Feuermond von Arianrhod- (Adieneira-Saga I) ================================================================================ Kapitel 14: Gärten ------------------ Titel: Feuermond Teil: 15/ ~ 45 Autor: Lady Silverwolf Anime: Beyblade Warning: OOC Disclaimer: Die Hauptcharaktere gehören nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dieser Fanfic. "..." reden //...// denken ~~~~~~~ Ahh! Tut mir echt Leid, dass das Kapitel so spät kommt! *um Verzeihung bitt* Aber ich hatte eine totaaaale Schreibblockade, es ging nichts mehr. Darum kommt das hier so spät. Außerdem hatte ich ein Problem mit Mingming. Ich komm mit der einfach nicht zurecht. -.- Zu Mingming möchte ich noch etwas sagen. Und zwar, dass sie eine sehr einseitige Sichtweise hat. Vor allem auch, was Emily anbelangt. Was Mingming über sie - und auch alles andere - denkt, ist nicht meine Meinung, okay? Außerdem hab ich festgestellt, dass mir die Figuren davon rennen. *drop* Sie nehmen die Handlung in die Hand und ich komm nicht mehr hinterher. Ivan zum Beispiel. -.- War nie geplant, dass der irgendwelche Schwüre spricht. ** @ eisokami: Hi, Neueinsteiger ^^ Schön, dass ich dich so begeistert habe >.> Nuja, schnell kann man das hier nicht nennen @ Sonnenblume18: Du liebst die Hiwataris? *drop* Also, ich glaube, so was hab ich auch noch nie gehört. Aber schön, warum nicht... Tja, wer weiß, was die alles auf Lager haben. Aber glaub mir, Voltaire wird sich nicht so einfach killen lassen. Mal sehen... Ach so, wenn du frei hattest. @ hells-bells: Das kleine Ding ist Daichi. *drop* Wirst du wohl gemerkt haben. Das mit Voltaire ist so eine Sache. Außerdem dürfen sie das sowieso noch nicht, egal ob sie's wollen. Kai dürfte das eigentlich ziemlich egal sein. Er kennt die doch noch nicht einmal. Echt? Ich beschreibe den Hund am besten? Ich sollte mich da mal zurückhalten. ~.~ @ Spellmaster: Du hasst ziemlich viele Leute, was? Garland, Brooklyn, Daichi. Okay, Daichi hat nicht viele Fans, glaube ich. >.> Ach, komm schon, die Mutter ist alles, vor allem für Kai. Bis sich irgendjemand Gedanken über die 3. Generation macht, dauert es noch ein wenig. @ tsuki-neco: Also, das dauert noch ein wenig bis die erfahren, dass Kai Raphaels Sohn ist. Als 'lustig' würd ich es jedenfalls nicht bezeichnen. Vor allem nicht für Kai. >.> Er lernt immerhin dann den Vergewaltiger seiner Mutter kennen. @ Diabolo_17: Nein, haben sie irgendwie nicht.*drop* Ja, die Hündin heißt so. Glaube ich. >.> *drop* Kenn mich mit meinen eigenen Namen nicht mehr aus. Oh je... Ich glaube, Daichis Beliebtheitsgrad ist nicht besonders hoch. Aber ich wollte Feuermond einfach ein wenig vergrößern und der bot sich da einfach an. Wer sagt, dass Voltaire es nicht miterleben wird? So bald düfen die den noch nicht umbringen. Außerdem ist Voltaire nicht der Typ, der sich einfach so mal ums Eck bringen lässt. @ Sesshi-Chan: Ja, aber ich bin auch spät dran, darum ~ Ich hab auch gedacht, Feuermond muss ein wenig größer werden, darum hab ich einfach mal Daichi hinzugefügt. Da kommen noch mehr, versprochen. Das Ende? Die Sache zwischen Daichi und Charya? Ach was, Ozuma hätte den Knirps auch alleine eingefangen. *drop* So ein Tollpatsch ist er nun auch wieder nicht. Ach komm, Brooklyn ist doch lustig. Und er wird hier nicht so heftig wie in Cotc. Es hat mir auch Spaß gemacht, den Streit zu schreiben. So was macht immer Spaß. ^---^ Bin ich verrückt? Also, ich halte Voltaire eigentlich nicht für irgendeinen durchgeknallten, bösartigen Spinner. Er sieht auch nicht so aus. >.> Und hier in Feuermond wollt ich ihn sowieso zu den 'Guten' stecken. Er steht vollkommen loyal hinter der Königsfamilie. Kann ja nichts für seinen missratenen Sohn. Über Kai kann man dasselbe sagen. Er trachtet seinen Vater auch nach dem Leben. Aber das ist wohl was anderes. Raphael soll irgendeine adlige Magierin heiraten oder so. Die ist nicht wichtig. Ein Egnhgaijk(hab ich das jetzt richtig geschrieben? Oo) ist eine Anneinanderreihung von Buchstaben und hier in diesem Fall ein Dämon. *drop* Nicht wichtig, brauchte nur ein Thema für Brookie. Wow, jemand der gemerkt hat, dass Boris von 'Meister Raphael' zu einer viel vertraulicheren Anrede wechselt! @.@ @ lavanja: Voltaires Verwandschaft macht da noch einige seltsame Auswüchse. *drop* Das kommt noch, wenn auch erst viel später. Ich hab doch schon im ersten Kapitel, in dem Daichi aufgetaucht ist, gesagt, dass er ein Halbblut ist. Oder nicht? ** ~~~~~~~ Gärten Mingming wurde nicht ,Engelsstimme' genannt, weil sie so hübsch war. Natürlich war sie das, keine Frage, aber den Namen verdankte sie ihrer reinen, glockenhellen Stimme, die die Zuhörer alles um sich vergessen ließ. Wenn Mingming sang, so verloren sich alle in ihrem Lied, in dem sehnsüchtig-hoffnungsvollen Klang, der immer in ihrer Stimme mitschwang, egal, welches Lied sie sang. Niemand konnte sich ihm erwehren, nicht einmal jemand, der völlig unmusikalisch war. Jeder erkannte sofort die Vollkommenheit ihrer Stimme, die Perfektion ihres Gesanges. Niemand war besser als sie. Immer wieder wurde es ihr bestätigt, so auch jetzt, wo sie im Rosengarten stand und vor einer Gruppe Adliger aus Sheyai und Thissalier sang. Selbst ein paar Shinazuki hatten sich eingefunden und drückten sich am Rande der Gesellschaft herum, wollten aber keinen Augenblick ihres wundervollen Gesanges verpassen. Kein Wunder, eigentlich. Mingming ließ ihre Stimme ungeahnte Höhen erklimmen und dann langsam ausklingen. Sie hörte, wie man ihr Beifall klatschte und verbeugte sich leicht. Eigentlich sollten es doch die anderen sein, die sich vor ihr verbeugten, hatten sie doch die Ehre, ihr, der Engelsstimme, zuzuhören. Sie lächelte