Together we're never alone von Crimson_Butterfly (Dein Herz weiß es schon lange ...) ================================================================================ Kapitel 8: Please, don't look ----------------------------- [Anmerkung des Autors: Ein Herzliches dankeschön an Joukko, der mir bei der Szene mit Adrian zur Hand ging] Ich hatte Shion umgerannt, als ich aus der Küche geflohen war, um soviel Abstand, zwischen Ryan und mich zu bringen, wie möglich. Sein irritierter Blick war über mein Gesicht gewandert, nachdem ihm die Tränen aufgefallen waren, die mir die Sicht versperrt hatten. Obwohl ich es niemanden zeigen wollte, den Augenblick, wenn ich mich meiner Schwäche ergab, hatte er mich dabei beobachten können. Unfähig einen einzigen sinnvollen Satz zu formen, oder auch nur etwas mehr rauszubringen als ein Schluchzen, hatte ich mich schließlich in seine Arme gestürzt und dem Bedürfnis, zu weinen, nachgegeben. Wenn Ryan teilweise ein widerlicher Giftzwerg war, der sich wohl darauf versteift hatte mir das Leben zur Hölle zu machen, war Shion jemand, der mich durch seine wortkarge Art einzuschüchtern verstand. Unwillkürlich war ich zusammen gezuckt, als er die Hand erhoben hatte. Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass er mir durch die Strähnen meines Ponys streichen und mich dabei anlächeln würde. Ich hatte mich gefragt, ob das derselbe Junge war, den ich kannte. Der Junge, der sich stets hinter seinen Computer versteckte und nur aus seinem Zimmer kam, wenn es sein musste? Dieser Bücherwurm, der schwere Lektüre immer wieder menschlicher Gesellschaft vorzog? Ryan wäre lieber gestorben, bevor er mir seine Angst vor Adrian gezeigt hätte und Shion war plötzlich zu jemand mutiert, der die Nähe anderer ertrug? In diesem Moment hatte sich mein gesamtes Weltbild komplett auf den Kopf gestellt und ich war mir nicht sicher, ob ich meinen eigenen Erinnerungen noch trauen konnte. Und jetzt saß ich mit ihm zusammen auf den steinernen Betonstufen unter dem Vordach der Villa, eine eisgekühlte Cola in der Hand und starrte einfach nur teilnahmslos vor mich ihn. Ich hatte Shion erzählt, was in der Küche vorgefallen war, auch wenn ich bis jetzt nicht sagen konnte, was genau mich dazu gebracht hatte, mich ausgerechnet ihm anzuvertrauen. Aus dem Augenwinkel warf ich ihm einen Blick zu und beobachtete die Bewegungen seiner Lippen. Seine melodische Stimme, die so selten erklang, erreichte meine Ohren Ich brauchte einige Minuten, bevor mir bewusst wurde, dass er etwas gesagt hatte und noch einmal ein paar Sekunden, bis ich registrierte, was er gemurmelt hatte. Er wollte mit mir über Ryan reden? Ich blinzelte überrascht und dachte darüber nach, dass jegliche Konversation, die er mit mir führen würde, scheinbar nur dazu diente, dass ich das Verhalten seines kleinen Bruders besser verstand. Ein Muskel in meiner Wange zuckte. Ryan war schlimmer als jeder Stalker. "Ich denke, ich weiß, warum Ryan dir nicht geholfen hat", meine Shion und drehte die Dose Fanta in seinen Händen, während er einen Punkt in der Ferne zu fixieren schien. "Wahrscheinlich hat er sich in seinem Versteck kaum zurückhalten können, um sich nicht auf Adrian zu stürzen, aber wenn er es getan hättet, wäre der Zorn, seines Verlobten, um ein vielfaches Schlimmer gewesen, meinst du nicht?" Ein Bild dessen, worauf der blonde Junge anspielte, schob sich in meine Gedanken und das Herz wurde mir schwer. Ein Kloß, der mir im Hals saß, schnürte mir die Luftzufuhr ab und ich atmete durch den Mund, um nicht zu ersticken. Bei den Gedanken an Adrian und seine Grausamkeit lief es mir eiskalt den Rücken runter. Ich stellte mein Getränk zur Seite, zog die Knie eng an meine Brust und umschlang meine Beine mit den Armen. "Du redest von seinen Verletzungen?", fragte ich leise und brauchte keine Bestätigung, um zu wissen, dass ich mit meinem Mutmaßungen richtig lag. "Er musste abwägen, was schlimmer wäre." Shion nickte düster