Konoha Side Stories von Ace_Kaiser ================================================================================ Kapitel 61: Der ewige Chunin 20 ------------------------------- 13. Kishio und Shinpachi blieben für fast vierzig Stunden unzertrennlich. In dieser Zeit untersuchten die Ärzte Kumogakures den älteren Moeru mehrmals und verabreichten ihm ein Gegenmittel gegen das Gift, das in seinem Körper gewütet hatte. Mit der besseren und regelmäßigeren Ernährung wurde auch seine Stimme schnell kräftiger. Die Erschöpfung wich aus seinem Gesicht und nahm die meisten kleineren Falten mit, aber die Mundfalten hatten sich unwiderbringlich von der Nase bis zum Kinn tief eingefressen. Das gab Shinpachi etwas Energisches, aber das war auch der einzige positive Aspekt. Dennoch, die Prognosen waren sehr gut. Shinpachi Moeru würde wieder vollkommen gesund werden, wenn man ihm Zeit gab und ihn gut versorgte. Das waren gute Nachrichten. Aber es war abzusehen, dass Kishio über kurz oder lang etwas Dummes tun würde. So zum Beispiel das Gefängnis angreifen, um die Peiniger seines großen Bruders zu töten. Zumindest erwartete Kuzoko das von ihm. Und sie lauerte auf ihre Chance, Kishio mit der Verantwortung für die Genin zu überschütten, um ihn gar nicht erst zu Atem kommen zu lassen. Aber merkwürdigerweise sprach Kishio mit nicht einem Wort über die gefangenen Gefolgsleute aus Orochimarus Versteck. Stattdessen wurde er bereits am Tag von Mamoru-senseis Aufbruch nervös, und diese Nervosität steigerte sich mit jeder Stunde. Dann war er am übernächsten Tag einfach verschwunden, von gleich auf jetzt und Kuzoko befürchtete schon, er wäre auf dem direkten Weg zum Gefängnis. Aber weder sie noch Ryoga, geschweige denn das extra abgestellte ANBU-Team konnte eine Spur von ihm in relativer Nähe zum Gefängnis entdecken. Die Wachen lösten dieses Rätsel, denn Kishio hatte sich ordnungsgemäß bei allen vier Posten abgemeldet, als er die Stadt verlassen hatte. Warum er das getan hatte, wo er doch eigentlich Shinpachi pflegen musste, war weder Kuzoko noch Ryoga klar, also sprachen sie mit Shinpachi selbst. "Okay, Großer", sagte sie zum Moeru, während sie neben seinem Bett kniete, "wohin ist Kishio verschwunden? Und komm erst gar nicht mit dem Versuch, dich rauszureden. Ich weiß ganz genau, dass du weißt, wo er ist." "Das ist doch auch kein Geheimnis." Shinpachi lächelte freundlich. Und es wäre ein zuvorkommendes, hübsches Lächeln geworfen, wenn er nicht so hohlwangig gewesen wäre. "Und wo ist unser Superheld gerade?", fragte Ryoga von der Tür aus. Sie waren sich einig, dass nur einer von ihnen Shinpachis Schlafzimmer betreten würde, um den Moeru nicht unter zusätzlichen Druck zu setzen und es ihm so leicht wie möglich zu machen. Und da Kuzoko definitiv hübscher war, hatten sie beide die Theorie verfolgt, dass es dem Moeru leichter fallen würde, mit einem schönen Mädchen zu reden. Bis hierhin hatte es gut funktioniert. "Simpel. Er ist auf dem Weg zu Mamoru-sama", sagte Shinpachi frei heraus. "Ich habe ihm gesagt, er soll das lassen, aber er hat leider nicht auf mich gehört." "Wieso? Was will er bei Mamo-chan? Sein Platz ist hier, bei den Genin", sagte Kuzoko erstaunt. "Wie soll ich das erklären? Nun, am Abend, als Mamoru-sama aufgebrochen ist, fing es bei ihm an. Er wurde zunehmend nervöser, fahriger. Das wurde besonders ersichtlich, weil wir eigentlich geschlafen hatten. Ihr wisst ja, wie erschöpft er war. Als er aufwachte, sagte er mir, Mamoru-sama müsse etwas passiert sein, er habe ihn rufen gehört." "Was? Aber Mamo-chan hat doch gesagt, das erfordert bei ihm Körperkontakt", meinte Kuzoko erstaunt. "Das habe ich Kishio-sama auch gesagt, aber er sagte, er hätte Mamoru-sama auch im Fokus, und er hätte seine Position seit Stunden nicht verändert." Shinpachi lächelte leicht. "Ihr müsst wissen, dass unsere sensorische Reichweite als Moerus enorm ist. Die von Kishio ist vielleicht größer als meine - im Moment - und seit Mamoru-sama aufgebrochen ist, hatte er immer einen Teil seines Fokus auf ihn gerichtet. Bewusst, unbewusst, er hatte einen Teil von Mamoru-sama immer in seinem Blick. Zwar nur einen sehr schmalen Streifen, aber alles zusammengenommen hätte es Kishio-sama umgebracht, wenn er dem nicht nachgegangen wäre. Ich habe seine Wahrnehmung geprüft und muss bestätigen, dass sich Mamoru-sama tatsächlich seit Stunden nicht bewegt hat." "Ist er...?", fragte Kuzoko entsetzt. Dann aber sah sie Ryoga an. Der Affe nickte ihr zu. Richtig, wäre er tot, wären auch seine Kontrakte und die Beschwörungen beendet worden. Also lebte er. "Ich gebe zu, das ist beunruhigend, aber noch kein Grund, so...", begann sie, aber Shinpachi winkte ab. "Das weiß ich. Das weißt du. Aber wenn es etwas gibt, das Kishio-sama nicht mehr erleben will, dann ist es, einen Menschen, der ihm etwas bedeutet, wieder zu verlieren. Ich hielt es für besser, ihm da zuzustimmen, als ihn weiterhin im eigenen Saft braten zu lassen. Außerdem hat er befürchtet, man würde ihn nicht gehen lassen. Der Raikage würde ihn nicht gehen lassen, hat er gesagt. Also ist er trotzdem gegangen. Wenn er falsch liegt, umso besser. Aber dieser ominöse Ruf und das schlechte Gefühl haben ihm keine Wahl gelassen." "Dann hätte er mit uns sprechen sollen", sagte Ryoga. "Wir hätten ihn unterstützt." "Ja, das weiß er. Aber er hat sich gesagt, es reicht, wenn sich einer blamiert. Dazu braucht es nicht mehrere und vor allem nicht diejenigen, die auf die Genin aufpassen. Sobald er Mamoru-sama erreicht hat, wird er außer Reichweite unserer Kommunikation sein, leider. Aber wenn er wieder in Reichweite ist, wird er mir sofort mitteilen, was er vorgefunden hat. Im besten Fall können wir immer noch sagen, er war einfach nervös und wollte sichergehen, dass Mamoru-sama nichts passiert ist. Dafür ist er durchaus bereit, jede Strafe in Kauf zu nehmen." "Das ist Quatsch", brummte Kuzoko. "Niemand wird ihn dafür bestrafen, dass er sich Sorgen um Mamo-chan gemacht hat." "Ja, das mag sein. Aber man wird ihn bestrafen, weil er seine Pflichten vernachlässigt hat", erwiderte Shinpachi. "Immerhin sollte er auf die Genin und auf mich achten, richtig?" Er sah sich suchend um. "Apropos Genin. Wo steckt denn die Rasselbande?" Ryoga zuckte die Schultern. "Im Moment halten sie sechs meiner Schattenklone beschäftigt und stellen Kumogakure auf den Kopf. Und wenn ich sage auf den Kopf, dann meine ich das auch so." Shinpachi lachte leise. "Ich frage mich gerade, ob Kishio-sama mit seiner Entscheidung nicht das bessere Los gezogen hat." "Keine Sorge", sagte Kuzoko, "wir lassen uns schon eine Strafe dafür einfallen, dass er sich gedrückt hat." "Ich sagte doch, er würde bestraft werden", schmunzelte Shinpachi. "Allerdings. Lässt uns hier mit der Arbeit