Draußen im Schnee... von abgemeldet (Und drinnen ist es wärmer (KaixRay) Kapitel 14 ist endlich da!!!!!! ^______^) ================================================================================ Lektion XII: Surreale Realität... --------------------------------- So Leute, das neue Kapitel! Schmeißt ein wenig romantische Musik ein und dann viel Spaß beim Lesen ;) *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Er hörte wie Kai einmal lang ein- und wieder ausatmete. "Ray?" "Hm?", quiekte Ray als Antwort und selbst dieser kurze Laut hörte sich zittrig an. "Es tut mir Leid." Seine Stimme war ernst, todernst und irgendwie verzweifelt, sein Körper angespannt und steif. Das war zuviel. Diese unvorhergesehene Umarmung allein war Grund genug, um Ray vollkommen wahnsinnig zu machen, aber jetzt auch noch eine Entschuldigung... In dieser Tonlage... Es fühlte sich unecht an, geradezu unrealistisch und reichte vollkommen, um Ray völlig aus der Bahn zu werfen, um seine Gedanken komplett durcheinander zu bringen. Er konnte sich nicht konzentrieren und war den Reaktionen seines Körpers vollkommen unterworfen. Seinem schnellen Herzschlag, seinen verwirrten Gedankengängen. Dann endlich, nach viel zu langer Zeit, drangen Kais Worte richtig zu dem Chinesen durch. Auch deren Inhalt. Und deren Bedeutung. Die Wirkung war überwältigend und kaum zu beschreiben. Ray hätte nie gedacht, dass ein einfacher Satz soviel Emotionen in ihm auslösen konnte, doch Kai belehrte ihn eines besseren. Er zeigte Ray, dass vier einfache, ehrliche Worte so erleichternd und aufwühlend zugleich sein konnten, dass es ihm fast die Tränen in die Augen trieb. Gleichzeitig aber auch so viele Fragen aufwarf, dass es ihn nahezu verrückt machte, sie nicht alle behalten und stellen zu können. "Ray?", fragte Kai plötzlich. Er klang ein wenig verunsichert und verwirrt. Er wartete wohl auf eine Reaktion. Der Chinese zuckte leicht zusammen, als er so leise angesprochen wurde, doch fing sich schnell wieder, versuchte sich zu beruhigen. "Was tut dir leid?", fragte er leise. Es war das Erste und Wichtigste, was im eingefallen war. "Alles.", kam die knappe Antwort und dieser kurze Laut war so voller Reue, dass es Ray im tiefsten Inneren so sehr berührte, dass er für einen Moment die Augen schließen musste, um seine überwältigenden Gefühle in den Griff zu bekommen. Kai war unglaublich, in jeder Hinsicht. Es gab wohl kein Gefühl, was er nicht in der intensivsten Weise, die möglich war in Ray ausgelöst hatte. Von tiefstem Schmerz bis unglaublicher Freude war alles dabei gewesen. "Was...?", setzte Ray mit dünner Stimme an, um zu fragen, was Kai genau meinte, als dieser schon anfing zu erklären. "Dass ich dich den Berg hochgejagt habe, bis du Krämpfe hattest.", begann er mit gequälter, leiser und aufrichtig reuevoller Stimme. Jedes Wort presste er regelrecht aus sich raus, sein Hass auf sich selbst war unverkennbar. "Dass ich dich danach so scheiße behandelt hab. Dass ich dich gekü..." Er stockte und fuhr etwas verwirrter fort. "Dass ich dir den Aufenthalt auf der Hütte versaut habe. Und dass ich..." Er stockte erneut, atmete leise und tief ein und verfiel in einen verärgerten Flüsterton. "...dass ich dir den Tag versaut hab." Ray hatte zugehört, mit schnell pochendem Herz und heißen Wangen. Er hatte Kai schon vergeben, ohne dass er sich entschuldigt hatte und jetzt, wo er es doch tat... "Danke.", flüsterte Ray mit belegter Stimme, drückte sich ein wenig näher an Kai und krallte seine Hände in dessen Mantel. Seine Stirn legte er auf seinem Schlüsselbein ab, seine Augen presste er zusammen und dann atmete er tief ein. "Danke.", sagte er erneut, etwas lauter, doch es war noch immer nur ein dünner Laut. Kai erschauderte. Ray spürte es ganz genau. Ganz plötzlich war ein Schauer durch den starken Körper vor ihm gefahren und hatte ihn erzittern lassen. Es raubte Ray für einen kurzen Moment den Atem. "Ich... was... wofür?", fragte Kai schließlich, merklich verwirrt und ungewöhnlich emotional. "Dafür, dass du dich endlich entschuldigst.", erklärte Ray atemlos, noch immer schutzlos seinen Empfindungen ausgeliefert. "Dass du es endlich gesagt hast. Das bedeutet mir sehr viel." "Wirklich?", fragte Kai überrascht. "Ja, verdammt!", antwortete Ray leise, aber mit Nachdruck. "Du weißt, dass dein Verhalten - dass du – mir verdammt weh getan hast." Kai schwieg, doch seine Antwort gab er anders, nämlich indem er seine Arme noch enger um Ray schlang, ihn noch fester an sich presste. Es war keine normale Umarmung. Sie war besitzergreifend, voller Schuldgefühlen und es wirkte als wollte Kai ihn beschützen. Vor ihm. Nichtsdestotrotz war dieser Moment einfach wunderbar, diese Geste bedeutungsvoller, als jedes Wort, was Kai hätte sagen können und gerade weil Kai ihn so fest hielt und ihn nicht mehr los lassen zu wollen schien, fühlte Ray sich wohl und sicher. Seit langem wieder. Ein Gedanke allerdings ließ den Chinesen noch immer nicht los, auch nicht in diesem Moment. Er nagte an ihm und verhinderte, dass er sich vollkommen fallen ließ und die schlechten Erinnerungen ein für alle mal vergessen konnte. Kais Gründe. "Kai?", fragte Ray deshalb leise und öffnete nachdenklich seine Augen. "Ich bin froh, dass du dich entschuldigt hast und ich will dir auch verzeihen, aber... Aber ich frage mich schon die ganze Zeit, warum du das alles getan hast. Warum hast du dich mir gegenüber wie ein Vollidiot aufgeführt? Warum bist du nachts immer raus gegangen? Warum warst du so seltsam? Was war – was ist – los mit dir?" Kai schwieg lange. Lange horchte Ray nur seinen Atemzügen, die ungleichmäßig und fast hektisch an seinem Ohr vorbei wehten, ehe der Russe antwortete. "Ray.", begann er mit gequältem Unterton in der Stimme. "Nicht jetzt, nicht heute. Ich