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Eien 永遠

Der Samurai und der Fremde
von

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2001

16. Kapitel: 2001
 

[Keine Erinnerungen

an deine Liebe.

Vergessen unsere Zeit.]
 

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Schweigend starrte Hyde an die dunkle Holzdecke, auf die die stark entflammte Kerze seltsame Schatten warf. Der Docht hatte schon eine dunkle Kappe und knisterte leise.

Langsam begann es draußen zu dämmern. Doch ehe die ersten Sonnenstrahlen durch das Papier der Wände drangen, würde noch eine Weile vergehen. So lange hatte er noch Zeit. So lange konnte er noch Kagegakus gleichmäßigem Atem lauschen und seine Nähe genießen.
 

Er hatte nicht geschlafen seit schließlich ihr inneres Feuer vor einigen Stunden erloschen war. Als ihn Kagegaku dann fest in seine Arme geschlossen hatte und eingeschlafen war, hatte er einfach nur still dagelegen und den Samurai lange angesehen, obwohl sein Blick immer wieder tränenverschwommen gewesen war.

Keine einzige Sekunde dieser Nacht hatte er verpassen wollen, auch wenn er die letzten Minuten schließlich ganz allein genießen musste.

Dass der Schwarzhaarige noch tief und fest schlief, war gut so. Er wäre nie in der Lage gewesen, sich von dem Oberhaupt zu trennen, würde ihm dieser in die Augen sehen und wieder nach dem Grund fragen.

Letzte Nacht hatte er schon viel zu oft daran gedacht, einfach die Wahrheit zu sagen. Viel zu oft hatte er Kagegaku mit seinem Wankelmut fast in Gefahr gebracht.

Er hatte sich geborgen und wohl gefühlt. So sehr, dass es nun stark in seiner Brust schmerzte. Kaum zu denken, dass es das erste und letzte Mal so sein würde.

Es wäre für ihn wie das Paradies, könnte er diesen Moment einfach in Ewigkeit einfrieren und immer dann genießen, wenn ihm danach war.

Doch das funktionierte nicht. Nicht einmal in seiner Fantasie.
 

Sein Herz mit dieser bitteren Erkenntnis erschwert, drehte der Blonde sein Gesicht zur Seite, um den Samurai ein letztes Mal anzusehen und durch sein Haar zu streichen.

„Ich liebe dich auch“, flüsterte er so leise, dass er es selbst kaum verstand.

Er dachte an den Moment, als jene Worte über Kagegakus Lippen gekommen waren. Vor zwei Jahren, als der Krieger ihn vor einer ungewissen und düsteren Zukunft gerettet hatte.

Hätte Kagegaku ihn damals nicht gefunden, wäre er wahrscheinlich heute nicht mehr am Leben.

Er verdankte diesem Mann soviel, dass ein einfaches "Ich liebe dich", einfach nicht ausreichte.

Was er wirklich fühlte, würde er in Worten nie ausdrücken können.

Kein Kuss der Welt, egal wie leidenschaftlich, würde diesem Gefühl gerecht werden. Selbst das heißeste Feuer war noch zu kühl im Vergleich zu dem, was er für Kagegaku empfand. Er war einfach alles, wofür er lebte.

Wieder sammelten sich heiße Tränen in seinen Augen. Sein Kopf pochte schon von diesen ständigen Weinattacken, die ihn immer überkamen, wenn er den Samurai ansah. Seine Tränen strömten über seine Wangen und tropften auf Kagegakus Schulter. Doch dieser bemerkte es nicht. Er schlief.

Das Schluchzen, welches den Samurai womöglich aufgeweckt hätte, konnte Hyde nur schwer unterdrücken, während er sich vorsichtig aus den Armen des Schlafenden zog.

Ohne Kagegakus warmen Körper, der ihn die ganze Nacht über gewärmt hatte, erzitterte er unter der kühlen Luft des Raumes. Er fasste nach dem dunkelblauen Kimono des Samurais und deckte den Schwarzhaarigen damit vorsichtig zu.

Obwohl er selbst fror, ließ der Blonde sein eigenes Bekleidungsstück liegen und schlich langsam in das Arbeitszimmer. Dort setzte er sich an den niedrigen Tisch und griff nach Papier und Pinsel.

