Mein fremdes Kind von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 15: Ein neues Leben --------------------------- Es war der erste September. Endlich! Langsam sah Thomas sich in seinem Zimmer um, ob er auch ja alles eingepackt hatte, was er für sein drittes Schuljahr in Hogwarts brauchen würde. Bücher, Tränkezutaten, ein Teleskop und noch einige weitere unablässliche Dinge. Endlich würde er wieder normale Dinge lernen. So langweilig es auch meist im Unterricht war und so sehr er sich über die Unfähigkeit der meisten seiner Klassenkameraden ärgerte, so sehr freute er sich nun darauf. Die letzten Ferien waren für ihn einfach die Hölle gewesen. Weitaus schlimmer noch als die davor. Und das wollte etwas heißen, hatte er die Ferien vor seinem zweiten Schuljahr doch täglich den Crutiatus seines wütenden Vaters ertragen müssen. Doch nichts war mit den inneren Qualen vergleichbar, die er in den letzten Wochen ertragen musste, als er gezwungen wurde, wieder und wieder Muggel und später auch Zauberer zu quälen, zu foltern, bis kaum noch wirklich Leben in ihnen gewesen war. Seinen viel zu schweren Koffer verkleinernd, verließ Thomas sein Zimmer und ging nach unten in die Eingangshalle. Der Vormittag war schon recht weit fortgeschritten und er fragte sich, wieso ihn niemand abholte. Immerhin musste jemand – vermutlich Mobby, der Hauself – ihn nach Kings Cross apparieren. Tief einatmend stand der schwarzhaarige Junge vor dem Büro seines Vaters und klopfte schließlich an. Es kam keine Antwort. Stattdessen schwang die Tür von allein auf. „Was willst du? Hast du nicht zu lernen?“, erklang sofort die schneidende Stimme des Dunklen Lords, als Thomas über die Schwelle trat. „Vater, es ist der erste September. Ich muss zurück nach Hogwarts.“, erwiderte Thomas ruhig, während sich sein Magen langsam verknotete. Konnte es wirklich sein, dass der Dunkle Lord, von dem er in seinen Gedanken schon lange nicht mehr als Vater sprach, vergessen hatte, welcher Tag heute war? Oder... „Du hast wichtigeres zu tun, als in diese räudige Schule zu gehen.“ Jegliche Farbe wich aus dem sowieso schon blassen Gesicht des Jungen, als seine Befürchtung sich bewahrheitete. „Aber, Sir...“, versuchte er einzuwenden, verstummte aber sofort, als er den wütend funkelnden Blick Voldemorts sah. „Auf dein Zimmer! Avery holt dich nachher zu deinem Unterricht!“ Absolut kalt und mit etwas gemischt, was Thomas noch nie zuvor gehört hatte, kam ihm die Stimme Voldemorts so fremd wie nie vor. Hass... eiskalter, grausamer Hass. Entsetzt und vollkommen überfordert mit der Situation, flüchtete der Junge aus dem Büro und die Treppe hinauf in sein Zimmer, wo er sich am ganzen Körper zitternd auf sein Bett setzte. Sollte der Alptraum der letzten Wochen denn nie mehr enden? ------ „WARUM NICHT? WARUM WAR ER NICHT IM ZUG? WIESO IST ER NICHT HIER?“ Die kreischende Stimme einer Frau hallte durch die dunklen, verlassenen Gänge von Hogwarts, ehe jemand hastig einen Silencio sprechen konnte, sodass die Schüler in ihren Gemeinschaftsräumen nicht aufmerksam werden würden. „Lily, Schatz, beruhige dich. Ich bin sicher, es ist alles in Ordnung. Harry ist nichts passiert... ganz sicher.“ Doch auch James Potter war mit seinen Nerven am Ende. Er hatte irgendwie gespürt, dass sich der Junge so langsam damit abfand, wer er wirklich war. Und auch Albus hatte ihm dies bestätigt. Hatte Voldemort herausgefunden, was geschah? Dass sich der Junge, dem er vormachte, sein Vater zu sein, von ihm entfernte? Mit einem hilflosen Blick sah er vom Direktor zu dessen Stellvertreterin, in deren Büro sie sich gerade befanden. „Wo ist Snape, wenn man den Bastard mal braucht? Er kann uns sicher sagen, was mit Harry passiert ist. Wenn er sich einmal nicht feige hinter seinen angeblich in Stahl gegossenen Regeln verstecke würde.