Fragen an jenem Tag, nahm Nico die Schlächterin und ging, liess mich allein zurück mit meinem Selbsthass. Am Morgen des dritten Tages, als die Soldaten mein Essen brachten - farbloses, geschmackloses Zeug wie jedes Mal, sicherlich nahrhaft doch nicht wirklich appetitlich - trank ich lediglich ein wenig Wasser und verweigerte das Essen, zeigte den Soldaten die kalte Schulter und versuchte mein Möglichstes abwesend und depressiv zu wirken. Weniger weil ich tatsächlich depressiv war, sondern eher weil ich sehen wollte was der Falke tun würde; meine elysischen Wächter sprachen aufgeregt miteinander als ich so Schwäche vortäuschte und fluchten (das bisschen was ich damals verstand waren Flüche), und einer von ihnen war sogar dreist genug sich vor mich zu knien und mich anzuschreien. Ich blinzelte und starrte ihn an als er anfing mir pantomime vorzumachen und wunderte mich warum er glaubte dass ich ihn besser verstehen würde wenn er die Worte langsamer und lauter sagte. Am Ende wurde meine Miene ausdruckslos und ich deutete mit gespielt zitterndem Arm gen Tür und wand meinen Kopf ab. Auch wenn der Soldat mir unwillentlich bei meinem Vorhaben geholfen hatte, Elyan zu lernen, blieb mein Verhalten nicht ohne Konsequenz. Als der Falke an jenem Tag erschien, war es eine Stunde früher als sonst (ich lernte bereits die Zeit anhand der ewig scheinenden Sonne zu schätzen) und in Begleitung einer anmutigen und hochgewachsenen Gestalt die ich ansatzweise wiedererkannte, wenn auch nur an der Silhouette. Der Schwanengeflügelte Daeva war männlich, wie es schien, blass und schlacksig wo Nicolette dunkelhäutig und elegant war, und er stürmte in meine Zelle mit der Miene eines Kochs der eines verdorbenen Essen in seiner Küche gewahr wurde. Ich sah wie Oros's Mundwinkel zuckten als der Schwan auf mich zukam, zu nah für meinen Geschmack vor mir in die Hocke ging, und eine gezielte Bewegung gen meines bandagierten Beines machte. Ich realisierte was er vorhatte, zog mein Bein weg und fuhr mit einem wütenden Zischen mit einer Klaue nach ihm. Sofort fuhr er zurück und stand auf, gerade genug um aus meiner Reichweite zu kommen, seine geflochtene blonde Mähne zuckend wie Peitschenstränge, ein Ausdruck zornentbrannt auf diese Kreatur gerichtet die es wagte ihn anzugreifen. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich mich für diese unverfrohrenheit auf ihn gestürzt, doch so begnügte ich mich damit ihm meine Fangzähne zu zeigen, ein fast katzenhafter Ausdruck der Rage. Er hielt mir eine Moralpredigt in Elyan, ruhig doch deutlich verärgert, und wand sich dann zu Oros um seinen Unmut mit ihm zu teilen. Oros, Aion sei ihm gnädig, tat sein bestes nicht dem Verlangen nachzugeben laut loszulachen. Ich blickte Ihn und den Schwan finster an. Als Oros seiner Stimme wieder zu vertrauen schien sprach er in Asmoth. "Dies ist Kiert Fireheart, Jaya. Er ist unser Kleriker. Er ist hier um sich dein Bein anzusehen." "Hat eine Wette verloren, was?" Warf ich zurück, nicht bereit meine Vorsicht aufzugeben, obwohl der Falke kurz davor war in Gelächter auszubrechen. "Könnte man so sagen." Seine Mundwinkel zuckten erneut, und es fiel Ihm sichtbar schwerer das Lachen zu unterdrücken. "Jemand hat ihm gesagt er würde uns nicht länger als einen Monat ertragen können ohne den Verstand zu verlieren. Kiert ist seit fast einem halben Jahr bei uns. Ein persönlicher Rekord." "Wer ist 'wir'?" Fragte ich, misstrauisch, und verengte die Augen. Kiert wählte jedoch genau diesen Moment um uns in abgehacktem, strengen Elyan zu unterbrechen, die ersten ein oder zwei Sätze an Oros gerichtet, dann einen an mich. Ich verstand nur ein Wort hier und da, ferne reflektionen meiner eigenen Sprache, doch die Giftigkeit mit der er sprach brauchte absolut keine Übersetzung. Mir war ganz bestimmt nicht danach mich zu etwas zwingen oder mich wie ein wildes Tier behandeln zu lassen. "Ich würde nicht auf dich spucken wenn du brennen würdest," fauchte ich Kiert an, "und ich werde dich ganz sicher nicht mein Bein anfassen lassen! Raus!" Ich schaffte es irgendwie mich halb aufzurichten, die Wand als Stütze nutzend, und zeigte auf die Tür. Ich hoffte insgeheim das er es wagte in meine Reichweite zu kommen. Kiert öffnete den Mund und brüllte mich an, zweifellos einige Boshafte Ausdrücke meine Herkunft und die Tatsache betreffend das er absolut kein Bedürfnis hatte sich mit einem Biest wie mir zu befassen, doch in genau dem Moment verlor Oros seine mühsam beibehaltene Kontrolle. Kiert und ich starrten verwirrt als die grosse, schlanke Gestalt von Ourobouros Stalks-by-Night, Terror aus den Schatten, hilflos an der Wand hinabsank, die