Ein anderes Gefühl als Freundschaft von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 1.3. ----------------------- Teil 3^^ Kaum bin ich draußen, weht mir ein leichter Wind ins Gesicht. Die frische Luft ist angenehm und für einen kurzen Moment vergesse ich alle Probleme, sogar dich und die mit dir verbundenen, für mich größten Probleme. . . Aber wie gesagt, nur für einen kurzen Moment. Eigentlich hatte ich vor schnurstracks nach Hause zu gehen. Dort eine kalte Dusche zu nehmen, mich auf die Couch zu fletzen und vermutlich irgendeinen langweiligen Film zu sehen - nur so zur Ablenkung. Doch kaum komm ich am Park vorbei, verlangsamt sich mein Schritt. Unbewusst wechsle ich die Straßenseite und steuere auf eine bestimmte Bank mittig des Parks an. Setze mich, bin aber gedanklich schon ganz woanders - als mein Blick auf zwei junge Bäume fällt, jenseits der Bank - weit zurück in der Vergangenheit. Du und ich, wir kennen diese Bäume schon lang. Waren dabei, als sie eingepflanzt und an diesen Ort gebunden wurden - vor neun Jahren. Der Tag an dem wir uns ein Versprechen gaben. Es war im ersten Jahr der Oberstufe*. Nur eine Woche nach Schulbeginn bist du hierher gezogen und wir gingen in eine Klasse. Die meisten Schüler mieden dich. . . du wirktest kalt und abweisend, irgendwie erhaben. . . na ja, noch genauso wie heute. Aber die meisten haben auch nie dein Lächeln zu Gesicht bekommen, das soviel Wärme und Freude ausdrückte, wie ich es bislang bei keinem anderen gesehen habe. Dein fröhliches Lachen war natürlich noch viel schöner. Ich meine, ist es immer noch, aber ich sehe es ja kaum noch. Wir verstanden uns sofort. Vielleicht lag es daran, dass auch ich eher als Einzelgänger galt, nicht viele Freunde hatte, obwohl ich nicht gerade ein Kind von Traurigkeit war. Schnell wurden wir die besten Freunde und hingen andauernd gemeinsam rum. Wir verstanden uns auch ohne Worte. Und dann. . . zum Ende des Schuljahres hin, bist du schweigsamer geworden. Ich wusste sofort, dass dich etwas bedrückt, aber du hast immer nur darüber hinweg gelächelt. Wenn ich es jetzt recht bedenke, hast du es damals schon genauso gemacht wie heute. . . Und dann kam der Abend, an dem wir uns ein Versprechen gaben. Wir saßen genau hier auf dieser Bank und sahen zu, wie die beiden jungen Bäume uns gegenüber eingepflanzt wurden. Dein Blick wirkte verträumt und du hast leicht gelächelt - hast rechts hier an meiner Seite gesessen. Langsam streiche ich mit der Hand über das Holz direkt neben mir. Fast so, als könnte ich deine Anwesenheit hier bei mir spüren. Aber das ist Unsinn! Ich blicke wieder zu den Bäumen und führe meine Gedanken fort. "Saki-kun?" Ganz leise hatte ich deinen Namen ausgesprochen. Eigentlich war es schon vielmehr ein Flüstern. Aber ich wollte dich nicht erschrecken. . . du schienst so in deinen Gedanken vertieft. Ich weiß noch genau, wie du mich mit überraschten Augen angesehen und verlegen gelächelt hast, weil du dachtest, du hättest mir nicht zugehört. Dabei hatte ich noch gar nichts weiter gesagt. "Wir sind doch Freunde, nicht? So richtig gute Freunde?" "Ja sicher!" Du hast gelächelt. "Und würdest du mir sagen, wenn dich etwas bedrückt?" Du hast mich neugierig angesehen und gegrinst. Mir war das Ganze so peinlich. "Natürlich würde ich das! Ni~ya, du bist mein BESTER Freund! Wenn nicht dir, wem sollte ich sonst etwas sagen?" Du hast mir leicht gegen die Schulter geboxt, weil ich noch immer in meiner steifen Haltung dasaß. "Versprichst du es mir? Mir gleich zu sagen, wenn du irgendwelche