Der Tag an dem Sesshomaru "komisch" war von Weissquell ================================================================================ Kapitel 1: Und es fing so harmlos an... --------------------------------------- In der Epoche der kriegerischen Staaten ist ein sonniger Tag angebrochen. Inu Yasha und Co sind noch immer unterwegs um nach den verbleibenden Splittern des Juwels der vier Seelen zu suchen. Diesmal führt sie ihre Suche durch eine recht felsige Gegend eines nahen Gebirgszuges. Wie üblich bietet die kleine Gruppe einen ziemlich seltsamen Anblick für das japanische Mittelalter. Kagome schiebt ihr Fahrrad den steilen Hang hinauf. Auf dem Gepäckträger hängt wie eine traurige, nasse, vollgestopfte Wurst ihr Rucksack in den sie all das aufbewahrt was "Frau" im Mittelalter so unbedingt und absolut braucht. Auf der Lenkstange hockt der kleine Fuchsdämon Shippo und guckt munter in die Gegend. Anscheinend hat er nicht das kleinste bisschen schlechtes Gewissen sich von dem keuchenden Mädchen durch die Gegend kutschieren zu lassen. Hinter den beiden schlendern Miroku und Sango her. Die beiden mustern die angestrengten Bemühungen der jungen Frau ihr Fahrrad mit Gewalt die Steigung hinaufzuhieven nur mit einem skeptischen Blick. An der Spitze der Gruppe spaziert mit einem verwegenen Grinsen der Halbdämon Inu Yasha und legt dabei einen recht forschen Schritt an den Tag. Offenbar scheint es ihm gänzlich zu entgehen wie sehr seine Freundin hinter ihm sich mit dem Hügel abmüht. Schließlich hält Kagome einen Momentlang japsend inne. Inu Yasha scheint es nicht zu merken. Sango kommt Kagome ein wenig zu Hilfe. "Inu Yasha, warte mal!", ruft sie. Der Angesprochene dreht sich verdutzt um. Dann entdeckt er die atemlose Kagome und seine Mundwinkel verziehen sich. "Jetzt trödel doch nicht wieder so!", meint er leicht genervt. Missmutig funkelt Kagome ihn an: "Wer trödelt denn hier? Meinst du es ist so leicht das Fahrrad den ganzen Berg hochzuschieben?" "Pah, wozu schleppst du auch immer das ganze Zeug mit?", meint er nur schnippisch, "Was ist denn da schon wieder alles drin?" "Wenn du es unbedingt genau wissen willst, Herr-Ich-bin-ein-superstarker-Halbdämon-für-den-es-kein-Problem-wäre-diesen-Rucksack-in-Null-Komma-Nichts-diesen-Berg-hochzutragen", und von jedem ihrer Worte tropft Säure, "dann lass dir gesagt sein, dass du froh sein kannst, dass ich dieses ganze Zeug immer mitschleppe." Inu Yasha tritt daraufhin etwas näher an Kagome heran und mustert sie mit einem leicht skeptischen Blick: "War das jetzt gerade ironisch gemeint?" Kagome versteift sich und würdigt ihn keines Blickes. "Zu deiner Information", meint sie spitz, "Was du so als Zeug bezeichnest, das sind diverse Kartoffelchipstüten, Schokoriegel und Ramen in allen Geschmacksrichtungen auf die du so versessen bist, Berge an Verbänden und Heftpflastern mit denen ich euch Raufbolde nach jedem Abenteuer verarzten muss, mein batteriebetriebener Föhn..., du hast ja keine Ahnung was das Leben in der Wildnis mit meinen Haaren anstellt..., mein Schlafsack, mein Kochgeschirr, meine Reisesachen und meine Mathebücher. "Glaub mir, ich bin ganz sicher nicht scharf darauf die unbedingt mitzuschleppen, aber nächste Woche schreiben wir einen wichtigen Test und ich muss wenigstens versuchen noch ein bisschen Stoff nachzuarbeiten. Nur normalerweise komm ich ja nie dazu wenn ich zuhause bin. Und eigentlich bin ich ja sowieso die meiste Zeit hier und wenn wir nicht gerade um unser Leben kämpfen müssen, kann ich ja ruhig auch mal ein wenig lernen zwischendurch. "Wenn ich schon solchen Stress auf mich nehme, dann könntest du ja wenigstens mal ein kleines bissen Rücksicht zeigen und mir zur Abwechslung ja mal beim Schieben helfen." Einen Augenblick lang sagt Inu Yasha kein Wort sondern schaut sie nur an. Dann schließlich fragt er: "Du hast Schokoriegel mit?" Hinter ihm klatscht sich Miroku gegen die Stirn und Sango lässt den Kopf hängen: "Es ist hoffnungslos mit ihm." Selbst Shippo auf der Lenkstange murmelt: "Er wird es wohl nie lernen. Wie blöd kann man eigentlich sein?" Verständnislos wendet Inu Yasha sich um: "Was denn? Was hab ich denn gemacht?" Doch kaum hat er sich wieder zu Kagome umgedreht da zuckt er auch schon mit einem Anflug von Panik zusammen denn kaum sieht er ihren Blick, der aussieht als wäre sie von kleinen Flammen umzüngelt, da weiß er auch schon was ihm blüht. Da kommt es auch schon das gefürchtete Wort: "SITZ!" Augenblicklich knallt Inu Yasha zu Boden. Mit dumpfen Geräusch, schlägt er auf dem Felsen auf. Doch damit nicht genug: "SITZ! SITZ! SITZ! SITZ! SITZ! SITZ! SIIIITZ!" Kaum ist die Sitzattacke verhallt, reckt sich Kagome und schiebt tödlich beleidigt ihr Fahrrad weiter; vorbei an dem völlig überrumpelten Halbdämon der noch immer groggy auf dem harten Felsboden liegt und mit seinen Gliedmaßen ein paar letzte nervöse Zuckungen von sich gibt. Miroku und Sango passieren ihren niedergestreckten Kameraden kopfschüttelnd. "Du weißt auch nicht, wann man am besten den Mund hält, oder?", meint Sango seufzend zu ihm. Grimmig funkelt Inu Yasha, der sich langsam wieder erholt, zu ihr hoch. Miroku tritt an Sango heran. "Stimmt, offenbar weiß Inu Yasha tatsächlich nicht was in manchen Situationen einfach vollkommen unangebracht ist." Einen Momentlang herrscht gähnende Stille über dem Berg. Doch nur wenige Sekunden später fliegen Sangos Augen auf, eine Hand wird zum Schlag erhoben und trifft perfekt gezielt Mirokus Wange, auf der sich anschließend der eindeutige Abdruck von fünft empörten Fingern in leuchtendem Rot abzeichnet. "Da kenn ich noch jemanden der dazu offenbar nicht in der Lage ist", grollt Sango mit Grabesstimme. Wehleidig hält Miroku sich die Wange. Seine Miene drückt sehnsüchtiges Bedauern aus. "Ich weiß gar nicht was du hast", murmelt er selig abwesend. Ärgerlich schnaufend stolziert Sango an ihm vorbei um zu Kagome aufzuschließen: "Oh du! Manchmal wünschte ich, du hättest auch so eine Kette um!" "Sesshomaru-sama, ist es noch weit?" Die Stimme des kleinen Mädchens lässt erkennen wie sehr sie die endloserscheinende Wanderung leid ist. Wie üblich erhält sie keine Antwort. Doch sie stört sich auch nicht im Geringsten daran. Sie beschließt lieber ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen: Jaken den letzten Nerv zu rauben! "Ich seeeh etwas was duuu nicht sieht!", meint sie fröhlich, während sie mit ausgestreckten Armen über die großen Felsen am Rande ihres Weges balanciert. Jaken reagiert nicht sondern trottet nur folgsam hinter seinem Herrn her. "Ich seh etwas was dunicht siehst!", wiederholt die Kleine hartnäckig. "Schön für dich!", meint der kleine froschähnliche Dämon unwirsch. Doch das Menschenmädchen Rin lässt sich davon nicht abschrecken. "Komm schon, du musst mitraten!", fordert sie ihn auf. Doch Jaken steht der Sinn nicht nach Spielen. "Hör doch mal mit diesen Kindereien auf. Das ist albern!" "Ach koooom schon!", meint Rin. Jaken seufzt. Kinder können ja so unnachgiebig sein. "Also schön. Welche Farbe?" Rin strahlt. "Grau!", verkündet sie stolz. "Ein Fels!", ist Jakens trockene Antwort. Rin bekommt große Augen: "Woher hast du das gewusst?" Jaken verdreht die Augen. "Hier gibt es nur Felsen." Ein wenig betreten sieht Rin schon aus, als der kleine Diener ihres Herren sie so desillusioniert. "Na gut, dann was Schwereres", meint sie dann schließlich. Jaken legt innerlich die Finger an die Schläfen. Manchmal kann die Kleine wirklich penetrant sein. "Alsooo", verkündet Rin, "Es ist groooß und hat weiße Haare." Jaken muss sich sehr zusammenreißen. "Hör gefälligst mit dem Unsinn auf!", schnauzt er das kleine Mädchen an. Doch auf dem Ohr scheint Rin taub zu sein. "Also, wer ist es?", meint sie geheimnisvoll. "Es ist Sesshomaru-sama!", patzt Jaken genervt heraus. Rin staunt. "Du hast es wieder gewusst! Du bist wirklich gut in diesem Spiel, Jaken", meint sie. "Das war ja auch nicht schwer zu erraten!", meint Jaken abfällig. Leichtfüßig springt Rin von einem Felsen zum anderen. "Dann denk ich mir jetzt eben was ganz Schweres aus", sagt sie ernsthaft. "Lass es einfach bleiben!", entgegnet Jaken unbarmherzig. Rin zieht eine Flunsch. "Mir ist aber so langweilig", jammert sie. Dabei hüpft sie weiter von Stein zu Stein durch den Canyon durch den sie gerade gehen. Jaken verliert die Geduld. "Hör endlich auf mit dem ständigen Rumgehüpfe und komm her. Immer hat man solchen Ärger mit dir!" Doch wie üblich schert sich Rin einen feuchten Kehricht darum was Jaken sagt. Sie nimmt noch einmal Anlauf und springt dann auf einen großen Felsen direkt neben der Felswand. Doch kaum hat sie wieder Boden unter sich, da verliert sie plötzlich den Halt. Verzweifelt rudert sie noch mit den Armen, doch dann schlittert sie einfach von dem großen Stein herunter und bleibt genau mit dem Fuß in einer der Felsspalten stecken. "Aua!", ruft sie aus. Kopfschüttelnd schaut Jaken zu ihr hinüber. "Was machst du denn schon wieder für einen Unsinn?", ruft er genervt aus, "Komm endlich wieder her!" "Ich kann nicht", jammert Rin, "Mein Fuß steckt fest." Verzweifelt versucht sie daran zu zerren, doch der Fuß hängt fest, egal was sie versucht. Er rührt sich kein Stück aus seiner unangenehmen Position. Mit verärgertem Gesichtsausdruck schlendert Jaken zu ihr hinüber. "Hör auf mit dem Blödsinn und komm endlich!" "Ich kann doch nicht!", Rin ist den Tränen nah, "Ich steck fest!" In diesem Moment bleibt Sesshomaru stehen. Langsam wendet er sich zu seinen beiden Gefolgsleuten um. Rin bekommt große Augen doch in ihnen schimmert noch immer Feuchtigkeit. Langsam kommt er auf sie zu. Seine bernsteinfarbenen Augen mustern das kleine Mädchen mit einem undeutbaren Blick. Schließlich sagt er: "Lass in Zukunft diese Kindereien bleiben!" Rin starrt ihn mit großen Augen an. Ihr Herz schlägt heftig. Wenn ihr Meister es sagt... Dann beugt sich der hochgewachsene Dämonenfürst zu dem kleinen Mädchen herunter um nach ihrem eingeklemmten Knöchel zu fassen. Kapitel 2: Ein "schwerwiegendes" Missgeschick --------------------------------------------- "Geh weg!" "Nun gib schon her!" "Verschwinde!" "Das hättest du wohl gerne!" "In der Tat!" Teils seufzend teils belustigt verfolgen Miroku, Sango und Shippo eines der üblichen Streitgespräche zwischen Inu Yasha und Kagome. Die beiden sind mal wieder mitten im schönsten Disput. Gerade haben sie einen kleinen Bergkamm erreicht und selbst Kagome hat es mit ihrem Rad bis hier hinauf geschafft. Und das ganze Theater dreht sich jetzt wieder nur darum, dass Inu Yasha sich inzwischen aufgerappelt hat, zu der Gruppe wieder aufgeschlossen hat und nun beharrlich versucht, Kagome dazu zu bewegen, ihn das Fahrrad schieben zu lassen, was sie sich, noch immer beleidigt und mit aller Entschiedenheit, weigert. "Also manchmal bist du wirklich so was von stur und albern!", sagt der Richtige, "Nun gib mir endlich das verdammte Fahrrad!" Kagome schnaubt auf: "Kommt ja gar nicht in Frage! Jetzt brauchst du mir auch nicht mehr zu helfen! Außerdem sind wir sowieso fast oben." "Ach, du willst wohl das blöde Ding auch den ganzen Berg wieder runterschieben, was?", giftet Inu Yasha. "Darauf kannst du wetten!", entgegnet Kagome herausfordernd. Hinter ihnen murmelt Sango: "Sie sollte ihm einfach das Fahrrad geben. Sonst geht das ewig so weiter." "Pah!", meint Inu Yasha grade, "Dazu bist du doch viel zu schwach. Mit dem ganzen Gepäck drauf saust dir das Ding doch gleich davon." "Ach, was du nicht sagst!", gibt Kagome zurück, "Und wieso fällt dir das erst jetzt ein, du Holzkopf? Warum nicht schon vorhin, als das Fahrrad den Berg hochschieben musste, weil irgend so ein unsensibler Halbdämon nichts anderes als Schokoriegel im Kopf hat?" "Aber jetzt will ich dir ja helfen", grollt Inu Yasha zwischen zusammengebissenen Zähnen und es klingt alles andere als hilfsbereit. "Ein bisschen spät, findest du nicht auch?" "Besser spät als nie." "Dann lieber nie!", schnappt Kagome. Finster blickt Inu Yasha sie an. Dann packt er den Lenker auf dem noch immer Shippo sitzt und das "Gespräch" mit großem Interesse verfolgt. "Nun gib schon her!" Doch so leicht ist Kagome gerade nicht zu besänftigen. Entschieden zieht sie den Lenker zurück. "Nein!" Er zieht wieder daran. "Gib her!" "Nein!!!", das Fahrrad wird zurückgerissen. "Gib her das blöde Ding!" "Nein!" "Doch!" "Nein!" "Doch!" Dabei wird das Fahrrad so sehr hin und her gerissen, dass der kleine Fuchs auf der Lenkstange gehörig durchgeschüttelt wird und ihm schon ganz schummrig davon wird. "Hilfe!", quiekt er. "Um alles in der Welt, Kagome!", mischt sich jetzt Miroku leicht verzweifelt ein, "Nun gib ihm schon das Fahrrad!" Einen Momentlang halten die beiden mitten in der schönsten Auseinandersetzung inne. Dann seufzt Kagome und verzieht das Gesicht. Sie lässt den Lenker los und meint: "Also schön, der Klügere gibt nach!" Sofort reißt Inu Yasha die Augen auf und stemmt die Arme in die Seite: "Was soll denn das jetzt bitte heißen?" "Das ist doch nur so eine Redensart, du Idiot!", gibt Kagome genervt zurück. "Ähm, Kagome...?", mischt sich nun Sango ein. "Ach, ich bin also ein Idiot, ja?", Inu Yasha scheint sich das nicht gefallen lassen zu wollen. Kagome verdreht die Augen: "Also manchmal benimmst du dich wirklich wie einer. Jetzt zum Beispiel!" "Kaaagome!", versucht es jetzt auch Miroku noch mal. "Was denn?", fährt sie noch immer aufgebracht herum. Doch der Mönch macht nur eine eindeutige Geste mit dem Zeigefinger die zwischen den beiden Kampfhähnen hindurch zielt. Kagomes Blick fährt herum. Gerade bekommt sie noch mit wie sich ihr Fahrrad inzwischen selbstständig gemacht hat und nun mitsamt Rucksack und Fuchsdämon den Pfad auf der anderen Seite des Berges herunterrollt. "Hiiiilfe!", ist Shippos langgezogener Schrei zu hören. Verzweifelt versucht er mit seinen Pfoten die Richtung des Vehikels in irgendeiner Weise zu beeinflussen, doch das einzige was ihm teilweise gelingt ist das Gleichgewicht zu halten. So rauscht das Fahrrad durch das große Gewicht nach und nach immer mehr beschleunigt auf den unheilvollen Rand und den dahinterliegenden schwindelig tiefen Abgrund zu der sich plötzlich vor ihm auftut, weil der Bergweg auf einmal so hinterhältig ist und eine scharfe Wegbiegung vollführt. Auch die anderen sind jetzt in Bewegung geraten. Erstaunlich wie schnell ein Streit vergessen sein kann, wenn ein Freund und ein ganzer Haufen Kartoffelchips in Gefahr sind. "Halt das Fahrrad an!", ruft Inu Yasha Shippo zu. "Wie denn?", kommt die panische Antwort von dem immer schneller werdenden Rad. "Tritt auf die Bremse!", ruft Inu Yasha überflüssigerweise. "Du bist gut!", kräht Shippo zurück, "Wie soll ich denn da drankommen? Ich hab doch viel zu kurze Füüüße!" Vor sich sieht er bereits den todbringenden Abgrund auftauchen. Das war's für mich, denkt er noch. "Dabei bin ich doch noch viel zu jung zum steeerben!" Zum Glück ist wenigstens Kagome so geistesgegenwärtig. "Spring ab, Shippo!", ruft sie besorgt. Und tatsächlich lässt der kleine Fuchs das nicht zweimal sagen. Mit einem verzweifelten Hechtsprung hüpft er von der Lenkstange herunter und kann nun nur noch beobachten wie das herrenlose Fahrrad unaufhaltsam den abgründigen Tiefen zusteuert. Ein wenig besorgt aber mit tapferer Entschlossenheit schaut Rin ihrem hochgewachsenen, weißhaarigen Herren entgegen der sich gerade zu ihr hinunterbeugt und nach ihrem Knöchel greift. In seinen langen Fingern mit den scharfen Klauen an der Spitze wirken ihre dünnen Beinchen fast verschwindend schmal und zerbrechlich. Obwohl sie mit ihrem ganzen kindlichen Herzen an ihm hängt, ist es Rin doch ein wenig beklommen zumute, als der große Dämonenprinz sie seit langem wieder näher zu beachten scheint und das nur um ihr zu helfen. Seine Hände sind warm aber sie zuckt trotzdem ein wenig zusammen. Zu ungewohnt ist einfach eine Berührung von ihm. Ein winziger Zug der Überraschung ist für den Bruchteil einer Sekunde auf Sesshomarus Gesicht zu sehen, als er ihre Reaktion bemerkt, doch dann wird seine Miene wieder ausdruckslos. Erstaunlich behutsam versucht er den Fuß zu befreien. Dabei entgehen seinen wachen Augen nicht das schmerzverzerrte Gesicht des Mädchens. Offenbar ist der Knöchel verstaucht und dadurch angeschwollen. Ohne grob zu werden wird er ihn nicht herausbekommen. Er erhebt sich wieder. Mit einem leicht ängstlichen Blick schaut die Kleine zu ihm hoch. Was wird er jetzt mit ihr machen? Sesshomaru überlegt. Dann nimmt er den Fels neben dem Mädchen in Augenschein. Es sollte kein größeres Problem sein, ihn beiseite zu schieben. "Da hast du uns ja wieder was eingebrockt!", kann sich Jaken nicht verkneifen, "Was machst du auch immer für Unsinn? Ich hatte dir schließlich gesagt, dass du herkommen sollst, aber du hast ja wieder mal nicht hören wollen. Das hast du nun davon! Du bist wirklich zu nichts zu gebrauchen! Kinder sind eine solche Plage!" Vor ihm sitzt Rin auf dem Boden und kämpft mit den Tränen. Es war doch keine Absicht gewesen. Sie hat doch auch nicht hier feststecken wollen. Jetzt sitzt sie hier auf den kalten Steinen, ihr Fuß steckt fest und tut weh, Jaken schimpft mit ihr und ihr Meister macht noch immer keine Anstalten ihr herauszuhelfen. "Tut mir leid!", schnieft sie und lässt den Kopf hängen. "Das sollte es dir auch!", setzt Jaken tadelnd nach. Zum ersten Mal seit langem lässt sich der stolze Youkai-Prinz zu einer Reaktion auf Jakens Umgang mit Rin herab. "Jaken!" Rasch schaut dieser auf. Er ist äußerst beunruhigt. Er kennt seinen Herrn schon lange und somit auch die unterschiedlichsten Varianten und Nuancen seines Namens wenn Sesshomaru ihn ausspricht. Dieses "Jaken!" lässt Vorsicht geboten sein. "Mein Herr?", kommt die zögernde Frage. "Das ist nicht dienlich!" So einfach wie die Antwort ist, so aussagekräftig und effektiv ist sie auch. Jaken zieht es vor, keinen weiteren Mucks von sich zu geben. Nun beugt sich Sesshomaru erneut hinab um einen guten Griff an dem großen Felsbrocken zu bekommen. Neben ihm zuckt Rin wieder ein bisschen zusammen. Ihr Fuß schmerzt immer mehr und am liebsten will sie niemanden in seine Nähe kommen lassen. Sesshomaru bemerkt ihre Furcht erneut. Seine Augen werden schmal als er sie ansieht. Mit großen, leicht feuchten Augen erwidert sie seinen Blick. "Willst du etwa hier bleiben?", fragt er. Ihre Augen weiten sich noch ein wenig mehr als sie das hört und dann schüttelt sie energisch den Kopf. Ohne weitere Worte zu verschwenden beugt sich Sesshomaru wieder zu dem Felsen hinunter. Auf einmal hält er inne. Ihm ist so als wenn er etwas gehört hat. Forschend lauscht er. Was kann das sein? Dann plötzlich wie durch eine Ahnung geht sein Blick empor an der hohen, steilen Felswand neben ihm. Dort oben tut sich tatsächlich etwas. Irgendetwas großes, unförmiges stürzt von dort oben herab. Es ist weder ein Fels noch irgendein Dämon. Was es genau ist kann er nicht erkennen aber eines weiß er mit Sicherheit: Es ist schwer! Und es steuert zu allem Überfluss genau auf die Stelle zu an der Rin feststeckt, wie sein geschulter Blick feststellt. Auch Rin schaut nun hinauf und sofort erkennt sie die Gefahr. Doch selbst wenn sie nicht festhängen würde, das kleine Mädchen ist starr vor Schreck. Hinter Sesshomarus Stirn arbeitet es heftig. Was auch immer dort hinabstürzt, es könnte das Mädchen erschlagen, das steht fest. Er kann sich nicht helfen, aber diese Variante möchte er gerne vermeiden. Er könnte sie mit Gewalt fortzerren doch das würde ihren Fuß wahrscheinlich nachhaltig verletzen. Auch das wäre sehr unpraktisch. Und die Zeit um den Stein beiseite zu schieben, bleibt nicht mehr. Es bleibt also nur noch eine Möglichkeit. Ohne weiter darüber nachzudenken, legt er seine Hand auf Rins Kopf und drückt sie vorsichtig aber bestimmt zu Boden. "Bleib unten!", sagt er. Sie gehorcht. Und dann beugt er sich über sie und schirmt sie mit seinem Körper vor der Wucht des unmittelbar folgenden Aufschlages des Fahrrades samt Rucksack ab. "Na suuuper!", meckert Kagome. Inzwischen hat sich wieder daran erinnert wer für den ganzen Schlamassel verantwortlich ist. "Das hast du wirklich wunderbar hingekriegt, Inu Yasha!" "Hä, wieso bin ich denn auf einmal wieder Schuld?", will der Halbdämon wissen. "Na, wer hat denn das Fahrrad einfach losgelassen?", gibt Kagome angriffslustig zurück. "Pah, hättest es doch selbst festhalten können!", schmollt Inu Yasha. "Ach was, ich dachte du wolltest mir unbedingt helfen?", gibt Kagome spitz zurück. "Ach, und ich dachte, du wolltest es unbedingt alleine schieben", mosert Inu Yasha gegen an. "Wenn du das Fahrrad festgehalten hättest, dann wäre es nicht abgestürzt, das steht mal fest." "Und wenn du nicht so stur und zickig wärst, dann hätte das ganze Theater gar nicht sein müssen!" Inu Yasha ist auf hundertachtzig. Doch Kagome nicht weniger: "Wie bitte? Ich bin überhaupt nicht zickig, was fällt dir ein?" "Klar bist du zickig!", stichelt Inu Yasha weiter. "Wann bitte bin ich zickig?", fordert Kagome feurig zu wissen. "Na, jetzt gerade zum Beispiel!", meint Inu Yasha eingeschnappt. "Was? Ich bin überhaupt nicht zickig!", zetert Kagome, "Du wirst schon merken wenn ich zickig bin!" "Ach, meinst du?", grinst Inu Yasha gehässig. Kagome wird stocksteif. "SITZ!" Umgehend tut die Kette um Inu Yashas Hals ihre Wirkung und reist den Hanyou zu Boden. "Jetzt bin ich zickig!", kommentiert Kagome ihre Handlung gelassen und dann wendet sie sich mit verschränkten Armen ab. "Warum muss sie bloß immer das letzte Wort haben?", nuschelt der griesgrämige Halbdämon während er versucht sich von dem erneuten Schlag auf den harten Fels zu erholen. Sango und Miroku treten an ihn heran. "Wann siehst du es endlich ein, dass du gegen Kagome nicht gewinnen kannst?", meint Miroku, "Du könntest dir eine Menge Ärger ersparen wenn du ihr gleich recht geben würdest." "Wer hat dich gefragt, Miroku?", brummt Inu Yasha während er sich wieder aufrappelt und den Sand vom Gewand abklopft, "Seit wann bist du denn so ein Experte was Frauen angeht?" "Nun ja...", will sich Miroku gerade selbstbewusst rechtfertigen, doch dann fängt er sich plötzlich einen warnenden Blick von Sango ein. "An deiner Stelle würde ich jetzt lieber meinen eigenen Rat befolgen und nachgeben, sonst könnte es sein, dass du ebenfalls eine Auseinandersetzung mit einem weiblichen Mitglied dieser Gruppe verlierst!", meint sie warnend. "Nun ja..., offenbar ist jeder Mann in der Position..., dass er immer noch mehr über das andere Geschlecht lernen kann... ganz gleich wie viel er schon weiß", sagt Miroku der im Gegenteil zu Inu Yasha weiß was gut für ihn ist. "Grad noch gerettet!", murmelt Sango ernst. Inzwischen hat sich Kagome zu dem kleinen Fuchsdämon hinabgebeugt. "Alles in Ordnung mit dir, Shippo?" "Ja", kommt die Antwort, "Aber Kagome, dein schönes Fahrrad! Jetzt ist es in die Schlucht gefallen. All deine schönen Sachen! Hoffentlich sind sie nicht kaputtgegangen." "Ach, das macht doch nichts!", meint Kagome schon fast wieder versöhnt, "Wir müssen einfach wieder runtersteigen und nachschauen. Aber eigentlich waren da gar nicht wirklich Sachen drin, die hätten kaputtgehen können. Nur um meinen Föhn tut es mir leid. Und Mama wird ihr Fahrrad vermissen", fügt sie noch hinzu. "Du kannst von Glück reden, dass du nicht mit runtergerauscht bist", meint nun Inu Yasha zu Shippo der dazugekommen ist, "Ein Sturz aus dieser Höhe ist nicht gerade förderlich für die Gesundheit." "Wem sagst du das", meint Shippo erleichtert, "Ich bin zwar ein echter Dämon im Gegensatz zu dir, aber unverwundbar sind wir auch nicht." Gerade will Inu Yasha etwas Sarkastisches erwidern, doch er kommt nicht mehr dazu, denn in diesem Augenblick ertönt der laute, helle, langgezogene, angsterfüllte Schrei eines Kindes, der die ganze Gruppe augenblicklich innehalten und aufhorchen lässt. "Sesshomaru-samaaaaaaaa!" Geschlossen wandern ihre Blicke hinüber zu der Schlucht in der gerade eben noch das Fahrrad samt Gepäck verschwunden ist. Kagome findet nach einem langen Moment des Schweigens als erste ihre Sprache wieder: "Ups!" Kapitel 3: Sesshomaru mal anders -------------------------------- Ängstlich und fast verzweifelt stupst Rin den großen, weißhaarigen Youkai an, der reglos direkt neben ihr liegt und sich nicht rührt. Gerade hat sie sich ein Stück unter ihm hervor gekämpft und muss nun fassungslos miterleben, dass ihr sonst so unbezwingbar erscheinender Meister leblos mit dem Gesicht zum Boden vor ihr liegt und kein Lebenszeichen von sich gibt. Sein sonst so feines Haar ist in arge Unordnung geraten und am Kopf sickert ein wenig Blut hervor. Rin zittert. Neben ihm entdeckt sie den Verursacher dieser Katastrophe. Ein unförmig verrenktes Drahtgestell und ein großer, gelber, prallgefüllter Beutel. Diese fremdartigen Gegenstände haben gerade ihren Herrn niedergestreckt und am liebsten würde sie jetzt gerne ihren Tränen freien Lauf lassen, doch sie ist noch immer viel zu geschockt von der Vorstellung, dass dem großen Youkai-Prinzen, den sie so sehr ins Herz geschlossen hat tatsächlich etwas ernsthaftes passiert sein könnte. Oh bitte, Sesshomaru-sama, sei nicht tot! In diesem Moment kommt auch schon Jaken angestürmt um sich vom Zustand seines Herrn zu überzeugen. "Sesshomaru-sama!", ruft er entsetzt, "Ist Euch etwas passiert?" doch er erhält keine Antwort. Nun macht sich Jaken doch Sorgen. "Mein Herr, so antwortet doch!", versucht er es erneut, doch wieder ist Schweigen die einzige Antwort die er erhält. "Oh nein, Euch wird doch wohl nicht wirklich etwas passiert sein", jammert der kleine Kerl los, "Warum habt Ihr Euch auch über das Mädchen beugen müssen? Ich meine, gab es keine andere Möglichkeit? Warum habt Ihr das nur getan? Antwortet doch, so antwortet doch, Sesshomaruuuu!" Neben sich hört er Rin schniefen: "Er ist tooot!" Sofort fährt Jaken herum: "Nein, er ist nicht tot! Nicht wahr, Sesshomaru-sama, Ihr seid nicht tot. Ihr tut nur so. Ihr erlaubt Euch einen Spaß mit uns." Dann hält er inne: "Aber Sesshomaru-sama beliebt niemals zu spaßen. Also ist er wirklich tot! Wäääh Sesshomaru-sama!" Mit diesen Worten wirft sich Jaken heulend auf seinen leblosen Herrn, während neben ihm nun auch Rin die Tränen über die Wangen laufen. Auf einmal ist von oben eine Stimme zu hören: "Schaut mal, Inu Yasha, es ist tatsächlich Sesshomaru!" Rin und Jaken sehen hoch. Über ihnen tauchen auf einmal Miroku, Sango und Shippo auf Kirara auf und Inu Yasha der Kagome auf den Rücken trägt. Mit geschickten Sprüngen hüpft er die tödlich, steile Felswand hinab, während die anderen auf der kräftigen Katzendämonin sicher zu Boden schweben. Rin reißt bange aber verblüfft die Augen auf und Jaken weicht mit einem kleinen Aufschrei ein Stück zurück, als der die unliebsamen Dauerkontrahenten seines Herren erkennt. "Ja", grinst Inu Yasha hämisch, "Sieht so aus, als hätte dein blödes Fahrrad ihn voll erwischt!" Kaum sind sie unten angekommen setzt er Kagome ab und auch die anderen steigen von Kiraras Rücken. Nun fasst Jaken sich wieder. Entschlossen tritt er den Neuankömmlingen entgegen. "Ihr schon wieder! Wehe ihr kommt meinem Herren auch nur ein Stück zu nahe!" Dabei fuchtelt er ihnen drohend seinen Kopfstab entgegen. Doch sie ignorieren ihn. Vorsichtig tritt Kagome ein Stück näher an den reglosen Youkai heran. "Vorsicht, Kagome!", Inu Yasha hält sie an der Schulter zurück, "Bleib besser weg von ihm. Wer weiß was er mit dir anstellt." "Was soll er denn schon groß tun", fragt sie nun zurück, "So wie es aussieht ist er doch bewusstlos." "Trotzdem", wendet Inu Yasha ein, "Ich trau dem Frieden nicht. Halt dich lieber fern vom ihm!" "Aber Inu Yasha", Kagome macht ein bedeutsames Gesicht und weist auf die Stelle an der der große Youkai liegt. Inu Yasha folgt ihrem Blick und seine Augen weiten sich, als er ebenfalls das ängstliche, kleine Mädchen entdeckt, dass versucht sich vor den neugierigen Blicken hinter dem Körper ihres Herren zu verstecken. Behutsam tritt Kagome näher an sie heran. "Keine Sorge, wir tun dir nichts!", versucht sie sie zu beruhigen. Unsicher starrt die Kleine ihr entgegen, doch sie scheint keine Angst zu haben. Stattdessen versucht sie nur ihre Tränen vom Gesicht zu wischen, während sie noch ein wenig vor sich hin schnieft. Kagomes Blick geht von dem Mädchen zu dem Dämon und wieder zurück. "Gehörst du zu ihm?", fragt sie schließlich verwundert. Rin nickt. Verwundert schauen Kagome und die anderen drein. Was hat die Kleine bei Sesshomaru verloren? Nun tritt auch Miroku näher und untersucht mit aller gegebener Vorsicht den bewusstlosen Youkai. "Also tot ist er nicht", stellt er schließlich fest. Rins Augen leuchten ein wenig auf bei diesen Worten. "Das lässt sich leicht ändern!", gibt Inu Yasha entschlossen zurück. "Beruhig dich wieder, Inu Yasha", meint Kagome, "Du hast doch nicht wirklich vor ihm jetzt noch den Rest zu geben, oder?" Verdutzt schaut Inu Yasha sie an: "Wieso denn nicht? Eine bessere Gelegenheit wird nicht mehr kommen." Kagome versteift sich. Inu Yasha entgeht es nicht. Er ist vorsichtiger geworden. "Was denn?" Kagome räuspert sich vernehmlich und macht einen verstohlenen Wink zu dem kleinen Mädchen hinüber, dass mit großen, furchtsamen Augen zu ihnen hinüberstarrt, kaum dass sie Inu Yashas Worte vernommen hat. Inu Yasha zuckt unter dem Blick ihrer großen, feuchten Augen zusammen. Verflixt, warum gehen ihm Tränen in Mädchenaugen immer so nah? "Ähm... ja...", meint er