Angels fall first von abgemeldet ================================================================================ New Order: Rome --------------- Eighth Chapter - New Order: Rome Integra sprach gerade mit einem der Truppenführer, der die Räumung von Heathrow koordinierte, als die kleine Truppe von der Rollbahn, Alucard ihnen voran, wieder durch einen der langen Gänge in den Terminal zurückkam. Die Leiterin Hellsings' hatte es zwar schon geahnt, aber an den Gesichtern von Walter und Seras konnte sie schon ablesen, das Gabriel ihnen entkommen war. Deshalb stellte sie auch keine Frage, als die drei bei ihr stehenblieben, sondern zündete sich ungerührt eine Zigarre an und beachtete Alucard dabei so sehr wie einen Staubfussel auf einem Regal. Immerhin hatte der Vampir ihren ausdrücklichen Befehl ignoriert und das wollte schon etwas heißen. Nämlich das sie gelinde gesagt stinksauer auf ihn war. Alucard schien das aber nicht im mindesten zu stören. Immernoch grinsend lehnte er sich an die Wand, verschränkte locker die Arme und schlug ein Bein über das andere und Integra fragte sich kurz, was zum Teufel den Vampir schon wieder so amüsierte. Das hier war eine ernste Angelegenheit! Manchmal war Alucard sowas von ... "Er ist weg, nehme ich an."stellte die blonde Frau sachlich fest und zog an ihrer Zigarre und Walter neigte den Kopf:"So sieht es leider aus, Lady Hellsing. Und wir wissen nicht, welches Ziel er hat. Das ist ein weiteres-" "Er will nach Rom."unterbrach ihn Integra:"Ich weiß zwar nicht was er dort sucht, aber meinen Informationen zu Folge ist das sein Ziel..." Sie warf Alucard einen scharfen Seitenblick zu:"Wo ist der Judas?" Alucard sah auf und lächelte in Integras' eisige Augen. Dann deutete er bloß mit dem Daumen den Gang runter. Andersen schien es nicht wirklich eilig zu haben, warum auch immer. Die Hellsingmitglieder würdigte er nicht eines Blickes, er sah stur auf den Boden zu seinen Füßen und hatte seine Waffen bereits wieder im langen, weißen Mantel verstaut. Auch er war klatschnaß und - soweit Integra das erkennen konnte - mit sich und der Welt ziemlich unzufrieden. Die Hellsingleiterin neigte den Kopf und sprach zu allen, als sie sagte:"Gut... Kein Wort zu ihm über Gabriel und sein Reiseziel, verstanden? Wenn dieser wiederliche Wurm Maxwell es nicht für nötig hält, seine Informationen weiterzugeben, dann tuen wir das auch nicht. Sollen diese vermaledeiten Katholiken doch zusehen, wie sie es alleine anstellen und dabei versagen..." Alucard räusperte sich verhalten und Integra überkam der dringende Wunsch, den Vampir wieder in den Keller zu sperren und ums Verrecken nicht wieder herauszulassen. "Was. Hast. Du. Getan?" Alucard stieß sich mit einem leisen Seufzen von der Wand ab und trat vor, als er Integras Todesblick auf sich spürte. "Ich habe ihm nichts gesagt über Rom. Sonst wäre der Schweinepriester wohl auch schon längst über alle Berge..."erklärte sich der Vampir:"Allerdings..." "Allerdings ... WAS?" Alucard seufzte:"Meine Herrin... Ihr seht doch an den Folgen hier, wie stark Gabriel ist. Etwas ... Verstärkung würde uns gut tun. Ich ... habe Andersen soetwas wie eine Allianz angeboten, wenn wir nach Rom reisen." " ... " "Meine Herrin?" "Walter. Fräulein Polizistin. Wenn ihr uns kurz allein lassen würdet?" Seras biss die Zähne aufeinander. Das klang nach gewaltig viel Ärger. Mit einem letzten Blick auf ihren Meister, den Alucard beruhigend erwiderte, folgte sie Walter, der nach einer kurzen Verbeugung und einem:"Sehr wohl, Mylady." zu Fargason gegangen war. Integra atmete tief ein:"Erstens: Nach dem, was diese Ratte Maxwell sich geleistet hat, kann mir jedwede Verstärkung von ihm gestohlen bleiben! Zweitens: Eine Allianz? Mit der 13. Kongregation?! Nein, danke! Ganz sicher nie wieder und schon garnicht in so einem Ausmaß! Drittens: Sowas beschließt du einfach hinter meinem Rücken?! Viertens: Woher willst du eigentlich so genau wissen, das ich außgerechnet dich nach Italien schicke?! Du hast schoneinmal verloren, du hast Gabriel jetzt entkommen lassen, du hast meinen Befehl missachtet und außerdem-" "Bin ich der beste Jäger, den ihr habt, Herrin."unterbrach Alucard grinsend das wütende Zischen Integras' und schien nicht sonderlich beeindruckt. "Nein, bist du unverschämt, vorlaut und frech, das wollte ich sagen! Fall mir nicht immer ins Wort!" "Ich wollte euch nur darauf aufmerksam machen, das ich bei weitem der Einzige in der gesamten Hellsing-organisation bin, der wenigstens soetwas wie den Hauch einer Chance gegen den Blutengel hat."sagte Alucard jetzt und sein Grinsen war verschwunden. Stattdessen glühten seine Augen dezent rötlich in der Neonbeleuchtung des Flughafens:"Ich habe verloren, ja, das gebe ich zu. Aber jetzt kenne ich seine Methoden, das nächste Mal bin ich