und murmelte ihren Dank, hörte sich die unbeholfenen Komplimente an, verbeugte sich und lächelte weiter. Konnten die nicht endlich verschwinden? Oder sie wenigstens gehen lassen, damit sie nicht mehr ihre langweilige Gegenwart ertragen musste? Endlich gelang es ihr, sich unbemerkt von der Gruppe zu entfernen. Sie schlüpfte zwischen zwei Rosenbüschen hindurch und gelangte auf einen anderen Weg, den sie rasch hinunterlief. Erst, als sie die Stimmen hinter sich nicht mehr hörte, wurde sie langsamer und blieb schließlich stehen. Und jetzt? Sie wollte nicht bei diesen minderwertigen Leuten sein, aber sie hatte sich auch nicht überlegt, was sie jetzt tun sollte. Sie sah sich um. Ja, warum blieb sie nicht hier? Hier war es schön... Im Blauen Palast gab es viel zu sehen, sehr viel, aber nur sehr weniges sprach Mingming an. Aber dieser Garten hatte etwas Zauberisches, Feenhaftes, das sie anzog. Langsam ging sie weiter. Es war still bis auf das Zwitschern von ein paar Vögeln, den Wind in den Ranken und ihre Schritte, die auf dem hellen Kies knirschten. Verträumt betrachtete sie die großen, farbigen Blüten der Rosen, rote, weiße, pinke, rosarote, gelbe, blaue. Es gab sie in allen Farben und Schattierungen. Die Blütenkelche waren so groß wie eine ihrer zarten Hände und unter ihren Fingern fühlten sie sich wunderbar weich und seidig an. Welch herrlicher Ort! Solch wunderbare Rosen hatte sie noch nie gesehen. Leise, flüsternde Stimmen rissen sie aus ihrer verträumten Betrachtung der Pflanzen. Sie blieb stehen und legte den Kopf schief. Wer mochte das sein? Vielleicht einige der minderen Menschen, die sie eben hinter sich gelassen hatte und deren Gesellschaft sie im Moment nicht ertragen konnte? Vielleicht nahm sie doch besser diesen anderen Weg dort drüben... Ein silberhelles Lachen riss sie aus dieser Überlegung. Sie verwarf sie sofort. Dieses helle Lachen kannte sie. Es hatte sie verzaubert, ebenso wie alles andere an dieser Person. Vorsichtig trat sie näher heran und bald konnte sie durch einige Ranken auf einen kleinen Platz sehen. Unter einem überhängenden Rosenbusch stand eine kleine, weiße Bank aus schwarzgeädertem Marmor. Zwei Schritt entfernt erhob sich die große, schlanke Gestalt eines muskulösen Mannes in Harnisch und Wappenrock. Sie trug ein langes Schwert und einige Dolche offen am Gürtel, hatte kurzes, braunes Haar und ein verschlossenes Gesicht mit scharfen Augen. Ein Königsschwert. Zwei Mädchen saßen auf der Bank, beide etwa in ihrem Alter. Mingming kannte sie, sie waren ihr schon beim Empfang vorgestellt worden. Eine war Lady Emily. Sie war klein und hässlich, ihr Haar kurz und von einer grässlichen Farbe und ihr Körper sehr knabenhaft. Nein, mit Lady Emily konnte Mingming nicht viel anfangen, auch wenn sie einen hohen Stand in Thissalia hatte. Aber Mingming hasste nun mal Hässlichkeit. Die andere Person war Prinzessin Gailanna und sie erschien der Sängerin in der Gegenwart der Lady so viel schöner und herausragender noch als in anderer Umgebung. Es war für Mingming unverständlich, wie Gailanna, dieses wunderbare, beinahe perfekte Geschöpf, sich mit einer Kreatur wie Emily abgeben konnte. Aber...das hatte Gailanna selbst zu entscheiden. Sie war groß, die Prinzessin, groß und schlank und ihr langes, glattes Haar war rot wie Korallen und gold wie die Sonne und reichte ihr bis zu den Hüften. Im Moment trug sie es zu einem geschmeidigen Zopf geflochten, der ihr dick wie ein Seil über die Schultern fiel. Es schimmerte in allen Nuancen von Rot und Gold, je nachdem wie die Sonne darauf schien. Ihre Haut dagegen war weiß und zart wie die Blütenblätter einer Lilie und die Adern schimmerten bläulich auf ihrer Handrücken. Ihr Gesicht war schmal und zart, ihre Lippen rot wie die Rosenblüten hinter ihr und ihre Augen strahlen blau wie Kristalle. Sie sah aus wie ihre Mutter und ihr älterer Bruder, aber sie hatte im Gegensatz zu ersteren noch ihre Jugend und ihr fehlte alles Eisenharte, Eiskalte und Gefühllose, was letzterer stets aufwies. Sie war wie eine Blume, zart und schön und nicht dafür geschaffen, der harten Umwelt ausgesetzt zu werden. Kein Wunder, dass man sie überall nur ,die Lilie' nannte, denn sie war wirklich eine Lilie, wunderschön und unschuldig. Mingming war ihr vom ersten Augenblick an verfallen. Sie wusste schon immer, dass sie Männern, diesen ungehobelten, groben Geschöpfen, nichts abgewinnen konnte und ihr Herz und ihr Körper sich nur von Frauen angezogen fühlte. Von Frauen wie Gailanna. Als sie die schöne Prinzessin beim Empfang zum ersten Mal gesehen hatte, war es sofort um sie geschehen gewesen. Die Schönheit der Prinzessin hatte ihr den Verstand geraubt. Normal war sie es, die alle anderen um den Finger wickelte, aber die Prinzessin hatte sie gefangen, nicht umgekehrt. Und diesmal ließ sie sich gern gefangen nehmen. Das helle Lachen der Prinzessin klang wieder zur ihr herüber, so hell und lieblich wie der Gesang einer Nachtigall. Die beiden jungen Damen auf der Bank kicherten und steckten ihre Köpfe zusammen. Dann wurden ihre Gesichter plötzlich ernst und ruhig und sie tuschelten miteinander, so dass Mingming kein Wort verstehen konnte. Dann klang plötzlich klar die Stimme der Prinzessin zu ihr. "Aber das ist doch unmöglich durchzuführen!" "Nein.", antwortete Lady Emily bestimmt. "Es ist möglich. Wenn meine Berechnungen stimmen, dann..." Sie senkte die Stimme, so dass Mingming wieder nur ein Tuscheln vernahm. Aber das war der Sängerin egal. Sie hielt es sowieso für besser, sich jetzt bemerkbar zu machen. Vielleicht kam sie ja mit der Prinzessin ins Gespräch. Gailanna musste ihren Gesang vorhin gehört haben. Es ging gar nicht anders! Und von Gailanna