Der Meisterdieb von Cat_in_the_web (Seto Kaiba + Joey Wheeler / u.a.) ================================================================================ Kapitel 14: Die Falle --------------------- Titel: Der Meisterdieb Kapitel: 14/14 Autor: Cat in the web Fandom (Anime/Manga): Yu-Gi-Oh Genre: AU, reale Welt Einstufung: PG-14 Label: lime Pairing: Seto Kaiba + Joey Wheeler / Marik + Malik / Yami + Duke / Bakura + Ryou / Mai + Tea / Tristan + (Überraschung) Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Yu-Gi-Oh. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Es hat länger gedauert als ich gedacht habe, aber dafür ist dieses Kapitel auch fast doppelt so lang wie die bisherigen. Ich bedanke mich bei all meinen Kommentarschreibern, die mir ihre Meinung über die Story mitgeteilt haben, und auch bei denen, die das hoffentlich auch künftig noch tun werden! -------------------------------------------------- Der Meisterdieb von Cat in the web Kapitel 14: Die Falle Ein neuer Tag brach an in Domino City. Das Morgenlicht durchflutete die Straßen der Stadt, umschmeichelte die Gebäude und suchte sich seinen Weg durch die Fenster ins Innere. In einem Wohnblock mit teuren Appartements fiel das Licht durch die großzügig bemessenen Fenster und erhellte das dahinter liegende Schlafzimmer. Die Wohnung gehörte Mai Valentine. Mai ließ nie die Jalousie herunter, wenn sie abends schlafen ging, denn sie liebte es, sich von der Sonne wecken zu lassen, und Spanner musste sie nicht fürchten, denn ihre Wohnung lag zu weit oben im Gebäude, und die Gardinen waren außerdem dicht genug gewebt, um jeden diesbezüglichen Versuch zunichte zu machen. Allerdings war es nicht Mai, die gerade auf dem großen Bett im Schlafzimmer saß, sondern eine etwas kleinere brünette Person, die jedoch ebenfalls weiblich war. Tea Gardener ließ das seidene Unterhemd über ihren Kopf gleiten, bis es sich über ihre kleinen wohlgeformten Brüste legte und den BH verdeckte. Der Saum des Hemdes berührte ihren Slip und kam zur Ruhe. Tea zupfte mit einem verträumten Lächeln auf dem Gesicht die Träger zurecht und lauschte auf das Geräusch fließenden Wassers, das von der Dusche im Badezimmer nebenan zu ihr herübertönte. Die Nacht mit Mai war fantastisch gewesen, und für eine Weile hatten beide Frauen ihre Arbeit und damit auch ihre aktuellen Sorgen einfach vergessen können. Doch dies währte nicht lange, und die Wirklichkeit holte sie wieder ein. Das Lächeln auf Teas Gesicht verschwand wieder, und sie seufzte. Bald würde die Falle für Pegasus zuschnappen, und wenn irgendwas schief gehen sollte, dann konnte es gut sein, dass jemand sein Leben verlor. Der Hauptkandidat dafür war Joey Wheeler. Tea wollte gewiss nicht, dass ihr Lockvogel starb, auch wenn er ein Dieb und somit ein Krimineller war. Das Rauschen der Dusche verstummte, und nach ein paar Minuten kam Mai in das Zimmer, bekleidet mit einem seidenen Morgenmantel, der sich an ihren Körper schmiegte und deutlich zeigte, dass sie nichts weiter trug als diesen dünnen Stoff. Sie lächelte Tea liebevoll an. „Sind das Sorgenfalten auf deiner Stirn, meine Liebe?“, fragte sie und strich zärtlich mit ihren Fingern über Teas Stirn. Die Geste ließ ein warmes Gefühl durch den Körper der Polizistin fließen. „Ich bin nur ein wenig angespannt“, antwortete Tea, ergriff Mais Hand und drückte einen Kuss auf ihre Finger. „Die nächsten Tage werden stressvoll sein.“ „Ohne Zweifel, aber es wird sich lohnen. Es wird alles gut gehen, und wenn erstmal alles vorbei ist, dann nehmen wir beide uns ein paar Tage Urlaub und fahren gemeinsam weg. Wie wäre das?“ Mai beugte sich herunter und gab ihrer Geliebten einen Kuss. Tea lächelte Mai an. „Das klingt wundervoll.“ *** Am Vormittag stand Joey an die Wand eines Korridors im Firmengebäude von KSS gelehnt und beobachtete Kaiba, der sich etwa fünfzig Meter weiter entfernt im Gang mit Yami unterhielt. Joey hatte sich nicht zu den beiden gesellen dürften, da sie ein wichtiges Gespräch über eine neue Sicherheitsanlage führten, die sich in der Entwicklung befand, und Kaiba legte keinen Wert darauf, einem Meisterdieb wie Joey Einblick in eine Neuentwicklung zu gewähren. Joey seufzte gelangweilt und fragte sich, ob er nur mal so zum Spaß plötzlich wegrennen sollte. Aber leider würden sich die Sicherheitsmänner der Firma ohne Zweifel sofort auf ihn stürzen, und Joey hatte keine Lust auf blaue Flecken und Prellungen. Einige dieser Typen, die ihn stets zu beobachten schienen, hatten die muskulösen und schweren Körper von Bodybuildern, und er wollte sich nicht unter einem solchen Fleischberg liegend wieder finden. Joey hing seinen eigenen Gedanken nach und beachtete die näher kommenden Schritte nicht, bis diese unmittelbar neben ihm verstummten. Als er aufsah, blickte er direkt in die harten braunen Augen von Bakura. Der ehemalige Kopfgeldjäger lehnte sich neben ihn an die Wand, und nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand sie hören konnte, begann er zu sprechen. Joey wirkte ein wenig unsicher bei Bakuras Worten, doch er hörte aufmerksam zu. Ein paar Mal erwiderte er etwas, er schien ein paar Einwände zu haben gegen das, was Bakura ihm sagte, doch schließlich nickte er, wenn auch ein wenig zögerlich. Bakura war mit Joeys Antwort sehr zufrieden. „Also abgemacht. Sei pünktlich“, sagte er zu ihm, und ohne auf eine Erwiderung zu warten, stieß er sich wieder von der Wand ab und ging in die Richtung von Kaiba und Yami. Joey blickte ihm einen Moment hinterher und beobachtete, wie er mit Kaiba und Yami ein paar Worte wechselte, bevor er um eine Ecke des Ganges verschwand. Bakura verließ das Gebäude durch einen Hinterausgang, der direkt zum Parkplatz führte, wo er seinen Wagen geparkt hatte. Hier konnte er sicher sein, nicht belauscht zu werden. Er holte sein Handy hervor und wählte eine Nummer. Am anderen Ende wurde abgehoben, und eine ihm inzwischen wohlbekannte Stimme sagte: „Pegasus hier. Was gibt es?“ „Hier Bakura. Es läuft alles nach Plan“, antwortete Bakura, und seine Zufriedenheit war deutlich aus seinen Worten zu hören. „Heute Nachmittag um 17 Uhr bringe ich die Zielperson zu dem stillgelegten alten Werkshafen, wie vereinbart.“ „Ausgezeichnet, Bakura“, erwiderte Pegasus. „Du kannst sicher sein, dass ich da sein werde. Ich freue mich schon darauf, dem legendären goldenen Dieb zu begegnen.