A new Story von Sila (Die Geschichte einer Tänzerin~) ================================================================================ Kapitel 10: TEIL II ~ Abschiedsmelodie ~ ----------------------------------------- "After love" Ich dachte du warst meine Liebe Ich dachte du warst mein ein und alles Ich glaubte du wärst der Einzige den ich lieben könnte Nur für dich habe ich gelacht Nur für dich habe ich gelebt ...und ich glaubte an deine Liebe! Aber es war alles eine Lüge! Weil du mich verlassen hast mit so viel Schmerz ...gefüllt mit Traurigkeit und Tränen Du sagtest, du würdest nur mich lieben, mich beschützen Aber deine Liebe war nur eine Lüge Du hast mein Herz genommen und meine Liebe Weggehen, verlassen ist alles was deine Liebe ist! Ich wollte von jemandem geliebt werden und diese Person lieben Welch ein Dummkopf! Ich glaubte du wärst diese Person Dass es Liebe war ... eine Lüge! Dass du mich liebtest ... eine Lüge! Dass wir für immer zusammen sein würden ... eine Lüge! Du hast mich verlassen... ...mit dem Versprechen, dass du wiederkommen wirst Aber ... Wohin bist du gegangen? Die Entfernung zwischen uns wird immer länger Sag mir wo bist du? Auch wenn du immer weiter weg warst, habe ich nur dich geliebt ... ...jetzt ist es zu spät... Lebe wohl! Geblieben die Erinnerungen, Lachen, Weinen ... Doch... mein Herz ist still geworden... Lieben? Kann ich das überhaupt noch? --- Übersetzter Text vom Song: "After love" der Gruppe „RedMotion“ --- (mehr von ihnen – später) **** *** ** * „Partnerlook?“, fragte Philphlader - die auch Phil genannt wurde – und blickte zu ihrer besten Freundin auf. Sie hatte sich gerade hingesetzt, ihre Lunchbox auf dem Schoß positioniert und wollte mit dem Essen beginnen, als Sila um die Ecke der großen Außenanlage des Tanzinternats „Audition - EU“ bog und Hals über Kopf von einem Partnerlook erzählte. „Ja! Die Idee ist mir gerade gekommen, Imôto (kleine Schwester) und ich habe mir überlegt wie toll das doch wäre!!!“ Sila wirbelte über den geschmackvoll angelegten steinernen Weg, blieb stehen, blickte Phil an und sagte: „Stell dir nur mal vor! Von den Schuhen bis zu den Accessoires gleich angezogen!!!“. Fröhlich klatschte sie in die Hände, bemerkte jedoch nicht den Gesichtsausdruck ihrer Freundin. Eigentlich kannte Phil schon so ziemlich jeden Wesenszug der – heute aufgeregten - Tänzerin und auch die plötzlichen Einfälle und Ideen, mit denen Sila sie häufig überraschte, doch heute lag etwas anderes auf ihrem Gesicht. Es war Silas Lächeln, das Phil an diesem Vormittag so sehr fesselte. Während Sila noch fröhlich vor sich hinplapperte und ihrer Freundin die Vorzüge eines Partneroutfits zu erklären suchte, schweiften Phils Gedanken ab. So gerne sie Sila auch zuhören würde, konnte sie sich heute nicht konzentrieren. 'Wann war es das letzte Mal?', sann sie nachdenklich aber mit ihrem Blick auf Sila ruhend, 'Das letzte Mal an dem ich sie so Lächeln gesehen habe?'