würde sie Gratulationen zu ihrer tollen Stimme und ihrem wunderbaren Gesang entgegennehmen. Sie schlich leise wieder den Weg zurück, den sie gekommen war und schlug einen Bogen, so dass sie sich der Bank, auf der die Prinzessin mit ihrer Begleiterin saß, von der anderen Seite her näherte. Ihre Schritte knirschten im Kies, so dass die beiden sie hören mussten. Wirklich, ihre Gesichter waren nicht mehr so ernst wie vorhin, sondern sie kicherten vor sich hin und sahen auf, als Mingming näher trat. Das Königsschwert hatte die Hand am der Waffe, rührte sich aber ansonsten nicht. Anscheinend hielt es Mingming nicht für eine Gefahr. Was sie natürlich auch nicht wahr und gar nicht sein wollte. Über das Gesicht der Prinzessin huschte ein liebreizendes Lächeln, währen Lady Emily nicht wirklich begeistert dreinblickte. Kein Wunder, wenn man so aussah, und dann mit jemandem konfrontiert wurde, der Mingmings Aussehen hatte. Vor allem, wenn man neben einem anbetungswürdigen Geschöpf wie Gailanna saß und dessen Aufmerksamkeit wollte. Die war Mingming sicherer als der unscheinbaren Emily. Die Sängerin knickste tief vor der Prinzessin, die sich erhob und freundlich lächelte: "Lady Mingming! Ich freue mich, Euch endlich persönlich kennen zu lernen! Ich habe schon soviel von Euch gehört und weil ich vorher Eurem wundervollen Gesang gelauscht habe, kann ich sicher sagen, alles, was man über Euch erzählt, ist nicht übertrieben." Mingming errötete sittsam und lächelte zurück. "Ich danke für Euer Kompliment, Mylady. Ich..." Gailanna trat auf sie zu und nahm sie bei der Hand. "Ach, kommt, Lady, setzt Euch zu uns. Ich bin sicher, es gibt viele Dinge, über die wir uns unterhalten können." "Gerne, Prinzessin, wenn es Euch so beliebt." Mingming wäre am liebsten jubelnd umhergehüpft, aber das gehörte sich nicht für eine Dame wie sie. Darum knickste sie noch einmal leicht und warf Gailanna erneut ein kokettes Lächeln zu. Die Prinzessin strahlte zurück und führte sie näher zur Bank und dem darauf sitzenden Mädchen. "Dies, Lady Mingming, ist Lady Emily, eine gute Freundin von mir." Die orangehaarige Genannte erhob sich und knickste zur Begrüßung. Mingming tat es ihr gleich. Immer an die Etikette denken. Niemals eine Regel des Anstandes vergessen. Das war der Untergang in der höfischen Welt. Und für Mingming war nichts schlimmer als dieser Untergang. Dabei war es ganz egal, ob ihr Gegenüber ein engelsgleiches Wesen wie Gailanna war oder eine hässliche Kreatur wie Emily. Ganz egal. Nur die Etikette war zu beachten. Die Prinzessin hieß ihr, sich zu setzen und Mingming nahm dieses Angebot dankend an. "Lady Mingming, ich kann Euch gar nicht sagen, wie ergriffen ich von Eurem Lied vorhin war. Es war so schön!", schwärmte Gailanna und plapperte noch weiter vor sich hin. Mingming hörte ihr nicht zu. Sie ließ den Redefluss der Prinzessin an sich vorbeischwappen und war viel zu sehr damit beschäftigt, das liebliche Gesicht der anderen zu bewundern, ihre elegante Haltung und ihre anmutigen Bewegungen. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, Gailanna anzuhimmeln, als dass sie die Worte realisieren könnte, die die Prinzessin sprach. Sie antwortete automatisch auf die gestellten Fragen, mit einem kurzen Satz, einem Nicken und einem freundlichen Lächeln. Sie fühlte sich, als wäre sie im siebten Himmel. Erst als sich auch Lady Emily einschaltete, wurde sie auf den Boden der Realität zurückgeholt. "Ich muss wirklich sagen, Lady Mingming, Gailanna hat recht." Mingming wandte sich beinahe beleidigt um. Wie konnte dieses ordinäre Mädchen sich herausnehmen, die Prinzessin einfach so unterbrechen?! Sie zeigte ihre Entrüstung natürlich nicht - wie hätte das denn ausgesehen? - sondern lächelte wieder höflich. "Ja?" Emily rang sich ein Lächeln ab. "Ja. Euer Gesang ist wirklich liebreizend." Wie konnte sich dieses hässliche Ding anmaßen, ihr dies zu sagen? Hatte Emily überhaupt eine Ahnung von guter Musik? "Ich danke Euch.", antwortete Mingming noch immer lächelnd. Sie hatte das Gefühl, ihr Gesicht war zu einer freundlichen Maske erstarrt. "Aber, aber, Lady Mingming." Gailanna zog ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich und die Engelsstimme drehte sich bereitwillig wieder um. "Würdet Ihr uns noch etwas vorsingen? Bitte, ich würde Eure Stimme noch gerne einmal hören!" "Wenn Ihr mich so fragt, Lady Gailanna, wie könnte ich da ,Nein' sagen? Aber ich bin sicher, Ihr werdet noch öfter Gelegenheit haben, meinem Gesang zu lauschen. Wir werden ja voraussichtlich noch eine Weile hier in Rhiawen bleiben." "Oh, ja, ich weiß. Aber so eine Gelegenheit darf man sich nicht entgehen lassen, wenn die Engelsstimme von Sheyai vor einem so kleinen Publikum wie uns singt." //Für Euch würde ich auch singen, wenn niemand anderes da ist.//, schoss es Mingming durch den Kopf, aber sie sagte nur: "Ihr erweißt mir eine Ehre." Anmutig erhob sie sich und trat einige Schritte von der Bank weg, ehe sie die Stimme hob. Ihr Gesang war erst leise, wie testend, wurde dann aber etwas lauter. Aber nicht zu laut. Sie wollte ja keine herumstreunenden Leute anlocken, sondern einzig und allein für die Prinzessin singen. Dass das Königsschwert und Lady Emily ebenfalls zuhörten, ignorierte sie. Gailanna hatte sie gebeten zu singen und Mingming sang. Es war ein altes Liebeslied aus Sheyai und sie wusste nicht, ob Gailanna die Worte verstand. Die Prinzessin sprach war ihrer Sprache, aber über die Jahrhunderte hatte sich die Aussprache doch verändert. Mingming hatte dieses Lied aus zwei Gründen gewählt: Erstens, weil es eben ein Liebeslied war und sie wollte der Prinzessin zumindest so sagen, wie ihre Gefühle waren. Zweitens - und