“ *** Am späten Nachmittag, es war bereits nach 16 Uhr, verließ Bakuras Wagen das Firmengelände von KSS. Bakura saß am Steuer, doch er war nicht allein. Neben ihm saß ein Mann, der einen etwas zu großen schwarzen Mantel trug, dessen Kragen hochgeschlagen war. Ein ebenfalls schwarzer Hut war tief in sein Gesicht hinuntergezogen worden, so dass die Identität des Mannes nicht zu erkennen war. Als der Wagen das Firmengelände hinter sich gelassen hatte, hob der Mann auf dem Beifahrersitz den Kopf. Blonde Haare umgaben ein blasses Gesicht mit warmen braunen Augen. Joey Wheeler warf nur einen kurzen Blick auf die Straße, die sie entlang fuhren, bevor er sich wieder auf seinem Sitz zusammen kauerte. Bald würde er es überstanden haben, das wusste er, doch er konnte nichts gegen die nervöse Spannung ausrichten, die ihn erfüllte und sich in seiner Magengegend zu konzentrieren schien. Bei all seinen Raubzügen als goldener Dieb war er nicht so nervös und unsicher gewesen wie jetzt. Irgendwie fühlte sich das, was er hier tat, nicht richtig an. *** In seinem Büro lehnte sich Kaiba in seinem Sessel zurück und betrachtete nachdenklich ein Diagramm auf dem Bildschirm seines Laptops. „Die Werte sind nicht zufrieden stellend“, entschied er. „Bei einem Ausfall des Generators würde das neue Sicherheitssystem für fast dreißig Sekunden ohne Energie und somit unbrauchbar sein. Wenn wir schon ein System mit autarker Stromquelle entwickeln, muss auch der Generator geschützt sein.“ Er drehte sich zu Yami um, der auf dem Besuchersessel saß. „Sag den Technikern, sie sollen eine Energiezelle einbauen, die bei einem Ausfall des Generators das System noch mindestens eine Stunde am Laufen hält. Außerdem muss irgendjemand beim Ausfall des Generators sofort darüber informiert werden, damit etwas unternommen wird, bevor das System nach Ablauf der Stunde vollständig zusammen bricht.“ Yami nickte zustimmend. „Ich arbeite bereits an einem Programm, welches den Generator überwachen und Unregelmäßigkeiten oder sogar einen Ausfall feststellen soll“, begann er, doch er kam nicht weiter. Die Tür des Büros wurde ohne Vorwarnung geöffnet, und Ryou kam herein. Ohne sie zuerst zu begrüßen oder sich für sein unerlaubtes Eindringen zu entschuldigen, trat er vor den Schreibtisch und sagte: „Bakura und Joey sind verschwunden.“ Kaiba und Yami wechselten einen Blick, bevor sie hastig aufstanden und das Büro verließen. Ryou folgte ihnen. *** In der Polizeistation saß Tristan an seinem Schreibtisch und studierte eine Akte, als sein Telefon klingelte. Er griff sofort nach dem Hörer. „Taylor, Einbruchsdezernat“, meldete er sich. Einen langen Moment lauschte er, bevor er nickte und „okay“ sagte. Offenbar reichte diese Bestätigung seinem Gesprächspartner, denn sofort danach wurde die Verbindung unterbrochen. Tristan sah für einen Moment etwas verärgert auf den Hörer, bevor er ihn zurücklegte. Offenbar passte es ihm nicht, dass sein Gesprächspartner so abrupt aufgelegt hatte, doch er hatte jetzt wichtigeres zu tun. „Das war Kaiba“, sagte er zu Tea, die ihm gegenüber saß und ihn beobachtete. „Joey ist verschwunden. Wir müssen los.“ Mit ernster Miene, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen gepresst, stand er auf und öffnete einen der Schränke im Büro. Dort drin lagen ihre Dienstwaffen und zwei kugelsichere Westen, die sie sich vor einer Weile in der Waffenkammer besorgt hatten. Weder Tristan noch Tea würden ein Risiko eingehen. Oder zumindest nicht mehr, als unvermeidlich war. *** Bakuras schwarzer BMW durchquerte die Innenstadt von Domino City, fuhr am Industriegebiet entlang und erreichte schließlich den Hafenbezirk der Stadt. Hier, wo sich ein breiter Fluss seinen Weg an der Stadt entlang suchte, lagen mehrere kleine Frachthäfen, die von einer Zeit erzählten, als Waren noch günstig mit Frachtschiffen über den Fluss in andere Städte gebracht wurden. Diese Zeiten waren jedoch schon lange vorbei, und nur wenige Häfen waren noch in Betrieb, zumeist ankerten die Boote von Hobbyseglern in ihrem Schutz. Die anderen Häfen waren geschlossen und sich selbst überlassen worden, da niemand mehr Verwendung für sie hatte. Der Werkshafen war der größte Hafen in Domino City und schon lange stillgelegt. Die riesigen Lagerhallen auf dem Gelände verfielen zusehends, und schon seit Jahren war kein Schiff mehr in diesem Hafen gesehen worden. Ein kleiner Kran am Hafenbecken, der einst genutzt worden war, um die schwere Fracht an Bord der Schiffe zu heben, war auf die Seite gestürzt, und seine Spitze hing nun über der Wasseroberfläche des Flusses. Bakura hielt kurz vor dem Eingang zum Hafen an und wandte sich an seinen Begleiter: „Ab hier bist du auf dich allein gestellt. Geh wie besprochen zum Ende des umgestürzten Krans am Hafen, dort wartet ein kleines Motorboot auf dich. Viel Glück.“ „Danke“, erwiderte Joey ein wenig abwesend, während er zum Hafen hinüber sah. Fast zögerlich löste er den Sicherheitsgurt und stieg aus. Er drehte sich noch einmal zu Bakura um und nickte ihm zu, bevor er sich in Richtung Hafen auf den Weg machte. Bakura beobachtete, wie Joey über den alten Zaun kletterte, der das Gelände des Hafens umgab, und aus seiner Sicht verschwand. Schnell warf er einen Blick auf seine Uhr. Er lag gut in der Zeit. Alles würde glatt laufen, er würde keinen Verdacht erregen. Mit einer heftigen Bewegung drehte Bakura den Zündschlüssel im Schloss und ließ den Motor seines Wagens aufheulen, als er beim Anfahren zu viel Gas gab. Obwohl alles Bestens lief, war er verärgert. Die Situation, in die er Joey gebracht hatte, gefiel ihm nicht, doch er wusste, es war die einzige Möglichkeit gewesen. Wenn Joey das Motorboot am Ende des Krans erreichte, würde er damit doch nicht mehr fliehen können, denn die Möglichkeit einer Flucht gab es nicht, zumindest jetzt nicht mehr. Stattdessen würde er Pegasus finden, oder besser gesagt: Pegasus würde ihn finden. Bakuras schwarzer BMW fuhr mit hoher Geschwindigkeit davon. *** Ein silbern lackierter Firmenwagen von KSS fuhr durch das Industriegebiet in Richtung Hafenbezirk. Während Ryou wie meistens auf der Rückbank saß, lenkte Yami den Wagen über die Straßen. Kaiba saß auf dem Beifahrersitz, eine Art flachen Monitor auf dem Schoß, nicht größer als ein Notizbuch. Auf dem Monitor war das Straßennetz von Domino City zu sehen und ein roter Punkt, der sich bewegte. Kaibas Aufmerksamkeit galt einzig und allein diesem Punkt. Er wurde erst aus seiner Konzentration gerissen, als Yami fragte: „Was sagt das Ortungsgerät, Kaiba?“ „Joey ist jetzt am stillgelegten Werkshafen“, erwiderte Kaiba. Yami atmete erleichtert auf. „Gut, ich hatte schon befürchtet, der Empfang könnte gestört sein. Immerhin haben wir die Wanze in Joeys Jacke eingenäht. Der Stoff hätte ein Problem sein können.“ „Sei nicht albern. Selbst wenn Joey im Kanalsystem der Stadt verschwinden würde, könnte das den Empfang zwischen dem Ortungsgerät und seiner Wanze nicht verhindern. KSS hat bei all seinen Geräten nur beste Qualität.