kann es dir noch nicht erklären. Ich..." Seine Stimme driftete ab und schließlich schwieg er. Ray war enttäuscht, das war nicht zu leugnen, doch er hatte keine Zeit sich diesem Gefühl zu ergeben, denn er wurde auf etwas anderes aufmerksam und stutzte. Auf der anderen Straßenseite, wenige Meter entfernt, standen zwei ältere Damen und... sie glotzten. Sie schauten nicht nur in ihre Richtung, nein, sie starrten sie regelrecht an, mit neugierigen Blicken, hektischem Tuscheln und sogar empörten Gesten. "Kai?", murmelte Ray unwohl. "Wir werden angestarrt. Vielleicht..." Er begann sich ein wenig von Kai fortzudrücken, doch dessen Arme schlangen sich nur noch fester um Ray, ließen ihn nicht gehen. "Ist doch egal.", brummte Kai. "Kennst du die etwa?!" "Nein.", antwortete Ray nachdenklich, doch blickte fast nervös zu den beiden Frauen. Er wusste nicht, warum genau es ihm so unangenehm war, beobachtet und womöglich sogar verurteilt zu werden, schließlich taten sie nichts verbotenes. Es war ja nur eine Umarmung. Eine freundschaftliche... "Aber vielleicht kennen die uns .", meinte Ray schließlich zweifelnd und schickte den beiden Frauen einen verärgerten Blick. Dann drückte er Kai erneut zurück. Dieses mal ließ er es geschehen, doch als Ray versuchte ihm ins Gesicht zu sehen, starrte er demonstrativ zur Seite, trat einen Schritt zurück und löste den Kontakt zwischen ihnen beiden vollends. Ray seufzte leise. Ihm war plötzlich kalt. Er versuchte die Frauen und ihre unverschämten Blicke aus seinem Kopf zu verbannen und sich an ihr Gespräch zu erinnern, versuchte sich auf das zu konzentrieren, was er noch sagen wollte. Da war nämlich noch etwas wichtiges. "Kai, eins wollt ich dir auch noch sagen.", sagte Ray deshalb ernst, wenn auch fast ein wenig vorwurfsvoll. Er sah Kai dabei unverwandt an, doch dieser mied noch immer seinen Blick. Er wirkte nachdenklich und beleidigt und sah erst auf, als Ray nicht weitersprach. "Dann schieß los.", murrte er, woraufhin Ray wieder seufzen musste. "Weißt du, dass du dich dafür entschuldigt hast, mich so mies behandelt zu haben, war nötig.", erklärte Ray, noch immer mit vorwurfsvollen Unterton in der Stimme. "Doch entschuldige dich nicht für diesen Tag!" Kai runzelte die Stirn, doch schwieg überrascht. "Ich weiß nicht wie du auf die schwachsinnige Idee kommst.", sprach Ray weiter. "Aber du hast mir den Tag nicht versaut. Ganz im Gegenteil. Ich fand's toll bis jetzt. Könntest nur ein bisschen dein grummeliges Verhalten ablegen, aber damit komm ich auch schon zurecht." Er seufzte erneut und fuhr sich durch die Haare. "Wie kommst du überhaupt da drauf?", fragte er irritiert. Kai grummelte etwas Unverständliches vor sich hin, was er auf Rays Nachfragen noch einmal lauter wiederholte. "Es war langweilig.", brummte er unzufrieden, schickte Ray einen genervten Blick, der sich mehr gegen sich selbst richtete als gegen den Chinesen und sah schließlich zur Seite. Ray runzelte zuerst die Stirn und zog dann zweifelnd eine Augenbraue nach oben. "Fandest du?", fragte er irritiert nach. "Ich?", schreckte Kai verwirrt auf. "Nein, aber ich dachte, dass du..." Er beendete den Satz nicht, doch Ray verstand und schüttelte den Kopf. "Hab ich das gesagt?", fragte er lächelnd. "Nein, aber..." "Aber?", hakte Ray nach. "Ich... hab gehört was er gesagt hat.", erklärte Kai stockend und widerwillig. Seine Augenbrauen zogen sich verärgert zusammen. "Tyson. Das, was er in der Küche gesagt hat. Dass ein Tag mit mir... langweilig wäre." "Seit wann hörst du auf das, was Tyson sagt?", fragte Ray verwirrt, wenn auch leicht amüsiert. "Seit ich... Seit wir...", begann Kai gehetzt und fuhr sich zerstreut durchs Haar. "Ach, verdammt! Hier geht's doch gar nicht um Tyson!" Dann richtete er sein Blick wieder auf Ray. Fest, entschlossen, bereit. "Ray, eigentlich wollte ich....", sagte er, doch stockte. "Ich dachte... Ich wollte dir... ach verdammt...!" Fluchend wandte er den Blick wieder ab, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte gereizt auf den Boden. "Schon okay.", antwortete Ray perplex, aber sanft, denn er hatte es begriffen. Kais seltsames Benehmen - dass er so angespannt und unkonzentriert war -, was dieses ungute Gefühl in Ray ausgelöst hatte, war größtenteils darauf zurückzuführen, dass der Russe sich unter Druck gesetzt hatte. Er wollte, dass Ray einen schönen Tag hatte, dass er sich nicht langweilte, er wollte ihm etwas bieten und dachte, dass er es nicht schaffte. Dabei brauchte Ray nicht mehr als seine bloße Anwesenheit. Mehr nicht. Gerade wollte er Kai auch genau das sagen, als dieser ihm zuvor kam. "Ich...", begann er, unterbrach sich jedoch selbst und starrte mit fast erschrockenem Ausdruck an Ray vorbei. Ehe dieser sich umdrehen und nachsehen konnte, was Kais Aufmerksamkeit erregt hatte, wurde er am Oberarm gepackt, herumgewirbelt und hinter Kai hergezogen. "Komm mit.", befahl er. Vollkommen überrascht ließ Ray sich hinterher ziehen, fing sich aber schnell wieder und versuchte von alleine mit Kai Schritt zu halten. "Was ist los?", fragte er verständnislos. "Wo gehen wir hin?" Kai sah kurz zu ihm rüber und grinste. "Überraschung." "Überraschung?", wiederholte Ray murmelnd, doch fing sogleich an zu lächeln. "Toll!", strahlte er und sah Kai freudig an. "Ich mag Überraschungen!" Der Russe schenkte Ray als Antwort nur ein sanftes Lächeln, doch schwieg. Er schien lockerer und erleichtert. Sie liefen einige Meter in gemütlichem Schweigen, wo Ray feststellte, dass seine Nervosität, je länger er mit Kai unterwegs war (und solange er ihn nicht mit unerwarteten Umarmungen überraschte), stetig weniger wurde, was dem Chinesen nur recht sein konnte. Er hatte sowieso nie richtig verstanden, warum er, seit er wusste, was er für Kai empfand, so nervös war. Vorher