Seine Gedanken schweiften ab. Sie hingen an dem Abend fest, als er mit Fukushima Tee vor der kleinen Bauernhütte getrunken hatte. Als Kagegakus treuer Freund und Berater in einen seltsamen Schlaf gefallen und er plötzlich von Kagemura überrascht worden war.

Spione, die sich unter den Männern des Nishiyamaoberhauptes versteckt halten, hatten dem rachsüchtigen Bruder seine Zuflucht verraten.
 

Mit Ekel dachte Hyde an Kagemuras drohenden Worte zurück, die ihn schließlich zu dieser Tat zwangen.

„Erfährt Kenshin, dass mein lieber Herr Bruder einen Spion versteckt, dann würde das sehr sehr schlimme Konsequenzen nach sich ziehen. Für dich und vor allem für ihn. Das könntest du verhindern, wenn du tust, was ich dir sage.“

Natürlich hatte Hyde zuerst abwehrend den Kopf geschüttelt. Niemals wollte er mit dem Bruder des Oberhauptes zusammenarbeiten.

Doch der Mann, der zu Kenshins vertrauten Generälen gehörte und damit hohen Einfluss auf den Daimyo ausübte, hatte schließlich die besseren Trümpfe in der Hand gehabt.

„Möchtest du, dass ich dir erkläre wie man ihn foltern wird? Wie lange und wie grausam? Willst du hören, was er durchmachen muss, bevor ihm der Kopf abgeschlagen wird?“
 

Hydes Hände zitterten, als er den Pinsel in die schwarze Farbe tauchte und zu schreiben begann.

Er hatte es nicht wissen wollen und doch waren aus Kagemuras Mund die scheußlichsten Details gesprudelt.

Ihm waren die Tränen gekommen, als er sich vorgestellt hatte, was man mit Kagegaku tun würde, klagte man ihn wegen Hochverrats gegen den Daimyo an.

Panisch hatte er dann zugestimmt, denn die bloße Vorstellung den Strategen in diese Situation zu bringen, hatte er einfach nicht ertragen können.

Seine Alpträume wären wahr geworden, hätte er letzte Nacht nachgegeben und Kagegakus Fragen beantwortet.
 

„Falls du glaubst, um Hilfe bitten zu können, oder dich einfach davonstehlen zu können, solltest du vielleicht wissen, dass meine Augen bis in die entlegensten Winkel der Nishiyamaresidenz sehen können.“

Seine Worte hallten noch in Hydes Ohren nach, als er den Pinsel für das nächste Wort ansetzte.

Kagemuras Spione weilten unter Kagegakus Leuten. Egal, was er hier tat, der kaltherzige Bruder würde es früher oder später erfahren. Es gab keine Chance zur Flucht oder die Möglichkeit, Fukushima um Hilfe zu bitten. Er wagte es nicht einmal, eine versteckte Botschaft auf das Papier zu schreiben. Das Risiko, dass Kagemuras Männer es irgendwie sehen könnten, war zu hoch.

Aber was wollte der zweitgeborene Sohn der Nishiyamas von ihm? Schließlich wäre es diesem doch ein Leichtes, den Blonden einfach umzubringen.

Kagemuras Antwort hatte Hyde überrascht und mehr als nur deutlich gezeigt, was Kagegakus Bruder für ein Mensch war.

„Ich möchte, dass er verzweifelt.Vor Schuld, Wut und Trauer. Nicht, weil ich dich getötet habe, sondern weil du es aus freien Stücken tun wirst. Er soll dein frisches Blut riechen, wenn du noch warm bist, wenn die Erinnerungen an euer Glück nur wenige Minuten alt sind und er noch fühlen kann, dass du gerade noch lächelnd neben ihm gelegen hast. Er soll an seinen Schuldgefühlen zerbrechen.“
 

Er sollte sterben. Aus freien Stücken.

Selbstmord, nachdem sie ihre Leidenschaft miteinander geteilt hatten. Der Schritt, den man nicht mehr rückgängig machen konnte. Der Schritt, der zwei Herzen fest aneinander band. So fest, dass sie zerbrechen konnten.