das war der wichtigere Grund - weil es ein sehr schönes Lied war, das ihre Stimme voll und ganz beanspruchte, Töne von ungeahnter Höhe wurden ihren Lippen entlockt und ihr Gesang war von solcher Sehnsucht, Liebe und Trauer, dass der Prinzessin Tränen in die Augen traten und sie ganz rührselig dreinschaute. Sie hielt die Hände zusammengepresst an die Lippen und klatschte schließlich, als Mingming endete. Auch Emily klatschte, aber Mingming ignorierte sie. Alles, was zählte, war, dass sie die Prinzessin beeindruckt hatte. Und das war durchaus der Fall, es sei denn, Gailanna war eine hervorragende Schauspielern. "Oh, ich bin wirklich begeistert. Ich wünschte, wir könnten das wiederholen, aber Ihr habt sicherlich besseres zu tun, als einem kleinen Mädchen wie mir etwas vorzusingen." "Aber nein, Herrin Gailanna, wenn Ihr wünscht, ich möge noch mehr für Euch singen, so werde ich es tun. Es ist mir eine besondere Ehre, dass der Prinzessin von Thissalia mein Gesang gefällt." Über Gailannas Gesicht huschte kurz ein Schatten, aber er verschwand so schnell wieder, dass Mingming sich fragte, ob er überhaupt da gewesen war. Und wenn, was ging es sie an? Gailanna schien sich darüber zu freuen, dass Mingming dieses Angebot gemacht hatte, und erhob sich. Sie hakte sich bei der Sängerin unter. "Komm, ich muss Euch unbedingt ein paar Orte im Palast zeigen, die Euch sicherlich gefallen werden." Mingming lächelte und dankte und zeigte nichts von der inneren Freude, die sie verspürte und die ihr beinahe die Brust sprengte. Die Prinzessin wollte sie als Freundin haben! Na, wenn das kein Fortschritt war. Gailanna blickte kurz über die Schulter zurück. "Emily, ich komme später wieder zu dir, dann können wir unser Gespräch fortsetzen." "Natürlich, Gailanna." Emily lächelte und lehnte sich gemütlich zurück. Aber auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck, als hätte sie die Prinzessin lieber zurückgehalten. Mingming hätte ihr am liebsten die Zunge herausgestreckt, aber das tat man nicht, also knickste sie nur höflich und verabschiedete sich von der orangehaarigen Lady um sich von Gailanna durch den Rosengarten führen zu lassen. Das Königsschwert folgte ihnen wie ein Schatten. Die Prinzessin plapperte fröhlich auf sie ein, während sie gemütlich die gekiesten Wege entlangspazierten, aber diesmal hörte Mingming zu. Waren die Worte der Angebeteten nicht ebenfalls wichtig? Sie ging wie auf Wolken. "Werdet Ihr die Jagd begleiten, Mingming?" "Die Jagd?" Einen Moment war die Angesprochene verwirrt, dann erinnerte sie sich vage daran, dass König Eskander jedes Jahr eine Herbstjagd in den Nachtgesang veranstaltete, bei der Adlige und Gäste sich austoben konnten. Natürlich waren auch beide Delegationen aus Sheyai und Shinazu eingeladen worden. Aber Mingming hatte die Einladung sofort wieder vergessen. Für sie war eine solche Jagd nichts. Was sollte sie da? Tiere und Wilde ließen sich nicht von Gesang beeindrucken und spendeten ihr weder Beifall noch Bewunderung. Außerdem würde es ungemütlich, dreckig und kalt werden. Nein, auf eine Jagd würde sie auf keinen Fall gehen. Das war nichts für sie. Aber wenn Prinzessin Gailanna... "Ich weiß nicht.", antwortete sie darum. "Ich habe mich noch nicht entschieden." "Nein?" Gailannas Stimme klang erstaunt. "Ich dachte nicht, dass so etwas Euch gefällt, Lady. Ich für meinen Teil werde nie verstehen, was man daran finden kann, auf stinkenden Pferden durch grässliche, dunkle Wälder zu reiten und arme Tiere zu suchen, die man töten kann." Sie wedelte mit der Hand. "Ich werde niemals so eine barbarische Jagd mitmachen. Ach, Lady, bleibt doch hier. Wenn Ihr im Nachtgesang seid, wie könnt Ihr dann für mich singen?" Mingming blickte auf. Jetzt einzuschränken wäre lächerlich. Aber wie sie so in das schöne Gesicht der Prinzessin sah, konnte sie nicht anders als zu sagen: "Wenn Ihr wünscht. Ich war nur unentschieden, weil mich so viele gefragt haben. Aber da Ihr mich so darum bittet..." "Oh, Mingming, ich bin sicher, wir werden viel Spaß haben, während es dort oben im Norden eiskalt und ungemütlich sein wird." Sie lachte hell und wies Mingming den nächsten Weg nach rechts. Was hatte er bloß falsch gemacht? Warum hatte man gerade ihn weggeschickt? Warum nicht einen der anderen? Warum ihn? Ivan lief ärgerlich den Gang hinunter. Er hatte einen freien Tag. Weil Prinz Yuriy bei der Ratsversammlung saß und man ihn nicht benötigte. Die anderen vier standen Wache, zwei vor den Türen der Halle, zwei innerhalb des Saales und Sergej unmittelbar hinter dem Prinzen. Zumindest glaubte Ivan das, denn er hatte die Ratshalle nicht betreten. Michael hatte ihm mitgeteilt, dass seine Dienste heute nicht benötigt wurden und war dann wieder verschwunden. Und jetzt? Jetzt wanderte Ivan unruhig durch die langen Gänge des Blauen Palastes und fragte sich, was er nur falsch gemacht hatte. War er so viel schlechter als die anderen? Oder war es wegen seiner Größe? Oder... Er blieb stehen ...war es Michael, der ihn dafür ausgewählt hatte, heute nicht Wache zu stehen für den Prinzen? Dann war es klar, dass es Ivan war, der weggeschickt wurde. Michael hasste ihn. Aber...wenn es doch Yuriy gewesen war? Was hatte er falsch gemacht, bei den Göttern?! Was nur? Endlich erreichte er die schmale Tür, die in den kleinen Garten führte. Es war einer von Ivans Lieblingsplätzen, denn hierher kam selten jemand und er hatte seine Ruhe. Der Garten war eingeklemmt zwischen zwei hohen Mauern von Gebäuden. Sie waren fensterlos und nur die kleine Tür gestattete einen Zugang hinein. Wahrscheinlich hatten die Architekten diesen Platz einfach übersehen und sich hinterher gefragt, was man damit anstellen