Knie weich, Hände an die Seiten gepresst und die Augen geschlossen als sein Gelächter durch den Raum klang, hell und klar und offensichtlich unglaublich amüsiert. Ich hatte niemals zuvor einen Elyos lachen hören; Ich war in gleichermassen von Ehrfurcht wie von Misstrauen ergriffen, eine durchaus nachvollziehbare Reaktion auf solch ein Spektakel, wärend Kiert Fireheart vor Wut kochte und Oros mit einem so hasserfüllten Blick anstarrte, der andere Männer hätte erzittern lassen. Schliesslich wischte der Gerfalke sich die Tränen aus den onyxfarbenen Augen und kam wieder auf die Füsse, noch immer ein Grinsen auf den Lippen, und somit wieder zum Dienst gerufen machte er eine blumige Übersetzung von ein paar weiteren wütenden Worten Kierts. "Madame Jaya, mein Lord Daeva Kiert Fireheart fragt ob es euch genehm ist einer Untersuchung der Flanke eures linken Unterschenkels zuzustimmen, in der er eine Entzündung vermutet, die für eure Appetitlosigkeit an diesem Morgen verantwortlich sein könnte." Ich verdrehte die Augen, besonders bei der falschen Betonung einiger Worte. "Dein Asmoth ist grauenhaft, Elyos. Du klingst als hättest du es aus einem Buch gelernt." "Vielleicht habe ich das." Sagte er mit einem verspielten Ton, doch hinter seinem Lachen waren seine Augen scharf und aufmerksam. "Wirst du zustimmen?" "Ich habe nichts gegessen weil ich sehen wollte was du tun wirst," gab ich zögernd zu, und versuchte meine wachsende Panik zu verbergen das ich tatsächlich dank meines kleinen Streiches gezwungen war, dem Elyos Kleriker zu erlauben mich anzufassen. Der Gedanke erfüllte mich mit einem Mass an Unbehagen das ich nicht in Worte fassen konnte. "Dennoch muss die Wunde gereinigt werden," gab Oros zurück, als er spührte das ich zögerte und die winzige Schwäche packte die ich ihm zeigte, wie der Raubvogel dessen Flügel er trug. "Es wurde bereits wunderbar gereinigt," gab ich zurück und sank wieder in meine Ecke, als mein gesundes Bein nicht länger in der Lage war mein Gewicht zu tragen. "Gestern," sagte er. "Es wird dir guttun es von einem Heiler untersuchen zu lassen. Und davon abgesehen," fügte er mit einem Lächeln hinzu, seine Feindseligkeit war verschwunden und hatte einer ehrlichen und beunruhigenden Sicherheit platz gemacht, "Ich möchte dir eine Frage zu the Lay stellen." "Ich werde ihm nicht erlauben mich anzufassen wenn alles was er tut ist Salz in die Wunde zu reiben," sagte ich erbost, weil ich vermutete das Kiert genau das vor hatte; wie ich sagte, eine gesunde Portion Paranoia ist ein Wesenszug eines normalen asmodischen Kindes, und besagter Elyos beobachtete mich mit gerunzelter Stirn. "Ich könnte ein Versprechen abnehmen," sagte Oros, förmlich. Ich sah ihn an und war kurz davor zu sagen, Welches Gewicht hat das Wort eines Elyos? Doch ich hielt mich zurück und dachte, niemand hat ihn gezwungen mir meine Jadeperlen gegen meinen Namen auszuhändigen. Nein, sagte ein anderer Teil von mir wütend, aber er hat ein unglaubliches Gespühr dafür welche Karotte er vor deine Nase halten muss um sein Ziel zu erreichen. Oder das seines Herrn. Ich erinnerte mich an den Eulenflügeligen Daeva mit dem einen leuchtend goldenen Auge, das kurz unter der zur Seite gezonenen Kaputze sichtbar gewesen war, und als ich darüber nachdachte, streckte ich das schmerzende Bein aus und verschränkte die Arme vor der Brust. "Wenn er nicht vorsichtig ist," warnte ich sie beide, "zerfetze ich ihm sein Gesicht." "Dann wird er es verdient haben." Er sagte es nicht mit seinem gewohnten Grinsen. Dann sprach er ein paar leise Worte zu Kiert, und der Schwan trat fast andächtig vor, sein Blick wanderte zwischen meinem Gesicht und meinem Bein hin und her. Ich knurrte leise, eine kurze Warnung, und er kniete sich vor mich und fing sehr, sehr vorsichtig damit an, die Bandagen zu lösen. Wärend er dies tat, stahl Oros meine Aufmerksamkeit mit einer Änderung seines Tonfalles. "Woher weiss man in Carcarron, das the Lay Unglück bringt?" Ich beobachtete Kierts Arbeit aus den Augenwinkeln, bereit ihn fortzustossen sollte ich nur das leichteste Unbehagen ausser dem konstanten Schmerz der Verletzung selbt spüren, und antwortete. "Es bringt Unglück, wann immer man es hört." Die Erinnerung daran, wie es indirekt den Tod meiner Eskorte herbeigeführt hatte, traf mich und färbte meine Wangen unter Oros's skeptischem Blick. "Evran Ice-Lance liess es bei der Hochzeit seiner Tochter aufführen, und Braut und Bräutigam wurden kurz darauf von einem herabfallenden Stein des Tempeldaches erschlagen. Zechthy Snow-Shrouded lief durch einen Gang wo eine Edelfrau es laut vorlas, und der Boden gab unter seinen Füssen