“ Kaiba wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Monitor zu. „Beeil dich lieber mal ein wenig, sonst verschwindet unser Dieb noch auf Nimmerwiedersehen“, wies er Yami an. Der Wagen nahm an Geschwindigkeit zu, und Ryou wurde durch die plötzliche Beschleunigung in seinen Sitz gepresst. Nervös krallten sich seine Hände in die Sitzpolster. Mit Joey war auch Bakura verschwunden. Er hoffte nur, dass alles gut gehen würde, und dass die beiden bald wieder in der Sicherheit von KSS sein würden. Vom Fahrersitz her hörte er Yami sagen: „Wir sind fast da.“ *** Joey hatte den umgestürzten Kran erreicht. Das schwere Gerät von ca. 6 Meter Länge lag zur Hälfte auf dem Ufer, die andere Hälfte ragte wie ein Steg über die Wasseroberfläche. Der Fuß des Krans mit dem rostigen Kontrollhäuschen beschwerte die Landseite des Krans mehr als ausreichend, um es Joey zu ermöglichen, gefahrlos über den Kran zu seiner Spitze zu klettern. Es war genau wie Bakura gesagt hatte, doch entgegen dem, was Bakura noch gesagt hatte, wartete an der Spitze des Krans kein Boot auf ihn. Joey hielt inne und starrte verwundert auf das fließende Wasser unter ihm. Das war nicht wie besprochen. Wo war das Boot? Joeys Magen krampfte sich nervös zusammen. Ein Geräusch als wenn ein kleiner Stein von einem Schuh zur Seite gekickt wurde, erklang hinter Joey, und eine männliche, freundlich klingende Stimme ertönte: „Ich habe mir erlaubt, das Boot loszubinden. Es treibt sicher schon viele Kilometer von hier stromabwärts.“ Einen Moment erstarrte Joey, und die Angst umklammerte sein Herz mit eisigen Fingern, doch dann fasste er sich und drehte sich um. Hinter ihm am Ufer stand Pegasus in seinem maßgeschneiderten roten Anzug. Sein weißes Haar fiel ihm locker um die Schultern, und auf seinem Gesicht lag ein freundliches Lächeln. Wäre nicht die Pistole in seiner Hand gewesen, hätte man meinen können, er mache nur einen Spaziergang. Pegasus fuhr fort: „Es tut mir aufrichtig Leid, Ihre Pläne durchkreuzen zu müssen, aber ich kann Ihnen die Flucht nicht gestatten.“ Er hob die Waffe und zielte auf Joey. „Wie schade. Ich hätte Sie gerne näher kennen gelernt. Einen Mann wie den goldenen Dieb trifft man nicht alle Tage.“ Joeys Gedanken arbeiteten fieberhaft. Er sah, wie Pegasus seine Waffe hob und hörte seine Worte, und eine Idee formte sich in seinem Kopf. Bevor er sie noch ganz durchdacht hatte, hörte er sich selbst auch schon sprechen, und die kühle Beherrschtheit seiner eigenen Stimme überraschte selbst ihn: „Wer sagt denn, dass wir uns nicht näher kennen lernen können? Wie Sie selbst gesagt haben, trifft man jemanden mit meinen Talenten nicht alle Tage. Ist es nicht Verschwendung, sich eines solchen Talentes nicht zu bedienen? Ich hörte, die Pegasus-Gruppe sucht immer nach guten Leuten, die sie gebrauchen kann.“ Pegasus hielt inne und schien kurz nachzudenken, doch dann schüttelte er bedauernd den Kopf, und es schien fast aufrichtig gemeint zu sein. „Sie haben ein bemerkenswertes Talent für Einbrüche, doch ich gehe anderen Geschäften nach. Und auch wenn eine Erweiterung meiner Tätigkeiten durchaus verlockend ist, sind Sie ein zu hohes Risiko.“ Er sah Joey direkt in die Augen, und ein eisiger Schauer lief dem Dieb über den Rücken, als er die Kälte in Pegasus’ Blick spürte. „Niemand hat mich je bei einem Mord beobachtet und überlebt, und das wird auch so bleiben“, fuhr Pegasus fort. „Es war äußerst unglücklich für Sie, an jenem Abend bei Hendersen einzubrechen und alles zu beobachten. Also sterben Sie wohl.“ Und Pegasus’ Finger krümmte sich um den Abzug seiner Waffe. Ein lauter Knall ertönte, als die Kugel abgefeuert wurde. Joey hatte keine Zeit, auszuweichen. Egal wie schnell seine Reflexe auch waren, diesmal war er nicht schnell genug. Er spürte einen wuchtigen Aufprall auf seiner Brust und fühlte, wie er von den Füßen gerissen wurde. Sein Brustkorb schmerzte mit einem Mal höllisch, und er erinnerte sich daran, was ihm dieser Polizist Tristan Taylor erzählt hatte: Pegasus zielte immer auf das Herz seiner Opfer, nicht auf den Kopf, wie dies erfahrene Profikiller tun würden. Joeys Körper kippte nach hinten über. Einen Moment lang sah er noch Pegasus’ lächelndes Gesicht und hinter diesem bemerkte er hektische Bewegungen von einer oder auch mehreren Personen, die vorher noch nicht zu sehen gewesen waren. Fast glaubte er zu hören, wie jemand seinen Namen rief, doch dann traf sein Körper auf dem Wasser auf und versank in den kalten nassen Fluten. Als Pegasus seine letzten Worte zu Joey sprach und auf ihn schoss, brach auf dem Gelände des alten Werkshafens die Hölle los! Aus ihren Verstecken in den verlassenen Hallen des Geländes tauchten unzählige Polizisten in kugelsicheren Westen und mit gezogenen Waffen auf und stürmten auf den überraschten Pegasus zu. Das Einsatzkommando, bestehend aus Polizisten der Mordkommission und der Abteilung zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens, entwaffnete den größten Verbrecherboss von Domino City innerhalb weniger Sekunden und legte ihm Handschellen an. Außer ihnen waren noch drei Polizisten des Einbruchsdezernates anwesend, doch diese kümmerten sich nicht mehr um Pegasus, nachdem dieser unschädlich gemacht worden war. Tristan, Tea und ihr Chef Odeon hatten nun ganz andere Sorgen. Mit blassen Gesichtern eilten sie auf die Stelle zu, wo der goldene Dieb in den Fluten versunken war. Sie waren nicht die Einzigen. Kaiba, Yami und Ryou waren kurz vor dem Schuss am Werkshafen angekommen und hatten alles mit ansehen müssen. Niemand konnte Kaiba mehr aufhalten, als Pegasus auf Joey schoss. Laut Joeys Namen rufend eilte er ungeachtet der Gefahr auf den Fluss zu. Es waren erst wenige Sekunden vergangen, seit Joey in das Wasser gefallen war, und doch floss der Fluss bereits wieder ruhig über die Stelle, als wäre nie ein Körper in seinen Fluten verschwunden. Von Joey war nichts zu sehen. *** Weit entfernt in einem der vornehmsten Wohn- und Geschäftsviertel von Domino City saßen Marik und Malik in inniger Umarmung auf der weichen Designer-Ledercouch von Mariks Wohnung. Freimütig wanderten Mariks Lippen über die weiche Haut von Maliks Hals und weiter hinauf zu seinen Lippen. Ein kurzer Kuss folgte, den Marik gern vertieft hätte, doch Malik drehte fast unbewusst seinen Kopf zur Seite und warf einen Blick auf die Uhr an der Wand, wie er es in der letzten Stunde bereits dutzende von Malen gemacht hatte. Marik seufzte leise. Sein Geliebter war offensichtlich abgelenkt. „Was ist denn los mit dir?“, flüsterte er sanft in Maliks Ohr. „Du bist so gar nicht bei der Sache. Hast du keine Lust?