Kreaturen der Nacht von Hoellenhund (Kurzgeschichten) ================================================================================ Nichts ------ Mauern. Mauern überall. Sie folgte dem Weg ein Stück weit, ließ die Hand an der Wand entlang gleiten. Sie begleitete sie, führte sie, versperrte ihr den Weg. Das Leben war voller Mauern. Sie kam an eine Kreuzung, wandte sich nach rechts, ging weiter. Eine Sackgasse. Umdrehen, Zurückgehen. Nur ein Stück, bis zur letzten Kreuzung. War es die richtige Kreuzung? Sie wandte sich nach links. War sie nicht schon einmal hier gewesen? Sie beschleunigte ihren Schritt. Links, links, rechts, dann wieder links. Sackgasse. Umkehren. Rechts, links, rechts, Sackgasse. Dann plötzlich ein Weg. Rechts und links von Mauern gerahmt, doch sie konnte sein Ende nicht sehen. Ihr Herz begann wild zu schlagen. Wieso konnte sie das Ende nicht sehen? Sie hatte es immer gesehen. Kreuzungen, Gabelungen, Sackgassen. Ihr Leben lang. Doch da war nichts. Langsam tastete sie sich langsam den Weg entlang. Es fühlte sich gut an. Es war ein guter Weg. Ihre Schritte wurden schneller, schneller, immer schneller. Ihre Hand löste sich von der Wand neben ihr. Ein Licht strahlte ihr entgegen. Sie wollte es berühren. Sie rannte. Dann der Aufprall. Er schmetterte sie zu Boden. Der Schmerz zerriss sie. Eine Mauer. Eine unsichtbare Mauer. Wieder eine Mauer. Sie raffte sich auf und trommelte mit den Fäusten dagegen. Sie konnte das Licht auf der anderen Seite sehen. Es wartete auf sie. Wieso konnte sie es nicht erreichen, wieso? Die Mauer brach unter ihren Händen. Sie stürzte nach vorn. Splitter überall um sie her zerrissen ihre Haut. Sie konnte nicht aufstehen. Konnte keinen Schritt mehr gehen. Eine Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel. Dann fiel ein Schatten über sie. Kraftlos hob sie den Kopf und blickte in fremde Augen, dunkel und schön. Sie gehörten einem jungen Mann mit rabenschwarzem Haar. Er streckte die Hand nach ihr aus. Was tat er hier? Wo war er hergekommen? Von der anderen Seite der Mauern? Sie griff nach seiner Hand. 'Hilf mir', schrie eine Stimme in ihrem Kopf und der Fremde lächelte. Er hatte Schwingen. Bunte Schwingen, aus Träumen gemacht. Er stieg mit ihr in den Himmel hinauf. Immer höher und höher. Das Labyrinth unter ihnen wurde immer kleiner. Er zog sie mit sich fort, hinein in die Dunkelheit des Nichts. Nichts bedeutete keine Mauern. Es gab kein Leben ohne Mauern. Keine Mauern bedeuteten kein Leben. Kein Leben bedeutete Nichts. Sie lächelte. Träume bedeuteten Nichts. Nichts bedeutete Nichts. Nichts. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)