schließlich, "Also damit will ich ja nicht sagen, dass ich ihm irgendwas tun will, ich meine... er kann sich wohl glücklich schätzen, dass er noch nicht tot ist. Wie gut für ihn, dass er immer so hart im Nehmen ist. Der kommt schon wieder auf die Füße... bedauerlicherweise!", fügt er brummelnd hinzu. Dann tritt auch er an seinen Bruder heran und stupst ihn ein wenig mit dem Fuß an. Keine Reaktion. Er tritt ein wenig doller. Doch noch immer rührt Sesshomaru sich nicht. Über sein Gesicht zieht ein hämisches Grinsen. Man kann ihm fast ansehen was er sich innerlich so ausmalt. Sein ach so toller Bruder wurde von einem Haufen Bücher erschlagen. Das ist etwas was er ihm ewig vorhalten kann... und wird. Er kann es schon hören: "Du lächerlicher kleiner Halbdämon, du bist eine Schande für die ganze Familie!" "Ach ja? Also ich bin nicht derjenige, der eine Auseinandersetzung mit einem Rucksack verloren hat!" Inu Yashas Miene passt sich seinen Wunschträumen an. Doch Kagomes Worte holen ihn rasch in die Realität zurück. "Steh doch nicht so einfach da rum! Hilf uns lieber ihn da rüber zu tragen!" Völlig perplex starrt er sie an, während sie versucht zusammen mit Mirokus und Sangos Hilfe den bewusstlosen Youkai aufzuheben. Fassungslos beobachtet er ihre Bemühungen. "Was wird das denn jetzt?", meint er schließlich ungläubig aber er hat das Gefühl, dass er die Antwort bereits kennt. Doch sie gefällt ihm gar nicht. "Na, wir müssen ihn doch wenigstens verarzten", meint Kagome, als sei das das Natürlichste von der Welt. Vorsichtig legen Sango und Miroku ihn ein Stück weiter ab, während Kagome beginnt in ihrem Rucksack nach Verbandszeug zu kramen. Zunächst hat es Inu Yasha die Sprache verschlagen, doch dann bricht es aus ihm heraus: "Sag mal, was soll denn das jetzt wieder? Du willst den Kerl verarzten? Bist du noch zu retten? Das kann doch nicht wirklich dein Ernst sein!" Doch schon hat Kagome aus ihrem Gepäck einen Verband und eine Schachtel Pflaster hervorgekramt. "Ach komm schon, Inu Yasha", meint sie, "Immerhin sind wir daran schuld, was ihm passiert ist. Das ist doch das Mindeste was wir tun sollten." Inu Yasha scheint damit jedoch in keinster Weise einverstanden zu sein. "Du bist ja total bekloppt!", ereifert er sich, "Mit dem Mistkerl ist nicht zu spaßen. Was glaubst du wohl was er mit dir anstellt wenn er aufwacht und herausfindet, dass du ihm dein Fahrrad auf den Kopf geschmissen hast? Also dann will ich nicht in deiner Haut stecken!" "Dafür hab ich dich ja!", ist Kagomes einzige Antwort. Inu Yasha schnappt nach Luft und verschränkt beleidigt die Arme: "Na herzlichen Dank auch! Warum bin es eigentlich immer ich, der die Drecksarbeit machen muss? Aber bitteschön, mach doch was du willst! Lass dich doch von ihm in Stücke reißen. Mir doch egal!" Eingeschnappt dreht er sich weg. "Nun sei doch nicht so!", versucht Kagome ihn ein wenig zu besänftigen, "Es passiert schon nichts. Aber jetzt brauch ich mal kurz deine Hilfe." Unwillig dreht Inu Yasha sich um: "Und wobei?" Kagome zeigt auf den Fuß des noch immer eingeklemmten Mädchens. "Kannst du den Felsen mal zur Seite schieben? Wir müssen die Kleine doch befreien." Einen Momentlang scheint Inu Yasha mit sich zu ringen. Doch schließlich siegt der Anstand über seinen Trotz und brummelig macht er sich an dem Felsen zu schaffen. Es dauert nicht lange ehe das Mädchen wieder frei ist. Dankbar lächelt sie Kagome an. "Wie heißt du eigentlich?", fragt Kagome während sie ihren Knöchel verbindet der inzwischen ziemlich dick und blau angelaufen ist. "Rin", kommt die zögernde Antwort, "Werdet ihr Sesshomaru-sama auch helfen?" Von Inu Yasha ist nur ein vernehmliches "Pah!" zu hören. "Keine Sorge!", versucht Kagome das Mädchen zu beruhigen, "Ich glaube zwar nicht, dass wir viel für ihn tun können, aber ich vermute, dass es ihm schon bald wieder gut gehen wird." Rins Augen strahlen bei diesen Worten. Inu Yasha grummelt vor sich hin. Dann steht Kagome auf und geht zu Sesshomaru hinüber der noch immer von Miroku und Sango im Auge behalten wird. Aufs äußerste wachsam, behält nun auch Inu Yasha seinen Bruder im Auge. Seine Hand geht zu seinem Schwertgriff. Nur eine falsche Bewegung... nur eine! Krümm Kagome auch nur ein Haar und du bist Sushi, du arroganter Mistkerl! Ebenfalls aufmerksam aber deshalb nicht weniger entschlossen hockt sich Kagome neben ihm hin und untersucht vorsichtig die blutige Stelle auf seinem Kopf. Offenbar hat die Blutung bereits aufgehört, aber wenn er noch immer bewusstlos ist, muss es ihn schon recht heftig erwischt haben. Ihr Blick fällt auf sein regloses Gesicht. Seltsam, so sieht er eigentlich gar nicht bedrohlich aus, im Gegenteil... Nun beginnt sie behutsam den Verband um seinen Kopf zu wickeln. In diesem Moment verzieht sich Sesshomarus Gesicht und beginnt sich zu regen. Sofort weichen alle ein Stück zurück von ihm und behalten ihm wachsam im Auge. Ein leichtes Stöhnen kommt ihm über die Lippen und dann schlägt er die Augen auf. Sieben aufmerksame Augenpaare starren ihn an. Teils mit Erleichterung, teils bereit die Flucht zu ergreifen, teils bereit endgültig kurzen Prozess mit ihm zu machen; letzterer Blick kommt übrigens von Inu Yasha. Für einen langen Moment herrscht Stille und die Spannung die in der Luft liegt, könnte einen Felsen zerschneiden. Wie wird der stolze Youkai-Prinz reagieren? Doch die Umstehenden sind ganz sicher nicht gefasst auf das was als nächstes passiert. Zur allgemeinen Fassungslosigkeit legt sich nun ein verlegenes Lächeln auf Sesshomarus Gesicht und das einzige Wort, dass er nun von sich gibt ist: "Hallo!" Sämtliche Anwesenden weichen fast einen ganzen Schritt zurück als sie das hören. Shippo ist auf Kagomes Schulter geflüchtet. "Kagome...", meint er mit einem beunruhigten Blick auf das Lächeln des Dämons, "...er macht mir Angst!" keiner der anderen bringt ein Wort heraus. Schließlich fasst sich Kagome ein Herz und beugt sich wieder ein Stück vor. "Ähm... hallo!", meint sie schüchtern lächelnd, "Alles... alles in Ordnung?" Einen Momentlang scheint Sesshomaru zu überlegen, dann sagt er: "Ja... ja ich glaub schon. Ich..." In diesem Moment will er sich aufsetzen und im gleichen Moment fasst er sich mit der Hand an die Stirn und sinkt zurück. "Nein... mein Kopf tut weh und mir ist schwindelig!", es klingt ein wenig gepresst. "Du hast vielleicht eine Gehirnerschütterung", stellt Kagome die Vermutung an, "Am besten bleibst du noch eine Weile liegen. Zunächst schaut der Youkai sie nur ein wenig verwirrt an, doch dann nickt er und legt sich wieder hin. Ungläubig haben Miroku und Sango das beobachtet. Er tut tatsächlich was Kagome sagt. Ihre Freundin erstaunt sie immer wieder. Inu Yasha ist dagegen nicht so sehr beeindruckt davon. "Und so was will ein vollwertiger Dämon sein!", meint er verächtlich, "Also mich würde so ein kleiner Schlag auf den Kopf nicht gleich zum Pantoffelhelden werden lassen." Ein wenig irritiert schaut Sesshomaru ihn nun an: "Aber wenn ich doch wirklich Kopfschmerzen habe?" Verblüfft bleibt Inu Yasha der Mund offen stehen. "Was sind denn das jetzt für neue Töne von dir? Du willst mir doch wohl nicht wirklich erzählen, dass so ein paar Kopfschmerzen dich so sehr in die Knie zwingen? Was für eine Memme bist du denn?" Einen Momentlang schaut Sesshomaru seinen Halbbruder mit großen Augen an, dann meint er schließlich: "Warum schimpfst du denn so mit mir? Was hab ich dir denn getan? Ich kenn dich doch überhaupt nicht." Augenblicke später herrscht absolutes Schweigen in dem kleinen Canyon. Fassungslos starrt Inu Yasha seinen Bruder an. Das ist nicht wahr, oder? Das hat er grade nicht wirklich gehört! Nun ergreift Kagome zögernd das Wort: "Willst du damit sagen, du weißt nicht wer Inu Yasha ist?" Leicht schüttelt Sesshomaru den Kopf. "Also so was!", lässt sich Miroku vernehmen. "Kaum zu glauben!", meint auch Sango. "Hach, glaubt ihm doch nicht diesen Blödsinn!", meckert Inu Yasha nun, "Der Kerl macht sich doch bloß lustig über uns." Kagome geht nicht darauf ein: "Und weißt du denn wer du bist?", wendet sie sich nun wieder an den Youkai. Doch wieder schüttelt Sesshomaru nur langsam den Kopf. Doch nun hält es Rin nicht länger aus. Sie versteht zwar nicht alles was hier vor sich geht aber sie hat zumindest begriffen, dass mit ihrem Herren irgendetwas absolut nicht in Ordnung ist. Sie drängelt sich nach vorne und fasst den hochgewachsenen Youkai am Arm. "Sesshomaru-sama, was ist denn mit dir? Weißt du denn auch nicht mehr wer ich bin? Ich bin Rin. Du musst dich doch erinnern! Und das da ist Jaken, denn kennst du doch auch noch, oder Sesshomaru-sama?" Ein wenig hilflos schaut der schlanke Youkai-Prinz schon drein. "Sesshomaru...", meint er nachdenklich, "Heiß ich so?" Rin nickt eifrig und sie spürt dabei einen dicken Kloß in ihrem Hals. Jaken ist nun auch dazu gekommen. Er kann noch immer nicht glauben was passiert ist. "Soll das etwa heißen, Ihr habt Euer Gedächtnis verloren, mein Herr? Aber das ist ja furchtbar! Wie entsetzlich! Was für eine furchtbare Schande! Eine Katastrophe! Ein Desaster! Was für eine entsetzliche Demütigung. Dass gerade Euch so etwas passieren musste..." Sicher hätte der kleine Gnom sich noch weiter in derartige Ausführungen ergangen doch eine Bemerkung Sesshomarus bringt ihn rasch zum Schweigen: "Schrei doch nicht so! Da tut mir mein Kopf nur noch mehr weh!" Ungläubig beobachten die anderen den Dämonen-Prinz und denken sich dabei ihren Teil, unfähig ihre Fassungslosigkeit über diese Situation in Worte zu fassen. Nur Kagome behält genug Geistesgegenwart um zu wissen wie sie reagieren soll. "Soll... ich dir einen Verband für deinen Kopf machen?", fragt sie zaghaft. Sesshomaru schaut sie mit bernsteinfarbenen Augen an, doch dann lächelt er erneut und sagt: "Ja bitte!" Inu Yasha zuckt zusammen. "Ich hör wohl nicht recht! Seit wann sagt der Kerl denn bitte? Und überhaupt, Kagome, wie kommst du dazu ihm jetzt noch einen Verband machen zu wollen, ich meine nach allem was er bisher getan hat. Warum tust du mir das an?" "Inu Yasha?" "Was?" "Schrei nicht so, Sesshomaru hat Kopfschmerzen!" Fassungslos schnappt Inu Yasha nach Luft. "Was? Das ist jetzt nicht ein Ernst, oder?" "Mein voller Ernst!" Zunächst sagt er gar nichts. Doch dann wendet er sich beleidigt ab. "Pah, von mir aus! Mach doch was du willst, du Nervensäge! Aber wehe du kommst hinterher an und beschwerst dich wenn er dir an die Gurgel geht. Ich hab dich gewarnt!" Mit diesen Worten dreht er sich um und spaziert eingeschnappt davon um sich ein ganzes Stück entfernt auf einen Felsen zu setzen und den anderen mit verschränkten Armen den Rücken zuzudrehen. "Er meint es nicht so", meint Kagome als sie sich wieder Sesshomaru zuwendet und sich mit dem Verband an seiner Stirn zuschaffen macht, "Na ja..., vielleicht meint er es doch so", korrigiert sie sich selbst. Doch Sesshomaru schaut sie nur mit großen Augen an und sagt kein Wort. Kagome weicht seinem Blick aus. Seltsam, sie kann sich nicht helfen, aber irgendetwas an diesen aufmerksamen, völlig arglos wirkenden Augen irritiert sie sehr. Es kommt einem vor, als ginge von dem stolzen Dämon plötzlich nicht mehr die geringste Gefahr aus und das kann doch eigentlich nicht nur daran liegen, dass er sein Gedächtnis verloren hat. Ohne die kleinsten Widerworte lässt er es mit sich geschehen, dass sie ihm einen ordentlichen Verband um seinen Kopf wickelt und dabei schaut er sie nur immerzu aus großen, neugierigen Augen an, als würde er es unheimlich faszinierend finden was sie da macht. Schließlich kramt sie noch aus der anderen Schachtel ein Pflaster hervor, um eine Schramme zu verarzten die sich über sein Gesicht zieht. Doch gerade als sie das Pflaster abgezogen hat und ihm auf die Wange drücken will, hebt Sesshomaru plötzlich seinen Arm und packt damit ihre Hand. Kagome zuckt unwillkürlich zusammen. Auch Sango und Miroku blicken auf und greifen sogleich ihre Waffen fester, jederzeit bereit ihre Freundin zu verteidigen. Doch ihre Sorge ist unbegründet. "Was ist das?", fragt Sesshomaru erstaunt. Kagome folgt seinem Blick und entdeckt nun den Teddybär der auf dem Pflaster abgedruckt ist. "Das ist ein Teddy", erklärt sie, "Es ist... ein Kinderpflaster. Tut mir leid, möchtest du ein anderes?" Doch nun verzieht sich Sesshomarus Gesicht zu einem breiten Grinsen. "Och nein, der ist doch so niedlich! Den will ich haben." Völlig baff starrt Kagome den hochgewachsenen Youkai an, der offenbar vollkommen fasziniert den Teddybären auf dem Pflaster bestaunt. Dann nach kurzem Zögern drückt sie ihm das Pflaster auf die Wange. Sesshomaru strahlt. Dann schielt er zu der Schachtel mit den Pflastern hinüber. "Hast du da noch mehr von diesen bunten Klebedingern drin?", fragt er neugierig. "Ähm... schon....", meint Kagome verdattert, "Ich hab noch welche mit Blumen, mit Eisenbahnen, mit Katzen, mit Schmetterlingen, mit Sternen, mit Hunden..." "Kann ich noch eins mit Hunden drauf haben?", kommt die hoffnungsvolle Frage. Erst bringt Kagome kein Wort heraus, doch dann schließlich gibt sie nach: "Von mir aus... Wohin willst du es denn?" Sofort streckt ihr Sesshomaru seine Hand hin. Achselzuckend fügt sich Kagome den eigenartigen Umständen und drückt dem hochgewachsenen Dämon ein Pflaster mit einem kleinen Hund auf den Handrücken. Sesshomaru strahlt über das ganze Gesicht und betrachtet mit großen Augen seinen neusten Schmuck. Neben ihm sitzt noch immer Rin und hat das Ganze schweigend aber mit wachsender Verwunderung beobachtet. Gerade will Kagome sich erheben, da hält sie sie zurück. Überrascht schaut Kagome zu ihr hinunter. Doch dann fragt die Kleine zögernd: "Krieg ich auch eins?" Im ersten Moment ist Kagome sprachlos, doch dann lächelt sie: "Na klar doch! Was für eins willst du denn?" In ein paar Schritten Entfernung ist Sango jetzt zu Miroku getreten und raunt ihm zu: "Also irgendwie hab ich den Eindruck, dass mit Sesshomaru, außer seinem verlorenen Gedächtnis, noch etwas anderes nicht stimmt." Miroku nickt: "Da geb ich dir recht. Irgendwie ist er heute wirklich seltsam. Wenn wir nur wüssten was mit ihm los ist." "Ich weiß schon was mit dem Kerl los ist!", brummt Inu Yasha in einiger Entfernung, während er aus dem Augenwinkeln beobachtet wie Kagome gerade auch Rin ein buntes Pflaster auf den Arm drückt, "Er hat einen auf den Kopf gekriegt und nun hat er endgültig den Verstand verloren!" "Hmmm...", meint Miroku, der das mitbekommen hat, "Also ich bezweifele ja, dass das so einfach ist. Ich habe irgendwie nicht den Eindruck, dass er verrückt geworden ist." "Ach, und was sonst, du Schlauberger?", mault Inu Yasha zurück. Miroku legt die Stirn in Falten. Währenddessen schaut Sango weiter erstaunt zu Kagome, Sesshomaru und Rin hinüber. "Wenn ich es nicht besser wüsste", murmelt sie, "würde ich sagen, er benimmt sich wie ein Kind!" Kapitel 4: Kinderkram! ---------------------- "Ein was, bitte?", Inu Yasha klappen beinah die Augen raus, als er eine kleine Weile später im Kreis seiner Freunde sitzt und Mirokus Ausführungen lauscht. "Ein Kleinkind!", wiederholt der Mönch gelassen, "Sango hat recht. Er benimmt sich tatsächlich wie eines." Inu Yasha starrt ihn mit großen Augen an. Seine Lippen sind aufeinandergepresst. Miroku redet jedoch schon weiter: "Offenbar hat ihn der Schlag auf den Kopf in ein Kind zurückverwandelt, was in der Tat recht seltsam ist. Ich hab zwar schon davon gehört das Leute nach einem Schlag auf den Kopf ihr Gedächtnis verlieren, aber so was..." Neben ihm sitzt Inu Yasha stocksteif da und gibt keinen Piep von sich. "Aber er ist doch ein Dämon, vielleicht ist das bei ihm anders", vermutet Kagome. "Das kann ich mir nicht vorstellen", gibt Sango zu bedenken, "Als Dämon müsste er eigentlich viel zäher sein als Menschen, was Verletzungen angeht. Aber schau ihn dir doch an!" Die kleine Gruppe späht verstohlen zu Sesshomaru hinüber der dort noch immer mit einem dicken Verband um den Kopf sitzt mit einem begeisterten Strahlen seine Pflaster mit Rins vergleicht. Daneben steht Jaken mit herunterhängender Kinnlade und verzweifeltem Blick und versucht dann seinen Herren durch eifriges Geplapper zur Vernunft zu bringen. Doch er wird völlig ignoriert. "Ich verstehe was du meinst", nickt Kagome, "Ich hätte nicht gedacht, dass ich ihn jemals so sehen würde." Neben ihr sitzt noch immer Inu Yasha stocksteif mit hochrotem Kopf und gibt keinen Mucks von sich. "Vielleicht durchlebt ja Sesshomaru nun die Kindheitsphase noch einmal, die ihm damals verwehrt geblieben ist als er in dem Alter war", stellt nun Miroku die Vermutung an. "Auweia!", meint Shippo, "Ihr meint, Sesshomaru benimmt sich nun wie ein Kind weil er als Kind keins gewesen ist? Das ist ja ganz schön durcheinander." "Tja Shippo", meint Miroku, "Offenbar hattest du es da besser. Du hast vielleicht auch schon einiges hinter dir, aber du durftest dich wenigstens wie ein Kind verhalten." Groß schaut Shippo ihn an: "Und du meinst Sesshomaru durfte das nicht?" "Schwer zu sagen", gibt nun Sango zu bedenken, "Aber ich kann mir gut vorstellen, dass man ihm schon als kleines Kind, jeglichen Sinn für Spiel und Spaß ausgetrieben hat." "Stimmt, sonst wäre er bestimmt nicht so ein Griesgram!", stimmt Shippo zu. Kagome macht ein nachdenkliches Gesicht: "Dafür sieht er jetzt aber ziemlich fröhlich aus, findet ihr nicht?" "Wie schon gesagt", meint Miroku, "Offenbar holt er das Ganze jetzt auf einmal nach, weil er wohl vergessen hat wer er ist und was ihm eingebläut wurde." "Gut möglich!", nickt Kagome, "Was meinst du dazu, Inu Yasha?" Sie wendet sich an den Halbdämon neben ihr. Doch Inu Yasha sitzt noch immer stocksteif da, aber sein Gesicht hat nun eine purpurne Farbe angenommen und er gibt leicht grunzende Geräusche von sich. Mit großen Augen starrt Kagome ihn an: "Ist irgendwas, Inu Yasha? Hast du irgendwie Blähungen oder so was?" Mit einem Mal kann Inu Yasha nicht länger an sich halten. Mit einem lauten Prusten entfährt ihm die in ihm angestaute Luft und mit einem schallenden Gelächter klappt er hilflos zuckend in sich zusammen, während er sich krampfhaft den Bauch hält. "Ein Baby!!! Whahahahaaaaa!!!!", quietscht er. Mehr ist nicht aus ihm rauszubringen, weil der Hanyou sich schier ausschütten will vor Lachen. Völlig entgeistert über seinen Ausbruch schauen ihn seine Freunde an, während er sich nur vor hilflosen Lachkrämpfen den Bauch hält und sich einfach nicht mehr einkriegt. Ziemlich irritiert beobachten ihn die anderen. "Sag mal, kommst du dir nicht grade selbst ein bisschen blöd vor?", meint Kagome mit einem äußerst skeptischen Blick auf ihren Freund, doch der bekommt das nicht einmal mit. "Es bleibt immer noch die Frage was wir jetzt mit ihm anstellen sollen", versucht Sango das Gespräch wieder in eine halbwegs vernünftige Richtung zu lenken. "Du hast recht", stimmt Miroku ihr zu, "Können wir die drei einfach so hier zurücklassen? Sesshomaru mag sich jetzt vielleicht wie ein Kind benehmen, aber das macht ihn letztendlich nicht weniger gefährlich. Es macht ihn wohlmöglich sogar noch gefährlicher." "Wie meinst du das, Miroku?", fragt Sango zurück. "Na ja, im Allgemeinen sind Kinder doch recht launisch. Stell dir doch nur mal vor, was er in seinem jetzigen Zustand alles anstellen könnte wenn es ihm vielleicht gerade in den Sinn kommt. Normalerweise verfolgt Sesshomaru doch sehr gradlinig seine Ziele. Dadurch bleibt seine Umwelt noch recht verschont von ihm. Aber wenn er jetzt auf die Idee kommen würde, seine Kräfte an irgendwelchen unschuldigen Dorfbewohnern auszuprobieren, könnte das böse ausgehen." "Aber im Moment sieht er doch gar nicht so gefährlich aus", wendet Shippo ein, "Ich glaube nicht, dass er irgendwem was tun würde." "Wir dürfen trotzdem kein Risiko eingehen", meint Miroku ernst. "Außerdem", meldet sich nun Kagome zu Wort, "ist es unsere Schuld, dass er jetzt so ist. Das heißt wir sind für ihn verantwortlich. Also müssen wir einfach solange auf ihn aufpassen, damit er keinen Unsinn anstellt." Neben ihr setzt sich nun Inu Yasha ruckartig auf. Seine Lachsalven sind inzwischen verebbt. "Du meinst, wir sollen den Babysitter für meinen durchgeknallten Bruder spielen?" "Was dagegen?", kommt es von Kagome schmal zurück. Inu Yasha überlegt kurz. Dann grinst er. "Nee, ich glaube ich werde viel Spaß dabei haben!" "Also, das Ding ist eindeutig hinüber!", stellt Inu Yasha zweifelsfrei fest. Er und seine Freunde stehen um die traurigen Überreste des Fahrrads herum und begutachten den Schaden. Kagome seufzt. "Wirklich ein Jammer! Wie soll ich denn jetzt meinen Rucksack transportieren?" Vier schiefe Blicke gehen zu Inu Yasha hinüber. Zunächst schaut der Halbdämon nur ziemlich verdutzt drein, doch dann verdreht er die Augen. "Ist ja gut, ich schlepp dir das blöde Ding ja!" Kagome lächelt. "Tröste dich, dafür geb ich euch auch was von meinen Schokoriegeln ab. Ich glaube die können wir jetzt gut gebrauchen." Mit erwartungsvollen Gesichtern beobachten die anderen wie Kagome in ihrem Rücksack kramt. Dabei stellt sie fest, dass wohl tatsächlich die meisten Sachen heilgeblieben sind. Schließlich fördert sie eine ganze Hand voll Riegel zutage und verteilt sie großzügig an die Umstehenden, die sich auch sogleich darüber hermachen. Während die anderen genüsslich ihre Schokolade in sich hineinfuttern, geht Kagomes Blick hinüber zu den anderen Dreien, die noch immer an Sesshomarus Lager sitzen und neugierig zu ihnen hinüberschauen. Kagomes Blick wird mild. Dann steht sie auf und geht zu ihnen hinüber. "Wollt ihr auch welche?", fragt sie und steckt den dreien die Riegel hin. "Pöh, behalte deinen Dreck, Menschenweib!", patzt Jaken und dreht sich entschieden weg. Rin ist da weit weniger zurückhaltend und nimmt sogleich mit einem Lächeln einen der in buntes Plastik eingewickelten Schokostreifen entgegen. "Kann man das essen?", fragt sie. Kagome nickt: "Probier mal!" Sie zeigt ihr wie er geöffnet wird. Neugierig beißt Rin hinein und sofort hellt sich ihre Miene auf. "Das schmeckt lecker!", schwärmt sie. "Ich will auch einen!", vernimmt man auf einmal Sesshomarus leicht quengelnde Bemerkung. Im ersten Moment ist Kagome doch wieder etwas irritiert, doch dann reicht sie auch dem großen Youkai einen Schokoriegel. Mit leuchtenden Augen nimmt er ihn entgegen, dann beißt er herzhaft hinein. Doch im gleichen Moment hält er verdutzt inne und spuckt einen kleinen Plastikfetzen wieder aus. Verwirrt betrachtet er das bunte Stück Plastik vor ihm auf dem Boden. "Was ist das denn für eine komische Schale? Die kann man wohl nicht mitessen." Kagome schmunzelt. "Nee, kann man nicht. Das ist die Verpackung, die muss man vorher abmachen!" Ein wenig verwundert schaut Sesshomaru sie an. Dann geht sein Blick zurück zu dem Schokoriegel den er noch immer mit seiner Faust umschlossen hält. Er sieht ein wenig hilflos aus. Schließlich fragt er: "Wie?" "Na, ganz einfach", erklärt Kagome und demonstriert es kurz an einem weiteren Riegel, "Du fasst es hier oben an und dann ziehst du es einfach auseinander und dann...", hier stockt sie für einen Moment und nach einem weiteren Blick auf den Youkai vor sich, und insbesondere auf den leeren linken Ärmel an seiner Seite, geht ihr die winzige Problematik ihrer kleinen Erklärung auf. "Oh... Ich verstehe!", meint sie, "Warte, ich mach ihn dir auf!" Dankbar schaut Sesshomaru sie an. "Danke schön!", sagt er artig und dann beißt er endlich genüsslich von der Schokolade ab. Mit großen Augen scheint er sehr konzentriert damit beschäftigt zu sein, den Geschmack dieser unbekannten Süßigkeit so intensiv wie nur möglich zu erschmecken. Währenddessen schlendert Kagome zurück zu dem kleinen Kreis ihrer Freunde die nur mit offenen Mündern, den Schokoriegel auf halbem Weg, da sitzen und einfach nicht glauben können was sie gerade gesehen haben. Inu Yasha kann es gar nicht fassen. Nein, es ist einfach unglaublich! Da zu sitzen und zu beobachten wie sein Bruder mit sichtlichem Genuss und wachsender Begeisterung einen Schokoriegel vernascht, hätte er sich in seinen kühnsten Träumen niemals ausgemalt. Dass sein sonst so kaltherziger, skrupelloser Halbbruder so versessen auf Schokolade sein soll geht über sein Fassungsvermögen. "Das schmeckt wirklich lecker!", schwärmt Sesshomaru nun laut. Inu Yasha wendet den Blick ab. "Ich halt's nicht aus!", nuschelt er während er sich kopfschüttelnd seinen Riegel in den Mund schiebt. Seine Freunde neben ihm jedoch grinsen wie die Honigkuchenpferde und werfen sich vielsagende Blicke zu. So sitzen die beiden Gruppen eine ganze Weile kauend zwischen den Felsen und futtern Schokoriegel. Ein Gespräch will nicht so recht aufkommen, dazu sind sie viel zu sehr damit beschäftigt sich gegenseitig zu beobachten. Nur Sesshomaru scheint sich darum in keinster Weise zu kümmern. Nachdem er den Riegel verspeist hat und eine ganze Weile mit einem wortwörtlichen Hundeblick hinüber zu Kagome gestarrt hat, bis sie sich schließlich doch dazu entschlossen hat, ihm eine weitere Hand voll Riegel zu geben, die er dann ebenfalls genüsslich verspeiste, wobei ihm Rin tatkräftig beim Öffnen geholfen hat, sitzt der sonst so stolze Youkai-Prinz nun sichtlich zufrieden da und untersucht mit großem Interesse die Verpackung der Schokoriegel. Dass die anderen einfach nicht den Blick von ihm wenden können, fällt ihm nicht einmal auf. Während Kagome und die anderen zu überlegen beginnen was nun als nächstes geschehen soll, durchbricht plötzlich Rins Stimme die Stille in ihrer Ecke. "Mir ist langweilig!", mault die Kleine. "Jetzt reicht es aber!", explodiert Jaken nun, der die ganze Zeit über schon wie auf glühenden Kohlen gesessen hat. Was hier seinem stolzen Herren wiederfahren ist, hat bereits die Grenze zur öffentlichen Demütigung überschritten und sollte entsprechend geahndet oder zumindest angemessen beachtet werden und das Letzte was sein Herr jetzt sicher braucht, ist ein kleines, dummes Gör, dass den erniedrigenden Zustand seines Gebieters mit konsequenter Nichtbeachtung straft. "Deinetwegen sind wir jetzt überhaupt in dieser Situation, du unnutzes Kind! Nur weil du nie ernst bleiben kannst und ständig irgendwo herumturnen musst. Wenn du nicht unbedingt auf diesen Felsen hättest herumklettern müssen, wärst du auch nicht in der Spalte stecken geblieben und Sesshomaru-sama hätte sich nicht so verletzt bei dem Versuch dich schützen zu wollen! Es ist alles deine Schuld!" Ein paar Meter entfernt gehen sämtliche Augenbrauen hoch. "So war das also!", murmelt Miroku. Inu Yasha grinst hämisch: "Wer hätte das gedacht? Offenbar ist Sesshomaru doch nicht so kaltherzig wie er immer vorgibt. Die kleine Kröte hätte bestimmt die Klappe gehalten, wenn ihr klar gewesen wäre, dass ich jetzt noch etwas über meinen Bruder weiß, was der bestimmt nicht gerne an die große Glocke hängen würde." Kagomes Miene verzieht sich: "Er sollte trotzdem nicht so mit der Kleinen reden." Die Blicke der Gruppe gehen wieder zu den drein hinüber. Rin ist den Tränen nah. Ist das wirklich ihre Schuld, dass ihr Herr jetzt so anders ist? Das hat sie nicht gewollt. Wenn sie wirklich dafür verantwortlich ist, dass der große Youkai sich so verändert hat, dann muss sie doch irgendetwas tun können um das wieder gut zu machen. Aber was? Eine Träne kullert über ihre Wange. In diesem Augenblick ertönt das schmerzhafte Geräusch eines heftigen Schlages, als Sesshomarus Faust direkt auf Jakens Schädel auftrifft und ihn entschieden zu Boden knockt. Ärgerlich funkelt der hochgewachsene Youkai den grünen Gnom an, der nur noch ein schwaches "Ses...shoma..ru-sa...ma?" von sich gibt. Völlig unvermutet entlädt sich nun das Gewitter: "Sag mal bist du verrückt? Wieso meckerst du sie denn so an? Siehst du nicht, dass sie weint? Du bist so was von herzlos! Halt lieber deine Klappe, sonst fängst du dir noch eine ein!" Ungläubig starren jetzt sämtliche Augenpaare zu Sesshomaru hinüber der mit einem tödlichen Blick auf Jaken hinabblickt. Dieser ist jedoch viel zu sehr weggetreten um es überhaupt mitzukriegen, und selbst wenn, würde er sich wahrscheinlich eher darüber wundern. Wundern tun sich auch Inu Yasha und Co. Einen solchen Gefühlsausbruch sind sie von dem Dämonenprinzen gar nicht gewohnt. Und noch jemand zeigt sich äußerst überrascht über dieses Verhalten. Rin starrt ihren Herren nur aus weitaufgerissenen Augen an. Ihre Tränen sind versiegt, zu sehr irritiert sie das Verhalten ihres sonst so wortkargen Meisters. So wütend hat sie ihn noch nie erlebt und sie weiß nicht so recht was sie davon halten soll. Doch noch viel größer ist ihre Verwunderung als sich Sesshomaru nun plötzlich zu ihr umdreht und mit besorgtem Blick anschaut. "Nicht weinen!", versucht er sie zu trösten und dabei tätschelt er ihr ein wenig unbeholfen die Schulter, "Der blöde Frosch sagt keinen Ton mehr. Du musst nicht mehr weinen!" Rin schnieft noch ein wenig, aber dann versiegen tatsächlich ihre Tränen. Stattdessen schenkt sie ihm ein schüchternes Lächeln und Sesshomaru sieht irgendwie ziemlich erleichtert aus, als er es bemerkt. "Lass uns doch irgendwas Schönes machen!", setzt er nun nach. Rins Miene hellt sich sofort auf: "Au ja! Lass uns doch was spielen!" Sesshomaru kratzt sich nachdenklich am Kopf: "Was kann man denn so spielen?" "Wie wäre es mit Ich-seh-etwas-was-du-nicht-siehst?", schlägt Rin begeistert vor. "Und wie spielt man das?", will Sesshomaru wissen. "Ganz einfach!", erklärt Rin, "Ich seh etwas was du nicht siehst!" Sie guckt sich