Und genau das hatte Hyde schließlich getan.

Er war letzte Nacht in Kagegakus Herz gedrungen und würde es nun mit sich mitnehmen. Er hatte die Grenze überschritten und den Strategen fester an sich gebunden. Aber nicht, weil Kagemura es so wollte, sondern weil es sein eigener Wille gewesen war.

Er war hierher gekommen, um sich und Kagegaku diesen Moment zu schenken. Diese eine Nacht, die zu einer wundervollen Erinnerung und nicht zu einem Grund, der ihn in Verzweiflung stürzen sollte, werden würde.

Er glaubte an den Strategen. Er glaubte, dass er daran nicht zerbrechen, sondern eher an Stärke gewinnen würde.

Dafür würde er nun sein Leben opfern. So wie Kagemura es wollte.

Seine Brust zog sich zusammen, als er den Pinsel beiseite legte und noch einmal einen Blick auf sein Geschriebenes warf.

Es waren nur wenige Worte und doch hatte es ihn viele Minuten gebraucht, sie niederzuschreiben. Es war eine von zittriger Hand geschriebene Nachricht, die kaum etwas Wichtiges aussagte. Nur ein leises Danke, welches er bisher nie wirklich über die Lippen gebracht hatte. Es hatte nie die Gelegenheit, nie den richtigen Zeitpunkt gegeben.
 

Hyde nahm das Papier und stand auf. Sein Herz raste, als er sich im Raum prüfend umsah und sofort Kagegakus Kurzschwert, welches dieser am Abend einfach liegen gelassen hatte, erfasste. Die scharfe Klinge glänzte bedrohlich im Kerzenlicht.

Hydes Pupillen verengten sich. Er ging hinüber und kniete sich vor die Waffe, bevor er sie ehrfürchtig in die Hand nahm. Sie war schwer und beinahe wäre sie dem Blonden aus den Fingern gerutscht.

Unsicher riskierte er einen Blick auf den Schlafenden, bevor er die Augen schloss, tief durchatmete und sich die Klinge an den Hals legte.

Seine Hände zitterten stark und ein seltsames Gefühl durchströmte seinen Körper, als er das kalte Metall spürte.

War es Angst? Reue?

Verzweifelt presste er die Lippen fest aufeinander und hielt den Atem an.

Es war so still, dass er seinen eigenen Herzschlag hören konnte. Es pochte gegen seine Brust, als wollte sein Herz ihn von dieser Tat abhalten.

Aber er durfte nicht.

Er musste es tun.

Es war besser so.

Als Hyde jedoch das Kurzschwert über seine Haut ziehen wollte, hörte er plötzlich ein schrilles Piepsen.

Verwirrt öffnete er wieder seine Augen und sah sich um.

Der seltsame Ton war verschwunden, dafür aber schienen sich die Wände um ihn herum zu drehen. Auf einmal rasten die Sekunden und sein Puls pochte noch schneller.

Es wurde kalt. So kalt, dass sein schneller Atmen Wölkchen bildete.

Seine Pupillen zuckten und seine Arme wurden unendlich schwer.

Er konnte das Kurzschwert kaum noch halten. Es war, als würden seine Hände mit dicken Seilen nach unten gezogen.

Er wehrte sich dagegen, doch sein Körper war mit einem Mal so schwach, dass er dieser seltsamen Kraft nichts entgegensetzen konnte.

Als er vor Kälte keine Luft mehr bekam, ließ er das Schwert schließlich fallen.

Schweratmend fasste Hyde sich an die Brust. Sein rasendes Herz wollte sich aber nicht beruhigen und seine Augen sahen nur noch flackernde Bilder.

Verwirrt sah er sich um.

Alles sah so vollkommen anders aus. Die Wände waren rot, der Boden weiß. Die Kerze flackerte in einem hellen Grün, während Gegenstände keine Schatten warfen. Nur Kagegaku, der mit dem Rücken zu ihm lag und schlief, war unverändert.

Was passierte mit ihm? Warum fühlte er sich so merkwürdig?

Er schüttelte aufgewühlt den Kopf, bevor sein Blick auf eine Schachtel am anderen Ende des Raumes fiel. Sie lagerte unter zwei anderen kleineren Boxen.