war er es ja auch nie gewesen. Zumindest nicht in dem Maße und in der Form. Es gab keinen Zweifel daran, dass Kais Gegenwart ihn schon immer ein wenig verunsichert hatte, aber er hatte es immer verbergen können. Erst seit sie hier auf der Hütte waren, war ihm das plötzlich nicht mehr möglich, vor allem nicht, nachdem er Grund für die Nervosität herausgefunden hatte. Auch jetzt, in diesem Moment, ging diese Nervosität zwar zurück, aber es war noch genug da, um Rays Körper in einen rastlosen, verwirrten Zustand zu versetzen. Er mahnte sich gedanklich zur Ruhe. Schließlich war das nur Kai, der neben ihm herlief. Schließlich war er nur sein Teamchef. Schließlich kannten sie sich relativ gut. Schließlich war er ja nur in ihn verliebt... Erst als Kai stehen blieb, wurde Ray aus seinen Gedanken gerissen. Waren sie etwa schon da? Neugierig blickte er sich um, doch entdeckte auf den ersten Blick nichts besonderes. Ein paar kleine Läden und eine Straße, die zwischen Zweien von ihnen verlief. Verwundert runzelte er die Stirn. "Warum bleiben wir stehen?", fragte er an Kai gewandt, der sich genauso ratlos umsah wie er selbst. "Ich muss mich nur gerade mal orientieren.", murmelte der Russe als Antwort und deutete Ray kurz darauf an, ihm zu folgen. Sie bogen in die kleine Straße ein. Sie war schmal, kurz und am Ende befanden sich dichte, dunkle Büsche. "Verlassen wir das Dorf?", fragte Ray irritiert. "Nein.", antwortete Kai ruhig. "Warte ab." Schweigend gingen sie weiter. Neugierig betrachtete Ray die Umgebung, sah aber nur einen kleinen Weg, der parallel zu den Büschen verlief. Erst als sie die kleine Straße verließen und den Feldweg betraten, sah Ray links von ihnen etwas, was seine Augen zum Leuchten brachte. "Ein See!", rief er erfreut aus und lugte durch eine Lücke zwischen dem dichten Gestrüpp. Der See war riesig und mit Pulverschnee bedeckt, der in der Sonne funkelte. Kinder, Pärchen und Gruppen von Jugendlichen zogen auf Schlittschuhen ihre Kreise darüber. "Komm mit!", ertönte Kais Stimme hinter ihm und kurze Zeit später wurde er wieder am Arm gepackt und hinter dem Russen hergezogen. Ray runzelte ungläubig die Stirn und starrte Kai nachdenklich an. "Wir gehen doch wohl nicht Schlittschuhlaufen, oder?", fragte er skeptisch, woraufhin Kai ihn irritiert betrachtete. "Nur wenn du magst.", antwortete er knapp. "Wie?!", rief Ray überrascht aus. "Was...?! Also... ich... natürlich mag ich! Ich hätte nur nicht gedacht, dass du mit mir..." Er ließ den Satz unbeendet in der Luft hängen, doch blieb dann stehen, zog Kai am Ärmel, sodass dieser ebenfalls stehen blieb und sich mit fragendem Blick zu ihm umdrehte. "Ganz kurz!", forderte Ray ungläubig. "Nur damit ich richtig verstehe. Du...", er deutete auf Kai, "... willst Schlittschuhlaufen?" Kai nickte schulterzuckend. "Findest du das nicht doof und kindisch und... unnütz?", fragte Ray noch immer skeptisch. "Doch.", antwortete Kai erneut schulterzuckend, doch packte Ray danach wieder am Arm und zog ihn mit sich. "Aber jetzt komm endlich." "Moment!", rief Ray irritiert, der alles, was hier geschah erst einmal verstehen musste. "Aber wenn du das doch nicht magst, warum...?" "Halt die Klappe.", unterbrach Kai ihn brummend, doch es klang weder böse noch genervt, sondern einfach überfordert. "Komm einfach und lass den Rest mein Sorge sein." Ray war noch immer zu verwirrt und freute sich zu sehr auf das Schlittschuhlaufen, um Kai böse zu sein, weshalb er zerstreut schwieg und sich weiter mitziehen ließ. Die Büsche wurden immer weniger, bis sie schließlich völlig verschwanden und den Blick auf den See frei gaben. "Klasse!", flüsterte Ray begeistert und konnte seinen Blick gar nicht mehr von den vielen Menschen abwenden, die kreuz und quer über das Eis huschten. "Da hinten kann man Schlittschuhe ausleihen.", meinte Kai. Ray wandte ihm seinen Blick wieder zu und schaute interessierte in die Richtung, in der er deutete. Einige Meter von ihnen entfernt stand eine kleine Hütte, die zum See hin oberhalb eines Tresens geöffnet war. Ein großes Schild, was an der Seite befestigt war, schrieb in großen schwarzen Lettern 'Schlittschuhverleih'. "Woher wusstest du hiervon?", fragte Ray erstaunt und sah wieder auf den See hinaus. "Hab ein Schild im Dorf gesehen.", antwortete Kai und schritt Richtung der Hütte. Er lieh dort für sie beide jeweils ein Paar Schlittschuhe aus, bezahlte sie (trotz Rays Proteste), und hinterlegte ebenfalls den Pfand. Auf einer Bank, die unter der Überdachung der Hütte stand, zogen sie die Schuhe an. "Du musst das nicht für mich bezahlen.", murmelte Ray verlegen. "Halt die Klappe, ich mach was ich will.", antwortete Kai ausdruckslos, worüber Ray tatsächlich lächeln musste. Er wusste, dass er es nicht ernst meinte. Ihre Schuhe gaben sie an der Hütte ab, ehe sie das Eis betraten. Die ersten Schritte fühlte Ray sich noch ein wenig unsicher. Er war seit Jahren kein Schlittschuh mehr gelaufen, doch Kai ging es anscheinend genauso, auch wenn er sich größte Mühe gab, sich nichts anmerken zu lassen. Obwohl Ray bezweifelte, ob Kai überhaupt jemals in seinem Leben schon einmal mit Schlittschuhen auf dem Eis gestanden hatte. Wenn dies der Fall war, (was sehr wahrscheinlich war), lernte Kai schnell, was Ray bewundernd, wenn auch nicht ganz neidlos anerkennen musste. Während er Kais immer fließender werdende Bewegungen betrachtete, kam er nicht umhin dran zu denken, dass er als Kind hart hatte üben müssen, um nicht pausenlos bestätigt zu bekommen, dass gefrorenes Wasser sehr hart sein konnte. Und Kai... konnte es mal wieder einfach. Erschreckend, aber auch bemerkenswert. Allerdings stand Ray Kai in nichts nach und nachdem er sich eingefahren hatte, traute er sich immer mehr. Fuhr schneller, mit weiten Bewegungen und einem