“ „Wenn sich hier jemand versteckt, dann doch wohl nur du, Potter. Ich werde...“ Weiter kam der Tränkemeister nicht. Der ebenfalls anwesende Sirius Black stürzte sich auf ihn, sodass er mit dem Rücken gegen die Wand krachte und auch sein Hinterkopf schmerzhaft damit kollidierte. „Raus mit der Sprache, du schmieriger Bastard. Was ist mit Harry passiert! Wieso ist er nicht in deinem Kerker, wo er LEIDER hingehört?“ „Es ist genug! Sirius, lass ihn los.“, mischte sich Dumbledore sofort ein und auch James hatte ein Einsehen und zog seinen besten Freund, der eher wie ein Bruder für ihn war, von Snape weg. Dieser gab sich nicht die Blöße, seinen schmerzenden Hinterkopf zu reiben. Mit kaltem Blick sah er die Potters an, wobei sein Blick bei Lily nicht lange verharren konnte. „Thomas geht es gut, soweit ich weiß. Allerdings hat der Dunkle Lord entschieden, den Jungen nicht weiter in Hogwarts ausbilden zu lassen. Die Vermittlung des Stoffs geht ihm zu langsam und die für ihn wichtigen Themen werden nicht gelehrt. Ich bin nicht sicher, ob Thomas in den Ferien irgendetwas angestellt hat, um diesen Schritt zu provozieren, da ich ihn in den zwei Monaten nicht gesehen habe.“ „Aber ich dachte...“, meldete Lily sich nun doch etwas ruhiger zu Wort. „Ich dachte, du bist sein Lehrer, Severus... in den Ferien.“ Langsam schüttelte der Tränkemeister den Kopf und betrachtete die rothaarige, von so viel Leid geprüfte Frau einen Moment nachdenklich, als müsse er abwägen, was er sagen durfte. „Bisher war das so. Ich habe Thomas in Zaubertränke unterrichtet. Aber... in diesem Sommer sollte der Junge offenbar... anderes lernen.“ Der Blick des Mannes ging zu Dumbledore, ehe er ruhig hinzufügte: „Bei Macnair und Avery.“ Dann drehte er sich um und verschwand einfach wieder. Dumbledore schluckte schwer und sein Blick traf sich mit dem von James Potter. Sie wussten beide, was diese beiden Namen bedeuteten. Innerhalb des Ordens des Phönix waren der Kerker- und der Foltermeister Voldemorts berüchtigt. James war blass geworden und sofort hing Lily schwer an seinem Arm. „Was bedeutet das?“, verlangte sie zu wissen. Von früher kannte sie diese Namen, wusste noch, dass es sich um zwei Todesser handelte, die Voldemort am nächsten standen. Doch schon zu lange hielt sie sich aus allem heraus, was den direkten Kampf anging. Seit dem Waffenstillstand gab es einfach nichts mehr zu tun und sie wollte sich um ihre beiden Mädchen kümmern. „Es... es bedeutet, dass Harry... wohl Dinge lernen musste, die kein Kind lernen sollte.“, murmelte Sirius leise, da er nur zu deutlich sehen konnte, dass James nicht antworten würde, weil er diesen Gedanken selbst nicht zu ende führen wollte. Jeder im Raum wirkte blass und sie stellten sich wohl alle dieselben Fragen: Würden sie Harry jemals wiedersehen? Und wenn ja, unter welchen Umständen? ------ Es sollten mehr als drei Jahre vergehen, bevor ein erneutes Lebenszeichen des Sohns des Dunklen Lords und was das anging auch Severus Snapes zur Seite des Lichts durchdrang. Noch in derselben Nacht des ersten Septembers 1993 verschwand der Tränkemeister aus Hogwarts und tauchte nicht wieder auf. Stattdessen wurde ein neuer Vermittler zwischen Licht und Dunkel bestimmt und aus Rabastan Lestrange war nichts herauszubekommen, was nicht absolut mit dem übereinstimmte, was Voldemort preiszugeben gestattet hatte. Severus hatte schon in dem Moment, als er gerufen wurde, gewusst, was ihn erwartete. Tief in ihm war es klar gewesen, dass er nicht nach Hogwarts zurückkehren würde. Auch wenn er nicht wusste, woher Voldemort das Wissen nahm, dass er zu oft zu viel ausgeplaudert hatte. Doch hatte Snape nicht damit gerechnet, diese Nacht zu überleben. Nunja, auch die folgenden Monate wartete er eigentlich täglich auf den Tod, während er in den Kerkern des Dunklen Lords oder in der Folterkammer auf dem Tisch lag. Sein Gefühl für Zeit war längst verloren gegangen, als sich die Tür zu seiner Zelle eines Tages öffnete und er Thomas dort stehen sah, der nachdenklich mit seinem Zauberstab spielte. „Ich habe mit Vater viel über dich gesprochen, Snape.