Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 52: Einen Schritt zur Flucht ------------------------------------ Freitag! Endlich. Auch diese Woche war lang und anstrengend. Ich sehn mich nach dem Ende des Schultages. Nach dem Ende des Theaters, dass Katsuya und ich 'nur' befreundet sind. Ich hätte das nie geglaubt, aber es ist anstrengend seine Gefühle für jemanden, der einem so nahe steht... den man liebt, ständig verstecken zu müssen. Ja, ich weiß! Es war meine verdammte Idee und ich will mich auch gar nicht beklagen. Aber ich hab dieses Schauspiel einfach unterschätzt. Dennoch... ist es einfach notwendig, damit Katsuya nicht der Gefahr ausgesetzt wird in den Fokus der Klatschreporter gerückt zu werden. Ich freu mich darauf, gleich mit ihm in meinen Wagen zu steigen und, durch die blickdichten Fenster geschützt, ihm endlich wieder nah sein zu können. Doch es geht nicht in die Firma. Ich habe meine Arbeitswoche auf vier Tage herunter geschraubt. Es ist nicht so, dass mir meine Firma unwichtig geworden wäre. Aber ich merke, dass ich einfach für mehr keine Energie habe. Ich versuche mich in der Firma wie üblich zu geben, aber von dieser Person - die ich letztes Jahr noch war - ist eigentlich nichts mehr übrig. Gestern stand ich bald eine Stunde in meinem Waschraum vor dem Bügel auf dem mein Anzug hing und ... konnte ihn nicht anziehen. Es ging einfach nicht. Schon allein bei dem Gedanken den Dreiteiler anzuziehen und mir dann die Krawatte zu binden hatte ich das Gefühl, dass sich mir der Hals zuziehen würde. Also hab ich mich in der Schuluniform hinter meinen Schreibtisch gepflanzt. Isono konnte seine Überraschung nicht verbergen, als er mich sah. Ein Großteil meiner täglichen Arbeit nervt mich mittlerweilen. Anfragen für Geschäftstreffen, Telefonate mit Partner, Meetings mit Abteilungsleiter und Angestellte. Diese ganze Interaktionen schlauchen und fressen meine Zeit, die ich dann nicht für das verwenden kann, worauf ich eigentlich wirklich Bock habe: Nämlich die Weiterentwicklung des Duell Disc-Systems! Statt also heute ins Büro zu fahren holen wir Mokuba von seiner Schule ab. Ich bin froh, dass seine Schule erst eine halbe Stunde nach unserer endet. So haben wir genügend Zeit von der Oberschule zur Mittelschule zu kommen und dann dort auf ihn zu warten. Auch wenn er wieder nicht mit mir reden wird! Zwar versucht er sich seit unserem letzten Gesprächsversuch vor zwei Wochen, einigermaßen normal zu geben, indem er mich nicht mehr meidet, mich hin und wieder umarmt, versucht aufgesetzt zu lachen oder viel erzählt, aber er ist nicht sehr geübt darin seine wahren Gefühle zu verbergen. Immer noch belastet ihn etwas. Etwas, was - und da bin ich mir so sicher, wie man sein kann - mit mir zu tun hat. Aber er will einfach nicht mit der Sprache rausrücken und mir sagen was los ist. Was in der Neujahrsnacht passiert ist, was ihn so aus der Bahn geworfen hat. Bislang konnte er mit mir doch über alles sprechen und hat das auch immer getan. Katsuya und ich versuchen ihm Zeit und Raum zu geben... aber... diese Ungewissheit zerrt an mir! Als wir an seiner Schule ankommen steige ich wie immer aus und lehn mich an den Wagen. Es läutet und eine Flut von aufgedrehten Kids kommt aus dem Gebäude geströmt. Ich richte mich auf, doch nirgends seh ich meinen kleinen Bruder. Ungewöhnlich! Sonst ist er immer bei den ersten Schülern mit dabei. Ich geh ein paar Schritte auf das Tor zu und blicke mich unsicher um. Katsuya kommt zu mir und lässt seinen Blick ebenfalls über den Schulhof gleiten. Die Anzahl der Schüler nimmt immer weiter ab, bis nur noch vereinzelte kleinere Grüppchen aus dem Gebäude kommen. Drei von ihnen halten direkt auf uns. Einer von ihnen trägt Mokuba's Rucksack. Zögerlich spricht er mich an, ob ich nicht der Bruder von Mokuba sei? Als ich das bestätige reicht er mir den Rucksack. Mokuba wäre es vorhin nicht gut gegangen und sei ins Krankenzimmer, doch er wäre nicht mehr zurück gekommen. Als sie ihm den Rucksack bringen wollten meinte der Schularzt, dass Mokuba zwar kurz reingeschaut, aber sofort wieder gegangen wäre. Die drei sehen irgendwie