glücklichen Lächeln im Gesicht. Kai fuhr mit ausdrucksloser Miene und fast gleichgültigem Blick, der aber pausenlos auf Ray ruhte, was diesen gleichermaßen freute wie nervös machte. Sie fuhren noch nicht lange, seit einigen Minuten erst, als Ray sich zu Kai umdrehte, um ihn bestätigen zu lassen, dass Schlittschuhfahren Spaß machte, doch unterbrochen wurde, ehe er den ersten Laut hervorbringen konnte. "Vorsicht!", rief Kai, mehr aus Reflex, als aus Überraschung und war mit einem schnellen Schritt bei dem Chinesen. Alarmiert flog Rays Kopf herum, erkannte auch sofort die vermeintliche Gefahr in Form eines Kindes mit roter Bommelmütze, welches seinen Weg in frecher Rücksichtslosigkeit kreuzte. Reflexartig sprang Ray nach hinten, um eine Kollision zu vermeiden und verlor das Gleichgewicht. Ehe er aber auch nur ansatzweise fallen konnte, legte sich ein Arm unterstützend auf seinen Rücken und hielt ihn, während eine Hand ihn an der rechten Schulter stützte. Ohne es zu merken, krallte der Schwarzhaarige seine Hand in Kais Mantelärmel, um sich selbst zusätzlich zu stabilisieren. "Danke.", murmelte Ray verlegen lächelnd und blickte zur Seite, direkt in Kais Gesicht. Dessen Augen schauten in verwirrter Sorge zurück. "Alles okay?", fragte Kai, woraufhin Ray nur knapp nickte. Zu mehr war er in diesem Moment nicht imstande. Kais überraschende Nähe überwältigte ihn mal wieder und versetzte seinen Körper in ein Gefühl der Leichtigkeit, dass ihn glauben ließ, in jedem Moment vom Eis abzuheben. Ein Kribbeln rauschte, von seinem Bauch ausgehend, durch seinen Körper, hinterließ ein taubes Gefühl in seinen Beinen und beschleunigte seinen Herzschlag. Während er Kai geistesabwesend anstarrte, vergaß er alles. Seine Umgebung, die anderen Menschen, sogar sich selbst in gewisser Weise. Er war gefangen durch Kais rotbraune Augen, die direkt, wenn auch ein wenig verwirrt, in die seinen blickten, war gefesselt von seiner Erscheinung, seinem Gesicht, den Berührungen. Gott, er war so nah. Und dann hatte Ray plötzlich diesen Gedanken. ... Er wollte Kai küssen. Erschrocken über sich selbst wandte er den Blick verlegen ab und löste sich hastig von dem Russen. Das ging nicht. Er sollte solche Gedanken nicht in der Öffentlichkeit haben. Womöglich sollte er solche Gedanken überhaupt nicht haben, denn Ray war sich noch immer nicht sicher wie Kai zu ihm stand. Es fing ja schon da an, dass er noch nicht einmal wusste, ob sie gerade ein Date hatten oder einfach einen normalen Nachmittag miteinander verbrachten, schließlich hatten sie das nie geklärt. Dass Kai ihn geküsst hatte musste auch nicht zwangsläufig das Offensichtliste bedeuten, man wusste ja nie. Ray hatte schon öfter kurz darüber nachgedacht, ob dieser Nachmittag von Kai auch einfach nur ein Gutmachung war, für alles, was er getan hatte. Oder ein Nachmittag, wo er Ray zeigen wollte, dass der Kuss nichts zu bedeuten hatte und sie einfach befreundet sein konnten. Oder ein Nachmittag, um Rays Vertrauen wieder zu erlangen. Schließlich musste nichts, von dem, was Kai tat oder sagte, das bedeuten, was Ray sich erhoffte. "Ray? Alles okay?", fragte Kai erneut während er schnell zu Ray aufschloss. Sein offensichtlicher Versuch, seine Unsicherheit zu verbergen scheiterte kläglich. "Was? Ja, klar, alles bestens.", lächelte Ray und versuchte die Zweifel zu unterdrücken, was ihm nur teilweise gelang. "Gut.", antwortete Kai nickend, doch warf ihm einen irritierten Blick zu. ~oOo~ Die Zeit verging rasch und wenn es nach Ray ging zu rasch. Es wurde langsam kühler während die Sonne immer weiter gen Horizont wanderte und ihre Schatten in die Länge streckte. Die Masse von Menschen auf dem Eis wurde stetig weniger, doch weder Kai noch Ray gaben dem jeweils Anderen einen Hinweis darauf auch gehen zu wollen. Sie fuhren weiter ihre Bahnen. Immer nah beieinander, manchmal auch so nah, dass sich ihre Hände oder Schultern flüchtig berührten, was Ray noch besser gefallen hätte, wenn nicht ihre Mäntel und Handschuhe im Weg gewesen wären. Nur ein Beispiel dafür, dass dieser Nachmittag schön und schlimm zugleich war. Schön war es einfach, weil sie zusammen waren, gut miteinander auskamen und etwas Aufregendes zwischen ihnen in der Luft lag. Und schlimm war es, weil Ray plötzlich immer öfter von einer Sehnsucht, einem Verlangen regelrecht überfallen wurde. Der Gedanke Kai zu küssen, ihn öfter und intensiver in seiner Nähe zu haben haftete sich an ihn und preschte in den unmöglichsten Momenten, immer wenn Ray sich am allerwenigsten unter Kontrolle hatte, vor, um ihn verwirrt und verlegen zurückzulassen. Es war schwierig sich in dieser Hinsicht unter Kontrolle zu haben und verlangte alle Beherrschung, die Ray aufbringen konnte. Er sollte von diesem Problem aber früher befreit werden wie ihm lieb war, denn ihr Ausflug sollte schneller zu Ende gehen wie er erwartet hatte. Es passierte als Kai für sie beide etwas zu Essen holen wollte. Während Ray dem Russen fast sehnsüchtig hinterher blickte, wartete und grübelte wie er sich weiter verhalten sollte (Sollte er in die Offensive gehen oder einfach abwarten?), bemerkte er nicht, was sich ihm hinter seinem Rücken näherte. Plötzlich sah er nur etwas kleines Schwarzes knapp neben seinem Schlittschuh über das Eis rutschen und danach ging alles sehr schnell. Er hörte zwei Stimmen und ehe er die Sätze, die sie riefen, verstehen konnte, geschweige denn sich herum drehen konnte, wurde sein rechtes Bein und seine linke Schulter gestoßen. Er war zu überrascht, um zu reagieren, die Stöße zu fest und ruckartig, um sie abfangen zu können, sodass er das Gleichgewicht verlor und längs auf das Eis aufschlug. Doch er fiel unglücklich. Die gesamte Wucht seines Sturzes wurde von seinem rechten Handgelenk aufgefangen, wo sofort ein stechender