eifrig um und dann schaut sie Sesshomaru mit einem verschwörerischen Blick an. Doch der schaut nur ein wenig irritiert drein und sagt kein Wort. Nach einer kurzen Weile meint Rin bedeutsam: "Du musst jetzt fragen: Welche Farbe?" Sesshomaru legt den Kopf schief, dann scheint es ihm zu dämmern. "Ähm... Welche Farbe?" "Grau!", strahlt Rin. Sesshomaru behält sie genau im Auge, sagt aber keinen Ton. "Du musst jetzt raten was ich meine!", erklärt Rin schließlich geduldig. "Oh, ach so!", nun scheint der Youkai den Sinn erfasst zu haben. Er schaut sich suchend um. Schließlich meint er: "Ein Stein?" "Richtig!", lobt Rin anerkennend. "Jetzt bist du dran!" Sesshomaru lächelt. Eifrig guckt er sich nun um. "Ok... Ich seh etwas was du nicht siehst!" "Welche Farbe?" "Grau!" Konzentriert schaut Rin sich um, dann meint sie: "Die Felsen hier?" "Ja, stimmt!", gibt Sesshomaru beeindruckt zu. In diesem Moment hört man aus ein paar Schritt Entfernung ein vernehmliches "Pah!" Die beiden sehen sich um. Inu Yasha sieht spöttisch zu ihnen hinüber: "So ein Blödsinn! Ihr ratet ja immer wieder dasselbe. Das ist doch total öde!" Doch Kagome knufft ihn in die Seite: "Lass sie doch! So sind sie wenigstens beschäftigt. Verdirb ihnen doch nicht den Spaß!" "Hey, wie kann ich ihnen den Spaß verderben, wenn das Spiel das sie spielen eh total langweilig ist?", meckert Inu Yasha. "Aber offenbar haben sie trotzdem Spaß daran, also lass sie in Ruhe!" "Früher oder später gehen ihnen die Farben aus und dann? Babysitten von mir aus, aber ich werde bestimmt nicht den Unterhalter für meinen Bruder spielen!", ereifert sich Inu Yasha. "Hat das irgendwer von dir verlangt?", hält Kagome energisch dagegen. "Was nicht ist kann ja noch werden! Bei dir weiß man ja schließlich nie was dir als nächstes einfällt." Herausfordernd schaut Kagome ihn an: "Soll das heißen ich bin launisch?" "Das wäre wahrscheinlich noch untertrieben!", gibt Inu Yasha trotzig zurück. "Du musst grade reden von wegen launisch!", funkelt Kagome, "Ich kenne bestimmt niemanden, der so sprunghaft ist wie du!" "Ach ja? Wahrscheinlich siehst du dich selbst vor lauter Bäumen nicht!" "Das heißt Wald!" "Was?" "Wald!" "Musst du immer das letzte Wort haben?" "Nein!" Ein paar Schritte weiter verfolgen Rin und Sesshomaru leicht verwirrt das Streitgespräch der beiden. Sie verstehen zwar nicht worum es geht aber in einem Punkt müssen sie den beiden zustimmen. "Hier gibt es tatsächlich wenig Farben", meint Rin betrübt. Sesshomaru schaut sich um: "Stimmt!" Er überlegt kurz, dann hellt sich seine Miene auf: "Dann müssen wir einfach dahin gehen wo mehr Farben sind, ganz einfach!" "Oh ja!", strahlt Rin. "Na, dann los!" Schon springt Sesshomaru auf. Seine Kopfschmerzen sind offenbar wie weggeblasen. Eifrig winkt er Rin. "Worauf warten wir noch?" Und dann dauert es keine fünf Sekunden und er ist auch schon hinter der nächsten Felsenecke verschwunden. "...Und ob das ein letztes Wort war!" "Willst du mein letztes Wort hören?" "Pah, welches soll das schon groß sein? ... Nein, halt, warte... du meinst doch nicht etwa das Wort? Nein... Kagome, sag es nicht!" "S...." "Sesshomaru-sama, warte auf mich!" Augenblicklich halten Kagome und Inu Yasha inne. Ihre Blicke gehen hinüber zu Rin, die nun alleine auf ihrem Platz sitzt. Von Sesshomaru keine Spur. Die Gesichter der beiden nehmen eine besorgte und eine erleichterte Miene an. Inu Yasha ist erleichtert, weil er gerade noch mal davon gekommen ist, weil nämlich Kagome darüber besorgt ist, dass ihr ungewöhnlicher Patient so mir nichts dir nichts spurlos von der Bildfläche verschwunden ist. "Wo ist er denn hin?", wundert Kagome sich. "Kann uns doch egal sein", meint Inu Yasha, "So sind wir ihn ja vielleicht los." "Aber wir wollten ihn doch im Auge behalten", entgegnet sie. Dann wendet sie sich an die anderen: "Wir müssen ihn suchen. Sango, du fliegst mit Kirara voraus und Inu Yasha und ich suchen am Boden!" "Und was ist mit der Kleinen?", fragt Sango zurück mit einem Nicken in Rins Richtung. "Wir müssen sie mitnehmen", beschließt Kagome, "Wer weiß wie lange das dauert. Wir können sie nicht alleine hier lassen." Sofort verwandelt Kirara sich in ihre Katzendämonengestalt und nachdem Sango dem kleinen Mädchen hinaufgeholfen hat und Miroku und Shippo ebenfalls auf ihrem kräftigen Rücken Platz genommen hat, steigen sie auch schon hinauf in die Lüfte. Kagome und Inu Yasha sind schon längst nicht mehr zu sehen. Kapitel 5: Mein Bruder!!! ------------------------- Mit großen Augen schaut Sesshomaru sich um. Er hat den kleinen Gebirgszug hinter sich gelassen und hat nun eine große Lichtung in einem Wald am Hang ausfindig gemacht. Durch die Baumwipfel fällt wie durch Schlüssellöcher die Sonne und malt hellere und dunklere Grüntöne auf den Waldboden und die umliegenden Büsche. Er zieht die Luft ein. Seine empfindliche Nase trägt ihm allerlei interessante Gerüche zu. Es gibt hier ja so viel zu sehen und er weiß ja gar nicht wohin er zuerst schauen soll. Wenn er einen Ort mit mehr Farben gesucht hat, dann hat er hier einen gefunden. Das wird Rin bestimmt gefallen, denkt er bei sich. Er hat zwar nicht wirklich eine Ahnung wer die Kleine ist, aber er kann sie gut leiden. Sie war immerhin die ganze Zeit über so nett zu ihm. Sie hat ihm sogar bei diesen braunen Naschsachen geholfen und ihm dieses tolle Spiel beigebracht. Aber dieses Mädchen, das ihm den Verband gemacht hat ist auch nett, und die anderen auch. Nur dieser Junge mit dem roten Anzug scheint ihn nicht besonders leiden zu können. Er fragt sich woran das wohl liegen könnte. Wenn ihm doch nur einfallen würde, wer diese Leute alle sind. Mit einem kleinen Aufseufzen lässt sich Sesshomaru ins Gras plumpsen und schiebt seine Hand unter seinen Kopf während er zum Himmel blickt. Der Geruch der Waldblumen steigt ihm in die Nase, er schließt für einen Moment die Augen. Es ist doch zum verrückt werden! Diese Leute kommen ihm wirklich kein bisschen bekannt vor, aber sie scheinen immerhin ihn zu kennen. Der Typ in den roten Klamotten zankt zwar immer wieder mit ihm, aber bestimmt meint er es nicht so. Wenn sie beide sich vorher nicht verstanden hätten, wären die alle doch nicht so freundlich. Diese Schlussfolgerung stellt den weißhaarigen Youkai erst mal zufrieden. Genug gegrübelt! Ist doch egal wer die Leute sind, so wie es aussieht sind es wohl Freunde und das heißt man kann mit ihnen noch eine Menge Spaß haben. In diesem Augenblick spürt Sesshomaru plötzlich ein leichtes Kribbeln auf seiner Nasenspitze. Neugierig öffnen sich seine Augen, ansonsten rührt er keinen Muskel. Behutsam schielt er auf seine Nase. Dort auf seiner Nasenspitze sitzt ein orange-gelber Falter und breitet in der warmen Sonne sorglos seine Flügel aus. Sesshomaru bekommt große Augen. Er wagt nicht sich zu bewegen aus Furcht, das kleine Wesen könnte erschreckt davon flattern. Die winzigen Füße trippeln leicht über seine Haut und kitzeln ihn. Plötzlich spürt er wie sich etwas in ihm anbahnt, ohne dass er es verhindern kann. Und nur ein paar Sekunden später entfährt ihm ein heftiger Nieser. Auf diese Weise in seinem Sonnenbad aufgeschreckt, fliegt der Schmetterling sogleich davon und seine flatterigen Bewegungen ziehen ihre Bahn quer über die Wiese. Sofort ist Sesshomaru auf den Beinen. Diesen kleinen Ruhestörer wird er nicht so einfach entkommen lassen! Begeistert verfolgt er das kleine Insekt kreuz und quer über die Wiese und immer nur wenige Sekundenbruchteile ehe er es zu fassen bekommt entwischt es ihm auch schon wieder. Doch davon lässt der Youkai sich kein bisschen abschrecken. Mit munteren Sprüngen und verwegenem Grinsen spiel er weiter Hasch-mich mit dem Schmetterling und es fehlt wahrlich nicht viel und er würde tatsächlich noch Purzelbäume schlagen bei dem Versuch den kleinen Flattermann zu erwischen. Wieder lässt sich der kleine Falter ein Stück entfernt auf einer Blume nieder. Diesmal bleibt Sesshomaru geduckt und in dieser geduckten Haltung schiebt er sich mit größter Vorsicht auf den nichtsahnenden Schmetterling zu. Mit klopfendem Herzen vor Aufregung, die aufmerksamen Augen unverwandt auf sein Ziel gerichtet, schleicht Sesshomaru näher. Schließlich trennen ihn nur noch wenige Zentimeter von seinem Opfer. Der Schmetterling pumpt sich im Sonnenschein auf und lässt dabei seine leuchtenden Flügel gemächlich auf und zu klappen. Hinter ihm ragt nun der hochgewachsene Dämonenprinz auf und betrachtet das kleine Wesen mit großen Augen und fasziniertem Blick, während er in der Hocke auf seinen Füßen balanciert und sich mit der einen Hand vorne abstützt. "Uii, schön!", entfährt es Sesshomaru mit einem leichten Hauchen, als der Schmetterling seine Flügel wieder ausbreitet und just in diesem Moment ein Sonnenstrahl auf ihn fällt, der seine Flügel damit in allen Farben schillern lässt. Dann nur einen Augenblick später flattert der Falter wieder auf, jedoch nur um sich gleich darauf auf Sesshomarus Ponyfransen niederzulassen. Überrascht setzt sich der Youkai auf und will mit der Hand nach dem kleinen Wesen fassen, doch der Schwung ist ein wenig zu heftig und ehe er sich's versieht verliert er das Gleichgewicht und plumpst nach hinten über ins Gras. Im selben Augenblick ist auf einmal hinter ihm ein schallendes Lachen zu hören. Verdutzt guckt der Youkaiprinz aus dem Gras hoch. Dort am Rand der Wiese entdeckt er nun zwei bekannte Gesichter. Es sind eine leicht verblüfft dreinschauende Kagome und ein quietschender Inu Yasha, der sich die Arme um den Leib geschlungen hat und sich nun unter hilflosem Gelächter auf dem Boden wälzt. So sehr muss er lachen, dass er fast keine Luft mehr bekommt und zwischendurch immer wieder vergeblich versucht, nach Atem zu japsen. Doch es gelingt ihm nicht wirklich. Eben noch haben er und Kagome die kleine Lichtung erreicht und auch sogleich den verschwundenen Youkai ausfindig gemacht, als sie zu ihrem grenzenlosen Erstaunen beobachten durften wie sein sonst so stolzer und gefühlskalter Bruder begeistert wie ein kleines Kind über die Wiese getollt ist, immer auf der Jagd nach diesem Schmetterling. Nachdem Inu Yasha die erste Fassungslosigkeit abschütteln konnte, verfolgte er dieses absolut einmalige und denkwürdige Ereignis mit wachsendem Vergnügen und der unvermeidlichen Gewissheit, dass er es nicht mehr lange würde verhindern können, dass sich ein haltloses Gelächter über diese Situation seinen Weg bahnen würde. So saß er zusammen mit Kagome hinter einem Busch am Rand und grinste praktisch im Kreis bei dem Anblick den sein Bruder bot. Doch als dieser sich schließlich durch den ungeschickten Wisch mit seiner Hand selbst von den Beinen holte, war es um seine Fassung geschehen. Wiehernd und von zügellosen Lachkrämpfen geschüttelt, rollt Inu Yasha sich nun über den Boden und lacht seinen Bruder aus. Tränen stehen ihm in den Augen und alles was er noch zustandebringt, ist hin und wieder auf seinen Bruder zu zeigen um dann sogleich wieder von weiteren Lachsalven geschüttelt zu werden. Neben ihm steht Kagome wie bestellt und nicht abgeholt. Ihr Blick geht immer wieder zwischen Inu Yasha und Sesshomaru hin und her und irgendwie hat sie das Gefühl, im falschen Film zu sein. Doch Sesshomaru ist ebenso überrascht. Noch immer liegt er auf dem Rücken, die Beine leicht über sich angewinkelt, und schaut zu den beiden rüber. Da sind seine neuen Spielgefährten ja wieder! Er hat sie gar nicht kommen gehört. Aber warum lacht der Junge mit der roten Kleidung,... wie heißt er doch gleich noch, ach ja, Inu Yasha... warum lacht Inu Yasha denn bloß so? Und sollte er nicht besser zwischendurch mal Luft holen? Er läuft ja schon purpurrot an! Sesshomaru dreht noch im Liegen den Kopf so, dass er Inu Yasha auf gleicher Ebene betrachten kann. Doch das hätte er besser gelassen, denn just in dem Moment schaut Inu Yasha wieder zu ihm hinüber und der Anblick, den sein Bruder in seiner momentanen Körperhaltung bietet, auf dem Boden liegend, die Beine angezogen und den Kopf schief mit einem verdutzen Gesichtsausdruck, sieht dermaßen drollig aus, dass Inu Yasha auf der Stelle von einem neuen Lachkrampf geschüttelt wird. Glucksend, quiekend und grölend strampelt er hilflos mit den Beinen und kriegt sich einfach nicht mehr ein. Kagome kann nur daneben stehen und verdattert blinzeln. Unglaublich! "Ich kann nicht mehr!", jappst Inu Yasha zwischen zwei Lachsalven, "Ich steeerbe! Jetzt kann ich zufrieden sterben!" Dann prustet er wieder los. In diesem Moment erreichen Miroku und die anderen den Ort des Geschehens. Sango steigt von Kiraras Rücken und verwundert schaut sie zu Inu Yasha hinüber. "Was ist denn mit dem los?" Kagome fasst sich leicht an die Stirn; sie sieht nicht gerade glücklich aus: "Frag besser nicht!" Sangos Blick geht hinüber zu Sesshomaru der noch immer auf der Wiese liegt und verdutzt dreinschaut. Dann hebt sie eine Braue und denkt sich ihren Teil. Doch in diesem Moment hat Sesshomaru Rin auf Kiraras Rücken entdeckt und sofort hellt sich seine Miene auf. Sofort ist er wieder auf den Beinen. "Rin!", ruft er fröhlich, "Schau, hier sind jede Menge Farben! Wir können weiterspielen!" Schon läuft er zu ihr hin. Lächelnd schaut sie ihm entgegen. Noch nie hat sie ihren Herrn so fröhlich erlebt. Es irritiert sie zwar noch ein wenig, aber ihren Gefühlen zu ihm tut es keinen Abtrag. Im Gegenteil, wenn irgend möglich, kann sie ihn so nur noch mehr leiden. Schon ist er bei ihr und ergreift ihre Hand. Übermütig zieht er sie von Kiraras Rücken. Verbissen versucht das Mädchen dabei den Schmerz zu unterdrücken der ihren Knöchel durchzuckt als sie so unvermittelt wieder auf dem Boden auftritt. Aber ihr Herr ist gerade so begeistert, da wird sie sich ihre Verletzung nicht weiter anmerken lassen. Unvermittelt lässt Sesshomaru ihre Hand los. "Also schön!", trällert er, "Ich seh etwas was du nicht siehst!" "Welche Farbe?", fragt Rin mitgerissen von seinem Enthusiasmus. "Orange!", kommt es zurück. "Die Blume da!" "Nein!" "Die dort?" "Nein!" "Der Stein!" "Neeeiiin!" "Mein Kleid?" "Nee!" "Hmmm, der Schmetterling?" "Stimmt!", Sesshomaru jubelt, "Der ist hübsch, nicht wahr? Ok, jetzt bist du dran!" Rin strahlt über das ganze Gesicht: "Ich seh etwas was du nicht siehst!" "Welche Farbe?" "Rot!" Kagome und die anderen beobachten das Treiben der beiden. Irgendwie können sie sich noch immer nicht recht mit dem Gedanken anfreunden, dass Inu Yashas Bruder Sesshomaru, der sie sonst bei jeder sich bietenden Gelegenheit angegriffen hat, nun hier vor ihren Augen mit einem kleinen Mädchen voller Begeisterung ein Ratespielchen spielt. "Ich glaub an den Anblick werd ich mich nie gewöhnen", meint Sango nachdenklich, während sie beobachtet wie Sesshomaru mit Rin über die Wiese springt. "Immer noch besser als wenn er und Inu Yasha kämpfen", erwidert Kagome. "Auch wieder wahr!", und Sangos Blick geht wieder zu Sesshomaru hinüber der gerade konzentriert versucht zu erraten welche "rote" Sache Rin gerade meint. Der hochgewachsene Youkai hat schon alles versucht, doch er kommt einfach nicht drauf. Keine Blumen, Schmetterlinge, Bäume, Steine... was könnte es bloß sein? Da plötzlich kommt ihm eine Idee. Aufgeregt springt er auf den noch immer glucksenden Halbdämon zu und ehe der sich's versieht hat er ihn am Fuß gepackt und hebt ihn freudestrahlend in die Höhe. "Ich hab's! Es ist Inu Yasha!" Dabei schüttelt er seinen Bruder ein wenig durch, schließlich fehlt ihm der zweite Arm um auf sein knallrotes Gewand zu zeigen. "Richtig!", Rin strahlt. Zunächst ist der Hanyou so überrascht, dass er sich am eigenen Lachen verschluckt. Gerade noch, schmerzte ihm der ganze Körper vor Lachen und nun baumelt er gut dreißig Zentimeter über dem Boden, während sein großer Bruder ihn am Fuß festhält und wie einen Wimpel hin und herschlenkert. Das Lachen verstummt augenblicklich. "Sag mal, spinnst du? Du hast sie ja wohl nicht mehr alle! Lass mich auf der Stelle wieder runter! Ich bin doch keine Papierlaterne!", keift Inu Yasha ärgerlich zu seinem Bruder hoch. Schon zückt er seine Klauen, bereit, seinem Bruder jeden Augenblick eine zu verpassen. Nun wird sich auch Sesshomaru darüber klar, was er da grad macht und eine Spur von Reue überzieht sein Gesicht. "Oh, Verzeihung!", meint er und dann lässt er seinen Bruder los. Unsanft plumpst Inu Yasha auf die Erde. Doch es dauert nur eine halbe Sekunde und er ist wieder auf den Füßen. "Na warte! Das wirst du mir büßen!", grollt er mit gefletschten Zähnen. Schon will er sich auf den Youkai stürzen, als Kagome ihn zurückhält. "Warte, Inu Yasha, lass gut sein! Er hat es doch nicht böse gemeint." "Das wäre ja auch noch schöner!", funkelt Inu Yasha und ballt die Faust. Ein vernichtender Blick trifft Sesshomaru. "Glaubst du, ich lasse mich von dir einfach so durch die Gegend wedeln? Wenn du das noch mal versuchst, zieh ich dir mit Tessaiga einen Scheitel, damit du es nur weißt!" Und wirklich sieht Sesshomaru nun ziemlich schuldbewusst aus. "Tut mir wirklich leid!", nuschelt er, "Wollt ich gar nicht." "Meinst du damit ist es wieder gut?", schimpft Inu Yasha, doch nun schreitet Kagome erneut ein: "Er hat sich doch entschuldigt. Es war ein Versehen und es wird nicht wieder vorkommen. Wir sollten es dabei belassen." Steif dreht sich nun Inu Yasha weg. Ein vernehmliches "Pah!" ist zu hören. Ein wenig ratlos beobachten Kagome und die anderen die verfahrene Situation zwischen den beiden Brüdern. Inu Yasha schmollt und Sesshomaru sieht ein wenig unglücklich aus, während er ab und zu zu Inu Yasha hinüber schielt. Schließlich beschließt Kagome die Initiative zu ergreifen. "Hört endlich auf mit dieser dummen, kleinen Streiterei und vertragt euch wieder! Und ihr wollt Brüder sein? Wirklich, ihr solltet euch schämen!" Urplötzlich schaut Sesshomaru auf: "Brüder? Inu Yasha ist mein Bruder?" "Ähm, jaaa...!", meint Kagome vorsichtig gedehnt. Doch schon im nächsten Moment hellt sich Sesshomarus Miene auf. Nur zwei schnelle Schritte und im nächsten Augenblick steht er neben Inu Yasha, schlingt seinen Arm um ihn und drückt ihn herzlich an sich, wobei er den erneut überrumpelten Halbdämon gut ein Stück vom Boden hochhebt. "Ich hab einen Bruder!", strahlt Sesshomaru, "Das konnte ich ja nicht wissen! Ich wollte schon immer einen Bruder haben... glaub ich! Es kommt mir jedenfalls so vor. Tut mir leid, aber das hab ich doch alles vergessen. Ach, ich freu mich so!", er drückt Inu Yasha so, dass dem fast die Luft wegbleibt, "Erst lerne ich so viele neue Freunde kennen und nun auch meinen Bruder. Oh, wir werden bestimmt viel Spaß zusammen haben! Du kannst mir doch bestimmt auch helfen, mich wieder zu erinnern, nicht wahr? Ich hab schließlich so viel vergessen. Aber bestimmt hilfst du mir, oder? Du bist doch schließlich mein Bruder!" "Ka... kannst du mich erst mal loslassen?", keucht Inu Yasha unter dem herzlichen, wenn auch stählernen Griff seines Bruders der ihn begeistert im Kreis herumschwenkt. Ein wenig erschrocken, lässt Sesshomaru nun doch von ihm ab und gibt ihn wieder frei. Dann läuft er rot an und schielt betreten zu Boden: "Tschuldigung!" Während er noch nach Luft schnappt schaut Inu Yasha seinen Bruder verunsichert an. Hat er grad richtig gehört? Sesshomaru kann ihn auf einmal leiden? Er betrachtet ihn plötzlich wirklich als Bruder und es freut ihn sogar? Ok, Inu Yasha weiß, dass sein Bruder sein Gedächtnis verloren hat, aber diese Worte aus seinem Munde zu hören, ist das Allerletzte was er jemals erwartet hat. Und noch viel weniger weiß er nun wie er darauf reagieren soll. Er kann doch nicht einfach so tun, als wäre nichts gewesen, denn er erinnert sich schließlich noch und zwar äußerst gut! Lieber lässt er sich von Kouga an einer Leine Gassi führen, als seinem Bruder all seine bisherigen Grausamkeiten zu verzeihen. Aber irgendwie schafft er es auch nicht ihm das jetzt ins Gesicht zu sagen, jetzt wo sein Bruder ihn mit großen, hoffnungsvollen Augen anschaut und den Eindruck vermittelt, dass für ihn die Welt untergeht, wenn sein neu gefundener Bruder nicht mindestens ebenso empfindet wie er. Und schließlich, nach einem laaangen Augenblick des Überlegens, beschließt Inu Yasha etwas zu tun, was sonst gar nicht seine Art ist, nämlich sich wie ein Erwachsener zu benehmen! Er steht wieder auf, klopft sich sein Gewand ab und meint mit einem nachsichtigen Seufzen: "Schon gut, Thema erledigt! Pass halt in Zukunft besser auf dein e Kraft auf, sonst fängst du dir wirklich noch mal eine ein!" Sesshomaru nickt eifrig. Kagome und die anderen staunen Bauklötze. Inu Yasha hat freiwillig einen Streit mit seinem Bruder beendet? Wohlgemerkt freiwillig! Von sich aus! Ohne das Eingreifen der anderen! Schon treten Miroku und Kagome an ihn heran und legen ihre eine Hand auf Inu Yashas Kopf und die andere an ihre eigene Stirn. "Also Fieber scheint er nicht zu haben!", stellt Miroku sachkundig fest. "Geht's dir auch wirklich gut?", meint Kagome besorgt. "Ja doch!", braust Inu Yasha auf, "Was soll denn die blöde Frage jetzt?" Er wischt ihre Hände beiseite und schiebt sich durch sie hindurch. "Da lass ich mich einmal nicht auf einen Kampf ein und es ist ihnen auch wieder nicht recht", grummelt er. Plötzlich taucht neben seiner Schulter Sesshomaru auf: "Inu Yasha, spielst du mit uns? Du darfst auch anfangen!" Perplex schaut der Halbdämon in das erwartungsvolle Gesicht seines Bruders. Einen Momentlang scheint er zu überlegen, doch dann verzieht sich seine Mine zu einem schadenfrohen Grinsen. "Also schön, von mir aus!", meint er hämisch, "Aber ich kenn noch ein anderes Spiel, das macht dir bestimmt auch viel Spaß." "So, was denn für eins?", will der Youkai wissen. "Ganz einfach!", meint Inu Yasha genüsslich und hebt einen kleinen Ast neben sich auf, "Siehst du diesen Stock? Ich werf ihn weg und du holst ihn wieder, ja?" Sesshomarus Augen leuchten auf. Offenbar hat das Spiel Hol `s-Stöckchen doch etwas mit Veranlagung zu tun. Wie sonst ist es zu erklären, dass der für gewöhnlich so stolze Hundeyoukai nun seinen Blick begeistert auf den Stock in Inu Yashas Hand gerichtet hält und kaum, dass dieser ihn in hohem Bogen über die Wiese geworfen hat, wie von der Sehne geschossen hinterher hechtet um ihn, man soll es nicht glauben, doch tatsächlich im Mund wieder anbringt. Und dieses Spielchen wiederholt sich noch das eine ums andere Mal, wobei es unschwer zu erkennen ist, dass alle Beteiligten es in vollen Zügen genießen. Nur Kagome und die anderen schauen dem Treiben nur mit einem entgeisterten Gesichtsausdruck zu. "Und ich dachte, er wäre endlich erwachsen geworden", seufzt Miroku. "Stimmt", meint Sango, "Er benimmt sich wirklich unglaublich kindisch!" "Aber dafür kann er doch nichts", meint Shippo, "Da ist doch der Rucksack dran schuld." "Ich meine doch Inu Yasha!", gibt Sango schief zurück. Kagome schüttelt nur ungläubig den Kopf: "Und ich hatte mir schon Sorgen um ihn gemacht..." Während Kagome innerlich mit sich übereinkommt, nachher doch mal ein ernstes Wörtchen mit dem Hanyou zu reden, sitzt die kleine Rin auf einem nahen Felsen und beobachtet mit großen Augen wie der weißhaarige Youkaiprinz ausgelassen über die Wiese tollt. Wegen ihres Knöchels fällt es ihr noch immer schwer, aufzutreten und ist deshalb ein wenig in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. So kann sie nur verwundert das Treiben vor sich verfolgen. Warum bloß benimmt sich ihr Herr heute so seltsam? Nun ja, im Grunde hat es ihr ja bisher gefallen. Sonst war er immer nur unnahbar und schweigsam und schien sie so gut wie nie zu beachten. Und wenn doch, dann nur um ihr eine Anweisung zu erteilen oder ihr aus irgendeiner misslichen Lage herauszuhelfen. Rin schlägt die Augen nieder. War nicht auch gerade das der Grund warum das Ganze überhaupt passiert ist? Wiedereinmal musste er sie beschützen und diesmal scheint er sich wirklich verletzt zu haben dabei. Wahrscheinlich hatte Jaken recht: Sie ist Schuld daran! Und nun verhält sich Sesshomaru-sama so völlig ungewöhnlich. Von seiner kühlen Erhabenheit ist nichts mehr geblieben. Stattdessen springt er dort drüben wie ein Kind über die Wiese und er lächelt sogar! Auf einmal wird Rin bewusst, dass sie ihren Herren noch nie zuvor so lächeln gesehen hat. Eigentlich hat sie ihn noch niemals lächeln gesehen. Und nun lacht er sogar. Rin kann sich nicht helfen aber irgendwie gibt dieser Anblick ihrem Herzen einen kleinen Stich. Sie kann es nicht begründen aber irgendwie spürt sie, dass dies hier nicht richtig ist. So sollte ihr Herr nicht sein. Über das Thema Würde hat das kleine Mädchen noch nie zuvor nachgedacht und auch jetzt kann sie sich nicht genau erklären, was sie an der ganzen Sache stört. Aber sie weiß, dass der hochgewachsene Youkai normalerweise viel ernster ist und, dass sie sich in seiner Gegenwart immer vollkommen sicher fühlt. Sie weiß ganz einfach, dass ihr nichts passieren kann wenn Sessomaru-sama bei ihr ist. Alle Feinde suchen lieber sofort das Weite wenn ihr Herr auftaucht, das war bisher immer so. Aber nun? Wieder schaut sie zu ihrem Herrn hinüber. Immer schon hat sie sich innerlich gewünscht, dass der stolze Youkai doch ein wenig freundlicher zu ihr sein würde, doch nun wo es soweit ist, hat sie auf einmal ein schlechtes Gewissen. Das ist nicht richtig! So sollte Sesshomaru-sama nicht sein und sie ist schuld daran. Irgendwie muss sie das wieder gut machen. Er war doch immer so gut zu ihr und hat sie immer beschützt und sich um sie gekümmert. Doch nun sieht das anders aus. Wenn Sesshomaru-sama sich wie ein Kind benimmt, kann er das nicht mehr. Rin strafft sich etwas. Nun gut, dann wird sie sich eben jetzt um ihn kümmern. Das ist doch das Mindeste was sie tun kann, um das Ganze wieder gutzumachen. Nie zuvor hat er ihre Hilfe gebraucht. Niemals konnte sie ihm irgendetwas vergelten, doch hier bietet sich endlich eine Gelegenheit dazu. Ihr Entschluss ist gefasst. Keine Sorge, Sesshomaru-sama, ich werde dich nicht enttäuschen! Kapitel 6: R/Peinlichkeiten! ---------------------------- (...oder auch: Das Kapitel für das ich geschlagen werden müsste. Ich bin böse! Ich bin ja sooo gemein zu ihm! Muharharharhar! Und wenn euch zu diesem Kapitel kein Kommi einfällt..... dann ist euch echt nicht zu helfen *gg* Nur Spaaaaß *zwinker*) Der Nachmittag schreitet weiter voran und Kagome und Co haben beschlossen erst einmal auf dieser kleinen Lichtung eine Rast einzulegen. Zum einen um sich noch einmal zu einer Krisensitzung zusammenzufinden und zum anderen weil die beiden Dämonenbrüder noch immer dort drüben auf der Wiese herumtoben und offenbar ein Ende dieser grotesken Situation nicht abzusehen ist. Offenbar verfügen die beiden über ein uneingeschränktes Potenzial an Energie. Nun ja, zumindest Sesshomaru. Seit der Youkai das Stöckchenspiel für sich entdeckt hat, kann er einfach nicht genug bekommen und Inu Yasha ist gezwungen den Stock immer weiter wegzuwerfen um seinen Bruder bei Laune zu halten. Er selbst scheint allerdings schon vor geraumer Zeit die Lust an dieser Angelegenheit verloren zu haben, denn jedes Mal wenn Sesshomaru zwischen den Bäumen verschwindet, lässt er sich brummig ins Gras plumpsen und verzieht das Gesicht. Eigentlich hat er die ganze Sache nur angefangen um seinen Bruder zu demütigen. Ihm war nur allzu bewusst, dass dafür niemals wieder eine besser Gelegenheit kommen würde und zu Anfang hat ihm das auch Spaß bereitet. Aber nun sieht es so aus, als ob Sesshomaru sich in keinster Weise an der Angelegenheit stört. Im Gegenteil, der Youkai hat sein größtes Vergnügen an diesem erniedrigenden Spiel. So war das nicht geplant. Es macht einfach keinen Spaß jemanden zu veräppeln der nicht mal merkt, dass er veräppelt wird. Seufzend verschränkt er die Arme hinter dem Kopf und schaut zum Himmel. Mit diesem Blödmann von Bruder ist aber auch wirklich nie was Vernünftiges anzufangen, nicht einmal wenn er ne Macke hat. Gerade kommt Sesshomaru wieder freudig angelaufen um den Stock bei seinem Bruder abzuliefern. Inu Yasha verdreht die Augen. "Ich hab ihn!", strahlt Sesshomaru, "Noch mal! Noch mal!" Aufgeregt hüpft er von einem Bein auf das andere. Inu Yasha dreht sich zur Seite: "Hab keine Lust mehr!", mault er. Doch damit ist er bei Sesshomaru an der falschen Adresse. "Och bitte, bitte! Biiiiitte! Nur noch einmal!", bettelt der Youkai mit treuem Hundeblick. "Schmeiß ihn dir doch selber weg!", gibt Inu Yasha patzig zurück. Sesshomarus blickt sehr enttäuscht drein. "Och bitte, Bruder, nur noch einmal! Bitte, bitte, bitte, bitte!" Inu Yasha seufzt. Die Tatsache, dass sein Bruder das Wort ,Bitte' derartig überstrapaziert, grenzt schon beinah an kompletter geistiger Umnachtung. "Nun komm schon, Inu Yasha!", ertönt plötzlich hinter ihm eine Stimme. Es ist Kagome. "Tu ihm doch endlich den Gefallen! Stell dich doch nicht so an!" Inu Yasha schlägt sich innerlich gegen die Stirn. Oh man! Womit hab ich das bloß verdient? Umständlich hievt er sich aus dem Gras hoch. Sesshomarus Augen glänzen vor Freude. Dann holt Inu Yasha aus und mit einem ärgerlichen Schnauben schleudert er den Stock mit aller Kraft über die Wipfel der Bäume davon. Im gleichen Moment macht Sesshomaru auf dem Absatz kehrt und ist nur wenige Augenblicke später zwischen den Büschen verschwunden. Schmollend dreht Inu Yasha sich zu Kagome um: "Siehst du, was hab ich gesagt? Früher oder später darf ich, dank dir, derjenige sein, der meinen bekloppten Bruder bei Laune halten muss. Du bist wirklich