besser vorbereitet und er wird mich nicht überraschen." "Und wenn er Methoden anwendet, die du bis jetzt noch nicht kennengelernt hast...?"Integra verschränkte die Arme, schloß die Augen und schien nachzudenken. Aber Alucard hatte Recht. Die menschlichen Truppen Hellsings, selbst die Elitekämpfer, ehemalige Navi-seals, GI's oder Mitglieder des MI5, waren Gabriel hoffnungslos unterlegen und eher besseres Kanonenfutter... In dem Punkt hatte sie einfach keine andere Wahl. Es gab niemanden außer Alucard, den sie schicken konnte. Auch wenn ihr das so garnicht Recht war. Aber dennoch... eins verstand sie immernoch nicht. Integras Blick schweifte in den langen Gang, traf Andersen und ihre blauen Augen verdüsterten sich:"Warum willst du eine Allianz mit ihm, Alucard? Er ist stark, ja, aber er ist ein Mensch und ein schlechter noch dazu. Er ist dein Erzfeind... Und ich traue ihm nicht. Ich habe ihn hierher mitgenommen, aber nur um ihn mehr oder weniger zu überwachen. Er wird dir in den Rücken fallen, sobald er die Gelegenheit hat. Er ist verschlagen und hinterhältig, ein Mörder, ein Auftragskiller des Vatikans. Du wirst mehr Probleme mit ihm haben, als das er dir hilft." "Der Vatikan..."Alucard lächelte leicht:"Ist jetzt nicht mehr von Belang für ihn. Sein Verlangen, Gabriel zu töten, ist tieferer Natur als ein bloßer Auftrag. Er wird eine gute Verstärkung bilden. Außerdem... wenn er davon erfährt, das Gabriel nach Rom und höchstwarscheinlich in den Vatikan will, wird er sofort alle Hebel in Bewegung setzten, um dorthin zu gelangen. Und ich meine damit wirklich alle Hebel. Das wird nicht ohne Aufsehen von Statten gehen. Ich denke, wenn ich ihn ein wenig kontrolliere, wird er nicht irgendetwas Kopfloses unternehmen, wovon Gabriel sofort erfährt und uns wieder entwischt. Ihr vertraut ihm nicht, meine Herrin... Aber vertraut mir in dieser Sache. Ich bin mir sicher." "Wie kannst du dir bei ... ihm sicher sein? Wie kannst du wissen, das er in Wahrheit nicht dich töten will?" "Ich weiß es einfach." "Warum? Ich will eine Antwort von dir!" Alucard schwieg einen Moment, er sah zu Andersen in den Gang, der langsam bei ihnen ankam, sie aber immernoch nicht beachtete:"Ich bin mir sicher ... weil sein Hass auf Gabriel schwerer wiegt als der auf mich." Integra wand ihren abschätzenden Blick von dem Paladin ab auf Alucard. Sie erinnerte sich an ihr Gespräch mit dem Judas im Hellsing-Anwesen. Andersen hatte da auch etwas gesagt, das es nur noch seine Angelegenheit wäre, Gabriel zu finden und nicht mehr die des Vatikans. Das Maxwell nichteinmal wusste, das Andersen bei ihnen war. Gut, das sagte er, aber es dem Judas zu glauben war eine ganz andere Sache. Integra traute ihm nicht einen Milimeter über den Weg. Sie hatte nie vergessen, dass dieser fanatische Priester einen ihrer Truppenführer umgebracht hatte, völlig sinnlos, aus purer Mordlust heraus, weil er ein Hellsingmitglied gewesen war. Der blonde, hochgewachsene Mann blieb jetzt einige Meter vor ihnen stehen und sah zum ersten Mal auf, in die blauen Augen Integras. Sekundenlang schienen die beiden einen stillen Kampf auszufechten und Alucard fragte sich insgeheim, was zwischen seiner Herrin und dem Judas vorgefallen war. Sie hatte vorhin etwas erwähnt von wegen, das sie ihn hierher mitgenommen hätte... Aber das müsste ja bedeuten, das Andersen vorher bei Integra aufgetaucht war, während er selbst noch unter Gabriels Fluch gebannt war ... So war das also. Jetzt verstand der Vampir. Der Schweinepriester hatte also wirklich alles versucht, um Gabriel zu finden. *Sogar über deinen eigenen Schatten gesprungen bist du, Alexander, und zum Feind gegangen um dir Rat zu holen... Das nenne ich Einsatz.* Alucard lächelte leicht und emotionslos. "Seid gegrüßt, Hochwürden."sagte der Vampir jetzt und sein Gesicht zierte wieder ein böses Grinsen, als er mit Freuden den bissigen Blickkontakt Integras' und Andersens' unterbrach:"Wie nett euch hier zu treffen. Was verschlägt euch denn in diese abgelegene Gegend?" Andersen knirschte nur mit den Zähnen und warf Alucard einen Todesblick zu:"Wenn das hier funktionieren soll, dann halt deinen Mund, Nosferatu, oder ich schneide dir die Zunge ab..." "Wenn das überhaupt jemand jemals tun wird, dann werde ich das sein."warf Integra trocken ein und sie kniff die Augen zusammen:"Alucard hat mir von seiner Ein-Mann-Aktion erzählt, euch zu einer Allianz zu überreden... Nun, ihr wisst warscheinlich schon jetzt, das mir das ganz und garnicht behagt, Paladin. Immerhin habt ihr vorhin ja gezeigt, was ihr unter einem Angebot zur Kooperation versteht - eure Soloeinlage gerade eben hat den korrekten Zugriff meiner Leute verhindert. Wenn ihr euch an unsere Abmachung gehalten hättet, wäre -" "Wären noch dutzende mehr eurer Leute tot, Sir