Warum sie gerade jetzt seine Aufmerksamkeit erlangt hatte, konnte er sich nicht erklären. Er spürte nur, dass er irgendwie von ihr angezogen wurde.

Langsam rutschte der Blonde mit den Knien über den Boden. Die Geräusche, die er dabei machte, waren dumpf, als wäre er unter Wasser.

Er zog die längliche Schachtel hervor und nahm ihren Deckel ab. Nachdenklich fasste Hyde in die Box und zog den Kimono heraus. Seine Hände streiften über den weichen Stoff, der mit roten Ahornblättern bestickt war.

Es war der Kimono, den er getragen hatte, als Kagegakus Männer ihn vor über zwei Jahren am Fluss gefunden hatten. Er erinnerte sich daran. Doch woher er ihn hatte, das wusste er nicht mehr.

Alles, was vor seiner Zeitreise geschehen war, hatte er vergessen. All seine Erinnerungen waren einfach so verschwunden.

Er konnte nicht um seine Vergangenheit trauern, weil er nicht wusste, was er überhaupt verloren hatte. Und doch verschwamm sein Blick hinter Tränen, als Hyde daran dachte, mit seinem Tod auch dieses unbekannte Leben wegzuwerfen.

Wer auch immer dort auf ihn wartete, würde vergebens seine Zeit damit verschwenden. Er konnte nicht zurück. Er wusste einfach nicht wie.

Während er den Kimono auf seinen Schoß legte, versuchte er an seine Vergangenheit zu denken.

Doch da war einfach nichts, woran er sich erinnern konnte, egal wie angestrengt er es versuchte. Es existierte nur unendliche Leere, als hätte es sein Leben in der Zukunft nie gegeben.

Er war verzweifelter und verwirrter denn je.

Er konnte sich weder umbringen, noch in seine Zeit zurückkehren. Was aber sollte er stattdessen tun? Was hatte das Schicksal für ihn geplant?

Als Hyde sich diese Frage stellte, färbten sich die roten Wände auf einmal in tiefes Grau. Der weiche Stoff auf seinem Schoß glühte und in seinem Kopf begann es fürchterlich zu hämmern.

Die Wärme des Gewandes verbreitete sich in seinem ganzen Körper und seine Augen erblickten dunkelgrauen Rauch. Unter einem plötzlichen Schmerz in allen Gliedern brach er kraftlos zusammen, während sein Atem nur noch stoßweise und gepresst kam.

Und obwohl es die reinste Qual war, versuchte er sich immer noch zu erinnern.

Diese Schmerzen und Gefühle waren ihm bekannt. Das alles war schon einmal passiert.

Er war allein gewesen. In einem Raum mit weißen Wänden und großen Spiegeln.

Er hatte den Kimono getragen und der Obi war fest um seine Hüfte geschnürt gewesen. Er hatte keine Luft bekommen und war zusammengebrochen.

Und während er in die Dunkelheit gestürzt war, hatte er diese Augen gesehen. Es waren Kagegakus Augen. Sie hatten ihn gerettet.

Es passierte das Gleiche.

Er spürte regelrecht, wie er langsam die Besinnung verlor. Dieses Mal aber gab es nichts, was ihn leitete. Er sah nichts, er fühlte nichts.

Als würde er in einen Abgrund ohne Boden fallen.

Hyde wurde panisch und schüttelte den Kopf. Es musste doch etwas geben, woran er sich erinnern und festhalten konnte. Damit er nicht in diese dunkle Unendlichkeit fiel und einfach so verschwand.

Ein Gesicht, ein Gefühl oder ein Moment. Jemand, der nach ihm rief, ihn vermisste oder einfach nur an ihn dachte.

Er musste sich erinnern, bevor es zu spät war.

Und plötzlich, als wären seine Gebete erhört worden, tauchten Bilder in seinem Kopf auf. Sie rasten vor seinen Augen vorbei, überlagerten sich, wurden undeutlich, dann wieder scharf. Er sah, wie er den Kimono getragen hatte und zusammengebrochen war. Wie ein rundlicher Mann sich ihm als Tayama vorgestellt hatte. Wie er auf dem Weg in das Studio bei einem CD-Geschäft angehalten und am Abend zuvor telefoniert hatte. Und dann, wie er verwirrt in seiner Badewanne aufgewacht war. Und auf einmal kam ihm eine Zahl in den Sinn.