Schmerz durchjagte, der Ray gleichzeitig hellwach und benebelt sein ließ. Der restliche Schmerz in seinen Knien und dem linken Ellebogen bemerkte er dadurch kaum. Sein pochendes Handgelenk so wenig wie möglich bewegend, drehte er sich, noch immer vollkommen überrumpelt, um, setzte sich hin und starrte nach vorne, wo sich zwei Jugendliche, mit Eishockeyschlägern bewaffnet, um einen Puck stritten. Die hatten ihn wohl umgerannt. Wegen denen hat er womöglich ein gebrochenes Handgelenk, auf jeden Fall aber Schmerzen... Ray wurde wütend. "Ihr blöden Penner!", schrie er ihnen aufgebracht hinterher. "Passt gefälligst auf, wo ihr hinfahrt!!" Die beiden stockten kurz, doch nur der Größere von ihnen schaute sich kurz zu Ray um, grinste dann aber nur und begann von neuem zu versuchen, dem Kleineren den Puck zu stehlen, wobei sie sich immer weiter von Ray entfernten. Die Gleichgültigkeit und Frechheit der Jungen schürte die Wut des Chinesen nur noch mehr und er wollte ansetzen, um ihnen noch etwas hinterher zu brüllen, als er eine Bewegung ein Stück hinter den beiden Jugendlichen ausmachte. Es war Kai. Alarmiert durch Rays wütendes Rufen, war er blitzschnell stehen geblieben und herumgewirbelt. Er blickte erst mit beunruhigter Miene zu Ray, doch schien die Situation sehr schnell zu verstehen, denn fast augenblicklich verfinsterte sich sein Blick. Die beiden Jugendlichen rangen noch immer um den Puck, beschimpften sich freundschaftlich, wenn auch sehr ruppig, achteten noch immer nicht auf die Menschen, mit denen sie die Fläche auf dem Eis teilten und steuerten dabei direkt auf Kai zu, doch wichen ihm rechtzeitig noch leicht aus. Als sie mit ihm allerdings auf gleicher Höhe waren, machte dieser mit fast gleichgültiger und alltäglich wirkender Bewegung eine Schritt zur Seite, rammte den Größeren von beiden, welcher wiederum gegen den Kleineren stieß, sodass sie beide zu Boden gingen und hart auf dem Eis aufschlugen. Nachdem sie sich lautstark über ihre Schmerzen beschwert hatten, funkelte der Größere von ihnen Kai wütend an. "Geht's noch?!", brauste er so laut auf, dass selbst Ray ihn sehr genau verstehen konnte, obwohl er einige Meter entfernt noch immer auf dem Eis saß. "Das war doch Absicht!! Willst du Ärger, oder was?!" Ray beobachtete die Situation genau. Dankbarkeit, Bewunderung und Genugtuung vermischten sich. Kai blickte mit ausdrucksloser Miene auf die beiden Jugendlichen herab, die ihn vorwurfsvoll anstarrten. Dann veränderte sich sein Blick, verfinsterte sich und wurde eiskalt. Die Intensität und Erbarmungslosigkeit darin hatte Ray schon oft genug gesehen und war froh in diesem Moment nicht der Adressat zu sein. "Weiß nicht!", zischte Kai bedrohlich als Antwort. "Willst du ?!" Der Mut des Jugendlichen schien dahin zu schmelzen wie Butter in der Sonne, denn sein Blick flackerte und wurde unsicher. Schließlich schwieg er und sah trotzig zur Seite. "Besser für dich!", sagte Kai mit gefährlich schneidendem Unterton in der Stimme und schickte ihnen einen letzten abfälligen Blick. "Und passt das nächste Mal auf, wen ihr umfahrt! Vollidioten!" Während Kai sich umdrehte und zurück zu Ray fuhr, stand dieser langsam auf, wobei er aufpasste, nur das linke Handgelenk zu belasten. "Alles in Ordnung?", fragte Kai brummig, doch mit besorgtem Unterton in der Stimme. Er betrachtete Ray genau. "Jaja, alles bestens.", winkte dieser mit der linken Hand ab, während er die rechte steif vor seinem Bauch hielt. Dann lächelte er dankbar. "Und danke." "Was ist mit deiner Hand?", fragte Kai skeptisch, deutete auf eben diese und ignorierte Rays letzten Satz. Ray ärgerte sich innerlich. Kai entging so etwas aber auch nie. "Meine Hand?", fragte der Chinese und schaute überrascht, wenn auch gespielt unwissend, auf seine rechte Hand. "Och, das ist nichts weiter. Mach dir keine Ge..." Er unterbrach sich selbst mit einem lauten empörten Schmerzensschrei, als Kai ihm ohne Vorwarnung auf die Hand schlug und ein stechenden Schmerz durch seinen Unterarm jagte, der ihm die Tränen in die Augen trieb. "Spinnst du?!", presste Ray entrüstet zwischen seinen Zähnen hervor und zog sein pochendes Handgelenk dicht an seine Brust. Der Schmerz zog sich bis in seinen Ellebogen hoch. "Nichts weiter, was?", entgegnete Kai trocken, doch schickte ihm einen vorwurfsvollen Blick. Dann wurden seine Gesichtszüge weicher und er streckte Ray seine Hand entgegen. "Lass mal sehen.", seufzte er. "Vergiss es!", erwiderte Ray trotzig und bedachte Kai mit einem misstrauischem Blick. "Damit du mir noch mal weh tust, oder was?!" "Tut mir Leid, okay?", sagte Kai versöhnlich, kam ein bisschen näher und griff vorsichtig nach Rays Hand, was dieser geschehen ließ. Allerdings war er bereit, seine Hand jederzeit zurückzuziehen, falls ihm weh getan werden sollte. Sein Misstrauen verflog aber schnell wieder, als er sah und spürte wie vorsichtig Kai war. Ganz langsam und sachte zog er ihm den Handschuh ab und steckte ihn beiläufig in seine Jackentasche, damit er beide Hände frei hatte. Mit fast professionellen Gesten tastete er sein Handgelenk ab und besah es sich genau. Ray allerdings war sein Handgelenk plötzlich egal. Er betrachtete Kais Gesicht, war wie schon sooft an diesem Tag gefangen von diesem Anblick und so fasziniert, dass er alles andere vergaß. Er spürte nebensächlich Kais raue Baumwollhandschuhe auf seiner kalten Haut wie sie sein schmerzendes Handgelenk behutsam abtasteten, nur hintergründig wünschte er sich, dass der Stoff nicht zwischen ihren Händen liegen würde, doch vordergründig war er damit beschäftigt Kais Gesichtszüge nachzufahren, seinen konzentrierten Ausdruck aufzusaugen und abzuspeichern, und die Farbe seiner Augen, die im tiefstehenden Sonnelicht hell leuchteten, einfach nur zu genießen. "Wir müssen wohl