20 Jahre später von Weissquell (Die nächste Generation) ================================================================================ Kapitel 15: Nur eine Karte... ----------------------------- "Hey Yami, komm schon! Mach doch nicht so ein Gesicht!", versucht Itaru seinen Freund aufzumuntern, der an einem Tisch in der Mensa sitzt, sein Gesicht mit der Hand aufstützt und lustlos in seinem Essen herumstochert. "Genau!", bestätigt Keiko, "Lass dich von diesem Blödmann Kaiba doch nicht so runterziehen. Lass uns lieber noch eine Partie Duellmonsters spielen!" Yami seufzt. "Tut mir leid Leute!", meint er, "Ich fürchte ich bin heute nicht in der Stimmung für Spiele." Betreten schauen seine beiden Freunde sich an. Wenn ihr Freund seinen Spaß am Spielen verloren hat, dann scheint es wirklich ernst zu sein. "Also wegen diesem eingebildeten Typen brauchst du nun wirklich keine Depristimmung schieben", versucht Itaru es erneut, "Keiko hatte ganz recht, er ist es echt nicht wert." "Ich verstehe immer noch nicht warum du dich mit ihm anfreunden wolltest", meint Keiko kopfschüttelnd. Yami senkt den Blick: "Ich glaube... er hat mir einfach leid getan. Mit so einer abweisenden Einstellung, wird er nicht viele Freunde haben. Bestimmt ist er ziemlich einsam." Sprachlos schauen die beiden ihn an, dann sagt Keiko: "Yami, es ist wirklich wie ich sagte: Du bist so ein feiner Kerl. Kaiba verdient einen so guten Freund gar nicht!" Ein schwaches Lächeln legt sich um Yamis Mundwinkel: "Danke Keiko! Vielleicht... wäre eine Partie Duellmonsters jetzt doch nicht schlecht!" Erleichtert, ihren Freund etwas aufmuntern zu können, packt Keiko ihr Deck aus. Doch gerade als sie beginnen wollen, versteift Itaru sich neben ihnen: "Achtung, eingebildetes Großmaul auf Neun Uhr!" Die beiden drehen sich um und stellen fest, dass gerade Kotaro Kaiba mit einem ernsten Gesichtsausdruck die Mensa betritt. Keiko bemerkt sogleich wie das Lächeln auf Yamis Gesicht einer betrübten Mine weicht. "Ach, wir beachten ihn einfach nicht!", versucht sie die Situation zu retten, "Lass uns einfach weiterspielen!" "Also schön!", Yamis Lächeln kehrt wieder zurück. Doch das Ignorieren erweist sich als schwieriger als angenommen, denn Kotaro Kaiba hat sie entdeckt und steuert nun mit festem Schritt auf sie zu. Schließlich baut er sich direkt neben ihrem Tisch auf und beobachtet sie mit einem kritischen Blick. "Was hast du denn hier verloren, Kaiba?", meint Itaru patzig, "Ich dachte du wolltest mit uns Pfeifen nichts mehr zu tun haben." "Ich bin erstaunt, dass so ein geistiger Tiefflieger wie du sich meine Worte so gut merken konnte", meint Kaiba abfällig, "Aber eigentlich bin ich aus einem anderen Grund hier." "Und der wäre?", fragt Keiko und stemmt dabei den Arm in die Seite. Für einen flüchtigen Augenblick hält Kaiba inne, dann sagt er: "Offenbar seid ihr noch immer davon überzeugt, dass die Kaiba-Corp etwas mit der Verwüstung des Ladens von Yamis Vater zu tun hat. Wenn solche Gerüchte in den Umlauf geraten ist das schlecht für das Geschäft. Ich verlange deshalb, dass ihr von nun an kein Wort mehr über dieses Thema verliert! Zu niemandem, ist das klar?" Wortlos werfen sich die drei bedeutsame Blicke zu. Schließlich fasst Yami sich ein Herz: "Als ich sagte, dass wir es für uns behalten würden, war das mein Ernst gewesen. Von uns erfährt es keiner! Versprochen!" Schweigend mustert Kaiba den jungen Mann vor ihm. In seiner Mine liegt nichts als offene Aufrichtigkeit. Er war sich sicher gewesen, dass diese Behauptung nur wieder ein Trick gewesen war, um irgendeinen Vorteil herauszuschlagen. So hätte er es jedenfalls gemacht. Aber wenn er sich diesen Yami Muto ansieht, drängt sich ihm der Verdacht auf, dass der kleine Kerl es tatsächlich ehrlich meint. Doch er versteht es noch immer nicht. Am