unheimlich berechenbar!" "Wunderbar!", meint Kagome schnippisch, "Dann sollte es dich ja nicht überrascht haben!" Grimmig funkelt Inu Yasha zu ihr rüber. Innerlich wiederholt er immer dieselben Worte: Sie regt mich auf, sie regt mich auf, sie regt mich auf, sie regt mich... Sein Blick geht zu Miroku hinüber der ihn nur mit einem leichten Grinsen anschaut, das eine unmissverständliche Botschaft ausdrückt: Du kannst nicht gewinnen! Eingeschnappt trottet Inu Yasha zu ihnen hinüber. Kagome und Miroku sind dabei eine Feuerstelle einzurichten; offenbar haben sie vor, hier über Nacht zu bleiben. Sango hat sich auf die Suche nach Feuerholz gemacht und Shippo guckt den anderen beiden neugierig dabei zu, währenddessen Rin sich neben Kirara gesetzt hat und die kleine Katzendämonin, nach allen Regeln der Kunst, zu kraulen begonnen hat. Kiraras Schnurren brummt behaglich über die kleine Lichtung. "So, Schluss! Aus! Ende!", meint Inu Yasha patzig und lässt sich neben die kleine Gruppe ins Gras plumpsen, "Ich werde keinen einzigen Stock mehr wegwerfen! Dieser Spinner muss halt sehen wie er mit sich selber weiterspielt." Gerade taucht Sango wieder zwischen den Bäumen auf, auf dem Arm ein Bündel Holz. "Na, ich weiß nicht ob ihm das so gefallen würde", meint sie und legt das Bündel ab. "Mir doch egal was ihm gefällt oder nicht!", gibt Inu Yasha zurück, "Ich bin doch nicht sein Spielzeug!" "Das vielleicht nicht, aber du bist sein Bruder!", erwidert Miroku während er ein wenig Holz aufschichtet. "Pah, seid wann?", bemerkt Inu Yasha schmollend, "Der hat doch nur deshalb diesen Verwandtschaftstick weil er Kagomes dummen Rucksack auf den Schädel bekomme hat. Ansonsten würde ihm doch nicht im Traum einfallen, irgendwelche blödsinnigen Spielchen zu spielen. Stattdessen würde er nicht eher Ruhe geben bis er uns alle erledigt hat. Er ist ein kaltherziger Mistkerl, vergesst das nicht! Er würde jeden von euch ohne mit der Wimper zu zucken umbringen. Er hat keine Skrupel und er hasst Menschen! Und mich kann er schon gar nicht ausstehen. Wenn er normal wäre..., würde er ohne Zweifel versuchen mich ein für alle Mal zu erledigen!" Inu Yasha verstummt. Kagome und die anderen schauen verwundert zu ihm hinüber. Schließlich meint Miroku: "Das hört sich an, als versuchst du dir das gerade selbst einzureden." Inu Yasha schweigt. Kagome mustert ihren Freund eingehend, dann meint sie überrascht: "Du bist dir dessen gar nicht mehr so sicher!" Inu Yasha zuckt zusammen. "Ach Quatsch! Klar bin ich mir sicher! Ich kenn den Kerl schließlich schon länger als ihr und glaub mir, der ändert sich nicht mehr. Nicht in tausend Jahren, und das meine ich wörtlich!" "Sagt mal", mischt sich nun Shippo ein, "wo steckt er denn eigentlich? Er ist doch jetzt schon recht lange weg. Ob er den Stock noch nicht gefunden hat?" "Stimmt!", meint Sango, "Jetzt wo du es sagst. Er ist tatsächlich schon ungewöhnlich lange weg." Rin schaut besorgt auf. "Ob ihm was passiert ist?", fragt Kagome nun. "Pah, so ein Unsinn!", ereifert sich Inu Yasha, "Was soll dem schon groß passiert sein? Er ist schließlich immer noch ein Youkai. Du meine Güte, jetzt übertreibst du aber echt!" Trotzdem gehen jetzt sämtliche Augen in die Richtung in der der Youkaiprinz verschwunden ist, doch nirgendwo ist eine Spur von ihm zu entdecken. "Hmm, vielleicht sollten wir ihn doch lieber suchen gehen", meint Kagome schließlich, "Nicht dass er wieder abgehauen ist wie vorhin." Sie seufzt. "Also wirklich, einen Sack Flöhe zu hüten ist bedeutend einfacher." "Pah, der taucht schon wieder auf. Dafür ist er viel zu vernarrt in dieses blöde Spiel", mosert Inu Yasha. Gerade will Kagome etwas erwidern, als am Waldrand etwas ihre Aufmerksamkeit erregt. Sie dreht sich um und entdeckt Sesshomaru der gerade gemächlich zwischen den Bäumen auftaucht. In der Hand hält er den besagten Stock, doch er scheint ihm keine nähere Beachtung zu schenken. Schnurstracks kommt er auf die kleine Gruppe zu, die ihm nur verwundert entgegenblicken. Sesshomarus Miene wirkt irgendwie verlegen und er beißt sich ein wenig unschlüssig auf den Lippen herum. Ein wenig betreten bleibt er vor ihnen stehen und schaut zu Boden, die Hand mit dem Stock hinter dem Rücken verborgen. Schließlich fasst sich Kagome ein Herz: "Ist irgendwas passiert? Was ist los mit dir?" Ein wenig druckst Sesshomaru noch herum während ihn die kleine Gruppe aufmerksam beobachtet. Doch dann rückt er doch mit der Sprache heraus. "Ich... muss mal!", meint er leise ohne die anderen anzusehen. Sprachlos gaffen sämtliche Anwesende den vor ihnen stehenden Youkaiprinzen an und machen dabei ein Gesicht als hätte man ihnen gerade gesagt, dass die Menschheit von Bananen und Apfelsinen abstammt. Kagome hat alle Mühe ihre Kinnlade wieder auf eine anatomisch korrekte Position zu befördern. "Das... ist jetzt nicht dein Ernst, oder?", fragt sie verdattert. Doch der hochgewachsene Youkai nickt nur verzagt mit dem Kopf. Unwillkürlich fasst sich Kagome an die Stirn. Gewaltsam versucht sie das letzte bisschen Logik zusammenzusuchen um zumindest einigermaßen angemessen auf diese Neuigkeit zu reagieren. "Ääähm... ja... kannst du denn nicht alleine gehen?", bringt sie schließlich hervor. Doch Sesshomaru schüttelt nur verschämt den Kopf. Ein wenig hilflos macht Kagome fahrige Bewegungen mit ihren Händen und bemüht sich angestrengt ihre Fassung wiederzugewinnen. "Jaaa... alsooo... ich schätze, dann muss wohl einer mit dir mitgehen!", stellt sie schließlich resigniert fest. Sogleich dreht sie sich zu ihren Freunden um, die noch immer mit offenen Mündern und fassungsloser Miene den Youkai vor ihnen anstarren. Doch nun trifft sie Kagomes Blick und so allmählich dringen ihre Worte von eben zu ihren Gehirnen durch: "Einer muss mit ihm mitgehen!" Inu Yasha ist nicht weniger perplex als die anderen über die Worte seines Bruders. So dauert es eine kleine Weile bis er feststellt, dass plötzlich sämtliche Blicke der anderen auf ihm ruhen und ihn mit einer eindeutigen Aufforderung durchbohren. Entrüstet reißt er die Augen auf und strafft sich entschieden. "Schaut mich bloß nicht so an! Das kommt ja gar nicht in Frage! Absolut nein!" Kategorisch verschränkt er die Arme und es ist ihm unmissverständlich anzusehen, dass das sein letztes Wort ist. Ziemlich betreten schauen sich die anderen jetzt an. Zumindest diesmal können sie die Reaktion ihres Freundes voll und ganz nachvollziehen. Immerhin ist dies eine Aufgabe um die sich wahrlich keiner reißt. Aber wer soll sich denn sonst dafür opfern? Unbehagliches Schweigen ist die Folge. Auf einmal ertönt hinter ihnen eine helle Stimme: "Ich mach das! Ich geh mit ihm!" Sogleich fahren sämtliche Köpfe herum. Vor ihnen sitzt Rin und schaut sie entschlossen an. Hier bietet sich endlich eine Möglichkeit, ihren Entschluss in die Tat umzusetzen und wenn sie ihrem Herren auf diese Weise einen Dienst erweisen kann, wird sie das tun. Zwischen den anderen Anwesenden gehen jetzt bedeutsame Blicke hin und her und es ist ziemlich offensichtlich was in ihren Köpfen vorgeht. Die Vorstellung wie die kleine Rin dem großen Hundeyoukai das Pinkeln beibringt, weigert sich einfach beharrlich vor ihrem inneren Auge Gestalt anzunehmen. Hastig gibt Kagome sich einen Ruck. "Nein, nein, das brauchst du wirklich nicht zu machen", wehrt sie schnell ab, "Um so was brauchst du dich nicht kümmern. Das übernehmen wir schon." Rins Mundwinkel sinken unwillkürlich etwas herab. Ehe die Kleine noch zu einem Protest ansetzen kann, redet Kagome schon weiter: "Wenn es denn sein muss, werde ich das eben machen. So was ist ohnehin eher Frauensache." Doch kaum hat sie ausgesprochen als jemand auch schon ganz entschieden sein Veto einlegt. "Und das kommt schon gar nicht in Frage!", stellt Inu Yasha klar, "Diesen Typ lass ich keine Sekunde mit dir allein, verstanden? Schlag dir das aus dem Kopf!" Energisch funkelt er sie an, aber irgendwie stielt sich ein leichter Rotschimmer auf sein Gesicht. Ob er will oder nicht es ist nicht zu verkennen in welche Richtung seine Gedanken gerade gewandert sind. Sango seufzt. "Also gut, ich mach das! Das wäre nicht das erste Mal, dass ich so was mache. Mein Bruder war auch mal klein. Außerdem weiß ich mir notfalls schon zu helfen." Schon will sie sich erheben, doch Mirokus Hand hält sie zurück. "Nein Sango", meint der Mönch, "Ich kann nicht zulassen, dass eine Frau wie du sich in eine solch prekäre Situation bringt! Ich halte es für das Beste wenn ein Mann das übernimmt. Auf diese Weise ist es... unverfänglicher." Er erhebt sich, während die anderen ihn erstaunt ansehen. Möglicherweise hat er Recht. Nun wendet Miroku sich an den Youkai und winkt ihm, ihm zu folgen. "Also los, Sesshomaru, lass uns gehen!" Doch der schaut nur peinlich berührt zu Boden und beginnt zu erröten als er meint: "Zu spät...!" Selten zuvor haben zwei solch simple Worte einen derart entgeisterten Ausdruck auf die Gesichter der kleinen Gruppe gebannt. Keiner von ihnen bringt ein Wort heraus. "Ähm... ja... nun... das ist... ääähm... tja... also...", stammelt Kagome und gestikuliert dabei ein wenig hilflos in der Luft herum. In ihrem Verhaltensrepertoire gibt es einfach keine Variante für diese Situation. Auf einmal vernimmt sie hinter sich ein eigenartiges Zischen. Irritiert dreht sie sich um und ihre Miene wird augenblicklich finster als sie sieht wie Inu Yasha sich abgewendet hat und unter verzweifelten Anstrengungen versucht sich das Lachen zu verkneifen. Krampfhaft versucht er seine Mundwinkel unter Kontrolle zu bringen und als er Kagomes tödlichen Blick bemerkt, gelingt es ihm nur mühsam hervorzuquetschen: "Ich versuch's ja! Ehrlich!" Schließlich bricht Shippo das Schweigen: "Das kommt nur davon, dass ihr ständig so lange diskutieren müsst! Und was machen wir jetzt?" Kagome atmet einmal tief durch. Irgendwer muss schließlich jetzt einen brauchbaren Vorschlag liefern. "Also...", beginnt sie, "ich schlage vor, dass Miroku, wie angekündigt, Sesshomaru hilft sich... na ja, sauber zu machen und dann werden wird beiden seine Sachen waschen gehen", damit zeigt sie auf Sango. "Kann ich das nicht machen?", ertönt auf einmal wieder Rins Stimme. Das kleine Mädchen schaut mit großen hoffnungsvollen Augen zu Kagome hinüber, "Ich... ich möchte auch helfen!" Kagomes Blick wird mild: "Schon in Ordnung, Rin! Das machen wir schon. Mach dir keine Sorgen, wir kümmern uns gut um seine Sachen. Das ist keine Arbeit für kleine Kinder." Ein wenig bekümmert schlingt Rin ihre Arme um ihre Knie und blickt zu Boden. "Währenddessen kann Inu Yasha mal das Feuer in Gang bringen", kommandiert Kagome nun geschäftig weiter, "Irgendwie müssen wir die Sachen schließlich wieder trocken kriegen. Und dann... dann sehen wir erst mal weiter." Gesagt, getan! Miroku verschwindet mit Sesshomaru im Gebüsch und Inu Yasha macht sich brummend daran, das Feuer in Gang zu bringen wobei ihm Shippo großzügigerweise behilflich ist. Als Miroku nach einer Weile mit Sesshomaru wieder auftaucht, muss die kleine Gruppe sich erneut zusammenreißen um nicht unwillkürlich loszuprusten. Da seine beiden Beinkleider in keinem ,einwandfreien' Zustand mehr sind, hat der große Youkai notgedrungen das Oberteil seiner Kleidung als Lendeschurz zweckentfremdet und nun hängt ihm nur noch sein puscheliges Pelzteil über den ansonsten bloßen Oberkörper herunter. Nun drückt Miroku Kagome den verunreinigten Hakama in die Hand während Sesshomaru sich einfach neben der frischen Feuerstelle niederlässt. Die anderen werfen Miroku fragende Blicke zu. Sie können es einfach nicht verhindern, dass ihnen die Neugierde aus dem Gesicht springt. Doch der Mönch scheint ihre Gedanken erraten zu haben denn er schüttelt nur leicht aber entschieden den Kopf. "Macht euch keine Hoffnung! Ich werde ganz sicher kein Wort darüber verlieren!" Kagome seufzt. "Na schön! Aber da ist noch etwas anderes was du vielleicht tun könntest." Neugierig blickt er auf. "Ja, ich weiß nämlich nicht wie lange diese Klamotten zum Trocknen brauchen und ich halte es für keine gute Idee, ihn hier länger als nötig in diesem Aufzug rumlaufen zu lassen. Könntest du darum vielleicht noch mal auf Kirara zu meinem Rucksack zurückfliegen und nachsehen ob mein Föhn heilgeblieben ist. Möglicherweise bekommen wir seine Kleidung so schneller trocken. Inu Yasha kann solange ein Auge auf ihn haben." Miroku nickt. "Gut, ich werde nachsehen. Keine Sorge, ich bin bald zurück." Dann ruft er Kirara zu sich und steigt auf ihren Rücken. Nur kurz darauf ist er auch schon verschwunden. Kagome sieht ihm noch einen Augenblick hinterher. "Das ist es nicht, worüber ich mir Sorgen mache", murmelt sie schließlich und schickt sich dann an mit Sango und den eingenässten Kleidungsstücken hinunter zu dem kleinen Fluss zu gehen, der sich hier in der Nähe durch die Landschaft schlängelt. Kapitel 7: Das berühmte "Loch im Bauch" --------------------------------------- Die Flammen des kleinen Feuers züngeln munter und friedlich vor sich hin. Ab und zu ist ein leichtes Knacken des Holzes zu hören. Das ist aber auch schon das einzige Geräusch das augenblicklich auf der kleinen Lichtung zu hören ist. Mit anscheinend großer Faszination blickt Sesshomaru in die Flammen wobei er wiederum von allen anderen Anwesenden beobachtet wird. Inu Yasha hat sich ein wenig abseits vom Lager an einen kleinen Felsen gelehnt und behält seinen Bruder mit hinter dem Kopf verschränkten Armen argwöhnisch im Auge. Obwohl der Youkai sich schon die ganze Zeit über friedlich verhält, traut der Halbdämon diesem Frieden nicht. Dann plötzlich setzt Sesshomaru sich auf. "Die anderen sind jetzt schon ne ganze Weile weg", stellt er fest. "Tja", meint Inu Yasha beiläufig, "Dauert eben eine Weile das wieder hinzubekommen, was du vermurkst hast." Sesshomaru schaut zu ihm herüber: "Ich mache euch wohl viele Umstände, oder?" Ein wenig überrascht hebt Inu Yasha die Brauen, doch dann meint er nur: "Das wäre ja nicht das erste Mal." Den bitteren Unterton in der Stimme kann er sich nicht völlig verkneifen. Einen langen Augenblick sagt Sesshomaru kein Wort doch dann fragt er: "Kannst du mich deswegen nicht leiden?" Inu Yashas Augen fliegen auf und er stützt sich verblüfft auf dem Boden auf. "Was? Wie kommst du jetzt darauf? Und wieso sollte dich das überhaupt irgendwie kümmern?", setzt er bissig hinterher. Ein wenig kleinlaut erwidert Sesshomaru seinen Blick: "Na ja, du bist doch mein Bruder, oder nicht?" Inu Yasha verschränkt die Arme und dreht sich verstimmt weg. "Seit wann hat denn das was mit mögen oder nicht mögen zu tun? Dass wir Brüder sind hat dich früher auch nicht davon abgehalten, mich fertig zu machen." Schweigen legt sich über das Lager. Es dauert eine ganze Weile bis Inu Yasha mal wieder zu seinem Bruder hinüber schaut und feststellt, dass dieser ihn noch immer ziemlich verständnislos anschaut. Ach ja, erinnert er sich, das weiß er ja nicht mehr. "Wie auch immer..., wie ich schon sagte, das braucht dich nicht zu kümmern", fügt er schließlich hinzu, "Glaub mir, das hat es früher auch nicht und das hat dich nie gestört. Am besten du vergisst gleich wieder, dass wir Brüder sind. Das ist sowieso völlig egal. War sowieso nie von Bedeutung." Ein Momentlang herrscht Stille, doch dann fragt Sesshomaru: "Warum denn nicht?" Irritiert schaut Inu Yasha ihn an. Doch Sesshomaru fährt schon fort: "Ich will das nicht wieder vergessen! Ich hab doch fast alles andere vergessen." Seine Stimme klingt ein wenig zerknirscht. "Wenn ich mich zu erinnern versuche, dann ist da gar nichts. Das macht mir irgendwie Angst. Ich weiß nicht wer ich bin, oder wer die anderen alle sind. Ich weiß nicht woher wir uns kennen oder was wir früher gemacht haben", in seiner Stimme liegt ein leichter Anflug an Verzweiflung, "Ich weiß ja nicht mal ob ich noch mehr Freunde oder eine Familie habe. Da ist einfach nichts!" Unwillkürlich ergreift seine Hand ein Büschel Gras und rupft es frustriert aus. "Und jetzt habe ich endlich ein kleines Teil wieder gefunden, ich weiß wenigstens, dass ich einen Bruder habe und du sagst mir, ich soll das gleich wieder vergessen? Warum denn bloß? Warum darf ich nicht dein Bruder sein? Warum?" Mit großen Augen haben Shippo und Rin das Gespräch der beiden verfolgt. Inu Yasha starrt seinen Bruder nun sprachlos an und irgendwie weiß er nicht so recht was er jetzt sagen soll. Soll er wirklich ehrlich zu ihm sein? Nun setzt er sich doch auf: "Hör mal, früher oder später findest du dein Gedächtnis schon wieder und ich versichere dir, dann wirst du dir wieder wie gewöhnlich wünschen, niemals einen Bruder wie mich zu haben. Du bist also wirklich besser dran, wenn du dich gar nicht erst mit diesem Gedanken anfreundest. Damit tust du uns allen einen Gefallen." Mit gesenktem Kopf sitzt Sesshomaru da. Kommt es Inu Yasha nur so vor oder schluckt der Youkai schwer. Schließlich nach einem langen Moment sagt er: "Bin ich... wirklich so schrecklich? Wer bin ich eigentlich? Gibt es denn noch mehr Leute die mich nicht leiden können?" "So ziemlich alle die dich kennen, vermute ich", meint Inu Yasha schnippisch zurück. "Das stimmt nicht!", ist auf einmal Rins aufgeregter Ruf zu hören. Sie kann einfach nicht länger ihren Mund halten bei der Wendung die dieses Gespräch genommen hat. "Ich mag dich, Sesshomaru-sama!" Der Youkai schaut auf und schenkt ihr ein leichtes Lächeln doch dann wird er wieder ernst. "Aber warum können die Leute mich denn nicht leiden?", wendet er sich wieder an Inu Yasha. Dieser atmet einmal vernehmlich aus: "Weil du einfach unausstehlich bist, ...ganz egal wie du grad drauf bist", fügt er in einem leisen Nebensatz hinzu, "Du bist ein Youkai, ein Dämon! Du bist kalt und gefühllos und kümmerst dich einen Dreck um die Wünsche und das Wohlergehen von anderen. Du bist arrogant und eingebildet und du kommst dir immer sooo toll vor, nur weil du ein vollwertiger Dämon bist und ich nur... ein Halbdämon." Verstimmt wendet sich Inu Yasha ab. "Was ist ein Halbdämon?" Inu Yasha blickt auf. Mit dieser Frage hat er nun nicht gerechnet. Doch im Gesicht seines Bruders findet er nur arglose Neugierde. "Tja...", er kratzt sich am Kopf, "Das ist... Ach verflixt! Wir beide haben einfach unterschiedliche Mütter!" Nun hebt Sesshomaru erstaunt die Brauen: "Ich habe eine Mutter?" "Ja... ähm nein... also, ich weiß es nicht!", Inu Yasha kommt sich ein wenig komisch vor, "Ich habe jedenfalls nie etwas von ihr gehört." "Und deine Mutter?", fragt Sesshomaru interessiert weiter. Hier kommt Inu Yasha kurz ins Stocken. Eigentlich möchte er dieses Thema lieber nicht zur Sprache bringen. "Sie starb... vor langer Zeit!", sagt er schließlich. "Oh!", Sesshomaru senkt den Blick, "Tut mir leid!" Tut es dir nicht!, denkt sich Inu Yasha mit einem finsteren Seitenblick. Er hat noch nicht vergessen was sein Bruder damals getan hat. Mit eiskalter Berechnung hat er ihm diese seltsame Unfrau auf den Hals gehetzt die die Gestalt seiner Mutter angenommen hatte. Sie sollte ihm das Geheimnis der Grabstätte seines Vaters entlocken. Und selbst wenn dieses Wesen nur eine billige Imitation gewesen ist, das hat den Schmerz sie wiederzusehen, nicht geringer gemacht. Inu Yasha beißt die Zähne zusammen. Seine Faust verkrampft sich unwillkürlich. Doch dann atmet er einmal tief durch. "Muss dir nicht leid tun! Ist lange her", sagt er schließlich, doch sein Blick scheint für einen kurzen Moment in weite Ferne zu gehen. "Und was ist mit unserem Vater?", unterbricht Sesshomaru erneut seine Gedankengänge. Der Hanyou seufzt. "Der ist inzwischen auch schon tot", gibt er Antwort. "Wie ist er gestorben?" Inu Yasha verschränkt erneut die Hände hinter dem Kopf und lehnt sich an den Felsen. "Er hat sich wohl damals mit einem Dämonen angelegt der noch um einiges stärker war als er. Diese Auseinandersetzung hat er nicht überlebt. Aber diesen elenden Drachenwurm hab ich inzwischen gehörig in seine Schranken verwiesen." Ein zufriedenes Grinsen zieht über sein Gesicht. "Du musst ja ganz schön stark sein", stellt Sesshomaru nun anerkennend fest. Inu Yasha grinst verwegen: "Darauf kannst du dich verlassen!" "Dann bist du wohl auch stärker als Vater. War unser Vater denn sehr stark?" Inu Yasha hält kurz inne, dann meint er: "Ja, was ich so gehört habe, war er wohl ziemlich stark. Ich hab ihn nie kennen gelernt. Aber er war ein Dai-Youkai, der Fürst über die westlichen Länder und Herr über alle Hundedämonen des Westens. Jedenfalls hat man mir das erzählt." Nachdenklich blickt Inu Yasha in die Ferne. Er hätte nie gedacht, dass er mal so viel über seinen Vater sprechen würde. Zu seinem Erstaunen stellt er fest, dass er wirklich ein kleines bissen stolz darauf ist, dass sein Vater ein solch mächtiger Fürst war. Doch Sesshomarus Stimme holt ihn in die Realität zurück: "Soll das heißen, dass ich auch ein Fürst bin?" Sofort verzieht Inu Yasha das Gesicht: "Wenn es dich glücklich macht, dann glaub das ruhig!" Doch der Youkai fährt schon fort: "Aber das würde dann ja auch heißen, dass du auch ein Fürst bist, oder?" Inu Yasha schaut auf. Unwillkürlich muss er auflachen. Er ein Fürst! Das wäre ja was! Aber sein Bruder schaut ihn nur unverwandt an. Er scheint das ernst zu meinen. Inu Yasha wird wieder ernst. "Ich fürchte, so einfach ist das nicht. Dafür hab ich wohl zu viel Menschenblut in den Adern." Er spricht das Wort bewusst sarkastisch aus. Doch Sesshomaru schaut ihn nur verständnislos an. "Wieso Menschenblut? Was hat das damit zu tun?" Inu Yasha verdreht die Augen. "Meine Güte, ich bin ein Halbdämon, das sagte ich doch", ereifert er sich, "Meine Mutter war ein Mensch, nur unser Vater war ein Dämon. Bei dir waren beide Eltern Dämonen, deshalb bist du auch ein vollwertiger Dämon. Nun stell dich doch nicht so begriffsstutzig an! Und weil meine Abstammungslinie nun mal diesen kleinen Schönheitsfehler hat, sind Dämonen gar nicht gut auf mich zu sprechen. Halbblüter sind nur ein Missgriff der Natur und jeder Dämon der eines in seiner Verwandtschaft hat, muss sich in Grund und Boden schämen. Hanyous sind nämlich nur erbärmliche, minderwertige und verachtenswürdige Kreaturen!" Inu Yashas Stimme ist bitter. Nachdem er seinem Ärger auf diese Weise einmal Luft gemacht hat, bleibt ihm nichts anderes übrig als die Zähne zusammenzubeißen, die Arme zu verschränken und grimmig vor sich auf den Boden zu starren. Doch Sesshomarus empörte Stimme lässt ihn wieder aufschrecken: "Das ist ja gemein! So etwas über andere zu behaupten. Wer sagt denn bloß so was?" Mit einem eisigen Blick schaut Inu Yasha seinen Bruder an. Dann zischt er finster: "Du!" Sesshomaru zuckt ein wenig zusammen. Man kann sehen wie ihm die Gesichtszüge entgleisen. Doch die anfängliche Überraschung verwandelt sich nun immer mehr in bekümmertes Verständnis. Einen langen Moment sagt er gar nichts, dann meint er leise: "So ist das also! Kein Wunder, dass du mich nicht leiden kannst." Inu Yasha starrt wieder in die Ferne. "Pah, ich sagte dir doch, dass du dich besser nicht darum kümmern sollst. Hättest ja auf mich hören können." "Aber", versucht Sesshomaru es erneut, "wenn du mich nicht leiden kannst, warum spielst du dann mit mir und warum sind die anderen so nett zu mir?" Inu Yasha seufzt erneut. "Das frag ich mich auch schon die ganze Zeit. Hat wohlmöglich was mit Kagomes komischen Vorstellungen von Anstand zu tun. Sie meint wahrscheinlich, dass es sich für einen Youkai nicht gehört, in vollgepinkelten Hosen rumzulaufen", fügt er mit einem schiefen Grinsen hinzu. Betreten schaut Sesshomaru an sich herunter. Nein, einen erfreulichen Anblick bietet er augenblicklich wirklich nicht. Sein Gewand hat er sich notdürftig um die Hüfte geschlungen und ansonsten trägt er nur noch seinen Pelz. Seine Rüstung und seine Schwerter liegen ein Stück neben ihm im Gras. Unwillkürlich bleibt sein Blick schließlich an seiner linken Schulter hängen. Leicht streifen seine Finger über den Armstumpf an seiner Seite und seine Mine wird nachdenklich. "Wie ist das passiert?", fragt er schließlich doch. Inu Yasha blickt auf und sieht was er meint. Nun wird ihm gleich wieder ein wenig unbehaglich zumute. Einen Momentlang druckst er herum, dann meint er: "Wir hatten einen... kleinen Streit. Weißt du, die alte Leier: Du quälst und demütigst mich, ich lass mir das nicht gefallen, dann landen wir beim Grab unseres Vaters wo ich ein Schwert bekomme, dass du immer schon haben wolltest, dann versuchst du es mir wegzunehmen und um zu verhindern, dass du Kagome und mich niedermeuchelst macht Tessaiga eben mal kurz Bekanntschaft mit deinem Arm. Das Übliche eben." Ein wenig erschrocken schaut Sesshomaru ihn nun an: "Ich bin auch zu Kagome so gemein gewesen? Aber sie ist doch so nett zu mir, das kann doch gar nicht sein!" "Das sag ich mir auch schon andauernd", murmelt Inu Yasha, "Sie ist einfach viel zu gutmütig." Der weißhaarige Youkai lässt seinen Bruder nicht aus den Augen. "Du magst sie wohl sehr, oder?" Inu Yasha schreckt hoch. "Wie? Was? Wie... wie kommst du darauf?", stottert er, "Das stimmt doch gar nicht! Ich meine, ich mag sie schon... aber doch nicht so. Wir sind nur Freunde, also... na ja... Weggefährten! Da ist gar nichts zwischen uns, damit das klar ist! Immerhin ist sie manchmal ne ganz schöne Nervensäge und wahnsinnig zickig! Und immer muss sie an mir rummeckern und mich rumkommandieren. Und... ähm... ja, sie ist auch gar kein bisschen hübsch, warum sollte ich mit so einer befreundet sein... also so anders befreundet sein? Äh... also wir sind wirklich nur ganz normale Freunde und wenn du was anderes behauptest, kannst du was erleben!" Hastig wendet Inu Yasha sich ab. Er kann nicht verhindern, dass er knallrot anläuft und hofft nur, dass die anderen es nicht bemerken. Doch dann wirft er noch einen verstohlenen Blick in die Runde und muss feststellen, dass sämtliche Blicke auf ihm ruhen. Rin hat ihren Kopf auf die Hände gestützt und lächelt ihn verträumt an und Shippo grinst ungeniert über das ganze Gesicht. Doch dann geht sein Blick zu seinem Bruder und er muss feststellen, dass auch dieser ihn nun äußerst amüsiert angrinst. Doch damit nicht genug. "Inu Yasha ist ja verliiiiiebt!", trällert der Youkai vergnügt und kichert in sich hinein. "Bin ich gar nicht!", ereifert Inu Yasha sich sofort. "Bist du woooohl!", kommt es triumphierend zurück. "Das sagst du nicht noch mal!", grollt Inu Yasha zwischen zusammengebissenen Zähnen. "Und wenn doooch?", gibt der Youkai spitzbübisch zurück. "Das lässt du besser bleiben!", warnt Inu Yasha gefährlich. Doch Sesshomaru ist viel zu gut gelaunt um dieser durchaus ernstgemeinten Drohung eine weitere Bedeutung beizumessen. Stattdessen grinst er seinen Bruder nur keck an und verkündet dann selbstmörderisch: "Das erzähl ich nachher gleich Kagomeee!" "Untersteh dich bloß, duuu...!", funkelt Inu Yasha noch und dann stürzt er sich auf seinen Bruder, während Rin die darauffolgende Balgerei nur mit neugierigem Interesse verfolgt und Shippo sich im Gras daneben schier ausschütten will vor Lachen. Kapitel 8: Immer diese Klopperei! --------------------------------- (Anm. d. Aut.: Ich entschuldige mich schon mal im Voraus bei allen Inu Yasha Fans! Dieses Kapitel war eigentlich gar nicht geplant gewesen, aber es ist mit mir durchgegangen *g*. Die FF hat sich selbstständig gemacht und ist mir davongaloppiert; das ist mir noch nie passiert. Gomen nasai! Aber ich mag es einfach zu gerne wenn die beiden sich zoffen hihihi! Ich habe nur irgendwie die Befürchtung diese FF driftet allmählich ins groteske ab. Hoffentlich gefällt sie euch auch weiterhin. Ein dickes Dankeschön an alle meine treuen Leser! Viel Spaß beim Lesen!) Inzwischen haben Kagome und Sango ihr Werk fast beendet. Gerade wringen die beiden die letzten Tropfen aus den Kleidungsstücken. Kopfschüttelnd betrachtet Kagome die Stoffbahnen in ihrer Hand aus der später wieder die Unterbekleidung gewunden wird. "Hättest du dir jemals träumen lassen, dass wir mal Sesshomarus Unterwäsche waschen würden?", wendet sie sich schließlich an Sango. Die Dämonenjägerin schüttelt gerade ein letztes Mal den weißen Hakama aus. "Nein!", antwortet sie, "Hättest du dir jemals träumen lassen, dass das überhaupt mal aus diesem Grund nötig sein würde?" Kagome und Sango schauen sich an. Einen laaangen Moment sagt keine von beiden ein Wort. Doch dann verziehen sich ihre Mienen zu einem schadenfrohen Grinsen. "Neeeiiin!!!" kommt es wie aus einem Munde von den beiden und dann geben sie endlich ihrem so lange aufgestauten Bedürfnis nach und brechen in haltloses Gelächter aus, bis ihnen die Tränen in die Augen schießen. "Oh man!", wischt sich Kagome schließlich die Lachtränen aus den Augen, "Ich glaube wir sollten besser so langsam zurückgehen. Wer weiß was unseren beiden Spezialisten inzwischen sonst noch einfällt?" "Das wage ich mir lieber gar nicht vorzustellen", kichert Sango noch immer, "Vielleicht haben sie inzwischen ja ein weiteres, schönes Spiel gefunden und sind ganz einmütig damit zugange." "Schön wärs ja!", Kagome schüttelt schmunzelnd den Kopf, "Aber so wie ich die beiden kenne, sollten wir damit besser nicht rechnen. Wahrscheinlich gehen sie sich inzwischen schon wieder an die Gurgel. Den beiden ist echt nicht zu helfen!" Nun packen die Mädchen die nassen Kleidungsstücke zusammen und machen sich auf den Weg zurück zu ihrem Lager. Jedoch schon von weitem dringen verdächtige Geräusche an ihre Ohren. Kagome seufzt vernehmlich auf, als sie die Lichtung