Eternity III - Sklavenhändler und Drachentöter von Purple_Moon (Dieser Drache ist unverkäuflich!) ================================================================================ Kapitel 4: Valerian Z'Unluhrd ----------------------------- Kapitel 4: Valerian Z'Unluhrd Eikyuu hielt es im Bett nicht aus. Seit er wusste, dass es Valerian nicht wirklich gut ging, aber immerhin auch nicht schlecht, war er etwas beruhigt. Doch er vermisste ihn mit jeder Faser seiner Existenz, zumal er von den Slarivestern nicht die Liebe erhielt, die er gewohnt war. Also stand er etwas unbeholfen auf, wobei das verbundene Knie ihn behinderte, und schlich aus dem Raum, indem er das Schloss an der Tür mit etwas Magie aufbrach. Das Gift war noch in ihm und ließ ihn taumeln und straucheln, die Schmerzen waren beachtlich, aber er konnte sie aus seinen Gedanken verdrängen, wenn er nur fest genug an Valerian dachte. Dabei kümmerte es ihn auch nicht, dass er, abgesehen von den Verbänden, nackt war. Eine magische Variation des Lichtes in seiner unmittelbaren Umgebung ließ ihn gleich ganz unsichtbar werden. Er hatte die nächste Nacht abgewartet. Auf dem Hof war alles ruhig, bis auf den großen Wachhund, der auf dem Grundstück frei herumstromerte. Eikyuu ließ ihn kommen. Das Tier entdeckte ihn, obwohl er unsichtbar war, doch er zeigte keine Angst und wurde als überlegen anerkannt. Nachdem er den wuscheligen Rüden etwas gestreichelt hatte, setzte er seinen Weg fort. Das Haus war von außen eine Villa und von innen sehr wohnlich. Eikyuu entdeckte ein paar Gemälde von Männern und Frauen mit Drachen, die ihre Köpfe demütig und furchtsam zu ihren Besitzern gesenkt hatten, eingeschüchterte Haustiere. Was fanden die Leute daran? Waren nicht alle Tiere interessanter, wenn sie etwas aufmüpfig waren? Sollte eine Beziehung nicht eher auf Vertrauen beruhen als auf Angst? Er wandte sich angewidert ab. Sein Instinkt trieb ihn zielstrebig durch die Gänge und Flure, eine Treppe hinauf. Schließlich stand er vor einer mit Ornamenten verzierten, dunklen Holztür und legte eine zitternde Hand auf die Klinke. Dahinter musste Valerian sein, er wusste es. Ein bisschen fürchtete er sich vor dem, was er vorfinden würde. Aber die Sehnsucht war stärker. Er drückte die Tür auf - und wurde fast erschlagen von einer Wolke aus Kräutergeruch und kaltem Rauch. Leise fluchend eilte Eikyuu zum Fenster, zerrte etwas unbeholfen die Vorhänge auf und riss dann die Buntglasscheiben nach innen. Sie quietschten ein bisschen in den Angeln. Die kühle Nachtluft war kein Vergleich zu dem Mief, der sich nun seinen Weg nach draußen bahnte. Viele Menschenärzte glaubten immer noch, dass eine solche Atmosphäre heilsam war, während Frischluft krank machte. Was für Idioten. Oder war das am Ende noch Absicht? Man konnte es nie wissen. Endlich konnte er sich dem Bett und seinem Geliebten zuwenden. Dieser war, was ja nicht überraschte, bewusstlos, aber Eikyuu hoffte, dass er bald zu sich kommen würde, wenn sich die Gerüche verzogen hatten. Er fand ein ausgebranntes Räuchergefäß und identifizierte die Reste als narkotisierendes Rauschmittel. Auch die Salbe, mit der Valerian offenbar großzügig eingerieben worden war, war nicht frei von Zusätzen. Die Droge war für Menschen geruchsneutral, er jedoch erkannte auch in seiner momentanen Gestalt das so genannte Schwarze Schlangenkraut am mild-würzigen Aroma. Auf Drachen wirkte es nicht, wohl aber auf Draconer und Menschen. Manchmal wurde es in Slarivestos benutzt, um Drachen von Draconern zu unterscheiden. Wieso hatten sie es Valerian gegeben? Um ihn ruhig zu stellen? Zu seinem eigenen Wohl oder um mehr Geld für seine Behandlung herauszuschlagen, indem sie die Krankheit verlängerten? Wer hatte das