sitzen", murmelte Ryoga. Er nickte Shinpachi zu. "Aber du hast vollkommen Recht. Es spricht nichts dagegen, dass er aufgebrochen ist. Selbst wenn es nur seine Nerven beruhigen soll. Es wird schon nichts passiert sein, sonst hätten wir das als Erste gemerkt. Und was seine liegengebliebenen Arbeiten angeht... Da ich bereits damit beschäftigt bin, auf Kira und die anderen aufzupassen, macht es dir doch sicher nichts aus, Kishios andere Aufgabe zu übernehmen, oder, Kuzoko-chan?" "Kishios andere Aufgabe?", fragte sie für einen Augenblick irritiert. "Ich glaube, er meint mich. Aber keine Sorge, ich komme klar", log Shinpachi. Kuzoko unterdrückte ein Lachen. "Nein, kommst du nicht. Abgemacht, Ryoga-kun, ich übernehme Shinpachi-kun und du die Genin." Der Affenkrieger nickte zufrieden, trat in den Gang hinaus und schloss die Tür. "Also, Shinpachi-chan", sagte sie, ein wenig nervös die Hände ringend, "was kann ich für dich tun?" Ein sichtlicher Ruck ging durch den Moeru. "Äh, es ist mir ein wenig peinlich, aber... Ich müsste mal auf Toilette. Kannst du mich vielleicht stützen?" "Und du sagst, du kommst alleine zurecht. Du bist wie Kishio. Merk dir besser gleich und für die Zukunft, dass du jetzt in Team Morikubo spielst, und da passt jeder auf jeden auf." Sie stemmte sich unter seinen linken Arm, als Shinpachi ihn hob. Gemeinsam brachten sie den Moeru auf die Beine. "Übrigens, warum glaubte Kishio, dass der Raikage ihn bestrafen wollen würde?" "Kishio geht immer vom Schlimmsten aus", sagte der Moeru trocken. "Oh. Pessimist?" "Strenger Großvater." "Verstehe. Komm, es ist ja nicht weit. Und du darfst für den Weg eine schöne Frau im Arm halten." "Glaub es oder glaub es nicht - das weiß ich wirklich zu schätzen", sagte Shinpachi lächelnd. "Und ich habe eigentlich nicht mehr damit gerechnet, so etwas noch erleben zu dürfen." "Kompliment dankend akzeptiert", erwiderte sie lächelnd. "Das war kein Kompliment. Es war eine Feststellung", korrigierte Shinpachi das Mädchen. "Nur eine Feststellung..." Den Rest der Strecke legten sie schweigend zurück. *** Auf dem Affenberg wiederholte sich eine Szene, die sich so derweil schon vor knapp zweieinhalb Monaten abgespielt hatte. Nur damals hatte sie nicht so lange gedauert. Auch zu dem Zeitpunkt hatte Mamoru Morikubo Anne auf den Affenberg geschickt, damit sie in Sicherheit war. Schon damals war sie nervös, ja, aufbrausend gewesen, weil sie zurück zu ihrem Sempai gewollt hatte, um ihm beizustehen. Diesmal aber war es schlimmer, ungleich schlimmer, denn sie hatte ihren Sempai noch mehr im Ungewissen zurückgelassen als damals, im Land der Steine. Und diesmal auch definitiv gegen ihren Willen. Ein Umstand, bei dem sie sich noch nicht sicher war, ob sie Gosunkugi-kun jemals wieder verzieh, denn er war ihr beschworener Krieger, aber er hatte auf Mamoru-sama gehört, nicht auf sie. Und natürlich waren ihre Chancen gering gewesen, aber sie hätte es zumindest versuchen müssen, anstatt Mamoru-sama alleine und sterbend zurückzulassen. Und mit jeder Stunde, die verstrich, wurde aus ihrer Unruhe Angst, blanke Angst, dass plötzlich Ryoga zurück auf den Affenberg geschickt wurde, weil dies bedeutet hätte, dass Mamoru-sama verstorben sein musste und sein Kontrakt mit den Affen aufgelöst worden war. Angst, Ärger, Panik und Wut machten aus der jungen Kunoichi einen Menschen, von dem man einerseits am liebsten zwanzig bis dreißig Meter Abstand halten, ihn aber im gleichen Maße tröstend in den Arm nehmen wollte. Die einzige Person, die dieses Pulverfass im Griff zu haben schien, war Ranko-sensei, die sich neben ihrer anderen zahlreichen Pflichten so oft sie konnte ihrer annahm. Sugai und Lisang betrachteten das vor Angst zitternde Mädchen, das nervös an jenem Fleck auf-, und abmarschierte, an dem die Affen nach einer Beschwörung zurückzukehren pflegten. Jedesmal, wenn ein Affe erschien, zuckte sie aufs Entsetzlichste zusammen, weil es womöglich Ryoga Hibiki sein konnte. Aber alle drei Affen gehörten zur Westsektion und hatten mit dem Kontraktpartner aus Konoha nichts zu tun. "Können wir denn gar nichts für sie tun?", fragte Sugai ungewöhnlich einfühlsam, als Perine zu ihnen trat. Genau wie die Affenkriegerin hatten sie von den besten Medi-Nins der Affen eine Behandlung gegen das Gift erhalten, das Orochimaru ihnen allen hatte injizieren lassen, und daher waren sie erst kurze Zeit wieder auf den Beinen. "Für Anne?" P-chan schüttelte den Kopf. Dabei konnte sie ihre eigene Angst kaum verbergen, denn sie fürchtete sich ebenso wie Anne vor dem, was unvermeidlich schien: Mamorus Tod. "Dann wenigstens etwas für Hikari-kun?", fragte Lisang. Wieder schüttelte Perine den Kopf. "Rein gar nichts. Da muss er selbst durch. Er hat sich entschlossen, lieber auf Mamoru zu hören als auf seine Kontraktpartnerin. Und er hat die Flucht dem Tod im Kampf vorgezogen. Damit haben er und Mamo-chan unsere Leben gerettet, das steht außer Frage." Bei diesen Worten presste sie die sonst so vollen Lippen zu schmalen, blutleeren Strichen zusammen und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Nein, sie war nicht zornig auf Hikari. Sie war zornig auf sich selbst, denn wenn sie dem ANBU nicht vertraut hätte, dann hätte Mamo-chan die Chance gehabt, mit Kabuto und Orochimaru Schlitten zu fahren, davon war sie überzeugt. Alleine dass sein Feuer die beiden Chunin hatte befreien können sprach Bände. "Anne-chan wird das eines Tages einsehen und ihm vergeben. Es war die richtige taktische Entscheidung, nachdem wir allesamt schon besiegt und so gut wie tot waren, auch wenn das bedeutet hat, Mamo-chan..." Sie schluckte für einen Moment, weil ihr die Kraft fehlte, um weiterzusprechen. "Auch wenn das bedeutet hat, Mamo-chan zurückzulassen. Nein, Hikari hat richtig entschieden. Er weiß viel zu gut, dass er nicht gegen Orochimaru und seinen Leutnant hätte kämpfen und auf Anne aufpassen können. Hätte es die Möglichkeit gegeben, zumindest Kabuto zu töten, hätte er sein eigenes Leben mit Freude riskiert. Aber es ging auch um Annes Leben... Und um unsere drei Leben. Auch das wird sie eines Tages einsehen. Nur wird Hikari bis dahin leiden wie ein Hund. Nicht, weil Anne ihm grollt. Sondern weil er die gleichen Zweifel, Ängste und Nöte durchlebt, die auch ich durchmache und die Anne so sehr plagen, dass sie noch nicht wieder geschlafen hat. Ranko-sama hat mir berichtet, dass sie das Mädchen die ganze Nacht in den Armen gehalten hat, aber dass sie nicht einmal die Augen geschlossen hat. Sie ist so sehr von Angst durchdrungen, mein Bruder könnte hier wieder erscheinen, als unwiderlegbarer Beweis von Mamo-chans Tod, dass... Dass..." Sie schluckte erneut. "Aber es gibt einen Hoffnungsschimmer, und das weiß sie auch." "Einen Hoffnungsschimmer?", fragte Lisang. "Einen