Hellsing!"unterbrach sie Andersen schneidend:"Außerdem gehört dieser verdammte Dreckskerl mir, und niemand mischt sich da ein!" "Niemand? Und doch möchtest du mit mir kommen, Priester?"fragte Alucard lächelnd. "Du verdammter Untoter, du willst mir ja nicht sagen, wo Gabriel hin will! Hab ich eine andere Wahl?"knurrte Andersen jetzt, woraufhin Alucard nur grinsend mit den Schultern zuckte:"Tja, ich würde es euch mit Freuden sagen, Hochwürden, nur um bequem zuzusehen, wie ihr in euer Verderben rennt, aber ich habe meine Anordnung von ganz oben, da kann ich leider nichts machen." "So, so, von oben... Gefällt es dir eigentlich, dich von einer Frau herumkommandieren zu lassen?" "Besser von einer kompetenten Frau als von einem jähzornigen Pseudoexorzisten!" "Kompetent?! Du weißt ja nichtmal, was das Wort bedeutet!" "Doch, das ist das Gegenteil von 'Iskariot', Schweinepriester."grinste Alucard gehäßig:"Übrigens, wann wolltest du deinen geliebten Enrico eigentlich über deine Pläne informieren? Er bekommt doch noch Komplexe, wenn er dich mal ein paar Tage nicht rumscheuchen kann. Nicht, das er die nicht schon hätte..." Andersens geballte Fäuste zuckten verräterisch:"Ich werde ihn garnicht informieren! Und jetzt lass Enrico aus dem Spiel, das Ganze geht ihn nichts an! Ich werde diesen Bastard von einem Engel kriegen und zwar alleine, koste es, was es wolle! Und auch, wenn ich mich dafür bis in alle Ewigkeit an deine Fersen heften muss, das ist mir egal!“ „Das schmeichelt mir ja schon wieder…“ „Du verfluchter Nosferatu!“ „Lass dir mal was Neues einfallen, Judas, langsam wird es langweilig.“ „Ich kann dir zur Abwechslung mal die Kehle aufschneiden, wie wäre das?!“ „Versuch es doch, ich jage dir vorher mein gesamtes Magazin in den Schädel!“ „Ach, ja?!“ „Ja!“ "RUHE! Das ist ja nicht zum Aushalten! Sofort seid ihr still, oder ich vergesse mich!" Priester und Vampir, die während ihres Wortgefechtes ohne es zu merken immer näher aneinander herangetreten waren, bis sie sich aus nächster Nähe gegenseitig anfauchten, klappte der Mund zu und sie sahen synchron zur Seite. Integra stand dort, in ihrer Hand ihre geliebte Desert Eagle, die Mündung auf Alucards Kopf gerichtet, einen mörderischen Ausdruck in ihren blauen Augen. „Und ihr wollt zusammenarbeiten?! Das soll wohl ein Witz sein! Ihr schlagt euch jetzt schon gegenseitig die Köpfe ein und bereitet mir eine Jahrhundert-Migräne und euch zwei Psychopathen soll ich zusammen losschicken?!Gott im Himmel, ich bin von Verrückten umgeben!“ Alucard legte den Kopf schief und lächelte seine Herrin freundlich an:“Nun ja, ihr seid die mit der geladenen Waffe, Mylady.“ Integra erdolchte den Vampir mit ihren Blicken:“Allerdings, und ich sollte dir damit die Frechheit ausprügeln…“ Sie entsicherte den Revolver wieder mit einer geübten Bewegung und steckte ihn wieder weg. Dann fuhr sie unbeeindruckt fort:"Es geht hier nicht um eure persönliche Rache! Gabriel ist ein Monster. Es ist unsere Aufgabe, ihn wieder dahin zu schicken, wo er herkam, nichts weiter! Und es ist mir egal, was sie für Gründe haben, Paladin Andersen, das habe ich ihnen schon einmal gesagt! Das Wichtigste ist, das wir die Menschen auf diesem Planeten vor den Mächten der Finsterniss beschützen, so gut wir können, das ist unsere Berufung, die einzige, die wir haben." Alucard trat ein paar Schritte zur Seite, verschränkte die Arme und sagte mit einem Seitenblick auf Andersen:"So ungern ich euch widerspreche, meine Herrin... Aber Rache und Hass sind doch bisweilen eine gute Motivation um dieser, eurer Berufung nachzugehen." Integra schnaubte leise:"Nicht, wenn sie dadurch in den Hintergrund tritt, Alucard." Sekundenlang sagte niemand etwas, dann schüttelte Andersen den Kopf:"Und soetwas muss ich mir von einer Protestantin anhören, einer Hellsing..." "Ebenso, wie ich mir von meinem Untergebenen anhören muss, das er sich freiwillig mit einem schizophrenen, mörderischen Judas der Divison Iskariot verbünden will!"feuerte Integra zurück und Andersen zog die Augenbrauen zusammen:"Glaubt mir, Sir Hellsing, diese 'Allianz' wird nur solange halten, wie es nötig ist." "Und was wollt ihr danach tun, Paladin, wenn ihr ihn nicht mehr braucht? Alucard angreifen?! Ich warne sie, wenn-" "Es gibt kein Danach!"fuhr Andersen auf und seine grünen Augen loderten für Sekundenbruchteile wie Smaragde, die geballten Fäuste zitterten und Integra konnte wieder den abgrundtiefen Hass spüren, der diesen Mann plötzlich umgab. Sie kniff die Augen zusammen und fragte sich zum wiederholten Male - trotz ihrer Aussage, das es sie nicht interessiere - was zum Teufel Gabriel mit dem Paladin angestellt hatte. Alucard dagegen wusste es und er bleckte lächelnd die Zähne. Andersen war wirklich immer wieder für eine Überraschung gut... So hasserfüllt