konnte, ehe sie die Bäume und Blumen hineingepflanzt hatten. Es war dunkel und kühl hier, was an den eng beieinander stehenden Häusern lag und weiter hinten führte es scharf ums Eck und endete in einem spitzen Winkel, wo sich zwei Wände vereinigten. Ein schmaler Pfad führte zwischen Büschen und Bäumen quer durch den gesamten Garten. In der Mitte war ein kleiner Platz mit einem Brunnen angelegt worden. Kleine Blumen schoben ihre Köpfe aus dem dichten Gras heraus. Es war einer der stillsten und einsamsten Plätze im Blauen Palast und darum liebte Ivan ihn. Manchmal ging ihm der ganze Rummel und das Herumgerenne im Palast selbst auf die Nerven. Dann zog er sich an einen Ort wie diesen zurück und setzte sich unter einen der Bäume um zu faulenzen, zu lesen oder sich um seine Waffen zu kümmern. Hier hatte er Zeit. Genüsslich schloss er die Augen und atmete tief den Geruch von Erde und Pflanzen ein, dann folgte er dem Weg bis zu dem kleinen Platz. Hohe Bäume umgaben ihn wie einen Hain, Gras wuchs unter ihnen und er war der einzige Ort, an dem die Sonne hin und wieder gelangen konnte. So wie jetzt auch. Ivan ließ sich ins Gras fallen und starrte in den Himmel hoch. Er hatte doch wirklich nichts falsch gemacht bei seiner Aufgabe als Königsschwert, oder? Er war immer gehorsam und wachsam gewesen, hatte niemals widersprochen oder geredet, wenn es nicht sein sollte. War es, weil er am Anfang so unverschämt gewesen war? Als der Prinz die Königsschwerter holen gekommen war? War er doch zu dreist gewesen? Aber er hatte eigentlich das Gefühl gehabt, dem Prinzen war das nicht unrecht gewesen. Er hatte das Gefühl gehabt, der Prinz war lieber mit Leuten wie ihm zusammen als solchen, die still in sich hineinschwiegen und dumme Gedanken hatten. Dann war es doch wegen seiner Größe. Jeder achtete auf seine Größe. Das war nie anders gewesen. Aber wem sollte es auch nicht auffallen? Wenn man mit jemandem sprach, zu dem man hinabblicken musste - wer würde es nicht merken? Früher hatte er alle Götter darum gebeten, ihn wenigstens noch ein kleines Stück wachsen zu lassen. Aber sie hatten ihn nie erhört und er war immer klein geblieben. Ein Zwerg unter normal gewachsenen Leuten. Ein Zwerg unter Kriegern. Ein Zwerg unter Soldaten. Gut, die Leute respektierten ihn, denn er war ein Königsschwert. Es gab auch viele Leute, die ihn mochten, denn er war nicht der, dem man einen unangenehmen Charakter zusprach, auch wenn er manchmal sehr still und manchmal sehr grob und manchmal sehr kalt war. Aber das nahmen sie teilweise sogar gern in Kauf. Und wenn nicht, dann ließen sie ihn zu diesen Zeiten allein, was ihm sowieso am liebsten war. Also, was ließ Yuriy ihn ausschließen? Es musste doch seine Größe sein... Aber an dem Tag, an dem sie sich zum ersten Mal wirklich gegenüber gestanden waren, hatte Yuriy ihn zwar ,Kleiner' genannt, aber es war nicht so gewesen, als wollte er ihn verspotten. Also, die Größe auch nicht. Was hatte er dann falsch gemacht? Oder war es doch Michael gewesen, der ihn ausgewählt hatte, bei der Ratssitzung nicht Wache zu stehen? Es musste, es musste einfach so sein. Er wollte nicht der Schlechteste der fünf Königsschwerter sein. Er wollte seinem Prinzen dienen bis in den Tod. Er wollte ein gutes Königsschwert sein. Ivan runzelte die Stirn. Wann war dieser Wund in ihm erwacht? Zuerst wollte er nur beweisen, dass er der Sohn seines Vaters war und ein ebenso guter Soldat werden konnte wie dieser. Dann wollte er zeigen, dass er trotz seiner geringen Größe ein guter Krieger und ein gutes Königsschwert war. Das hatte ihm doch gereicht, oder nicht? Warum war es jetzt plötzlich anders? Warum wollte er jetzt zeigen, dass er ein Königsschwert war, das dem Eisprinzen würdig war? Denn das wollte er, mehr als alles andere. Er wollte das Königsschwert des Wolfes sein. Er wollte eine seiner Tatzen, einer seiner Reißzähne sein und dem Prinzen gehorchen und seine Aufträge ausführen. Bis in den Tod. Wann war dieser Wunsch in ihm erwacht? Als der Prinz ihn ,Kleiner' genannt hatte, ohne es spöttisch zu meinen? Als der Prinz ihn aufgefordert hatte, zu sprechen, auch wenn er so unverschämt gewesen war? Als er dem Prinzen gedient hatte, die letzten Wochen hindurch? Er wusste es nicht. So viel er auch nachgrübelte, er kam nicht darauf. Mit einem Seufzend setzte Ivan sich auf und zog sein Schwert. Wie auch immer es war, er wolle seinem Gefühl, seinem Herzen folgen, was ihm beide sagten, er sollte immer loyal und treu zu dem Prinzen stehen und nicht zu jemand anderem. Er erhob sich auf die Knie und stellte das Schwert mit der Spitze auf den Boden. Einen Schwur. Das war es, was er tun konnte. Um zumindest sich selbst zu beweisen, dass er weder zu schwach noch zu klein war, auch wenn er es niemandem würde sagen können. Wenn das herauskam... Ein Königsschwert musste immer und immer auf die Befehle seines Königs hören und auf die seines Oberherrn, wen auch immer der König dafür bestimmt hatte. Wenn Yuriy ihm einen Befehl gab, der anders lautete... Er würde für immer verdammt sein, aber das störte ihn im Moment nicht. Er wollte es sich beweisen und den Göttern und allen, die ihn verspotteten, dass er zumindest in einer Hinsicht größer war als sie alle, dass sein Mut und sein tapferes Herz größer waren als das ihrige. Er würfe nicht versagen, er würde größer sein als sie. Kurz schloss er die Augen, um das Verlangen, sich selbst auszulachen, zu unterdrücken. Er war hier doch der Kleinste. Wie konnte er da der Größte sein? Aber nur sein Körper war klein. Was sagte seine Gestalt schon über den Charakter aus? Wenn das so wäre, dann müsste Michael ein kleiner, hässlicher Krüppel sein, war es nicht so? Also, was sprach