nach. Er landete im Kessel in der Küche draunter und sorgte dafür das noch etliche Küchenangestellte mit ihm mehrere Stockwerke tiefer bis ins zweite Kellergeschoss stürzten. Lumiel, Lady der Weisheit bestritt die Gerüchte und liess es sich vorsingen." Ich machte eine Pause, nicht allein wegen des Effekts; die Erinnerung an diese Geschichte war sehr deutlich, vermutlich für jedes Kind das in Carcarron aufwuchs. In der Festung verbarg man die schmerzhaften Wahrheiten der Geschichte nicht vor seinem Nachwuchs. "Ich denke ich muss nicht näher ausführen das es kein gutes Ende nam." "Und dennoch wird es allen gelehrt und ist als die grösste Liebesgeschichte aller Zeiten bekannt?" Er hob eine feine Braue, und ich zuckte kurz zusammen als Kiert mein Bein anhob um die Wunde genauer zu begutachten. Ich schickte dem Schwan einen finsteren Blick. "Ja, weil sie genau das ist." Oros schnaubte. "Wenn das kein Beispiel für die Asmodische Mentalität ist, weiss ich es auch nicht." Mein Blick wanderde gen Falken und wurde eisig. "Und was bitte soll das bedeuten, Elyos?" Kiert bewahrte Oros davor sein unglaublich dummes Kommentar weiter auszuführen, als er nach seiner Aufmerksamkeit verlangte, meinen Knöchel so weit erhoben das ich fast die Balance verloren hätte. Als die Elyos die Köpfe zusammensteckten und die Wunde begutachteten, versuchte ich um mein eigenes Bein herum ebenfalls einen Blick zu erhaschen, ein Unterfangen das selbst unter anderen Umständen unmöglich gewesen wäre. Kiert zeigte auf verschiene Stellen meines Beines, vermutlich wo die Nähte gerissen waren, sprach Elyan als er sie nacheinander aufzeigte, und Oros kommentierte hier und da. Er selbst wagte nicht meine dunkle Haut zu berühren. Ich grollte eine weile vor mich hin und liess sie reden, doch meine Geduld schwand in jenen Tagen schnell. "Nun?" "Es heilt gut," sagte Oros mit einem ernsten Blick. "Keine Infektion zu sehen, doch es wird bleibende Schäden geben." "Was für bleibende Schäden?" Sagte ich, knurrend um die Furcht die sich langsam in mein Herz schlich hinter einem dünnen Wutschleier zu verbergen. "Du wirst vermutlich für den Rest deines Lebens humpeln." Er zögerte, sein Blick ernst als Kiert fachmännisch in Elyan weitersprach und mein Bein senkte um neue Verbandsrollen aus seinen Taschen zu hohlen. Bei seinem nächsten Satz rutschte mir fast das Herz in die Hosen. "Du wirst mit etwas Übung laufen können. Es sollte kaum Gewebe absterben." "Kaum Gewebe absterben?" Ich hatte es eigentlich spöttisch sagen wollen, doch meine Stimme war schwacher und zitternder als ich gehofft hatte, die Stimme eines verängstigten Kindes. Beide Elyos stoppten, Kiert ein wenig verblüfft als er schwieg, und ich wand mich ab, das Gesicht in den Händen verborgen als ich erneut in das tiefe Loch namens Scham versank. Daevas. Wie könnten sie es schon verstehen? Ich war nur sterblich; ich war keine von Aions Erwählten, nahezu immun gegen alle Schwächen und Krankheiten auf Atreia ausser der gänzlichen und vollkommenen Vernichtung. Was war eine asmodische Sterbliche für Elyos Daevas? Ein Kieselchen auf ihrem langen Weg, schnell vergessen? Ich fasste mich so schnell und so gut ich konnte, liess die Hände sinken, reckte das Kinn entschlossen vor, und auch wenn es mir wie eine  Ewigkeit schien, waren doch nur Momente vergangen. Ich hatte bereits gewählt im Exil zu leben; Ich würde nicht auch in Depression leben. Falke und Schwan starrten mich eine Weile an, unschlüssig was sie tun sollten, doch ich sprach als erste. "Wirkt die Magie der Daeva nicht bei Sterblichen?" Oros zögerte, überrascht, doch fing sich für meinen Geschmack schnell genug. "Ein wenig, doch nur um den Heilungsprozess zu beschleunigen. Es hat damit zu tun wie viel Äther ein Sterblicher im Vergleich zu einem Daeva aufnehmen kann." Er zögerte erneut als er offenbar seine nächsten Worte genau abwägte. "Nichts was bereits geschehen ist kann rückgängig gemacht werden. Nicht bei Sterblichen jedenfalls." Ich nickte abgehackt und klopfte den Ballen des verletzten Fusses gegen den Stein. Es schmerzte, doch nicht so sehr wie die Tatsache nicht laufen zu können schmerzen würde. "Verbinde es." Zögern. "Bitte." Ich vermutete das es wenig Grund für sie gab meine Verletzungen zu ignorieren, und um die Wahrheit zu sagen war ich neugierig zu welchem Zweck man mich hier gefangen hielt. Oros, die Brauen hochgezogen, nickte Kiert nur zu und der Schwan begann die Verbände um mein Bein zu wickeln, von der Fusssohle bis über das Knie, und band stabile, feste Knoten die sich nicht leicht lösen würden. Als er fertig war war der Verband fester als sonst und fühlte sich besser