belämmert aus. Da fragt Katsuya, was die drei wieder zu Mokuba gesagt hätten. Ich dreh mich überrascht zu dem Blonden um, der aber nur streng zu den drei schaut. Als er meinen Blick bemerkt, meint er nur, dass die drei Mokuba öfters ärgern, hänseln oder auslachen würden. Einer von ihnen schaut beschämt zur Seite. Mein Bruder wird in der Schule gemobbt? Hat er deshalb keine gleichaltrigen Freunde? Warum weiß ich davon nichts? War ich in den letzten zwei Jahren wirklich derartig beschäftigt, dass mir das entgangen ist? In mir regt sich wieder dieses Gefühl, der schlechteste große Bruder der Welt zu sein. Katsuya fordert erneut eine Antwort. Der Rothaarige tritt einen halben Schritt vor und meint nur wütend, dass sie gar nichts getan hätten! Sie hätten im Rahmen des Unterrichts debattieren sollen. Im Laufe dieser Diskussion wäre Mokuba plötzlich aufgesprungen und hätte gemeint, dass es ihm nicht gut ginge. Daraufhin habe die Lehrerin ihn zum Schularzt geschickt. Das sieht meinem kleinen Bruder gar nicht ähnlich! Mein Streuner hakt weiter nach und will wissen, worüber diskutiert worden sei. Nur zögerlich antwortet der Rothaarige daraufhin, dass es darum ging, ob Reichtum ein Garant für Glück sei. Katsuya blickt betroffen zu mir und dann wieder zu den Jungs. Er nickt nur, dankt für die Auskunft und lässt sie ziehen. Ich zieh mein Smartphone und drück die Schnellwahltaste für Mokuba. Fuguta ist mittlerweile auch ausgestiegen und an uns heran getreten. Als die Nummer gewählt ist lande ich direkt auf der Mailbox. Entweder ist Mokuba's Smartphone aus oder er hat mich weggedrückt! Er würde mich nicht einfach wegdrücken! Weiß doch, dass ich mir sofort große Sorgen mache. Katsuya legt mir eine Hand auf die Schulter, als ich auflege. Dann betritt er das Schulgelände und meint ich soll warten! Doch ich lauf ihm nach. Wir gehen das gesamte Schulgelände einmal ab, sowohl die Sportplätze und -hallen, sowie das Schulgebäude vom Keller bis zum Dach. Nirgends können wir Mokuba finden! Als wir am Auto ankommen bittet mein Streuner Fuguta, der unterdessen weiterhin verseucht hat Mokuba auf dem Handy zu erreichen, uns zur Arkade zu fahren. Dort checken wir die verschiedenen Spielhallen ab. Doch auch hier werden wir nicht fündig. Mein Herz schlägt bis zum Anschlag. Was... was wenn ihm etwas passiert ist? Mir wird schwindlig. Katsuya stützt mich kurz und zwingt mich zum Stehen bleiben. Als es einigermaßen wieder geht kehren wir zum Auto zurück und er bittet Fuguta nach Hause zu fahren. Aber was,... wenn er da nicht ist... wo sollen wir dann noch suchen? Die Angst keimt immer weiter in mir auf. Schließlich erreichen wir das Anwesen, Fuguta fährt vor die Eingangstür und der Wagen bleibt stehen. Ich spring aus dem Wagen, renn zur Haustür, stoß sie auf und bleib erleichtert stehen. Da stehen die Schuhe meines kleinen Bruders im Eingangsbereich. Schnell entledige ich mich meiner und dem Mantel und renne zum Wohnzimmer. Kein Mokuba. Als ich aus dem Wohnzimmer zurück komme seh ich Katsuya, der aus der Küche kommt und mit dem Kopf schüttelt. Wir eilen die Treppe hinauf und wieder bleib ich wie angewurzelt stehen. Da... ganz hinten am Ende des Flurs steht mein kleiner Bruder. Er blickt die Tür meines Schlafzimmers an und sieht verloren aus. Ich renn zu ihm und schließ ihn in meine Arme. Er kreischt plötzlich auf und stößt mich von sich. Irritiert blick ich zu ihm. Seine Augen sind gerötet und vor Schrecken weit aufgerissen. Er hat wieder geweint. Wieder lässt er beschämt seinen Kopf hängen. Langsam rappel ich mich wieder auf und näher mich ihm. Wieder laufen ihm Tränen über das Gesicht. Sanft will ich sie ihm wegwaschen, doch er schlägt meine Hand einfach nur weg und schreit 'Nicht'! Was... Was ist denn nur mit ihm los? Behutsam versuche ich es ein weiteres Mal, leg meine Hand auf seine Schulter und zieh ihn an mich ran. Doch wieder wehrt er sich und schreit, er hätte meine Liebe nicht verdient. Verwirrt blick ich ihn an und frage, wovon er da spricht. Doch er schüttelt nur mit dem Kopf und will sich gerade abwenden, um in sein Zimmer zu stürzen. Doch ich halt ihn stoisch fest und