Während es schwarz um ihn herum wurde, flüsterte er sie mit letzter Kraft.

„2001.“

Und dann verlor er das Bewusstsein.
 

*
 

Er schreckte auf, als plötzlich sein Handy, das auf der Kommode neben der Badewanne lag, vibrierte. Benommen starrte er an die Wand und blinzelte, bevor er sich die nassen Haare aus dem Gesicht strich.

Er war eingenickt. Die Haut seiner Finger war schon schrumplig und das heiße Wasser leicht abgekühlt.

Die Uhr auf dem Handy aber zeigte 20:03 Uhr. Es waren keine 5 Minuten vergangen, seit er das letzte Mal drauf gesehen hatte.

Seufzend trocknete Hyde sich die Hände am Handtuch ab, welches ebenfalls auf der Kommode lag, bevor er nach dem Handy fasste. Als er jedoch den Anruf entgegennehmen wollte, schaltete sich das Display ab.

Der Akku war leer.

Fluchend lehnte er es zurück und sank noch einmal tief in das Wasser.

Er fühlte sich merkwürdig.
 

Er war müde und doch hatte er das Gefühl, monatelang geschlafen zu haben. Dabei waren es nur ein paar Minuten gewesen.

In seinem Kopf hämmerte es und schwindelig war ihm auch.

Er wollte an etwas denken, sich an etwas erinnern.

Ein Traum? Aber er wusste, dass er nicht geträumt hatte. Er war doch nur ganz kurz eingenickt.

Verwirrt schüttelte der Blonde den Kopf, bevor er sich aus dem lauwarmen Wasser zog.

Er warf sich den Bademantel über die Schultern, trocknete sich das blonde Haar grob mit dem Handtuch ab und griff nach seinem Handy, bevor er in das Wohnzimmer seines Apartments ging.

Er legte das Handy auf den Tisch und nahm das Festnetztelefon. Die Nummer seines Managers war eingespeichert, also ließ er wählen.

„Du wolltest mich anrufen ...?“, murmelte Hyde sofort in den Hörer, ohne eine Begrüßung loszuwerden, während er sich an die schmerzende Stirn fasste.

„Ich wollte dich nur an dein morgigen Werbespotdreh erinnern. 10 Uhr im Sender.“

„Ich weiß“, seufzte der Blonde müde.

Er hatte doch noch nie einen Termin vergessen. Warum also glaubte sein Manager, ihn gerade heute daran erinnern zu müssen?

„Ist alles in Ordnung? Du hörst dich schlecht an“, fragte der Mann am anderen Ende des Hörers. Hyde nickte, während er nach der Fernbedienung griff und den Fernseher anschaltete.

„Ja, alles okay. Habe nur etwas Kopfschmerzen und bin müde“, antwortete er ehrlich.

Er setzte sich auf die Couch und starrte desinteressiert auf den Bildschirm.

Es lief Werbung, also nahm er wieder die Fernbedienung und wollte das Programm wechseln.

„Achso, ... Also Tayama-san bringt einen alten Kimono vorbei. Er meinte, dass du ihn unbedingt für diesen Werbespot tragen solltest“, erklärte sein Manager, Hyde jedoch hörte seine Worte gar nicht mehr.

Seine Aufmerksamkeit galt dem Fernseher, den er perplex anstarrte. Die Fernbedienung legte er nachdenklich zur Seite, bevor er an sich zweifelnd den Kopf schüttelte.

„... irgendwas mit goldenem Haar ...“

„Sag, du kennst doch diese neue Werbung von E-ma, oder?“, unterbrach Hyde skeptisch seinen Manager.

Einen Moment lang war es still, bevor der Manager im genervtem Ton eine Gegenfrage stellte.

„Hast du mir überhaupt zugehört?“

„Seit wann wirbt denn Masahiro für E-ma? Gestern lief der Werbespot doch noch mit diesem Sänger.“ Die Aufregung, die sich in Hydes Stimme bemerkbar machte, war dem jungen Mann am anderen Ende der Telefonleitung nicht entgangen.