Probleme oder Kummer hast? Ich werde immer für dich da sein, wenn du mich brauchst!" Verdutzt hast du mich angesehen und ich musste innerlich schon schlucken, weil du gezögert hast. Ich dachte schon, dass war zuviel des Guten. Du hast dich kurz abgewendet und zu den zwei Bäumen gesehen. "Unter einer Voraussetzung!" In dem Moment war ich dann wohl derjenige, der verdutz dreingeschaut hat. "Ich verspreche es, wenn du mir das Gleiche verspricht. Mir auch deine Sorgen immer anvertraust." Du hast mich wieder angesehen und gelächelt. Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet. "In Ordnung?" Du hast mir deine Hand hingehalten und mich erwartungsvoll angesehen. Und je länger ich gezögert hatte, desto unsicherer wurde dein Blick. Hattest du wirklich daran gezweifelt, dass ich vielleicht nicht zustimmen könnte? Dabei war ich nur so überrascht gewesen. . . und überglücklich. Bevor du deine Hand hast sinken lassen können, hatte ich gegrinst und sie ergriffen. "Versprochen!" Genau in diesem Augenblick ging die Sonne unter und tauchte die nähere Umgebung in einen angenehmen Orange-Ton. Zeigte in deinen Augen ein unbeschreibliches Glitzern und machte diesen Moment unvergesslich. Ich seufze und stütze meinen Kopf in meine Hände. Halte meine Augen für einen Moment geschlossen, in dem ich noch mal die gesamte jetzige Situation Revue passieren lasse. Warum musste ich mich ausgerechnet jetzt an dieses dumme Versprechen erinnern? Ja dumm. . . aber mir ist es unheimlich wichtig. Geht es dir da genauso? Scheinbar nicht. Denn du hältst dich ja wieder nicht daran. Und das obwohl wir es vor 3 ½ Jahren, kurz nach unserem Wiedersehen, es hier an gleicher Stelle erneuert haben. Warum bin ich eigentlich hierher gekommen, anstatt gleich nach Hause zu gehen? Ich mach es mir ja noch schwerer, als es ohnehin schon ist. Ich schüttle leicht den Kopf, als würde das helfen, um meine Gedanken wieder zu ordnen. . . ist natürlich nicht der Fall. Und dann stehe ich mit einem lauten Seufzen auf und gehe letztendlich doch nach Hause. Wenn ich daran denke, dass ich dir morgen schon wieder unter die Augen treten muss. Was werde ich tun, wenn du vor mir stehst? Am besten ich geh dir weitmöglichst aus dem Weg, aber nicht so, dass es den anderen auffallen könnte. Das wird wohl das Beste sein. . . ~ . ~ Zwei Tage später. Gestern hat das Ganze ja noch gut geklappt, obwohl es mich fast wahnsinnig gemacht hat, als du während unseres Konzertes die ganze Zeit vor mir standest. Dafür kannst du ja eigentlich nichts, ist schließlich deine Position. . . Das war wohl das erste Mal während der gesamten Tour, dass ich nicht wie festgewachsen an meinem Platz geblieben bin, sondern fast nur unterwegs war. Ständig war ich bei Yomi. Noch öfter bei Hitsugi und nur gelegentlich an meinem Platz. Und wenn ich auch nur annähernd auf die Idee gekommen bin, aufzusehen und in deine Richtung zu blicken, dann habe ich meinen Blick eben Ruka zugewandt. Es muss ja fast so gewirkt haben, als wolle ich alles nachholen. Und den Jungs ist natürlich nicht verborgen geblieben, dass ich dir ausweiche. Oder besser gesagt, dass wir beide nicht ein Wort vor, während und nach dem Aufritt gewechselt haben. Dass mein Blick nicht einmal länger als nötig bei dir verweilte. Tja und heute schon läuft alles wieder komplett anders. Wie kommt es nur, dass ich schon wieder zu spät bei den Proben erscheine? Na ja, heute könnte ich es mir sogar erklären, so wie ich bis spät in die Nacht durch die Gegend gefahren bin. Aber in letzter Zeit war es einfach