Hoffnungsschimmer", bestätigte die blonde Affenkriegerin. Ein feines Lächeln kehrte auf ihre Lippen zurück. "Je länger es dauert, bis mein Bruder zurückkehrt, desto größer ist die Chance, dass sich Orochimaru verkalkuliert hat und dass Mamo-chan noch immer lebt. Und wenn er nur lang genug lebt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Himmel ein Einsehen mit ihm haben und ihm einen Dämon schicken, der ihn rettet." "Du meinst einen Engel", korrigierte Sugai. P-chan zuckte die Achseln. "Wir reden hier nicht nur von einem Shinobi, wir reden vom ewigen Chunin. Also ist ein Dämon doch wesentlich passender." Der Riese lachte kurz auf. "So gesehen hast du Recht. Dann bleibt uns also nur, abzuwarten, was zuerst geschieht. Ryoga-samas Rückkehr, oder Morikubo-samas Beschwörung eines Affenkriegers." Sie nickten alle vage dazu und sahen wieder zu Anne herüber, die noch rastloser geworden war. Nicht so sehr wegen der Angst, den langen Rückweg nach Tsukigakure anzutreten, um nicht ewig auf dem Affenberg festzusitzen, es war tatsächlich und wirklich tiefgreifende Angst um ihren Sempai. *** Ruhig. Ganz ruhig. Ruhe ist das Wichtigste. Was ist zu tun? Die Gegend erkunden. Keine Anwesenden, zumindest keine Lebenden. Merkwürdig. Er hatte Recht. Etwas stimmt nicht. Hier muss außer Mamo-chan noch jemand leben. Sogar eigentlich ziemlich viele. Sondieren. Suchen. Wo würdest du Tote verstecken? Aha. Gefunden. Mist. Also ist die Situation gefährlich. Mamo-chan lebt wahrscheinlich nur noch aus einem einzigen Grund: Er ist der Köder einer Falle. Der vernünftigste Gedanke ist daher, die Falle auszulösen, um zu verhindern, dass sie mehr Leben als das von Mamo-chan fordern würde. So würde der Chunin aus Konoha zumindest argumentieren. Aber du bist kein Shinobi aus Konoha, und er kennt deine Möglichkeiten nicht einmal ansatzweise. Also die Falle finden und untersuchen. Interessant. Interessantes Muster. Verschiedene Fallen, die zusammen ein System bilden. Fallen, die voneinander separat ausgelöst werden konnten, ohne die anderen zu aktivieren. Und ganz zum Schluss eine Falle unter Mamo-chan. Eine Bombe, die wahrscheinlich auf Gewicht basierte. Wenn es tatsächlich jemand schafft, all die Sprengkreise zu durchdringen, die letzte Falle würde ihn erwischen. Aber nicht dich. Druck, also. Wenn man weiß, wo die Fallen sind und wie sie funktionieren, so wie du mit deiner Gabe, dann sind sie nur halb so gefährlich - aber immer noch gefährlich. Dennoch, du traust dir zu, da durch zu kommen, bis zu Mamo-chan. Und dann? Was dann? Was dann, Oberhaupt der Moerus? Sobald du den Druck wegnimmst, geht die Falle hoch. Sicher, du kannst die Bombe manipulieren, für ein oder zwei Sekunden. Was aber dann? Du siehst auf und überlegst, ob es Sinn macht, dein eigenes Leben zu opfern. Nein, es macht keinen Sinn. Mamo-chan wird immer schwächer und braucht dringend Hilfe. Was also bleibt? Dann siehst du den Hirsch, der relativ sorglos in der Nähe der Sprengfallen grast und selbige jederzeit auslösen kann. Dummes Vieh. Weg da. Oder... Wieviel wiegt so ein Hirsch wohl? Ein Plan entsteht, ein Plan, der dir sehr gut gefällt. Du weißt nicht, wie Mamo-chan in diese Lage geraten ist und du weißt nicht, wer dafür verantwortlich ist. Aber du weißt verdammt genau, wer ihn wie wieder rausholen wird. Beim Stolz aller Moerus, du wirst es schaffen. *** Ich wusste damals natürlich nicht, wie lange ich dort gelegen hatte, beziehungsweise hatte ich nicht genügend aktive Denkleistung, um ein so spektakuläres Gedächtniskunstwerk zustande zu bringen, mir die Anzahl der Tagesabläufe zu merken. Aber ich dämmerte immer mal wieder weit genug an die Oberfläche meines Bewusstseins, um genügend Kraft zu sammeln, um meine Augen zu öffnen. Dann sah ich. Die Abendsonne. Die Sterne am Himmel. Wieder die Sterne. Dann die Morgensonne. Mittagszeit. Früher Nachmittag. Später Nachmittag. Wieder die Abendsonne. Damals war von meinem Giftgemarterten Verstand gerade genug übrig, sodass ich erkennen konnte, dass ich bereits einen vollen Tag als Köder hier lag. Und hatte ich in der Nacht gefühlt, wie mein Körper ausgekühlt war, briet mich die Sonne am Tag über kräftig durch. Man merkte halt, dass das Frühjahr langsam, aber unaufhaltsam auf den Sommer überwechselte. Und es stand über dem Land der Blitze keine Wolke am Himmel, die mir Linderung verschafft hätte. Zum Glück konnte ich mit Verbrennungen sehr gut umgehen; mit dem, was mir an Chakra-Kontrolle geblieben war, sandte ich die Hitze der Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht und den ungeschützten Händen weiter in den Körper, ein beinahe automatischer Vorgang für mich. Nur Stunden später, als das Licht der Sterne über mir funkelte, fraß sich die Kälte wieder in meine Knochen. Es gab einfach nichts, was die Wärme des Tages hätte speichern können. Es war noch zu früh, als dass zum Beispiel vom Meer warme Luft landeinwärts geweht wäre. Oder dass das Land sich derart aufgeheizt hätte, um auch unter dem Sternenlicht Wärme zu verbreiten. Ich fror erbärmlich. Aber wenigstens bekam ich in meinem losgelösten Zustand nicht allzuviel davon mit. Was immer mir Kabuto in den Körper injiziert hatte, es reduzierte meine Körperfunktionen und damit auch meine Geistesleistung erheblich. Ich lebte im Zeitrafferland und bekam kaum etwas von dem mit, was mich umgab. Aber, immerhin, zum ersten Mal seit Jahren konnte ich mich richtig ausschlafen. Aber das war auch der einzige positive Aspekt, denn ich fühlte deutlich, dass mein Körper das Gift nicht abbaute. Im Gegenteil, die Wirkung verstärkte sich nach und nach. Und das konnte nur eines bedeuten: Kabuto oder Orochimaru hatte eine Schlange dagelassen, die mich nach und nach totbiss. Halunken, von wegen Chance. In einem der wacheren Momente, die ich erlebte, es war wohl gerade früher Morgen, spürte ich deutlich den Biss im rechten Oberschenkel, den das Biest mir verabreichte. Ich habe nicht wirklich bewusst reagiert. Es war mehr der permanent trainierte Reflex aus Wirkung und Gegenwirkung. Der Schmerz, der mich durchfuhr, weckte mich lange genug aus der Lethargie der Lähmung, um nach dem Kunai zu greifen, das ich vor wie vielen Tagen? hatte fallenlassen und damit die Schlange zu erstechen. Nun, es gelang, aber leider biss mich das Biest in seinen Todeszuckungen noch einmal. Eindeutig eine Überdosis, die mich so nahe an die Schwelle des Todes treiben ließ, dass ich mich auf einer großen, dunklen Ebene wiederzufinden glaubte, auf der ein einsames Lagerfeuer das einzige Licht war. Und an dem Lagerfeuer saß Kakashi-sensei. Oder zumindest jemand, der ihm sehr ähnlich sah. Doch der Moment war flüchtig, und bevor ich mich versah, dämmerte ich wieder weg. Als ich das nächste Mal erwachte und die Augen öffnete, bekam ich