wahrscheinlichsten ist wohl, dass dieser Yami einfach unglaublich naiv ist. Kaibas Augen werden schmal. Sein Vater hat etwas gegen rohe Gewalt aber die Naivität eines Gegners auszunutzen ist offenbar gestattet. Also schön, es geht auch anders. "Wie auch immer!", fährt Kaiba fort, "Die Kaiba-Corporation distanziert sich offiziell aufs Schärfste von diesem ungeheuerlichen Vorfall." Skeptisch schaut Itaru ihn an: "Ach nee!" Kaiba ignoriert ihn. "Als Zeichen unseres Bedauerns für diese Unannehmlichkeiten wird sich Kaiba-Corp aus den weiteren Verhandlungen, wegen eines Kaufes des Geschäftes, zurückziehen." Yami und die anderen beiden schauen erstaunt auf. "Soll das heißen, du versuchst nicht länger den Spieleladen meines Vaters zu kaufen, Kaiba?", fragt Yami hoffnungsvoll. Kotaro Kaiba zuckt ein wenig zusammen. Woher weiß der Wicht, dass er es war, der versucht hat das Geschäft zu kaufen? Aber was soll's, nun kann er auch ehrlich sein. "Was soll ich mit einem zerstörten Geschäft anfangen? Keine Sorge, euer jämmerlicher, kleiner Laden ist sicher!" Mit diesen Worten wendet er sich zum Gehen. Doch Yami springt eilig auf und verneigt sich kurz vor ihm. "Vielen Dank, Kaiba-kun! Darüber wird sich mein Vater sehr freuen!" Schweigend wirft Kaiba ihm einen kühlen Blick zu, dann will er sich wieder abwenden, als auf einmal sein Blick an dem Stapel aus Duellmonsters-Karten hängen bleibt. Ein verächtliches Lächeln legt sich nun um seine Mundwinkel. "Wie ich sehe versucht ihr Stümper euch doch tatsächlich an Duellmonsters. Wenn ich euch noch einen guten Rat geben darf: Lasst es lieber gleich bleiben! Dieses Spiel ist nichts für einfältige Dummköpfe wie euch. Überlasst das lieber den Profis!" Verärgert steht Keiko auf und stemmt die Arme in die Seite: "Tu doch nicht so überheblich! Du glaubst vielleicht, du wärst der Beste, was? Aber mit dir nehme ich es doch jederzeit auf!" Gelassen mustert Kaiba sie. Dann sagt er: "Du irrst dich, Mädchen, ich glaube nicht, dass ich der Beste bin, ich bin der Beste! Und du hättest nie im Leben eine Chance gegen mich!", er wendet sich erneut zum Gehen, "Allerdings wird dir diese Blamage zum Glück erspart bleiben, denn ich gebe mich grundsätzlich nicht mit solchen drittklassigen Duellanten wie euch ab!" Yami bemerkt, dass seine Freundin nun vor Wut kocht. Sie hat die Hände zur Faust geballt und wirft Kaiba einen vernichtenden Blick zu. "Du aufgeblasenes Großmaul!", ruft sie ihm erregt hinterher, "Glaubst du ich lasse mir solch eine Beleidigung so einfach gefallen? Ich werde dir beweisen, dass ich dich jederzeit in Grund und Boden stampfen kann. Los, ich fordere dich zu einem Duell heraus! Auf der Stelle!" Kaiba dreht sich wieder zu ihr um. "Du hast mich wohl nicht richtig verstanden, Mädchen. Ich sagte doch, dass ich mich mit drittklassigen Duellanten nicht abgebe." Keiko schnaubt vor Wut. "Jetzt weiß ich, warum mein Vater deinen Vater nie wirklich ausstehen konnte", grollt sie. "Mach nicht so einen Wind!", kommt Itaru seiner Freundin zur Hilfe, "Keiko ist eine ausgezeichnete Duellantin. Sie könnte dich mit links besiegen, wenn du nicht so feige wärst." Mit einem verächtlichen Schmunzeln kommt Kaiba zu ihnen zurück. "Oh mit Sicherheit!", meint er spöttisch, "Ich hatte ja ganz vergessen, dass nur Yami hier die große Niete bei Duellmonsters ist." Ein wenig verlegen schaut Keiko zu Boden. Es ist ihr sehr unangenehm wieder an ihren unbedachten Versprecher von neulich erinnert zu werden. Doch nun tritt Kaiba an den Tisch heran. "Sind das deine Karten, Yami? Wollen doch mal sehen, was du so ein Deck nennst!" Noch ehe Yami oder einer der anderen reagieren kann, hat sich Kotaro Yamis Deck geschnappt und beginnt die Karten durchzusehen. Dabei hellt sich seine Mine immer mehr auf. "Kein Wunder, dass du so ein mieser Spieler bist, Yami! Mit