zu oft vorgekommen. Vielleicht sollte ich mir irgendein Beruhigungsmittel für die Nacht holen, damit ich endlich mal wieder durchschlafen kann und nicht ständig an dich denken muss. Du raubst mir noch den letzten Verstand. . . Ich stehe vor der Tür zum Proberaum und lege bereits die Hand auf die Türklinke. Zögere aber noch, weil mir noch immer keine passende Ausrede eingefallen ist. Ach was soll's?! Ich will euch nicht schon wieder anlügen. Ich bin halt zu spät. Aus. Basta. Gerade als ich den Raum betreten will, wird die Klinke von Innen heruntergedrückt und die Tür geöffnet. Ich hab eindeutig eine Pechsträhne. Ich bin noch nicht mal richtig anwesend und schon bin ich in einer Situation, aus der ich nicht ohne weiteres entkommen kann. Denn ausgerechnet du stehst jetzt vor mir und siehst mich überrascht an. Ich will gerade eine Entschuldigung loswerden, aber du lässt mir nicht einmal die Zeit dafür. "Die anderen sind drin." Das war's. Nur dieser eine Satz - der erste zwischen uns seit zwei Tagen - , nur dieser eine kurze Blickkontakt und schon gehst du an mir vorbei, den Gang entlang. Was habe ich denn erwartet? Das wir ganz normal reden, als sei nichts gewesen? Eigentlich kann ich ja recht froh sein. Ja, ich könnte. Wenn sich in mir nicht dieser extreme Anflug von Besorgnis ausbreiten würde. Mein Blick folgt dir, bis du um die nächste Ecke verschwindest. Deine Gangart ist heute irgendwie anders. Nicht mehr so elegant und leicht wie sonst. Und du sahst eben so verdammt blass aus. //Verdammt Ni~ya, das bildest du dir ein!// Also betrete ich endlich den Raum und begrüße die anderen. Muss aber feststellen, dass hier scheinbar auch noch nicht so viel mit Proben zu Tage gekommen ist. Ruka sitzt zwar hinter seinem Drumset und hat die Sticks in der Hand, aber er führt nicht einen Schlag aus. Hitsugi sitzt auf dem Fensterbrett und spielt ein paar Takte. Was sich allerdings vielmehr so anhört, als stimme er seine Gitarre noch richtig ein. Und Yomi sitzt gelangweilt auf einem Stuhl vor Hitsugi und sieht dabei zu, summt dabei einen unserer Songs. "Ohayo Ni~ya!" Yomi grinst mich freudig an, aber das Grinsen verschwindet auch gleich wieder, als er sich vollends zu mir umgedreht hat. Ich merke, wie er mich kurz von oben bis unten mustert. Ich muss wirklich armselig aussehen, wie ich jetzt mitten im Raum stehe und mein Blick verwundert von einem zum nächsten wandert, da ich keine Ahnung habe, was hier wieder los ist. "Willst du die Sachen nicht ausziehen und dich setzen?" Klar, hätte ich jetzt fast vergessen. Schnell lege ich meine Jacke ab und setze mich in einen der Sessel, bemerke dabei nicht, wie sich die anderen besorgte Blicke zuwerfen. "Du siehst irgendwie so aus, als seiest du grad erst aus dem Bett gefallen." Ruka erhebt sich von seinem Platz und kommt zu mir herüber. "Alles okay bei dir? Du verspätest dich oft in letzter Zeit." "Ja, weiß ich ja selbst." Ich seufze, denn auf die Erkenntnis bin ich ja schon selbst gekommen. "Ich kann nachts so schlecht schlafen und erst in den Morgenstunden fallen mir dann die Augen zu. . . . Aber ich denke nach unserem letzten Auftritt morgen, wenn sich alles etwas gelegt hat, ändert sich das wieder. Ist sicher nur der Stress, also macht euch keine Sorgen." Ich lächle Ruka beruhigend zu, doch der sieht mich nur an, als hätte er für das ganze eine bessere Begründung. Die er mir natürlich auch nicht vorenthält, nachdem er mit den anderen beiden noch einen kurzen Blick ausgetauscht hat, der mir diesmal nicht verborgen geblieben ist. Was läuft