. Die letzten Monate waren für ihre Freundin alles andere als schön gewesen. Phil und auch die anderen Freunde standen Sila zur Seite, hörten zu wenn sie etwas sagte, versuchten zu trösten, doch Sila verlor mehr und mehr ihre Fröhlichkeit. Die Unbekümmertheit, die Freude am Tanzen, an der Gesellschaft der Freunde, die sie täglich um sich hatte ... All das schien nun so lange her zu sein. Es war als würde eine andere Person vor Phil stehen. Die Sila, die SIE die letzten Monate kannte, war blass und still. Sann Tag und Nacht über irgendetwas nach, stand stundenlang wortlos vor dem Fenster und tanzte fast nur noch in eingeschlossenen Räumen. Sila war schon seit einigen Monaten 23 Jahre alt, doch wirkte sie früher meist viel jünger, besonders durch ihre fröhlich, kindliche und unbekümmerte Art. Die letzten Monate jedoch, ließen Sila viel älter als ihre 23 Jahre erscheinen. Ihre sonst schon recht blasse Haut, bekam einen ungesunden Ton und Phil bemerkte dass ihre Freundin auch Gewicht verloren hatte. Phil zählte im Kopf die Monate zurück. '9 ... nein! 10 oder 11 Monate müsste es nun ungefähr her sein, seit sie Chuckie zum letzten Mal sah... Fast schon ein ganzes Jahr!' Dieser Tag war der Tag an dem Sila vor den Toren des Tanzinternats stand und ihrem Freund das letzte Mal zuwinkte, in der Hoffnung ihn bald wieder zu sehen. Die Zeit verging und Chuckie meldete sich nicht. Sila wartete und wartete. Jeden Tag öffnete sie ihren Postkasten in der Hoffnung eine Nachricht von ihrem Geliebten zu erhalten, blickte häufig die Straße - die zum Internat führt – herunter, um zu sehen ob jemand auf dem Weg zur Schule war. Doch keine Spur von ihm. Nach einigen Monaten hatte sie wieder Kontakt zu seiner Arbeitskollegin Summer und fragte ob sie wüsste wo Chuckie sei, wie es ihm ginge. „Chuckie? Ach das weiß ich leider nicht ...“, antwortete Summer ihr. „Weißt du? Ich habe eine neue Stelle bekommen und konnte deswegen endlich wieder zurück zu meinen Eltern ziehen ... Du weißt ja wie Chuckie ist! Er meldet sich immer so selten. Aber Moment ... Gestern war er im Chatroom und hat sich mit mir etwas unterhalten. Er erzählte kurz über seine Arbeit und neue Kollegen aber nichts besonderes. Wieso fragst du?“ Sila erzählte nicht den wahren Grund ihrer Frage, doch seit dieser Unterhaltung mit ihrer früheren besten Freundin aus dem Ausland, ging es Sila schlecht. Auch sie hatte Chuckie häufiger „online“ im Chatprogramm gesehen und ihm immer geschrieben, doch nie erhielt sie eine Antwort. Die letzte Internetunterhaltung, die sie und Chuckie führten – noch bevor sich die beiden zum letzten Mal sahen - handelte um das chinesische neue Jahr. Chuckie erzählte dass es für ihn so wichtig war und auch dass er unbedingt deswegen in das Land reisen musste. Chuckie war ein Asiat, doch niemals gab es deswegen ein Problem zwischen den beiden. An diesem Tag jedoch fragte Sila ihn aus welchem Grund es denn so wichtig für ihn wäre und warum er sich nur nach dieser Zeitrechnung halten würde, doch Chuckie ging nicht darauf ein. Nach seinem letzten Besuch im Tanzinternat meldete er sich nicht mehr bei Sila. Die Vermutung dass es irgendetwas damit zu tun haben könnte, dass sie und er aus so unterschiedlichen Kulturen waren, begann Silas Herz zu erschweren. Sie schrieb Chuckie von der Sache, fragte ihn, bat ihn ihr zu sagen was denn los war aber es hatte keinen Zweck. Es war als wäre Chuckie still und leise aus Silas Leben gegangen. Anstelle zu ihren Freunden zu gehen, die immer ein offenes Ohr für ihre Probleme hatten, isolierte sich Sila immer mehr und mehr. Sie schien all die Sorgen und Fragen in sich hineinzufressen. Das Schlimmste war, dass fast jeder Tanz, jeder Raum, jedes Lied irgendwie an Chuckie erinnerte. Die Erinnerung an den Mann, dem Sila ihr Herz schenkte, der immer gesagt hatte: „Bald ist es vorbei mit dem Reisen, dann bleibe ich bei dir und dann kann ich neu anfangen.