veranlasst? Eikyuu setzte sich auf den Bettrand und merkte erst jetzt, dass er vor Erschöpfung zitterte und schwitzte. Er betrachtete Valerian, dessen Kopf in dicken Verbänden verschwand. Er zog vorsichtig die Decke zurück und stellte fest, dass auch die Arme und Beine verbunden waren, aber nicht sehr dick, vermutlich nur Prellungen und Hautabschürfungen. Gnädigerweise trug der Prinz ein kurzes, weißes Leinenhemdchen, anders als sein Sklave. Eikyuu sah sich um und fand in einem großen, luxuriösen Schrank ein weiteres, das er sich selbst überzog. Erschöpft kehrte er zum Bett zurück und legte sich eng an seinen Geliebten, die Decke über beide ausbreitend. Das würde Ärger geben, wenn sie ihn am nächsten Tag fanden. Doch er hätte sich nicht weniger darum scheren können. Seine Wut über die Rauschmittel verdrängte alle Vorsicht, die ihn vielleicht zur Rückkehr in sein zellenähnliches Zimmer bewogen hätte, wie er es eigentlich geplant hatte. Er fühlte sich schwach durch das Gift und die Verletzungen des Sturzes, aber Zorn stachelte ihn an. Eikyuu war leicht eingedöst, als er eine zaghafte Berührung in seinen Gedanken spürte. //"To...wa..."// Er fuhr so plötzlich hoch, dass ihm schwindlig wurde. Es ging rasch vorbei, und als er sah, dass Valerian ihn anblinzelte, war sowieso alles vergessen. "Kariat!" Der Schwarzhaarige konnte kaum die Augen offen halten, aber im Vergleich zu vorher war das ein Fortschritt. //"Hab... Kopfweh,"// murmelte er telepatisch. //"Streng dich nicht an!"// ermahnte Eikyuu ihn. Er fragte sich, ob die Kopfschmerzen wohl von einem Sturz auf den Kopf kamen oder vielleicht doch eher von den Drogen. Konnte es sein... Er griff nach dem Ende des dicken Verbandes, das mit einer Nadel festgesteckt war, und löste es, um seinen Geliebten davon zu befreien. Darunter kam strähniges Haar zum Vorschein und eine kleine Schramme an der Stirn, aber nichts wies auf eine schlimmere Verletzung hin. Keine Prellung, keine verdickte Stelle, keine Platzwunde. Vielleicht eine leichte Gehirnerschütterung, aber lange nicht so etwas Schweres, wie behauptet worden war. Anscheinend hatten die Ärzte ihn für einen reichen, ausländischen Jungen gehalten und versucht, möglichst viel Geld rauszuschlagen, indem sie ihn langwierig heilten. Unerhört. War das das Werk des Paares, dass sich um den vermeintlichen Sklaven gekümmert hatte, oder wussten sie nichts davon? Eikyuu war entschlossen, das herauszufinden, auch wenn er nicht unbedingt in der passenden Position dafür war. Der Ärger ließ nicht lange auf sich warten. Eikyuu erwachte früh, als er Unruhe im Haus spürte. Hektische Schritte waren zu hören und aufgeregte Rufe, dazwischen ab und zu Maris' Stimme, die versuchte, jemanden zu beruhigen. Der Seelenleser verließ das Bett lieber. Wenn man ihn darin erwischte, war er vermutlich reif für eine Tracht Prügel. Naja, das war er wohl sowieso. Er zog Valerians Bettzeug ein wenig zurecht und kauerte sich auf dem Boden zusammen, wo ein weicher Teppich lag. Das Zimmer war anscheinend nur mit dem Besten ausgestattet. Doch dafür hatte er keinen Blick. Seine Sinne nahmen Zorn und Verwunderung wahr. Sicher fragten die Leute sich, wie er entkommen war, und waren wütend darüber. Valerian murmelte im Schlaf, blinzelte schließlich, als er den warmen Körper an seiner Seite vermisste. In diesem Moment flog auch schon die Tür auf. Erstaunlicherweise schaffte es Tronet, fast lautlos in den Raum zu stürmen. Wortlos packte er den Drachen an den Nackenhaaren und zerrte ihn hinaus, die Treppe hinunter und auf den Hof, wo er ihn grob zu Boden warf. Erst dort begann er zu schimpfen. "Ist das der Dank für unsere Fürsorge? Du bringst das ganze Haus in Aufruhr, dringst unerlaubt in das Zimmer ein! Und