den Schreck meines Lebens. Zumindest glaubte ich, mein vom Gift ohnehin geschwächtes Herz würde aussetzen wollen, als ich einem Hirsch direkt in die Augen sah. Ein Hirsch hier, im Herzen der Falle? Das konnte nur bedeuten, dass die Explosion, die mich ins ewige Vergessen befördern würde, unmittelbar bevorstand. Die Tatsache erleichterte mich so sehr, dass ich beinahe sofort das Bewusstsein verlor. Gut, ich würde kein Köder für einen oder mehrere meiner Kameraden und Schutzbefohlenen sein. Ich würde niemanden in den sicheren Tod reißen. Ich würde auch nicht jemanden wie Kishio zu einer wahnwitzigen Rettungsaktion treiben, die doch nur im Verderben enden würde. Danke, Hirsch. Damit löschte sich mein Bewusstsein und ich fiel in schwärzeste Finsternis. Doch ich erwachte erneut. Und ich fühlte mich dabei kräftiger als in der ganzen Zeit, seit ich Kabuto so sehr auf den Leim gegangen war. Es war hell, aber ich spürte nicht die Verbrennungen meiner Haut durch die ungeschützt auf mich einbrennende Sonne. Zugleich aber war mir auch nicht kalt. Ich fühlte mich angenehm. Und ich war nicht allein. Das wusste ich, als ich am Rand meines erwachenden Bewusstseins die Präsenz eines anderen spürte. Unglaube erfüllte mich, denn ich kannte den anderen noch gut von unseren gemeinsamen Übungen. `Kishio?´ Erleichterung erfüllte mich. Ich war noch am Leben. Ich war aus der sengenden Sonne raus. Ich war... Ja, wo überhaupt? `Sensei?´, antwortete er mir aufgeregt. `Wo bin ich und was ist hier los?´ `Wir sind hier in einer Hütte und warten auf den Suchtrupp, der für dich losgeschickt wurde. Ich habe dich gefunden und hierher gebracht. Du bist schwer verletzt.´ `Und warum kuscheln wir hier?´, stellte ich die offensichtlichste Frage, denn die Wärme, die ich verspürte, kam direkt von Kishios Körper. Seine Antwort entsetzte mich, wenngleich sein mentales Lachen mich beruhigte. `Weil du eiskalt warst, Sensei. Und weil du hier an meinem Chakratropf hängst, und an meiner Herz-Lungen-Maschine.´ ´Was?´, fragte ich erstaunt. Wie schlimm war der Biss der sterbenden Schlange denn gewesen? Und wie nahe hatte ich wirklich am Abgrund gestanden, quasi? `Ich atme für dich und reguliere deinen Herzschlag. Und du benutzt hauptsächlich mein Chakra.´ `So schlimm?´, fragte ich, wohl Kishios Sorge und Angst spürend, die er wegen mir empfand. `Ja, es war, oder ist, wie eine Lähmung, es fühlte sich fast so an wie bei Shinpachi. Ich habe mich noch nicht getraut, dich wieder alleine atmen zu lassen. Besser wir warten, bis der Medi-nin da ist. Weißt du noch, was passiert ist, Sensei?´ `Nicht so genau, aber da waren Schlangen...´ Schlangen. Und vor allem das eine Mistvieh, das Kabuto mir als Abschiedsgruß dagelassen hatte. Beim Gedanken, den weißhaarigen Bastard erwürgen zu wollen, reagierte mein Körper und wollte sich bewegen. Das war einerseits ein gutes Zeichen, ich erlangte einen Teil meiner Körperkontrolle zurück. Andererseits wollte ich Kishios Aufgabe nicht unnötig erschweren, deshalb beließ ich es bei einem Seufzer, der aber mehr nach einem Stöhnen klang. Aber der Ärger, der Unmut über meine Hilflosigkeit, das nagte weiter an mir. `Sie haben mich als Köder liegenlassen und ich konnte nichts tun, die Falle...´ Kishios mentale Stimme wurde neben all der Erleichterung auch strenger, als er erwiderte: `Mah, mah, Sensei, alles ist gut. Es ist niemandem etwas passiert. Du bist hier in Sicherheit und ich lasse dich auf keinen Fall sterben. Und in ungefähr zwei Stunden wird dann auch der Medi-nin hier sein. Ich habe Shinpa informiert und er wird es weitergeben. Schlangengift würde die Lähmung erklären, er hat sicher Gegengifte dabei. Und wenn nicht, kuscheln wir einfach, bis wir im Krankenhaus sind. Sehr gut, dann muss ich nicht laufen!´ `Warte, albere hier nicht rum! Wer hat mich gefunden?´, mahnte ich nun meinerseits ihn. Wie war ich aus der perfekten Falle rausgekommen? Wer hatte dieses Wunder zustande gebracht? Spontan traute ich es nur Kirabi-sama zu, indem er mich mit Hilfe des Hachibi gerettet haben könnte - auf Kosten mehrerer Arme. Teufel auch, ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es ohne Verluste abgegangen sein konnte. Und immerhin war ich gerade alleine mit Kishio, oder? Wie viele Menschen hatten also für mich sterben müssen? Die Antwort auf diese Frage und auf das "Wer" lähmten meine Gedanken. `Ich, ich hatte dich noch im Fokus, ich wusste, dass etwas nicht stimmt, deshalb bin ich los, um dich zu holen.´ Erstaunt sah ich mental auf. `Du hattest mich im Fokus? Über diese Entfernung?´ `Hai, Sensei, du hast nie gefragt, wo meine Grenzen liegen.´ Das hatte ich allerdings nicht. Ich hatte mich nie mit dem Gedanken anfreunden können, mehr von ihm zu verlangen, als er von sich aus zu geben bereit war. Aber implizierte das...? `Alleine?´ `Hai, Sensei, die Genin wollte ich nicht mitnehmen und die anderen haben mir nicht geglaubt. Für die Befehlsverweigerung kannst du mich bestrafen, aber ich schulde dem Raikage keinen Gehorsam! Und selbst wenn! Ich bin dein Beschützer! Wage es nicht noch einmal zu sterben, wenn ich nicht dabei bin, sonst bringe ich dich eigenhändig um!´ Die Erleichterung überfiel mich wie eine Woge, die mich einhüllte und an den Strand des Aufatmens spülte. Ich seufzte laut auf. Und bemerkte erfreut, dass ich die Kontrolle über meinen Körper zurückgewann. Es entlud sich in einem leisen Lachen. „Oh, Kishio....“ „Was?“ Ich grinste sowohl innerlich als auch nach außen, als ich die nächsten Worte sagte. Dieser Teufelskerl von Moeru war nicht nur gegen jede Chance alleine aufgebrochen, um mich zu retten, er hatte auch noch die Unverschämtheit besessen, bei meiner unmöglichen Rettung erfolgreich zu sein. Zum ersten Mal ahnte ich, wen ich mir da eingefangen hatte. Und dass wir mehr auf Augenhöhe waren, als ich bisher zuzugeben bereit gewesen war. „Hiermit erteile ich dir ausdrücklich die Erlaubnis dazu, mich eigenhändig umzubringen, wenn ich ohne dich sterbe!“ Ich spürte seine Verblüffung und hörte sie auch in seiner Stimme, als er leise antwortete: „Sensei...