lass ihn nicht gehen. Nicht so... nicht mit diesem Satz im Raum. Aber seine Gegenwehr ist recht heftig. Schließlich kann ich mir nicht anders helfen, als ihn anzuschreien! Er soll damit aufhören und mir endlich sagen was los ist. Ich will wissen, warum er glaubt, meine Liebe nicht zu verdienen! Mokuba reißt seinen Blick auf einmal zu mir hoch und brüllt mir ins Gesicht, dass er mich im Stich gelassen hat, als ich ihn am dringendsten gebraucht hätte. Das er nur zugesehen und nicht geholfen hätte. Ich versteh so langsam gar kein Wort mehr! Was meint mein kleiner Bruder da nur? Was will er gesehen haben? Wann will er mir nicht geholfen haben? Seine nächsten Worte ziehen mir den Boden unter den Füßen weg, als er mir endlich antwortet: Er habe nur zugesehen, als Gozaberu mich auf meinem Bett vergewaltigt hatte und wäre mir nicht zur Hilfe gekommen. Erschrocken über sich selbst schlägt er sich die Hände vor den Mund. Ich lass ihn los, als würde ich mir an ihm die Finger verbrennen und taumle zwei, drei Schritte nach hinten. Wage es nicht zu blinzeln, nicht zu atmen. Selbst mein Herz scheint stehen geblieben zu sein. Ich fühl plötzlich eine große Kälte in mir aufkommen. Tränen, die sich langsam in mir nach oben bahnen. Jetzt erkenn ich endlich, was mit meinem Bruder los ist! Ich habe ihn und seine kindliche Unschuld zu Grunde gerichtet. Weinend versucht er die Schritte, die ich zwischen uns gebrachte habe wieder aufzuholen und greift nach mir. Aber ich kann nur nach hinten ausweichen. Durch meinen Kopf hallen nur immer wieder seine Worte und der Gedanke, dass Mokuba es weiß und ich seine Unbeschwertheit zerstört habe! Etwas zieht sich in mir zusammen. Ein tiefer, stechender Schmerz. Ich höre Mokuba weinend nach mir rufen und bleib stehen, schling meine Arme um ihn und zieh ihn einfach nur ganz eng an mich heran. Er umklammert mich verzweifelt und weint noch heftiger. Was... was soll ich jetzt nur tun... ich mein... wie... woher... warum weiß er davon...? Mein Inneres fühlt sich starr und unbeweglich an und brennt doch höllisch. Tränen laufen mir über das Gesicht ohne dass ich schluchzte. Sie laufen mir stumm über die Wangen. Ich hab das Gefühl komplett neben mir zu stehen und mich selbst zu sehen. Dann geben meine Beine nach und ich sacke auf meine Knie. Alles rückt irgendwie von mir weg. Ich kann nur meinen kleinen Bruder im Arm halten. Ganz fest im Arm halten. Ihn weinen lassen. Ich... habe meinen kleinen Bruder zerbrochen! Als großer Bruder hab ich auf der gesamter Linie schlicht und ergreifend versagt! Konnte ihn und seine Unbeschwertheit nicht schützen und bewahren! Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist! Spüre nur Mokuba an meiner Brust und Katsuya in meinem Rücken. Ganz vorsichtig stemm ich Mokuba ein wenig von mir. Schau ihm ins Gesicht. Es ist mir ein Rätsel, wie ich es schaffe, aber als ich das Wort an meinen kleinen Bruder richte, kling ich einigermaßen normal und gefestigt. Auch wenn ich das Gefühl habe recht langsam zu reden. Ich sag ihm, dass er nichts hätte tun können! Er braucht sich da absolut keine Vorwürfe machen, denn er hat mich nicht im Stich gelassen. Dass er noch ein Kind gewesen sei. Es lag absolut nicht in seinen Möglichkeiten irgendetwas zu tun oder zu ändern. Das ich ihn sehr, sehr lieb hab und stolz auf ihn bin! Dann lös ich mich von ihm und steh auf. Meine Beine sind immer noch weich wie Butter und Katsuya will mich stützen. Doch ich lass ihn nicht. Ertrage jetzt seine Berührung... irgendeine Berührung nicht. Wende mich schließlich ab und geh mit unsicherem Schritt den Gang zurück zur Treppe. Mokuba ruft mir verzweifelt hinterher. Will, dass ich bei ihm bleibe. Aber ich kann jetzt nicht darauf reagieren. Kann mich nicht umdrehen. Nicht den Blick meines kleinen Bruders ertragen, der seine gebrochene Seele widerspiegelt. Der widerspiegelt, was er weiß. Ich steige die Treppe hinunter und ziehe mich in mein Büro zurück. Die Tür hinter mir schließe ich ab! Dann lass ich meine Anlage Musik spielen. Mir ist egal, was für eine Musik, solange sie nur laut ist! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)