“, der ihr nie einen Grund zu zweifeln gab, war so frisch, so schmerzlich für Sila, dass sie sogar beim Tanzen ständig litt. Es gibt Menschen, die versuchen einen Schmerz zu verdrängen, zu vergessen. Sila hingegen tat unbewusst das Gegenteil. Sie hielt krampfhaft die Erinnerung an Chuckie aufrecht. Aron war derjenige der Sila – ziemlich schroff – zu erklären versucht hatte die Tanzpartnerschaft aufzulösen. Er ertrug es einfach nicht mehr seine langjährige Freundin so leiden zu sehen. Sila kämpfte und überlegte und nach einigen schlaflosen Nächten tat sie einen Schritt, der ihr Herz komplett zerbrechen ließ. Wenn Sila weder zu hause sitzen noch tanzen konnte, so zeichnete sie. Wie sie es vor der Zeit ihrer Tanzlaufbahn mit Shizumi zusammen getan hatte. Beim Zeichnen konnte sie ihre Gedanken wenigstens auf das Blatt Papier bringen. Normalerweise konnte sie beim Tanzen gut abschalten, doch die ständige Erinnerung an Chuckie machte es unmöglich. Sie zeichnete ihm ein Bild. Viele Fotos hatte sie zur Hilfe und so entstand ein letzter Gruß an ihn. Das Bild mit dem Titel „I will never forget you“ nahm sie, legte einen Brief bei und gab Chuckie frei. Ärger und Verletzung waren einer Art Trauer gewichen, denn sie wusste dass sie ihn immer noch liebte und sie wollte es ihm wenigstens noch einmal zeigen. Kein Wort der Anklage, sondern des Dankes für die Zeit mit ihm, schrieb sie dem Mann, mit dem sie alt werden wollte. Es war an der Zeit zu erkennen, dass die Beziehung schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, doch Sila wollte es einfach nicht wahrhaben. Chuckie und sie waren so verschieden, hatten so unterschiedliche Einstellungen, Ziele und Träume und die Distanz zwischen ihrer Familien war zu weit. Nun gab sie Chuckie frei... Es war vorbei. Mit dem Abschicken des letzten Briefes zerbrach Sila innerlich. Keiner ihrer Freunde, auch nicht Phil, wussten dass Sila Chuckies Tanzpartnerschaft und auch die Beziehung aufgelöst hatte. Niemandem erzählte sie davon. Die erste Zeit isolierte sie sich. Ließ kaum jemanden an sich heran. Phil war zu der Zeit sehr oft in der Universität und musste viel lernen. So tanzte Sila fast ausschließlich zu Zeiten an denen ihre Freunde kaum tanzten. Sie bevorzugte die späten Abende und Nächte und mietete sich nur Privaträume. An einem Abend jedoch, wurde sie von Shizumi überrascht, die wie die anderen engen Freunde das Passwort kannte. Kurze Zeit später kam auch Massayo vorbei, die Sila erst einmal ausschimpfte weil sie sich so lange nicht sehen gelassen hatte. Sila schwieg. Während Massayo in ihrer eigentlich freundlichen Art und Weise Sila versuchte zum Reden zu bewegen, erblasste Shizumi und griff Massayo wortlos am Arm. Verwundert blickte Massayo in das Kommunikationsgerät von Shizumi, bei dem die Informationen von Sila aufgerufen waren. Dort sah sie nun das, was Shizumi so erschrocken hatte: Bei Silas Tanzpartner war der Name „Chuckie“ verschwunden. Shizumi starrte Sila nur an und wusste nicht was sie sagen sollte, doch Massayo blickte sie an und fragte: „Was ist geschehen?