an, und ich fragte mich ob er insgeheim ein wenig seines Äthers in die Wunde hatte fliessen lassen, ohne das ich es gemerkt hatte. Ich brachte es fertig ihm höflich auf Asmoth zu danken, und auch wenn er meine Worte nicht verstand, musste er doch ihren Sinn verstanden haben; er nickte, richtete sich auf und nahm die alten blutigen Bandagen mit. Oros blieb noch einen Moment länger und beobachtete mich aufmerksam als erwartete er ich könnte mich in eine tobende Bestie verwandeln oder vielleicht zusammenbrechen wie eine schwächliche Elyos. Ich wand meine Augen gen Tür und bedeutete ihm zu gehen. Auch wenn er zuerst zögerte als wolle er noch etwas sagen, entschied er sich doch dagegen und schlüpfte durch das weisse Portal. Schlussendlich war ich wieder allein. Übung, hatten sie gesagt. Ich wartete genau fünf Herzschläge bevor ich mich aufrichtete, die Stirn in tiefen Furchen. Schmerzhaft, die Wand als Stütze nutzend, begann ich den Raum abzulaufen. Der erste Schritt war pure Qual. Mein gesamtes Bein zitterte, schlimmer je mehr Gewicht ich darauf legte, und als ich einen weiteren langsamen Schritt tat verklang der Schmerz nicht, doch nichts splitterte oder brach, und meine Entschlossenheit wuchs. Ich pausierte einen Atemzug lang, gegen die Wand gelehnt und neue Kraft sammelnd, dann versuchte ich es erneut. Es wurde nicht wie ich gehofft hatte einfacher je mehr ich es versuchte, doch mein Bein antwortete auf meine Wünsche, auch wenn es hart war. Ich wurde zu zuversichtlich, und liess die Wand für den nächsten Schritt los. Das Knie gab nach, und ich brach mit einem überraschten Ausruf zusammen. Mein gesamtes Gewicht landete genau da, wo es nicht hatte landen sollen. Sterne explodierten vor meinen Augen und die weisse Zelle wurde mit einem mal schwarz, die Luft entwich aus meinen Lungen. Ich rollte mich zusammen, wimmernd, und blieb Aion weiss wie lange in dieser Position. Als die Welt aufhörte sich zu drehen und der stechende Schmerz langsam nachliess, kämpfte ich um Luft. Es dauerte eine Weile bevor ich mich auf den Bauch drehen und die Tür beobachten konnte. Es gab kein Zeichen das die Elyos zurückkamen, und auch wenn es meinen Stolz zu tiefst verletzte hatte ich keine Wahl als auf dem Bauch zurück in meine Ecke zu robben, ohne die Hilfe meines verletzten oder meines erschöpften Beines. Ich kroch bis meine Hand die entgegengesetzte Wand berührte und blieb erschöpft dort liegen, kaum noch die Kraft und den Willen den Kopf zu heben und die Wand zu begutachten. Keine deutliche Blutspur, auch wenn die Rückseite meiner Bandagen verdächtig rot gefleckt war. Oh was solls, gut genug für den Anfang, dachte ich, legte mein Haupt auf den wundervoll kühlen Stein und schlief.  Kapitel IV ---------- Wenn die Heiler, die in jener Nacht und am nächsten Morgen meine Bandagen wechselten irgend etwas seltsames an meinem Bein feststellten, so kommentierten sie lediglich die verkrampften Muskeln mit einem Kopfschütteln und zogen die Verbände nur noch fester. Zu meinem Glück so weit bis die zweite Lage des Leinens meine Wade so fest eingeschnürt hatte das sie nicht länger schmerzte. Entgegen ihrem offensichtlichen Wunsch übte ich weiter das Laufen sobald ich allein war; ich hatte grossartige neun Schritte erreicht bevor Oros mich am vierten Tag besuchte, diesmal in Begleitung eines schlachsigen jungen Mannes mit leicht gelocktem roten Haar, das er in einem einfachen, langen Pferdeschwanz zusammenhielt, leuchtenden türkisfarbenen Augen und einem unglaublich liebreizenden Lächeln. In seinen Armen hielt er ein in Stoff gewickeltes Päckchen, das ich mit Neugierde und Misstrauen beäugte als die beiden mein Gefängnis betraten. "Was für einen Trick heckst du diesmal aus, Elyos?" sagte ich vorsichtig. Der Falke lächelte nur, das simple, ebenso schöne wie aufgesetzte Lächeln. "Dies hier ist Trist," antwortete er und deutete auf den schlacksigen Rotschopf, der eine Verbeugung andeutete, eine Bewegung die mich ein wenig an eine Vogelscheuche im Wind erinnerte. "Nico hat ihm von dir berichtet, und er hat den Wunsch geäussert dir zu helfen." "Mir zu helfen?" Ich sah sie mit verengten Augen an und spührte wie meine Nackenhaare sich aufstellten. Trist zog zu meinem Entsetzen eine Schere aus seinem Stoffbündel, die silbern im Mondlicht glänzte. Ein kreativer Geist und sehr viel Vorstellungskraft sind manchmal nicht gerade von Vorteil; Ich hatte mir bereits die etwa dreizehnte Grausamkeit ausgemahlt die sie mir mit einer Schere antun konnten als Oros schliesslich mit einem Grinsen antwortete, "Dein Haar natürlich." Das Entsetzen, das wild in meinem Kopf herumtobte, verschwand ebenso plötzlich