diesen jämmerlichen Karten kann ja auch kein Mensch gewinnen", lacht er spöttisch. Doch plötzlich hält er inne. Fassungslos starrt er auf die letzte Karte im Deck. Das gibt es doch nicht! Ein Schwarzer Magier! Wie kann so ein abgebrochener Zwerg nur einen Schwarzen Magier besitzen? Das ist völlig unmöglich! Kaibas Mine wird ernst. Eine so seltene und gute Karte in den Händen dieses kleinen Versagers. So eine Verschwendung! Der Kerl hat doch ansonsten nur nutzlose und schwache Karten. Er kann doch mit solch einem starken Monster gar nicht richtig umgehen. Wahrscheinlich hat er einfach mehr Glück als Verstand. Aber das hatte er wohl neulich auch. Wie sonst ist es zu erklären, dass sie diesen Einbrecher überraschen konnten und trotzdem mit heiler Haut davon gekommen sind? Warum hat dieser Kerl die drei nicht einfach erschossen? Was hat ihn bloß davon abgehalten, das wüsste er zu gerne, dann hätte er jetzt nicht all diese Schwierigkeiten. Kotaros Blick wird finster. Yami Muto! Erneut wird er daran erinnert wem er seine jetzige Situation verdankt. Dieser kleine Verräter ist an allem schuld. Weil er nicht seine Klappe halten konnte, ist er nun bei seinem Vater gänzlich unten durch. Ihm verdankt er es, dass er die Bedingungen seines Vaters nicht erfüllen konnte und nun auf diese erniedrigende Schule gehen muss. Ihm ist nichts mehr geblieben. Und ausgerechnet dieser kleine Wicht besitzt eine so wertvolle Karte. Das ist einfach nicht gerecht! Kotaro Kaiba strafft sich. "Was haben wir denn hier?", mit steifen Fingern hält er die Karte hoch, "Wie kommt eine Niete wie du denn zu einem Schwarzen Magier?" Besorgt schaut Yami zu ihm hoch: "Bitte sei vorsichtig damit, Kaiba. Diese Karte bedeutet mir sehr viel." "Das kann ich mir denken", meint Kaiba kühl, "Wer nichts auf dem Kasten hat, klammert sich eben an jeden Strohhalm." "Gib sie mir bitte zurück!", sagt Yami und streckt seine Hand aus. "Was für einen Sinn würde das machen?", entgegnet Kaiba abfällig, "Was würde einer wie du schon groß mit solch einer guten Karte anfangen?" Äußerst beunruhigt schaut Yami zu dem hochgewachsenen, jungen Mann auf. "Das ist meine Karte", versucht er es erneut, "und ich möchte sie gerne wiederhaben." "Was du nicht sagst!", meint Kaiba gelassen. "Jetzt reicht es aber!", ereifert Itaru sich, "Du gibst jetzt auf der Stelle meinem Freund seine Karte wieder, oder wir zwei bekommen ein ernstes Problem!" Drohend hebt er die Fäuste. Kaiba zeigt sich relativ unbeeindruckt davon, doch der Blick den er Itaru zuwirft hat etwas bedrohliches. "Davon würde ich dir sehr abraten!", meint er gefährlich, "Wenn du auch nur die Hand gegen mich erhebst, wirst du das bitter bereuen, das garantier ich dir!" "Lass die Spielchen, Kaiba!", mischt Keiko sich nun ein, "Rück sofort die Karte heraus! Wenn du einen Schwarzen Magier willst, dann kauf dir eben selber Booster. Sich die seltenen Karten von anderen unter den Nagel zu reißen, ist wirklich erbärmlich!" In Kaibas Blick schleicht sich nun ein beunruhigendes Funkeln. "Erbärmlich?", sagt er ruhig, "Glaubst du wirklich ich wäre auf die seltenen Karten von irgendwelchen hergelaufenen Nichtskönnern angewiesen? Ich besitze bereits mehr seltene und wertvolle Karten als ihr alle zusammen. Dieser Schwarze Magier interessiert mich überhaupt nicht!", er ergreift die Karte mit beiden Zeigefingern und Daumen, "Er ist für mich vollkommen bedeutungslos!" Mit diesen Worten zerreißt er die Karte direkt vor den ungläubigen Augen der drei in zwei Teile. Fassungslos beobachtet Yami wie die beiden Kartenteile scheinbar in Zeitlupe zu Boden fallen. Ihm ist als würde ihm plötzlich irgendetwas die Luftzufuhr abschnüren. Sein Herz rast und pocht ihm bis zum Hals. Jeder einzige Schlag schmerzt wie tausend Nadelstiche. Er kann fühlen wie ihm mit einem Mal alle Farbe