Liebe ist eine Schwäche von abgemeldet (Shulla) ================================================================================ Kapitel 17: Schließ die Tür. Aber dann wirst du es nie wissen. -------------------------------------------------------------- „Yuuichi, das kann so nicht weiter gehen“, sagte Sae. Die Person am anderen Ende der Leitung war aufgebracht und bemühte sich nicht ganz so erfolgreich, Ruhe zu bewahren. Nachdem ich nichts darauf antwortete, nicht wusste, was denn überhaupt sinnvoll war, zu erwidern, fuhr er, für einen kurzen Moment irritiert, fort. „Nagi und du, ihr könnt euch nicht ewig angiften! Wir können nicht richtig proben, die Stimmung ist jedes Mal auf dem Tiefpunkt und die Disharmonie ist mehr als nur herauszuhören. Ganz zu schweigen davon, dass ihr doch Freunde seid! Mann, ihr zerstört die Band!“ Seine Stimme hob sich bedrohlich und ich hielt das Handy nur deshalb nicht von mir weg, weil mein schlechtes Gewissen es mir verbot. Eine Art der Bestrafung? „Es tut mir leid“, flüsterte ich in den Hörer, wusste zugleich, dass ihm meine Entschuldigung weniger brachte, als wenn ich Sae zu Weihnachten eine Packung Tampons kaufen würde. Dementsprechend fiel seine Reaktion aus; er seufzte schwer und murmelte ein: „Bemüht euch wenigstens“ ins Telefon, bevor er ablegte. Er verstand nicht, dass ich mit Nagi abschließen musste. Ich konnte ihm nun Mal einfach nicht mehr ins Gesicht sehen – zu sehr erinnerte es mich daran, was für schreckliche Gefühle ich bei seinem Anblick empfinden musste, was ich durchgemacht hatte. Und außerdem war mir Kaito wichtiger. Ja, das war er. „Schatz, kommst du?“ Ich riss mich vom Anblick der Yoghurts los und schnappte mir schnell eine Milch aus dem Regal, beeilte mich, auf Kaito aufzuschließen. „Denkst du, wir brauchen noch Zimt?“ Der fragende Blick meines Freundes traf mich und ich blinzelte verwirrt. „Ich weiß nicht.. Ich dachte, du wärst der Fachmann?“ Seine Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen, während ich erkennen konnte, dass sich seine Gedanken weit abseits des Supermarktes befanden. „War's Zimt oder Kakaopulver.. Zimt – oder – Kakaopulver?“ Ich schwieg eine Weile und strengte mich selbst an, in der Hoffnung, doch vielleicht diese eine unwichtige Tatsache zu wissen, aber vergebens. „Vielleicht sollten wir einfach beides kaufen...? Und Hälfte Hälfte machen..?“, murmelte ich nachdenklich, nicht sonderlich überzeugt von meinem Vorschlag. „Hey, keine schlechte Idee. Wir machen einfach beides“ Unser Versuch, Tiramisu zuzubereiten, missglückte sowieso. Aber nichts desto trotz hatten wir geschlagene fünf Minuten unserer kostbaren Zeit vergeudet, um über den Sinn einer Zimt oder Kakaoschicht nachzugrübeln. Und eine weitere Stunde, um das blöde Dessert anzufertigen. Am Ende hatte ich Zimt im Gesicht und Zucker an den Fingern; das waren nicht gerade die Orte, wo die Zutaten eigentlich hingehört hätten. Kaito amüsierte sich jedoch damit ganz prächtig. „Jetzt bist du noch süßer“ Sein leises Lachen schallte an mein Ohr. Unwillkürlich wurde ich verlegen, murmelte etwas von „Das ist doch nicht wahr“ und verstummte schließlich einfach, als Kaito an mich trat und seine Zunge sanft über meine Wange gleiten ließ, um den Zimt wegzulecken. „Oh doch..“ Seine Finger an meinen Hals gelegt wanderte er zu meinem Ohrläppchen und knabberte daran. „Zum Anbeißen..