“ „Das ist es nicht“, versicherte Malik seinem Freund rasch. „Es ist nur so, dass ich mir furchtbare Sorgen um Joey mache. Ich habe schon lange nichts mehr von ihm gehört. Seit er verhaftet und in den Gewahrsam von KSS überstellt wurde, werden keine Informationen mehr an uns weitergegeben, weder von der Polizei noch von Kaiba und seinen Leuten. Nicht mal Duke weiß, was vor sich geht. Das ist ungerecht. Wir haben geholfen, ihn zu fangen, aber doch nur, damit ihm nichts passiert! Und jetzt hält man uns einfach von ihm fern und beantwortet keine Fragen mehr.“ Marik zog seinen Freund tröstend näher an sich. „Mach dir keine Sorgen, Malik. Es ist bestimmt alles in Ordnung mit Joey, schließlich will Kaiba seine neu entdeckte Liebe nicht verlieren“, versicherte er ihm. *** Ein ganzer Monat verging mit hektischer Aktivität! Maximilian Pegasus, einst ein geachteter Bürger der Stadt und nun als der Kopf der Pegasus-Organisation und meistgefürchteter Verbrecherboss von Domino City entlarvt, wurde vor Gericht gestellt. Der Medienrummel war entsprechend groß. Reporter von Zeitungen und vom Fernsehen belagerten praktisch das Gerichtsgebäude, für das die höchste Sicherheitsstufe galt. Der Prozess selbst war spektakulär! Nicht nur war Pegasus auf frischer Tat bei einem Verbrechen auf dem Gelände des alten Werkshafens von der Polizei verhaftet worden, sondern ihm wurden auch die Morde an Hendersen und dem Staatsanwalt Dunas angelastet. Außerdem war eine große Drogenlieferung von der Polizei abgefangen worden, die per Schiff nach Domino City gekommen war. Es gab eine Zeugenaussage, die Pegasus mit all diesen Taten in Zusammenhang brachte. Dieser Zeuge hatte nicht nur selbst gesehen, wie Pegasus Hendersen erschoss, er hatte auch gehört, wie Pegasus von der Drogenlieferung und der Ermordung des Staatsanwaltes sprach. Nur aufgrund dieser Aussage konnte der Leichnam von Dunas gefunden und endlich zu seiner letzten Ruhe auf einem Friedhof gebracht werden. Und der Zeuge war niemand anderes als der goldene Dieb! Die Medien standen Kopf, als sie von der Identität des Zeugen erfuhren. Doch niemand von ihnen bekam diesen berühmt-berüchtigten Mann zu Gesicht. Es war fast so, als würden die Reporter einen Geist suchen. Die Polizei behielt alle weiter gehenden Informationen über diesen Mann für sich. Das Einzige, was die Öffentlichkeit noch erfuhr, war, dass Pegasus verhaftet worden war, als er auf den goldenen Dieb geschossen hatte. Aufgrund der Beweislast gegen Pegasus endete der Prozess erstaunlich schnell. Pegasus wurde zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Auch seine Anwälte, die Besten der Stadt, hatten ihn nicht mehr retten können. Die ersten Beweise hatten bereits zu einer Durchsuchung von allen Besitztümern von Pegasus geführt, einschließlich seiner Nachtclubs. Die weiteren Beweise, die die Polizei dabei fand, lösten eine Kettenreaktion aus. Viele Mitglieder der Pegasus-Organisation wurden verhaftet oder flohen aus der Stadt. Auch andere Verbrecher, die zwar nicht direkt mit der Pegasus-Organisation zu tun hatten, jedoch schon mit ihr zusammen gearbeitet hatten, fürchteten nun, entdeckt und verhaftet zu werden. Die Polizei und die Gerichte würden noch monatelang mit den Fällen beschäftigt sein, die die Zerschlagung der Pegasus-Organisation nach sich führen würde. Doch niemanden wäre es in den Sinn gekommen, sich über die stark gestiegene Arbeitsbelastung zu beklagen, ganz im Gegenteil. Staatsanwaltschaft und Polizeichef traten lächelnd vor die Kameras der Reporter, um ihre Stellungnahmen zu verkünden, und auch der Bürgermeister sonnte sich im Glanz einer „nun wesentlich sichereren Stadt“, wie er immer wieder bei jeder Gelegenheit verkündete. Auch Mai Valentine war mehr als nur zufrieden mit den Ereignissen. Sie war die am Besten informierte Reporterin der ganzen Stadt, was sich in ihren Berichten auch widerspiegelte. Das Einzige, was sie bedauerte, war, dass Polizei und Staatsanwaltschaft ihre Berichte kontrollierten und ihr strikt vorschrieben, zu welchem Zeitpunkt sie welche Informationen ihres Insiderwissens preisgeben dürfte. Doch Mai war es gewöhnt, mit diesen Gruppen um Informationen zu handeln, und so war dies nur ein kleiner Rückschlag für sie. Vor kurzem war das Urteil verkündet worden, und nun stand Mai vor dem Gerichtsgebäude und unterhielt sich mit Tea, während alle anderen Reporter sich im Inneren des Gerichts aufhielten und versuchten, einen Kommentar von Pegasus zu ergattern. „Willst du nicht reingehen zu den anderen Reportern?“, fragte Tea ihre Freundin. Doch Mai winkte ab. „Wozu? Ich habe alle Informationen, die ich brauche, und ich weiß aus Erfahrung, dass Pegasus nichts sagen wird. Seine Anwälte werden natürlich verkünden, dass sie in Berufung gehen werden, aber das ist völlig sinnlos. Die Beweislast gegen Pegasus ist erdrückend, und es werden in den nächsten Monaten bestimmt noch mehr Verbrechen ans Licht gebracht werden.“ Dann lächelte sie spitzbübisch und bemerkte: „Außerdem habe ich erstklassige Informanten und bereits jetzt praktisch Exklusivrechte an dieser Story. Und wenn wirklich noch etwas Unerwartetes im Gericht passieren sollte, kann ich die Info sicherlich aus Tristan herauskitzeln, sobald er kommt.“ Die beiden Frauen lachten bei dieser Vorstellung amüsiert. Während sie gemeinsam darauf warteten, dass sich Teas Kollege, der noch im Gerichtsgebäude war, zu ihnen gesellte, kam eine schwarze Limousine mit dunkel getönten Scheiben die Straße entlang gefahren und hielt neben ihnen an. Eines der Fenster im hinteren Bereich fuhr ein Stück nach unten, und Kaibas Gesicht erschien. Der Präsident von KSS blickte die Frauen ernst an. „Nun, wie ist es gelaufen?“, fragte er. „Es hätte gar nicht besser sein können“, antwortete Tea ihm mit einem Grinsen. „Pegasus muss für den Rest seines Lebens ins Gefängnis ohne Aussicht auf vorzeitige Entlassung. Seine Verbrecherorganisation ist so gut wie am Ende. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir auch die Letzten seiner Leute verhaftet haben.“ „Ich war etwas überrascht, dass Sie bei der Urteilsverkündung nicht anwesend waren, Herr Kaiba“, bemerkte Mai. „Ich verstehe ja, wenn einige der Beteiligten das Licht der Öffentlichkeit scheuen, aber Sie hätten im Gerichtssaal sein können, ohne groß Aufmerksamkeit zu erregen.“ „Ich ziehe es vor, alles über die Urteilsverkündung in Ruhe morgen in Ihrem Bericht in der Zeitung zu lesen. Ich bin sicher, Ihnen ist nichts in diesem spektakulären Prozess entgangen“, antwortete Kaiba galant. „Wir fahren übrigens jetzt für einige Zeit weg. Wir müssen unbedingt für ein paar Tage aus dieser Stadt raus und uns erholen.“ „Vergessen Sie nicht, dass Sie mir ein Exklusiv-Interview mit allen Beteiligten an dieser Sache versprochen haben“, warf Mai rasch ein. „Ich brauche das vor Ihrem Urlaub.“ „Kommen Sie morgen früh in mein Büro. Dann werden wir das auch noch erledigen“, erwiderte Kaiba. „Und nun entschuldigen Sie mich bitte, ich habe noch zu tun.