wieder, und meine Furcht wich innerhalb weniger Sekunden Verwirrung. "Mein was?!" "Nico," und ich hätte schwören können das Oros' fieses Grinsen noch ein klein wenig boshafter wurde, "erzählte Trist das es aussieht als hätte dir jemand die Haare mit einem Schwert abgehackt, und er wollte nicht eher Ruhe geben bis er Zustimmung erhalten würde sie dir zu schneiden." Ich konnte nicht anders; ich starrte sie an und blinzelte erneut, und der rothaarige Elyos verbeugte sich noch einmal, ein Grinsen von einem Ohr zum anderen. Ein wenig wie betäubt antwortete ich den beiden fast automatisch. "Und der Preis für einen solchen Gefallen?" Oros zögerte, nickte dann Trist zu und der grössere der beiden Männer zog den Stoff zur Seite um den Inhalt des Bündels freizulegen. Neben einem Täschchen mit einem Kamm, Rasierklingen und anderen Instrumenten die zum Frisieren nötig waren, lagen ein paar eiserne Handschellen, eine geschwungene Acht aus schwarzem Metall. Ich wusste was sie waren als ich sie ansah und sog scharf die Luft ein, meine Wangen röteten sich vor Wut und in meinen Augen loderte blankes Feuer als ich den Blick Oros zuwand. "Das wagst du nicht." Seine feinen Brauen hoben sich, doch sein Grinsen blieb. "Ich kann schlecht riskieren das du dem guten Trist etwas antust, wo er doch so gütig ist herzukommen um etwas für dich zu tun." "Güte," ich spuckte ihm das Wort förmlich vor die Füsse vor Wut und begann mich zu erheben, "ist nicht immer nötig, noch ist sie willkommen!" "Oh," grinste der Falke, als hätte er genau die Reaktion von mir erwartet, "doch ich habe einen Vorschlag für dich. Wenn du Trist erlaubst seine heutige gute Tat zu tun, kannst du ihn hören." "Ich bin nicht interessiert," grollte ich zurück und rutschte auf den Knien weiter in meine Ecke, mein Bein schmerzte leicht durch die Bewegung. Es war in dem Moment das ich merkte wie der Blick des Rothaarigen zwischen dem Falken und mir hin und her wanderte, sein Blick fast betrübt, bis der Blick seiner türkisen Augen auf Oros verharrte. Da war ein feines Flüstern des Äthers, das ich fast greifen konnte und ich keuchte überrascht. Sofort hoben sich Oros' feine Brauen fast bis zu seinem Haaransatz. "Trist sagt," sprach der Falke und beäugte mich waschsam mit seinen tiefschwarzen Augen, die so wenig in sein blasses Gesicht passten, "das er an einem anderen Tag zurück kommen wird, vielleicht wenn du dich besser fühlst." Ich zögerte. Neugierde packte mich, besonders als ich die seltsamen Reaktionen der beiden Elyos beobachtete; Trist, wie er Oros anblinzelte, schien nicht bemerkt zu haben das etwas seltsames vorgefallen war, wärend Oros mich mit erneutem Misstrauen beäugte. Ich beobachtete den schwarzäugigen Falken eine lange Zeit, bis die Haltung seiner Schultern sich änderte und ich wusste das er Anstalten machte zu gehen; doch ich wandte den Blick zu Trist und in der spöttischen Imitation eines zahmen Dings hielt ich ihm wortlos meine Handgelenke entgegen. Ich war schlussendlich sicher das, wenn sie mich hätten töten wollen, sie dies Tage vorher getan hätten, höchstwarscheinlich wärend ich bewusstlos und damit hilflos gewesen war. Oder als ich Terekai den Namenlosen angegriffen hatte. Das der Magier selbst, einer der gefürchtetsten Elyos Daeva die je gelebt hatten, mich nicht in jenem Moment getötet hatte, machte mir sehr deutlich das jemand im Hintergund viel Wert darauf legte das ich lebendig blieb. Trist wandte seine türkisen Augen zu Oros, der nickte, aus irgend einem Grund unglücklich; vielleicht hatte es seine hübsche kleine Welt durcheinander gebracht das ein Asmodier beschlossen hatte mit Ihnen zu kooperieren, und vermutlich hatte er irgend einen Trick von mir erwartet. Seine geschickten Hände spielten leicht mit den Griffen seiner Waffen, die er an den Hüften trug, und ich beobachtete Ihn aus den Augenwinkeln als Trist auf mich zu kam, das verformte finstere Metall in einer Hand als wäre es eine tote Ratte. Das Bündel mit Schere und anderen Hilfsmitteln trug er in seiner Armbeuge, nah und verlockend, doch ich griff nicht danach - Oros' schwarze Augen verengten sich als er die Gelegenheit sah, und ich wusste in jenem Moment das er, Befehle hin oder her, mich auf der Stelle niederstrecken würde wo ich stand (kniete?) hätte ich Trist bedroht. Ein weiteres Flüstern des Äthers strich über meine Finger, und das schwarze Eisen öffnete sich in Trists feingliedriger Hand; mit einer eleganten Bewegung legte er sie über meine Handgelenke und kaum das sie sich schlossen spührte ich wie ein Nebelschleier meinen Geist umgab und Erschöpfung in meine Glieder fuhr. Das Gefühl ist schwer für jemanden verständlich