“ Obwohl Massayo und Shizumi Chuckie nicht wirklich persönlich kannten, wussten sie wie sehr Sila an ihm hing und so waren auch sie verwirrt. Als Sila sich bockig stellte, wurde es Massayo zu viel. Sie hing an ihrer Freundin und ärgerte sich ohnehin schon dass Sila sich das Leben mit diesem Chuckie so schwer machte. Die letzten Wochen, an denen sich Sila wegen den sinnlosesten Ausreden zurückzog oder gar nicht aufzufinden war, machten ihren Ärger noch größer. Wütend darüber was „der Typ“ ihr angetan hatte, versuchte sie Sila ins Gewissen zu reden. Sila war die ganze Situation mehr als unangenehm, aber sie merkte dass Massayo und Shizumi ihr nur helfen wollten. Ja, sie wollte ihre Hilfe gerne annehmen. „Wenn ich an deiner Stelle wäre und mich so verhalten würde wie du es derzeit tust, wie würdest DU dich dann fühlen? Überleg doch mal!!! Wir sind deine Freunde!!!“, rief Massayo empört. Dann knallte sie mit ihrer Hand an den Tisch und rief: „Mit den Kerlen gibt es nichts als Ärger!!!“ Sila musste etwas schmunzeln. Ja! Das war wirklich typisch Massayo, der Wirbelwind in ihrem kleinen engen Freundeskreis. Shizumi und Massayo waren immer an ihrer Seite, wie konnte Sila das nur verdrängen wollen? Die kleine Standpauke von Massayo hatte die erste Wirkung gezeigt. Zumindest lief Sila jetzt nicht immer davon, sondern tanzte mit Shizumi und Massayo in privaten Räumen. So hatte Sila wieder Gesellschaft und konnte ein wenig abschalten. Als Phil mit ihren Semesterprüfungen durch war und zu dem Freundeskreis stieß, musste auch sie schockiert feststellen was geschehen war. Die Geschichte erfuhr sie von Massayo und Shizumi, die ihr rieten alles was mit Chuckie zu tun hatte, nicht zu erwähnen, weil sie feststellen mussten wie stark Sila sich an die Erinnerung klammerte. Nun kam eine schwere Zeit für Phil, denn auch wenn sie durch endlose Einzelgespräche mit ihrer Freundin mehr von ihr erfahren konnte, die Tatsache, dass Sila nicht mehr die Alte war, belastete Phil sehr. Eigentlich war sie ja immer diejenige, die von Sila aufgemuntert wurde, doch zu sehen dass ihre Freundin immer mehr aufgab, ohne dass sie oder Massayo oder Shizumi etwas dagegen tun konnten, nagte an ihren Nerven. Doch die 3 beschlossen Sila einfach machen zu lassen. Sie tanzten mit ihr und hörten mit den Fragen auf. Irgendwann – so hofften sie – würde sie entweder von selbst aufhören in der Vergangenheit zu leben oder wenigstens darüber reden wollen. Mit viel Ehrgeiz und Eifer und noch mehr Geduld schafften es die 3 Freunde Sila dazu zu bekommen, dass sie auch hin und wieder mal mit anderen Tänzern tanzten. Gerade Sila liebte die Team-Tänze und konnte wieder etwas mehr Freude beim Tanzen haben. In dieser Zeit spürte sie den Halt ihrer Freunde, obwohl sie es gar nicht verdient hatte, ja sogar nicht gerade freundschaftlich zu ihnen war. Der Halt und die Hilfe waren die Mittel, die Sila etwas aus der Reserve holen konnten und es war die Zeit die ihre Freundschaft noch um einiges mehr festigte. **** *** ** * „Also was denkst du? Schaffen wir es uns für EIN Outfit zu entscheiden?“, fragte Sila mit einem erwartungsvollen Blick zu ihrer Freundin. „Was sollen wir entscheiden?“, fragte Phil etwas verlegen, weil sie es sich wieder einmal gestattet hatte ihre Gedanken herumschweifen zu lassen. Schmollend setzte sich Sila neben sie. „Ochhhh Imôtooo! Du hast gar nicht richtig zugehört... Magst du die Idee von einem Partneroutfit nicht?“ Jetzt war Phil hellwach, denn sie erinnerte sich dass Sila ihr vorgeschlagen hatte, ein Partneroutfit zusammen zu suchen. „Nein nein!!! Entschuldige Neechan!!! Ich war kurz in Gedanken XD ... Ein Partneroutfit? Mit dir??? Wiiiii“, dabei fiel sie ihrer verwunderten Freundin um den Hals. „Das wäre ja toll!!! Du kommst auf Ideen, Neechan!