wer hat gesagt, dass du das Hemd anziehen darfst?!" Er hatte so schnell seinen Gürtel in der Hand und holte zum Schlag aus, dass man meinen konnte, er übte das jeden Tag. Eikyuus erster Instinkt war Flucht vor der Wut des Mannes. Fast zeitgleich musste er sich beherrschen, um ihn nicht mit Magie zurück zu schlagen. Das Gift saß ihm noch immer in den Knochen und verhinderte, dass er schnell genug ausweichen konnte. Also drehte er sich herum und sah Tronet fest in die Augen. Offenbar war das das Letzte, womit dieser gerechnet hatte, denn er hielt in der Bewegung inne, und sein Schlag erreichte das Ziel nicht. Unbeweglich starrten die beiden sich an. Hinter dem Hausbesitzer tauchten Kendra und die Kinder auf, dann auch Maris. Der Barde erfasste die Situation schnell. Er eilte hinzu und griff nach Tronets Arm. "Nicht! Er ist ein Zweihorn, Ihr wisst doch, wie sensibel die sind! Er ist seit Generationen in Valerians Familie und hat Angst, wenn er nicht bei ihm sein kann!" Der Rothaarige ließ zögernd den Arm sinken. "Ein Zweihorn? Wer hält sich denn schon so einen? Die halten ja nichts aus! Dann noch ein Menschgeborener!" "Nichts würde ich das nicht nennen," entgegnete Maris. "Immerhin ist er zu seinem Meister gelangt, obwohl er noch das Gift spüren muss. Wenn es um Valerian geht, kennt dieser Drache keine Grenzen. Ihr solltet Euch das gut merken, damit es nicht zu einem Missverständnis kommt..." "Sie haben meinen Herrn betäubt!" nutzte Eikyuu den Moment. Er sprang auf und suchte Schutz hinter Maris. "In der Salbe war Schwarzes Schlangenkraut und in dem Räuchermittel eine Droge!" "Wovon spricht er da?" wollte Kendra wissen. Maris hob eine Augenbraue. "Wisst Ihr das nicht? Menschen können Schwarzes Schlangenkraut nicht riechen, aber Drachen. Warum wurde es bei Valerian angewendet, ich dachte, er sei durch seine Verletzungen bewusstlos?" Die beiden Slarivester tauschten erstaunte Blicke. "Das wüssten wir auch gern. Dr. Kortin hat gesagt, der Junge sei schwer angeschlagen und der Rauch solle ihm angenehme Träume bringen. Naja... das haben wir allerdings nicht so verstanden, dass er ihn betäubt." "Der Arzt wird dafür zur Rechenschaft gezogen werden, wenn er nachher kommt, immerhin haben wir ihn teuer bezahlt! Dennoch ist der Sklave zu bestrafen!" beharrte Tronet. //"Kann der mich schlagen? Ich gehöre doch nicht ihm,"// fragte Eikyuu. Maris nickte. "Natürlich, aber lasst das Valerian selbst machen, wenn er dazu in der Lage ist. Bei uns ist es nicht üblich, dass man die Sklaven von Besuchern straft." //"Du hast wirklich ein Talent dafür, mir zu antworten, ohne mir zu antworten,"// stellte Eikyuu fest und fügte die gedankliche Entsprechung eines Grinsens hinzu. //"Sie erwarten nun aber auch, dass Valerian dich bestraft,"// warnte Maris den Seelenleser vor. //"Er ist hier Gast, sein Sklave hat Ärger gemacht, also wollen sie Wiedergutmachung. Er wird es vor der Familie tun müssen, am besten gleich hier. Und da du, weil du ja ein Menschgeborener bist, als Lustsklave giltst..."// //"Oh. Valerian soll mich vor allen Leuten hier durchnehmen?"// Die Frage klang fast hoffnungsvoll. //"Wirst du ja dann sehen,"// blockte Maris. //"Aber ich mache mir keine Sorgen um dich, du stehst doch drauf!"// //"Woher weißt *du* das denn?"// //"Tjaaa..."