“ Das Fenster der Limousine fuhr wieder nach oben, und der Wagen fuhr davon. Kaiba lehnte sich entspannt in die weichen Lederpolster zurück und fragte seinen Begleiter, der neben ihm saß: „Nun, wo willst du hinfahren, das Meer oder doch lieber die Einsamkeit der Berge?“ „Och, ich weiß nicht so recht“, antwortete dieser. „Aber eigentlich wäre ich gerne ein paar Tage allein mit dir.“ „Dann fahren wir in die Berge“, entschied Kaiba. „Ich habe dort ein kleines aber sehr komfortables Ferienhaus.“ Er rückte näher an seinen Begleiter und beugte sich ein wenig vor. „Weißt du eigentlich, dass du mir den Schreck meines Lebens eingejagt hast?“ Der andere sah ihn mit seinem typischen frechen Lächeln an, das Kaiba inzwischen so sehr mochte. „Wann? Als ich dich beklaute, oder als ich in die Falle ging, die du ausgelegt hattest?“, fragte er. „Dummkopf“, tadelte Kaiba, doch war aus seiner Stimme kein Ärger zu hören, sondern nur Zuneigung. Er überwand den letzten Abstand und küsste seinen Begleiter. Und Joey Wheeler war nur zu gerne bereit, den Kuss zu erwidern. Es dauerte eine Weile, bis sich die beiden wieder voneinander trennten. Doch dann sagte Joey mit einer durch den Kuss ein wenig atemlos klingenden Stimme: „Dummkopf? Es war doch deine Idee, Pegasus eine Falle mit mir als Köder zu stellen. Das war keine sehr angenehme Position, das möchte ich gleich mal klarstellen.“ „Für diese Sache kannst du dich bei unserem Ex-Kopfgeldjäger Bakura bedanken. Es war nicht meine sondern seine Idee, den Verräter zu spielen und so zu tun, als würde er dich in eine Falle locken und an Pegasus ausliefern“, entgegnete Kaiba. „Die Polizei wartete bereits am Werkshafen auf Pegasus, und als du dann auch noch aufgetaucht bist, war das Szenario perfekt. Was Pegasus zu dir gesagt hat und die Aufnahmen der Polizei davon haben deine Glaubwürdigkeit vor Gericht so untermauert, dass es keinen Zweifel an deiner Aussage mehr gab. Auf diese Art haben wir Pegasus für immer unschädlich machen können. Obwohl es zugegeben mit einigem Risiko verbunden war.“ „Einigem Risiko?“, wiederholte Joey und rollte mit den Augen. „Bei dir klingt das, als wenn du eine neue Geschäftsstrategie planst. Darf ich dich daran erinnern, dass ich mein Leben riskiert habe? Das Mikrofon, das mir die Polizei auf die Haut geklebt hat, um alles aufzuzeichnen, was gesagt wurde, hat die ganze Zeit fürchterlich gejuckt. Eine Wanze in das Futter meiner Jacke einzunähen, war bei dem Polizeiaufgebot eigentlich schon eine übertriebene Vorsichtsmaßnahme. Die kugelsichere Weste, die ich getragen habe, war ausgesprochen unbequem. Und letzten Endes habe ich mir wegen der Kugel, die Pegasus auf mich abgefeuert hat, auch noch die Rippen geprellt und bin ganz nass geworden. Ich kann von Glück sagen, dass das Boot nicht mehr unter mir war, als ich fiel, denn wenn ich darauf gefallen wäre anstatt ins Wasser, hätte ich mir vermutlich das Kreuz gebrochen. Was sollte das mit dem Boot überhaupt?“ „Das Boot sollte eine Vorsichtsmaßnahme sein, falls du dich vom Ufer hättest zurückziehen müssen oder falls du eine Deckung gebraucht hättest. Es konnte ja keiner Wissen, dass Pegasus es losbinden würde, damit es davon treibt. Das Mikrofon hat die Aufzeichnung von Pegasus’ Worten in erstklassiger Qualität möglich gemacht, was deine Aussage vor Gericht über jeden Zweifel erhaben machte. Die Wanze war eine begründete Vorsichtsmaßnahme, falls Pegasus auf die Idee gekommen wäre, dich an einen anderen Ort zu bringen, ohne dass wir das hätten verhindern können. Und ohne die kugelsichere Weste wärst du mit Sicherheit tot“, erklärte Kaiba geduldig. „Übrigens sagte der Arzt, dass du Glück hattest, dass deine Rippen nicht gebrochen sind. Eine Prellung heilt schneller als ein Bruch.“ Joeys Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, als er mit einer Hand seine Rippen massierte. „Es tat trotzdem ganz schön weh. Und es zwickt immer noch ab und zu“, klagte er. Kaiba lächelte sanft und rutschte wieder näher an Joey. „Dann komm her, ich küss’ es besser“, bot er an, und für den Rest der Fahrt hörte man keine Beschwerden mehr von Joey. *** Am nächsten Tag zur Mittagszeit verließen die Reporterin Mai Valentine und die Polizistin Tea Gardener das Firmengebäude von KSS. Mai rückte den Schulterriemen ihrer Tasche zurecht, in dem sich das Interview befand, welches ihr Kaiba gestern versprochen hatte. Sie war äußerst zufrieden. Dieses Interview würde ein Meilenstein in ihrer Karriere als Reporterin darstellen. Leider konnte sie aufgrund eines Verbotes der Staatsanwaltschaft nicht alle Informationen verwenden, über die sie verfügte. Mai seufzte bedauernd und wandte sich an Tea: „Eigentlich schade, dass ich die Identität bestimmter Personen in meinen Berichten nicht preisgeben darf. Das ist doch eigentlich eine verbotene Beschneidung der Pressefreiheit.“ „Wir haben uns darüber bereits unterhalten, Mai“, erwiderte Tea in einem warnenden Tonfall. „Joey hat von der Staatsanwaltschaft Straffreiheit zugesichert bekommen für seine Aussage unter der Bedingung, dass er selbst nicht wieder straffällig wird. Zu Joeys Schutz ist es außerdem notwendig, seine Identität geheim zu halten. Den goldenen Dieb gibt es von jetzt an nicht mehr. Es gibt nur noch Joey Wheeler, und wenn dieser Mann Grips hat, geht er ab jetzt ehrlicher Arbeit nach.“ „Ich denke, da braucht sich die Polizei keine Sorgen zu machen. Kaiba wird ihn nicht gehen lassen. Bei seinem Talent, Sicherheitssysteme zu umgehen, kann er sich als äußerst nützlich für KSS erweisen“, sagte Mai. „Es ist nur schade, dass ich künftig nicht mehr über den goldenen Dieb berichten kann. Jetzt wird er ewig eine mysteriöse Figur für die Leute bleiben.“ „Immerhin war das Ende seiner Diebeskarriere recht aufregend“, meinte Tea. „Und es scheint so, als hätte er die Aufmerksamkeit eines der begehrtesten Junggesellen der Stadt auf sich gelenkt. Kaiba lässt ihn ja nicht aus den Augen.“ Mai lachte. „Es scheint nur so? Glaub mir, Tea, die beiden sind ein Paar, genau wie wir.“ Sie beugte sich vor und gab ihrer Liebsten einen Kuss auf die Wange. „Lass uns was essen gehen. Ich kenne ein romantisches kleines Lokal, wo wir weder anderen Reportern noch deinen Kollegen von der Polizei begegnen werden. Dort können wir in Ruhe den guten Ausgang dieses Kriminalfalls feiern.“ Hand in Hand spazierten die beiden Frauen den Weg hinab, wo Mai ihren Wagen geparkt hatte. *** Ryou klappte den Ordner vor sich zu und rieb sich die Augen. Den ganzen Vormittag hatte er die Berichte durchgesehen und sie gegebenenfalls korrigiert. Gott sei Dank war diese Arbeit endlich beendet, und es war Zeit für die Mittagspause. Wie aufs Stichwort öffnete sich die Tür seines Büros, und Bakura trat ein. „Hey, Ryou, kommst du?