“, lächelte Phil und begann endlich ihr Essen zu genießen, nach dem sie Sila etwas angeboten hatte. „Wann fangen wir an uns etwas auszusuchen, Neechan?“, fragte sie nachdem sie ihre Lunchbox geleert hatte. „Wenn du fertig mit dem Essen bist, Imôto!“ „Ich bin gerade fertig geworden o.o“ „Na dann! Lass uns losziehen“, jubelte Sila und sprang auf. Total verwundert blickte Phil Sila an: „Jetzt? In diesem Augenblick??“ „Hast du schon etwas vor?“, war die Gegenfrage. „Äh n- nein ... Es kommt nur so plötzlich.“, wunderte sich Phil. Sila ignorierte es, reichte ihrer Freundin die Hand um sie von ihrem Platz hochzuziehen. Nachdem Phil ihre Lunchbox sicher in ihrer Tasche verstaut hatte, ergriff Sila ihren Arm und zog mit ihr durch den angrenzenden Park in Richtung Shoppingmeile. Wenn sich eine der beiden Tänzerinnen vorgestellt hatte, dass sie sich schnell auf ein einheitliches Outfit einigen würden, konnte sich nun vom Gegenteil überzeugen lassen. Zum ersten Mal wurde den Freundinnen bewusst WIE unterschiedlich ihre Kleidungsstile waren. Phil, zum Beispiel war fast einen ganzen Kopf kleiner als Sila und trug deswegen immer Absätze, zu Silas immer wieder großen Verwunderung sogar beim Tanzen. Sila hingegen trug in ihrem Leben nur ein einziges Mal Absätze. Es war zu der Zeit als sie auf einen eleganten Ballähnlichen Abend mit ihren Zieheltern eingeladen worden war, wo die Garderobenvorschrift: Abendkleidung hieß. Auch wenn Sila es ihrem „Halbbruder“ zu liebe getan hatte, so litt sie den ganzen Abend an entsetzlichen Fußschmerzen, weil sie Absatzschuhe tragen musste. Vom Tanzen – trotz der lieben Bitten ihres „Bruders“ - konnte keine Rede sein. Seit diesem Tag trug Sila immer Turnschuhe oder flache Stiefel und war schockiert als Phil ihr sagte, dass sie gerne Absätze haben wollte. Sila liebte kurze Hosen oder auch Röcke, Phil hingegen trug lieber lange Hosen. Sila liebte Farben, Phil bevorzugte dunkle Kleidung. Sila mochte Felle, Verzierungen und Falten, Phil mochte es eher schlicht und einfach. Da standen nun die beiden Freunde, die sich in ihre Köpfe gesetzt hatten, nicht ohne ein gemeinsames Tanzoutfit aus dieser Shoppingmeile zu gehen, und grübelten wie sie ihre Unterschiedlichkeiten lösen konnten. Die Shoppingmeile war gut gerüstet für Outfits der Tänzer und Tänzerinnen, denn die Läden merkten sehr schnell wie gut sie mit den Schülern des angrenzenden Internats verdienen konnten, wenn sie Tanzoutfits anboten. So wurden die unterschiedlichsten Stile und Kostüme immer erweitert und angepasst. Beim Vorbeigehen an einem Schaufenster fiel Sila ein knielanger schwarzer Faltenrock auf, der sogar einen silbernen Ziergürtel im Preis hatte. Beim Zeigen des Rockes zu Phil, merkte Sila an ihrem Blick dass es ein eher ungewohnter Gedanke war. „Du willst einen Rock? Als Partneroutfit?“ „Warum nicht?“ „Aber ich dachte du magst Röcke beim Tanzen nicht, weil man manchmal was sehen kann...“ Sila grinste Phil an und konterte: „Aber man kann doch eine total kurze Hose drunter anziehen und außerdem ... Schau! Es ist knielang ... Da dürfte es nicht so große Probleme machen, oder?!“ Nun, so sehr davon überzeugt war Phil noch nicht und da Sila sie zu nichts überreden wollte, was sie nicht selber wenigstens tolerieren könnte, fragte sie: „Gefällt dir der Rock denn überhaupt?