ins Krankenhaus.", stellte Kai sachlich fest, was Ray aufschrecken ließ. Hastig zog er seine Hand zurück und starrte den Russen bekümmert und gehetzt zugleich an. "Nein, das ist nicht so schlimm, ehrlich.", sagte er übereilt. Kai runzelte die Stirn. "Soll ich dich noch mal schlagen?", fragte er sarkastisch, woraufhin er einen verärgerten, missfälligen Blick bekam. "Danke.", antwortete Ray ebenso sarkastisch. "Aber nein, danke." "Jetzt mal im ernst!", sagte Kai schließlich ruhig, aber nachdrücklich. "Dein Handgelenk ist vielleicht angebrochen und mindestens verstaucht oder geprellt! Das muss untersucht werden." Rays Blick wurde unsicher, nachdenklich und schließlich seufzte er. Er sah Kai bittend an. "Aber ich will nicht, dass dieser Tag im Krankenhaus endet!", sagte er leise. Als Kai 'Krankenhaus' erwähnt hatte, waren ihm sofort Bilder in den Kopf geschossen. Wie sie stundenlang in einem vollgestopften Warteraum warten mussten. Kreischende Kinder, genervte Eltern, unfreundlich Sitznachbarn. Nein, so wollte er den Tag wirklich nicht enden lassen. Kai riss überrascht die Augen auf, hob dann die Augenbrauen. Mit so einer Antwort hatte er offensichtlich nicht gerechnet, was vermutlich auch der Grund war, warum er schwieg und Ray einfach nur ansah. "Ich geh morgen!", versuchte dieser in flehendem Tonfall. "Versprochen." Kai schwieg weiterhin, was Ray nur wieder nervös machte. Es schien viel zu lange zu dauern, bis der Russe schließlich seufzte und nickte. "Okay.", brummte er. "Ist gut! Dann gehst du morgen aber auch. Und wenn ich mitkommen muss!" Dagegen hatte Ray nun wirklich nichts einzuwenden. "Dann lass und jetzt heim gehen.", sagte der Russe und gab Ray seinen Handschuh zurück, welchen dieser mit fragendem Blick annahm. "Wieso denn jetzt schon?" Ray klang enttäuscht, was daran lag, dass er es auch war. "Überleg mal: Wenn du hier noch mal hinfällst, ist dein Handgelenk garantiert gebrochen.", erklärte Kai ernst und mit zusammengezogenen Augenbrauen. "Das kann ich nicht verantworten. Und ehe du nicht wenigstens einen Verband da rum hast, werd ich mich eh nicht mehr entspannen können." Ray wurde rot und wandte hastig den Blick ab. Merkte Kai überhaupt, was er sagte? Wie unheimlich na ja, süß das war? Vermutlich nicht, denn Kai würde unter normalen Umständen alles dafür tun, um nicht süß zu sein, zu wirken oder auszusehen. "Okay.", sagte Ray leise, ohne dass er es wirklich wollte oder bemerkte. "Gehen wir zurück." ~oOo~ Eine Stunde später saß Ray auf der Couch in ihrer Hütte und starrte in den brennenden Kamin, betrachtete gedankenverloren wie die Flammen miteinander tanzten, wie die Farben flackerten, lauschte dem Knacken des Holzes. Draußen dämmerte es mittlerweile und schon bald würde es dunkel sein, was bedeutete, dass Max, Tyson und Kenny wohl jeden Augeblick von ihrem Skiausflug zurückkommen würden. Dann wären sie nicht mehr allein. Er und Kai. Dann wäre seine Chance verpasst. Ray runzelte die Stirn. Welche Chance eigentlich? Alles zu klären? Sinnlos. Kai hatte ihm schon deutlich gemacht, dass heute nichts mehr geklärt wurde. Seinem Verlangen nachzugeben? Wohl eher, doch bei Ray siegte Angst und Unsicherheit noch immer über die Begierde. Seufzend zog er seine Knie an und schlang seine Arme um sie. Er wunderte sich über sich selbst, schließlich war er doch sonst auch nicht so... feige oder hatte Probleme mit seinen Gefühlen zurecht zu kommen. Allerdings war dies hier anders. Völlig anders... Mit solch einer Situation hatte er sich noch nie konfrontiert gesehen und das an sich war das größte Problem. Er war noch nie verliebt gewesen, er hatte noch nie eine Beziehung geführt und er wusste noch immer nicht, ob er damit klar kam, dass Kai ein Mann war. Genau wie er. Obwohl er dies als das geringste Problem betrachtete. Wichtiger waren die anderen Aspekte, denn sie machten Ray so unfähig zu handeln. Er hatte keine Ahnung wie das alles ablief. Er hatte ja noch nicht einmal jemanden geküsst. Wenn man mal von Kais Attacke auf ihn absah, was eigentlich nie ein richtiger Kuss gewesen war, denn nach Rays Definition dafür gehörte nicht dazu, dass er nur stocksteif an einer Wand stand und alles über sich ergehen ließ. Er fühlte sich hilflos und armselig. Er konnte es sich natürlich einfach machen, denn er konnte alles Kai überlassen und wenn es nicht klappen sollte, war es demzufolge dann die Schuld des Russen. War doch ganz einfach. In Gedanken schüttelte Ray den Kopf und legte sein Kinn auf seinen Knien ab. Das wäre dämlich. Zumal Kai ja noch weniger Erfahrung mit zwischenmenschlichen Beziehungen hatte wie er selbst und weil er ja noch immer nicht wusste wie der Russe wirklich zu ihm stand. Ein Teufelskreis. Es war zum Verzweifeln. Doch eins wusste Ray genau: Er kam keinen Schritt weiter, wenn er hier unten und Kai oben in seinem Zimmer saß. Also beschloss er hoch zu gehen und nach Kai zu sehen. Vorher starrte er aber noch einmal mit bekümmertem Lächeln auf den Verband, der feste und großzügig um sein rechtes Handgelenk gewickelt war. Wenn er die Augen schloss, konnte er noch immer Kais warme Hände spüren wie sie sanft über sein Haut strichen. "Oh, man!", seufzte Ray und schlug sich mit der linken Hand flach gegen die Stirn. Er fühlte sich komisch und es war ihm peinlich, so bescheuerte Gedanken zu haben. Ehe er aber weiter darüber nachdenken konnte und ehe er sein Vorhaben verwirklichen konnte, zu Kai zu gehen, hörte er leise, langsame Schritte auf der Treppe. Erschrocken ließ er seine Füße zurück auf den Boden sinken und sah mit klopfendem Herzen zu der Treppe, wo Kai gerade am Treppenansatz auftauchte. Er blieb kurz stehen. "Hey.", sagte Kai. "Hey.", lächelte Ray und versuchte sich entspannt hinzusetzen, doch egal was er tat, er fühlte sich nicht entspannt. "Wie