“, fragte der einstige Kopfgeldjäger, der nun ein Mitglied der Sicherheitskräfte von KSS war. „Sofort“, antwortete Ryou, stand auf und griff nach seiner Jacke. „Wie war es auf dem Schießstand? Ich habe gehört, dass Walter, der Chef der Sicherheit, heute Vormittag deine Schießkünste testen wollte.“ „Es lief nicht schlecht“, meinte Bakura, aber er runzelte dabei die Stirn. „Ich bin mit meinem Ergebnis auf dem dritten Platz der Rangliste gelandet. Es gibt doch tatsächlich zwei Schützen, die besser sind als ich.“ „KSS stellt nur die besten Leute ein. Wenn du das bedenkst, dann ist der dritte Platz sehr gut.“ Doch Bakura schüttelte leicht den Kopf. „Ich gebe mich mit einem dritten Platz nicht zufrieden. Ich werde solange trainieren, bis ich der beste Wachmann von KSS bin. Das wirst du schon noch sehen, Ryou.“ „Das habe ich bereits gesehen“, erwiderte Ryou und küsste Bakura, bevor sie das Büro verließen. „Was ist mit dem Chef?“, fragte Bakura, während er an Ryous Seite ging. „Arbeitet dieser Workaholic etwa die Mittagspause durch?“ „Manchmal“, gestand Ryou lächelnd. „Aber heute hat Kaiba sich nach dem Interview mit Frau Valentine für ein paar Tage frei genommen. Er, Yami und Joey sind oben auf dem Dach. Dort ist ein Hubschrauberlandeplatz. Er will wohl in Urlaub fliegen.“ „Das ist eine wunderbare Idee. Nachdem diese schnüffelnde Reporterin heute Morgen bereits am Schießstand über mich herfiel, könnte ich auch ein paar freie Tage gebrauchen“, kommentierte Bakura. „Ich denke nicht, dass dies der Grund für seinen Urlaub ist. Ich glaube, er möchte wohl eher ein paar freie Tage mit Joey verbringen.“ Bakura blieb stehen, und Ryou drehte sich überrascht zu ihm um. „Was ist denn los, Bakura?“ „Ich kann’s nur nicht fassen, dass Kaiba diese Idee zuerst kam.“ Bakura trat auf Ryou zu und zog ihn in seine Arme. „Wie wäre es, wenn wir beide uns auch ein paar freie Tage gönnen? Walter meinte, bevor er meine Fähigkeiten nicht genau kennt, bekomme ich ohnehin nur reguläre Jobs. Und da Kaiba nicht da ist, hast du sicher auch nicht so viel zu tun.“ „Nun ja, eigentlich habe ich jetzt mehr zu tun, gerade weil er nicht da ist, aber ein paar freie Tage haben wir uns nach dieser Sache mit Pegasus sicherlich verdient“, sagte Ryou, der sich zusehends für diese Idee erwärmte. „Irgendwelche Ideen, wo wir hingehen könnten, um ganz ungestört zu sein?“ „Oh ja, eine ganze Menge“, erwiderte Bakura, und sein Grinsen jagte einen erwartungsvollen Schauder über Ryous Rücken. *** Auf dem Dach machte das Geräusch des Hubschraubers, der startbereit darauf wartete, dass Kaiba einstieg, ein Gespräch fast unmöglich. Doch Kaiba schrie trotzdem letzte Anweisungen in Yamis Ohr. Yami seufzte und antwortete ebenfalls schreiend: „Natürlich passe ich auf Mokuba auf! Ich muss sowieso nach Yugi sehen, und die beiden hängen ja ständig zusammen rum! Jetzt verschwinde endlich in deinen Urlaub! Joey wartet schon auf dich!“ Kaiba wandte sich ab und stieg in den Hubschrauber zu Joey. Yami verließ den Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach. Vom Eingang in das Gebäude aus sah er zu, wie der Pilot mit seinen zwei Passagieren davonflog. Als der Hubschrauber nicht mehr zu sehen war, betrat Yami das Gebäude. Während er die Treppe hinab stieg, überlegte er, dass er sich eigentlich auch Freinehmen könnte, zumindest den heutigen Nachmittag. Kaiba war nicht da, um dagegen zu protestieren, und nach all den Aufregungen der letzten Wochen wollte er Duke gerne wieder sehen, mit dem er in letzter Zeit nur telefoniert hatte. Yami brauchte nur eine halbe Stunde, dann stand er vor dem Nachtclub Nightshades. Um diese Uhrzeit war der Nachtclub natürlich geschlossen, doch Yami hatte Duke über sein Kommen vorab telefonisch informiert und hatte somit keine Schwierigkeiten, hineinzukommen. Duke zog ihn praktisch durch die Tür und begrüßte ihn mit einem langen Kuss, dem Yami nur zu gern nachgab. Erst eine belustigte Stimme brachte die beiden auseinander: „Warum geht ihr zwei nicht hoch in Dukes Schlafzimmer und feiert dort euer Wiedersehen?“ Duke wandte den Kopf und antwortete: „Das würde ich vielleicht tun, wenn ich nicht befürchten würde, dass ihr beiden mir die Bar leer trinkt.“ Nun drehte sich auch Yami um und sah Marik und Malik an der Bar sitzen. „Ach, hallo, ich habe euch gar nicht gesehen“, sagte er, und seine Stimme klang noch immer ein wenig atemlos von dem Kuss. „Ja, das glauben wir dir“, antwortete Malik grinsend. Dann hielt er etwas hoch, das wie eine Modezeitschrift aussah. „Schau dir das mal an“, sagte er stolz. Mit Duke an seiner Seite trat Yami zur Bar und nahm die Zeitschrift entgegen. Es war tatsächlich eine Modezeitschrift, und auf dem Cover waren Marik und Malik zu sehen, beide in eleganter Freizeitkleidung. Malik lehnte an einem Ferrari und Marik stand neben ihm. Beide blickten den Betrachter vom Cover her an, Malik mit einem sanften Lächeln und Marik mit einem gefährlich-verführerischen Grinsen. Mit ihrem fast identischen Aussehen sahen sie beinahe aus wie zwei Versionen derselben Person, der eine ein Engel und der andere ein Dämon, doch beide ausgesprochen attraktiv. Yami musterte das Bild anerkennend. „Sehr beeindruckend. Wenn bekannt wird, dass einer von den beiden hier arbeitet, dürftest du eine ganze Menge neuer Kunden dazu gewinnen, Duke. Oder hat Malik seinen Job als Barkeeper geschmissen und eine Modelkarriere gestartet?“ „Noch hat Malik nicht gekündigt“, antwortete Duke und fügte dann mit einem etwas säuerlichen Lächeln hinzu: „Aber Marik arbeitet daran.“ „Ich will nur das Beste für ihn, also habe ich ihn zu diesem kleinen Job mit mir überredet. Wurde auch nicht schlecht bezahlt, obwohl Malik noch nie gemodelt hat. Jedenfalls war der Fotograf ganz begeistert, und meine eigene Modellagentur hat auch gleich nach ihm gefragt“, erzählte Marik und sah Malik dabei stolz und zugleich zärtlich an. „Demnächst wird er auch zu mir in mein Appartement ziehen.“ „Ich möchte dir aber wirklich nicht zur Last fallen, Marik“, wandte Malik schüchtern ein, doch Marik schüttelte nur den Kopf. „Wir hatten diese Diskussion schon, Malik. Du fällst mir nicht zur Last. Ich freue mich schon darauf, und wenn es nach mir ginge, wären deine Sachen längst in meiner Wohnung“, entgegnete er. Dann warf er einen Blick auf seine Armbanduhr und stand auf. „Malik und ich müssen jetzt leider gehen“, sagte er zu Duke und Yami. „Wir haben für heute noch ein kleines Fotoshooting, und das fängt in einer Stunde an.“ „Deine Modellagentur hat Malik bereits in ihre Kartei aufgenommen?