„Wovon sprichst du überhaupt?“, brummte er. Der Blonde runzelte nachdenklich die Stirn, während der zweite Werbespot dieser Reihe über den Bildschirm flimmerte.

„Wie hieß er doch gleich? Dieser Sänger, der gerade so beliebt ist? Gaku ... Gac... Gackt? Ja stimmt, es war dieser Gackt.“

„Ich weiß immer noch nicht wovon du redest“, klagte der Manager, der sich ignoriert fühlte.

„Gestern lief haargenau derselbe Spot mit diesem Gackt“, versuchte Hyde zu erklären.

Doch ernten konnte er dafür nur ein genervtes Seufzen, welches über den Hörer in sein Ohr drang.

„Erstens, warum interessiert dich das so sehr, und zweitens, ich kenne keinen Sänger mit diesem Namen.“ Hyde runzelte wieder die Stirn.

„Und ich dachte, du würdest jedes Sternchen persönlich kennen“, begann der Blonde unabsichtlich zu sticheln.

„Was soll das heißen?“

„Du solltest doch wissen, wer im Musikbusiness gerade Rang und Namen hat.“ Als es am anderen Ende der Leitung eine Weile still war, machte sich langsam eine unerklärliche Nervosität im Inneren des Blonden breit.

Er starrte auf den Bildschirm und wusste ganz genau, dass dieser Werbespot nur einen Tag zuvor mit einem anderen Gesicht in sein Wohnzimmer geflimmert war und sein Manager schien diese Berühmtheit nicht einmal zu kennen.

„Glaube mir, das tue ich. Und ein Gackt gehört sicher nicht dazu. Ich habe noch nie etwas von diesem 'Sternchen' gehört“, meinte der junge Mann am Telefon gereizt.

„Aber...“, murmelte Hyde und schüttelte vehement den Kopf, obwohl sein Gesprächspartner davon keine Notiz nehmen konnte.

Er war sich sicher, dass er nicht falsch lag. Und das, obwohl er sich nur wenig dafür interessierte, was musiktechnisch um ihn herum passierte. Er hatte genug mit seiner eigenen Band zu tun und eine Solokarriere stand gerade erst in den Startlöchern.

Um einen Gackt hatte er sich nie geschert. Dafür war nie die Zeit gewesen.

Er wusste auch nicht, warum er sich mit seinem Manager über solch eine Belanglosigkeit stritt, doch aus irgendeinem Grund schien er die Sache einfach nicht ignorieren zu können.

Er kannte diesen Gackt ja selbst kaum.

Ein paar Mal hatte er ihn im Fernsehen gesehen, oder war ihm ein oder zwei Mal irgendwo Backstage über den Weg gelaufen.

Außer einer kurzen höflichen Begrüßung hatten sie nie ein Wort miteinander gewechselt.

Trotzdem, irgendein seltsames Gefühl überkam ihn, wenn er an diesen Sänger dachte.

Dessen Gesicht konnte er sich gar nicht wirklich vorstellen. Es war unklar, verschwommen.

Er hatte ihn ja auch nie richtig angesehen. Selbst den Werbespot hatte er nur flüchtig und eher desinteressiert erfasst, als er vor wenigen Tagen das erste Mal gesendet worden war.

„Ich ... ich muss Schluss machen“, stotterte Hyde aufgewühlt, als ihm plötzlich ein merkwürdiger Gedanke gekommen war.

Er ließ das Telefon auf die Couch fallen, eilte in sein Arbeitszimmer und setzte sich an den Computer.

Grübelnd tippte er den kurzen Namen in die Suchmaschine ein. Warum er dies tat und es ihn so beschäftigte, war ihm ein Rätsel.

Doch irgendetwas in ihm schrie nach einer Antwort. Die Antwort auf eine Frage, die er gar nicht kannte.

Und als er die Entertaste drückte, bekam er sie.

Keine Treffer.

Verwirrt versuchte Hyde verschiedene Schreibweisen, doch keine erhielt auch nur ein treffendes Ergebnis.

War er verrückt?