geht's deinem Handgelenk?", fragte Kai und kam zu der Couch, wo er sich neben Ray setzte und ihn erwartungsvoll ansah. "Ganz gut.", antwortete Ray, betrachtete seine Hand und nickte noch mal bestätigend. Er zitterte schon wieder leicht, was ihn tierisch ärgerte. Sie schwiegen einen Moment, wo der Chinese möglichst unauffällig tief einatmete, um die Hitze, die sich unaufhörlich, von seinem Gesicht ausgehend, in seinem Körper ausbreitete, unter Kontrolle zu bekommen. Dass sein Körper aber auch immer so heftig reagieren musste, wenn Kai bei ihm war! "Hat...", begann Kai mit angespannter Miene. "Hat es dir denn... gefallen?" "Ja.", antwortete Ray ehrlich. "Sehr sogar." "Du fandest es nicht...", fragte Kai weiter. "... langweilig?" Ray sah ihn lange musternd an, fragte sich warum der Russe so etwas wissen wollte und warum er dabei so unsicher klang , aber so ernst aussah . "Nein.", lächelte er schließlich ehrlich. "Wirklich nicht." Kais Mundwinkel zuckten kurz nach oben, doch zu einem Lächeln weitete sich diese Bewegung nicht aus, was Ray schade fand. Er liebte es, wenn Kai lächelte. Das machte ihn menschlicher. Und noch attraktiver. Kai drehte plötzlich seinen Oberkörper mehr in Rays Richtung, legte seinen rechten Arm auf der Rückenlehne des Sofas ab und legte seinen Kopf auf sein Handgelenk. Sein rechtes Bein legte er angewinkelt auf die Sitzfläche und schob sein Knöchel unter sein anderes Bein. In dieser Position verharrte er und betrachtete Ray mit intensiven Blick. Dieser musste schlucken. Kai wirkte so entspannt, so locker, das war fast gruselig. Dem entgegen war Ray mal wieder das reinste Nervenbündel. Er schluckte, wandte sich dem Kamin zu und ignorierte sein schnell pochendes Herz und das Verlangen, Kai zu umarmen, um ihn einfach bei sich zu spüren. Gedankenverloren strich er sich ein Haarsträhne aus dem Gesicht und fragte sich, was er tun sollte. Zwecklos. Sobald Kai kam, schien sein Konzentration zu flüchten. Er warf dem Russen einen flüchtigen Seitenblick zu. Er sah mit unlesbarer Miene zurück, seine Augen strahlten. Verlegen wandte Ray den Blick wieder ab. Das Polster des Sofas knarrte leise und kurze Zeit später spürte Ray wie es sich dicht neben seinem linken Oberschenkel senkte. Sofort verkrampfte sich der Chinese leicht. Aus seinem Augenwinkel, sah er langsame Bewegung. Er wagte es nicht, seinen Kopf zu drehen, sondern verharrte und wartete angespannt ab. "Ray.", flüsterte Kai dann plötzlich, so dicht an seinem Ohr, dass dieser die Wärme seines Atems spüren konnte. Ray erschauderte. Gänsehaut tanzte über seine Unterarme und sein Magen verkrampfte sich nervös. "Du machst mich wahnsinnig.", sprach Kai leise weiter. Jedes Wort war nur ein Hauch, neue Schauer jagten durch Rays Körper. Was passierte hier? Was hatte Kai vor? Stille. Nichts geschah, die Zeit schien stillzustehen. Einzig das Knistern im Kamin und Kais schwere Atemzüge bewiesen das Gegenteil. Ansonsten war es lautlos. Zu lautlos. Keine Bewegung, keine Geräusche, noch nicht einmal seine eigenen Gedanken waren zu hören. Mit jeder verstreichenden Sekunde, wurde der Chinese nervöser. Sein Herzschlag beschleunigte sich soweit bis er dachte, seine Brust müsse platzen, seine Hände begannen zu schwitzen, seine Atmung wurde hektischer. Er war wohl noch nie so aufgeregt wie in diesem Moment. Dann kam Kai noch näher, presste seinen Oberkörper an seinen Oberarm und Ray war sich nun fast sicher, dass er träumte. Doch er hoffte das Gegenteil "Es geht einfach nicht mehr.", flüsterte Kai, nun mit verzweifeltem Unterton. Ray konnte die Vibration, die durch seine Stimme in seiner Brust erzeugt wurden, deutlich an seinem Oberarm spüren. Die Worte schienen über den Kontakt ihrer Körper direkt auf ihn überzufließen, nur um kribbelnd sein Rückrat hinunterzujagen. Ray konnte nur mit Mühe unterdrücken, dass er erschauderte. Sein Gedanken rotierten und er war unfähig, etwas zu erwidern und selbst wenn, die Worte wären ihm nur eine Sekunde später im Halse stecken geblieben. Nämlich in der Sekunde, wo Kai ihn aufs Ohr küsste. Als er die warmen, weichen Lippen spürte, erschrak er zuerst zutiefst, was sich in noch schnellerem Rhythmus der Schläge seines Herzens und einer verkrampften Körperhaltung äußerte, doch er hatte kaum Zeit sich zu beruhigen, geschweige denn zu begreifen, was hier geschah, denn erneut spürte er Kais Lippen. Erst auf seiner Wange, dann auf seinem Halsansatz und danach wieder auf der Wange. Es waren nur federleichte Berührungen, doch jede einzelne hinterließ Wärme und Kribbeln. Währenddessen beugte Kai sich über ihn, stützte sich auf der Armlehne der Couch ab und schob sein linkes Knie zwischen Rays Oberschenkel, kletterte somit halb über ihn. Eine Hand schob sich in Rays Haar, drückte seinen Kopf sanft ein wenig in die Richtung des Russen. "Stoß mich weg.", flüsterte er gegen Rays Wange. Bei jedem Wort berührten seine Lippen seine Haut, was Ray unfähig machte, sich zu bewegen. Er fühlte sich wie gelähmt, alles schien sich zu drehen. Die Luft schien stickig und spannungsgeladen. Doch Ray tat nicht, was von ihm verlangt wurde, sondern schüttelte nur stumm den Kopf, woraufhin Kai sich ein wenig zurückzog, um ihn anzusehen. Sein Blick war musternd, seltsam glasig und abwesend, aber dennoch sehr intensiv. Vor allem aber eindeutig leidend. Rays Herz pochte laut in seinen Ohren. "Mach weiter.", flüsterte er zittrig und sah Kai ernst an, welcher zuerst verklärt, dann fast gequält zurückstarrte. Schließlich aber lehnte er sich wieder nach vorne. Ganz langsam. Ray konnte die Hitze spüren, die sein Körper ausstrahlte, bemerkte dadurch nur wieder wie heiß ihm selbst war und wusste noch immer nicht genau wie ihm geschah. Kai küsste Rays Mundwinkel, verweilte einen Augenblick, doch zog sich wieder