“, fragte Duke überrascht. „Ja. Noch sind es nur kleinere Jobs, und zwar mit mir zusammen, aber seine Karriere dürfte bald ins Rollen kommen. Ich werde allerdings dafür sorgen, dass wir trotzdem genug Zeit füreinander haben. Malik hat es schließlich als mein Freund nicht nötig, auf Kommando zu springen und sich überall zu zeigen. Der Modellstress würde nur zu Falten führen und uns ansonsten ja keine Zeit mehr füreinander lassen“, meinte Marik und umarmte Malik besitzergreifend, jedoch auch sehr liebevoll, und Malik schmiegte sich glücklich in seine Arme. Nachdem die beiden sich verabschiedet hatten, seufzte Duke wehmütig. „Da verschwindet mein bester Barkeeper, und ich kann nichts dagegen tun. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis ich mir Ersatz suchen muss“, kommentierte er. Nun war es an Yami, Duke in seine Arme zu ziehen. „Immerhin verschwindet er nicht aus deinem Leben, und ich wette, dass er auch wenn er berühmt und vermögend geworden ist, noch viel Zeit im Nightshades verbringen wird“, tröstete er. „Du hast Recht. Er und Marik werden herkommen, das wird sich herumsprechen, und die Leute werden in Scharen kommen. Die beste Werbung, die ich mir wünschen kann“, sagte Duke, und bei dem Gedanken an künftige Einnahmen hellte sich sein Gesicht bereits wieder auf. Er kuschelte sich in Yamis Umarmung und legte seinerseits die Arme um ihn. „Jetzt, wo Joey in Sicherheit ist und aufgrund des Deals mit der Staatsanwaltschaft auch nicht bestraft wird, kann ich endlich mal wieder entspannen.“ „Die Polizei macht dir wegen deiner Hehlerei für Joey aber keine Schwierigkeiten, oder?“, fragte Yami besorgt. Doch Duke winkte nur grinsend ab. „Die können mir das nicht nachweisen, weil Joey dafür ihr einziger Zeuge ist, und der verpfeift mich nicht. Außerdem habe ich die Hehlerei schon lange aufgegeben, es gab nur eine Ausnahme für Joey. Und da dieser seine Tätigkeit als goldener Dieb aufgegeben hat, bin ich nun ein absolut ehrlicher Bürger. Sogar meine Steuererklärung ist immer korrekt.“ „Da bin ich ehrlich erleichtert“, sagte Yami. „So muss ich mir wenigstens keine Sorgen machen, dass mein Freund irgendwann doch noch im Gefängnis landet. Und jetzt, wo das geklärt ist, wie wäre es, wenn wir da weitermachen würden, wo wir von unseren beiden Fotomodellen unterbrochen worden sind?“ „Aber gerne doch.“ Der nächste Kuss dauerte entschieden länger als der Erste, und es blieb nicht nur dabei. *** Das Geräusch schnellen Tippens erfüllte das Büro von Tristan und Tea in der Polizeistation. Tristan war spät dran mit einem seiner Berichte und bemühte sich nun um eine schnelle Fertigstellung. Endlich war der letzte Absatz getippt, und Tristan konnte den Bericht ausdrucken. Während der Drucker leise ratternd die Seiten ausspuckte, lehnte sich Tristan mit einem erleichterten Seufzer in seinem Stuhl zurück. Jetzt musste er den Bericht nur noch bei seinem Kollegen Stefan abgeben, dann konnte er seine Mittagspause antreten. Mit einem leichten Anflug von Neid blickte er hinüber zu Teas leeren Stuhl. Seine Partnerin war klüger gewesen als er und hatte ein paar Tage Urlaub genommen. Aber sie hatte auch jemanden, mit dem sie ihre freie Zeit verbringen konnte. Tristan schauderte, als er daran dachte. Er hatte nichts dagegen, dass Tea mit einer Frau zusammen war, immerhin war er selbst bisexuell und lange mit Yami zusammen gewesen, aber warum Tea sich ausgerechnet für Mai Valentine entschieden hatte, würde ihm wohl ewig ein Rätsel bleiben. Aber wenigstens war sie nicht allein. Tristan seufzte erneut, als er den Blick durch sein Büro schweifen ließ. Sein leeres Büro oder sein leeres Appartement, beides erschien ihm nicht sonderlich verlockend. Vielleicht sollte er heute Abend im Nightshades vorbei schauen, da war bestimmt etwas los. Aber andererseits würde er dort vielleicht Yami und Duke zusammen sehen. Es war für Tristan kein Geheimnis, dass die beiden viel füreinander empfanden, und es versetzte ihm einen kleinen Stich im Herzen, wenn er daran dachte. Es war weniger die Tatsache, dass sein einstiger Liebhaber Yami so bald nachdem sie Schluss gemacht hatten jemand anderen gefunden hatte, die ihn schmerzte. Es war mehr die Einsamkeit seines plötzlichen Singlelebens, die ihm zu schaffen machte. Er freute sich für Yami, doch dessen neue Beziehung machte ihm auch bewusst, wie allein er nun wieder war. Ein Räuspern an der Tür riss ihn aus seinen trübseligen Gedanken. „Hey, Tristan, ist der Bericht inzwischen fertig?“ Tristan drehte sich zur Tür um. „Oh, hallo, Stefan. Ja, du kannst ihn gleich mitnehmen. Ich muss ihn nur noch unterschreiben.“ Er griff nach den Seiten, setzte seine Unterschrift auf das letzte Blatt und stand auf, um den Bericht an seinen Kollegen weiterzureichen. „Hast du eigentlich schon gehört, was mit Bandit Keith passiert ist?“, fragte Stefan, während er den Bericht entgegen nahm. „Dieser Gang-Boss, der in den Pegasus-Fall verwickelt war? Nein, was soll mit ihm sein?“ „Sie haben den Typen in einer anderen Stadt mit einem geklauten Motorrad erwischt und festgenommen. Offenbar hat er das Motorrad hier in unserer Stadt geklaut, um sich damit in eine andere Stadt abzusetzen. Unsere dortigen Kollegen haben ihn bei einer Routinekontrolle ertappt. Tja, Pech für ihn. Jetzt ist der Deal mit der Staatsanwaltschaft hinfällig, weil er nicht straffrei geblieben ist. Sie werden ihn nicht nur wegen Diebstahls vor Gericht stellen, sondern auch wegen der schweren Körperverletzung des Hehlers und noch einiger anderer Kleinigkeiten, die sich aus seiner Akte ergeben“, erzählte Stefan und konnte sich dabei ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. Typen wie dieser Bandit Keith waren unverbesserlich und gehörten seiner Ansicht nach besser in den Knast, wo sie anständigen Bürgern nicht gefährlich werden konnten. Tristan rollte nur mit den Augen. „Meine Güte, dabei habe ich ihn noch gewarnt, bloß nichts anzustellen. Na ja, das ist sein Problem. Ich gehe jetzt was essen. Mach’s gut, Stefan.“ „Bis später“, erwiderte Stefan und verschwand mit dem Bericht. Tristan griff nach seiner Jacke und machte sich auf den Weg. Er war so in seine eigenen Gedanken versunken, dass er die Frau vor sich zu spät bemerkte. Offenbar ging es dieser Dame nicht anders, denn auch sie konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen, und so prallten die beiden auf einem der Gänge der Polizeistation zusammen. Die Frau taumelte überrascht ein paar Schritte nach hinten, und etwas fiel aus ihrer Hand auf den Boden. „Oh, bitte entschuldigen Sie vielmals. Ich hoffe, Sie haben sich nicht wehgetan“, entschuldigte sich Tristan besorgt. Dann fiel sein Blick auf das Gesicht der Frau, und sein einziger Gedanke war nur: ‚Wow!’ Die Frau richtete sich auf und lächelte Tristan an. Ihre gebräunte Haut hatte einen leichten Bronzeton und verriet ihre exotische Herkunft. Haselnussbraune Augen blickten Tristan freundlich an, und schwarzes Haar fiel seidig schimmernd über ihre Schultern. Sie trug ein beigefarbenes Kostüm, dessen eleganter Schnitt die weiblichen Kurven ihrer schlanken Figur betonte. „Es war auch meine Schuld. Ich habe nicht aufgepasst, wo ich hingehe“, sagte die Frau mit einer festen aber gleichzeitig auch sanften Stimme. Tristan bückte sich nach dem Gegenstand, den sie fallen gelassen hatte und hob ihn für sie auf. Es handelte sich um einen Personalausweis, und ein Blick darauf verriet Tristan den Namen seines Gegenübers. „Sie sind Isis Ishtar? Sie sind nicht zufällig verwandt mit Malik Ishtar, oder etwa doch?“ „Oh doch, das ist mein Bruder“, antwortete Isis. Sie sah sich den Polizisten vor sich genauer an. Sie hatte einen guten Kontakt zu ihrem kleinen Bruder, und in letzter Zeit hatte er ihr einiges zu erzählen gehabt. „Und Sie sind nicht zufällig Inspektor Taylor?“, fragte sie ein wenig unsicher. „Mein Bruder hat von Ihnen erzählt.“ Die Beschreibungen ihres Bruders waren nicht so genau gewesen, wenn es um die beiden Polizisten gegangen war, die er kennen gelernt hatte. Er hatte viel mehr von seinem Freund Marik Ashum erzählt. „Tristan Taylor, ganz Recht. Zu Ihren Diensten“, stellte sich Tristan mit einer galanten Verbeugung vor und reichte ihr ihren Personalausweis. „Ich hoffe, Ihr Bruder hat nur Gutes über mich erzählt, sonst werde ich ihn wohl verhaften müssen“, scherzte er. Isis nahm ihren Ausweis lachend und mit leicht geröteten Wangen entgegen. Ihr kleiner Bruder hatte ihr nicht erzählt, was für ein gutaussehender Gentleman dieser Polizist war. Sie würde Malik wohl noch mal etwas genauer befragen müssen. „Brauchen Sie Hilfe?“, erkundigte sich Tristan. „Wenn Sie wegen einer bestimmten Sache hier sind, werde ich Ihnen gerne behilflich sein, den zuständigen Beamten zu finden.“ „Vielen Dank, aber das hat sich schon erledigt“, antwortete Isis. „Mir wurde gestern der Personalausweis gestohlen, aber Ihre Kollegen haben den Dieb glücklicherweise noch am selben Tag verhaftet. Ich habe meinen Ausweis gerade wieder abgeholt. Und ich möchte Sie auch nicht von Ihrer Arbeit abhalten.“ Eigentlich hätte sie diesen Polizisten ganz gerne von der Arbeit abgehalten, denn Tristan wirkte sehr sympathisch auf sie, doch Isis wollte ihm nicht auf die Nerven gehen. „Das ist kein Problem. Ich habe gerade Mittagspause“, sagte Tristan, und einer plötzlichen inneren Eingebung folgend fragte er: „Sie sind wohl auch in Ihrer Mittagspause hier vorbeigekommen? Falls Sie noch nichts gegessen haben, vielleicht möchten Sie mich begleiten? Ich kenne ein wunderbares kleines Restaurant gleich hier um die Ecke.“ Seine Bemühungen wurden mit einem strahlenden Lächeln von Isis belohnt, bei dem sein Herz ein klein wenig schneller anfing zu schlagen. „Ich begleite Sie sehr gerne“, antwortete sie. Tristan reichte ihr galant seinen Arm, und gemeinsam verließen sie das Gebäude. *** Am späten Abend dieses Tages in den Bergen weit fort von Domino City lagen Kaiba und Joey entspannt in dem großen Doppelbett in Kaibas luxuriöser Berghütte und unterhielten sich über die vergangenen Geschehnisse und ihre Zukunft. „Ich kann’s immer noch nicht fassen, dass du mich zu einem Sicherheitsexperten in deiner Firma machen willst“, sagte Joey und lachte dabei. „Das ist doch irgendwie total verrückt! Ein Meisterdieb als Designer für Alarmanlagen?“ „Ein ehemaliger Meisterdieb als Mitentwickler und Tester für Sicherheitssysteme“, korrigierte Kaiba. „Wenn du darüber nachdenkst, ist es doch eigentlich logisch. Wer kann besser Sicherheitssysteme testen und verbessern als ein Meisterdieb? Du erkennst alle Schwächen, die ein Sicherheitssystem hat. Und du bist der Einzige, dem es gelungen ist, meine Sicherheitssysteme zu überlisten – mehrfach.“ Bei diesem Wort verzog Kaiba kurz sein Gesicht zu einer Grimasse, doch seine Züge glätteten sich schnell wieder, als er den neben ihm liegenden Joey mit einem zärtlichen Lächeln bedachte. „Mit dir als Sicherheitsexperte von KSS werden die Systeme unschlagbar sein.“ Joey hob belustigt eine Augenbraue. „So gut wie unschlagbar, vielleicht“, gestand er ein. „Aber es wird immer wieder mal jemanden geben, der doch eine Lücke findet. Ich bin der beste Dieb in Domino City gewesen, aber ich bin nicht der einzige Meisterdieb auf dieser Welt.“ „Und wenn schon! Herausforderungen machen das Leben erst lebenswert“, erwiderte Kaiba. Dann drehte er sich um und schaltete das Licht aus. „Was soll das denn?“, fragte Joey mit einem deutlich jammernden Tonfall in seiner Stimme. „Es ist spät, und ich möchte morgen eine Wanderung mit dir machen“ antwortete Kaiba. „Also schlafen wir jetzt. Oder hast du etwa Angst im Dunkeln?“ „Natürlich nicht, aber ich bin überhaupt nicht müde“, protestierte Joey. „Mach die Augen zu und zähl Schäfchen“, schlug Kaiba ungerührt vor. Einen Augenblick war es still, dann spürte er neben sich eine Bewegung. Eine Hand strich über seinen Brustkorb, und Joey flüsterte in sein Ohr: „Ich hätte da eine bessere Idee.“ „Joey, was…“, begann Kaiba, wurde jedoch unterbrochen als Joeys Hand ihren Weg unter seinen Pyjama fand. Joeys Lippen fanden die von Kaiba, um jeglichen möglichen Protest an seiner Quelle zu ersticken, doch diese Vorsichtsmaßnahme wäre nicht nötig gewesen. Kaiba war weit davon entfernt zu protestieren. Er war auch weit davon entfernt in dieser Nacht noch viel Schlaf zu finden, doch das machte ihm nichts mehr aus. Dann würde die Wanderung morgen eben ausfallen. Er und Joey hatten ohnehin bessere Dinge zu tun. Für eine lange Zeit war in dem sonst stillen Haus zärtliches Flüstern und lustvolles Stöhnen zu hören. Erst als sich am Himmel die ersten Sonnenstrahlen zeigten, war es wieder ruhig im Haus, während Kaiba und Joey in inniger Umarmung süße Träume teilten. *** ENDE *** kleine Anmerkung von Cat in the web: Ein kleiner Fehler ist mir in der Geschichte leider unterlaufen: Maliks Schwester heißt eigentlich Ishizu und nicht Isis, aber da sie nur am Ende in Erscheinung tritt, kann man das verschmerzen. Ich hätte es ja korrigiert, aber diesen Fehler habe ich bereits ganz am Anfang gemacht, wo Maliks Schwester kurz mal namentlich erwähnt wurde. Wem meine Geschichte gefallen hat, der sollte mal in meinen Steckbrief schauen, denn ich habe ein Buch geschrieben, welches vor kurzem veröffentlicht wurde (für spätere Leser: wenn ich das hier poste, haben wir Juni 2006). Nähere Infos zu meinem Buch findet ihr, wenn ihr auf meinen Nickname Cat in the web klickt, dann kommt ihr direkt zu meinem Steckbrief. Wem mein Schreibstil gefällt, hat vielleicht Lust, sich auch mal mein Buch anzuschauen. 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