und wandte sich mir zu. Sein Gesicht war noch immer so furchtbar leer, als hätte ihn jemand jeglicher Emotion beraubt, doch in Wirklichkeit verbarg sich hinter dieser stoischen Fassade ein junger Mann, der seinen Bruder liebte und sich um ihn Sorgen machte, zumindest vermutete ich das. Aus einem inneren Reflex heraus, der mir unerklärbar war, riss ich meine Hand zurück, als er meine Finger mit den seinen bedecken wollte. Zuerst wirkte er verwirrt, doch dann lächelte er nachsichtig, als könnte er es verstehen, dass andere Menschen Angst vor ihm hatten. Aber ich fürchtete mich nicht vor ihm. Ich hatte keinerlei Ahnung, warum ich so heftig reagiert hatte. Als wenn ich nicht wollte, das mich jemand anfasste. Aber das war unsinnig. Seit wann scheute ich vor so einfachen Gesten zurück? "Wenn Ryan sich gegen Avalon gestellt hätte, um dich zu beschützen, dann hätte dieser Typ noch mehr Grund darin gesehen, ihn beim nächsten Mal windelweich zu schlagen", fuhr Shion ungerührt fort und nahm einen Schluck von seiner Limonade. "Und diesmal nicht nur, um seine kranken Fantasien zu befriedigen, sondern auch aus Eifersucht und purer Bosheit." "Und warum helft ihr eurem Bruder nicht?", fragte ich vorsichtig nach und drehte mich zu demjenigen, der neben mir hockte und die Dose in seiner Hand zerdrückte, als bestünde sie aus Papier. "Zusammen könnt ihr diesem Flachwichser doch bestimmt die Fresse polieren." "Das ist es ja gerade", knurrte mein Gegenüber und ich schrak erstaunt zurück. Noch nie hatte ich in seiner Stimme auch nur die Spur einer Empfindung wahrgenommen. "Wir können ihm nicht helfen, obwohl wir es, weiß Gott, schon versucht haben. Ryan lehnt jede Hilfe ab. Er ist so verdammt starrköpfig. Wir haben schon alles versucht, um ihn dazu zu überreden, dass er sich doch endlich an den Familienrat wenden sollte, aber stattdessen hält er weiterhin den Mund." Ich wickelte mir gedankenverloren eine Strähne meiner langen Haare um den Finger. "Gerade weil er das widerspruchslos akzeptiert, ist er ja ein Vollidiot", wisperte ich niedergeschlagen. Der Familienrat. Das war, soweit ich wusste, die Oberhäupter über den gesamten Clan. Ob man es glaubte oder nicht, aber die Cornwells bestanden aus mehr als zehn Gruppen mit unterschiedlich vielen Kindern, die sich aufgeteilt und über alle Herrenländer verteilt hatten. Und es gab Menschen, die allerdings im Verborgenen lebten, denen die Mitglieder, aus diesem Stammbaum, unterstanden. Ich hatte diese Anführer noch nie gesehen, aber ich hatte schon viel von ihnen gehört. Sie hatten mehr Macht und Einfluss als Jason und Rose, die Eltern der Jungs, und hatte das alleinige Sagen, wenn es, zum Beispiel, darum ging, wer wen heiraten durfte und wen nicht, was passierte und wie sich das Geschlecht dieser Familie fortsetzte. Diese Personen kümmerten sich um Streitigkeiten, stellten die Gesetze auf und schützte das Geheimnis, worum es sich dabei auch immer handelte. Nur diese Leute waren in der Lage, Ryan vor seinen Verlobten zu schützen. "Mag sein", sagte Shion verstimmt und riss mich unvorbereitet aus meinen Überlegungen. "Aber sein Stolz ist das einzige, was ihm noch geblieben ist." Ein bitteres Lächeln schlich sich auf seine Lippen. "Er hat Mal gesagt, dass ihm Adrian alles nehmen kann, aber nicht seinen Stolz." Wütend sprang ich auf die Füße, drehte mich um und wollte wieder in das Haus gehen, doch die nächsten Worte meines Gesprächspartners ließen mich innehalten. "Hast du dir schon Mal seinen Rücken angesehen?" Ich schüttelte den Kopf. Eine böse Vorahnung schlug über mir zusammen, wie die Wellen des Meeres, die sich an den scharfen Klippen brachen. "Dann solltest du das Mal tun." *** Neugier kann sehr gefährlich sein. Diesen Satz hatte Mr. Cornwell immer benutzt, wenn er mich vor einer Dummheit bewahren wollte und obwohl ich durch meine Neugier oft in prekäre Situationen geraten war, konnte ich nicht hören. Auch diesmal ignorierte ich die mahnende