zu beschreiben, der nie mit ihnen Bekanntschaft gemacht hatte. Die Luft selbt schien sich um mich herum zu verdunkeln und alle Sinne die ich besass waren gedämpft, meine Glieder und meine Augenlider schwer, als wäre ich den weiten Marsch von Carcarron nach Sanctum gelaufen. Hätte ich Magie auf einem Level wie Terekai oder selbst mein Bruder besessen, wäre auch diese bis zur Erstickung gedämpft worden, und ein Teil von mir kämfte dagegen an wie ein wildes Tier in der Falle. Die Handschellen hatten keinen namen, zumindest keinen den ich damals oder heute verstand, finstere Dinger die sie waren, von denen man sich nur flüstern unterhielt und die nur wärend des Krieges genutzt wurden. Es war eine solche Zeit, und ich denke es hätte mich nicht überraschen sollen zu sehen wie sie in meinem leuchtenden Gefängnis eingesetzt wurden. Nein, was mich viel mehr hätte überraschen sollen war ihr Einsatz bei einer Sterblichen. Geistige Bindungen waren eine übertriebene Massnahme gegen alles was nicht einem Daeva gleich kam, doch die Elyos schienen bei gar nichts halbe Sachen zu machen. Mit seiner Gefangenen unter Kontrolle entspannte sich Oros und erlaubte Trist, mich in die Mitte meiner Zelle zu führen, mitten in die verhangene Sonne und hielt mich dort wärend der schlacksige Elyos um meine Ohren herum schnippelte. Meine Gedanken waren wie durch einen Nebelschleier verhüllt als wäre ich betrunken, und ich ertrug es ohne Beschwehrden und mit sehr wenig Stolz, beschäftigt damit wach zu bleiben und das wenige zu betrachten, das ich von den beiden sehen konnte. Oros' weisses Haupt schimmerte in verschiedenen Farben wann immer er sich bewegte, und ich war fasziniert davon, murmelte und grinste dümmlich als die hübschen bunten Lichter auf seinem Haar tanzten. Trist war schnell vergessen, meine Sprachkenntnisse in Asmoth ebenso unklar wie als ich ein Kind gewesen war, und die Wörter in Elyan die über meinen Kopf hinweg gesprochen wurden waren gleichzeitig unglaublich klar und absolut unverständlich. Manchmal hielt Trist meine Schulter um zu verhindern das die Schere durch meine Ohrspitzen stiess, und es schien als würde ich aus einem Traum erwachen als er einen handgrossen Spiegel vor mein Gesicht hielt und ich mich zum ersten mal seit Wochen selbst betrachtete. Als Raum starb, schnitt ich mir das Haar in Trauer und Reue, liess es schief und wild für die gesamte Zeit meiner Gefangenschaft, sowohl der der Elyos als auch der der Asmodier. Jetzt, unter Trists geschickter Hand, war es glatt und geschmeidig, wenn auch sehr kurz, mit einem Pony der sich über meine Stirn bis zu meinen Augen legte. Mein Haar hatte die Farbe von Erdbeeren oder altem Blut, eine Farbe von der ich vergessen hatte das ich sie besass, wärend das von Trist leuchtend Rot war wie Rubine. Meine augen sind Silbern, eine Eigenschaft meiner Blutline, anklagend selbst in dem winzigen Spiegel, meine Pupillen Stecknadelkopf gross im gleissenden Sonnenlicht. Meine Wangen waren tiefer eingesunken als ich sie in Erinnerung hatte, und dunkle Schatten lagen auf der rauchfarbenen Haut unter meinen Augen, doch der stolze Ausdruck meiner Lippen war noch immer dort. Und ich sah das Echo meines liebsten Jareth in meinen Zügen, Eigenschaften die wir beide von unserer ehrenhaften Mutter geerbt hatten. Mich selbst zu sehen half mir meine Gedanken zu ordnen und ich erinnere mich wie ich darum bat die Handschellen zu entfernen. Das regenbogenfarbene Leuchten auf Oros' Haupt verlor seine Brillianz; dann lehnte sich Trist sanft über meine Schulter, seine roten Locken streiften meine Wange begleitet von einem Hauch Lavendel, und mit einem Finger und einer Berührung des Äthers öffnete er das verborgene Schloss das die Eisen zusammenhielt. Kaum das er sie von mir genommen hatte und in die Sicherheit des Schattens des Falken zurückgewichen war, traf mich das Licht und ich war der grenzenlosen Wut der Sonne ausgesetzt, gnadenlos und heiss wie Lava. Ich schrie auf und fuhr herum Richtung meiner Ecke, meine Augen brannten und mein Kopf schmerzte als mein Geist von Zeitlupe auf Höchstgeschwindigkeit umschaltete. Als ich es wagen konnte die Augen zu öffnen und den Kopf aus den schützenden Händen zu erheben, sah ich das Oros lachte. Wenn Blicke töten könnten, hätte ich ihn in jenem Moment auf der Stelle begraben. "Amüsiert dich mein Schmerz?" fuhr ich ihn an, zeigte ihm meine Zähne in einer raubtierhaften Geste, die vermutlich seine Meinung über Asmodier nicht positiv beeinflusste - doch das kümmerte mich nicht länger. Ich sah aus dem Augenwinkel wie Trist den Falken missbilligend ansah, und wieder spührte ich das Flüstern des