“ Ich schluckte, hielt mich mit den Händen an der Holztischplatte fest. Sie fühlte sich kalt an meiner Rückseite an. Sollte ich die Augen offen lassen oder schließen? Ich musste mir die Antwort nicht selbst geben; Kaito ließ bereits von mir ab und visierte etwas hinter mir an. „Scheiße, haben wir 'ne Unordnung gemacht“ Er lachte leise. „Lass uns aufräumen – das Zeug klebt sonst an der Tischplatte“ Ich – bereits umgedreht und das ganze Chaos gesehen – nickte grinsend und machte mich daran, ein Abwischtuch zu suchen. Veränderungen haben meist an sich, dass sie erst spät bemerkt werden. Dass sie erst offensichtlich sind, wenn sie sich bereits dem Ende nähern. Und dann, plötzlich und unerwartet, steht man vor Tatsachen, von denen man nicht weiß, wie man sie bewältigen soll. Tatsachen, die sich nicht mehr ändern lassen, weil ihr Zeitpunkt bereits vergangen ist. Ihre Zeit der Schwäche Geschichte geworden ist. Drei Wochen waren es her seit meinem Geständnis. Dass Nagi in all der Zeit immer stiller geworden war, hatte ich nicht bemerkt. Ebenso war mir entgangen, dass sein Teint weißer denn je war. Weder war mir sein Zittern aufgefallen, noch hatte ich die Augenringe gesehen. Zu beschäftigt war ich mit dem Ignorieren der Tatsachen gewesen. Alles, was mich an ihn erinnerte, übersah ich mit einer Sturheit, die ich bisher noch nie an mir registriert hatte. Während den Proben konzentrierte ich mich so sehr auf mich selbst und die restlichen Drei, dass Nagi fast nahtlos mit der Wand verschmolz. Der rechte Fleck neben mir blieb für mich leer, wie ein weißes Blatt Papier. Umso plötzlicher kam das, was mein Leben erneut aus der Bahn warf. Es mit Füßen trat und mich aus meiner selbst zusammengebastelten Scheinwelt grob herauszerrte. „Yuuichi! Gut, dass du da bist!“ „Ja..?“, erwiderte ich überrascht, musterte mich selbst verdutzt im Spiegel, während ich das Handy in der Hand hielt. War ich über Nacht etwa sexy geworden? Oder gar unentbehrlich? Und es war mir nur noch nicht aufgefallen den ganzen Tag lang? Sae ging auf mein „Ja?“ nicht ein. „Du musst sofort kommen. Nagi ist weg“ Ich warf meinem Gegenüber auf der glänzenden Fläche einen skeptischen Blick zu und antwortete leicht sarkastisch: „Vielleicht wollte er nur schnell aufs Klo gehen. Zu zweit ist das natürlich eher schwer“ „Halt die Klappe Yuuichi und komm! Wir sind in Nagis Haus“, fauchte mein Freund in den Hörer und legte einfach ab. Verwirrt starrte ich den Hörer an. War das ein Trick von Sae, um meinen ehemals besten Freund und mich wieder zum Sprechen zu bewegen? Wenn ja, dann würde das nicht fruchten. Nagi war für mich gestorben. Wenn auch nur psychisch. Trotzdem hatte ich mir meinen Mantel geschnappt und war Richtung Nagis Haus getrottet. Zumindest konnte ich mir ja mal ansehen, was sie sich Schönes ausgedacht hatten. Als ich ankam, war meine Amüsiertheit ziemlich gesunken. Saes laute Stimme schon am Tor vernehmend, die ohnedies sehr aufgebracht war, ließ meine Heiterkeit ganz verschwinden und mir wurde mulmig zumute. Als ich schließlich Ren und Sae vor mir stehen hatte und Kaitos erschrockenes Gesicht erblickte, begann ich ehrliche Angst zu fühlen. „Was ist los..?“, sprach ich leise; unangebrachte Worte, wie mir sofort klar wurde. „Nagi ist weg“, richtete mein Freund sich an mich. In seinen Augen ein seltsamer Glanz. „Aber er kann doch nicht einfach weg sein..? Ich meine, vielleicht ist er nur einkaufen gegangen..