“ Erst war es nur ein Glucksen, daraus wurde ein Prusten und schließlich lachte er mit mir vor lauter Freude und Erleichterung. Dies ging wohl eine gute Minute so, bevor wir uns wieder beruhigten. Schließlich fragte er: „ Wenn es dir schon so gut geht, dass du lachen kannst, kann ich dich mal für eine Minute oder zwei loslassen? Ich bin auch ganz schnell wieder da, ich schwörs!" Das verwunderte mich ein wenig. Bis ich über die mentale, körperliche Verbindung erfühlte, warum Kishio mich ein oder zwei Minuten allein lassen wollte: Er musste mal austreten. Ich unterdrückte ein weiteres Auflachen. "Das werde ich überleben, schätze ich. Also los." Später dämmerte ich wieder weg und bekam die Ankunft der Medi-Nin und einer ganzen Abteilung Ninjas und ANBUs gar nicht mit. Erst auf dem Rückmarsch erwachte ich wieder und konnte dem Anführer der Gruppe kurz Rede und Antwort stellen. Der Verlust der Ninjas, die das Versteck zu einer Falle gemacht hatten, der sich voraussichtlich herausstellen würde, behagte ihm gar nicht. Und als es um meine beiden ANBU-Begleiter ging, die sich als Kabuto und Gefolgsmann herausgestellt hatten, wurde er sogar sehr still. "Morikubo-sama, wir hatten vier ANBU für Sie abgestellt." Also wurde es sehr wahrscheinlich, dass Kabuto und Zuuto die vier ANBU, die für meine Begleitung ausersehen gewesen waren, getötet und irgendwo in Kumogakure versteckt hatten. Ziemlich gut versteckt hatten, denn bis jetzt waren ihre Leichen nicht wieder aufgetaucht. Was der Leutnant Orochimarus in der Stadt gewollt hatte, war relativ offensichtlich. Er musste nach Shinpachi gesucht haben. Und der wiederum musste einen großen Wert für Orochimaru haben, wenn Kabuto so ein Risiko eingegangen war. Die Tatsache, dass wir den älteren Moeru ebenfalls bei den Yamadas untergebracht hatten, musste ihn vor der Entdeckung bewahrt haben. Jedenfalls reimte ich es mir so zusammen, sonst hätte Orochimaru am Versteck nicht davon gesprochen, "seinen" Moeru aufgeben zu müssen. Anschließend hatten Kabuto und Zuuto keine leichtere Möglichkeit gehabt, um die Stadt wieder zu verlassen, als sich als unsere ANBU-Begleiter auszugeben. Damit schloss sich ein Kreis. Als ich schließlich noch erzählte, dass die beiden Chunin in meiner Begleitung höchstwahrscheinlich noch lebten und auf dem Affenberg waren, schnaubte der Expeditionsleiter zufrieden und sagte etwas von wenigstens einem Lichtblick im großen, dunklen Schlamassel. Beinahe noch im gleichen Atemzug erzählte er mir, dass er einen Eilboten losschicken würde, um dem Raikage von Orochimarus Beteiligung zu berichten. Als wir später in der Stadt ankamen, erfuhren wir, dass Kumogakure mobil gemacht hatte und Orochimaru und seinen Leuten hinterher jagte. Fast fünftausend Ninjas hatten sich auf den Weg gemacht, um die drei zu stellen, auch wenn sie drei Tage Vorsprung hatten. Zumindest hatte der Raikage den Befehl dazu erteilt, noch während er meine Rettungsexpedition losgeschickt hatte. Gleichzeitig hatte er einen Eilboten nach Kirigakure geschickt, um Mei-chan, pardon, die Mizukage, um Amtshilfe zu bitten und Orochimaru in die Zange nehmen zu können. Aber drei Tage waren in der Ninja-Welt eine Ewigkeit und ich hatte keine Zweifel daran, dass Kabuto wieder entkommen war. Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten. Nun war es persönlich. Sehr persönlich. Wenn wir uns das nächste Mal trafen, würde nur einer von uns lebend den Platz verlassen. Das war so sicher wie dass über Konoha fünf Gesichter in den Stein gemeißelt waren. Aber es gab auch Positives. Der erste Medi-Nin, der mich behandelt hatte, hatte mir ein Gegenmittel gespritzt, das speziell für Shinpachi modifiziert worden war. Dieses Mittel schlug so hervorragend bei mir an, sodass ich bereits nach der Hälfte der Strecke quängelte, alleine laufen zu können. Dies rief allgemein Erleichterung und Heiterkeit hervor, denn wenn es mir schon wieder so gut ging, war ich wohl über den Berg. Zugleich aber spürte ich die absolute Entschlossenheit von allen, von Kishio über die Medi-Nin bis hin zum ANBU-Trupp, der uns beschützte, mich auf keinen Fall auf die eigenen Füße zu lassen, bevor wir nicht in Kumogakure waren. Also fügte ich mich ins Unvermeidliche. Vorerst. Noch während wir nach Kumo zurückmarschierten, nahm ich mir die Zeit, um Kishio angemessen zu tadeln. Der Junge war noch immer erschöpft genug, sodass er sein Leben riskiert haben musste. Aber alles, was ich an ermahnenden Worten zu ihm sagte, prallte an seinem ergebenen Lächeln ab. Und ich wusste, er würde sogar eine empfindliche Strafe hinnehmen, im Angesicht des Bewusstseins, mein Leben gerettet zu haben. Aber ich würde ihn dafür sicher nicht bestrafen. Nur etwas mehr Selbstwertgefühl würde ich ihm beibringen müssen. Was aus meinem Mund, zugegeben, sehr ironisch klingen würde. Ich seufzte. "Erklär mir wenigstens, wie du es gemacht hast, Kishio." "Hai, Mamoru-sensei. Ich muss zugeben, es war ein echtes Kunstwerk. Sechs unabhängig voneinander geschaltete Fallen aus Sprengtags und Giftfallen und anderem, dazu eine große Mine unter dir, die auf Druck reagierte und jeden mit dir zerrissen hätte, der dich von diesem Platz entfernen würde. Ein wahres Meisterwerk, das mich an die Kunstfertigkeit eines Bildhauers erinnerte. Die Falle war nicht nur zweidimensional, sondern sogar dreidimensional. Ich zolle seinem Erschaffer für die filigrane Art und seinen Einfallsreichtum widerwilligen Respekt. Aber genau das war auch der Fehler an der Geschichte: Seine Komplexität erforderte diverse Sicherungen, damit der Fallenkomplex sich nicht selbst auslöste. Und an diesen Sicherungen anzusetzen war die Lösung. Weißt du, wenn du ein Sprengtag zertrittst, während es brennt, zündet es nicht. Wenn du aber verhinderst, dass es überhaupt erst zu brennen beginnt, kannst du es hintun, wohin immer du möchtest, und es ist immer noch so gefährlich wie zuvor. Außer dem Umstand, dass es nicht mehr da ist, wo es zuvor war." Erstaunt sah ich ihn an. "Dann hast du also was gemacht?" "Ich habe die Sprengfallen überbrückt und dann ihre Positionen verändert. Wie ich schon sagte, die Falle war dreidimensional, Sensei, also lag es nahe, dies auszunutzen. Im Endeffekt bin ich durch das gefährlichste Gebiet, die Sprengfallen, und habe einen Tunnel hindurch getrieben, indem ich sie umgehängt habe. Dadurch habe ich verhindert, eventuelle weitere, verstecktere Sicherungen auszulösen, obwohl ich keine gesehen habe. Und mit diesem Tunnel konnte ich bis zu dir gelangen." "Die Mine?", fragte ich knapp. "Eine Frage des Gewichts. Ich konnte sie ein paar Sekunden lang daran hindern, sich auszulösen, sobald ich dich hochnahm. Das hätte nicht gereicht, um dich zu retten. Aber es hat mir einen Trick erlaubt. Ich habe dein Gewicht durch das eines Rehs ersetzt, das ich mit mir durch den Tunnel nahm. Den ich übrigens von Anfang an großzügig gestaltete, denn ich musste dich ja wieder mit hindurch nehmen." Ich hustete lachend. Das erklärte, wieso ich in einer meiner wachen Phasen einem Reh in die Augen geblickt hatte. "Das hast du sehr gut gemacht, Kishio", sagte ich schließlich. Und ich meinte jedes Wort ernst. "Jetzt stehe ich ebenso in deiner Schuld, wie du in meiner. Tatsächlich könnte man sagen, wir sind quitt." Eifrig schüttelte der junge Moeru den Kopf. "Vielleicht schulde ich dir mein Leben nicht mehr, Sensei, hai, aber du hast mir viel mehr gegeben. Du hast mir ein Leben gegeben, dass zu leben sich lohnt. Du