Liebe deine Feinde von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Die großen, schwarzen Augen des jungen Mannes fixierten erneut den Bildschirm seines Laptops und eine geisterhafte, fahle Beleuchtung erhellte sein Gesicht. Es war die einzige Lichtquelle in diesem Raum, und das Gesicht des jungen Mannes erinnerte unter diesen Umständen leider nur allzugut an einen Totenschädel. Raito erschauerte, als er Ryuga beobachtete. Trotz dieses Anblicks, den er als ein Omen deutete, wünschte er Ryuga nicht den Tod. Er wünschte ihm mehr. Der Tod war nur für Verbrecher bestimmt. Weiße, knochige Finger glitten gezielt über das Touchpad, scrollten eine Datei hinunter und wanderten wieder hinauf zu Ryugas Mund. Er preßte den Daumen gegen seine Zähne und lutschte scheinbar gedankenverloren und unbekümmert daran herum. Dann wanderte sein Blick zum Raito hinüber. "Es muß ein unerträglicher Druck sein." Der Angesprochene zuckte zusammen und sein Herz fing an zu hämmern, als Ryuga plötzlich mit ruhiger, leiser Stimme sprach. Raito nahm eine leicht abwehrende Pose ein und verschränkte die Arme vor dem Körper. Der blasse junge Mann musterte ihn daraufhin genauer und zog kritisch eine Augenbraue hoch, schwieg jedoch. Raito hatte sich inzwischen wieder gefasst und atmete ruhig aus. Ryuga, dieser Bastard. "Was meinst du damit?" fragte Raito und hoffte, daß es relativ unbekümmert klang. "Dein Vater. Es muß verdammt hart für ihn sein, wenn sein eigener Sohn verdächtigt wird. Jetzt schon sieben Prozent auf deine Reaktion hin, Raito." Raito biß die Zähne zusammen und erwiderte nichts. Er würde es sich aber merken. Hass auf Ryuga wallte in ihm auf. Er war wütend auf sich selbst wegen seiner mangelnden Körperbeherrschung: Es waren diese kleinen Dinge, auf die Ryuga ein besonderes Auge hatte. Diese kleinen, versteckten Fallen. Ryuga las gerne zwischen den Zeilen. Und er hatte recht: der Druck war für Raito langsam unerträglich geworden. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er einen Fehler beging. Und ein Fehler würde reichen, um Raitos Leben zu beenden. Dafür würde Ryuga sorgen. Raito atmete scheinbar ruhig aus und schob seine zitternden Hände unter seine Oberschenkel. Wahrscheinlich war es das, was Ryuga damit bezwecken wollte, als er Raito bat, in seiner Spezialeinheit als enger Vertrauter Ryugas mitzuarbeiten. [Behalte deine Feinde stets unter Kontrolle.] Raito schwieg und starrte Ryuga an. Er hatte nichts zu sagen. Wenn er sich jetzt rechtfertigen würde, würde es nur eine weitere Lüge sein, und etwas widerstrebte ihm, Ryuga belügen zu müssen - oder ihm wehzutun. Und das war genau das, was er nicht verstand. Er hätte diesen jungen Mann abgrundtief hassen müssen - doch er konnte es nicht. Es war eher ein Wahrnehmung, welche nicht so kräftig und gezielt war wie Hass: feine Fäden von sonderbaren Gefühlen schlichen sich immer wieder in Raitos Gedanken und in seine Seele: Er wollte, daß Ryuga ihm gehörte. Was hatte man davon, seinen Gegner zu hassen und zu meiden, wenn man ihn besitzen konnte? Es war eine schöne Vorstellung. Er wollte Ryuga damit nicht wehtun oder ihn erniedrigen. Er wollte nur... diesen Mann besitzen und ihn von sich abhängig machen. Es war sicherer. Raito lächelte zufrieden in sich hinein. Auch das schien Ryuga nicht zu entgehen. Er wandte sich wieder um und starrte Raito mit den schwarzen, tot wirkenden Augen an, die kein Licht zu reflektieren schienen. Raito vermutete, daß es kleine, schwarze Löcher waren, die jedes noch so kleine Detail in sich aufsaugten, zu Informationen verarbeitet und irgendwann gegen ihn verwandt wurden. Raito ertrug diese Blicke kaum, es war jedes Mal so, als ob etwas in seinen Gedanken wühlte. Er senkte den Blick. Aber das ungute Gefühl konnte auch durch sein eigenes schlechtes Gewissen hervorgerufen werden, beruhigte er sich. [Er war der Gott der neuen Welt. Er sollte anfangen, in anderen Dimensionen denken zu lernen.] Er erhob also wieder den Blick und starrte mit wild hämmerndem Herzen zurück. Ryuga sog scharf, aber kaum merklich die Luft ein. Nach einer Weile stand er langsam auf und ging wortlos ins Bad. Raito entspannte sich und grinste. Jetzt galt es, einen Plan zu entwerfen, um Ryuga von ihm abhängig zu machen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)