hatte er selbst gegen ihn noch nie empfunden. Sollte ihn das jetzt nicht eigentlich in seinem Stolz verletzten? Seine roten Augen glitzerten amüsiert. "Es gibt kein Danach..."wiederholte Andersen fast flüsternd und er wandte ruckartig seinen Blick ab, ging ein paar Schritte zur Seite, nestelte eine kleine Schachtel samt Feuerzeug aus seiner Manteltasche. Seine langen Finger zitterten immernoch, als er sich eine Zigarette anzündete, den Rauch tief inhalierte und dann seine Schläfen massierte. Migräne? Das wäre schön. Hinter seiner Stirn tobte ein Super-GAU. Andersen ließ die angehaltene Luft entweichen und der blaue Qualm umgab ihn kurz wie ein Halo. Alucard lachte leise:"Ich wusste garnicht, das ihr raucht, Hochwürden... Das ist tödlich, wisst ihr?" "Das ganze Leben ist tödlich..." schnaubte der Paladin, ohne sich umzusehen und hatte ganz genau den hämischen Unterton in der Stimme des Nosferatu gehört, der ihn daran erinnern sollte, das Alucard bestens darüber Bescheid wusste, warum er rauchte, wovon er sich damit ablenken und einfach nur beruhigen wollte. Dieser elende, telepathiebegabte, berechnende, untote Sohn einer - … Integra wechselte einen Blick mit Alucard, der ihn lächelnd erwiederte, dann neigte sie den Kopf und deutete dem Vampir ein paar Schritte zur Seite zu treten. Alucard folgte ihr außer Hörweite des Paladins und meinte dann freundlich:"Es schmerzt mich wirklich, zu sehen, das ihr mir so wenig zutraut, meine Herrin. Ihr solltet euch in dieser Hinsicht keine Sorgen machen. Selbst wenn der Judas mich angreifen sollte... womit ich nicht rechne... Bis jetzt war er mir immer unterlegen." Integra maß den blonden Priester, der sie weiterhin nicht beachtete, mit abschätzendem Blick:"Etwas anderes wäre auch nicht akzeptabel, Alucard." Der Vampir grinste:"Ich weiß ... Nun aber nocheinmal zu diesem Dilemma. Ich weiß, das ihr ihm nicht vertraut und ihn nicht dabeihaben wollt. Aber es ist die beste Möglichkeit die wir haben... So kann ich ihn unter Kontrolle halten und er kann nichts Unüberlegtes tun, solange ich dabei bin. Und er ist eine Verstärkung... wenn er auch nur ein Mensch ist... Naja, mehr oder weniger..." "Dann ist es also soweit? Entscheidest du jetzt hier?" Alucard grinste:"Nein, noch nicht... Ich wollte euch lediglich bei eurer Entscheidung helfen." Integra neigte den Kopf:"Ich weiß... Und ich weiß auch, das du Recht hast. Wenn ich auch immer noch nicht glücklich darüber bin, das du soetwas einfach hinter meinem Rücken mit diesem verfluchten Judas abschließt." "Der verfluchte Judas hat vom Warten die Nase voll, Sir Hellsing. Sind sie endlich fertig damit, sich zu überlegen, ob sie mir vertrauen sollen, oder nicht? In dem zweiten Fall, entschuldigen sie mich. Ich brauche ein Flugzeug."unterbrach sie Andersen plötzlich. Unbemerkt war der Paladin an sie herangetreten, ließ jetzt die Zigarette zu Boden fallen, trat sie aus und wandte sich zum Gehen. Integra und Alucard wechselten einen Blick, dann trat die blonde Frau vor:"Also gut, Paladin. Sie gehen mit Alucard ... Aber seien sie sich darüber im Klaren, das ich mit der Situation nicht glücklich bin." "Das erwähnten sie schon, Sir Hellsing... Und ich glaube, ich sagte darauf, das ich es auch nicht bin."Andersen wandte ihr den Kopf zu:"Aber der Nosferatu ließ anklingen, das sie wissen, wo Gabriel hin will und das sie es mir natürlich nicht einfach so sagen werden. Es ist aber in der Tat leider so, das ich nur ungern alleine losziehen und ihrem speichelleckenden Vampir diesen Vorsprung gönnen würde." Alucard grinste böse in sich hinein, dann trat er vor und schnitt Andersen so den Weg ab, sagte mit einer vor Sarkasmus triefenden Stimme:"Sehr schön, dann sind wir uns ja einig. Ich weiß nicht, wie ihr das seht, Hochwürden, aber ich bin irgendwie in Hochstimmung." Seine roten Rubine fraßen sich in Alexanders Jadeaugen:"Solche unverhofften ... Vereinigungen gehen mir immer sehr ans Herz." Andersen biss die Zähne aufeinander und sein Blick hätte jeder Medusa alle Ehre gemacht, bevor er sich von dem Blick des Vampirs losriss und wortlos an Alucard vorbeischritt. Der sah ihm nur hinterher und sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. Das ... würde bestimmt eine interessante Reise werden. "Alucard..." "Ja, meine Herrin?" "Sag mir, was passiert ist. Was ist mit Andersen los?"Integra trat neben den hochgewachsenen Schwarzhaarigen und sah ebenfalls dem blonden Paladin nach. Alucard schüttelte sanft den Kopf:"Heute nicht, Mylady... Irgendwann, aber nicht heute." ~oOo~ "Was soll das heißen, er ist gestern ausgecheckt? ... Wo er jetzt ist, will ich von ihnen wissen! Und das gefälligst-" Enrico tippte mit den Fingerspitzen ungeduldig auf die Tischplatte, während er den Telefonhörer an sein Ohr presste. "NEIN, ich will