ein Stück zurück. Diese Wärme... Ray wollte mehr. Ihre Lippen waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Hätte einer von ihnen gesprochen, hätten sie sich berührt, doch sie schwiegen und sahen sich an. Lange. Intensiv. Dann hielt Ray es nicht mehr aus. Das Verlangen war wieder da. Stärker denn je, fordernder denn je, nicht mehr zurückzudrängen und schließlich streckte sich sein Kopf wie von alleine ein Stück nach vorne. Während er die Augen schloss und zittrig einatmete, war sein Kopf plötzlich vollkommen leer. Nichts zählte mehr, nichts war mehr von Bedeutung. Nur noch Kai. Und seine Lippen, die sich in diesem Moment auf die seinen legten. Rays Nervosität war mit einem mal verschwunden, nur sein Herzklopfen und das Kribbeln im Bauch blieb. Ansonsten fühlte er nur noch Vollkommenheit. Oh, und was war dieser Kuss anders als der Letzte. Es war nur ein Hauch von einer Berührung ihrer Lippen, fast schüchtern. Kai war so sanft und so unsagbar vorsichtig, seine Lippen bewegten sich so zärtlich. Als ob er Angst hatte Ray weh zu tun oder ihn zu verschrecken. Seine Hand in Rays Haar lag dort nur locker, ließ ihm die Freiheit, sich zurückzuziehen. Doch Ray dachte keinen einzigen Moment daran, dies zu tun. Zu schön fühlte es sich an, zu beruhigend, zu richtig . Zu oft hatte er an diesem Tag daran gedacht, genau dies zu tun, was sie hier taten... Es war wie er es sich vorgestellt und erhofft hatte, und noch viel besser. Kais Lippen, sein Atem, seine Haare, die ihn an der Stirn kitzelten, es war zu gut. Selbst seine Bartstoppeln störten ihn dieses mal nicht, bemerkte er sie eigentlich kaum. Sein Sinne waren vernebelt. Wie von selbst hoben sich seine Hände und legten sich bei Kai auf die Oberarme. Er spürte genau wie der Russe kurz zusammenzuckte und innehielt, nur um kurz danach näher zu rücken und seinen anderen Arm auf Rays Hüfte zu legen. Die Hitze im Körper des Chinesen stieg weiter an, auch wenn er nicht gedacht hätte, dass dies noch möglich war. Dann rückte Kai noch näher, wurde fordernder, leidenschaftlicher und intensivierte den Kuss, wobei er trotzdem noch so vorsichtig blieb. Seine Arme schlang er um Rays Rücken, was dieser mit derselben Geste beantwortete. Und dann plötzlich stahl sich Kais Zunge ohne Vorwarnung in seinen Mund. Im ersten Moment war Ray einfach nur überrascht. Es war warm und feucht und ungewohnt, doch... es gefiel ihm. Sehr sogar. Er erwiderte sofort. Ray wusste nicht wie lange sie so auf dem Sofa saßen und sich küssten. Zeit war kein messbarer Faktor mehr. Zeit war überhaupt kein Faktor mehr. Es fühlte sich an wie Minuten und gleichzeitig wie Stunden. Sehr lang und sehr kurz. Wie Ebbe und Flut. Aber in jedem Fall einfach wunderbar, befreiend und zu schön, um wahr zu sein. Kais Wärme, sein Körper, seine Muskeln, die Ray unter seinem Pullover spüren konnte, wenn er sich leicht bewegte, seine Zunge... Zu gut. Vor allem nach all dem Stress in den letzten Tagen, nach all den emotionalen Tiefs. Nach all den Problemen, der Unsicherheit, nach all dem heimlichen Sehnen... Ray wollte nicht, dass es je endete. Doch sein Wunsch wurde ihm nicht erfüllt. Irgendwann nämlich waren draußen Stimmen zu hören. Verwirrt blinzelnd und mehr instinktiv, als bewusst, drückte Ray Kai ein Stück fort. "Kai.", flüsterte er heiser und verlegen. "Du solltest besser von mir runter." "Warum?", murmelte Kai verklärt und legte seine Lippen sofort wieder auf Rays. Kurz verlor sich der Chinese wieder in dieser Berührung, in den Gefühlen, die sie auslöste, doch besann sich eines besseren und drückte Kai schweren Herzens von sich fort. "Kai, bitte.", flehte er, auch wenn er sich selbst nicht sehr überzeugt anhörte. "Sie würden es nicht verstehen." Er verstand es ja selbst nicht. "Mir egal.", murmelte Kai nur wieder und lehnte sich erneut nach vorne, doch dieses mal drehte Ray, wenn auch ungern, den Kopf zur Seite und schob Kai weiter fort. Der Russe ergab sich schließlich und ließ sich mit einem genervten Seufzer und folgendem Brummen neben ihn auf das Sofa fallen. Hastig fuhr Ray erst sich durch die Haare und über den Mund, nur um danach seufzend Kais Haare schnell zu richten. Nur einen kurzen Moment später ging die Tür auf. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ so ihr erster richtiger kuss... *räusper* ich hoffe, ihr seid nicht enttäuscht, denn ich selbst weiß nicht genau, was ich von dem halten soll, was ich da zusammengeschrieben hab. bin mal gespannt, was ihr dazu zu sagen habt *nervös ist* naja, wenigstens sind se jetzt mal nen schritt weiter ^___^ einige von euch haben bestimmt schon nicht mehr dran geglaubt *lach* und im nächsten kapitel wird jetzt wirklich mal geklärt, warum kai sich so suablöd verhalten hat ;) wird auch langsam mal zeit... *drop* und keine sorge, es geht fast genauso weiter wie es in diesem kapitel aufgehört hat ;) und wenn ich grad am labern bin: diese story geht wohl nicht mehr so lang. ich weiß nicht genau, wie viele kapitel genau noch kommen werden, aber es werden nicht mehr so viele. drei bis vier, denk ich. aber ich habe schon eine fortsetzung geplant und würde gerne wissen, was ihr davon haltet. ich bin schlecht in zusammenfassungen, aber grob würde es so aussehen, dass kai und ray getrennt wären, aber nur körperlich, wenn ihr versteht. es gäbe entführung, erpressung, viele tränen... vermutlich auch action. und viel dramatik ;) so, das wars jetzt wirklich ^^° trau mich kaum, das kapitel abzuschicken *zitter* aber ich machs jetzt! also schönen tag noch bai bai astin =:) p.s.: vielen dank an all die lieben kommischreiber!! ihr baut mich so sehr auf *alle durchknuddel* ohne euch, hätte ich die story vermutlich schon längst abgebrochen ^__^° Hosted by Animexx e.V. 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