Stimme der Vernunft, die in meinem Inneren fortwährend schrie, und drückte die Türklinge nach unten. Die Tür öffnete sich langsam und ich steckte den Kopf durch den Spalt. Mrs. Cornwell hatte mir verboten das Gästezimmer zu betreten, das Avalon seit einigen Tagen bewohnte, weshalb ich mich seit heute Morgen mit meiner Neugier herumgeschlagen und die Anweisung schließlich doch wissentlich ignoriert hatte. Das Herz schlug mir in der Brust zum zerspringen, als ich Adrians Räumlichkeiten betrat. Dieses Zimmer war nicht mehr so unordentlich, wie zuvor. Es war plötzlich sehr geschmackvoll und stilgerecht möbliert. Die Aufteilung der Möbel wurde im Größenverhältnis des Raumes vorgenommen. Ein wuchtiges Himmelbett aus massiver Eiche, mit einem Baldachin, stand in der Mitte des Raumes. Neben dem Bett befand sich ein kleines Tischchen, davor eine Bank mit geschnitzten Verzierungen. Ein paar lindgrüne Polsterstühle flankierten einen kleinen Kamin, in dem ein gemütliches Feuer brannte. Auf dem Boden lag ein teurer Perserteppich. Die schneeweißen Vorhänge des Balkons bauschten sich sanft im lauen Sommerwind. Ich fühlte, wie sich meine Stirn in Falten legte und stellte verärgert fest, dass meine Erwartungen auf gröbste enttäuscht worden waren. Das war irgendwie … ernüchternd. Ich hatte mir wesentlich mehr versprochen. Das ich einen Schatz entdecken würde oder irgendein Geheimnis. Adrian Avalon war also doch ein gewöhnlicher Sterblicher und nicht das Götterbild, welches Rose in ihm sah. Die Schultern hängen lassend, guckte ich mich resigniert um. In der Ecke, neben dem Bücherregal, entdeckte ich eine lederne Truhe und augenblicklich war mein Interesse geweckt. Rasch warf ich einen Blick über die Schulter, vergewisserte mich, dass ich von keinem beobachtet wurde und huschte unbemerkt ins Zimmer. Leise schob ich die Tür ins Schloss und achtete darauf, kein Geräusch zu verursachen, als ich mich dem Objekt meiner Begierde näherte. Nervös strich ich mir mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen, bevor ich mich hinhockte und den schweren Deckel anhob. In der Truhe häuften sich allerlei Dinge an, darunter eine juwelenbesetzte Schwertscheide mit passendem Dolch. Seit Tagen kam und ging diese Missgeburt, wann immer es ihm gerade in den Kram passte, aber ich hätte nicht damit gerechnet, dass er seine persönlichen Dinge ins Haus schleppen würde. Diese Überlegungen verwerfend, betrachtete ich das Stilett mit leuchtenden Augen. Die verschieden farbigen Juwelen leuchteten geheimnisvoll, im letzten Licht des Tages. In meinem gesamten Leben hatte ich noch nie etwas dergleichen gesehen. Ehrfürchtig strich ich mit dem Finger über die Klinge, als ich vor der Tür Stimmen hörte. Erschrocken ließ ich den Dolch fallen, der Geräuschvoll auf dem Boden aufschlug. Das Herz schlug mir bis zum Hals und die nackte Panik saß mir im Genick. Ein Gefühl, das ich schon immer gehasst hatte. Noch bevor ich dazu kam, darüber nachzudenken, wo ich mich verstecken sollte, wurde an der Türklinke gerüttelt und ein gotteslästernder Fluch erklang. Anstatt das Messer aufzuheben und zurück zu legen, verkroch ich mich unter das Bett. Ich kannte eine der Stimmen. Sie gehörte Ryan und ich wusste er nicht erfreut wäre, sollte er mich hier beim Schnüffeln erwischen. Ich robbte vorwärts und schaute vorsichtig unter dem Stoff der herabhängenden Bettdecke hervor. Die Flügeltüren wurden aufgestoßen und Adrian betrat das Zimmer, gefolgt von einem wütenden Ryan, der sich zu befreien versuchte. Ich schob mich noch ein minimales Stück vorwärts. Als ich sah, wie Avalon seine Lippen auf die des Jüngeren presste, wurde mir sofort klar, warum die beiden hier her gekommen waren, auch wenn es wahrscheinlich niemals einen anderen Grund geben würde. Angeekelt verzog ich das Gesicht. Der Geruch von billigen Parfüm und Whiskey stieg mir in die Nase. Nach endlosem Ringen, wobei Ryan Adrian unfairerweise in die Hand biss, stieß der