hast mir einen Verbündeten gegeben, der Orochimaru genauso hasst wie ich. Und du hast mir meinen großen Bruder wiedergegeben. All das kann ich dir nie richtig vergelten. Richtig, wir sind nun einander auf Augenhöhe. Du hast mich gerettet, ich habe dich gerettet. Aber wir sollten weit davon entfernt sein, und dies gegenseitig aufzuzählen, denn es wird sicher noch etliche Male vorkommen, Sensei." Beinahe trotzig sah er mich an. "Was ich sagen will, ist, einer muss ja auf dich aufpassen. Es ist mir unerklärlich, wie du bisher ohne mich unbeschadet durchs Leben gekommen bist." Ich lachte bei diesen Worten auf, wenngleich bitter, wenn ich an meine zahlreichen Verletzungen dachte, die ich mir bereits in meinem Leben zugezogen hatte. "Also bleibt erst einmal alles beim alten?" "Sieht ganz so aus. Wenn du mich und Shinpachi überhaupt willst, heißt das", sagte er leise, mit einem seltsamen Unterton von Furcht in der Stimme. "Kishio. Wir sind Freunde, oder etwa nicht? Ich sehe keinen Grund, dich und Shinpa-chan zurückzuweisen. Du gehörst doch schon zur Familie und Shinpa-chan wird das auch sehr bald." Er sagte nichts, aber ich spürte seine Erleichterung. Kurz berührte er mich an der Schulter und ich konnte sein mentales Danke hören. Ich nickte nur. "Bleibt nur noch eine Sache, die mich wundert", sagte er schließlich. "Und die wäre?" "Nicht, dass ich etwas dagegen habe, aber... Warum nennst du meinen großen Bruder Chan?" Nun war ich ehrlich verblüfft. "Äh..." Ja, warum machte ich das gleich nochmal? "Um es... Ihm leichter zu machen. Um ihn besser in die Familie zu integrieren. Und weil Chan so gut zu ihm passt." Kishio lachte daraufhin laut und herzlich. "Das Letzte sollten wir ihm besser nicht erzählen", sagte er zwischen zwei Japsern, mit denen er wieder nach Luft schnappte. *** Als wir in Kumogakure einzogen, waren die ersten Details schon durchgesickert. Vor allem die Toten am Versteck, die gerade von anderen Kumo-Nin geborgen wurden, hatten vielen Familien Kummer beschert. Aber die Nachdrücklichkeit und die Wut, mit der A-sama seine Shinobi auf die Jagd nach Orochimaru geschickt hatte, schien die Trauer im Moment in grimmige Entschlossenheit verwandelt zu haben. Während ich zur Nachuntersuchung ins Krankenhaus gebracht wurde, begleiteten mich etliche Blicke und tausende Fragen wurden mir gestellt, aber ich spürte keine Feindseligkeit, obwohl mancher Angehöriger in der Gewissheit des Todes eines Liebsten zusammenbrach - zumindest keine Feindseligkeit mir gegenüber. Mir war klar, dass der Raikage sich schreckliche Vorwürfe machte. Immerhin hatte er eine Falle für Orochimaru gestellt gehabt, und nun stellte sich heraus, dass der die Falle nicht nur überlebt und alle Wächter umgebracht hatte, er hatte auch noch seinen Leutnant nach Kumogakure geschickt. Und hier war Kabuto im Herzen der Macht des Landes der Blitze frei herumspaziert und hatte auch noch vier ANBU ermordet, nach deren Leichen gerade verbissen gesucht wurde. Für mich war klar, dass Orochimaru so etwas nur mit Hilfe eines Verräters möglich gewesen sein musste. Ansonsten hätten wir von vorne herein die Waffen strecken können, denn dann wäre Orochimaru mächtiger als jeder Kage und jeder Jinchuriki. Und das war er nicht; Naruto hatte mir genau erzählt, wie sein Sensei Jiraiya zusammen mit Tsunade-sama gegen ihn und Kabuto gekämpft hatte. Ja, er war mächtig, auch noch mit den Verletzungen, die der Sandaime ihm im Kampf zugefügt hatte. Aber nicht so mächtig. Niemals so mächtig. An diesen Gedanken klammerte ich mich verbissen. Auch mein Feuer hatte ihn verletzen können und würde es wieder tun. Wieder und wieder, so oft wie es notwendig sein würde. "Eieieieieieiei", murmelte Sadahara-sensei, während er mich untersuchte. "Damit habe ich wohl Ihr ganzes Team hier gehabt, Morikubo-san." Er klopfte mir gegen den Rücken und lauschte auf den Klang. "Körperlich geht es Ihnen gut und Ihre Chakra-Knoten erholen sich von der Vergiftung, dank des Gegengifts, das wir erfolgreich bei Shinpachi Moeru angewendet und für seine Bedürfnisse modifiziert haben. Aber Sie sind noch schwach. Sie müssen sich schonen. Mindestens den Rest der Woche. Und Sie dürfen Ihr Chakra-System nicht über Maß belasten. Das heißt, kein Jutsu die nächsten drei Tage. Minimal." Streng sah er mich dabei an. Missmutig sah ich zurück. Ich trug gerade nicht viel mehr als einen Kittel und eine Unterhose und hatte bereits allerlei Prozeduren über mich ergehen lassen. Natürlich wusste ich die Sorge von einem der besten Einsatzärzte Kumos zu schätzen, aber ich konnte ja wohl schlecht gegen meine Natur vorgehen. "Eines müsste ich allerdings doch anwenden, Sensei", sagte ich, "um meine Begleiter vom Affenberg zurückzuholen." Missmutig sah er mich an, bevor er seufzte. "Gut, gut, EIN Jutsu ist Ihnen erlaubt. Aber danach müssen Sie sich schonen. Ihre körperliche Fitness wird zurückkehren, sobald das Gift aus Ihrem Körper gespült wurde und Ihre Organe werden in den alten Tritt kommen, wenn wir die nächsten Tage stärkende Chakra-Behandlungen wie bei Shinpachi Moeru durchführen. Dabei geht es sogar relativ fix bei Ihnen, Morikubo-san, weil Sie dem Gift nicht so lange ausgesetzt waren, aber auf jeden Fall war es eine mittelfristig tödliche Dosis." "Wem sagen Sie das?", murrte ich. Kabuto, wenn wir uns das nächste Mal sahen, hatte er besser ein verdammt gutes Suiton-Jutsu auf Lager, oder mein Katon würde ihn auf kleiner, ultraheißer Flamme langsam gar grillen. "Also schonen und für Chakra-Behandlungen wiederkehren?" "Dreimal täglich. Dazu eine unterstützende Therapie mit Chakra-intensiven Medikamenten und weiteren Gaben des Gegengifts. Außerdem ordne ich für morgen eine Examination an, um festzustellen, ob Orochimaru etwas in Ihrem Geist zurückgelassen hat, eine Programmierung beispielsweise." Ich schüttelte leicht den Kopf. "Tut mir leid, das kann ich nicht zulassen. Ich bin Geheimnisträger. Und sosehr ich Kirabi-sama und dem Raikage auch vertraue, ich kann nicht über den Schatten meines Trainings springen, Sadahara-sensei." "Gut, aber ich werde das in meinem Bericht an den Raikage und die Hokage vermerken müssen. Spätestens in Konoha wird so eine Sondierung dringend notwendig sein." Ich nickte zustimmend. "Solange Konohas Geheimnisse in Konoha bleiben..." Für einen Moment bedauerte ich es, dass Kakashi bereits wieder mit Sai nach Konoha zurückgekehrt war. Sein Sharingan hätte den gleichen Zweck erfüllt. In relativ kurzer Zeit und annehmlich für mich. Solange ihm nicht mal wieder der Schalk im Nacken saß und er die Fähigkeit des Sharingan zur Hypnose missbrauchte, um mich irgendetwas dämliches tun zu lassen. Nicht, dass das jemals schon vorgekommen wäre. Niemals. Nein, bestimmt nicht. Und es waren anschließend auch keine zwanzig