keine neue Reservierung tätigen, sie Dilettantin! Ich will jetzt, das sie mir sagen, wo er hingegangen ist! Er muss doch eine Nachricht hinterlassen haben! Er kann doch nicht- ... Wie bitte?! Wissen sie eigentlich, mit wem sie da reden?!" Einzelne weiße Haarsträhnen rutschen ihm in die Stirn, als er wütend mit der flachen Hand auf die Tischplatte schlug. Zum wiederholten Mal in den letzten vierundzwanzig Stunden. "Das wird Konsequenzen für sie haben, das sage ich ihnen! So eine-" Ein leises Klicken am anderen Ende signalisierte dem Iskariot-Leiter, das die Empfangsdame des Bagalione am anderen Ende einfach aufgelegt hatte und jetzt knallte Enrico seinerseits den Hörer auf die Gabel, sprang von seinem Stuhl auf, fegte dabei einige Unterlagen vom Schreibtisch auf den Boden und tigerte zornig durch sein Büro. "Engländer! Protestanten! Verdammte Inselaffen! Das ist doch wohl die Höhe!" "Sie wusste nicht, wo Paladin Andersen ist, nehme ich an..."Pater Ronaldo schien wie immer völlig unbeteiligt. "Nein, dieses unfähige, dumme Ding wusste nichts! Und dann besitzt sie auch noch die bodenlose Frechheit, mich als unverschämt und jähzornig zu beschimpfen!" Enrico gestikulierte wild mit den Händen und wenn er seine Füße nicht zum wütenden Hin und Herstapfen benötigt hätte, wären diese bei der Schimpftirade sicher auch noch zum Einsatz gekommen. Ronaldo lächelte leicht:"Was für eine ungeheuerliche Behauptung..." Enrico knirschte mit den Zähnen und bedachte den Älteren mit einem Todesblick:"Darum geht es nicht! Alexander ist gestern abend ausgecheckt und hat nichts gesagt, rein garnichts und ist einfach verschwunden! Das ist doch zum aus der Haut fahren! Wir haben warscheinlich einen gemeingefährlichen Gegner vor uns, jede verfluchte Sekunde zählt jetzt um diesen Gabriel zu finden und ich erreiche meinen besten Mann nicht, weil der wie vom Erdboden verschluckt ist! So ein verdammter -" "Pater Maxwell... Ich würde sie bitten, in den heiligen Gemäuern des Vatikans keine derartigen Verwünschungen auszusprechen. Das ist weder angemessen für ihre Position, noch bringt es uns in unserer Situation irgendwie weiter ... Sie sollten sich zuerst einmal beruhigen." Enrico blieb an einem der geöffneten Fenster stehen, atmete tief ein und strich sich dann die, momentan ziemlich wild aussehenden, weißen Haare zusammen, um sie zu einem Zopf zu binden. "Paladin Andersen kann ja nicht einfach verschwunden sein..."Ronaldo richtete seine Brille und verschränkte die Arme wieder hinter dem Rücken:"Das klügste wäre, wenn wir einige unserer Agenten losschicken, die ihn aufspüren. Gleichzeitig sollten wir uns allerdings auch um diesen Gabriel kümmern. Zu dem Zwecke wären einige Kampfpriester, die sich zurzeit in Venedig mit einer Freakjagd aufhalten sicher gut geeignet..." Enrico schwieg einige Sekunden lang und sein Blick glitt über den noch fast leeren Petersplatz, der soeben in die goldenen Strahlen der aufgehenden Morgensonne getränkt wurde. Geblendet kniff der weißhaarige Mann die Augen zusammen, als er in die rote Scheibe am Horizont sah. Der Leiter von Iskariot seufzte leise:"Pater Ronaldo, ohne sie würde ich wohl noch irgendwann meinen Kopf verlieren... Tun wir es so, wie sie eben vorschlugen, während meine Wut mich wieder über die Maßen abgelenkt hat..." Ronaldo lächelte leicht und musterte den schlanken Mann, der ihm den Rücken zuwand und sich mit den Händen auf dem Fensterbrett abstützte:"Entschuldigen sie sich nicht. Sie haben nuneinmal ein feuriges Temperament, Pater Maxwell. Ihre Heimat ist Italien, das können sie nicht leugnen..." Dann wandte sich der Ältere zum Gehen, aber als er die Türklinke umfasste blieb er noch kurz stehen und in seiner Brille spiegelte sich die Sonne, als er den Kopf halb zurück wand:"Ebensowenig wie die Tatsache, das sie sich Sorgen um Paladin Andersen machen..." Enricos Finger krampften sich im ersten Moment um das Fensterbrett, als er bei diesen Worten den Stich in seiner Brust fühlte. Aber als er sich ruckartig umwandte, um Ronaldo zurechtzuweisen, war dieser schon verschwunden. Die fein geschwungenen Augenbrauen des weißhaarigen Mannes zogen sich zusammen, dann fuhr er wieder zum Fenster herum und starrte zornig in den von roten Schlieren durchzogenen Himmel. Sorgen?! Er, und sich Sorgen machen?! Es gab nur eine Sache, um die er sich Sorgen machte und das war die Iskariot-Organisation! War, ist und würde es immer sein, basta! Himmel, er hatte weiß Gott genug zu tun! Was erlaubte sich dieser Alte eigentlich?! Wütend ballte Enrico die Faust, schlug auf das unschuldige Fensterbrett ein und fauchte:"Ich mache mir keine Sorgen! Und schon garnicht um Andersen! ... Und wenn, dann nur, weil er Iskariots' bester Mann ist, nicht mehr und nicht weniger!" Dann seufzte er leise, sah wieder auf