hier? Wird das jetzt eine Verschwörung? "Und deine nächtliche Unruhe hat nicht zufällig was damit zu tun, dass Sakito und du euch seit zwei Tagen anschweigt?" Wie gesagt, ich weiß ja dass ihr nicht doof seit, aber ich hoffe halt doch immer wieder, dass ihr mal nicht ganz so genau darauf achtet, wie es insbesondere mir und unserem Leader geht. Ich schweige. Was soll ich auch darauf antworten? Ihr wisst genauso gut wie ich, dass ihr recht habt. Oder dies zumindest ein Teilgrund meiner Schlaflosigkeit ist. "Vielleicht beruhigt es dich ja zu hören, dass es Sakito in der letzten Nacht auch nicht unbedingt besser ergangen ist." Überrascht sehe ich auf. Behalte aber meine Gedanken für mich. Du hast also auch schlecht geschlafen? Wäre eine Erklärung, warum du vorhin so fertig gewirkt hast. Aber ist es auch der gleiche Grund, der uns beide die Nacht wach gehalten hat? Macht dir die Situation, wie sie jetzt ist auch zu schaffen - so wie mir? Es ist schlimm genug, dass ich mich des öfteren beherrschen muss, dich nicht anzustarren. Nicht immerzu zu lächeln, wenn du in meiner Nähe bist. . . aber so wie es jetzt ist, will ich es auch nicht. Das es für mich so schlimm sein würde, wenn ich mal nicht mit dir reden kann, wenn wir uns aus dem Weg gehen, hätte ich nicht gedacht. Eigentlich ist diese Situation noch unerträglicher für mich, als zuvor. Ich will dich doch nicht ganz verlieren. "Vertragt euch wieder, ja?" bittet Yomi und sieht mich erwartungsvoll an. Mir dringt ein leiser Seufzer über die Lippen. "Ihr habt recht. . . so kann es nicht bleiben. Ich werde das gleich klären." So ist es gut. Am besten sofort alles ins Reine bringen, damit wir uns alle gleich noch einmal auf unsere Probe und besonders auf unseren Auftritt morgen Abend konzentrieren können - der letzte Gig unserer Tour! Ich stehe auf und will den Proberaum wieder verlassen, um dich zu suchen und das Ganze zu klären. Na ja. . . nicht das Ganze, das wichtige die Band betreffend zumindest. Aber gerade als ich auf den Flur trete, kommt unser Manager auf mich zu und bittet mich wieder rein. Komisch eigentlich, denn normalerweise berät er mit uns nichts, wenn du nicht dabei ist. Doch kaum, dass er gesagt hat, was er sagen wollte, wissen wir auch warum unser Leader nicht dabei zu sein brauchte. Er teilt uns nur mit, dass die Probe ausfällt. Du noch mal schnell weg musstest, weil du was wichtiges vergessen hast und dass wir uns dann, in ein paar Stunden vor dem heute anstehenden Interview, direkt vor Ort treffen. Wir nicken alle - ein Zeichen, dass wir verstanden haben und unser Manager wieder seinen anderen Aufgaben nachgehen kann. Aber so wirklich verstehen tu ich es nicht. Du lässt selten die Proben ausfallen und schon gar nicht vor einem Auftritt. Manchmal verschiebst du sie kurzfristig noch etwas nach hinten, aber komplett ausfallen lassen? Zumal, was hast du denn vergessen, dass jetzt noch so wichtig für dich ist. Alles wichtige ist doch hier. Die Band ist hier. Deine Gitarre ebenfalls und bis eben warst du auch noch hier. Mehr brauchen wir doch eigentlich nicht. "Und das konnte er uns nicht selber sagen? Er war doch eben noch bei uns, da hätte er doch was andeuten können." Hitsugi setzt sich missgelaunt wieder an seinen Platz am Fenster. Scheinbar bin ich nicht der Einzige, dem deine Reaktion zum Nachdenken anregt. "Jungs, ihr könnt sagen was ihr wollt, aber so ist unser Leader nicht wirklich zu gebrauchen. . . ich will unseren alten Sakito zurück." Überrascht und anfangs sicher etwas geschockt sehe ich zu ihm hinüber. Ich