Liter Terpentin nötig gewesen... Nun ja. Kakashi Hatake war nicht da und damit fiel diese Option flach. Da musste ich eben bis zu meiner Rückkehr nach Konoha damit leben, ein potentielles Sicherheitsrisiko zu sein, da hatte Sadahara-sensei zu einhundert Prozent Recht. Man konnte sich nie sicher sein, ob Orochimaru mir nicht mehr dagelassen hatte als die Schlange, die mich langsam und nachdrücklich hatte töten sollen. "Das war es dann. Wir sind fertig. Sie können sich wieder anziehen." "Danke, Doktor." Ich griff nach meinen Sachen. "Wir sehen uns heute Abend zur ersten Chakra-Behandlung", sagte er und öffnete die Tür, um auf den Flur hinauszutreten. Dies löste allerdings eine Lawine aus. Eine Lawine aus Personen, die an der Tür gelehnt und gelauscht hatte. Meine Genin, natürlich. Und Omoi. Und Shi-chan. Und Karui. Und die Spinnen-Schwestern. Und wenn ich nicht ganz irrte, lehnte Samui lässig im Gang an der gegenüberliegenden Wand und gab vor, vollkommen uninteressiert zu sein. Direkt neben ihr Kirabi-sama. Und Ryoga stand auch dabei. Ganz abgesehen von der Abordnung weiterer Yamada-Angehöriger im Gang, einschließlich Jin-samas. Und ich stand da, lediglich in Unterhose, gerade dabei, meine Hose hochzuziehen. Der Erste, der sich wieder aufrappelte, war Shinji. Tränen standen in seinen Augen und Rotz lief ihm sehr unappetitlich aus der Nase. "Sensei... SENSEI!" Mit gequälter Leidensmiene sprang er mir in die Arme. "Na, na", murmelte ich. "Wir haben's nicht gewusst, Sensei, sonst wären wir gekommen, um dich zu holen", sagte er schluchzend. "Und dann haben sie uns nichts gesagt, außer dass du verletzt warst, und... Und... Und..." "Sensei!" Genin Nummer zwei. Mai-chan. "Mach sowas nicht nochmal mit uns", forderte sie, den Tränen nahe. "Sensei!" Nummer drei und vier. Kira und Kuzomi, dicht gefolgt von Shi-chan. Dem Ansturm soviel roher Gewalt war ich nicht gewachsen. Ich ging zu Boden und wurde von meinen Genin regelrecht begraben. Natürlich war es peinlich, dass das geschah, während ich halbnackt war, aber mir war klar, dass meine Genin die Nähe brauchten, alleine schon um sicherzugehen, dass ich wirklich lebte und auch weiterleben würde. Also ließ ich sie weinen und schluchzen - aber ich würde garantiert anschließend duschen müssen, um den Schnodder wieder abzukriegen. "Ich bin wieder da", sagte ich leise und freundlich, während ich schicksalsergeben am Boden lag. "Und ich gehe auch nicht so schnell wieder weg." Erstaunlicherweise konnte ich dieses Versprechen fast ein Jahr lang einhalten. *** "Kuchiose no Jutsu!" Weißer Rauch wallte auf und nahm mir die Sicht. Dennoch schälten sich relativ schnell die Silhouetten von fünf Personen aus dem Rauch hervor. Und eine davon stürzte auf mich zu. "Mamo-chaaaaan!" Bevor ich mich versah und bevor ich reagieren konnte - das schob ich allerdings auf Orochimarus Gift, nicht auf meine Reaktionszeit - hatte Anne sich mir an den Hals geworfen. "Ich dachte, du wärst tot! Und wie konntest du mich zum Affenberg schicken? Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Und überhaupt, ich... Ich..." Sie begann übergangslos zu heulen und mir blieb nichts anderes übrig, als sie in die Arme zu schließen. Na toll, das Hemd durfte ich dann auch noch wechseln. Aber das war ein ungerechter, nebensächlicher Gedanke, während ihre Tränen mein Hemd durchnässten. Ich spürte viel zu sehr ihre Angst und ihre Erleichterung, mich wiederzusehen, vom Affenberg zurückgekehrt zu sein. Als der Nebel sich weiter lichtete, erkannte ich P-chan, Sugai und Lisang... Und Hibiki. Ich nickte dem großen Affenkrieger voller Dankbarkeit zu. Er erwiderte das Nicken, aber seine Miene blieb starr. Ich war mir verdammt sicher, dass Anne ihm die letzten Tage tüchtig zur Hölle gemacht hatte. Ich würde das ausgleichen müssen. Irgendwie. "Nun ist aber gut", sagte ich nach diversen Minuten. Ich löste ihre Umklammerung so sanft wie möglich und hielt sie ein Stück von mir. "Du wolltest schon wieder dein Leben gegen einen sehr viel stärkeren Feind riskieren. Einen Feind, dem du vor etwas mehr als einem Monat dein Jutsu gezeigt hast", sagte ich tadelnd. "Ja, schon, aber es ging doch darum, dein Leben zu retten!", sagte sie mit verheulten Augen. Suchend sah sie sich unter den Anwesenden um. "Wer hat dich denn rausgehauen? Wem muss ich um den Hals fallen?" Stumm zeigten alle Finger auf Kishio, der entsetzt auf die Szene starrte. Bevor er sich versah, klebte Anne an seinem Hals und drückte ihn fest. "Dankedankedankedankedankedankedanke." Überrascht sah er das Mädchen an, aber langsam, sehr langsam drückte er es kurz. Als Anne ihn wieder los ließ, seufzte sie tief. "Okay, du kannst anfangen, Mamoru-sama." "Anfangen womit?", fragte ich. "Damit, mich nach Strich und Faden zusammenzustauchen und mir klarzumachen, dass ich so dumm war, in einer aussichtslosen Situation mein Leben aufs Spiel zu setzen. Aber...", sie hob eine Hand und lächelte, "du musst mich nicht dafür tadeln, dass ich Gosunkugi-kun malträtiert habe. Gewiss, den ersten Tag war ich unausstehlich, aber am zweiten hatte ich ihm schon verziehen. Nicht, dass er viel davon mitbekommen hatte. Er hat sich ja mindestens ebenso sehr gegrämt wie ich, weil er dich auch zurückgelassen hat. Aber er hat auch viel bewundernswertes über dich gesagt. Zum Beispiel, dass du ein wirklich großes Paar haa..." "Anne-chan", unterbrach ich sie hastig, "Hikaris Komplimente hin oder her, du weißt hoffentlich, dass ich wegen dir eine Höllenangst ausgestanden habe, bis du sicher auf dem Affenberg warst. Und natürlich auch um dich, Hikari." Der Affenkrieger bestätigte mit einer schlappen Geste, die zu seiner menschlichen Tarnung als schwächlicher kleiner, übermüdeter Junge wunderbar passte. "Und natürlich um dich, P-chan. Weitere Anwesende eingeschlossen", sagte ich mit einem Seitenblick auf die beiden Kumo-Chunin. Die beiden nickten unisono. P-chan nutzte die Gelegenheit, um sich vorzudrängeln und um mich zu umarmen. "Aahhh, einmal lebendiger Mamoru Morikubo. Was habe ich dieses Gefühl vermisst. Und was hatte ich für eine Angst, es nie wieder erleben zu dürfen." "Ich liebe dich auch, P-chan", sagte ich lächelnd und küsste sie sanft. Und das war nichts als die Wahrheit. "Wenn es das ist, was ich kriege, wenn du in Lebensgefahr schwebst, kann das ruhig öfters passieren", scherzte sie. "Bloß nicht", protestierte Anne. "Ich habe das Gefühl, meine Lebensspanne halbiert sich jedesmal, wenn es wieder passiert. Ich meine, wie oft bist du jetzt schon fast gestorben, Sempai? Ein halbes Dutzend oder öfter?" "Eher öfter", gestand ich trocken. "Aber das tut jetzt nichts zur Sache, junge Dame. Du weißt hoffentlich, was für Sorgen ich mir um dich gemacht habe und wie verantwortungslos es von dir war zu versuchen, mir gegen