Er wusste doch, dass es ihn gab. Er hatte doch seine Songs im Radio eines Freundes gehört. Er hatte doch die Menschen auf der Straße über ihn reden hören. Warum verdammt noch mal kannte diese Maschine seinen Namen nicht?

Eine seltsame Panik ergriff den Blonden, als er es in Katakana-Schreibweise versuchte und wieder keine Treffer erhielt.

Es gab keinen Sänger mit diesem Namen.

Hier stimmte etwas nicht, das spürte Hyde ganz deutlich. Irgendetwas war falsch. Irgendetwas hatte sich verändert.

Und er fühlte sich auf eine merkwürdige Art verantwortlich.

Nervös fuhr er sich durch das nasse Haar und kniff, unter dem Kopfschmerz, der plötzlich stärker geworden war, die Augen zu, bevor er sich zurück in den Stuhl lehnte.

Seit er in der Badewanne eingenickt war, fühlte er sich seltsam. Und nicht nur er selbst, sondern alles war irgendwie eigenartig. Als würde er neben sich stehen, nicht er selbst sein. Als wäre seine Welt nur das durchsichtige Innenleben einer Seifenblase, die kurz vor dem Zerplatzen stand.

„Was passiert hier?“, murmelte der Blonde, als sich die Wände um ihn herum zu drehen begannen.
 

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Also ein Traum war es auf jeden Fall NICHT! Hallo? Ich hasse so was in Filmen oder Büchern... Traum... das ist immer die einfachste Lösung ... unfair und gemein... >-< Neee gemein will ich nicht sein. Gemein war ich schon zu oft...
 

Ich freu mich eigentlich schon richtig drauf, dass nächste Kapitel hochzuladen. Aber ich will meinen Plan ja einhalten, also müsst ihr auf das auch leider wieder 3 Wochen warten. Sobald ich aus Japan zurück bin, ist es da. Wenn es aber keine Probleme mit der Internetverbindung in Japan gibt, dann kann ich es auch pünktlich am 5. oder 6. November hochladen. ^^ Ansonsten wird es erst am 9. November online sein.
 

Da ich aber schon so einen super Vorsprung ausgearbeitet habe, könnte es sein, dass ich ab dem nächsten Kapitel alle 2 statt alle 3 Wochen ein Kapitel hochladen kann. Vllt auch jede Woche... kommt drauf an, wie gut ich nach dem Japanurlaub drauf bin und Bock auf schreiben hab, oder ob ich nicht doch eher in ein tiefes Loch falle, aus dem ich mich erstmal rauswurschteln muss. ^^;;
 

Bis dahin... haltet die Ohren steif!!!
 

I'll be back. ^^V
 

Ina



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  kuren-ai
2011-10-18T15:22:27+00:00 18.10.2011 17:22
Ich schätze, dass Gackt die Reinkarnation von Kagegaku ist :D (oder zumindest Hyde glaubt das). Aber warum existiert der Name nicht? Wahrscheinlich ist Gackt einfach noch nicht komplett mit neuem Namen im 21. Jahrhundert angekommen. ^^
Dadurch, dass 2001 ist, werden sich Gaku und Hyde spätestens 2003 zum Moon-Child-Dreh wiederbegegnen. Das ist jetzt vielleicht ein bisschen weit hergeholt, aber vom zeitlichen Ablauf (wenn du reale Fakten reinbringen willst) unvermeidbar. :D
Von:  Vampire-Mad-Hatter
2011-10-17T15:06:57+00:00 17.10.2011 17:06
Es gibt Gackt nicht mehr? *.* Was ist denn jetzt schief gelaufen? Oo
Aber Hyde konnte sich noch an ihn erinnern, wenn auch nur ganz schwer.
Krass was Kagemura für Bedingungen gestellt hat. Hyde wollte sich wirklich das Leben nehmen... aber das er gerade deswegen zurück in der Zukunft ist, ist wohl so das er vielleicht noch eine chance bekommt alles anders zu regeln... denn zum Schluss verschwimmt ja wieder alles. Vielleicht geht er wieder zurück in die Zeit? Ö_Ö
Ich hab absolut keine Ahnung! XD
Und jetzt schnell weiter! @_@
Von:  Earu
2011-10-16T18:26:17+00:00 16.10.2011 20:26
Du hast Gackt ausgelöscht!! Waaaahhhh!!!einself O__________O ... ... xDD Nya, ich bin mal gespannt, was hier noch so kommen wird :3 Auf alle Fälle war ich ziemlich überrascht über den Deal, den Hyde mit Kagemura eingehen musste. Hätte ich nu gar nich erwartet, auch wenn es eigentlich wie Arsch auf Eimer passt.