habe doch fast schon gedacht, es folgt eine Diskussion über eine eventuelle Abwahl unseres Leaders. Aber der letzte Satz beruhigte mich gleich wieder. Er hegt den gleichen Wunsch, wie ich, wenn auch aus anderen Gründen - und auch Ruka und Yomi nicken beipflichtend. Ich ziehe ganz automatisch mein Handy aus der Hosentasche und wähle deine Nummer. Das musst du mir nun doch mal persönlich erklären. Außerdem habe ich natürlich wieder diesen Anflug von Besorgnis, der mich zu dieser Reaktion zwingt. Es klingelt. . . immer wieder höre ich das Freizeichen, doch du nimmst nicht ab. Dann vernehme ich deine Stimme. Doch auch das macht mich nicht glücklicher, denn es nur deine Mailbox, die sich eingeschaltet hat. Ich lege auf und versuche es gleich erneut. Verwundert ziehe ich eine Augenbraue nach oben. Also wenn das nicht merkwürdig ist, Sakito, was dann? Es haben nur ein paar Sekunden zwischen meinen beiden Anrufversuchen gelegen und plötzlich ist dein Handy ausgeschaltet. Liegt es daran, dass ich dich angerufen habe? Wärst du bei einem der anderen rangegangen? Resigniert stecke ich mein Handy zurück in die Tasche und setze mich zu den anderen an den Tisch. Jetzt wieder nach Hause zu fahren, halten wir alle für verschwendete Zeit, also bestellen wir uns was zu essen und bleiben bis zu unserem Interview, fast wie geplant, im Proberaum. Zwischendurch haben wir sogar versucht, trotzdem etwas zu proben, aber ohne dich macht es einfach keinen Sinn. Also haben wir es gleich wieder sein gelassen und uns stattdessen mit allen möglichen Spielchen die Zeit vertrieben. Und ich habe heimlich weiter versucht dich zu erreichen. . . natürlich erfolglos. ~ . ~ Eine Stunde vor unserem Termin stylen wir uns noch ein wenig und begeben uns dann gemeinsam zum Interview. Du bist bereits dort und wartest auf uns. Auch du hast dich etwas zurecht gemacht, aber so wirklich viel gesünder wirkst du trotz allem nicht. Die Jungs wollen dich gerade fragen, was dein plötzlicher Aufbruch vorhin zu bedeuten hatte, doch dazu kommen sie gar nicht erst, denn wir werden bereits zum Interview gerufen und in einen anderen Raum geführt. Du hast wirklich unsagbares Glück. Wir setzen uns alle in eine Sitzecke und der Journalist uns gegenüber. Yomi wieder in der goldenen Mitte. Links daneben gleich ich und Ruka. Und rechts von ihm sitzen Hitsugi und du, fast schon etwas abseits von uns am Rande der Couch. Eigentlich verläuft das Interview ganz normal. Der Journalist stellt Fragen, die entweder ihn oder die Fans interessieren und wir antworten. Entweder einer für die gesamte Gruppe, oder aber es antworten mehrere von uns auf eine Frage - zeigen so unsere vielleicht mal abweichenden Gedanken. Du hast dich bisher weitaus zurückgehalten, doch nun stellt unser Gegenüber eine Frage, die nur an dich gerichtet ist. Du wirkst leicht überrascht - fast so, als hätte er dich gerade aus irgendwelchen Gedanken gerissen. Du zögerst noch leicht - überdenkst vermutlich wie immer deine genaue Wortwahl - und antwortest ihm letztendlich. Keinem fällt auf, dass mein Blick dich genau fixiert. Nicht aber, weil ich von dir hin und weg bin, sondern eher, weil ich glaube, dass du uns hier etwas vormachst. Deine gesamte Haltung, die du hier zu Tage legst, ist einfach nicht normal. Du wirkst schlapp, deine Stimme ist viel leiser als sonst und deine Augen sind matt. Dir geht es schlecht! Bin ich denn der Einzige, dem das auffällt? Du hast deine Erklärungen beendet und nun stellt der Journalist eine persönliche Frage an Ruka, der schon gespannt