dagegen, dass er vom Mut her größer war als sie? Seine Finger schlossen sich fester um das Heft seines Schwertes und er senkte den Kopf, noch immer mit geschlossenen Augen. "Mein Schwur... allein für den Prinzen, den Wolf. Zu kämpfen, zu handeln, zu töten, zu sterben. Ich will sein Reißzahn sein, seine Pranke. Ich will für ihn einstehen und ihm gehorchen. Ich will..." Das Klappen der Tür ließ ihn schlagartig verstummen. Er fuhr auf und sah sich beinahe gehetzt um. War jemand gegangen oder war jemand gekommen? War jemand hier gewesen, als er gekommen war? Hatte ihn jemand gehört? Gut, es war ziemlich unwahrscheinlich, dass hier jemand herkam, aber hin und wieder traf er doch auf einige Leute, Diener oder Soldaten oder wen auch immer. Und ob ihn jemand gehört hatte... Er hatte zwar ziemlich leise gesprochen, aber was bedeutete das schon? Er war viel zu unvorsichtig gewesen! Wenn ihn jemand gehört hatte, wer wusste schon, wie seine Strafe aussehen würde? Dieser Schwur stand im Gegensatz zu seinen Pflichten als Königsschwert. Er schüttelte den Kopf. Jetzt war nicht die Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, was geschehen wäre, wenn er vorsichtiger gewesen wäre. Jetzt war die Zeit, sich zu fragen, ob die Person eben gekommen oder gegangen war. Er legte den Kopf schief und lauschte. Aber er hörte nichts. Währenddessen schob er vorsichtig das Schwert in die Scheide zurück, ließ es zwischen zwei Fingern entlang gleiten, damit es nicht dieses schleifende Geräusch verursachte, das sonst immer zu hören war. Da war niemand. Verdammt! Da hatte jemand den Garten verlassen. Wer konnte das gewesen sein? Hatte er ihn gehört? Verdammt! Er kam in Teufels Küche... Die Gestalt, die plötzlich zwischen den Bäumen auftauchte, ließ ihn zusammenzucken und hochfahren. Die Person war klein, noch kleiner als er und bewegte sich mit einer lautlosen Geschmeidigkeit, die kein Blatt zum Rascheln brachte. Ivan riss die Augen auf. Wer war das? Er hatte diese Person noch nie hier gesehen. Kurz darauf erreichte die Gestalt die Lichtung und trat ins Sonnenlicht, so dass Ivan sie besser sehen konnte. Es war ein Junge, kaum jünger als er selbst. Er trug weite, fließende Kleidung aus Stoff und einen langen Dolch am Gürtel. Seine Füße steckten in schweren Stiefeln, die gar nicht zu ihm zu passen schienen. Sein langes Haar hatte einen starken Grünstich und war am Hinterkopf zusammengebunden. Nur eine Ponysträhne fiel ihm ins Gesicht und verdeckte sein linkes Auge. Er stoppte abrupt, als er den halb knienden Ivan bemerkte, der in durchdringend anstarrte. Ivan erkannte, dass seine Augen golden sein mussten, golden wie die einer Katze. Der andere musste einer der Neko-jin sein, die mit den Sheyai gekommen waren. Einen Moment schwiegen beide, starrten sich nur an. Dann räusperte sich der andere. "Entschuldigung. Ich wusste nicht, dass hier jemand ist. Ich werde wohl wieder gehen..." "Nein. Ihr müsst nicht gehen, wenn Ihr nicht wollt." Das sichtbare Auge des Sheyai weitete sich erstaunt, aber er fing sich rasch wieder. "Äh...ich weiß nicht." Ivan erhob sich. "Ihr stört mich nicht. Außerdem gehört dieser Garten ja nicht mir." "Hm." Dann lächelte der andere plötzlich und verbeugte sich auf die Art der Sheyai höflich. "Mein Name ist Kevin. Ich gehöre zu der Delegation aus der Stadt des Himmels und bin als einer Begleiter von Lord Rei hier." Verdutzt starrte Ivan ihn kurz an, während der andere sich wieder aufrichtete. Er hatte doch nicht nach einer vollständigen Vorstellung gefragt! Aber...wie der Junge ihn so freundlich anlächelte, konnte er einfach nicht anders. Er verbeugte sich ebenfalls leicht. "Ich bin Ivan." Er zögerte einen Augenblick, ehe er hinzufügte. "Ich gehöre zu den Königsschwertern." "Ha!" Der plötzliche Ausruf des anderen ließ ihn zusammenzucken. "Ich wusste doch, dass ich Euch schon einmal gesehen habe! Ihr wart bei dem Ritt zu diesem Schmied dabei, als einer der Wachen von Prinz Yuriy, nicht?" Ivan blinzelte. "Ja..." Er wusste gar nicht was er sagen sollte. Der Junge kam rasch näher, er hüpfte beinahe. Alles an ihm war von überschäumender Energie, von einer Lebendigkeit, wie Ivan sie nie gesehen hatte. Es schien, als lebe der Junge nur für sich, für sich und die Freude, am Leben zu sein. Dabei störte er sich nicht an den Anderen, nicht an ihren Reden oder ihren Taten. Er freute sich einfach, am Leben zu sein. Kevin ließ sich neben ihm in das Gras plumpsen. "Ich dachte, Ihr müsstet den Prinzen bewachen?", fragte er dann neugierig und strahlte mit freundlichem Lächeln zu ihm auf. "Nein...heute nicht." Langsam ließ sich Ivan wieder zurück auf den Boden sinken. "Der Prinz sitzt in der Ratsversammlung und benötigt meine Dienste im Moment nicht." Ivan schwieg und dachte über seine Worte nach. Er würde wirklich lieber bei dem Prinzen sein und sich langweiliges Geschwätz über Politik und Wirtschaft anhören und über die Pläne für die Jagd oder was mit den Fremden aus Thymis geschehen würde, von denen Yuriy Nachricht gebracht hatte. Dann würde er sich hier wenigstens nicht mit Selbstzweifeln foltern und hätte niemals diesen dummen Schwur gesprochen. Einen Schwur, den er zwar nicht hatte beenden können, den er aber trotzdem einhalten musste. Er konnte doch keinen Eid brechen! Nicht einmal einen, den er nicht beendet und den er in irgendeinem verrückten Wahn gesprochen hatte! "Ach so.", antwortete Kevin gut gelaunt. "Du...Ihr kommt wohl öfter hierher?" Ivan zögerte einen Moment. Aber nicht wegen der Frage. "Ja. Wenn ich meine Ruhe haben oder über etwas nachdenken will." "Ach so. Dann störe ich wohl? Ich kann wieder gehen." Kevin erhob sich, aber aus irgendeinem Grund wirkte er beinahe