// "Ich muss darauf bestehen, dass der Sklave vorerst wieder in seine Zelle eingesperrt wird," unterbrach Tronet das gedankliche Gespräch. "In der Zwischenzeit werden wir uns um seinen Herrn kümmern und..." "Schon gut. Ich bin... ganz in Ordnung," ließ sich Valerian vernehmen, der in dem Moment, gestützt von Noctivagus, zu ihnen gehumpelt kam. Er hatte sich eilig eine Hose, Hemd und Schuhe angezogen, aber er sah noch nicht gesund aus. Sein Haar war strähnig und sein Gesicht blass. Er machte sich von Noctivagus los und ging die restlichen paar Schritte allein. Shisei war wie immer an Noctivagus' Rockzipfel. Eikyuu stürzte auf den Prinzen zu, fiel vor ihm auf die Knie und schlang die Arme um seine Hüften. "Mein Gebieter! Ihr seid wieder auf den Beinen!" Valerian konnte einen leichten Schrecken nicht verbergen. Mit dieser Reaktion hatte er nicht gerechnet, obwohl er wusste, was sie für Rollen zu spielen hatten. Was folgen sollte, fiel ihm besonders schwer. "Was muss ich erfahren, Eien? Du warst ungezogen?" Der Drache blickte furchtsam zu ihm auf. Es sah so verdammt echt aus. "Ich wollte nur bei Euch sein! Sie haben Euch betäubt!" Valerian schlug ihn mit dem Handrücken ins Gesicht, dass er von ihm abließ und sich wie ein getretener Hund zusammenkauerte. "Das alles wäre nicht passiert, wenn du dich nicht vergiftet hättest! Du hättest diesem Drachentöter aus dem Weg gehen sollen!" Der Schlag hatte Eikyuu überraschend getroffen. Wäre er nicht ein Seelenleser gewesen, hätte er glauben müssen, dass Valerian es wirklich so meinte. "V-Vergebt mir bitte!" stammelte er. //"Du bist es, der mir vergeben muss,"// entgegnete sein Geliebter telepathisch. //"Aber ich muss tun, was ein Slarivester tun würde."// Er hielt Tronet die offene Hand entgegen. "Leiht mir bitte Euren Gürtel." Das tat der Mann nur zu gerne. Die Kinder versammelten sich erwartungsvoll bei ihren Eltern. Aus einiger Entfernung sahen die Sklaven ängstlich zu, auch der gebeugte, alte Mann tauchte auf und grinste seltsam. Maris zog vorsichtshalber Noctivagus und Shisei ein Stück weg und gebot ihnen, sich nicht einzumischen. Valerian bückte sich, um das Hemd zu zerfetzen, das Eikyuu trug. "Ich bezahle es nachher," kommentierte er, an Kendra gewand. Dann baute er sich so auf, dass er hinter dem am Boden kauernden Drachen stand. Er hatte freie Sicht auf dessen Rücken und wünschte sich, es wäre anders. //"Towa... ich muss hart genug zuschlagen, dass man hinterher etwas sieht..."// //"Bist du denn schon wieder stark genug dafür?"// Eikyuu ballte bebend seine Hände zu Fäusten und kratzte dabei mit den Nägeln über den Lehmboden. Die Umstehenden waren überzeugt, dass er sich fürchtete, das konnte er spüren, selbst Noctivagus war nicht sicher, was er davon halten sollte. Von Maris empfing er mal wieder nichts Klares, aber dafür von Valerian. Dem würden die Schläge vermutlich mehr wehtun als ihm selbst. Der angehende Allmeister zögerte. //"Verdammt, ich kann das einfach nicht tun..."// Seine Hand zitterte. //"Du musst, wenn wir überzeugend auftreten wollen. Mach dir um mich keine Sorgen, das ist ein Klacks. Ich werde allerdings so tun, als würde ich leiden."// Valerian hatte trotzdem nicht die Kraft, seinen Geliebten einfach so zu schlagen. Zum Glück konnte er es immer auf seine Verletzungen schieben. Maris trat an ihn heran. "Val, soll ich es für dich tun?" Der Prinz riss sich zusammen. "Nein, er ist mein Sklave, und wenn er sich daneben benommen hat, bin ich dafür verantwortlich, ihn zu bestrafen. Mir war nur etwas unwohl." Der Barde nickte und zog sich wieder zurück. //"Warte nicht mehr zu lange, es wirkt sonst verdächtig,"// warnte er. Valerian konzentrierte sich auf den Teil von sich selbst, der von Vernunft beherrscht wurde und machte sich klar, dass sie dafür sorgen mussten, dass ihre Tarnung nicht aufflog. Seltsamerweise wusste er genau, was von ihm erwartet wurde. Dabei war er doch nie in Slarivestos gewesen! Er packte die Gürtelschnalle fester, holte entschlossen mit dem Riemen aus und schlug zu. Das Geräusch des Leders, als es auf Haut traf, war grauenvoll in seinen Ohren. Er spürte den Treffer in der Hand, als er zuschlug. Aber