darauf wartet, um was es sich handeln könnte. "Ruka, sie sind ja der Drummer der Band und sitzen daher immer im hinteren Bereich der Bühne. Sie können nicht, wie die anderen über die Bühne flitzen, oder zum Bühnenrand gehen und ihren Fans ein wenig einheizen und müssen allein an ihrem Drumset verweilen. Ist das manchmal nicht langweilig?" Ruka grinst und beginnt mit der Erläuterung aus seiner Sicht. "Nun ja. . . ich bin nicht gerade jemand der viel Fanservice betreibt. Das sieht man auch daran, dass ich auch nach den Auftritten immer gleich die Bühne verlasse." Der Journalist hört ihm aufmerksam zu und nickt bei jeder Bemerkung die Ruka sagt. "Das würde sich sicher auch nicht ändern, wenn ich Gitarrist wäre. Das liegt halt an meiner Einstellung." beendet er seine erste Ausführung. Und plötzlich erscheint ein breites Grinsen auf dem Gesicht unseres Drummers, weswegen auch wir ihn nun alle fragend ansehen und auf seine folgenden Worte warten. "Ansonsten bin ich mit meinem Platz mehr als zufrieden. . . . Durch das Podest hat man einen guten Überblick und die Aussicht von da hinten ist auch recht vielversprechend." Sein Grinsen wird noch breiter und verläuft sich kurz in einem Lachen. Er weiß, dass sich alle Blicke bei ihm wiederfinden und auch wenn er es nicht mag, wenn man ihm zuviel Aufmerksamkeit schenkt, so freut er sich innerlich sicher gerade riesig, dass er unser alle Neugier geweckt hat. "Eine vielversprechende Aussicht. . . Wie ist das zu verstehen?" Ruka lässt seinen Blick über uns schweifen und beugt sich dann etwas näher zu dem Journalisten, der nun ungeduldig auf eine Antwort wartet, stattdessen aber eine Gegenfrage zu hören bekommt. "Haben Sie die Jungs schon mal von hinten betrachtet? . . .Die haben richtige Knackärsche! Ein wahrlich vielversprechender Anblick." Jetzt hat er uns alle drangekriegt. Sein triumphierendes Grinsen verschwindet selbst dann nicht, als Yomi versucht ihm über mich hinweg eine Kopfnuss zu verpassen. Und der Journalist ist völlig sprachlos - versucht vermutlich gedanklich eine Erklärung zu finden, wie das Ganze zu verstehen ist. Und Ruka muss natürlich noch eins oben draufsetzen. Völlig überraschend legt er mir den Arm um die Schulter, zieht mich näher zu sich rüber und strubbelt mir durchs Haar, während er noch immer dem Journalisten zugewandt, noch eine Bemerkung ablässt. "Am liebsten mag ich die Hinteransicht von unserem Ni-chan." Was folgt ist ja wohl klar. Yomi und Hitsugi lassen ihre Kommentare los und ich versuche mich aus seiner Umklammerung zu befreien. Wir alle müssen lachen. Und der Journalist ist nun völlig überfordert und seine Gedanken überschlagen sich sichtlich. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie du dich von deinem Platz erhebst und zu uns herübersiehst. Dein Blick ist dem des Journalisten ganz ähnlich - völlig entgeistert - aber da ist noch mehr. Ohne ein Wort der Aufklärung verlässt du plötzlich den Raum und wir alle sehen dir verdutzt nach. Ich befreie mich nun ganz aus Rukas Griff und folge dir gleich darauf. Ich glaube etwas wie Unsicherheit in deinen Augen gesehen zu haben. . . du wirktest eindeutig gekränkt! ~ . ~ Kaum, dass du ohne ein Wort den Raum verlassen hast und ich dir nur wenige Sekunden später gefolgt bin, versuchen die anderen eine vernünftige Erklärung zu finden, die sie unserem Journalisten, der nun völlig verwirrt ist, auftischen können. Es muss ja nicht der Wahrheit entsprechen. Ruka hat am schnellsten von allen reagiert. Und noch bevor der Journalist die Frage stellen