Orochimaru beizustehen! Gegen Orochimaru! Wärst du geflohen, um nach Kumogakure zurückzukehren und Verstärkung zu holen, hätte mir das sehr geholfen. So aber, in der Reichweite Orochimarus, dein eigenes Leben gefährdend, war es die einzige Möglichkeit, dein Leben zu retten." Ich löste mich aus P-chans Umarmung und hob ihr Kinn an. "Und ich will nicht jemanden verlieren, den ich liebe, Anne-chan. Niemals." "Sechs", murmelte P-chan in einem resignierenden Tonfall. "Sechs, das weißt du, Mamo-chan. Und du bist schuld." "Ach, red doch nicht", erwiderte ich schmunzelnd. "Immerhin liebe ich die große Mehrheit der Anwesenden, oder etwa nicht?" "Bei sechs sollten wir aber wirklich einen Schlussstrich ziehen!", forderte sie vehement. "Obwohl es nicht danach aussieht, als würde die Zahl sich wesentlich erhöhen. Dafür war Mai viel zu eifersüchtig, als Anne Ki..." "Perine-sama! Wie ist es eigentlich so auf dem Affenberg?", rief die sommersprossige Genin laut. "K-kann ich da vielleicht auch mal mit?" "Du kannst ja gleich mit mir mitkommen", sagte Hikari. "Ranko wollte nämlich, dass ich so schnell wie möglich zurückkehre, um ihr zu berichten, wie es dir geht, Mamo-chan." Ein flüchtiger Blick von Mai ging zu Anne, die mich immer noch mit strahlenden Augen ansah. "Ich glaube, das kann ich sogar riskieren. Darf ich, Sensei?" "Au ja, wollen wir nicht alle mit? Für eine Stunde, oder so?", fragte Shinji mit leuchtenden Augen. Die Genin murmelten erfreut auf. "Gute Idee! Dürfen wir? Perine-sensei, Mamoru-sensei?" "Wenn es nur für eine Stunde ist... Wie viel Chaos können sie schon anrichten?", fragte P-chan. "Na gut, meinetwegen, aber wirklich nur für eine Stunde. Dann hole ich Hikari wieder zurück, verstanden? Macht mir keine Schande und haltet die Zerstörungen bei einem Minimum. Mai-chan. Kira. Shinji. Kuzomi. Shinobu. Habe ich wen vergessen? Kishio? Kuzoko?" Die beiden winkten ab. Diesmal. Und so blieb es bei den fünfen. Sie umringten Hikari und hielten sich an ihm fest, was ihn in die erstaunliche Lage brachte, wenigstens einmal in seiner menschlichen Tarngestalt der Größte in einer Gruppe zu sein. Dann schickte ich sie zurück, für genau eine Stunde. "Na, das kann ja was werden", murmelte ich, als Hikari Gosunkugi in einer Rauchwolke verschwand. "Was soll schon groß passieren? Es sind doch nur Genin, oder?", fragte Ryoga grinsend. "Mal den Teufel nicht an die Wand", murmelte ich. Leider zu spät. Als ich meine Genin eine Stunde später per Hikari-Express vom Affenberg zurückholte, stellte sich heraus, dass ich überhaupt nicht hatte einschätzen können, wie groß das Chaos war, das meine Genin hatten anrichten können. Shinji materialisierte mit allen Zeichen absoluter Bestürzung. "S-sensei", stammelte er. "Enka-sama hat mich..." "Zum Kontraktträger gemacht. Du kannst jetzt also Affenkrieger beschwören." Eifrig nickte der junge Genin. "Ja, schon, aber... Erstens weiß ich nicht, warum er das getan hat und zweitens traue ich mich nicht." "Erstens kann ich dir genau erklären. Die Affen mögen Charaktere wie deinen eben. Und weil du mein Schüler bist, hast du allerbeste Empfehlungen. Mein Sensei, der Sandaime, war der letzte Kontraktträger Konohas, bevor er mich weiterempfahl. Genauer gesagt hat Ranko-sensei bei einem ihrer Besuche gefragt, ob sie "mich haben" könne. Und so wurde ich Beschwörungspartner der Affen. Bei ihnen geht fast alles über Gefühl, Instinkt, Geruch, Chakra. Dir steht anscheinend noch eine glänzende Karriere bevor. Ist noch jemand als Kontraktträger der Affen zurückgekehrt?", fragte ich in die Runde. Wortlos hob Mai die Hand. "Was?", fragte ich erstaunt. "E-es ist nicht sowas", sagte sie hastig. "Nur eine Art Notfallkontrakt, wie bei den Spinnchen und dir und Kira. Aber wenn es pressiert, dann kann ich ab jetzt sechsmal Doktor Tofu rufen." "WAS?" Beinahe hätte diese Eröffnung mich umgehauen. Der Sohn des Affenkönigs war nicht nur ihr zweitmächtigster Krieger, sondern auch einer der am schwersten zu beschwörenden Affen überhaupt, weil es viel Chakra und viel Kontrolle über dieses benötigte, um ihn zu rufen. "Tja", sagte Mai und grinste von einem Ohr bis zum anderen, "es sieht ganz so aus, als wäre meine Chakra-Kontrolle besser als deine damals, Sensei. Also werde ich wohl auch sehr viel stärker als du werden." "Na, großartig." Jegliche Spekulationen, warum man ihr so etwas gesagt hatte, verkniff ich mir, als ich sah, wie viel Auftrieb ihr diese Worte gaben. "Aber zurück zu Shinji. Warum traust du dich nicht?" "Weil...", murmelte er betreten. "Weil... Weißt du, normalerweise beschwört man doch einfach einen Affen und schaut, wen man bekommen hat. Erst später mit genügend Übung, so wie du, Sensei, kann man einen Affen gezielt beschwören. Aber bei mir würde das nicht nötig sein, hat Doktor Tofu gesagt. Er meinte, ich könne schon gleich einen Krieger gezielt beschwören." Aha, so fühlte es sich also an, wenn einem jemand den Boden unter den Füßen wegzog. Verdammter, zurückhaltender und sich selbst schwach redender Mamoru Morikubu, der ich einst war. Ich war mir sehr sicher, dass das der Grund dafür war, dass meine Genin mein jüngeres Ich derart überflügelt hatten. Verdammt sicher sogar. Mist. "Und welchen Krieger sollst du beschwören? Enma-sama?", scherzte ich. "Nein, nicht den König. Aber K... K... Konatsu." "Konatsu ist doch in Ordnung. Nicht der stärkste Krieger, aber ein erfahrener Kämpfer und ein trickreicher dazu. Du solltest dich geehrt fühlen." "J-ja, schon, aber er trägt Lippenstift. U-und er sieht fast so hübsch aus wie Shinobu-chan." Das blonde Mädchen, bis eben aus mir unerfindlichen Gründen verärgert, schaltete auf "strahlen mit beiden Augen" um. "So? Findest du das wirklich, Shinji?" "Habe ich doch gesagt." Verlegen sah mich der dickliche Genin an. Und ich verstand sein Problem. Nun, das hatten viele mit Konatsu. Anfangs. Da fragte man sich schon mal, wieso ein Mann hübscher sein konnte als viele Frauen. Aber man gewöhnte sich daran. "Tja, Pech gehabt. Wenn Doktor Tofu das so gesagt hat, dann wird es auch so geschehen. Ende der Geschichte." "Ja, aber..." "Du wirst dich dran gewöhnen. Und außerdem, was uns nicht umbringt, macht uns nur noch härter, Shinji." "Ja. Klar. Sehe ich ein. Aber wir wollen doch nachher alle schwimmen gehen und jetzt frage ich mich die ganze Zeit: Geht Konatsu-sensei in den Herrenumkleideraum oder in den Damenumkleideraum?" Bei diesen Worten musste ich herzhaft lachen. "Das solltest du Ukyo fragen." Ich räusperte mich vernehmlich. "Seine Frau." "Einfach ging wohl nicht", murmelte Shinji, während die anderen lachten. "Nein, sicher nicht. Immerhin reden wir hier vom Affenclan", lachte ich. Und der war immer wieder für eine Überraschung gut. *** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)