Ansonsten war deine Beta ein bisschen ungründlich, was den Ausdruck angeht. Da waren einige Formulierungen dabei, wo man das Gefühl kriegt, dass sich zwei Redensarten gepaart haben. Und du hast ca. das halbe Kapitel lang nur "er" geschrieben. Is natürlich klar, wer gemeint ist, wenn es nur eine handelnde Person gibt, aber es schlägt schon auf den Wortwiederholungsfaktor. Iwann fiel es mir auf und ich konnte es dann nicht mehr ausblenden, was ein wenig nervig war.

btw. Träume sind zwar immer eine klassische Lösung, aber unfair sind sie dann doch nicht. Sie sind schließlich die Wünsche des Herzens :3 Und Freud wäre gar nicht begeistert, wenn er das hören würde - Traumdeutung lässt grüßen ^^
Von:  Astrido
2011-10-16T14:47:57+00:00 16.10.2011 16:47
weißt du, meine logische konsequenz aus der drohung kagemuras wäre ja einfach in eine andere provinz zu ziehen, statt sich umzubringen(auch wenns ja nicht klappt)...
der sagte ja nur, er habe diese provinz unter kontrolle, nicht ganz japan..

warum eig grade in diesem moment zurück in die zukunft? weil er sich töten wollte?
mich würd auch interessieren, warum er nicht beim kimono anziehen, wo er ja verschwunden ist, auch wieder auftaucht^^
aber ich denke, es is wie mit "zurück in die zukunft" er is einfach nicht richtig wieder angekommen.
würde ja auch erklären, wieso es gackt nicht gibt.mich würd interessieren, ob es nur den namen gackt oder seine ganze person nicht gibt


ansonsten, ich finde hyde sollte, sobald er sich wieder erinnert, damit er die vergangenheit mit kageyaku nicht vergisst, eine art buch drüber schreiben.

lg
Mayu
Von:  Jaeba
2011-10-16T10:27:26+00:00 16.10.2011 12:27
Ha!
Ich wusste, dass er in seine Welt zurückkehren würde :D
Auch, wenn die ein wenig aus der Bahn ist o,o
Vermutlich hat unser lieber Hyde durch seine Taten in der Vergangenheit mal eben die ganze Zukunft geändert o,o
Und wenn Kagegaku zufällig Gackt Ururururururururururururgroßvater war und der sich umgebracht hat, kann es natürlich auch keinen Gackt geben ... was hoffentlich NICHT der Fall sein wird! O___O
*mir eine Welt ohne Gackt vorstell*
... ... ... geht nicht >.<

Also, lad schnell das nächste Kapitel hoch, ich kann es kaum noch erwarten! @.@

LG
JaeKang
Von:  Chilet
2011-10-15T15:20:55+00:00 15.10.2011 17:20
Omg.... ~

Zuerst dachte ich ja auch an einen Traum, aber... das bezweifle ich mittlerweile...
Oh man... Warum findet er gackt nicht..was hast du getan ;O;!!!

Kagemura ist aber auch ein mieses Stück. *mecker* Haido einfach solche Dinge an den Kopf zu werfen un ihn in den Selbstmord zu steuern...
*sigh*
Ich will wissen, was mit Gaku bzw Kagegaku ist...

Ow bitte .___.
*sehnsüchtig wart*
Von: abgemeldet
2011-10-15T10:45:28+00:00 15.10.2011 12:45
o__O

oje, das ist so mies >___<

..aber ich glaube fest daran, dass du das noch schön weitergehen lässt!

zumindest bin ich nach diesem kapitel lange nicht so deprimiert, wie nach dem letzten ;)

(und hoffe natürlich, dass du dann wirklich schneller hochlädst ^^)


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