in den Himmel und der leichte Wind riß ihm das Geräusch von den Lippen. Wem versuchte er da eigentlich etwas vorzumachen? Der ganzen Welt da draußen oder sich selbst? Ronaldo hatte ihn wieder einmal durchschaut. Ja, er machte sich Sorgen um Alexander, schon alleine wegen seinem verdammten, seit gestern permanenten Gefühl, das etwas mit dem Paladin nicht stimmte. Enrico atmete tief ein, schloß kurz die Augen und sah dann wieder zur Sonne hinüber. Langsam wurden ihre Strahlen zu hell für das menschliche Auge und Enrico spürte, wie seine Netzhäute protestierten. Es war eigentlich nichts Schlimmes, etwas, worüber sich normale Menschen freuen würden. Aber in Iskariot war eben nichts normal! Das durfte es einfach nicht! Und er hatte es schon die ganze Zeit gewußt, aber sich nie bewußt gemacht. Vielleicht hatte er es sich auch garnicht bewußt machen wollen... Sie waren Freunde. Er und Alexander hatten soviel Zeit miteinander verbracht, soviele Krisen schon gemeinsam überstanden, soviele Stunden schon nebeneinander über Einsatzplänen gehangen und hin und her organisiert und jede Jagd nach Freaks und anderen Schatten bis jetzt zusammen überlebt... Jeder kannte den Anderen bis ins Detail. Alexander wusste immer ganz genau, wann es wieder soweit war, das Enrico einen seiner gefürchteten Wutausbrüche erlitt. Er zählte manchmal sogar einen Countdown herunter, was Enrico dann immer noch mehr auf die Palme brachte. Und Maxwell wusste dafür genau zu sagen, wann der Paladin auf irgendeinem gesellschaftlichen Empfang - den er als Enricos' Leibgarde oft gezwungen war, mit zu besuchen - kurz davor war, einzuschlafen vor Langeweile. Einfach nur dadurch, das sie einander schon so gewöhnt waren, das sie garnicht miteinander reden mussten, um zu wissen, was der Andere dachte. Er konnte es nicht anders sagen. Ja, sie waren in all den Jahren bei Iskariot wirklich so etwas wie Freunde geworden... Aber ganz genau das war es, was Enrico so aufwühlte. Er konnte sich das einfach nicht erlauben, nicht in seiner Position. Er war der Leiter der 13. Kongregation, Pater Andersen war sein bester Mann, nicht mehr, nicht weniger und genauso hatten sie sich zu verhalten, um jedwede Schwäche ihren Feinden gegenüber bereits im Keim zu ersticken. Er musste seine Pflicht, seine Berufung erfüllen, vor Gott und den Menschen. Gefühle jeder Art störten dabei nur, machten schwach und verletzlich, schon jetzt hing er mit seinen Gedanken eher bei Alexander, als das er sich Sorgen um diesen Blutengel machte. Aber sie mussten alle stark sein, um die Finsterniss zu besiegen. Geeinigt in ihrem Geiste und in ihrem Glauben, nicht in ihren Herzen. Kämpfer gab es ihrer viele und wenn einer von ihnen ehrenvoll fiel, dann wurde sein Platz von dem nächsten eingenommen. So war das schon immer gewesen. Er sollte diesen Unsinn, wie auch seine Sorge um Alexander ganz schnell vergessen. Es schmerzte, als Enrico ein letztes Mal zum Himmel hochsah, aber er ignorierte es energisch. Die Sonne stand schon schräg über den Seitenflügeln des Apostolischen Palastes, aber ihr Licht brannte nicht mehr in den Augen. Einige dunkle Wolken, die aus dem nichts gekommen waren, hatten sich vor sie geschoben. ~oOo~ Der Regen war stärker geworden, auch wenn sich Alexander beiläufig fragte, wie das überhaupt noch möglich war. Aber jetzt hämmerten die Regentropfen wie Maschinengewehrsalven gegen die hohen Glasfenster Heathrows, glitten wie wahre Sturzbäche an den glatten Schrägen herab und reflektierten flackernd die Neonlichter in Terminal 7, durch den er gerade - hinter dem Nosferatu und Sir Hellsing und flankiert von mehreren Soldaten - in Richtung Gate schritt, wo einer der Privatjets der Hellsingfamilie auf sie wartete. Sein Blick durchbohrte für Sekunden den Rücken des Vampirs vor ihm. Dieser elende Bastard. Er hätte sich nie auf so eine Sache einlassen sollen... Aber Andersen war verdammt klar, dass das hier die einzige Möglichkeit war, Gabriel so schnell es ging einzuholen. Und das wollte er, selbst wenn es seine Seele kosten würde... Andersen sah wieder zu Boden, ballte die Fäuste in den Manteltaschen. Er spürte es. Sosehr, das es schmerzte. Der Hass gleißte in ihm wie ein Lavastrom, wie flüssiges Metall, das brennend durch seine Adern pulsierte. Viel heißer, als noch ein paar Stunden zuvor. Vater im Himmel, er musste sich beruhigen… Und im selben Moment wusste er genau, er konnte es nicht. Gedanken, Gefühle, alles tobte in ihm, wirbelte ineinander, er konnte kaum klar denken. Alucards Worte draußen auf der Rollbahn, seine Andeutungen, sein Lachen und Spotten, alles klang immernoch in seinen Ohren, dieser gottverfluchte Vampir, er sollte ihm den Kopf abschlagen, er wurde noch wahnsinnig… *Nein! Nein, hör auf!