“ Phil betrachtete ihn, lief rechts und links am Schaufenster vorbei und sagte nachdenklich: „Nun ja ... Hübsch ist er ja, aber ich bin echt nicht gewohnt einen Rock zu tragen. Wer weiß ob er mir überhaupt steht.“ Nun konnte Sila einen Vorschlag bringen: „Genau so wenig wie ich es gewohnt bin mit Absätzen zu tanzen, Imôto! Lass uns mal den Rock anprobieren und schauen ob er uns überhaupt passt.“ Mit diesen Worten betraten die Damen den Laden und zogen sich den Rock an. Kaum sahen sich die Tänzerinnen mit dem gleichen Rock, hörte man im Laden ein fröhliches quiecken – was leider typisch für die Beiden war. Phil bemerkte dass ihr der Rock doch recht gut stand und Sila lächelte: „Wenn du bereit bist für mich einen Rock zu tragen, dann möchte ich dafür lernen mit Absätzen zu tanzen. In dem Laden in dem wir vorher waren, haben uns doch die hübschen hellen Schuhe mit den Flügeln an der Seite so gefallen ... Komm, die probieren wir an.“ Kaum machte Sila Phil das Angebot sah sie das typische fröhliche Strahlen in ihrer Freundin und merkte dass es möglich ist durch Kompromisse eine Einheit zu bilden, selbst wenn man sonst andere Vorlieben hatte. Die Schuhe gefielen beiden Damen, auch wenn Sila sehr wackelig auf den „kleinen“ Absätzen – wie Phil sie nannte – stand. Für Sila waren das keine kleinen Absätze, sondern Mordinstrumente. Doch sie biss die Zähne zusammen, denn hübsch waren die Schuhe ja und mit dem Rock sagen sie wirklich gut aus. Nun fehlte den Beiden ein Oberteil. Als Sila Phil fragte ob sie nicht vielleicht schon eine Idee hatte, erzählte Phil ihr von einer neuen Kollektion in einem Laden, die erst einige wenige Tage vorher herausgekommen war. Sila wusste was sie meinte, denn auch sie hatte die hübschen Sachen begutachtet. Als Phil ihr erzählte dass sie ein schickes Oberteil gesehen hatte, dass sicher gut passen könnte, musste Sila erstaunt feststellen dass Phil genau das Oberteil meinte, dass sie selber so hübsch fand. Sie gingen in den Laden um sich zu überzeugen dass beide das gleiche Oberteil meinten und siehe da? In diesem einen Punkt waren beide Damen einer Meinung! Das Oberteil sah schick aus, war silber grau und hatte schwarze breite Träger, die locker an den Armen anlagen. Was für ein Abschluss. Im gleichen Laden fanden sie auch hübsche Armkettchen und eine schicke Halskette, die sie zufrieden in ihre Einkaufstüten stopften. Welch ein Tag! Phil wunderte sich über Silas ungewohnte Fröhlichkeit. Nach einigem Ringen mit sich selber, fasste Phil sich Mut und fragte: „Neechan ... Du bist so fröhlich heute ... Ist irgendetwas schönes passiert?“ Sila blieb stehen, lächelte, drehte sich zu Phil und erklärte mit rot werdenden Wangen: „Ich bin so blöd gewesen Imôto ... Du und Massayo und Shizumi ... ihr hattet es nicht leicht mit mir in der letzten Zeit. Gestern, als ich ein Lied gehört habe, zu dem Chuckie und ich immer gerne getanzt haben, da musste ich an die guten Dinge denken, die wir erlebt haben. Auch an schöne Dinge mit dir und den Anderen. Es tut mir Leid dass ich euch solchen Kummer gemacht habe... Auch wenn es nicht immer einfach ist, ich möchte dass es endlich aufhört mit dem Traurigsein. Ich möchte meine Energie lieber verwenden um die Zeit zu genießen die ich mit euch verbringen darf!!!