betreten und aus der Ferne das Lager erspähen. Shippo und Rin sitzen auf dem Felsbrocken neben der Feuerstelle und verfolgen mit äußerster Faszination wie die beiden Brüder sich gerade eng ineinander verschlungen auf dem Boden wälzen, wobei Inu Yasha gerade damit beschäftigt ist, Sesshomaru mit dessen Pelzstola zu erdrosseln. Dieser hingegen bemüht sich unterdessen seinen Bruder permanent auf Armlänge von sich entfernt zu halten. Der gesamte Prozess ist mit fortwährendem Gezeter und Gemecker verbunden. "Siehst du, was hab ich dir gesagt!", seufzt Kagome, "Die zwei kann man keine fünf Minuten aus den Augen lassen." Sango nickt zustimmend. Ohne die beiden raufenden jungen Männer weiter zu beachten, schreiten die beiden Frauen an ihnen vorbei und beginnen nun in aller Seelenruhe auf einer improvisierten Wäscheleine die nassen Kleidungsstücke neben dem Feuer aufzuhängen. Währenddessen geht die Keilerei neben ihnen weiter. "Na warte, ich werd dir helfen!", schimpft Inu Yasha grade. "Wenn du mir helfen willst, dann lass meinen Pelz los!", meckert Sesshomaru leicht gurgelnd zurück. "Nicht bevor du deinen Fuß aus meinem Bauch nimmst", keift es zurück. "Lass du zuerst los!" "Keine Chance, du Mistkerl!" "Aua! Nicht so fest !" "Hey, hör auf zu treten!" Kagome beißt die Zähne zusammen. Auf ihrer Stirn beginnen mehrere kleine Zornäderchen zu schwellen. Doch das Gezanke geht weiter. "Lass mich endlich los, verdammt noch mal!" "Du hältst mich doch fest!" "Zum letzten Mal: Lass los!" "Dann haust du mich bloß!" "Hast es ja auch verdient!" "Hab ich gar nicht!" "Hey, lass mein Ohr los!" "Au! Nicht so doll!" "Ich werd gleich noch viel doller ziehen, wenn du nicht endlich loslässt!" "Autsch! Das ziept!" "Selber Schuld!" "Schon gut, ich sag ihr ja nix!" "Und das soll ich dir glauben?" "Ja!" "Sicher?" "Ja... vielleicht! ...Auuu!" "Na warte!" "Lass los, sonst sag ich's wirklich!" "Das lässt du sein!" "Kagome, weißt du waaas? ...Hey... ich krieg... keine Luft!" "Halt endlich die Klappe!" Nun reicht es Kagome endgültig. Mit einem flammenden Blick macht sie auf dem Absatz kehrt und wendet sich den beiden Kampfhähnen zu. An ihrem Gesichtsausdruck gemessen müsste der Wetterdienst unverzüglich eine Orkanwarnung rausgeben. Und da geht auch schon das Gewitter hernieder: "Ihr zwei hört jetzt auf der Stelle mit diesem Blödsinn auf!!! Wenn ihr euch nicht in fünf Sekunden wieder eingekriegt habt, dann werdet ihr mich kennen lernen und ich garantiere euch, das wird euch nicht gefallen! Also auseinander und haltet die Klappeeee!!!" Völlig verstört haben Inu Yasha und Sesshomaru mitten in der Bewegung innegehalten. Inu Yashas eine Hand hält Sesshomarus Haare fest während die andere die Schlaufe um seinen Hals zuzuziehen versucht. Sesshomarus Fuß hat sich in Inu Yashas Magengrube gebohrt um ihn auf Abstand zu halten während er mit der Hand eines von Inu Yashas Ohren gepackt hat und bis eben nach besten Möglichkeiten daran gezerrt hat. Beide bedenken jetzt Kagome mit einem leicht dümmlichen Blick. "Er hat angefangen!", beeilt sich Sesshomaru rasch zu behaupten. "Stimmt gar nicht!", zetert Inu Yasha zurück, "Er ist Schuld! Du musst mir glauben, Kagome!" Kagome hat die Augen geschlossen, aber ihre Hände sind zur Faust geballt und ihre Schultern sind angespannt. "Wenn du noch ein Wort sagst, nur noch ein Wort... dann werde ich auch ein Wort sagen. Es ist besser wenn du meine Geduld nicht überstrapazierst!" Verdattert und etwas ratlos guckt Inu Yasha sie an: "Äh... aber..." Kagomes Augen fliegen auf. Hinter ihren Pupillen brodeln kleine Vulkane. "Ich hab dich gewarnt!", kommt es gefährlich, "SITZ!" Augenblicklich wird Inu Yasha zu Boden gerissen. Zum Glück für seinen Bruder lässt er dabei den Pelz und die Haarsträhnen los. Verblüfft betrachtet Sesshomaru seinen niedergestreckten Bruder. Doch Kagome ist noch viel zu sehr in Rage um es dabei bewenden zu lassen. "Du... SITZ... bist... SITZ... einfach... SITZ... unerträglich... SITZ...! Kannst du... SITZ... dich... SITZ... nicht einmal... SITZ... im Leben... SITZ... benehmen... SITZ...? Wer nicht... SITZ... hören will... SITZ... muss... SITZ... eben... SITZ... fühlen... SITZ...! Und nun SIIIITZ!" Während Inu Yasha bei jedem weiteren "SITZ" tiefer in den Erdboden gerammt wird, verfolgen die anderen dieses Schauspiel nur mit ziemlich verwunderten Blicken. Schließlich ist die Sitzattacke verhallt und ein betretenes Schweigen legt sich über die Lichtung. Nur aus dem Loch dringt noch ein schwaches: "Au......!" Groß bestaunen Sango und Shippo die hanyou-förmige Grube. "Nicht zu fassen!", staunt Shippo, "Sie wird echt immer kreativer!" "Das war fast schon ein bisschen gemein!", nickt Sango. Steif klopft Kagome sich die Hände ab: "Das wird ihm hoffentlich eine Lehre sein!" Plötzlich ertönt hinter ihnen eine überraschte Stimme: "Was ist denn hier los?" Die Anwesenden drehen sich um. Es ist Miroku. Gerade ist er wieder auf der kleinen Lichtung gelandet. Hinter sich auf dem Rücken der Katzendämonin hat er den Rucksack verstaut. "Nur eine kleine Streitschlichtere!", beantwortet Sango seine Frage. Shippo grinst. "Sechzehn mal ,Sitz'! Ein neuer Rekord!" Gemächlich steigt Miroku ab. "Ich hoffe es ist noch ein bisschen von ihm übrig, dieses Ding hier ist nämlich echt schwer!" Damit wuchtet er den prallen Beutel von Kiraras Rücken herunter. Im selben Moment purzelt noch eine weitere Gestalt vom Rücken der Katzendämonin, die anschließend wieder auf Kätzchengröße zusammenschrumpft. Unsanft kullert die krötenähnliche Gestalt ins Gras. Rin schaut verwundert auf: "Jaken! Bist du auch mitgekommen?" Sesshomarus kleiner Gehilfe bemüht sich unterdessen, rasch wieder auf die Beine zu kommen. "Ich hab ihn einfach mitgebracht", erklärt Miroku, "Er kam mir ein bisschen hilflos vor, so ganz alleine." "Was heißt hier hilflos?", empört Jaken sich, "Ich bin überhaupt nicht hilflos! Schwächliche Menschen wie ihr, haben sich da gar kein Urteil anzumaßen! Ich war früher ein Fürst über eine ganze Koboldarmee. Es gab mal eine Zeit da zitterte man bereits wenn man nur meinen Namen hörte. Also erwarte ich ein bisschen mehr Respekt, verstanden?" "Jaken?", meint Rin nun verwundert, "Was hast du denn da im Gesicht? Du bist ja ganz braun um den Mund?" Sekunden später läuft Jaken knallrot an. Miroku grinst verschmitzt. "Ich hab ihn vorhin dabei erwischt, wie er sich ungeniert über deinen Schokoriegelvorrat hergemacht hat. Gerade als ich dort ankam, steckte er bis zur Hälfte in deinem Rucksack und hatte beide Backen voller Schokolade." Einheitliches Grinsen ist die Folge. Kagome zwinkert. "Und ich dachte du magst diesen ,Dreck' nicht." Jakens Gesicht hat nun auffallend Ähnlichkeit mit einer überreifen Tomate. Doch schon eine Sekunde später verwandelt sich die peinliche Röte in entsetzte Blässe. Er hat Sesshomaru entdeckt! "Oh nein! Was habt ihr mit meinem Herren gemacht? Er ist entblößt! Ihr habt ihm seine Würde genommen! Seinen Stolz! Seine Gravität! Seine Grandezza! Seine Dignität! Oh, mein Herr, was für eine Schande!" Aufgelöst stürzt er auf Sesshomaru zu. Kagome und die anderen sehen sich nur verunsichert an. "Hab ihr einen Schimmer wovon er redet?", fragt Kagome die anderen, doch Miroku und Sango schütteln nur ebenso verständnislos den Kopf. Ihre Blicke wandern wieder zu dem fassungslosen, kleinen Diener Sesshomarus hinüber, der nun mit einem mittleren Anflug von Panik an der improvisierten Beinkluft seines Herren herumfummelt und verdächtig nahe am Rande eines hysterischen Anfalls herumtänzelt. "Hoffentlich kriegt er jetzt keinen Herzinfarkt", murmelt Kagome. Kapitel 9: Aus Spaß wird Ernst... --------------------------------- Es bedurfte einer geschlagenen Stunde, unglaublich sensibler Engelszungen und des kompletten, kläglichen Rests des Schokoriegelvorrates um Jaken wieder halbwegs zu beruhigen und ihm den momentanen Sachverhalt, einigermaßen begreiflich zu machen. Der batteriebetriebene Föhn war wie durch ein Wunder heil geblieben und so wechselten sich nun Sesshomaru und Rin damit ab, die frisch gewaschenen Kleider mit warmer Luft zu bearbeiten. Zwischendurch blieb es selbstverständlich nicht aus, dass sie sich auch mal gegenseitig damit bearbeiteten. Vom Feuer her ist also von Zeit zu Zeit ein fröhliches Kichern zu hören. Das trägt selbstverständlich keineswegs dazu bei, dass Jaken sich besser fühlt. Der kleine Gnom sitzt wie ein Häufchen Elend ein wenig abseits auf der Wiese und schiebt sich deprimiert den letzten Schokoriegel in den Mund. Das muss alles ein böser Traum sein! Inu Yasha hat sich nach der jüngsten Sitzattacke auf die oberen Äste eines nahestehenden Baumes verkrümelt. Ihm ist es lieber wenn er sich für die nächste Zeit erst mal außerhalb von Sesshomarus oder Kagomes Reichweite aufhält. Wer kann es ihm verdenken? Endlich ist es soweit! Der Föhn tut seine Wirkung und Sesshomarus Kleidung ist wieder trocken. Seufzend erhebt Miroku sich. Es gehört nicht viel dazu sich auszurechnen, dass ein Youkai, der einen Beistand beim Wasserlassen braucht, natürlich auch keine Ahnung hat wie man einen Hakama vernünftig bindet. Also wird auch hierbei wieder seine Hilfe gefragt sein. Also schön, bringen wir es hinter uns! "Na komm, Sesshomaru-chan! Richten wir dich wieder anständig her!", ruft er dem Youkai zu. Jaken bleibt nur der Mund offen stehen: Sesshomaru-chan? Aber dann winkt er resigniert ab. Das kümmert jetzt auch keinen mehr! Ein wenig wiederwillig reißt sich der Youkaiprinz von seinem neuen Spielzeug los. Doch dann folgt er Miroku gehorsam zwischen die Bäume und es dauert wirklich nicht lange und die beiden tauchen wieder in einwandfreiem Zustand bei den anderen auf. Sesshomaru strahlt. Nun fühlt er sich wieder gut. "Hey, das fühlt sich ganz warm an!", verkündet er begeistert. "Hähä...!", hüstelt Kagome verlegen, "Wie schön!" Während Sesshomaru Rin gerade die Temperatur seines Hakamas überprüfen lässt, beginnt Kagome in ihrem Rucksack zu kramen. "Hier müssen sie doch irgendwo sein....!", murmelt sie, "Wo hab ich bloß...?" Dann plötzlich streckt sie erleichtert ein kleines Glasfläschchen in die Höhe. "Da sind sie ja!", verkündet sie erleichtert. Wie gut, dass die Juwelensplitter unversehrt geblieben sind. Was man doch immer für Ängste um diese Dinger aussteht? Mit einem beruhigten Ausatmen betrachtet sie die rosaschimmernden Splitter in dem Fläschchen. Doch plötzlich erscheinen zwei schlanke Finger über ihr und ehe sie sich's versieht hat das kleine Fläschchen den Ort zwischen ihren Fingerspitzen verlassen. Irritiert schaut sie sich um. Mit großen Augen bestaunt Sesshomaru gerade die Splitter in dem kleinen Behälter. "Ui, die sind aber schön!", meint er beeindruckt. "Gib die sofort wieder her!", befiehlt Kagome tadelnd. Sie macht einen Schritt auf ihn zu, doch er springt rasch aus ihrer Reichweite. "Ich will sie mir erst angucken!", entgegnet er leicht trotzig. Doch Kagome ist diesmal nicht so ohne weiteres bereit den verspielten Youkai einfach gewähren zu lassen. "Gib sie wieder her! Das ist nichts für dich!" Doch wieder springt Sesshomaru rasch vor ihr davon. "Wieso nicht? Die sind hübsch!" "Ich wiederhole mich ungern!", versucht es Kagome etwas energischer, doch der schlanke Youkai scheint sich nur wenig darum zu kümmern. "Gib sofort die Splitter zurück!", ertönt es auf einmal unwillig von den oberen Ästen des nahen Baumes. Inu Yasha beobachtet das Treiben seines Bruder mit zunehmendem Missfallen. Doch noch immer scheint sich Sesshomaru nicht weiter darum zu scheren. In aller Seelenruhe beäugt er das Glasfläschchen und seinen Inhalt. Im zunehmendem Maße verärgert, verfolgt Inu Yasha das Verhalten seines Bruders. Eigentlich hatte er sich erst vor einer Weile geschworen, kein einziges Wort mehr mit seinem Bruder zu wechseln solange sein Zustand noch anhält, und wenn er schon dabei ist... am besten nie wieder! Dieser völlig verblödete Kindskopf hat es doch tatsächlich fertiggebracht, dass Kagome ihn mit dieser Jahrhundert-Sitzattacke beglückt hat. Im Augenblick kann er seine Freundin wirklich nur sehr eingeschränkt leiden und am liebsten würde er ihr jetzt mit vollster Genugtuung die Schuld geben an diesem, im wahrsten Sinne des Wortes, erniedrigendenden, und zudem noch überaus schmerzhaften Attentatsversuch; anders kann man es schon fast nicht mehr bezeichnen. Aber momentan bietet sich ihm hier ein viel besseres Zielobjekt an, das man für sein jüngste Strafaktion verantwortlich machen kann und das ist diese unaussprechlich nervige Landplage von Bruder! Dabei war er vorhin fast schon bereit gewesen, anzunehmen, dass sein Bruder... unter gewissen Umständen... möglicherweise... hin und wieder... schon beinah als nahezu passabler Gesprächspartner zu gebrauchen sein könnte. Inu Yasha verzieht das Gesicht. Nicht zu fassten! Ich konnte den Kerl sogar fast schon leiden. Und jetzt das! Erst werde ich seinetwegen unangespitzt in den Boden gerammt und nun reißt er sich die Juwelensplitter unter den Nagel. Der Kerl hat wirklich ein charmante Art um Schläge zu bitten! "Rück sie augenblicklich raus, sonst wird's hier gleich ungemütlich!", befiehlt Inu Yasha erneut und setzt sich auf. Doch Sesshomaru würdigt ihn keines Blickes. Die Tatsache, dass sein Bruder vorhin von Kagome so bestraft worden ist, bedeutet wohl, dass er hier anscheinend doch nicht so viel zu sagen hat. Für ihn ist Kagome irgendwie so was wie die Rudelführerin und Inu Yasha allenfalls ein Untergebener. Seine Anweisungen kann man also getrost ignorieren. Doch gerade das ist es was Inu Yasha jetzt wieder so tierisch aufregt. Seine Worte werden offenbar komplett überhört. Kann er so etwas dulden? Soll er so etwas dulden? Wird er so etwas dulden? Bestimmt nicht! Kurz schaut er zu Kagome hinunter die leicht verärgert und ein wenig hilflos auf der Wiese steht und ihre Augen nicht von den Splittern lässt. Man sieht ihr deutlich an, dass sie sie am liebsten wiederhätte. Eigentlich der perfekte Augenblick für Inu Yasha, um sich für die Sitzattacke von vorhin zu revanchieren und sich über sie lustig zu machen. Aber im Grunde möchte er ebenso wenig wie sie, dass Sesshomaru die Splitter des Juwels behält. Also wird er wohl doch eingreifen müssen. Schließlich schwingt er sich mit einem lässigen Sprung von seinem Ast herunter und landet ein wenig unsicher auf den Füßen. Dass ihm noch immer alle Rippen von vorhin wehtun, mag er sich nicht anmerken lassen. Ohne Kagome weiter zu beachten macht er einen Schritt auf seinen Bruder zu. Dieses eine Mal wird er ihr noch helfen, nur diesmal noch! Und wenn sie jetzt wieder auf die Idee kommt, ihn mit der Kette zu disziplinieren, dann war es das! Dann sind sie auf ewig geschiedene Leute. Inu Yashas Nerven sind in keinem guten Zustand und seine Geduld besteht praktisch nur noch auf dem Papier. "Also gut, Bruderherz", versucht Inu Yasha es mit ein wenig mehr Entgegenkommen, als seine momentane Gemütsfassung bereit ist zu tolerieren, "du hattest deinen Spaß, also mach jetzt keine weiteren Zicken und gib schon die Splitter her!" Sesshomaru schaut nun doch auf. Dann weicht er wieder zwei Schritte zurück. "Ich will sie mir erst noch angucken!", meint er trotzig. Inu Yasha setzt ein verdächtig freundliches Lächeln auf und geht weiter auf seinen Bruder zu. "Ich rate dir, überspann den Bogen nicht!" Sesshomaru weicht weiter aus; diesmal zur Seite. Offenbar wittert er hier ein neues Spiel mit dem Titel: Fang die Splitter! und ist nur allzu gern bereit mitzumachen. Mit einem neckischen Blitzen in den Augen grinst er seinen Bruder an, während Inu Yashas Geduld gerade dabei ist, sich endgültig in Rauch aufzulösen. Wieder macht er einen Schritt auf den Youkai zu. "Na komm, Sesshomaru-chan!", lockt er mit einem vertraulichen Lächeln, "Komm zu Papa!" Doch Sesshomaru schiebt nur die Unterlippe vor. "Du bist nicht mein Papa, du bist mein Bruder!", bemerkt er altklug. Nun platzt Inu Yasha der Kragen. "Ja, und als dein Bruder sage ich: Rück die verdammten Juwelensplitter wieder raus und zwar plötzlich! Wird's bald?" Schon will er sich auf Sesshomaru stürzen, doch der weicht nur flink aus und zwinkert Inu Yasha verschmitzt zu. "Erst musst du mich faaangen!", flötet der Youkai und umschließt das Fläschchen fest mit seiner Hand. Mit einem großen Satz springt er nun aus Inu Yashas Reichweite gerade als dieser seinen Bruder am Kragen packen will. Wütend fährt der Hanyou herum und funkelt seinen Bruder an. "Komm wieder her!", faucht er und setzt ihm nach. Doch Sesshomaru grinst nur weiterhin und weicht ihm erneut aus. Sofort ändert Inu Yasha die Richtung und springt wieder auf seinen Bruder zu. Wieder verfehlt er ihn nur um wenige Zentimeter. Sesshomaru kichert vergnügt. Ihm macht dieses neue Spiel einen Heidenspaß. Inu Yasha ist da etwas anderer Ansicht. Für ihn ist dies hier alles andere als ein Spaß. Grimmig beißt er die Zähne zusammen."Bleib gefälligst stehen, du elender Mistkerl, oder ich mach kurzen Prozess mit dir!" "Pöh, versuch's doch!", stichelt Sesshomaru ungeniert, "Fang mich doch erst mal, wenn du kannst!" "Na warte!", grollt Inu Yasha und setzt ihm sofort wieder nach. Kagome und die anderen folgen das Treiben der beiden inzwischen mit ziemlich besorgten Blicken. "Inu Yasha!", ruft sie ihm zu, "Pass besser auf, ok? Nicht, dass einer verletzt wird!" Diese Worte verursachen bei dem Hanyou doch einen schmerzhaften Knoten in der Magengrube. Schon wieder ergreift sie Partei für ihn! Immer ist sie auf der Seite seines Bruders. Seit der Kerl einen Dachschaden hat wird er von allen Seiten nur verhätschelt. Das stinkt ihm gewaltig. Nie zuvor hat man von ihm verlangt, sich gegenüber seinem Bruders so sehr zurückzuhalten. Dieser Dreckskerl! Ganz gleich ob Freund oder Feind, immer wieder schafft er es, ihm irgendwie ans Bein zu pinkeln. Für einen kurzen Moment schnauft Inu Yasha auf. Nein, er wird Kagome nicht zeigen wie sehr ihn das trifft. Er wird sich nicht anmerken lassen, wie sehr es ihn verletzt, dass sie mal wieder für jemanden anderen Partei ergreift! "Keine Sorge!", faucht er giftig zurück, "Ich tu ihm schon nichts...! Jedenfalls nicht viel! Wenn er die Splitter brav wieder rausrückt, kommt er mit n paar oberflächlichen Kratzern davon. Du brauchst dir also keine Sorgen um ihn machen. Dein neuer Kuschel-Youkai wird das schon überleben!" War sein Ärger jetzt grad doch etwas zu offensichtlich? Ach, scheiß drauf! Mit Kagome kann er sich später befassen. Erst mal wird dieser Warmwasser-Youkai auseinandergenommen... wenn er ihn endlich mal erwischen würde! Mit großen Augen hat Kagome seine Worte vernommen. Zunächst bringt sie kein Wort heraus. Ihr besorgter und nun doch etwas reumütiger Blick, geht zu ihrem Freund hinüber. Dann murmelt sie leise: "Inu Yasha... ich mach mir doch gar nicht Sorgen um Sesshomaru!" Doch der Hanyou hört es gar nicht. Er ist viel zu sehr damit beschäftigt seinem Bruder nachzusetzen. Immer wieder greift er ins Leere und das tut seiner Laune keinesfalls gut. "Daneben!", hört er Sesshomaru wieder amüsiert rufen. Er springt ihm nach. "Wieder daneben!", meint Sesshomaru erneut. Inu Yasha ist inzwischen auf hundertachtzig. Das wird der Kerl ihm büßen! Und wie er ihm das büßen wird. Wenn er ihn nur erst in die Finger bekommt. Nur eine Hand um seine Kehle! "Schon wieder vorbei!", grinst Sesshomaru triumphierend. Inu Yasha kocht. Der Kerl macht sich lustig über mich! Er macht sich wahrhaftig lustig über mich! Dieser miese, arrogante, dreckige...!!! Er bleibt einen Momentlang stehen. Sein Bruder postiert sich mit einem schalkartigen Grinsen gerade eben außerhalb seiner Reichweite. Inu Yasha funkelt ihn tödlich an. Was zuviel ist, ist zuviel! Jetzt reicht es ihm endgültig. Dem Kerl wird das dämliche Grinsen gleich vergehen, dafür wird er persönlich sorgen! "Hier hört der Spaß auf!", grollt er, "Zum letzten Mal: Her mit den verdammten Splittern, oder wir zwei bekommen ein echtes Problem! Wenn du Wert darauf legst, noch mal Bekanntschaft mit Tessaiga zu machen, dann mach nur so weiter! Also rück sie raus und lass die albernen Faxen, sonst vergesse ich mich!" Für einen kurzen Moment scheint Sesshomaru angestrengt über diese Möglichkeit nachzudenken, doch dann guckt er Inu Yasha nur mit einem bewusst provozierenden Grinsen an und meint: "Nö!" Und dann hüpft er auch schon wieder fröhlich ein paar Schritte weg. In genau diesem Moment springen bei Inu Yasha sämtliche Sicherungen raus. Mit einem wütenden Grollen stürzt er sich auf seinen Bruder. "Du Scheißkerl! Jetzt kannst du echt was erleben!" Wieder versucht Sesshomaru ihm auszuweichen, doch diesmal ist Inu Yasha schneller. Oh nein! So haben wir nicht gewettet! Was glaubt er Kerl eigentlich wer er ist? Von dem lass ich mich keine Sekunde länger verarschen! "Genug gespielt! Sankontessou!" Mit einem wütenden Hieb gehen Inu Yashas scharfe Klauen auf Sesshomarus Gesicht nieder. Blut spritzt auf. Kagome und die anderen halten erschrocken die Luft an. Tief atmend bleibt Inu Yasha einen Moment stehen. Er ist selbst ein wenig überrascht, dass sein Angriff ein Erfolg war. Er schaut auf; über Sesshomarus linke Wange ziehen sich drei tiefe Schnitte die von seinen Krallen herrühren und Blut läuft ihm über die Wange. Das Lächeln ist von Sesshomarus Gesicht verschwunden und ist einer verblüfften Mine gewichen. Eine Sekunde lang hält er wie erstarrt inne. Doch dann urplötzlich verfinstert sich sein Blick und er faucht: "Auu...! Das tat weh!" Im gleichen Augenblick schießt eine beängstigende Röte in seine Augen und Krallen wie Fangzähne treten deutlich hervor. Was dann geschieht, geht so schnell, dass die anderen es kaum verfolgen können. Einen Wimpernschlag später ragt Sesshomaru groß vor dem leicht irritierten Hanyou auf und noch ehe der nur darauf reagieren kann, hat der aufgebrachte Youkai ihm auch schon links und rechts einen heftigen Hieb verpasst, so dass er ein Stück entfernt unsanft auf dem Boden aufschlägt. Doch damit nicht genug. Schon ist sein Bruder wieder über ihm; noch immer mit rotglühenden Augen, noch immer zornig. "Pass gefälligst besser auf!", schnaubt er wütend und dann geht ein wahrer Hagel an Hieben auf den völlig überrumpelten Hanyou nieder. Inu Yasha kann sich kaum zur Wehr setzen. Wer hätte denn schließlich damit rechnen können, dass die heitere Stimmung seines Bruders von einem auf den anderen Moment so derart frappierend umschlagen könnte? Er zumindest nicht und so hat er den wütenden Attacken seines Bruders kaum etwas entgegenzusetzen. Der ungehaltene Youkai hat sich über ihn gekniet und schlägt immer wieder mit gezückten Klauen auf seinen wehrlosen Bruder ein. Alles was Inu Yasha tun kann, ist schützend die Arme vor Gesicht und Oberkörper zu halten, doch viel Deckung bietet es nicht. Sein Bruder schlägt gnadenlos immer wieder auf ihn ein und es gelingt ihm einfach nicht, ihn abzuschütteln. Wie durch einen warmen, roten Vorhang vernimmt er schwach Kagomes spitzen Schrei: "Inu Yasha!" Dann nimmt er gerade noch wahr, dass das Gesicht seines Bruders aus seinem Gesichtsfeld weggezogen wird und dann übermannt ihn endlich willkommene Schwärze. "Bist du wahnsinnig? Was machst du denn?", Kagomes Stimme überschlägt sich beinah. Ohne auch nur einen Gedanken an ihre eigene Sicherheit zu verschwenden, ist sie zu dem rasenden Youkai hinüber gelaufen und hat versucht ihn von ihrem Freund wegzuzerren der nun reglos und blutüberströmt am Boden liegt. Zum Glück haben Miroku und Sango ihre Absicht sogleich durchschaut und sind ihr rasch zu Hilfe gekommen. So sind sie praktisch gemeinsam bei Sesshomaru angekommen und mit vereinten Kräften haben sie ihn von seinem Gegner fortgezogen. Glücklicherweise hat der Youkai es ohne weitere Gegenwehr mit sich geschehen lassen. Nun hockt er ein wenig irritiert auf der Erde und wird von Miroku und Sango festgehalten während Kagome neben Inu Yasha kniet und mit zittrigen Fingern seinen Zustand untersucht. Oh bitte, lass ihn nicht tot sein! Nein, welch ein Glück, er atmet noch, wenn auch nur flach! Ruckartig dreht sie sich wieder zu Sesshomaru um wirft ihm einen fassungslosen und zugleich wütenden Blick zu. "Bist du noch zu retten? Du hättest ihn töten können! Was hast du dir bloß dabei gedacht? Du hast doch wohl gemerkt, dass er keine Lust auf Spielchen hatte. Wenn du ihn so ärgerst, musst du damit rechnen, dass er dir eine verpasst. Aber das ist noch lange kein Grund so auf ihn loszugehen!" Kagomes Stimme schwankt zwischen Zittern und Hysterie. Das Mädchen steht noch immer unter Schock. Das ist alles meine Schuld!, macht sie sich Vorwürfe. Ich hätte das gleich von Anfang unterbinden sollen! War ja klar, dass das mit den beiden nicht auf Dauer gut geht. Ich war zu leichtsinnig! Ich habe vergessen, dass Sesshomaru eigentlich ein ziemlich gefährlicher Kerl ist. Oh Inu Yasha, du hattest recht! Du hast ihm die ganze Zeit misstraut und ich hab nicht auf dich gehört. Und dann habe ich doch auch vorhin erst wieder so doll mit dir geschimpft. Bei der Sitzattacke hab ich wirklich überreagiert. Und nun so was! Es tut mir so leid! Tränen treten ihr in die Augen. Betretene Stille macht sich auf der Lichtung breit. Nur Kagomes unterdrücktes Schluchzen ist zu hören. "Das... wollt ich nicht!", hört man plötzlich Sesshomarus leise Stimme, "Das wollte ich wirklich nicht! Das... das musst du mir glauben!" Mehrere skeptische und wachsame Augenpaare gehen nun in seine Richtung. Der Youkai wirkt sehr geknickt. Verzagt senkt er den Kopf: "Ich... ich hab mich doch bloß erschrocken. Und dann bin ich eben wütend geworden. Ich weiß auch nicht... Ich wollt ihn gar nicht verletzen." "Du hast ihn aber verletzt!", funkelt Kagome aufgebracht, "Du bist nun mal der Stärkere von euch. Er hatte dir doch gar nichts entgegenzusetzen. Er war völlig wehrlos und du schlägst weiter auf ihn ein. Das ist wirklich mies von dir! Du bist echt das Letzte!" "Tut mir doch leid!", versucht Sesshomaru es noch mal, seine Stimme ist kaum noch zu hören und er meidet Kagomes Blick. "Davon wird es auch nicht besser!", meint Kagome bitter und wendet sich wieder Inu Yasha zu. Noch immer liegt er besinnungslos neben ihr und rührt sich nicht. Sein Atem geht ungleichmäßig und er hat viel Blut verloren. "Sango...?", meint Kagome leise, "kannst du mir bitte die Verbände aus meinem Rucksack holen. Die Dämonenjägerin nickt und erhebt sich. Im Augenblick scheint der Youkai sich wieder beruhigt zu haben und keine Bedrohung darzustellen. Eine Bewachung scheint momentan nicht erforderlich zu sein. Rasch geht sie zu dem Rucksack hinüber und beginnt darin zu kramen. Doch plötzlich schaut sie auf. "Kagome... es sind keine Verbände da!" "Was?" Kagome fährt überrascht herum, "Das kann doch gar nicht sein! Ich weiß doch, dass ich welche eingepackt habe." Hastig springt sie auf und läuft zu ihrem Rücksack wo sie ebenfalls zu kramen anfängt. Doch auch sie wird nicht fündig. "Ähm...!", räuspert Miroku sich, "Wenn ihr diese kleinen, weißen Päckchen meint... also die liegen noch immer in der Schlucht. Eine uns wohlbekannte Person hat die nämlich bei seiner Suche nach den Schokoriegeln wild durch die Gegend geschmissen. Ich hätte sie ja wieder mitgebracht, aber du sagtest doch mal, dass es nicht so gut ist wenn sie schmutzig werden und... na ja, also deshalb... hab ich sie eben da gelassen." Augenblicklich wandern sämtliche Augen zu dem schwitzenden Jaken hinüber und er fühlt sich gerade völlig zurecht von finsteren Blicken durchbohrt. Da aber offenbar jetzt an der Situation nichts mehr zu ändern ist, kommt er gerade noch um eine gehörige Strafaktion herum. Erleichtert atmet er aus, als sich die besorgten Blicke wieder Inu Yasha zuwenden. Kagome hat sich wieder neben ihm niedergelassen und überlegt fieberhaft wie sie ihm mit seinen Verletzungen Erleichterung verschaffen kann, doch ihr Kopf ist wie leergefegt. Sein leicht rasselnder Atem bereitet ihr Sorgen und er fühlt sich ungewöhnlich warm an. Das Schweigen über der Lichtung wird immer bedrückender. Sango hat Wasser zum Kochen gebracht und Miroku hilft mit ein paar improvisierten Stoffstreifen aus, mit denen Kagome beginnt, Inu Yashas Wunden behutsam vom Blut zu befreien. Ein paar Schritt entfernt sitzt Sesshomaru bekümmert auf dem Boden und kann seinen Blick nicht von seinem Bruder wenden. Wenn man genau hinschaut kann man erkennen, dass seine Hand leicht zittert und er gelegentlich schwer schlucken muss. Niemand redet mit ihm. Der stillschweigende Ärger über ihn hängt drückend in der Luft. Er ist sich nur allzu klar darüber, dass er einen schweren Fehler gemacht hat und nun alle deswegen sauer auf ihn sind. Lage Zeit sagt er nichts doch dann meint er. "Also hat er doch Recht gehabt. Ich bin wirklich gefährlich!" Niemand erwidert etwas. "Dabei wollte ich das doch gar nicht!", seine Stimme schwankt leicht. Noch immer reagiert keiner auf ihn. Sesshomaru versucht es noch einmal. Diesmal wendet er sich an Kagome: "Wird er sterben?" Kagome hat ihm den Rücken zugewandt. "Ich hoffe nicht!", meint sie leise, "Du hast ihn ganz schön zugerichtet." "Tut mir leid! Das wollte ich wirklich nicht!", der Youkai klingt aufrichtig reumütig. Betrübt sitzt er auf dem Boden, hat den Arm um die Knie geschlungen und starrt vor sich hin. "Er hat mir erzählt, dass wir uns nie wirklich verstanden haben. Er sagte ich wäre früher schon gemein zu ihm und zu anderen gewesen, aber ich dachte er übertreibt. Ich dachte, dass das doch gar nicht sein kann... Er war zwar die