Ältere den Kleineren zu Boden, der ein schmerzerfülltes Keuchen von sich gab und Avalon offensichtlich weiterhin entkommen wollte, denn er versuchte wieder aufzustehen. Allerdings wurde dieser Fluchtversuch mit einem diabolischen grinsen und einem Knie auf dem Oberkörper des Unterlegenden verhindert. Der Verursacher der Qualen, die sein Opfer an diesem Tag noch würde ertragen müssen, da war ich mir ganz sicher, legte die Hand an Ryans Wange und strich mit dem Daumen sanft über dessen Unterlippe. Avalon wurde angeknurrt und dieser drückte den Kopf seines Verlobten zur Seite, so dass dessen Halswirbel knackten und er direkt unter das Bett sah. Ryan wurde wieder hochgerissen. Er hatte mich entdeckt. Der Horror in seinen Augen bestätigte meine Vermutung. Unwillkürlich begann ich zu zittern. "Wenn du so weiter machst, hört dich noch einer, dann ist dein toller Ruf für'n Arsch", spottete Ryan in einem der ungünstigsten Momente, die ich mir vorstellen konnte. Vielleicht wäre es besser, wenn er seinen Verlobten nicht noch so reizen würde. Verschreckt über das plötzliche Gewicht über mir wollte mir ein leiser Schrei entweichen, doch ich hielt mir die Hände vor den Mund und erstickte ihn im Keim. Dieser geistesgestörte Spinner durfte nicht wissen, dass ich mich unter dem Bett versteckte, auf das er seinen Verlobten eben mit einer Ohrfeige verfrachtet hatte, und alles mit ansehen beziehungsweise hören konnte, was er mit dem kleineren anstellte. Ich konnte nicht viel sehen, immerhin war mein Sichtfeld denkbar weit eingegrenzt und der Spiegel an der Wand mir gegenüber half auch nicht unbedingt, immerhin konnte ich aus meiner derzeitigen Lage gerade mal die Matratze und das Holzgerüst des Bettes im Glas erkennen, mehr aber auch nicht. Ich erstarrte in meinen Überlegungen, als ich Ryan kurz aufkeuchen hören konnte und kurze Zeit später bemerkte, dass sich der Druck auf meinen Rücken verstärkt hatte, was wohl bedeutete, dass nun auch Adrian auf dem Bett Platz genommen hatte. Saß Avalon jetzt auf dem Kleineren? Ich wollte mir gar nicht ausmalen was ich in diesem Tag alles mit bekommen würde und was Ryan zu erdulden hatte, als diese widerliche, hasserfüllte Stimme erklang, die dem Jüngeren irgendetwas zu säuselte, was ich nicht verstehen konnte, weil mein eigener, rasender Herzschlag viel zu laut in meinen Ohren hämmerte. Womöglich wollte ich auch gar nicht wissen welch Obszönitäten diesen ekelerregenden Mund verlassen hatten. Meine Gedankengänge wurden unterbrochen, als das Gewicht auf meinem Körper nach ließ und ich automatisch nach Luft schnappte, den Kopf zur Seite drehte und bemerkte, dass Adrian scheinbar keinen Spaß mehr daran hatte den jungen Cornwell mit bloßen Händen zu traktieren, wie ich vermutete, denn er wühlte in der Truhe, runzelte die Stirn und hob schließlich den Dolch auf, den ich auf dem Boden liegen gelassen hatte. "Du hast wohl geschnüffelt... Konntest du es gar nicht mehr erwarten?" Mit schreckgeweiteten Augen musste ich mit ansehen wie er sich zu dem Kleineren herum wandte, und ich fragte mich, wieso Ryan nicht abhaut, obwohl er eine Gelegenheit dazu bekommen hatte. Adrian strich genüsslich mit einem Finger über die geschärfte Klinge des kleinen Stiletts und leckte sich bösartig grinsend über die Lippen. Ich wollte nicht herausfinden was als nächstes passieren würde und kniff instinktiv die Augenlider zusammen, auch wenn mir das höchstwahrscheinlich nicht viel bringen würde und lauschte den angriffslustigen Worten Ryans, der in seiner Situation wohl besser um Hilfe gerufen hätte, doch irgendwie vermutete ich, dass er das nicht zum ersten Mal mitmachen musste. "Ist dir schon langweilig, dass du deine Spielsachen holen musst? Du wirst mit jedem Tag erbärmlicher!" Natürlich wusste der Junge, dass ich mich unter ihm befand und vielleicht wollte er seinen Peiniger damit davon abbringen diese Szenerie noch länger fort zu führen und endlich zum Hauptteil überzugehen, damit