kann, erklärt er ihm die Situation. "Leader-san geht es nicht gut. Er hat sich eine Erkältung zugezogen. Die Tour war für uns alle sehr anstrengend. Wir würden es daher gern sehen, wenn wir das Interview hiermit beenden könnten. Damit sich unser Leader noch etwas ausruhen kann. Wir wollen doch schließlich alle, dass unser morgiger Auftritt noch ein Erfolg wird." Der Journalist nickt zustimmend. Für ihn klingt diese Erklärung also plausibel genug. Und kurz darauf bedankt er sich noch einmal für das Interview und entlässt auch die anderen wieder aus dem Raum. "Kann mir jemand erklären, was das nun wieder war? Was war denn nun wieder mit Sakito los?" Yomi kann der ganzen Reaktion noch immer nicht ganz folgen. Und auch den anderen beiden geht es ähnlich. "Das sollten wir mal unseren Leader persönlich fragen. So langsam gibt's für sein Verhalten keine Erklärung mehr." "Vielleicht gibt es die ja doch!" Hitsugi ist stehen geblieben und die beiden anderen drehen sich zu ihm um. Warten gespannt auf die Erklärung, die sich ihr zweiter Gitarrist parat gelegt hat. "Irgendwie läuft doch gerade so einiges schief. . . oder sagen wie mal anders. Je näher wir dem Ende der Tour kommen, desto schlimmer wird es. Kann es vielleicht sein, dass Sakito die Band verlassen will?" Eine einfache Frage, auf die entsetzte Blicke und eine beklemmende Stille folgt. ~ . ~ Ich bin gleich nach dir aus dem Raum gekommen und doch kann ich dich nirgends sehen. Ich versuche dich einzuholen und gehe schnell die verwinkelten Gänge entlang. //Verdammt bin ich hier noch richtig?// Da ich vorhin mal wieder mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt war, habe ich mir den Weg zu dem Warteraum, in dem wir alle unsere Sachen gelassen haben, nicht richtig eingeprägt. Das habe ich nun davon. Normalerweise würde ich jetzt durch die Gänge laufen und versuchen allein den Weg zu finden. Aber dafür habe ich jetzt keine Zeit, also greife ich mir die nächstbeste Person und frage höflich nach dem Weg. Zum Glück lag ich mit meiner Orientierung nicht ganz falsch. Und dann sehe ich dich. "Sakito!" Du betrittst gerade den Raum und scheinst mich nicht mehr gehört zu haben. Ich beeile mich die letzten paar Meter und noch bevor ich ebenfalls eintrete, stelle ich meine Frage. "Sakito, warum bist du abgehauen?" Ich stocke, kaum dass ich im Raum stehe. Es ist dunkel. Du hast nicht einmal das Licht angemacht. Mein Blick fixiert gleich den Bereich neben der Tür. Dort stehst du, mit dem Rücken an die Wand gelehnt und dein Gesicht zur Decke gewandt. Deine Augen sind geschlossen und dein Atem geht schnell. Ich muss schwer schlucken, denn dieser Anblick beängstigt mich. . . die ganze Situation beängstigt mich. Vorsichtig trete ich näher auf dich zu und du schenkst mir noch immer keine Beachtung. Ich weiß nicht, ob du mich einfach nur ignorierst, oder du mich wirklich noch nicht bemerkt hast. Ich strecke meine Hand nach dir aus und berühre dich sanft am Arm. "Sakito?" Du scheinst dich innerlich zu verkrampfen, bevor du dich mir zuwendest und meine Hand von dir wegschlägst. "Was ist? Was willst du denn schon wieder von mir? Kann ich nicht mal für einen Moment alleine sein?" Dein Blick gefällt mir nicht. Er ist so wütend und. . . nein, ich muss mich täuschen. "Doch! Aber du bist so plötzlich verschwunden, mitten im Interview. . . ist alles okay?" "Ist alles okay?! Geht's dir gut?!. . . Deine ständigen Fragen nerven mich. Kannst du nicht einen anderen mit deiner Anwesenheit belästigen? Musst du immer mir auf der Tasche hängen? Lass mich