* Er zwang sie zurück, die dunklen Schatten, die sich um sein Herz gelegt hatten, zudrückten wie eiserne Fesseln und sich in seine Seele fraßen. Er musste stark sein. Er musste Gabriel finden. Und ihn töten. Das war das Einzige… das einzige, was noch zählte… Er belog sich selbst, er wusste es, bei Gott, dem Allmächtigen, er wusste es, aber er konnte nicht anders. Sonst würde er den letzten Rest seines Verstandes verlieren, seinen Glauben verlieren, alles, was ihn noch vorwärts trieb. Und er wollte nicht wissen, was dann noch von ihm übrig blieb. *Credo in unum Deum, Patrem omnipotentem, factorem caeli et terrae, visibilium omnium et invisibilium…* Das Gebet, das Glaubensbekenntnis aller Christen, drang in seine verwirrten Gedanken wie Balsam für seine gequälte Seele. Worte, die er schon so lange auswendig konnte, die ihm immer geholfen hatten, all das zu verarbeiten, was er jeden Tag, jede Nacht sehen musste. Er klammerte sich an die Verse, als hinge sein Leben davon ab. In seinen Augen war es tatsächlich so. Alucard grinste währenddessen in sich hinein und las in den Gedanken des Priesters wie in einem offenen Buch. Oh, war so leicht, viel zu leicht, den Judas zu korrumpieren. Er hätte es nicht geglaubt, wenn er es nicht jetzt in allen dunklen Facetten miterleben würde. Und es war schon lange her, das ihm etwas solch diebische Freude bereitet hatte. Niemand wird als Monster geboren, sagte man. In den meisten Fällen stimmte das auch. In einigen nicht. Er selbst … war so ein Fall. Aber er hatte es bereits akzeptiert, schon vor langer Zeit. Andersen hingegen… Alucard lachte leise. Er hatte dem Judas immer gesagt, das sie beide garnicht so verschieden waren, wie er es immer gerne behauptete und der blonde Priester hatte es nie verstanden, nie verstehen wollen. Vielleicht war es erst jetzt an der Zeit dafür… Sie waren am Gate C4 angekommen. Für den Vampir klar erkennbar, aber für die anwesenden Menschen nur shemenhaft in der verregeten Dunkelheit vor den Glasfenstern wartete draußen eine Vinair der Falcon 900 Klasse auf sie. An den Heckflügeln glänzte das Wappen der Hellsings. Integra schritt noch neben Alucard durch die Fluggastbrücke:"Der Falcon ist das schnellste scharf bewaffnete Passagierflugzeug in der Hellsingstaffel. Damit sollte es kein Problem sein, Gabriel einzuholen. Major Christopher und vier seiner Leute werden dich begleiten, Alucard, und ich wünsche in der Beziehung keinerlei Widerspruch." Alucard, der bereits den Mund geöffnet hatte, um zu widersprechen, klappte ihn wieder zu und neigte stattdessen den Kopf:"Das würde mir im Traum nicht einfallen, Herrin..." Integra sagte nichts dazu, sie blieb stehen und sah den Vampir zwei, drei Sekunden lang schweigend an. Alucard konnte ihre Augen schimmern sehen und er wusste nicht zu sagen, ob es von dem diffusen Licht in der Brücke oder etwas anderem war, was er bei Integra noch nie gesehen hatte. "Herrin?" "Alucard ... Versprichst du mir etwas?" Der Vampir lächelte leicht:"Alles, was ihr wollt." "Du weißt, dass ich, seit du mein Untergebener bist, nur Erfolge von dir erwartet habe. Und die hast du mir auch tadellos erbracht. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass du eines Tages unterliegen könntest und hätte dich deshalb fast verloren." "Herrin, nein. Das war nicht eure Schuld." "Doch, das war es. Bitte, lass mich aussprechen."Integra fuhr sich durch die blonden Haare, strich sie aus der Stirn:"Ich verlange dieses Mal nicht unbedingten Erfolg von dir. Alles, was ich will ist, das du wieder zurückkommst. Und das lebendig. Gabriel muss vernichtet werden, das ist mir klar, aber wenn du merkst, das du unterliegen wirst, das diese Kreatur zu stark ist, dann ... riskier nicht dein Leben. Versprichst du mir das?" Alucard erwiderte Integras Blick, las die Sorge darin, eine drängende Sorge um ihn, die ihn tief bewegte. Wann hatte Integra jemals so offen gezeigt, was er ihr bedeutete, wie ihre Gefühle wirklich waren? Seit er sie kannte, seit dem Augenblick, in dem das kleine, blonde Mädchen mit den hellblauen Augen in sein Verlies gestolpert war und ihn aufgeweckt hatte aus seinem Dämmerschlaf, hatte Integra sich diese Maske zugelegt, diese ernste, kalte Maske, die sie seitdem stets getragen hatte, in jeder Sekunde ihres Lebens, während der Erfüllung ihrer Aufgabe und ihres schweren Erbes, die Leitung des heiligen Ritterordens der Hellsings. Sie war sie immer so stark gewesen, beherrscht, die geborene Strategin und Anführerin, die ihre Gefühle niemals zeigte, weil sie es sich nicht erlauben konnte. Und jetzt... Es war etwas besonderes, ein Moment, der Alucard zeigte, wie wichtig er dieser Frau war und auch ihm aufzeigte, wieviel Integra, seine Herrin, ihm bedeutete. Der Priester hatte unrecht. Sich von dieser Frau Befehle erteilen zu lassen, war keine Schwäche. Es war ein