ganze Zeit so mürrisch aber er hat doch mit mir gespielt!" Kagome wendet sich nun doch zu ihm um. Sesshomaru schaut noch immer zu Boden. "Und ihr wart doch alle so nett zu mir... Warum wart ihr denn so lieb zu mir wenn ich eigentlich euer Feind bin? Wie kann das sein? Da stimmt doch was nicht? Wer bin ich und warum kann ich mich bloß nicht erinnern?", es klingt fast schon verzweifelt, "Ich wollte doch bloß wissen wer ich bin... und was mache ich? Ich töte beinah meinen... Bruder! Kein Wunder, dass er mich hasst! "Dabei war ich doch so froh als ich gehört habe, dass ich noch eine Familie habe. Aber alles was ich sonst über meine Familie weiß, ist, dass sie fast alle tot sind. Mein Vater, meine Mutter... der Einzige der mir geblieben ist, ist mein Bruder! Und jetzt durch dieses dumme Versehn kann es sein, dass ich auch ihn noch verliere. Das ist einfach nicht fair!" Sesshomaru kann es nicht verhindern, dass seine Stimme, bei diesen Worten ab und zu, unwillkürlich in die höheren Tonlagen abdriftet. Nun steht er langsam vom Boden auf und macht ein paar zaghafte Schritte auf seinen reglosen Bruder zu. Kagome behält ihn derweil argwöhnisch aber auch ein wenig verwundert im Auge. Täuscht sie sich oder ist der Youkai leichenblass geworden? Bei näherer Betrachtung stellt sie fest, dass seine Unterlippe leicht bebt und in seinen Augen großer Schmerz liegt. Der Zustand seines Bruders scheint ihn wirklich sehr mitzunehmen. Nun lässt sich der weißhaarige Youkai direkt neben ihr ins Gras sinken und betrachtet den noch immer bewusstlosen Hanyou mit eigenartig glänzenden Augen. Kagomes Brauen heben sich erstaunt. Das kann doch gar nicht sein! Sind das etwa... Tränen? Nein unmöglich, sie muss sich täuschen! Nun streckt Sesshomaru zögernd seine Hand nach Inu Yasha aus. Seine krallenbewehrten Finger streifen behutsam über eine Schnittwunde an seinem Oberarm. Inu Yashas Gesicht verzieht sich ein wenig zu einer schmerzvollen Mine. Sesshomaru schluckt schwer. "Es tut mir leid!", flüstert er noch einmal. "Ich wollte dich nicht verletzen!", seine Stimme schwankt. "Du darfst nicht sterben, ...Bruder!", wieder wird seine Stimmlage unwillkürlich höher; er kann es nicht verhindern. Fast schon zärtlich ergreift er nun die leblose Hand seines Bruders. "Wenn du auch noch stirbst... dann habe ich doch niemanden mehr! Dann bin ich wieder alleine! Was... was soll ich denn dann machen?" Und dann kann er nicht länger an sich halten. Tränen treten ihm in die Augen und laufen kurz darauf in kleinen Rinnsalen seine Wange hinunter. Er senkt den Blick, sodass seine Ponyfransen sein Gesicht halb verdecken, nur seine Mundwinkel zucken noch verdächtig. Wie ein Häuflein Elend sitzt der Youkaiprinz da, hält die Hand seines Bruders fest und weint leise vor sich hin. Zu hören ist fast kein Laut nur seine leicht bebenden Schultern verraten ihn; und ein gelegentlicher, heller Wassertropfen der von seinem Kinn hinab auf seinen Handrücken tropft. Weder Kagome noch einer von den anderen ist fähig, ihre Verwirrung in Worte zu fassen oder darauf irgendwie zu reagieren. Hier sitzt Sesshomaru, ein Fürst der Hundeyoukais und normalerweise die Kaltherzigkeit in Person und weint dicke Kullertränen aus tiefster Seele über die Verletzungen seines, bis vor kurzem noch verhassten, Halbbruders die er ihm in einem kurzen Moment der kindischen Impulsivität zugefügt hat. Dies ist alles so dermaßen widersprüchlich, dass man von ihnen einfach nicht erwarten kann, jetzt hierauf sinnvoll zu reagieren. Mal ganz abgesehen davon, dass es hier wohl niemanden gibt der unter den gegebenen Umständen ein irgendwie tröstendes Wort für den weinenden Youkai finden könnte. Was soll man ihm auch sagen? Welche Worte könnten den Youkai mit seinem derzeitigen, kindlichen Gemüt überhaupt erreichen? Nein, da gibt es wirklich nichts Erleichterndes zu sagen. Noch immer beben Sesshomarus Schultern. Ein leises Wimmern ist zu hören und behutsam drückt er die Hand seines Bruders etwas fester. Der schmerzhafte Knoten in seiner Brust will einfach nicht weggehen. Was soll er denn machen? Es tut ihm alles so schrecklich leid, aber Kagome hat Recht, das ändert nichts. Was wenn er wirklich stirbt? Ein neuer Schwall Tränen steigt ihm in die Augen. Er kommt sich plötzlich so klein und verloren vor. Auch wenn er sich an fast nichts erinnert, er hat irgendwie den Eindruck, dass dieses Gefühl völlig neu für ihn ist und er weiß nicht was er machen soll. Ist hier denn niemand der ihm helfen kann? Da auf einmal spürt er etwas. Sehr zögerlich legen sich zwei kleine, dünne Arme um seinen Hals und ziehen ihn vorsichtig an sich. Sesshomaru hebt den Kopf. Seine Augen glitzern feucht. Neben sich sieht er Rin die ihn schüchtern anlächelt. Sie kniet neben ihm und hat ihre Arme sanft um ihn gelegt. Kleine, sanfte Finger streifen über seinen Kopf . Sesshomaru schluckt. Irgendwie tut das gut. Und plötzlich weiß er auch was ihm gefehlt hat. Was Worte nicht ausdrücken können, hat das kleine Mädchen erkannt und auch sogleich ihrem großen Freund zukommen lassen: Verständnis und bedingungsloses Mitgefühl. Sesshomarus Wimmern verwandelt sich nun doch in ein tiefes Schluchzen und dann legt er seinen Kopf auf Rins Schulter und vergräbt heulend sein Gesicht in ihrem Gewand während die Kleine ihn nur weiter im Arm hält und ihn einfach weinen lässt. Nur hin und wieder streichelt sie ihm leicht über seine weichen, weißen Haare. Sie ist glücklich! Endlich konnte sie auch mal etwas für ihren Herren tun; etwas was niemand sonst für ihn jemals hätte tun können. Kapitel 10: ...und zwar "richtig" Ernst! ---------------------------------------- Mühsam schlägt Inu Yasha die Augen auf. Es kommt ihm vor als wenn eine zentnerschwere Last auf seinen Lidern liegt. Seine Haut brennt wie Feuer und sobald er versucht sich zu bewegen, zuckt der Schmerz durch seinen ganzen Körper. Aber dem kann er jetzt keine Beachtung schenken. Mühsam versucht er sich aufzurichten doch sofort schiebt sich ein schwarzhaariger Kopf in sein Gesichtsfeld und lässt ihn zurückplumpsen. "Inu Yasha!", strahlt Kagome erleichtert, "Du bist wieder wach! Was für ein Glück!" "Dummkopf!", murmelt er schwach, "Ich bin hart im Nehmen, das weißt du doch!" Plötzlich taucht noch ein anderes Gesicht direkt über ihm auf. Es ist Sesshomaru und ihm steht die grenzenlose Erleichterung ins Gesicht geschrieben. "Ich bin ja so froh, dass es dir wieder besser geht! Ich dachte du würdest sterben!", stößt er mit bebender Stimme hervor. Seine Augen glänzen verdächtig. Inu Yasha betrachtet seinen Bruder mit Verwunderung. Er sieht so bleich aus und irgendetwas an seinem Gesicht irritiert ihn, aber was nur? Plötzlich hebt er schwach die Brauen. Von den drei Krallenspuren die er seinem Bruder zugefügt hat, ist nichts mehr zu sehen nur noch das getrocknete Blut klebt ihm im Gesicht. Doch senkrecht durch die rötliche Spur zieht sich ein heller, dünner Pfad als hätte etwas das Blut fortgewaschen. Inu Yasha stutzt. Ist es etwa das was er denkt? Unbeholfen stützt er sich auf seine Ellenbogen auf. "Pah, mich bringt so leicht nichts um!", brummt er, "Nicht mal du!" Wieder geht sein verstohlener Blick zu Sesshomaru hinüber. Nein, er hat doch nicht wirklich geweint, oder? Nun umringen ihn auch die anderen. Alle scheinen überaus erleichtert zu sein, dass er wieder ansprechbar ist. Vorsichtig streckt Inu Yasha sich. Jede Bewegung schmerzt tierisch aber er ignoriert es. Aber dann zuckt er doch ein wenig zusammen als sich Kagome an einer seiner Wunden zu schaffen macht. "Verdammt, pass doch auf!", schimpft er. "Tut mir leid!", entschuldigt sich das Mädchen, "Wir haben leider keine Verbände mehr. Da muss ich dich anders verarzten." "Musst du gar nicht!", mosert er zurück und setzt sich nun ganz auf, "Und schon gar nicht mit heißem Wasser, klar?" "Aber wenn wir die Wunden so lassen, werden sie sich bestimmt entzünden", entgegnet Kagome. "Blödsinn!", mault Inu Yasha, "Ich bin ein Halbdämon. Hast du das schon wieder vergessen? Da entzündet sich gar nix! Die paar Kratzer stören doch gar nicht weiter!" "Ja sicher!", erwidert Kagome doch man merkt ihr an, dass sie sich bewusst am Riemen reißt, "Deshalb warst du auch eben eine Stunde lang bewusstlos." Ihre Stimme wird leiser und sie senkt den Kopf: "Ich hab... wir haben uns Sorgen um dich gemacht. Ich muss dich doch wenigstens sauber machen dürfen." Inu Yasha hebt die Brauen. Du liebe Zeit, was herrscht denn hier für eine Begräbnisstimmung? Das fällt ihm jetzt erst auf. Sein Körper schmerzt zwar tierisch, aber dass alle so sehr in Sorge um ihn waren. Er spürt deutlich zwei goldene Augen neben sich die ihn nicht loslassen. Gereizt dreht er sich zu seinem Bruder um: "Was starrst du mich so an?" Rasch schaut Sesshomaru zu Boden: "Tut mir leid!" Inu Yasha beobachtet es wortlos. Wirklich geweint? Etwa wegen mir? Dann stützt er den Kopf auf die Hand. "Ich glaub, wenn ich noch einmal "Tut mir leid!" von ihm höre, drehe ich durch." "Tschuldigung!", murmelt Sesshomaru noch immer geknickt. Inu Yasha seufzt vernehmlich. "Schon... gut!", quetscht er zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. Nein, er kann nicht geweint haben! Ausgeschlossen! Schweigend lässt er es mit sich geschehen, dass Kagome ihm behutsam das Blut von Oberkörper und Armen fortwischt. Wenn sie mit den Wunden in Berührung kommt, schmerzt es zwar aber das warme Wasser und ihre sanften Berührungen sind eigentlich ganz angenehm. Er gibt es zwar nicht zu, aber im Grunde genießt er es doch jedes Mal wenn sie ihn nach einem Kampf umsorgt. So lässt er es auch diesmal wortlos über sich ergehen. Dabei bemüht er sich bewusst, dem Blick seines Bruder aus dem Weg zu gehen. Noch immer sind Sesshomarus Augen direkt auf ihn gerichtet als hätte er Angst, dass er ihm plötzlich verloren gehen könnte. Dieser Blick irritiert Inu Yasha mehr als alles was sein Bruder je zuvor gemacht hat. Schweigsam hängt der Hanyou seinen Gedanken nach während Kagome ihn wieder einigermaßen herrichtet. Zum Glück haben die Wunden bereits aufgehört zu bluten. Er hat tatsächlich geweint! Es gibt keine andere Erklärung. Aber warum sollte er weinen? Warum er? Sesshomaru weint nicht! Niemals! Dieser Gedanke lässt Inu Yasha einfach nicht los. Schon senkt sich die Abenddämmerung herab und taucht die Lichtung in immer längere Schatten. Seltsam!, denkt Inu Yasha bei sich, Ich bin gar nicht mehr sauer auf ihn, weil er mich angegriffen hat. Er seufzt erneut. Dieser Typ irritiert mich immer mehr. Ich werde einfach nicht schlau aus ihm. Wie soll es jetzt weitergehen mit ihm? Ob er wohl für immer so bleibt? Doch kaum hat er diesen Gedanken gedacht, zuckt er unwillkürlich zusammen. Zu seinem eigenen Erstaunen stellt er fest, dass ihm dieser Gedanke gar nicht mehr so unangenehm ist. "Bist du... mir noch böse?", erklingt nun plötzlich wieder Sesshomarus vorsichtige Frage. Inu Yasha reagiert nicht sondern schaut nur vor sich zu Boden. Kaum merklich für die anderen beißt er sich auf den Lippen herum. Sein Herz pocht ungewöhnlich heftig als würde es versuchen, ihm Mut für eine ehrliche Antwort zu machen. Schließlich meint er: "Wenn du die Splitter gleich rausgerückt hättest, wär es gar nicht so weit gekommen!" Sesshomaru blickt schuldbewusst zu Boden: "Tut mir leid!" Inu Yasha verdreht die Augen: "Kannst du mal damit aufhören, das immer wieder zu sagen? Das irritiert mich nämlich maßlos, du Trottel!", aber es klingt milder als die Worte vermuten lassen. Sesshomaru errötet. "Ich wollte doch bloß...", murmelt er, doch Inu Yasha schneidet ihm das Wort ab: "Ach, sei einfach still! Warum musst du eigentlich immer so eine Nervensäge sein, Sesshomaru-chan?" Doch kaum hat er das gesagt, fährt er auch schon erschrocken zusammen. Wie konnte ihm denn das gerade herausrutschen? Vorsichtig schaut er sich um. Auch die anderen beobachten ihn verblüfft. Diese Koseform aus seinem Mund? Es geschehen wirklich noch Zeichen und Wunder! Aber dieser kleine Versprecher verfehlt seine Wirkung nicht. Sesshomarus Augen leuchten und das erleichterte Lächeln kehrt auf sein Gesicht zurück. Dies muss einfach der Beweis sein, dass sein Bruder ihm nicht mehr böse ist. Verwirrt betrachtet Inu Yasha das strahlende Gesicht seines Bruders und kratzt sich innerlich am Kopf. An diesen Anblick kann er sich einfach nicht gewöhnen. Doch damit nicht genug. "Inu Yasha-ni-san!", (ni-san = Bruder) jubelt Sesshomaru und schlingt begeistert seinen Arm um den überrumpelten Hanyou, "Heißt das, du bist nicht mehr sauer auf mich? Du meinst, du hast mich wieder lieb? Oh, ich freu mich so, Ni-san!" Dabei knuddelt er Inu Yasha ordentlich durch. "Schon gut, schon gut! Ist ja schon gut! Lass mich endlich wieder los!", versucht Inu Yasha sich verzweifelt der Schmuseattacke seines Bruders zu erwehren, doch der weißhaarige Youkai klebt wie eine Klette an ihm. "Das hält man ja im Kopf nicht aus!", meint Sango, die zusammen mit den anderen diese denkwürdige Szenerie verfolgt. Das Verhalten der beiden Brüder ist aber auch einfach zu sonderbar. Selbst Jaken fällt zunächst nichts ein was er dazu sagen soll, doch dann bricht seine Fassungslosigkeit aus ihm heraus: "Mein Herr! Mein Gebieter! Wie könnt Ihr nur? Ich bitte Euch, zeigt doch wenigstens etwas Würde! Tut mir das nicht an, Sesshomaru-sama!" Doch der Youkai hört nicht. Noch immer hält er Inu Yasha selig umklammert, was dieser weiterhin versucht zu beenden. Dann schließlich gibt er es auf. Er verdreht die Augen und erschlafft. "Sesshomaru-chan! ...Sesshomaru-chan!", sagt er. Der Youkai-Prinz schaut auf. "Was denn?", kommt es unschuldig. "Das tut weh!" Erschrocken zuckt Sesshomaru zusammen. Tatsächlich, über Inu Yashas Körper ziehen sich ja noch immer die ganzen Wunden. Kein Wunder, dass diese wilde Umarmung Schmerzen verursacht. Hastig und ein wenig beschämt lässt er ihn los. "Du solltest lernen deine Kräfte besser einzuteilen!", brummt Inu Yasha mit einem leichten Seitenblick auf seinen Bruder. Sesshomaru schaut ihn mit großen Augen an und nickt eifrig. Einen stillen Augenblick lang betrachtet Inu Yasha seinen Bruder. Dann seufzt er leicht. Verdammt, warum kann er einfach nicht mehr wütend auf seinen Bruder sein? Das verstehe wer will. Dieser Sesshomaru ist einfach nicht Sesshomaru! Dies ist nicht der kaltherzige, boshafte Hunde-Youkai den er über die Zeit hassen gelernt hat. Er muss sich eingestehen, dass dieser Sesshomaru zum aller ersten Mal überhaupt die Bezeichnung ,Bruder' verdient. Und irgendwo am Rande seines Bewusstseins schleicht sich bei ihm der Gedanke ein, dass ihm das sogar ganz recht ist. Ohne, dass er sich dessen richtig gewahr wird, huscht ein leichtes Lächeln auf Inu Yashas Gesicht. Doch Sesshomaru bemerkt es und strahlt zurück. Gerade will Inu Yasha sich zu einer Bemerkung durchringen als er urplötzlich innehält. Seine Nackenhaare stellen sich auf und seine Ohren zucken nervös. Irgendetwas stimmt hier nicht! Er wendet sich an Kagome und die anderen: "Spürt ihr das auch?" Verwundert schauen sie ihn an. "Was meinst du?", fragt Kagome. Eilig kommt Inu Yasha wieder auf die Füße, dabei unterdrückt er den Schmerz, der in bei jeder Bewegung überfällt. Hastig schaut er sich um und nimmt eine Geruchsprobe von der Umgebung. Nun wird auch Miroku aufmerksam. "Du hast recht! Ich spür es auch!" "Ein Dämon!", stellt Inu Yasha fest und seine Stirn legt sich grimmig in Falten. So plötzlich aufgeschreckt schauen sich auch die anderen besorgt um. "Stimmt!", bestätigt Sango und ergreift rasch ihren Hiraikotsu. Sogleich ist die gesamte Gruppe in Alarmbereitschaft. Selbst Sesshomaru sieht sich aufmerksam um und schnuppert forschend. Dann schüttelt er sich kurz: "Uuah! Ich bekomme eine Gänsehaut! Was ist das?" "Ein Dämon!", sagt Inu Yasha, "Das ist seine Aura. Und wenn mich nicht alles täuscht, dann scheint er ziemlich stark zu sein." "Aber wo kommt er so plötzlich her?", fragt Sango, "Er schien ganz urplötzlich aufzutauchen und zu sehen ist er noch immer nicht." Aus einem Reflex heraus beziehen Miroku und Sango Rücken an Rücken Stellung, während Inu Yasha sich weiterhin wachsam umschaut, Kagome und Shippo sich in ihre Nähe stellen und Kirara mit einem bedrohlichen Fauchen ihre Kampfgestalt annimmt. Sesshomaru indessen betrachtet ein wenig ratlos das Geschehen. Er versteht zwar nicht was hier vor sich geht aber ein äußerst ungutes Gefühl kriecht ihm über den Rücken und er spürt wie sein Herz auf einmal schneller schlägt. Schauer um Schauer einer Gänsehaut kriecht ihm über den Körper und er fühlt sich äußerst unbehaglich. Alle seine Instinkte scheinen auf einmal anzuspringen und er bekommt das untrügliche Gefühl, dass sie sich in Gefahr befinden. Neben ihm hat sich Jaken mit seinem Kopfstab postiert und auf einmal spürt er wie sich jemand mit dünnen Ärmchen an sein Bein klammert. Er blickt hinunter. Rin hat sich so weit wie möglich in seinen weiten Beinkleidern vergraben und das Mädchen schaut nur mit recht besorgtem Blick in die Runde. Da, auf einmal ist es zu spüren! Zuerst ist es nur ein leichtes Vibrieren im Boden, doch dann nimmt es immer mehr an Intensität zu und verwandelt sich in ein Beben. Der ganze Erdboden gerät in Bewegung und die jungen Leute haben Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Gehetzt schauen sie sich um. Auf einmal beginnt sich direkt vor ihnen die Erde zu spalten und in den Felshaufen, ein kurzes Stück entfernt, kommt beunruhigende Bewegung. Die großen Felsbrocken werden wie Kieselsteinen zur Seite geschleudert und hinter der Wolke aus ausgewirbeltem Staub, Gras und Blättern zeichnet sich nun eine riesenhafte, bedrohlich wirkende Gestalt ab und sie hat zwei mächtige, scharfe Klauen. "Was ist das?", ruft Sango erschrocken aus. Sie fasst ihren Bumerang fester. Aus der dichten Staubwolke schiebt sich nun die gewaltige Gestalt hinaus ins schummrige Licht der Dämmerung. Kagome und die anderen reißen die Augen auf. Diese monströse Erscheinung ist beinah so groß wie die Bäume und sie läuft auf sechs mächtigen insektenartigen Beinen, an deren Ende jeweils eine scharfe Kralle sitzt. Vor sich hält es zwei gigantische Scherenhände deren rasiermesserscharfe Klingen aufblitzen wenn Licht darauf fällt und an seinem Hinterteil befindet sich ein gewaltiger, hoch aufgerichteter Gliederschwanz an dessen Ende ein überaus bedrohlicher, gebogener, spitzer Stachel sitzt. Die ganze Erscheinung gleicht einem riesenhaften Skorpion und er kommt nun direkt auf die kleine Gruppe zu. "Ach du Schande!", entfährt es Kagome und sie wird bleich. Shippo versteckt sich sofort hinter Kagomes Beinen; dieser beängstigende Gegner raubt ihm den letzten Mut. "Ein Skorpionyoukai!", ruft Inu Yasha aus. "Wo kommt der so plötzlich her?", fragt Miroku irritiert. "Kein Ahnung!", ruft Inu Yasha zurück und geht sogleich in Kampfstellung, "Aber er scheint keine gute Laune zu haben!" In der Tat! Der gewaltige Skorpion funkelt die Gruppe aus boshaften, kleinen, schwarzen Augen an und dann setzt er sich in Bewegung. Mit geschickten Trippelschritten, schiebt sich das Ungetüm direkt auf Kagome und die Anderen zu. Wie erstarrt, schaut Kagome der sich nähernden Gestalt entgegen. Beunruhigend schnappt der Skorpion mit seinen Scheren; sein Schwanz ist hoch erhoben und schwenkt bedrohlich hin und her. "Kagome, geh aus dem Weg!", ruft Miroku und zückt seine Bannzettel. Sogleich stellt er sich dem Monster entgegen um seine Freundin zu verteidigen. Rasch springt nun Kagome zur Seite während Miroku seine Bannzettel auf den Weg schickt. Jedoch die magischen Papiere erreichen ihr Ziel nicht. Kurz vor dem Ungeheuer gehen sie in kleine hellblaue Flammen auf. Der Skorpion zischt gefährlich. Verstimmt verzieht Miroku das Gesicht ohne seinen Gegner aus den Augen zu lassen. "Die Bannzettel haben keine Wirkung!", ruft Shippo erschrocken. "Lass es mich versuchen!", ruft Sango und springt auf Kiraras Rücken. Schon schnappt der Skorpion mit seinen Scheren nach Miroku, der sich gerade noch durch einen Hechtsprung retten kann. Doch Sango hat schon Kurs auf das Monster genommen. "Hiraikotsu!", ruft sie und wirft ihre Waffe. Doch erschrocken muss sie feststellen, dass der Bumerang von dem dicken Panzer der Kreatur abprallt ohne irgendwelchen Schaden zu hinterlassen. Doch ihr Angriff hat zumindest den Effekt, dass der Dämon nun von den Anderen ablässt und wütend mit seinen Scheren nach ihr schnappt. "Vorsicht, Kirara!", ruft Sango besorgt als die Katzendämonin nur um ein Haar einer der scharfen Klauen entgeht. "Das ist die Gelegenheit. Er ist abgelenkt", murmelt Miroku und beginnt die Gebetskette von seiner Hand zu winden. Plötzlich weiten sich Kagomes Augen. "Warte, Miroku,!", ruft sie hastig, als sie sieht was ihr Freund plant, "Das Vieh hat Juwelensplitter!" "Was?", ruft Inu Yasha aus, "Wie kann das denn sein? Warum hast du ihn dann nicht früher gespürt?" "Ich weiß nicht! Aber er hat welche und ich glaube sogar mehrere!" Auf einmal kommt Miroku die Erkenntnis: "Das müssen unsere Splitter sein! Sesshomaru muss sie wohl vorhin versehentlich fallengelassen haben, als er Inu Yasha angegriffen hat." "Und weil Inu Yasha dann so schwer verletzt war, haben wir auch nicht weiter drauf geachtet", nickt Sango und fliegt auf Kirara eine Schleife um ihren Bumerang aufzuheben. "Das macht Sinn!", meint Kagome, "Das Fläschchen muss zwischen die Steine gefallen sein und dort hat sie sich der Dämon dann heimlich geschnappt. Deshalb hab ich ihn auch nicht kommen gespürt." "Was?", stößt Inu Yasha aus, "Soll das heißen, das ist schon wieder die Schuld von dieser Youkai-Memme da, dass wie so ein riesiges Mistvieh an der Hacke haben?" Damit zeigt er auf Sesshomaru. Der Youkai steht mitten auf der Lichtung. Offenbar hat er den Vorwurf seines Bruders gar nicht gehört. Wie angewurzelt steht er da und starrt den riesigen Skorpion vor sich mit weitaufgerissenen Augen an. Er ist bleich wie ein Laken und kein Wort kommt über seine Lippen. In genau diesem Augenblick dreht sich der Dämonenskorpion wieder zu Kagome und den Anderen herum. Böse, schwarze Augen funkeln sie an. Miroku geht in Verteidigungsstellung und Kagome reißt vor Schreck den Mund auf als das Monster so hünenhaft vor ihnen aufragt. Zwischen ihren Beinen lugt verängstigt Shippo hervor. Der Skorpion richtet sich ein wenig auf, als könne er jeden Moment zum Angriff übergehen. Ein wütendes Zischen ist zu hören. Trotz seiner massiven Schmerzen zögert Inu Yasha keine Sekunde. Ganz gleich was ihn kosten mag, er wird nicht zulassen, dass Kagome irgendetwas passiert. Vergessen ist die Sitzattacke und das Schmollen, vergessen ist aller Streit. Die Person die ihm am meisten in seinem Leben etwas bedeutet ist in Gefahr und kein Schmerz der Welt wird ihn davon abhalten, sie zu beschützen. Mit einem grimmigen Knurren zieht er sein Schwert und stellt sich dem Dämon entgegen. Durch diese abrupte Kraftanstrengung brechen einige der Wunden auf seinem Brustkorb wieder auf und ihm entfährt ein schmerzhaftes Keuchen, doch sein Blick ist mit tödlicher Entschlossenheit auf seinen Gegner gerichtet. Doch urplötzlich öffnet das Monster sein kleines Maul mit den spitzen Zahnreihen darin und noch ehe irgendjemand reagieren kann schießt auch schon ein Strahl giftig grüner Nebelschwaden daraus hervor. Reflexartig springt Inu Yasha aus dem Weg, doch er entgeht dem grünen Dunst nur beinah. Eh er es verhindern kann hat er auch schon etwas davon eingeatmet. Schon spürt er wie es ihm den Atem raubt und seine Glieder schwer werden. "Kagome!", keucht er aus und dreht sich zu den Anderen um. Die Dunstwolke hat sie eingehüllt. Schon sieht er wie seine Freunde einer nach dem anderen zusammenklappen. "Kagome! Miroku! Shippo! Was ist mit euch!", ruft er und springt auf sie zu. "Bleib weg, Inu Yasha!", ruft Sango von oben, "Das ist lähmendes Gift! Pass auf, dass es dich nicht auch erwischt!" Verzweifelt schaut Inu Yasha zu den Anderen hinüber. "Kagome! Kagomeee!", schreit er. Schon macht der Dämon Anstalten auf die am Boden Liegenden zuzukrabbeln und ihnen den Rest zu geben als ihn plötzlich erneut ein Hiraikotsu trifft. Ruckartig fährt er herum und wendet sich dem Unruhestifter zu. "Ich versuch ihn abzulenken, Inu Yasha!", ruft die Dämonenjägerin, "Bring du die Anderen in Sicherheit!" Hastig wendet sich Inu Yasha um. Die Anderen! Sein Blick geht hinüber zu Sesshomaru der noch immer wie festgefroren auf der Lichtung steht. Mit weitgeöffneten Augen starrt der Youkai auf das gewaltige Monstrum vor ihm. Der heutige Tag hat Inu Yasha gelehrt, dass bei seinem Bruder im Moment mit so ziemlich allem zu rechnen ist, aber wenn er glaubt, dass ihn heute an dem stolzen Youkai-Prinz nichts mehr überraschen kann, dann täuscht er sich. Sesshomaru zittert am ganzen Körper! Kapitel 11: Ein Schwert, ein Schwert! Mein Königreich für ein Schwert! ---------------------------------------------------------------------- Inu Yasha will seinen Augen nicht trauen. Sein Bruder hat Angst! Der große Sesshomaru wirkt plötzlich kein bisschen mehr selbstbewusst und tapfer. Neben ihm haben Jaken und Rin Position bezogen. Ganz offenbar sehen sie ihren Herren noch immer ganz selbstverständlich als ihren Schutz an. Inu Yasha hegt an dieser Möglichkeit augenblicklich beträchtliche Zweifel. Offensichtlich braucht sein Bruder eine konkrete Aufforderung ehe er sich in Bewegung setzt. "Na los, Sesshomaru!", ruft er ihm zu, "Steh nicht so da rum! Bring Rin und Jaken in Sicherheit und dann hilf mir dieses Mistvieh zu erledigen." Zunächst reagiert sein Bruder nicht, doch dann hebt er mit bleichem Gesicht den Kopf und schaut ihn verstört an. "Wer ich?", seine Stimme zittert. "Gibt es hier sonst noch einen, der Sesshomaru heißt?", fragt Inu Yasha gereizt zurück. Erst sagt Sesshomaru gar nichts. Als er schließlich spricht ist seine Stimme kaum ein Flüstern. "Ich soll... mit diesem... Monster kämpfen?" In Inu Yashas Kopf überschlagen sich die Gedanken. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Noch niemals zuvor hat sein Bruder auch nur die leiseste Spur von Furcht gezeigt, und nun kann man fast beobachten wie er vor Angst schlottert. Normalerweise würde eine solche Gefühlsregung seines Bruders ihn sehr amüsieren doch im Augenblick ist sie leider völlig fehl am Platze. Da, auf einmal muss er mit ansehen, wie ein Schwinger mit dem mächtigen Schwanz die Dämonenjägerin samt Reittier vom Himmel wischt. Mit einem schmerzhaften Rumps, schlagen sie ein ganzes Stück entfernt auf dem Waldboden auf und rühren sich nicht mehr. "Sango!", ruft er aus und fasst Tessaiga beunruhigt fester. Das gewaltige Ungetüm lässt jedoch gerade von Sango ab und wendet sich nun den einzigen noch stehenden Gegnern zu. Rin quietscht vor Furcht auf und presst sich panisch an den hochgewachsenen Youkai neben sich, als ihr der gigantische Skorpion gegenübersteht und sie mit seinen kleinen, bedrohlichen Augen unheilverheißend anstarrt. Unwillkürlich nimmt Sesshomaru eine Verteidigungshaltung ein, aber er zittert noch immer und der kalte Schweiß läuft ihm über das Gesicht während er den riesigen Dämon vor sich eingeschüchtert anstarrt. Der mächtige Skorpionschwanz schwingt unruhig hin und her. Inu Yashas Adrenalin macht sich bemerkbar. Das sieht nicht gut aus. Das wird ins Auge gehen. In seiner momentanen Verfassung ist Sesshomaru kein Gegner für dieses Ungetüm, geschweige denn, dass die anderen Beiden das Ganze unbeschadet überstehen werden. Er muss etwas unternehmen sonst gibt das ein Unglück. Aber was? Soll er die beiden Anhängsel seines Bruders in Sicherheit bringen und Sesshomaru seinem Schicksal überlassen, oder soll er dem riesigen Biest gegenübertreten und sie alle verteidigen. Doch der Skorpion lässt ihm keine Zeit zum Überlegen. In diesem Augenblick schießt der erhobene Schwanz mit dem spitzen Stachel auf die drei nieder. Im Bruchteil einer Sekunde trifft Inu Yasha eine Entscheidung und reagiert. Mit einem raschen Sprung und sicherem Griff hat er Jaken und Rin geschnappt und springt mit ihnen aus der Reichweite des Dämons. Sesshomaru muss sich eben selbst helfen. Hastig setzt er die beiden völlig verstörten Gestalten hinter einem Gebüsch ab. Jaken bringt mit weitaufgerissenen Augen kein Wort heraus und Rin schnieft ängstlich vor sich hin. "Bleibt bloß unten ihr zwei!", zischt Inu Yasha ihnen zu und dreht sich dann wieder zu seinem Bruder um. Sesshomaru hat tatsächlich reagiert und ist aus dem Weg gesprungen. Doch nun hat der gewaltige Skorpion ihn als neues Ziel auserkoren und hetzt nun den panisch wirkenden Youkai über die Lichtung. Immer wieder springt Sesshomaru nur knapp aus dem Weg und es gehört nicht viel dazu um festzustellen, dass er unverhehlte Angst hat; Angst um sein Leben. Was um alles in der Welt tut er da? Inu Yasha versteht die Welt nicht mehr. Warum bloß geht er nicht zum Angriff über? Über einen Mangel an Kraft kann er sich doch wohl nicht beklagen, wie er unlängst erst auf äußerst schmerzhafte Weise feststellen durfte. "Was soll der Unsinn?", ruft er ihm nun zu, "Hör mit dem Rumspringen auf und greif das Mistvieh endlich an!" "Wie denn?", kommt die verzweifelte Antwort von seinem Bruder, "Er ist doch viel zu schnell! Er will mich umbringen! Hilf mir doch, Ni-san, so hilf mir doch!" Der Rest von Sesshomarus Worten geht in kläglichem Schluchzen unter. In Inu Yashas Magengrube bildet sich ein schmerzhafter Knoten. Das darf doch nicht wahr sein! Es ist nicht zu fassen! Was zuviel ist, ist zuviel! Freude... ja, Albernheiten... auch, Schamlosigkeit... gewissermaßen, Trauer... gerade noch, aber eine solche Angst, dass sie seinen Bruder zum Weinen bringt, das ist zuviel für ihn! Verdammt, verdammt, verdammt! Da wird man ja verrückt bei! Eigentlich hat Inu Yasha im Augenblick alles andere als große Lust, sich mit diesem Riesenvieh anzulegen. Seine Wunden haben zum Teil wieder angefangen zu bluten und durch die Schmerzen, kann er sich kaum bewegen. Und am liebsten möchte er sich selbst ohrfeigen dafür, aber diese Verzweiflung im Gesicht seines Bruders, der noch immer versucht dem riesigen Skorpion zu entkommen, gibt seinem Herzen einen schmerzhaften Stich. Eine Sekunde lang zögert Inu Yasha noch, dann fährt er sich mit der Hand über das Gesicht. "Ich muss total bescheuert sein!", nuschelt er, dann hebt er wieder den Kopf und fasst sein Schwert fester. "Warte ich komme!", ruft er und dann springt er auf die Beiden zu; Tessaiga zum Schlag erhoben. Mit heftiger Wucht geht das Schwert auf die harte Panzerung des Dämons nieder. Inu Yasha spürt den Wiederstand am ganzen Körper. Der Skorpion zischt wütend und im nächsten Augenblick hat er sich auch schon zu Inu Yasha umgedreht und ragt nun groß und bedrohlich vor ihm auf. Um sein hässliches Maul glitzern grünliche Geiferbläschen. "Oh Mist!", entfährt es Inu Yasha als der mächtige Schwanz niederfährt und ihn nur um wenige Zentimeter verfehlt. Hastig springt er aus dem Weg während der Dämon ihn zornig verfolgt. Gehetzt schaut Inu Yasha zu seinem Bruder hinüber der mit angsterfülltem Blick zu ihm herüberblickt. "Verdammt, was ist dein Problem?", ruft er seinem Bruder zu, während er etwas unbeholfen einer Scherenattacke seines Gegners ausweicht. Sein ganzer Körper brennt wie Feuer und er fühlt sich bereits empfindlich geschwächt. "Komm endlich in die Gänge und tu endlich auch mal was!" Sesshomaru steht ein Stück entfernt und erweckt den Eindruck als würde ihn allein schon die Vorstellung, dass man ihn in Verbindung mit dem Begriff ,kämpfen' bringen könnte, aufs unangenehmste überfordern. "Was soll ich denn tun?", kommt die verstörte Antwort. Du liebes Bisschen! Muss man ihm denn alles erklären? "Was ist das denn für ne blöde Frage?", gibt Inu Yasha empfindlich gereizt zurück und duckt sich gerade noch unter einem Schnappen der Riesenschere hinweg., "Nimm dein Schwert und greif ihn an! Wozu hast du das blöde Ding denn?" Sesshomarus Blick wandert hinunter zu seinem Hosenbund. An seiner Seite hängen zwei Schwerter. Mit zitternden Fingern greift er nach einem der Schwertgriffe und zieht es aus der Scheide; in fahlem blau leuchtet die schmale Klinge auf. Der Youkai schluckt einmal schwer, dann streckt er es seinem Gegner entgegen. Währenddessen ist Inu Yasha intensiv bemüht den permanenten Attacken seines Gegners aus dem Weg zu gehen; es gelingt ihm nur mit großer Mühe. Seine Wunden fordern allmählich ihren Tribut. Gerade hat er für einen kleinen Augenblick Luft und sieht sich nach seinem Bruder um, der gerade in diesem Augenblick seinen gesamten Mut zusammennimmt und Anstalten macht sich tatsächlich auf den mächtigen Gegner zu stürzen. Das Gesicht des Youkai ist noch immer bleich, doch offenbar gibt ihm das Gefühl, einen Schwertgriff in der Hand zu haben, etwas von seinem verlorengegangenen Mut wieder. Sesshomarus Blick wird ernst und dann springt er los. Inu Yashas Augen fliegen auf, als er sieht was sein Bruder vorhat und sofort entfährt ihm ein warnender Ruf: "Aber doch nicht das Schwert, du Idiot!" Doch es ist bereits zu spät. Mit aller Kraft, die der Youkai-Prinz in diesen Schlag gelegt hat, triff das Schwertblatt auf dem Gliederschwanz auf und... dringt einfach hindurch, ohne das Ungetüm auch nur zu verletzen. Da der Youkai mit wesentlich mehr Widerstand gerechnet hat, trägt ihn nun sein eigener Schwung noch ein ganzes Stück weiter und lässt ihn straucheln. Verwirrt kniet er nun auf dem Boden und betrachtet irritiert das Schwert in der Hand. "Das andere Schwert, du Blödmann, das andere!", ruft Inu Yasha ihm nun hektisch zu; er ist im Augenblick vollkommen damit beschäftigt den Skorpion davon abzuhalten ihn zwischen seinen Scheren zu zerquetschen indem er mit aller Kraft sein Schwert dazwischen klemmt. Dabei läuft es ihm kalt den Rücken herunter. Wenn seinem Bruder nicht bald etwas einfällt, könnte die Sache hier ziemlich unangenehm ausgehen. Alle seine Gefährten sind ausgeschaltet und er selbst hat sich schon lange nicht mehr so zerschlagen gefühlt. Schmerzlich wird er sich bewusst, dass er zum ersten Mal auf die dringende Hilfe seines Bruders angewiesen ist und diese Vorstellung lässt ihm fast die Galle hochkommen, zumal Sesshomaru im Augenblick keine wirkliche Hilfe zu sein scheint. Diese gesamte Konstellation im Moment ist, freundlich ausgedrückt, äußerst ungünstig!" Inzwischen hat Sesshomaru sich doch wieder aufgerappelt und beobachtet mit verängstigtem Blick wie sein Bruder mit den gewaltigen Scheren des Monsters kämpft. Wieder wandern seine Augen zu dem Schwert in seiner Hand. Wozu er dieses nutzlose Schwert mit sich trägt, kann er nicht erahnen, aber fest steht, dass er damit diesem Monstrum nichts entgegenzusetzen hat. Sein Bruder meinte, es wäre das falsche Schwert. Sein Blick geht zu dem blanken Schwert an seiner Seite hinunter; nun ja, auf einen Versuch kommt es wohl an. Er schluckt noch einmal und sein Herz klopft ihm bis zum Hals als er das andere Schwert unbeholfen wieder zurück in die Scheide steckt. Dann umfasst er den Griff der anderen Waffe. Sein Bruder ist in ernster Bedrängnis und diesmal wird er alles versuchen um ihn zu beschützen, das steht für ihn fest! Irgendwie muss er ja schließlich seinen Fehler von vorhin wieder ausbügeln. Sein Bruder darf einfach nie wieder zu Schaden kommen; besonders da es ihm offensichtlich schwer fällt mit den Wunden, die er ihm zugefügt hat, zu kämpfen. Mit allem zusammengenommenen Mut tritt Sesshomaru dem Skorpionyoukai entgegen. Sein Blick ist finster, doch eine leichte Unsicherheit merkt man ihm dennoch an. "Hey, du Mistvieh!", ruft er dem Dämon zu, "Lass auf der Stelle meinen Bruder in Ruhe, sonst wirst du es bereuen!" Mit diesen Worten zieht er sein Schwert und streckt es dem Ungetüm entgegen. Mit einem Ruck fährt der Dämon herum und wendet sich bedrohlich dem hellhaarigen Youkai zu. Um das Schwert in Sesshomarus Hand bilden sich auf einmal bedrohlich wabernde, purpurne Schwaden; der Youkai bekommt große Augen. Zunächst umschmiegen sie unheilvoll die Klinge des Schwertes doch dann nimmt das unheimliche Leuchten immer mehr zu und Sesshomaru spürt wie die Klinge in seiner Hand leicht vibriert. Auf einmal jedoch beginnen die leuchtenden Schwaden hinunter zum Schwertgriff zu kriechen und von dort umschlingen sie kurz darauf auch den Arm des Youkais und breiten sich dann immer weiter über seinen Körper aus. Sesshomarus Augen sind vor Schreck geweitet. Er weiß nicht was er auf einmal davon halten soll, aber diese seltsamen Energiewirbel winden sich immer enger um ihn und ihm wird unangenehm heiß. Auf einmal kommt es ihm so vor, als würde ein brennender Schmerz seinen ganzen Körper überziehen und zu seinem Entsetzen muss er feststellen, dass er auf einmal keine Kontrolle mehr über seine Bewegungen hat. Irgendetwas spukt ihm plötzlich durch den Kopf und die Berührung dieser seltsamen Präsenz ist ihm äußerst unangenehm und widert ihn an. Doch er hat ihr nichts entgegenzusetzen. Schon spürt er wie ihm unwillkürlich die Knie nachgeben und er unter Schmerzen einknickt. Auch Inu Yasha hat die Veränderung an seinem Bruder inzwischen bemerkt. Auch ihm entgleisen für einen Augenblick die Gesichtszüge, als er sieht wie sein Bruder in eine bedrohliche, purpurne Aura eingehüllt wird und nun einen schmerzerfüllten Schrei von sich gibt. "Ach du Scheiße!", stößt er hervor, "Das hatte ich ja völlig vergessen!" Toukijin, das dämonische Schwert! Eine mächtige Waffe in den Händen derer, die damit umgehen können. Dieses Schwert hat seinen eigenen Willen und nur eine Person mit einer starken Persönlichkeit ist in der Lage, es sich gefügig zu machen, alle anderen werden stattdessen von dieser Waffe kontrolliert und dadurch früher oder später in die willenlose Vernichtung getrieben. Bisher hatte der Youkai-Prinz keine größeren Schwierigkeiten mit der Handhabung dieser Waffe, doch im Augenblick kann man Sesshomaru wohl kaum als gestandene Persönlichkeit bezeichnen. In seiner jetzigen Verfassung hat er den dämonischen Kräften dieses Schwertes nichts entgegenzusetzen. "Ein blöder Fehler!", schimpft Inu Yasha mit sich selbst, "Blöd, blöd, blöd! Jetzt haben wir ein echtes Problem." Schon muss er mit ansehen wie Toukijins Aura den hochgewachsenen Youkai völlig umschlossen, und ihn mit wütendem Leuchten vollkommen unter seine Kontrolle gebracht hat. Violett leuchten seine Augen auf und ein hämisches Grinsen zieht sich über sein Gesicht. Mit tödlicher Entschlossenheit richtet er das Schwert auf den Dämon vor sich und nur wenige Sekunden später geht ein gewaltiger Energiestoß von der Spitze der Klinge auf den Skorpion los. Wütend zischt das Monster auf. Die Wucht dieser Attacke hat ihm für einen Moment die Beine weggefegt und es ist unsanft auf dem Rücken gelandet. Nun unter zahlreichen Gurgel- und Zischlauten bemüht es sich, wieder auf die Füße zu kommen. Erhobenen Hauptes steht der Youkai da und verzieht seine Mine zu einem schauerlichen Grinsen. Dann plötzlich verschwindet das Grinsen und weicht einer schmerzverzerrten Mine. Krampfhaft hält Sesshomaru den Schwertgriff umklammert als wäre er nicht in der Lage, ihn loszulassen. Gleichzeitig flackert jetzt die leuchtende Aura um ihn wütend auf und lässt seinen Körper sich unter Schmerzen aufbäumen, während er die Augen zukneift und gequält die Zähne zusammenbeißt. "Du liebe Zeit!", stößt Inu Yasha hervor, "Was hat das denn zu bedeuten?" Zu seiner Überraschung meldet sich nun Jaken hinter einem der Büsche. "Mein Meister hat das Schwert Toukijin immer durch die Macht seines Willens unterdrückt und unter Kontrolle gehalten. Wahrscheinlich versucht Toukijin nun, wo es diese Kontrolle los ist, sich dafür an meinem Herren zu rächen. Oh Sesshomaru-sama! Das Schwert wird ihn umbringen" Zutiefst besorgt blickt der kleine Dämon zu dem wütenden Flackern des Schwertes hinüber. Mit halbem Ohr hat Inu Yasha zugehört. Seine Aufmerksamkeit liegt bei seinem Bruder. Könnte der kleine Gnom recht haben? Versucht das Schwert tatsächlich Sesshomaru aus Rache zu töten? Es hat fast den Anschein. Mit zunehmendem Unbehagen beobachtet er das Geschehen. Immer wieder muss er sehen, wie sich Sesshomarus Körper unter Schmerzen zusammenkrümmt. Ein gepresster Schrei quält sich aus seiner Kehle und noch immer gelingt es ihm nicht das Schwert loszulassen. Inu Yashas Herz klopft bis zum Hals. Innerlich weiß er genau, dass sein Bruder, trotz all seiner Macht, diese Tortur nicht überstehen wird, wenn er nichts unternimmt. Die Verlockung, untätig zu bleiben, ist da; jedoch nur für einen kurzen Moment. Er schluckt einmal schwer. Hat er sich nicht genau das so manchmal genüsslich ausgemalt? Wie hat er sich doch immer wieder gewünscht seinem Bruder endlich alles heimzahlen zu können! Doch nun wo die Gelegenheit da ist, hat dieser Gedanke völlig seinen Reiz verloren und Inu Yasha versteht sich selbst nicht mehr. Er hat auf einmal Mitleid mit seinem Bruder und nein, er wird ihn nicht sterben lassen! Ohne, dass er selbst so recht weiß was er tut, atmet er noch einmal tief durch und dann springt er los, direkt auf Sesshomaru zu. Die wütende Aura um seinen Bruder knistert bedrohlich, doch das schreckt den Hanyou nicht. Die Hand schützend vor dem Gesicht tritt er näher. Wo die Energieschwaden auf ihn treffen, fühlt es sich fast an wie Peitschenhiebe, doch Inu Yasha beißt die Zähne zusammen. "Glaub nur nicht..., dass du uns alle... so einfach... ins Jenseits schicken kannst, du... dämlicher Kerl!" Mit diesen Worten hat er ihn erreicht. Aus Sesshomarus Kehle dringt ein gepeinigtes Grollen. Ein letztes Mal ballt Inu Yasha die Faust; auf seiner Haut zeichnen sich bereits vereinzelte Brandschlieren ab. Dann ergreift er die Hand seines Bruders, die verkrampft die dämonische Waffe umklammert hält. Sofort spürt Inu Yasha die unheimliche Präsenz des Schwertes, die auch ihn nun zu vereinnahmen versucht. Schon spürt er, wie er die Kontrolle über seine Gliedmaßen verliert. "Oh... nein! So nicht!", quetscht er hervor und mit Gewalt versucht er den Griff seines Bruders zu lösen. Doch schon im nächsten Augenblick überrollt ihn eine Welle von Schmerz, so dass er einmal keuchend nach Luft schnappen muss. Dieses elende Schwert wehrt sich wahrhaftig mit allen Mitteln! Schon spürt er wie sämtliche seiner Wunden wieder aufbrechen und ihm das Blut warm über den gepeinigten Körper läuft. Ein rötlicher Schleier legt sich über seine Augen und im Mund schmeckt er sein eigenes Blut. Fast drohen ihm seine Kräfte gänzlich zu versagen. Doch dann sammelt der verletzte Hanyou seine letzten Kraftreserven zusammen. "Ich... gebe... nicht... auf!", grollt er, "Vergiss es! Ich lass nicht zu..., dass du meinen Bruder umbringst! Nur... über meine... Leiche!" Mit diesen Worten reißt er schließlich das Schwert aus der Hand seines Bruders und das wütende Leuchten umzüngelt und übermannt ihn augenblicklich. Neben ihm bemerkt Inu Yasha aus den Augenwinkeln wie Sesshomaru zitternd zusammenbricht. Sein Gesicht ist bleich in verschwitzt und mit erschöpftem Blick schaut er zu ihm hoch. Doch Inu Yasha kann dem kaum Beachtung schenken, denn im Augenblick hat er viel zu viel damit zu tun, das Schwert in seiner Hand unter Kontrolle zu bringen. Die wütende Aura umzüngelt ihn und er spürt genau, wie ihm die Kontrolle über seine Gliedmaßen entgleitet. Sein Körper ist ein einziger Schmerz und seine Gedanken überschlagen sich. Sein Herz hämmert wie Paukenschläge in seinen Ohren und er bekommt kaum Luft. Was hab ich mir bloß dabei gedacht?, durchzuckt ihn für den Bruchteil einer Sekunde, doch dann packt er den Griff seines eigenen Schwertes wie eine Rettungsleine und zieht es aus der Scheide. Mächtig liegt die Klinge in seiner Hand und leuchtet in einem hellen, gelben Schein auf. "Na, wie schmeckt dir das, du Mistding?", quetscht Inu Yasha hervor und bringt die beiden Klingen übereinander. Ein lautes Knistern ertönt als die Mächte der beiden Schwerter aufeinandertreffen. Doch offenbar scheint sich Toukijins dämonische Aura nicht mit dem Schutzsiegel an Tessaiga zu vertragen. Die wabernden Energieschwaden flackern bedenklich und ein messerdünnes Kreischen scheint der Klinge zu entfliehen. Doch dieser kurze Moment der Ablenkung genügt Inu Yasha. Nun gelingt es auch ihm, seine Hand zu öffnen und erleichtert lässt er das feindliche Schwert ins Gras plumpsen. Mit einem Aufseufzen verpuffen die purpurnen Schwaden in der Luft und die düstere Dämonenaura verschwindet. Keuchend knicken Inu Yasha die Knie ein; nur kraftlos liegt Tessaiga in seiner Hand. Er ist am ganzen Körper mit Blut und Schweiß überdeckt und im Augenblick muss er mit aller Willensstärke um seine Besinnung ringen. Wenn er die Augen öffnet, sieht er alles verschwommen; so auch seinen Bruder der noch immer mit verängstigtem Blick zu ihm hinaufschaut. "Bist du in Ordnung, Ni-san?", kommt die schwache Frage. Inu Yasha atmet schwer. "Geht schon...", stößt er hervor. Wenn er sich nur für einen Augenblick Ruhe gönnen könnte, dann würde er schon wieder zu Atem kommen. Er schluckt mühsam, sein Hals ist trocken. Wieder geht sein Blick zu Sesshomaru. "Was ist mit dir?", fragt er möglichst gleichgültig. Mit steifen Bewegungen versucht Sesshomaru wieder auf die Beine zu kommen, doch seine Kraft scheint sich in Luft aufgelöst zu haben; sogleich knicken ihm wieder die Knie ein. Erneut versucht er es, diesmal gelingt es ihm wacklig wieder auf die Füße zu kommen. "Was war denn das?", kommt die verstörte Frage des Youkai, "Es... es hat so weh getan!", dabei muss er schwer schlucken und sein Gesicht wendet sich leicht ab. Dann fällt sein Blick wieder auf Inu Yasha. "Oh, Bruder, du siehst ja schlimm aus!", entfährt es ihm erschrocken und besorgt, "Du hast ja überall Wunden! Das muss doch schrecklich wehtun, oder? Immer wirst du wegen mir verletzt und trotzdem hast du mir geholfen. Aber ich bin ja so froh, dass du noch lebst! Dabei mach ich dir immer nur Schwierigkeiten, das tut mir so leid!" Einmal mehr verzieht sich Sesshomarus Mine. Hastig wendet er den Kopf ab und wischt sich rasch mit der Hand übers Gesicht. Inu Yasha kann sich nicht helfen. Dieser Anblick gibt ihm erneut einen Stich und in diesem kurzen Moment entdeckt er, zu seinem grenzenlosen Erstaunen, ein ganz neues Gefühl für seinen Bruder in sich: Zuneigung! Kann das wirklich wahr sein? Zu welchem Zeitpunkt hat sich denn die Sympathie zu seinem Bruder bei ihm eingeschlichen? Bei dem Stöckchenspiel? Bei der Reinlichkeitsgeschichte? Nach ihrer Juwelensplitter-Auseinandersetzung? Er kann es nicht sagen. Tatsache ist aber dennoch, dass er seinen Bruder im Augenblick, aber auch wirklich nur im Augenblick, vollkommen uneingeschränkt leiden kann. Ein leichtes Lächeln zieht verstohlen über Inu Yashas Gesicht. Oh Man, wie weit ist es jetzt schon mit mir gekommen?, denkt er bei sich und schüttelt kaum merklich den Kopf. Noch immer kniet Inu Yasha entkräftet auf dem Boden und schaut zu seinem Bruder hoch, der ihn mit einem Wechselspiel aus gemischten Gefühlen im Gesicht ansieht. Noch immer ist er bleich. Außer der nachbebenden Angst spiegelt sich aber noch Reue, Erleichterung, Freude und Unsicherheit in seinem ebenmäßigen Gesicht wieder. Inu Yasha wird sich bewusst, dass er seinen Bruder noch niemals zuvor so verletzlich erlebt hat und es ist ihm nicht möglich den Blick von ihm zu wenden. Doch auf einmal weiten sich Inu Yashas Augen als eine Bewegung hinter seinem Bruder ihn aufschrecken lässt. Aber so sehr er etwas Entsprechendes rufen möchte, er kann seine Lippen nicht dazu bringen die Worte zu formen. Doch etwas in seinem Blick scheint Sesshomaru zu alarmieren und einer Ahnung folgend dreht er sich um. Was er sieht lässt ihn auf der Stelle erstarren. Direkt vor ihm ragt der Skorpion auf. Unbemerkt von den Anderen hat er es geschafft, sich wieder in eine aufrechte Position zu befördern und nun ist er zorniger den je auf die mickrigen, kleinen Wesen die es wagen ihn so ohne weiteres anzugreifen und einfach seine Welt auf den Kopf stellen. Sein Schwanz schwingt bedrohlich vor und zurück und giftiger Geifer tropft ihm aus dem Mund. Fassungslos starrt Sesshomaru ihn an und er erbleicht. Seine Glieder gehorchen ihm nicht und er steht da wie festgefroren. Schon holt das Monstrum aus und lässt seinen Schwanz wütend hernieder fahren. In genau diesem Moment fühlt Sesshomaru wie ihn etwas grob am Ärmel packt und beiseite reißt. Unsanft stürzt er ein paar Schritt weiter zu Boden und schaut dann irritiert zu seinem Bruder auf. "Pass doch gefälligst auf, du Vollidiot!", schimpft Inu Yasha ungehalten und er keucht, "Soll das Mistvieh dich doch noch erwischen?" Sein Atem rasselt und ein Hustenanfall überkommt ihn. Verstört beobachtet Sesshomaru den Hanyou der vor ihm um Atem ringt und ihn eben gerade noch rechtzeitig von dem Monster hinter ihnen weggerissen hat bevor der Schlag ihn treffen konnte. "Du bist wirklich zu nicht zu gebrauchen!", schnauft Inu Yasha benommen, "Ständig muss ich dich retten. Als ob ich nichts Besseres zu tun... uuhn...!", weiter kommt er nicht. Ein Ruck geht durch seinen Körper und Inu Yashas Augen fliegen erstarrt auf. Fassungslos beobachtet Sesshomaru wie die mächtige Spitze des Skorpionschwanzes sich gerade in den Rücken des Halbdämons gebohrt hat und ihn so sehr effizient zum Schweigen bringt. Für den Bruchteil einer Sekunde, der sich für Sesshomaru zu einer stundenlangen Zeitspanne ausdehnt, scheint jegliches Geräusch auf der Lichtung verschluckt zu werden und eine unheilvolle Stille legt sich über den Platz. Diese wird erst wieder unterbrochen durch einen grellen, entsetzten Schrei: "Ni-saaan!!!" Völlig fassungslos muss Sesshomaru mit ansehen wie der riesige Skorpion den erschlafften Körper seines Bruders wie eine leblose Hülle hinter sich schleudert. Dumpf schlägt er auf dem Boden auf. In dem Youkai kriecht unweigerlich die Panik hoch. Zitternd versucht er sich von dem riesigen Monstrum wegzuschieben. Doch das Ungetüm krabbelt nur mit gezielten Trippelschritten hinterher. Irgendwie gelingt es ihm wieder auf die Füße zu kommen und bewegt sich nun rückwärts von dem gewaltigen Dämon weg, doch dieser lässt ihn nicht aus den Augen. Hastig greifen Sesshomarus Finger nach seinem verbliebenden Schwertgriff und zieht es heraus. Viel Schutz wird es erfahrungsgemäß nicht geben aber es ist immer noch besser als gar nichts. So hält er die schmale Klinge nur abwehrend vor sich und weicht dabei Schritt um Schritt vor dem sich nähernden Dämon zurück. Bedrohlich schnappen die gewaltigen Scheren nach ihm und nur wenige Zentimeter trennen sie jedes Mal noch von seinem Kopf. Mit bebender Unterlippe und blassem Gesicht wehrt der Youkai-Prinz die Attacken ab. Doch er ist sich klar, dass schon der nächste Angriff des Ungeheuers sein Letzter sein könnte. Wieder erhebt das Monster seinen gewaltigen Stachelschwanz und wieder zielt es damit auf ihn; Sesshomaru erbleicht. Doch in genau diesem Augenblick hört er einen lauten Schrei: "Kaze no Kizu!" und nur einen Augenblick später strahlt hinter dem gewaltigen Skorpion vor ihm, ein grelles Licht auf, dem eine mächtige Druckwelle folgt und das Letzte was er sieht ist der Dämon der vor ihm der Länge nach entzweigerissen wird, ein heller, walzender Energiewirbel der auf ihn zurast und das schemenhafte, blaue Leuchten seines Schwertes, das er, wie um das unweigerliche Unheil vor ihm abzuwenden, vor sich hält. Und dann überkommt ihn Finsternis. Nachdem sich Tessaigas ,Kaze no Kizu' verzogen hat, lässt Inu Yasha erschöpft seine Waffe sinken. Von dem Skorpionyoukai ist nirgendwo mehr etwas zu sehen. Schwer nach Luft japsend und mit zittrigen Bewegungen lässt er sich auf die Knie plumpsen. Er fühlt sich schwindelig und ihm ist schlecht. Ein plötzlicher Würgereiz überkommt ihn und er spuckt einen Schwall Blut aus. "Verdammt!", stößt er hervor. Dieses scheußliche Gift! Er spürt es in jeder Faser seines Körper. Es verbrennt ihn von innen. Schon jetzt ist er ganz nassgeschwitzt. Für einen Augenblick schließt er die Augen und versucht den Schmerz in seinem Körper zu ignorieren. So sitzt er nur da und gönnt sich einen Augenblick lang nur zu schweigen und zu atmen. "Alles in Ordnung, Inu Yasha?", kommt auf einmal die zögerliche Frage hinter ihm. Lediglich Inu Yashas Ohren stellen sich etwas auf, zu mehr fehlt ihm die Kraft. "Du siehst wirklich schlimm aus!", meint Sango weiter die nun an ihn herangetreten ist. Sie hat einige Schürfwunden abbekommen und humpelt leicht aber sonst scheint sie in Ordnung zu sein. Der geschundene Halbdämon öffnet langsam die Augen: "Es... geht schon... irgendwie...! So ein... drittklassiger Dämon... wird bestimmt nicht... für meinen Tod verantwortlich sein." "Du hast ihn ja gerade noch besiegt", stellt sie mit einem erleichterten Tonfall fest, "Hätte nicht gedacht, dass ein solch niederer Dämon uns derartig zusetzen könnte. Ich komm mir irgendwie lächerlich vor." "Mach dir... nichts draus!", murmelt Inu Yasha, "Damit bist du heute nicht alleine!" Verstimmt verzieht die Dämonenjägerin das Gesicht: "Na, also wenn du noch Witze machen kannst, dann kann es dir ja doch nicht so schlecht gehen." Nun stützt sich Inu Yasha schwerfällig auf sein Schwert um sich wieder hochzuhieven. Es gelingt nach einigen Versuchen. "Wie geht es Kagome?", fragt er nun. Die Besorgnis in seiner Stimme ist unverkennbar. "Mach dir keine Sorgen", beruhigt Sango ihn, "Sie kommen schon wieder zu sich. Das Lähmungsgift war nicht so stark, es wirkt nur eine kurze Zeit." Tatsächlich bemerkt der Hanyou jetzt wie wieder Leben in die kleine Gruppe seiner Freunde kommt, die gerade noch reglos am Boden gelegen haben. Auch Kagome ist wieder zu sich gekommen und nur wenige Augenblicke später hat sie ihn entdeckt. Ihre Augen weiten sich vor Sorge. Hastig läuft sie auf ihn zu. "Inu Yasha!", ruft sie und schon ist sie bei ihm, "Was ist denn passiert? Du bist ja verletzt! Hast du Schmerzen? Wie ist das geschehen?" Da Inu Yasha nicht weiß wie und auf welche der Fragen er zuerst antworten soll, zieht er es vor zu schweigen und sich vorerst weiter darauf zu konzentrieren, nicht vor Schmerzen die Besinnung zu verlieren. Nun gesellen sich auch die anderen zu ihm und gratulieren ihm zu seinem harterkauften Sieg. Plötzlich bemerken sie jedoch auch noch die beiden anderen Personen die sich gerade wieder zögernd hinter dem Gebüsch hervorschieben. Jaken hat sich noch kleiner geduckt als man es eh von ihm gewohnt ist und die kleine Rin humpelt ebenfalls ein wenig unsicher hinter ihm her. Durch ihre Flucht vorhin, wurde ihr verstauchter Knöchel wieder einmal mehr in Mitleidenschaft gezogen und sie muss bei jedem Schritt die Zähne zusammenbeißen. Doch das Auftauchen der Beiden richtet die Gedanken der Gruppe wieder in eine ganz andere Richtung: Was ist mit Sesshomaru? Hastig gehen sämtliche Blicke in der Gegend herum. Hoffentlich hat Inu Yashas Attacke ihn nicht gleich zusammen mit dem anderen Dämon ins Jenseits befördert, doch diesen Gedanken wagt keiner der Anwesenden in Gegenwart von Rin auszusprechen. Da auf einmal entdecken sie ihn. Der hellhaarige Youkai liegt mit dem Gesicht zum Boden am anderen Ende der verwüsteten Lichtung auf der Erde und regt sich nicht. Sekunden der Ungewissheit verstreichen in denen keiner wagt, eine Vermutung über den Zustand des Youkais abzugeben. Da plötzlich kommt wieder Leben in ihn und ein kollektives Ausatmen lässt die Anwesenden wissen, dass sie gemeinsam vor Anspannung den Atem angehalten hatten. Mit steifen Bewegungen kommt der Youkai allmählich wieder auf die Füße und dann bleibt er am ganzen Körper leicht bebend mit dem Rücken zu ihnen stehen. Sein Kopf ist gesenkt und er atmet heftig. Keiner der Anwesenden sagt ein Wort oder rührt sich. Schließlich meint Kagome jedoch: "Was ist denn mit ihm? Was hat er denn? Ob er verletzt ist?" Inu Yasha richtet sich ein wenig auf. Nachdenklich betrachtet er den Rücken seines Bruders. "Das verstehst du nicht", murmelt er schließlich. Zur allgemeinen Überraschung scheint Inu Yasha für den Moment seine Schmerzen zu vergessen und geht nun zu seinem Bruder hinüber, wobei er leicht humpelt. Noch immer hat Sesshomaru ihm den Rücken zugedreht und seine Schultern beben vernehmlich. Nun tritt Inu Yasha an ihn heran und erst zögert er kurz doch dann legt er seinem Bruder behutsam die Hand auf die Schulter und fragt: "Alles in Ordnung, Sesshomaru-chan? Bist du ok?" Mehrere Herzschläge lang kommt von Sesshomaru keine Reaktion doch dann hebt er langsam den Kopf und er atmet einmal mühsam beherrscht durch. Dann sagt er ruhig: "Nenn mich... noch einmal Sesshomaru-chan... und du kannst dich vom nächsten Felsen kratzen!" Verblüfft starrt Inu Yasha ihn an; mit dieser Reaktion hat er nicht gerechnet. Doch schon im nächsten Augenblick spürt er die kräftige Hand seines Bruders die unbeirrbar nach seiner eigenen auf der Schulter greift und ihm schmerzvoll und unbarmherzig die Finger zusammenquetscht. "Und fass mich nicht an!", zischt Sesshomaru bedrohlich und wendet nun doch seinem Bruder den Kopf zu. Inu Yasha zieht hastig die schmerzende Hand zurück und starrt noch immer völlig perplex seinen Bruder an. Der Blick den ihm Sesshomaru zuwirft hat eine tödliche Kälte und er kann erkennen, dass seine Kiefer unter den zusammengebissenen Zähnen mahlen. Doch gleichzeitig ballt der Youkai-Prinz nun so sehr die Faust, dass das Blut tropft und noch immer hat sich ein unkontrolliertes Zittern der hochgewachsenen Gestalt bemächtigt. Aber es ist nicht Furcht die ihn zittern lässt, das erkennt der Hanyou nun, es ist maßlose Wut! Doch zu seinem großen Erstaunen gesellt sich nun zu der wütenden Grimasse ein nicht unerheblicher Rotschimmer. Der stolze Youkai-Prinz errötet! Kapitel 12: Wieder normal?! --------------------------- Sämtliche Augen sind nun auf den hochgewachsenen Youkaifürsten gerichtet und gemeinsam erfassen die Anwesenden den neuen Sachverhalt der zudem noch ein, dezent ausgedrückt, beunruhigendes Problem mit sich bringt: Der Youkai-Prinz ist nun ganz offensichtlich wieder Herr seiner selbst und außerdem kocht er vor Wut! Kagome und die anderen ertappen sich dabei, dass sie nicht wagen auch nur einen Muskel zu rühren, um den ohnehin schon aufgebrachten Youkai, nicht noch zusätzlich zu reizen. Sesshomaru spürt seine vor Wut verkrampften Muskeln in jeder Faser seines Körpers. Ihm wird abwechseln heiß und kalt und er muss sich zwingen, regelmäßig ein und auszuatmen. In seinem Kopf überschlagen sich die Gedanken. Das darf nicht wahr sein! Das darf nicht wahr sein! Immer wieder wiederholt er innerlich diese Worte und am liebsten möchte er jedes einzelne Wort davon betonen. Ja, er ist wieder klar im Kopf, Tensaiga sei dank! Dieses verwünschte Schwert seines Vaters! Wer hätte gedacht, dass es ihm einmal so sehr dienlich sein würde und ihn aus einer derart erniedrigenden Situation heraushelfen würde! Als Tessaigas Energiewelle ihn traf, da entfaltete das Schwert, dass er unwillkürlich als Schutz benutzt hatte, seine heilende Macht und rettete nicht nur sein Leben vor der tödlichen Kraft der Attacke, sondern es kurierte auch das, was auch immer in den letzten Stunden seinen Verstand durcheinander gebracht hat. Nun hat er sein Gedächtnis endlich wiedergefunden und, oh ja, er erinnert sich wahrlich an alles! Erbittert knirscht Sesshomaru mit den Zähnen. Mit gebleckten Zähnen steht er da und muss es über sich ergehen lassen, dass jeder peinliche Moment des letzten Tages noch einmal vor seinem inneren Auge Revue passiert. Bei sich verflucht er die Tatsache, dass Youkais ein solch ausgezeichnetes Gedächtnis besitzen. Seine Atemfrequenz steigt immer mehr an und sein Gesicht verzieht sich, als hätte er körperliche Schmerzen. Noch niemals zuvor hat er sich dermaßen gedemütigt gefühlt. Es ist das unangenehmste Gefühl, an das er sich je erinnert und irgendjemand muss dafür verantwortlich sein und wird dafür bezahlen! Mit einem Ruck fliegt nun sein Kopf herum. Seine Miene ist zu einer zornigen Grimmasse verzerrt, seine Reißzähne ragen hervor und seine Augen leuchten bedrohlich rot. Ein paar Schritte entfernt steht noch immer Inu Yasha und schaut verwirrt und matt zu ihm hinüber. Über sein Gesicht laufen Schweißperlen und er atmet schwer. Gewaltsam löst Sesshomaru seine verkrampfte Faust und lässt die Knöchel knacken. „Du!!!