enttäuscht. "Nein, nein, du kannst ruhig hier bleiben." Das Königsschwert schüttelte den Kopf, dann wurde ihm bewusst, was es gesagt hatte und fügte hinterher: "Ihr. Ich meine, Ihr könnt ruhig dableiben." "Ihr könnt ruhig ,du' zu mir sagen. Ich bin erst fünfzehn und außerdem nicht bedeutend." Kevin wedelte mit der Hand und ließ sich nach hinten sinken. "Und? Ist das anstrengend?" "Was?" "Königsschwert zu sein?" "Hmhm." Ivan dachte nach. Später konnte er nicht mehr sagen, wie es dazu gekommen war, aber er bereute es nie, Kevin diese Dinge erzählt zu haben, die er jetzt aussprach. Er wusste, dass es Kevin ebenso ging, auch wenn sie sich teilweise sehr persönliche, vertrauliche Dinge erzählten. Ivan würde nie sagen können, wie es dazu kam. Nie, aber er war froh darüber, denn es schuf ein seltsames Band zwischen ihnen, etwas zwischen Vertrauen und Fremdsein, denn sie kannten sich zu diesem Zeitpunkt nicht. Sie waren sich vorher nie begegnet, doch etwas verband sie, etwas seltsames, was Ivan noch nie gespürt hatte. Auf jeden Fall aber genoss er diesen Nachmittag in seinem kleinen, geheimen Garten, den so selten jemand besuchte. Den ersten Nachmittag, den er in der Gesellschaft von Kevin verbrachte, redete und lachte ohne an den Morgen zu denken, den nächsten Tag oder die nächste Stunde. Den ersten Nachmittag, den er verbrachte ohne an seine Probleme zu denken oder an seine Größe, die ihn immer so verfolgt hatte. Der erste Nachmittag, an dem er Stunden glücklich war und nicht nur Momente. Vielleicht bereute er es nicht einmal, dass er nicht bei Yuriy Wache halten musste, sondern hier saß bei Kevin und mit ihm redete und lachte wie noch nie. Dieser Garten hier war wirklich schön. Schöner als alle anderen, ihrer Meinung nach. Sie hatte ihn erst vor kurzem entdeckt, es war keine drei Tage her, da war sie plötzlich darin gestanden, in diesem wunderbaren Garten. Er war noch schöner als der Rosengarten einige Flure weiter oder der große Garten um das Schloss herum mit den weiten Wiesen und den gepflegten Bäumen und Beeten. Dieser Garten hier war anders. Er war klein. Nun, nein, nicht wirklich klein, aber relativ gegenüber den anderen Gärten im Blauen Palast gesehen schon. Seine Mitte war ein kleiner Teich, in dem Fische und Seerosen schwammen und überall erhoben sich Büsche, hin und wieder eine hohe Birke oder Lerche. Aber die Sträucher waren das besondere an diesem Garten, Flieder, Heckenrosen, Schlehen, Weißdorn, Himbeeren, Brombeeren, Pfaffenhütchen, Schneeball. Sie wuchsen überall und es waren so viele verschiedene. Im Frühjahr musste dieser Garten hier wahrlich lebendig sein und auch sehr bunt, wenn die Pflanzen in voller Blüte standen. Was sie noch an diesem Garten begeisterte, war, dass es Sträucher waren, die in dieser Gegend auch in freier Wildbahn wuchsen, sozusagen keine wertvollen Pflanzen. Natürlichkeit umgab sie und das machte sie für Mao interessant. In den letzten Tagen war sie gern und oft hierher gekommen, wenn sie allein sein wollte und auch einfach nur so. Außerdem würde sie bald sowieso nicht mehr herkommen, zumindest eine gewisse Zeit nicht mehr. Denn sie würde die Jagd begleiten. Natürlich würde sie mit zur Jagd kommen. Wenn man schon so etwas anbot und dann auch noch erwähnte, jeder durfte mitkommen, der wollte? Man hatte nicht gesagt, die Frauen und Mädchen mussten zu Hause bleiben, was sie sicherlich ignoriert hätte, wenn es so gewesen wäre. Sie wollte mit auf diese Jagd. Wer stellte denn eigentlich diese blöden Regeln auf, die das weibliche Geschlecht in seinen Handlungsräumen so einschränkten? Das waren doch sicher keine Frauen, oder? Nur Männer konnten auf solch dumme Ideen kommen. Beinahe hätte sie gelacht. Wer auch sonst? Sie hatte Rei und Lai nicht wirklich bearbeiten müssen, um auch ihnen diese Erlaubnis abzuringen. Außerdem hatte sie gehört, selbst thissalische Damen würden mitreiten und das jedes Jahr. Viele der Ladys ritten mit, auch die hübsche, kleine Freundin des Prinzen, die Schwester seines Freundes, wie Mao gehört hatte. Prinzessin Gailanna und ihre Schwestern allerdings schienen nicht allzu viel davon zu halten. Dafür, so hatte Mao gehört, würde der Magiermeister Raphael Hiwatari sie begleiten, eine Ausnahme, denn wie sie das verstanden hatte, ritt Meiser Raphael nicht wirklich oft mit. Genauso wie Prinz Yuriy, der die Jagd diesmal anführen sollte. Das war jedoch die ,Schuld' der Delegationen. Man konnte die Führung eines solchen Ereignisses nicht wirklich irgendwem überlassen, wenn ausländische, wichtige Leute mitreiten würden. Sein Freund, Ritter Bryan, würde ebenfalls mitkommen, ebenso wie Fürst Robert und Meister Olivier, mit dem sie schon Bekanntschaft geschlossen hatte. Rei und Lai hatten sich ebenfalls angeschlossen. So ein Ereignis würde sich keiner von den beiden entgehen lassen, ebenso wenig wie viele andere der Sheyai. Auch Shinazuki würden sie begleiten, sie hatte gehört wie sich Lord Hitoshi mit seinem Großvater darüber unterhalten hatte. Soweit Mao das verstanden hatte, würden Hitoshi und sein kleiner Bruder Takao, sowie dessen Freund Max mit von der Partie sein. Mao störte das nicht wirklich. Vielleicht bekamen sie so Gelegenheit, sich ein wenig näher kennen zu lernen? Mao hatte nicht den Eindruck, die Shinazuki wären so schlechte Menschen, wie man das allgemein sagte. Nur, weil ihre beiden Länder im Krieg gelegen hatten, mussten sie sich doch nicht von Grund auf hassen? Auch wenn Lai nicht besonders begeistert von ihrer Idee war, Freundschaft mit den ,Feinden' zu suchen... Er trug es Takao noch immer nach, in ihm Rosengarten so beleidigt zu haben. Mao kicherte immer, wenn sie daran dachte. Takao, der mit wutverzerrtem