am schlimmsten war, dass Eikyuu Mitleid erregend aufheulte. Natürlich war es nur Show, das wusste er. Eikyuu hatte schon ganz andere Sachen schweigend erduldet. Aber Valerian war kein Seelenleser, der spüren konnte, dass es nicht doch echt war. Und es sah echt aus, so furchtbar echt. Trotzdem zögerte er nun nicht mehr, erneut zuzuschlagen, und dann noch einmal und immer wieder. Etwas in ihm führte seine Hand, und es machte ihm Angst. Bald ließ Eikyuu sich aus seiner knienden Stellung ganz zu Boden fallen und kauerte sich schützend zusammen, mittlerweile um Vergebung bettelnd. Doch Valerian machte noch weiter, bis schließlich Maris einschritt. //"Es reicht jetzt, Valerian. Sie sind alle überzeugt,"// übermittelte er ihm. Der Schwarzhaarige hörte augenblicklich auf, blickte schwer atmend auf seinen wimmernden Sklaven hinab. Er war verwirrt über sich selbst. Was war passiert? Etwas in ihm wusste, wie man Sklaven behandeln musste. Und er hatte es nach anfänglichem Zögern getan, wie es sich gehörte, ohne noch weiter darüber nachzudenken. Diese Erkenntnis war erschütternd. Wieso? War er nicht ein Mensch mit einer Rächerseele? Warum wusste er Dinge über Slarivestos, die er gar nicht wissen konnte? "Hör endlich auf zu jammern, sondern geh und zieh dich an," fauchte er den Seelenleser an. "Ich werde mich nachher noch um dich kümmern." Eikyuu sah zu ihm auf mit einem Blick, der Valerian durch Mark und Bein ging. Der Drache spielte das nicht länger. Er fürchtete sich wirklich. Was ging hier vor? Während Eikyuu sich aus dem Staub machte, um das Gepäck zu suchen, bei dem sich auch ein Gewand für ihn befinden musste, drehte sich Valerian zu Tronet und Kendra um. "Verzeihung, ich konnte mich noch gar nicht vorstellen... Ich bin Valerian Z'Unluhrd." Erst jetzt fiel ihm auf, dass er die ganze Zeit Slarivestisch gesprochen hatte. Aber er hatte die Sprache nie gelernt, nur in Ansätzen. Und er wusste auch nicht, wo der Name herkam, mit dem er sich gerade betitelt hatte, er war ihm einfach eingefallen. Das Paar war sehr angetan von ihm. "Kein Problem, Ihr wart ja krank. Es ist uns sehr unangenehm, dass der Arzt gepfuscht hat..." Sie tauschten ein paar slarivestische Höflichkeitsfloskeln aus. Indessen verzog sich Maris mit Noctivagus angeblich in sein Zimmer, um sein Instrument zu holen. Shisei folgte ihnen schweigend. //"Es ist in Slarivestos nicht unüblich, erst seinen Sklaven zu bestrafen und sich dann erst vorzustellen, wenn die Situation es erlaubt oder gar erfordert, wie in diesem Fall,"// erklärte Maris den beiden. //"Der Hausherr war nämlich erzürnt und musste erst besänftigt werden. Da er Valerian handlungsunfähig glaubte, hatte er sogar das Recht, den Sklaven seines Gastes zu schlagen, da dieser durch sein Verhalten seinen Haushalt gestört hat."// Sei gingen natürlich nicht in sein Zimmer, sondern suchten Valerians auf. Dort hatte Eikyuu die Gepäckstücke und seine Kleidung inzwischen gefunden und wollte sich gerade umziehen. Seine Hände zitterten dabei, und er wirkte völlig verwirrt. "Warte," rief Noctivagus. "Lass mich die Striemen behandeln, ehe du dir was überziehst." Er hatte ein paar Kleinigkeiten für den Notfall in einer Tasche an seinem Gürtel und holte daraus ein kleines Gefäß mit der Salbe hervor, die sie auch für Eikyuus Hand benutzt hatten. Der Seelenleser beschwerte sich mit keinem Laut, während das Mittel sich in seine Wunden brannte und sie provisorisch verschloss. "Er ist ein anderer geworden, während er mich schlug," murmelte Eikyuu schließlich. "Auf einmal fiel es ihm nicht mehr schwer, sondern war normal für ihn. Ich konnte es spüren. Aber ich glaube, er versteht es selbst nicht... Und Valerian kann gar kein Slarivestisch!" "Kann er das nicht