“, ist alles was er zischt und dann springt er auf seinen Bruder zu. Erschrocken schreit Kagome auf und auch die anderen reagieren, doch noch immer macht sich das lähmende Gift des Skorpions bei ihnen bemerkbar. So können sie nur hilflos beobachten wie der weißhaarige Youkai auf seinen Bruder zurast, der ihm seinerseits nur regungslos entgegensieht. Mit tödlicher Entschlossenheit packt Sesshomaru Inu Yasha am Hals und zwei Schritte später presst er ihn gewaltsam gegen einen der Felsbrocken, die durch den Riesenskorpion aufgeworfen wurden; der Hanyou lässt es wehrlos mit sich geschehen. Jegliche Kraft hat seinen Körper verlassen, das Gift des Monsters zeigt seine verheerende Wirkung. Entwaffnet blickt er seinen Bruder an; fast scheint es, als könne er nicht recht erfassen wie sich die Situation gerade verändert hat. Die Augen des Youkais funkeln wie flüssiges Gold und versprühen auch beinah so viel Hitze. Mit gefletschten Zähnen starrt er seinen Bruder an und seine kräftige Hand hält den Hals des Hanyous wie in einem Schraubstock fest. Dabei atmet er schwer ein und aus. „Du!“, quetscht Sesshomaru erneut hervor und man hat den Eindruck, als müsse er sich schwer zusammennehmen um seinem Bruder nicht das Genick zu brechen. Die Bilder vor Inu Yashas Augen verschwimmen immer mehr. Er spürt die spitzen Krallen seines Bruders an seinem Hals und sein restlicher Körper besteht aus einem dumpfen, bohrenden Schmerz. Doch trotzdem kann er den Blick nicht von seinem Bruder wenden. Auf irgendeine makabere Weise ist es faszinierend dem regen Wechselspiel der Mimik des Youkais zuzusehen. Er hat seinen Bruder noch niemals so hin und hergerissen erlebt; zumindest nicht wenn er normal war. Doch gerade im Augenblick wechselt sich unkontrollierte Wut mit plötzlicher Ratlosigkeit und urplötzlichem Erröten ab. Zu gerne möchte er wissen was seinem Bruder gerade durch den Kopf geht. Seine Lippen sind trocken und seine Zunge ist schwer, doch er erwidert: „Was ist... mit mir?“ Was mit dir ist? Möchte Sesshomaru am liebsten schreien, doch er kann sich gerade noch zusammenreißen. Selbst du müsstest dir das doch denken können! In den letzten Stunden wurde ich von dir und deinen Freunden derartig erniedrig, dass es mich ganz krank macht dich auch nur lebendig zu wissen! Ihr habt meine vorübergehende Verfassung dazu genutzt, mich von einer peinlichen Situation in die Nächste zu bringen. Ich wurde von euch mit kindischen Pflastern verarztet, und wie ein kleines Kind mit Süßigkeiten verhätschelt. Du hast mich verspottet und mit einem absolut unangebrachten Spiel böswillig erniedrigt. Du wurdest sogar Zeuge, als ich mir wie ein kleines Baby... Nein, diesen Gedanken wagt Sesshomaru gar nicht erst zuende zu denken. Schon jetzt krampft sich ihm deshalb wieder schmerzlich der Magen zusammen. Wie konnte ihm das bloß passieren? Schon die kleinste Erinnerung daran lässt ihm unwillkürlich die Schamesröte ins Gesicht schießen. Der Griff um den Hals seines Bruders wird fester. Diese erbärmliche Kreatur in seinen Klauen war Zeuge seiner nicht abreißen wollenden Serie an Peinlichkeiten. Vor ihm hat er gelacht, vor ihm hat er sich wie toll aufgeführt, ja, vor ihm hat er sogar geweint! Geweint, man stelle sich das vor! Sesshomaru kann die wenigen Male in seinem Leben, wo er geweint hat, an einer Hand abzählen und hier und heute hat er sich doch tatsächlich als regelrechte Heulsuse entpuppt. Und das sogar vor Inu Yasha! Wie konnte er nur jemals so tief sinken? Diese schreckliche Gemütsverfassung war der reinste Alptraum und sie hat ihm seit langer Zeit auch wieder wahrhaftige Angst spüren lassen. Dieser mehr als unbedeutende Dämon hat ihn doch tatsächlich in eine äußert unangenehme Situation gebracht und sein Bruder war Zeuge davon. Dieser Tag muss ein wahres Freudenfest für ihn gewesen sein. Mit Sicherheit hat er die ungeschickten und ausgelassenen Spielerein seines Bruders mit vollster Zufriedenheit und Genugtuung ausgekostet und dafür schon allein, sollte er ihm am besten sofort den Kopf abreißen, und doch... Schwer atmend durchbohrt Sesshomaru den halbbesinnungslosen Hanyou mit stechenden Blicken. Inu Yasha blinzelt ihm unter halbgeschlossenen Lidern hervor. Nur noch der stählerne Griff des wütenden Youkais, hindert seine Knie daran, nachzugeben. Noch einmal beißt Sesshomaru die Zähne zusammen. Dann quetscht er hervor: „Warum?“ Inu Yashas Augen öffnen sich ein wenig. „Warum was?“, murmelt er kraftlos. Wieder verkrampft sich Sesshomaru sich innerlich. Dann flüstert er bedrohlich: „Warum hast du das getan?“ Was Inu Yashas Lippen nicht sagen können, steht ihm im Gesicht: „Was getan?“ Sesshomaru senkt den Blick und unterdrückt einen Wutschrei. Ich hasse dich! schreit er innerlich. Ich hasse dich mit jeder Faser meines Körpers! Und du empfindest genau so, das weiß ich! Den ganzen Tag muss ich für dich eine einzige Belustigung gewesen sein und schon der Gedanke daran, will mich schier zerreißen! Ich war dir völlig ausgeliefert und mehr als einmal hattest du jede Gelegenheit der Welt, dich meiner endgültig zu entledigen. Du hättest mich jederzeit töten können; ich war völlig wehrlos. Ich war ein Opfer meiner eigenen Beschränktheit. Aber... selbst als ich dich angegriffen habe und dabei beinah tötete, hast du dich nicht gerächt. Du... du... du warst die ganze Zeit über freundlich zu mir und das will mir einfach nicht in den Kopf! Ihr alle... ihr wart freundlich zu mir! Völlig ohne Grund! Ihr seid alles Narren! Ich hätte euch alle sofort erledigt an eurer Stelle! Aber ihr habt euch im Gegenteil um mich gekümmert... ganz gleich... was passiert ist. Wieder gehen Sesshomarus Gedanken zu seiner kleinen Hakama-Aktion zurück. Es schüttelt ihn. Ein Schauer der Angewidertheit überzieht seinen Körper. Dann schluckt er schwer. Ihr wart selbst dann noch rücksichtsvoll mit mir, als ich mich selbst so erniedrigte indem ich über die Verletzungen, die ich Inu Yasha zufügte, weinte. Er schaut wieder zu dem wehrlosen Hanyou in seiner Klaue auf. Du hast dich hinterher nicht gerächt, obwohl es dein gutes Recht gewesen wäre. Im Gegenteil du standest mir im Kampf gegen den Dämon bei, der mich in meiner wehrlosen Verfassung in Bedrängnis brachte. Und obwohl du wegen mir schwer verletzt warst und nur schlecht kämpfen konntest, hast du mich verteidigt. Ja, sogar als mein schwächlicher Zustand Schuld daran war, dass mein eigenes Schwert mich kontrollierte, hast du trotz deiner Verletzungen nicht gezögert mir zu helfen. Wieder schüttelt es ihn. Warum? Warum hast du das getan? Was sollten diese Worte: Ich lasse nicht zu, dass du meinen Bruder tötest. Nur über meine Leiche? Was hatte das zu bedeuten? Warum hast du das getan? Warum hast du mich aus dem Weg gerissen, als der Skorpion mich angriff? Ich verstehe es einfach nicht! Warum hast den giftigen Stachel abgefangen, der für mich bestimmt war? Warum hast du, selbst als du schon völlig am Ende warst, noch deine letzten Kräfte mobilisiert, um mich mit deinem Kaze no Kizu zu retten? Und warum hast du hinterher noch gefragt ob ich in Ordnung bin? Warum, verdammt, hast du mich Sesshomaru-chan genannt? Ich versteh es nicht! Ich könnte noch tausend ‚Warums’ fragen und doch keine Antwort erhalten und ich hasse dich dafür! Ich sollte dich einfach töten! Ich sollte... aber es lässt mir keine Ruhe! Warum hast du das getan? Schweigend halten sich Sesshomaru und Inu Yasha mit den Augen gefangen. Die anderen halten währenddessen angespannt den Atem an. Anscheinend hat Sesshomaru vorerst davon Abstand genommen, Inu Yasha sofort zu töten. Irgendetwas geschieht dort drüben. Zwischen den beiden Brüdern scheint ein reger Gedankenaustausch vonstatten zu gehen der offenbar nur über die Mimik ausgetragen wird. Aber zu welchem Ergebnis werden sie kommen und werden sie eingreifen müssen, ehe ein Unglück geschieht? Das Verhalten des Youkai-Prinzen ist unmöglich vorauszusagen. Inu Yasha betrachtet das Gesicht seines Bruders. Sein Verstand wird immer mehr von einem grauen Dunst umnebelt aber er bekommt noch mit, wie sich Sesshomarus Mine allmählich in hoffnungslose Ratlosigkeit verwandelt mit leicht hektischen Augenbewegungen. Seine letzte Frage, offenbar sucht er darauf verzweifelt eine Antwort ehe er entscheidet ob er seinem Bruder den Rest gibt oder nicht. Noch einmal vernimmt er die drängende Frage des Youkais mit dem Blick der Steine schmelzen könnte: „Warum?“ Wenn der Youkai auch nicht mehr sagt als nur dieses Wort, weiß Inu Yasha trotzdem ganz genau was sein Bruder wissen will. Er kann seine Verwirrung gut vollziehen, ihm geht es nicht anders. Und zum ersten Mal hat Inu Yasha das Gefühl, dass er seinen Bruder ein bisschen versteht. Und kurz bevor sein Bewusstsein davon driftet, beschließt er doch noch, ihm eine aufrichtige Antwort zu geben: „Ich weiß es wirklich nicht!“ Dann sinkt sein Kopf zur Seite und alle Kraft verlässt seinen Körper. Einen Augenblick lang hält Sesshomaru den erschlafften Körper seines Bruders noch in der Klaue. Kein Wort kommt über seine Lippen, aber sein Beben hat aufgehört und sein Atem normalisiert sich langsam. Bernsteinfarbene Augen mustern die schlaffe Gestalt in seiner Hand. Dann öffnet er die Faust und der bewusstlose Hanyou plumpst zu Boden. Hoch aufgerichtet steht Sesshomaru da und schaut auf seinen Bruder herab. Inu Yashas Körper überläuft ein unkontrolliertes Zittern und er ist schweißgebadet. Er blutet noch immer aus vielen Wunden; das Gift behindert seine Heilkräfte. „Erbärmlich!“, sagt Sesshomaru mit kalten Goldaugen. Ohne dass er es gleich bemerkt, verkrampft sich seine Faust erneut. Er atmet einmal tief durch und starrt wieder auf seinen Bruder. „Mit diesen Verletzungen zu kämpfen, war töricht von dir“, murmelt er, „Du bist nur ein Hanyou. Schon die Verletzung, die ich dir zugefügt habe, hätten dich töten können. Es war töricht von dir, weiterzukämpfen. Warum bloß war ich dir so verdammt wichtig?“ In diesem Moment bemerkt er hinter sich eine Bewegung und vernimmt einen Ruf: „Inu Yasha!“ Es ist Kagome. Da es aussieht, als würde Sesshomaru keine weiteren Anstalten machen, Inu Yasha zu schaden, kommt sie rasch angelaufen um sich von seinem Gesundheitszustand zu überzeugen. Ihre Freunde folgen ihr dicht auf dem Fuß. Hastig läuft das Mädchen aus der anderen Zeit an dem Youkai-Prinzen vorbei und geht neben ihrem Freund in die Knie. Ernste Besorgnis steht ihr ins Gesicht geschrieben. „Inu Yasha! Inu Yasha, nun sag doch was!“, vorsichtig rüttelt sie ihn und zuckt leicht zurück als sie spürt wie heiß sein Körper ist. Er glüht förmlich. Ohne dass sie es verhindern kann, treten ihr Tränen in die Augen. Das sieht gar nicht gut aus; der Hanyou ist in einer äußerst schlechten Verfassung. Nun umringen ihn auch die anderen. „Er muss eine Menge Gift abbekommen haben!“, vermutet Sango und ihre Stimme schwankt ein wenig. „Können wir denn gar nichts für ihn tun?“, will Kagome aufgewühlt wissen. „Wir müssen darauf vertrauen, dass sein Körper sich selbst hilft“, versucht Miroku sie zu beruhigen, „Immerhin ist er ein halber Dämon.“ „Und du weißt doch selber wie zäh Inu Yasha sein kann“, setzt Sango nach. Auch sie ist bemüht ihre Freundin zu trösten. Doch ganz überzeugt ist sie selbst nicht davon. Der Hanyou ist noch immer besinnungslos und schweißgebadet, außerdem geht sein Atem flach und schnell und noch immer hören seine Wunden nicht auf zu bluten. Auch Kagome ist das nicht entgangen: „Aber sieh ihn dir doch an! Es geht ihm schlecht und wir können gar nichts für ihn tun“, Tränen stehen ihr in den Augen, „Wenn wir nichts unternehmen, könnte er vielleicht sterben!“ „Mit Sicherheit!“, kommt die kühle Bemerkung hinter ihnen. Alle drehen sich um. Ein paar Schritt entfernt steht Sesshomaru und schaut ausdruckslos zu ihnen herüber. „Er hat viel Gift abbekommen“, fügt er nun hinzu, „Er ist nur ein Hanyou. Diese Giftmenge wird er nicht überleben.“ Kagome erbleicht. Einen Momentlang bleibt ihr die Sprache weg als sie versucht sich mit dieser Vorstellung auseinander zu setzen. Doch dann schüttelt sie sich. Nein, das wird sie nicht akzeptieren! Mit großen, feuchten Augen schaut sie den stolzen Youkai an: „Kannst du nicht irgendwas tun? Bitte, hilf ihm!“ Unwillkürlich beißt Sesshomaru die Zähne aufeinander und seine Mine verfinstert sich. Vernehmlich schnauft er aus. Dann nach einem langen Augenblick des stillen Ringens tritt er auf die Gruppe zu. „Geh aus dem Weg!“, grollt er ärgerlich und hastig macht Kagome ihm Platz. Ein weiterer verächtlicher Schnaufer entfährt ihm während er auf den jungen Hanyou zu seinen Füßen starrt, der gerade wieder von Fieberkrämpfen geschüttelt wird. Dann zieht er mit einer eleganten Geste Tensaiga aus seiner Schwertscheide und mit einem kurzen, scharfen Schwung durchtrennt das magische Schwert Inu Yashas Hals, ohne ihm natürlich tatsächlich zu schaden. Im Gegenteil! Die zahlreichen Wunden auf Inu Yashas Körper sind verschwunden und das Zittern hat aufgehört. Auch sein Atem geht jetzt ruhiger und entspannter und zu ihrer grenzenlosen Erleichterung beginnt Inu Yasha sich nun zu regen. Dann schlägt er die Augen auf und blickt ein wenig desorientiert in die Runde. „Inu Yasha!“, strahlt Kagome und fällt ihm stürmisch um den Hals, „Du bist wieder geheilt! Dir geht es wirklich wieder gut! Ich bin so erleichtert!“ Irritiert lässt Inu Yasha die Umarmung über sich ergehen. „Is ja gut!“, bringt er mühsam hervor, „Ich bin ok, krieg dich wieder ein! Du bist ja noch schlimmer als Sesshomaru!“ Doch kaum hat er das gesagt, spürt er auch schon einen vernichtenden Blick auf sich ruhen. Unsicher schaut er auf. Sesshomaru starrt ihn an, als würde er ihm liebend gern jedes überstehende Körperteil abreißen. Doch kein Wort kommt über seine Lippen. Stattdessen steckt er nun geschmeidig Tensaiga zurück in seine Scheide und meint schließlich bitter: „Damit sind wir wohl quitt!“ Perplex schaut Inu Yasha ihn an. Dann wendet er sich an Kagome: „Hat er das gemacht?“ Das Mädchen nickt: „Er hat dich gerettet! Deine Verletzungen waren so schwer, dass du sonst gestorben wärst, also hat er dich mit Tensaiga geheilt.“ „Echt jetzt?“, Inu Yasha ist verblüfft. Wieder geht sein Blick zu dem Youkai hinüber. Verlegen kratzt er sich nun am Kopf: „Na ja, also... ähm... dank...!“ Doch Sesshomaru unterbricht ihn giftig: „Komm ja nicht auf die Idee, mir zu danken! Ich bring dich auf der Stelle um, wenn du das tust!“ Achselzuckend bläst Inu Yasha eine Backe auf: „Pff, dann eben nicht!“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren wendet Sesshomaru sich ab. Er macht ein paar Schritte im Gras und dann bückt er sich. Mit festem Griff hebt er das zu Boden gefallene Toukijin auf. Augenblicklich flammt die purpurne Dämonenaura um die Klinge auf und versucht erneut sich über den Arm des Youkais auszubreiten, doch diesmal ist Sesshomaru weit davon entfernt, sich solche Sperenzchen gefallen zu lassen. Der Griff seiner Faust wird fester und ein bedrohliches Grollen entfährt seiner Kehle. Mit flammendroten Augen starrt er auf die Klinge des Schwertes und diesmal dauert es nur wenige Augenblicke bis der stille Kampf um das Sagen von dem grimmig entschlossenen und zu allem bereiten Youkai-Prinz gewonnen wird und die Dämonenaura des Schwertes vor dem eisernen Willen Sesshomarus kuscht und sich buchstäblich verflüchtigt. Wortlos steckt der Youkai das Schwert zurück in seinen Gürtel. Wehe dem, der ihn heute noch einmal herausfordert! Er steht mit dem Rücken zu der kleinen Gruppe die ihn nur wachsam beobachtet. Nun strafft er sich und ruft: „Jaken, Rin! Wir gehen! Wir haben genug Zeit hier verschwendet!“ Die beiden Angesprochenen heben aufmerksam den Kopf und folgsam wie gewöhnlich machen sie sich daran, ihrem Herrn zu gehorchen. Jaken ist mehr als froh darüber, von dieser Menschengruppe wegzukommen. Noch immer spürt er die missmutigen Blicke die man ihm wegen der Verbands-Geschichte zuwirft. Rin hingegen macht ein ziemlich bekümmertes Gesicht. Ihr tut es doch ziemlich leid, ihre neuen Freunde schon so rasch verlassen zu müssen. Besonders Kagome hat sie inzwischen ins Herz geschlossen und der Gedanke, nun Abschied zu nehmen, macht sie traurig. Doch ihr Herr ist unerbittlich, das weiß sie aus Erfahrung. Sein Wort ist Gesetz und sie tut gut daran, sich daran zu halten. Ein wenig lässt sie den Kopf hängen als sie zu ihm hinüberhumpelt. Was auch immer mit ihrem Herren heute los war, nun ist er wieder normal. Er ist wieder so wie immer, kühl und erhaben. Nun lächelt er auch nicht mehr. Sie muss zugeben, dass ihr das ein bisschen leid tut. Vorhin hatten sie doch noch solchen Spaß und nun ist wieder alles beim alten. Nun ist er wieder ihr starker, unbezwingbarer Meister, der sie vor allem beschützen kann. Nun ist er wieder so wie er sein sollte. Ohne dass sie versteht warum, spürt sie Tränen in sich aufsteigen und sie muss heftig schlucken um sie wieder herunterzuzwingen. Ihr Herr soll nicht denken, dass ihr der Abschied von diesen Menschen leid täte. Sonst glaubt er vielleicht noch, sie würde nicht mehr bei ihm sein wollen. Tapfer zwingt sie ihre Traurigkeit runter und gesellt sich zu dem hochgewachsenen Youkai. Wortlos schauen Kagome und die anderen zu ihnen herüber. Irgendwie weiß keiner so recht was er nun sagen soll. Die vergangenen Stunden mit dem stolzen Youkai gehören zu den angenehmsten, aufregendsten und erstaunlichsten Momenten die sie jemals mit ihm erlebt haben. All die vergangenen Ereignisse werden ihnen für immer in Erinnerung bleiben; in angenehmer Erinnerung und das will bei Sesshomaru schon einiges heißen. Eigentlich bedauern sie es, dass das alles nun endgültig vorbei ist. Was für ein Wort des Abschiedes wäre für diese Situation angemessen? So ganz schlüssig ist sich keiner von ihnen darüber. Sesshomaru nimmt ihnen diese Entscheidung ab. Bevor er geht dreht er sich noch einmal zu der kleinen Gruppe um und funkelt sie finster an. Mit erstaunlich ruhigem Tonfall sagt er: „Euch dürfte klar sein: Niemand erfährt jemals von den heutigen Ereignissen! Muss ich noch mehr sagen?“ Die jungen Leute schütteln die Köpfe. „Mach dir keine Sorgen!“, ruft Kagome ihm nach, „Wir erzählen es niemandem!“ Sesshomaru wendet sich zum gehen. „Da mach ich mir keine Sorgen!“, sagt er ernst. Dann setzt er sich in Bewegung und verlässt, seine beiden Gefolgsleute im Schlepptau, ohne sich noch einmal umzudrehen die Lichtung und ist nur kurz darauf im Wald verschwunden. „Lügner!“, grummelt Inu Yasha leise, „Klar macht er sich Sorgen. Der Kerl hat eine Heidenangst davor, dass wir plaudern könnten.“ „Aber das tun wir natürlich auch nicht!“, bemerkt Kagome neben ihm deutlich. Aufmerksam beobachtet sie das Gesicht des Hanyous; Inu Yasha grinst gedankenverloren in sich hinein. Ganz offenbar ist er gerade mit einer sehr amüsanten Wunschvorstellung beschäftigt. Da vernimmt er plötzlich Kagomes Stimme neben sich: „Inu Yasha...?“ Er wendet sich zu ihr um: „Hm? Was?“ „SITZ!“ Augenblicklich knallt er vor ihr zu Boden. Ärgerlich wettert er zu ihr hoch: „Hey, wofür war das denn jetzt schon wieder?“ Skeptisch betrachtet das Mädchen ihn. Du hast doch wohl nicht vor, Sesshomaru bei irgendwem zu verpetzen!“ „Spinnst du?“, faucht Inu Yasha, „Wie kommst du darauf? Das hab ich niemals gesagt!“ „Jaaa, aber gedacht!“ „Ged...!!! Sag mal, hast du sie noch alle? Woher willst du wissen was ich denke?“ Ärgerlich springt der Hanyou auf. Kagome hebt überlegen die Augenbrauen: „Ich kenn dich eben gut genug!“ „Pah! Hätt’ste wohl gern! Und überhaupt, was ich denke ist ja wohl meine Sache! Das fehlte ja noch, dass du dich da auch noch einmischst!“ „Ach ja, wo misch ich mich denn sonst noch ein?“ „Na, in alles eben! Das war doch auch deine Idee, dass wir uns um Sesshomaru kümmern sollten. Und ich hab dir gleich gesagt, dass das ne bescheuerte Idee ist!“ „Also wir gehen dann schon mal schlafen!“, bemerkt Miroku in das Wortgefecht der beiden Streithammel während er und Sango damit beginnen, die verwüstete Lichtung zu einem Lager umzufunktionieren, die verstreuten Juwelensplitter einzusammeln und ein Feuer für die Nacht zu entfachen. „Kannst du nicht einmal einsehen, dass du im Unrecht warst?“, gellt Inu Yashas Stimme über den Platz, „Wenn du in der Lage bist, deine Launen unter Kontrolle zu bringen!“ „Von wegen Launen! Ich zeig dir gleich mal Launen!“ „“Ach, tatsächlich?“ „Jaaa, du Nervensäge!“ „SITZ!“ „Autsch...!“ Dann kehrt allmählich Ruhe ein über die kleine Lichtung, über der nun die ersten Sterne zu funkeln beginnen. Die Schwärze der Nacht macht sich hier im Wald besonders bemerkbar. Sesshomaru beeindruckt das keineswegs. Seine goldenen Auge durchforschen die Nacht und suchen ihm sicher seinen Weg durch die zunehmende Finsternis. Seine Begleiter haben da nicht so viel Glück. Mühsam versuchen sie mit den festen Schritten ihres Herren mitzuhalten. Sesshomaru nimmt darauf keine Rücksicht. Er ist zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Immer wieder und wieder suchen ihn die Erinnerungen des heutigen Tages heim. Er erinnert sich an alles und es raubt ihm fast den Verstand. Hätte er das alles nicht gnädig vergessen können, wie einen bösen Traum oder eine Halluzination? Doch soviel Glück hat er nicht. Das alles ist tatsächlich passiert. Fast kann er noch die Blumen auf der Wiese riechen und die Farben des Schmetterlings sehen. Er spürt das Kribbeln der winzigen Füße auf seiner Nase und noch immer kann er den Geschmack dieser seltsamen, braunen Süßigkeit schmecken. Er schüttelt leicht den Kopf, wie um diesen Gedanken loszuwerden. Mit einer fast beiläufigen Geste wirft er einen Blick auf seinen Handrücken; noch immer klebt das Pflaster, mit dem kleinen Hund, darauf. Bisher ist es ihm nicht gelungen das unliebsame Ding irgendwie abzustreifen; es klebt hartnäckig fest. Und einen seiner Begleiter möchte er nicht darum bitten also wird er das kleine Erinnerungsmerkmal noch eine Weile dulden müssen. Nur äußerst ungern erinnert er sich an das Stöckchenspiel mit seinem Bruder. Warum, um alles in der Welt, hat ihm das bloß solchen Spaß gemacht? Dann gleiten seine Gedanken weiter zu dem was danach passiert und wieder verdrängt er es gleich wieder. Wie peinlich! Aber diese Leute haben seine Kleidung ohne irgendwelche Einwende gereinigt. So sauber und frisch war sein Hakama schon lange nicht mehr und diese Leute haben nicht mal ein Dankeschön erwartet. Er begreift das alles nicht. Aber was ihm noch weitaus am meisten zu schaffen macht, ist die Tatsache, dass das alles recht angenehme Erinnerungen sind! Wenn mal davon absieht, dass das alles entsetzlich demütigend für einen Youkai-Fürsten war, dann muss er doch gestehen, dass er an diesem Tag viel Spaß gehabt hat. Er ballt erneut die Faust. Verdammt, wie konnte ich daran nur Spaß haben? Aber es war so! Das Stöckchenspiel und die Schokolade und die Pflaster und der Fön, das alles hat ihm Spaß gemacht. Wann hatte er davor zum letzten Mal Spaß gehabt? Seltsam, das fällt ihm nicht mehr ein. Und auch das Farbenspiel mit Rin hat Spaß gemacht. Er mag es sich kaum eingestehen, doch er hat es wirklich genossen mit der Kleinen zu spielen und mit ihr zu lachen und sich mit ihr zu beschäftigen. Es war irgendwie so... entspannend und angenehm. Aus den Augenwinkeln gestattet er sich einen kurzen Blick auf das kleine Mädchen hinter sich. Die Kleine bemüht sich mit zusammengebissenen Zähnen, nicht den Anschluss zu den anderen Beiden zu verlieren. Ihr rechter Knöchel ist dick angeschwollen und bei jedem Auftreten zuckt das Mädchen zusammen. Es ist ihr deutlich anzusehen, dass sie Schmerzen hat. Sesshomaru mustert ihr Gesicht. Die kleine Rin beißt sich mit den Zähnen auf die Lippe um den Schmerz zu unterdrücken. Unter ihren Augen liegen dunkle Ringe der Müdigkeit und ein paar helle Streifen auf dem dreckigen Gesicht lassen erkennen, dass nicht alle Tränen sich tapfer verkneifen ließen. So humpelt das Mädchen mehr schlecht als recht hinter den beiden her und unter ihrem leisen Schnaufen entflieht ab und zu ein kleines Wimmern der Erschöpfung und Schmerzen ihrer Kehle. Sesshomaru bleibt stehen. Langsam dreht er sich um und beobachtet schweigend wie die Kleine heranhinkt. Seine Augen werden schmal. Als sie sieht, dass er auf sie wartet, huscht ein leichtes Lächeln über ihr Gesicht und sie beschleunigt ihren Schritt um rasch aufzuschließen. Noch immer betrachtet Sesshomaru das kleine Mädchen vor sich. Eine weitere Erinnerung flattert vor seinem inneren Auge vorbei. Es tat mir wirklich, schrecklich leid, dass ich ihn verletzt hatte! gesteht Sesshomaru sich innerlich ein. Ich war... froh, dass sie da war! Dann hebt er langsam den Kopf. „Rin, komm her!“, sagt er ernst. Die Augen des Mädchens weiten sich. Was kann ihr Herr von ihr wollen? Zögernd humpelt sie näher, unsicher was von ihr verlangt wird. Doch zu ihrem großen Erstaunen verschwindet auf einmal kaum wahrnehmbar der Ernst in Sesshomarus Mine und ein leicht milder Zug legt sich auf sein Gesicht. „Komm schon her!“, wiederholt er, diesmal ein wenig wohlwollender. Irritiert kommt Rin auf ihm zu. Nun steht sie direkt vor dem großen Youkai-Prinzen und muss fast ihren Kopf in den Nacken legen um ihm ins Gesicht zu sehen. Was passiert nun? Einen langen Augenblick betrachtet Sesshomaru sie schweigend. Was er denkt, ist nicht zu erahnen. Dann bückt er sich und mit einem sicheren Griff hebt er das kleine Mädchen hoch und setzt es sich auf seine Hüfte. Erstaunt blickt Rin ihren Herren an. Was hat das zu bedeuten? Sprachlos schaut sie ihm ins Gesicht; seine goldenen Augen leuchten selbst im Dunkeln noch eigenartig warm. Er verzieht keine Mine aber er erwidert für einen langen Moment einfach ihren Blick. Dann sagt er fast schon sanft: „Du musst müde sein! Du solltest schlafen! Wir haben noch einen weiten Weg und je schneller dein Fuß wieder gesund wird, desto besser! Du kannst... meinen Pelz als Decke verwenden.“ Es ist ihm sichtlich anzumerken wie schwer ihm der letzte Satz über die Lippen gegangen ist. Mit weitaufgerissenen Augen und Mund starrt Jaken seinen Herren an. Mit allem hat er gerechnet, aber nicht damit! Sein Herr hat sich dazu herabgelassen das verletzte Menschenmädchen zu tragen. Aber eigentlich dürfte ihn ja heute nichts mehr überraschen. So fügt er sich nur hilflos fiepend in sein Schicksal und folgt seinem Herren, der nun seinen Weg wieder aufgenommen hat. Das kleine Mädchen auf der Hüfte, wandert Sesshomaru weiter durch die dunkle Nacht, ohne sich um seine zusätzliche Bürde weiter zu kümmern. Eine kleine Weile blickt Rin noch zu dem ebenmäßigen Gesicht des Youkais hoch, das selbst noch in der immer mehr zunehmenden Finsternis leicht zu schimmern scheint; die Augen unbeirrt nach vorne gewandt. Sie kann es kaum fassen. Er hat sich um sie gekümmert! Sie ist ihm nicht egal! Ihr kleines Herz pocht wohlig in ihrer Brust. Sie spürt die Wärme seines Körpers und in ihrem Rücken seinen starken Arm und daneben den dichten, warmen Pelz den er über der Schulter trägt. Sie schluckt einmal und trotzdem läuft ihr eine kleine Träne über das Gesicht. Sie ist glücklich! „Ich hab dich lieb, Sesshomaru-sama!“, flüstert sie. Für einen kurzen Moment wendet der Youkai ihr den Kopf zu. War das ein kurzes Lächeln, das da gerade über sein Gesicht gehuscht ist? Sie ist sich nicht sicher; es ist ihr egal! Im Augenblick fühlt sie sich wohl. Behaglich kuschelt sie sich nun in den flauschigen Pelz ihres Meisters und mit einem seligen, kleinen Lächeln auf dem Gesicht ist sie auch schon gleich eingeschlafen. Sesshomaru wirft noch einmal einen kurzen Blick auf das kleine Geschöpf in seinem Arm. Welche Ironie! Ein kleines, wehrloses Menschenmädchen fühlt sich geborgen in den Armen eines eiskalten Youkai-Fürsten.. Sie hat ihn lieb, hat sie gesagt. Darauf erwartet sie doch hoffentlich keine Erwiderung. Nun wendet er seinen Blick wieder nach vorne in die Dunkelheit und setzt unbeirrt und zügig seinen Weg fort. Nur ganz behutsam zieht er das kleine Mädchen noch ein Stückchen näher an sich, und diese beiläufige Geste macht jede Erwiderung völlig überflüssig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)