Äthers, ein Wortloses Signal zwischen dem ungleichen Paar. Mir fiel auf das ich Trist noch nicht sprechen gehöhrt hatte; dennoch, das Lachen verstummte, und ein lediglich leicht boshaftes Lächeln blieb zurück. "Willst du die Antwort wirklich hören?" Oros verlagerte sein Gewicht, die schwarzen Augen verengt, und trat näher an mich heran, zog den Schutz seines Schattens von Trist und warf ihn statt dessen über mich, ein Schild vor der Wut der Sonne. Doch es lag keine beschützende Absicht in seinen Augen, als das Licht seine Schultern und sein weisses Haar in Gold tauchte. "Nein." Ich setzte mich auf, dieses mal richtig mit dem Rücken gegen die weisse Steinwand, und streckte mein verletztes Bein in einem schwachen Versuch die Muskeln zu entlasten. Das Bein schmerzte, als würden zahllose winzige Nadeln in den Knochen stechen, und es machte mich ungeduldig und launisch. Ich wand meinen Blick von ihm ab. "Ich habe zugestimmt, und mein Haar ist geschnitten, was für eine seltsame Bitte auch immer das gewesen ist. Ich habe deine verdammten Fesseln mit so wenig Widerstand wie möglich getragen. Also, was hat es mit diesem verdammten Vorschlag auf sich, den du mir unbedingt unterbreiten willst?" "Meinem Herrn ist bekannt das du für einen Asmodier ungewöhnlich gebildet bist was Geschichten und Balladen angeht." Er legte den Kopf schief wie ein Vogel, und für einen Moment schien er wie der Gerfalke, den seine Seele in seinen Schwingen wiedergab. Ich öffnete den Mund, doch er fuhr fort ohne mir die Möglichkeit zu geben ihn zu unterbrechen. "Ich habe eine Bitte unserer Hochkantorin - Sie wünscht, dass du The Lay of a Broken-Winged Sparrow übersetzt, da du die Ballade sehr gut zu kennen scheinst und unsere eigenen Übersetzungen mehr als fehlerhaft sind." Von allen Dingen war dies das, was ich am wenigsten von Ihm erwartet hatte, und ich hatte nichts was ich hätte erwiedern können. Mein Geist noch immer leicht benebelt von den Folgen der Gedankenfesseln tat ich mein bestes den neuen Weg den unser Gespräch genommen hatte nicht zu verlieren. "Dein Herr scheint recht seltsam informiert. Warst du es der ihm das berichtet hat?" "Ich berichte meinem Herrn nur wonach er mich gebeten hat zu suchen." Es war ein schwacher Versuch auszuweichen, und ich konnte es nicht übersehen. "Er hat dich gebeten mich dafür zu beobachten?" Ich zog eine Augenbraue hoch, tatsächlich überrascht. "Nicht für ein paar geografische Informationen, oder Asmodische Taktiken, sondern für Geschichte? Für Kindergeschichten?" Oros wirkte fast beleidigt und öffnete den Mund um zu sprechen, doch ich schnitt ihm das Wort ab wie er mir zuvor. "Wenn du vor hast mir zu sagen das ich ein Gast hier bin und keine Gefangene, dann kannst du dir das sparen. Ich werde hier unter Umständen festgehalten die bekannter Massen für mein Volk unangenehm sind, in einem Raum ohne jegliche Einrichtung, erhalte geschmacklosen Brei zu essen und muss tägliche Verhöre über mich ergehen lassen. Wenn ihr meinen Willen brechen wollt, dann bitte, aber tut das effizient." Oros' bleiche Wangen verdunkelten sich zu einem tiefen rot, und als ich dieses mal das flüstern des Äthers auf meiner Haut spührte war es wie das klingen heller Glöckchen, wie ein helles Licht, und ich wand den Blick zu Trist. Der rothaarige Elyos schien unsere Unterhaltung zumindest teilweise verstanden zu haben; er lehnte an der Wand, hielt sich den Bauch und lachte still, das Bündel vergessen, die Augen zusammengekniffen. Ich verstand in diesem Augenblick das der Daeva stumm war, doch er musste seine Wege haben um mit anderen seiner Art zu kommunizieren - und der Äther, Aion's Geschenk an das Volk Atreias, hatte einen Weg für ihn gefunden. Als ich wusste wonach ich suchen musste, nutze ich die Erfahrungen aus meiner Jugend, die minimale Ausbildung die ich in den Fähigkeiten hatte in denen meine Mutter und Jareth glänzten, und das Flüstern des Äthers nahm Form an, ein leises Wispern von Tönen in meinem Kopf. Ich konzentrierte mich so stark ich konnte um es zu verwandeln in Töne, Wörter die ich hören und verstehen konnte; Oros, der Quelle meiner gerunzelten Stirn und verengten Augen gewahr, trat zwischen mich und Trist und brach damit nicht nur meinen Sichtkontakt sondern auch meine Konzentration. Ich verlor den Faden und der Äther wurde wieder zu einem leisen Flüstern zwischen meinen Fingern, etwas das ich spüren, doch nicht berühren konnte. Seine Wangen waren noch immer gerötet, doch seine Stimme war eisig. "Ich wurde gebeten," sagte er, jede Silbe wie aus Kristall geschliffen und sein Akzent in meiner Sprache bebend vor Wut, "zu beobachten und Fragen zu stellen, und