Gesicht bereit dazu gewesen war, den größeren und fünf Jahre älteren Sheyai anzufallen. Und Lai, der ebenso zornig zurückgegiftet hatte. Die Situation wäre wohl nicht halb so lustig gewesen, wenn Rei und sie und auch der kleine Magier Max nicht dabei gewesen wären, denn dann hätte es sicherlich mindestens einen Verletzten gegeben. Aber sie waren nun mal dabei gewesen und hatten sie zurückhalten können. Also, warum nicht darüber lachen? Vielleicht ergab sich ja auch bei der Jagd eine Chance, dass die beiden sich wieder ein wenig aussöhnten, so unmöglich das auch jetzt schien. Aber eine Jagd war schon etwas ganz anderes als die Gesellschaft hier im Blauen Palast, der vor Starrheit und Etikette beinahe aus allen Nähten platzte. "Ah, hier bist du also!" Mao drehte sich auf der Bank um, um den Sprecher anzublicken. Es war Rei. Er lächelte sie freundlich an und trat näher, um sich neben sie zu setzen. "Ich suche dich schon überall." "Ach ja? Was gibt's denn so besonderes?" "Nichts. Darf ich nicht einmal mehr meine Verlobte suchen?" Er beugte sich vor und küsste sie leicht. Sofort blieb sie still und erwiderte den Kuss. Natürlich durfte er... Rei durfte alles. Er löste sich wieder von ihn und zog sie näher zu sich, so dass sie den Kopf auf seine Schulter legen konnte. "Warum sitzt du immer hier herum und starrst Löcher in die Luft? Das passt gar nicht zu dir." Mao zuckte die Schultern. "Keine Ahnung. Ich glaube, ich möchte einfach etwas Ruhe." "Ruhe? Du? Dich findet man doch sonst immer dort, wo es am lautesten ist." Mao lachte. "Aber jetzt möchte ich Ruhe. Weißt du..." "Hm?" "...ich glaube, Ruhe wird in Zukunft schwer zu finden sein für uns." Überrascht blickte er sie an. "Wie kommst du darauf?" Wieder zuckte sie die Schultern. "Ich weiß nicht. Es ist einfach so." "Aber..." Rei blieb einen Augenblick still, dann drehte er sich zu ihr und nahm ihre Hände. "Wir sind gerade dabei, den Frieden in Adieneira wieder herzustellen. Warum sollten dann ruhelose Zeiten auf uns zukommen." Sie lächelte freudlos. "Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass ich das Gefühl habe, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft keine Ruhe mehr haben werden. Zumindest nicht oft." Er runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. "Nein. Ich glaube aber, dass es doch so sein wird." Sie lachte. "Widersprich mir nicht. Ich kann nichts gegen meine Gefühle. Darum kannst du so oft sagen, wie du willst, dass wir Ruhe haben werden, ich werde es trotzdem erst glauben, wenn ich es selbst erlebe!" "Mao, red keinen Unsinn." "Ich rede nicht Unsinn, Rei." Sie entzog ihm ihre Hände. "Wenn ich glauben würde, das wäre Unsinn würde ich, erstens es nicht erzählen, und zweitens mir keine solche Sorgen machen, ist das klar?" "Aber wir werden Frieden haben. Der Botschafter ist vollauf zufrieden mit den Fortschritten, die wir in den Verhandlungen mit den Shinazuki erzielen. Dem Frieden steht wohl nicht viel im Wege und niemand zweifelt daran, dass es ihn geben wird." Das Mädchen schüttelte den Kopf und fraget sich in diesem Moment ernsthaft, ob er sie für blöde hielt. Natürlich wusste sie, wie es mit den Verhandlungen aussah. Sie hörte immerhin auch zu, wenn der Botschafter darüber redete und sie konnte zwei und zwei zusammenzählen. Sie war ja nicht blöd. "Wer sagt denn, dass wir Krieg mit den Shinazuki haben werden? Wer sagt, dass es niemand anderes ist?", fragte sie. "Mit wem sonst? Den Thissaliern? Oder einem der kleinen Länder, die um uns herum liegen und es nicht wirklich mit uns aufnehmen können?" "Nein. Ich weiß nicht." Sie war verwirrt. Er hatte natürlich Recht. Keiner der Aufgezählten kam in Frage. Aber da war trotzdem dieses bohrende Gefühl, das sie nicht losließ und das immer stärker wurde. Sie wusste, es würde kein Frieden geben in Zukunft. Ein Sturm würde über Adieneira hinwegfegen, stärker als alles, was sie je erlebt hatten. Und sie konnten nichts tun, um ihn aufzuhalten. Sie konnten keine eine Mauer bauen. Der Sturm würde zu stark sein und er würde Leben fordern. Viele Leben. "Ach, hier bist du Rei. Hallo, kleine Schwester." Die drehten sich beide um, um den Näherkommenden anzublicken. "Lai." Sie lächelte und schüttelte die düsteren Gefühle ab. "Was willst du denn hier? Warum störst du unsere idyllische Zweisamkeit?", frage sie scherzend. Lai lachte. "Nicht freiwillig, oh Schwester, darum verzeih mir mein ungebührliches Eindringen und vergib einem unwürdigen Diener wie mir. Aber der Botschafter lässt nach uns schicken, Rei. Ich bin nur auf der Suche nach dir. Vergib mir, Mao, dass ich dir deinen Verlobten entführe, du bekommst ihn bald zurück." Sie nickte. Es war ihr lieber so, zumindest im Moment. Dann konnte sie ihren Gedanken nachhängen und ihre letzte Ruhe genießen, bevor es losging. Und Rei konnte sich über das, was sie gesagt hatte, Gedanken machen. Das war kein Problem. "Also schön." Rei erhob sich und gab ihr noch einen kurzen Kuss auf die Stirn. "Wir reden nachher noch einmal darüber, Mao?" "Natürlich." Sie nickte und blickte den beiden wichtigsten Personen in ihrem Leben nach, ihrem Bruder und ihrem Verlobten, und wünschte sich, ihr Gefühl würde sie trügen. Aber sie wusste, dass es nicht so war. Ihr Gefühl trog sie selten. Und der Sturm kam... ~~~~~~~ So, jetzt muss ich noch sagen, das nächste Kapitel kommt auch frühestens in drei Wochen. *drop* Aber ich hab im April nunmal schriftliches Abitur, da muss das Schreiben eben ein wenig hinten anstehen. Aber dafür lad ich noch ein neues Kapitel von Sacrificed Sacrament hoch und noch 'ne neue FF, 7 Worte. Also, wer das lesen will... Bis dann Silberwölfin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)