ich nicht noch länger ertragen musste, was ich nicht miterleben wollte. Der Angesprochene hingegen grinste nur überheblich, begann die Klinge in seinen Fingern zu schwingen, begab sich auf das Bett und gepresstes, schmerzerfülltes Keuchen erreichte meine Ohren. Ryan würde sich nicht die Blöße geben und vor diesem Arschloch vor Schmerzen schreien, das wusste ich. Doch ich fragte mich, ob das wirklich so gut war, denn immerhin musste das eine unmenschliche Folter sein, die er durchzustehen hatte. Vielleicht würde dann einer seiner Brüder kommen und den kleinen helfen. Meine Hände pressten sich fester auf meinen Mund, als ich die deutlichen Bewegungen über mir wahr nehmen konnte und mit anhören musste, wie Ryan versuchte seine Stimme zu unterdrücken, mich wahrscheinlich nicht hören zu lassen, wie sehr es ihn quälte, einem anderen Menschen wehrlos ausgeliefert zu sein, ohne etwas dagegen tun zu können. Tränen der Wut stiegen mir die die Augen und kriegerische Gefühle erwachten. Ich biss mir auf die Unterlippe, rammte meine Zähne fest in das zarte Fleisch. Meine Fingernägel gruben sich in meine Handflächen, als ich die Fäuste ballte. Wie konnte ein Mensch nur so grausam sein? Ich zog die Augenbrauen zusammen und meine Züge verfinsterten sich zunehmend. Ich wollte aufspringen, Adrian erwürgen und Ryan helfen, aber dieses Monster war größer und zudem ein Mann. Zorn wandelte sich in Verzweiflung. Ich kroch weiter unter das Bett, legte mich auf die Seite und schluchzte auf, presste die Hände auf meine Ohren und versuchte die Geräusche aufzusperren. Ich hasste es, nichts tun zu können und diese Hilflosigkeit ließ mich den Mut verlieren. Eng zog ich die Knie an meine Brust, in der Hoffnung, dass das alles nur ein Albtraum war. Wach auf! Wach auf! schrie ich mich in Gedanken selbst an. Mit einem Tränenschleier vor den Augen und nassen Wangen starrte ich in die Dunkelheit, wiegte mich wie ein verängstigtes Kind und wollte nur endlich aus diesen Zimmer verschwinden können und vergessen, was hier passiert war. Ich hatte gewusst, das Adrian Ryan misshandelte, aber ich hätte mir niemals vorstellen können, wie schlimm es in Wirklichkeit war und wie sehr er seelisch und körperlich darunter zu leiden hatte. Kein Wunder, dass er so eine panische Angst vor Adrian hatte. Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich mir irgendeinen Ort suchen, an dem mich dieses Schwein nicht finden würde, solange er sich an meinem Körper verging, einen Ort, den nur ich kannte. Zumindest in Gedanken. Genauso wie damals … bei meinem Stiefvater … Tat er das? Versuchte er alles auszublenden, was etwas mit diesem Ort, mit Adrian und diesen Qualen zu tun hatte, die er ertrug? Als ich die Tür ins Schloss fallen hören konnte, schreckte ich unwillkürlich hoch, wurde aus meinen Überlegungen gerissen und strich mir die Tränen von den Wangen. War der Adrian endlich gegangen? Ich schrie entsetzt auf, als ich eine Hand an meiner fühlen konnte, versuchte meinen Herzschlag zu beruhigen, als ich sah, dass es sich um die von Ryan handelte, die er vom Bett hatte fallen lassen, um mir wohl zu zeigen, dass ich raus kommen konnte und fasste all meinen Mut zusammen, ehe ich mich unter dem Bett hervor rollte und mich schließlich aufrichtete. Kein Horrorfilm der Welt hätte mich auf diesen Anblick vorbereiten können. "Hilf mir bitte ins Badezimmer." Ryan lag da, von seinem Peiniger vergessen und liegen gelassen, als sei er weniger Wert als der Dreck unter Adrians Schuhen, überall Blut und die Decke über die Hüfte gezogen, doch ich konnte den Geruch dieses Mistkerls wahr nehmen und ich wusste was der Kleinere zu verstecken versuchte. Ich konnte die Tränenflut nicht unterdrücken, der Knoten in meinem Magen zog sich schmerzlich enger zusammen und der Kloß in meinem Hals brachte mich dazu durch den Mund zu atmen, um nicht an Luftmangel zu sterben. Fortsetzung folgt ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)