“ Sie blickte in die Ferne, wo man das Internat bereits sehen konnte und sagte leise: „Wir werden langsam erwachsen, Imôto, und sicher nicht für immer hier sein. Wer weiß wie lange wir noch so zusammen sein können...“ Ja, Phil war sich sicher, dass Chuckie immer noch eine große Rolle in Silas Leben, in ihren Erinnerungen und in ihrem Verhalten. Aber er war nun nicht mehr da und solange er ihr nicht mehr begegnen würde, könnte Sila ihn mehr und mehr vergessen. Auch wenn Phil es nie laut äußern würde hoffte sie dass Chuckie Sila wirklich in Ruhe lassen würde und sie endlich ein neues Leben anfangen könnte, auch wenn es dauern würde. Das Partneroutfit war ein voller Erfolg. Alle Freunde bemerkten es natürlich sofort und beglückwünschten zu der guten Wahl der Beiden. Doch alle Beteiligten, inklusive Sila und Phil, mussten sich erst einmal an das ungewohnte Aussehen der Tänzerinnen gewöhnen. Zudem gab es in der Anfangszeit immer wieder Momente die die anderen schmunzeln ließen, wegen ihrer Tolpatschigkeit mit Absätzen. Ja, es dauerte bis sich die Tänzerinnen daran gewöhnten, aber der gemeinsame Tag des Einkaufs würde sicher unvergesslich bleiben. **** *** ** * Müde vom Tanzen und mit immer noch leicht schmerzenden Füßen wegen den ungewohnten Schuhen, ging Sila den langen Flur zu ihrem Apartment entlang. Gerade als sie ihre Chipkarte durch die Türöffnung ziehen wollte, bemerkte sie eine ältere Frau, die nicht weit von ihr stand. „Guten Abend Fräulein Sila. Hatten Sie einen übungsintensiven Tag?“, wurde Sila von der freundlichen Frau des Anlagenbesitzers begrüßt. „Oh ja, wie jeden Tag, Frau Kleve. Dankeschön für die Nachfrage. Ich hoffe Sie haben auch einen schönen Abend.“, verbeugte sich Sila höflich und bemerkte beim Aufrichten dass die gute Frau einen Umschlag in den Händen hielt. Ihr Blick blieb nicht unbemerkt, Frau Kleve las noch einmal den Empfänger des Umschlags und reichte den Brief dann Sila mit den Worten: „Ich wollte Sie nicht lange aufhalten, doch heute kam der Postbote verzweifelt zu uns und bat uns Ihnen den Brief höchst persönlich zu geben. Der Absender bestand darauf dass Sie den Brief auch wirklich erhalten würden.“ Die alte Dame blickte auf den dicken Umschlag und lächelte: „Es scheint sehr wichtig für jemanden zu sein, dass Sie den Inhalt dessen erfahren.“ Damit überreichte sie der verwunderten Sila den Brief und verabschiedete sich. „Was mag drin sein?!“ Der erste Gedanke war Chuckie. Vielleicht war er doch lange Zeit verhindert und hatte es endlich geschafft ihr zu schreiben?! Mit klopfendem Herzen betrat Sila ihr 3 Zimmer Apartment, schmiss ihren Mantel und Tasche im Flur auf den Boden und lief in das wohnlich eingerichtete Wohnzimmer. Erstaunt befühlte Sila ihren Brief und wunderte sich über die Fülle des A4 Umschlags. Beim Umdrehen fiel ihr Blick auf den Absender des Briefes und sofort schwand ihr erwartungsvolles Leuchten aus den Augen. Auch ihr Herz beruhigte sich allmählich, während sie eine Schere zum Öffnen des Umschlags hervorholte. Aus dem Umschlag fiel ein Brief mit sehr vielen Seiten heraus. Auch Fotos lagen bei. Sila seufzte, ihre Enttäuschung darüber dass der Absender nicht Chuckie war, stand ihr im Gesicht geschrieben. Sie betrachtete die Fotos, schmunzelte über einige Schnappschüsse, lehnte sich zurück und las die erste Zeile: „Ey du treulose Tomate!!!“ .... Ende Kapitel 10: ~ Abschiedsmelodie ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)