doch einfach mal in Ruhe!" Dein Blick gefällt mir ganz und gar nicht. . . und deine Worte. . . sie tun mir weh! Ich belästige dich also. . . Ich versuche mir die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen und rede weiter auf dich ein. "Was wenn ich das nicht kann? Dich in Ruhe lassen? So, wie du dich in letzter Zeit benimmst, kann man dir nur ständig diese Fragen stellen. Um die anderen brauch ich mir keine Sorgen machen. Die haben nicht solche Probleme wie du." Deine Augen funkeln gefährlich. "Meine Probleme gehen dich einen Scheißdreck an. Halt dich verdammt noch mal aus meinem Leben heraus." Ich habe das Gefühl, als würdest du mir gerade ein Messer ins Herz rammen. Zum Glück ist es halb dunkel und du kannst mein Gesichtsausdruck nicht genau erkennen. Ach und wenn. . . so wie du gerade drauf bist, bezweifle ich, dass er dich interessieren würde. Kaum dass ich weiterspreche, merke ich, dass ich meine Unsicherheit nicht mehr verbergen kann. "Du willst dass ich dich in Ruhe lasse? Ich soll mir keine Sorgen mehr um dich machen und dich womöglich noch links liegen lassen?. . . Ich dachte wir sind Freunde, Sakito?! Soll ich dir wirklich aus dem Weg gehen?" "Ja, sollst du! Ich will von niemanden umsorgt werden - am allerwenigsten von dir. Ich hab deine Nähe satt! Und deine sogenannte Freundschaft ist doch einen Dreck wert." //Das kannst du nicht ernst meinen. . .// Kann es sein, dass du soeben ein weiteres Mal ausgeholt und zugestochen hast? Mein Herz nun endgültig zerfetzt, suche ich nach Worten - ich bin sprachlos. Und dann dein Blick. . . mir wird nun schmerzhaft bewusst, dass ich mich nicht getäuscht habe. In deinen Augen erkenne ich deutlich die Wut und jetzt erst begreife ich, dass dieses dunkle Aufblitzen in deinen Augen nichts anderes als Hass ist. Du hasst mich! Ich weiß einfach nicht, was ich getan habe, dass ich diesen Blick von dir verdiene. Wo du doch mein bester Freund bist - dachte ich. Ich wage es allerdings auch nicht nachzufragen. Noch mehr verletzende Worte aus deinem Mund muss ich mir wirklich nicht antun. Schweigend greife ich nach meiner Jacke und will eigentlich gleich verschwinden. Doch ich verharre einen Moment in der Tür. "In Ordnung! Ich störe dich? Dann ist es besser, wenn ich gehe. Regel dein Leben alleine. Mir soll es künftig egal sein, wenn du dich zugrunde richtest. Ich misch mich nicht mehr ein. . . das ist es doch, was du willst!? Ich werde dir meine Anwesenheit ersparen, wenn sie dir so zuwider ist. Aber nicht auf Lasten unserer Fans. Nur noch ein Konzert. . . das wirst du noch ertragen müssen. Nur noch morgen - der letzte Auftritt unserer Tour, danach bist du mich los. . . ein für allemal." Ich warte erst gar nicht auf deine Reaktion, sondern gehe auf den beleuchteten Gang, ignoriere sogar meine Freunde, die ich aus den Augenwinkeln wahrnehme, und trete den Weg nach draußen an. Schnellen Schrittes durchquere ich die Gänge, reagiere nicht auf die Rufe, die hinter mir klingen und reiße fast erleichtert die Tür nach Draußen auf. Es hat begonnen zu regnen. . . perfektes Timing! Ich lasse kurz die kühle Luft auf meinem Gesicht wirken. Und als ich erneut jemanden meinen Namen rufen höre, renne ich los. Einfach in den immer stärker werdenden Regen hinaus, der sich fast schützend auf mein Gesicht legt und meine Tränen versteckt, die ich nicht mehr in der Lage bin, weiter zu unterdrücken. Ich muss hier weg! Egal wohin - einfach weg. Weg von dir! Dis: und wie gefällts euch bis hier^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)