aus dem Gesicht weicht und ihm unangenehm schwindelig wird. Ehe er noch etwas dagegen tun kann, knicken ihm bereits die Beine weg und er plumpst unsanft auf den Boden. Nein! Das darf nicht sein! Das darf einfach nicht wahr sein! Nein, nein, nein! Noch immer fällt es ihm schwer nach Atem zu ringen. "Mein... mein Schwarzer Magier...", ist alles was er hervorbringen kann. Völlig schockiert betrachtet er die beiden Teile seiner Karte und nimmt kaum noch etwas von dem wahr was um ihn herum geschieht. "Du mieser Dreckskerl!", grollt Itaru erbost, "Wie konntest du das nur tun! Das wirst du mir büßen!" Ohne weiter darüber nachzudenken will er sich auf Kaiba stürzen, doch dieser sieht es kommen und mit einer geschickten Bewegung weicht er dem nahenden Schlag aus und nur einen Augenblick später hat er Itaru den Arm schmerzlich auf den Rücken gedreht. Gefährlich raunt er ihm zu: "Ich hatte dich davor gewarnt mich anzugreifen. Du würdest es bereuen", er dreht den Arm noch ein wenig fester ein, so dass Itaru leicht vor Schmerz aufschreit, "Dein Glück, dass ich körperliche Auseinandersetzungen verabscheue. Lege dich niemals wieder mit mir an!" Dann lässt er ihn los. Noch immer wütend hält Itaru sich die schmerzende Schulter, doch er ist klug genug es bei diesem einmaligen Angriff zu belassen. Dann wendet Kaiba sich endgültig ab und unbehelligt von weiteren Attacken, wenn auch verfolgt von vielen beunruhigten Blicken, verlässt er die Mensa. Sogleich wenden sich Keiko und Itaru besorgt wieder ihrem Freund zu der noch immer völlig apathisch auf dem Fußboden sitzt und fassungslos die beiden Kartenteile anstarrt. "Yami, alles ok mit dir?", ruft Itaru beunruhigt. Doch Yami reagiert nicht. "Yami, sag doch was!", ruft nun auch Keiko, "Du machst mir echt Angst!" Doch Yami bekommt kaum etwas von ihren Worten mit. Das einzige was er tun kann, ist auf die Teile seines Schwarzen Magiers starren und zu versuchen sich klar zu machen was gerade geschehen ist. Noch immer ist ihm schwindelig und es kommt ihm fast so vor als hätte man ihm das Herz herausgerissen. Er kann einfach nicht den Blick von seinem Magier lassen und zu allem Überfluss hallt ihm die ganze Zeit über ein Wort durch den Kopf. Es ist ein Name, dessen ist er sich sicher, obwohl er ihn noch niemals zuvor gehört hat und auch nicht die geringste Ahnung hat zu wem er gehört. Undeutlich wird er sich bewusst, dass ihn jemand rüttelt. Langsam und mit aller Willensstärke gelingt es ihm seine Starre abzuschütteln. Langsam schaut er hoch in die besorgten Gesichter seiner beiden Freunde. "Yami, bist du in Ordnung? Nun sag doch endlich was!" Keiko scheint in höchster Sorge zu sein. Yamis entgeisterter Gesichtsausdruck verzieht sich nun zu einer Grimmasse tiefsten Schmerzes. "Nein!", flüstert er, "Ich bin nicht in Ordnung", seine Augen werden feucht, "Kaiba hat meinen Schwarzen Magier zerrissen. Wie konnte er das nur tun?" Ratlos und mitfühlend schauen die beiden ihn an. Was können sie schon sagen um ihren Freund wieder aufzumuntern? Schließlich greift Itaru seinem Freund unter die Arme und zieht ihn wieder auf die Füße hoch. "Komm wieder hoch, Yami, und Kopf hoch!" "Genau!", lächelt Keiko etwas unsicher, "Ein so betrübtes Gesicht passt doch gar nicht zu dir." Doch Yami lässt den Kopf hängen. Die beiden können sehen, dass er leicht zittert. "Ach komm schon!", versucht Itaru ihn aufzumuntern. Er hebt die Schnipsel des Magiers auf und reicht sie Yami: "Davon geht doch nicht die Welt unter. Du kommst schon irgendwann darüber hinweg. Es war doch trotz allem nur eine Karte." Nun hebt Yami langsam den Kopf und schaut seinen Freund an. Tränen laufen ihm über die Wangen hinab. "Nein!", flüstert er, "Es war nicht nur einfach eine Karte! Es war... er war... mein Freund!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)