Privileg. Der Vampir neigte respektvoll den Kopf:"Ich werde alles tun, um Gabriel zu töten. Aber ich gebe euch dennoch mein Wort, Herrin." Integra musterte sein Gesicht, dann zitterten ihre Lippen kurz:"... Danke." Es war fast zu leise um es zu hören und Alucard lächelte sie beruhigend an:"Wir sehen uns wieder, meine Herrin. Das verspreche ich euch ... Kümmert euch um Seras. Ich konnte ihr nicht mehr sagen, dass ich fortgehe." "Sie wird es verstehen."Integra erwiderte sein Lächeln, nur kurz, aber Alucard hatte es gesehen. Sie lächelte so selten. Und diese Seltenheit machte es nur noch kostbarer. "Bis bald, meine Herrin..." Dann drehte der Vampir sich um und schritt hinter den Soldaten die Fluggastbrücke herunter in den Falcon, der sie bis nach Rom bringen sollte. Zu landen brauchten sie nicht, das wusste der Vampir schon jetzt. Wenn sie über der Vatikanstadt waren, wäre es kein Problem mehr für ihn, sich und den Judas durch einen Schattentunnel herunter zu bringen. Aber aus London... das war dann doch selbst für Alucard ein wenig zu spektakulär. Integra sah dem Vampir hinterher, bis er verschwunden war. Dann drehte sie den Kopf, als Andersen an ihr vorbeischritt, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Aber es war keine Arroganz in seinem Blick, kein absichtliches Ignorieren ihrer Person, um ihr zu zeigen, wie sehr er sie verachtete... die grünen Augen des Paladin waren merkwürdig leer, völlig ohne Leben, wie Integra es schon in ihrem Anwesen beobachten konnte und wenn der Judas nicht aufrecht gegangen und geatmet hätte, hätte Integra ihn genausogut für tot halten können. Sie kniff leicht die Augen zusammen. Gabriel musste irgendetwas getan haben, was... "Paladin Andersen." Der Judas blieb stehen, drehte sich aber nicht zu ihr um:"... Was wollen sie?" "Ihnen noch einen letzten Rat mit auf den Weg geben, Judaspriester."Integras Stimme war kalt, eisig:"Ich traue ihnen nicht einen Meter über den Weg, das dürfte uns beiden klar sein. Aber es ist Alucards Entscheidung, sie mitzunehmen und ihnen als Verbündeten zu trauen ...Das hier ist nun meine Warnung an sie. Wenn sie ein falsches Spiel spielen, wenn sie Alucard auch nur ein Haar krümmen, dann machen sie sich auf etwas gefasst. Denn dann werden sie nichteinmal die Mauern des Vatikans und die gesamte Schweizer Garde, geschweige denn diese Schlange Maxwell oder ihre Regeneratorenkräfte vor mir beschützen können." Alexander wandte langsam den Kopf, sah die blonde Frau aus den Augenwinkeln ausdruckslos an:"Keine Sorge, Sir Hellsing... Ihr Vampir ist es nicht mehr wert, das ich meinen Hass auf ihn vergeude..." "Das hoffe ich... In ihrem Interesse, Paladin."meinte Integra leise, aber sie wusste, das der Priester sie noch gehört hatte, als er in das Flugzeug stieg. ~oOo~ Seras Viktoria stand in Terminal 1 an einem der hohen Glasfenster und drückte ihre heiße Stirn gegen das kalte Glas. Vereinzelte rote Strähnen fielen ihr ins Gesicht, als sie sich wieder zurücklehnte und der schnittigen Maschine der Falcon Klasse hinterhersah, wie sie von dem Rollfeld abhob und mit der Dunkelheit verschmolz. "Meister..."Sie lächelte kurz und ließ ihre Tränen ungehindert über ihre Wangen laufen:"Ich weiß, das ihr es schafft. Macht diesen Mistkerl fertig." Das Flugzeug war nicht mehr zu sehen, Seras senkte den Kopf und sie schluchzte leise. Dann fühlte sie eine leichte Hand auf ihrer Schulter:"Er kommt wieder. Er hat es mir versprochen." Die junge Vampirin wandte sich um, sah in die blauen Augen Integras, die sie tröstend anlächelte. Sie nickte leicht, aber immernoch perlten ihr glitzernde Tränen über die blassen Wangen. "Lady Hellsing..."Mit einem erstickten Schluchzer lehnte sich die rothaarige Frau gegen ihre Vorgesetze, klammerte sich an sie und weinte gegen Integras Schulter. Es tat so weh in ihrer Brust und so gut, jemanden zu haben, der einfach nur da war. Selbst wenn ihr Handeln respektlos war. Aber Seras konnte einfach nicht mehr. Integra verstand das. Auch ihr schnürte sich der Hals zu, wenn sie in die verregnete Dunkelheit sah, die den Falcon in sich aufgenommen hatte, sie sich bewußt machte, das ihr Gepräch vorhin mit Alucard vielleicht ihr letztes mit dem Vampir gewesen war. Nein, daran wollte sie nichteinmal denken. Und Alucard hatte auch nicht 'Leb wohl' gesagt. Nein, das hatte er nicht... Er würde zurückkommen, sie hatte sein Wort darauf. Und sie vertraute ihm. Langsam hob sie die Hände und schloß ihre Arme um das zitternde Bündel, das Seras nun noch war. "Er muss wiederkommen."flüsterte die blonde Frau und in ihren Augen spiegelten sich die dunkeln Wolken am Himmel, die nun langsam von helleren Schlieren durchsetzt wurden und die Dämmerung ankündigten:"Er muss einfach wiederkommen..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)