jedes ungewühliche wissen an meinen Herrn weiterzugeben, damit er damit tun kann was ihm beliebt. Was er getan hat ist die Hochkantorin zu informieren, und ihre Bitte habe ich im Gegenzug an dich weitergegeben. Tu damit was dir beliebt; mein Herr ist der Überzeugung das ein verurteilter Asmodier auf dem Weg zum Exil in die Hügelgräber wohl kaum Informationen besitzt die von militärischem Wert sind. Wäre dem so, hätte man dich in Carcarron hingerichtet, nicht verbannt." Mein Stolz flammte auf bei seiner so offenen Beleidigung meines Wertes, doch ich konnte schlecht widersprechen; Ich war Raum's Beschützer gewesen, doch er war alles andere als vertraut mit mir gewesen wenn es um die Geheimnisse von Carcarron's ewigem Krieg gegen die Elyos ging, und aus diesem Grund lebte ich noch. Es gab Gesetze um die Soldaten eines toten Lords zu schützen. Wäre es anders gewesen, wenn Raum von den Plänen seines Vaters gewusst hätte, hätte es keine Verhandlung gegeben, keine Anhörung, kein Exil in den Hügelgräbern am Fuss des zersplitterten Turms. Es hätte eine Hinrichtung gegeben, mein Blut hell auf den Steinen vor Avarron's Thron, hätte es nur ein Gesetz gegeben das der Wut eines Vaters über den Tod seines Sohnes eine freie Hand gewährte. Doch ein solches Gesetz gab es nicht. Ich war geschützt worden durch Raum's Unwissenheit. Und hier war ich nun, ein Spielzeug für die Elyos, ein gefangener Vogel im Käfig der auf ein nobles Ende hofft. Ich senkte den Blick von dem des Falken, mein Stolz für einen Moment besiegt, unfähig etwas auf die Wahrheit in seinen Worten zu erwiedern. Er wartete darauf bis ihm klar werden musste das ich ihm in diesem Fall nicht widersprechen würde; dann wandte er sich von mir ab, raubte mir den Schutz seines Schattens und ich verbarg mein Gesicht und fühlte mich als müsse ich weinen, auch wenn ich nicht wusste warum. "Die Umstände deiner Unterbringung obliegen den Entscheidungen meines Herrn, aber ich werde ihn von deinen Worten unterrichten." Er zögerte, und die Tonlage seiner Stimme senkte sich zu etwas das kaum mehr als ein Grollen war. "Gibt es eine Antwort auf die Bitte der Hochkantorin?" Ich sah auf, meine Hände schützend über den Augen und sah wie die Sonne Schatten auf seinen Rücken warf, entlang der weissen Haut seines Nackens die unter dem Kragen seiner Kleidung hervorspähte. "In Pandaemonium ist es Brauch das man eine Bitte persönlich vorträgt." Er zögerte; ich vermute er überlegte ob ich die Wahrheit sprach oder ob es sich um eine geschickte Lüge handelte. "Ich werde mit der Hochkantorin sprechen." Antwortete er, und sammelte dann mit einem Nicken den noch immer kichernden Trist ein, klopfte gegen die Tür und entschwand durch eben diese ohne einen weiteren Blick oder ein weiteres Wort. Der rothaarige Daeva allerdings wand die türkisen Augen mir zu, winkte kurz mit einer Hand als er mit der anderen das Bündel vom Boden fischte, und dann war auch er verschwunden. Ich sass in meiner Ecke und beobachtete eine weile die Tür, und als es schien als würde niemand ihretwegen zurückkommen, kroch ich auf die Schere zu, die glänzend auf dem glatten Steinboden lag, und starrte sie eine Weile lang einfach an. Mein erster Gedanke war 'man wird sie vermissen'; in dem Moment da Trist das Bündel öffnete und prüfte, würde auffallen das sie fehlten, und jemand würde kommen um sie zu hohlen. Ein Zufall? Vielleicht. Eine Falle? Schon eher. Sie würden kommen um sie zu hohlen, und wenn sie sich dann in meinem Besitz befand oder ich sie irgendwo versteckt haben sollte (auch wenn mir in diesem leeren steinernen Raum kein einziger Ort dafür eingefallen wäre) wäre das mehr als ausreichend für ein Urteil. Ich hatte beschlossen das ich leben wollte, und ich würde den Daeva keine Entschuldigung geben mich zu töten, nicht wenn mir so deutlich gemacht wurde das sie Gewalt von meiner Seite aus mit eben solcher begegnen würden. Statt dessen zeigte ich der Schere die Zähne wie ich es bei Oros getan hatte, und zog mich zurück in den Schutz meiner Ecke, wand der Tür den Rücken zu und tat als würde ich schlafen. Im besten Fall würde jemand sie mitnehmen wenn man mir das abendliche Essen brachte, und man würde mich nicht dafür verantwortlich machen können wenn irgend etwas passierte. Auf der Seite zusammengerollt und gewärmt von der Sonne, mein Bein schmerzend wie mein verletzter Stolz, wurde der vorgetäuschte Schlaf bald zur Realität. Mein letzter Gedanke bevor ich ich einschlief galt dem Licht das einen Heiligenschein um Oros' Schultern geworfen hatte, und der Feindseligkeit in diesen schwarzen, schwarzen Augen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)