“ Im selben Moment wusste ich, dass dem nicht so war. Das Wohnzimmer war komplett leer. Meine Augen weiteten sich entsetzt und meine Hand legte sich wie von selbst auf meinen Mund und würgte damit den scharf eingezogenen Atem ab. „Das... ...“ „Das ist nicht wahr, ja, Yuuichi..“, beendete Sae leise meinen Satz, in seiner Stimme schwang ein bitterer Unterton mit. „H-habt ihr schon das Haus durchsucht?“ Ren schüttelte den Kopf. „Dann macht doch!“, rief ich unkontrolliert heftig heraus und rannte bereits in Nagis Schlafzimmer, ohne auf Antworten zu hören. Alles war hier noch da. Nicht etwas hatte sich vom Fleck gerührt, jedes Möbelstück befand sich am selben Platz, wo ich es beim letzten Mal gesehen hatte. Beim letzen Mal.. Das war schon ewig her.. Ich zögerte nicht. Hastig durchstöberte ich jede Schublade, jeden Kasten nach irgendetwas. Einem Zeichen. Einer Erklärung. Und wenn es nur ein Zettel mit einem „Auf Wiedersehen“ war. Nichts. Nirgendwo befand sich etwas Ungewöhnliches, nicht einmal der Hauch von etwas. Während all meinem verzweifelten Suchen, hatte ich nicht bemerkt, dass die anderen hinter mich getreten waren. Kaito legte mir die Hand auf die Schulter. „Komm.. hör auf.. wir rufen die Polizei an..“ Bei dem Wort „Polizei“ wurde mir der Ernst der Lage erst richtig bewusst. In meinem Kopf schien es irgendwo „Klick“ zu machen, das, was danach passierte, nahm ich nicht mehr richtig wahr – es war, wie wenn ich alles durch einen Schleier beobachtet hätte. Die Polizisten, die eintrafen, die Fragen, die sie uns stellten, wie sie die Wohnung erneut durchsuchten, wie Sae heftig zitterte, als ihn der Beamte nach besonderen Vorkommnissen befragte, wie Kaito meine Schulter streichelte, wie Ren ihnen die Telefonnummer der Eltern gab und ihnen von Yumi erzählte. Das ganze Szenario erschien mir unwirklich, wie ich an diesem Abend nach Hause gekommen war, wusste ich nun nicht mal mehr. War es einer der Beamten gewesen, der mich zu meiner Wohnung gefahren hatte? War es Kaito gewesen, der mich begleitet hatte? Oder war ich es gar selbst gewesen, hatte ich mich alleine nach Hause geschleppt? Während ich in meinem Bett lag und an die Decke starrte, hatte ich nur einen Gedanken in meinem Kopf. Ich konnnte nicht genau sagen, ob er mir gekommen war, als die Polizisten eintrafen oder ob er schon vorher existent gewesen war. Ohne Platz für irgendetwas anderes zu lassen, drehte und bog er sich in der Schwärze, drang in jede Körperzelle ein und schrie seine Botschaft förmlich heraus. „Ich hasse dich“ Ich konnte meine Augen nicht schließen, als die Tränen kamen. ~~+~~ [Anmerkungen der Autorin] Öhm ja.. Lang, lang ist's her, was?! Tut mir ehrlich leid, die Kapitel hatte ich wirklich schon geschrieben, mein Partner (alias Internet) hat sich nur derbst gegen mich gewehrt.. Nun. Überrascht es euch, dass Nagi abhaut? Ich denke nicht, dass es eine große Überraschung ist. Er ist ein sehr schwacher Charakter, der mit Witz verdeckt, dass er mit vielem gar nicht so gut klar kommt. Wolltet ihr auch schon einmal einfach weglaufen, wenn es zu kompliziert wurde? Naja, meistens tut man das ja nicht. Normalerweise (was für ein schöner Begriff). Ich kenne Menschen, die das getan haben. (Also ist es doch nicht so ganz aus der Luft gegriffen, was? ^^) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)