mit Magie erreicht haben?" wandte Maris ein. Eikyuu schüttelte den Kopf. "Das war kein Zauber. Selbst Magie kann dich eine Sprache nicht so natürlich sprechen lassen, es würde sich für einen Einheimischen immer etwas fremd anhören. Und ich konnte die Gefühle der Familie lesen, sie haben keinen Moment daran gezweifelt, dass Valerian ein Slarivester ist." "Die Z'Unluhrd sind ein einflussreiches und bekanntes slarivestisches Adelsgeschlecht, das für seine außergewöhnlichen Sklaven bekannt ist, die es wie Pferde züchtet und verkauft," sagte Shisei. Alle starrten sie überrascht an. Sie deutete auf die Luft neben sich. "Zarah hat es mir erzählt. Sie wurde vor gut hundert Jahren von Jerimal Z'Unluhrd an Tronets Urgroßvater verkauft. Der hat sie in einem Wutanfall zu Tode geprügelt." Noctivagus und Eikyuu waren schockiert, obwohl sie in diesem Land mit solchen Dingen rechnen mussten. Auch mussten sie sich erst daran gewöhnen, dass die kleine Rächerin einfach so mit Geistern sprach. Maris schien das weniger zu überraschen. "Zarah, wir werden uns darum kümmern, die Zustände hier zu ändern. Du solltest jetzt in Frieden gehen. Lange genug hast du hier gewartet." Er hob die Hand, um die unsichtbare Frau an der Stirn zu berühren, und seine Fingerspitzen leuchteten sanft, so dass Zarah kurz auch für Noctivagus und Eikyuu zu sehen war. "Timarios und seine Kinder werden dich rächen," versprach der Barde. Alle hörten so etwas wie ein erleichtertes Seufzen, aber vielleicht war es auch nur der Wind am Fenster... Ehe noch jemand einen Kommentar dazu formulieren konnte, kam Valerian zu ihnen. Er blieb unsicher in der Tür stehen und blickte von einem zum anderen. Maris komplimentierte seine beiden "Sklaven" hinaus, um das Liebespaar allein zu lassen. Eikyuu war nicht ganz überzeugt, dass er diese Zweisamkeit so begrüßte. Allerdings wirkte sein Kariat jetzt wieder normal, wenn man davon absah, dass er noch nicht wieder ganz gesund war. Der Schwarzhaarige schloss die Tür hinter sich. "Towa, vergib mir... ich war nicht ich selbst da draußen..." Er wankte zu Eikyuu, um sich dessen Rücken anzusehen. "Heiliger Erlöser der Seelen... was habe ich nur getan? Warum... warum habe ich nicht früher aufgehört?!" "Du warst wirklich irgendwie ein anderer," sagte Eikyuu leise. "Wie kann das sein? Bist du nicht Shitais Wiedergeburt? Aber..." Er wandte sich um und sah in die von einem Schattenzauber grauen Augen seines geliebten Prinzen. "Vielleicht warst du auch..." Valerian war noch blasser geworden. "Ein Slarivester? Nein! Ein Rächer würde doch nie..." Doch er hielt mitten im Satz inne, als sich eine Erinnerung regte wie ein Fisch unter der Wasseroberfläche, sichtbar, aber doch nicht greifbar. Er sprach noch immer Slarivestisch, als wäre es seine Muttersprache, während Eikyuu einen leichten Akzent hatte. Voller Entsetzen presste er eine Hand vor seinen Mund, um nicht laut aufzuschluchzen. Doch Eikyuu war nun, da die Sache einigermaßen geklärt war, wieder ganz er selbst. Aufrecht trat er noch näher an ihn heran. "Es gibt keine Zufälle. Wenn du ein Leben in diesem Land hattest, zahlt es sich jetzt aus. Es wird dir helfen, dich richtig zu verhalten, auch wenn es uns beiden nicht gefällt." Valerian blickte sich um. "Ich weiß nicht, woher ich es weiß... Slarivestische Gästezimmer haben oft ein verborgenes Spionloch... Ich wette, dass sie uns heute Abend beobachten werden, um zu sehen, ob du den zweiten Teil deiner Strafe erhältst, wie man es mit einem menschgeborenen Lustsklaven normalerweise macht..." Eikyuu zog seinen Kopf zu sich heran und küsste ihn leidenschaftlich. //"Da freue ich mich ja direkt schon drauf..."// *** Fortsetzung folgt Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)