“, erklang die kalte Stimme des Jungen und ein eisiger Schauer rann über den Rücken des ehemaligen Lehrers, der weiter auf seiner Pritsche lag, weil er sich einfach zu schwach fühlte, um sich von sich aus zu bewegen. Im nächsten Moment traf ihn auch schon ein Schmerzfluch und Severus rollte herunter, um sich auf dem Boden zusammenzukauern, wie er es auch vor seinen anderen Peinigern tat. „Besser.“, erklang wieder die Stimme des Jungen, hörbar zufrieden, dass Snape sich ohne weitere verbale Aufforderung hingekniet hatte. „Jetzt komm mit!“ Mühsam und taumelnd stand der Ältere auf und ging hinter dem Jungen her, dem er so vieles beigebracht hatte, auch wenn er nicht mehr wusste, was es gewesen war. Erstaunt stellte Severus fest, dass sie den Kerker verließen. Niemals hätte er geglaubt die Eingangshalle des Manors nochmals zu sehen. Wenn er sich genug konzentrieren könnte, wäre er vielleicht in der Lage zu apparieren... „Denk nicht einmal daran.“, zischte die leise Stimme neben ihm und erschrocken blickte er sich um. Entsetzen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. „Oh ja.. du hast es erkannt, Snape. Keine Schranken mehr. Deine Barrieren wurden Stück für Stück entfernt, sodass du nichts mehr verbergen kannst. Weiter!“ Zu dem ersten Schock, dass seine Okklumentikschilde nicht mehr existierten, kam im nächsten Moment schon der nächste. Sie betraten den Saal, in dem Voldemort seine Gefolgsleute bei größeren Versammlungen empfing. Auf einem erhöhten Podest stand der Thron des Lords und dieser saß auch noch darauf. Sofort sank Severus auf die Knie, als ihm fast die Augen herausfielen. Auch Thomas war zu Boden gesunken und verneigte sich tief. „Ja, Giftmischer. Jeder muss lernen, wo sein Platz ist... so wie du es gelernt hast!“, erklang Voldemorts kalte Stimme. „Erhebe dich, mein Sohn, und nimm deinen Platz ein.“ Thomas stand wieder auf und ging mit hocherhobenem Haupt auf den Thron zu, wo, wie Severus durch den Vorhang seiner schwarzen Haare sehen konnte, ein zweiter kleinere Thron stand, auf den sich der Junge setzte. Mit einem Ruck kam der Tränkemeister wieder zu sich. Er musste seinen Lord angemessen begrüßen und so krabbelte er auf allen Vieren zu dessen Thron hinüber, griff nach dem Saum der Robe und drückte einen Kuss darauf. Dann zog er sich langsam und mit zitternden Gliedern zurück, ehe ein „Bleib!“ des Dunklen Lords ihn innehalten ließ. „Lasst euch das eine Warnung sein. Niemand sollte sich den Wünschen des Lords widersetzen. Niemals. Sonst endet ihr wie Snape.“ Severus konnte nicht fassen, was er da aus dem Munde eines Kindes hörte, das er so gut zu kennen glaubte. So wie es klang, sollte sein Schicksal als Exempel verstanden werden. Also würde er nicht sterben. Doch was geschah nun mit ihm? Wieso war er noch hier? Langsam wandte er den Kopf etwas zur Seite und sah nun, dass sie nicht allein hier waren. Bestimmt fünfzig weitere Todesser komplett in schwarzen Roben und weißen Masken knieten im Saal und beobachteten ihn genau. Wäre es nicht eine viel bessere Warnung für die anderen, wenn er starb, fragte sich der Tränkemeister in einer recht distanzierten Art, als würde es nicht ihn selbst betreffen. Doch er starb nicht. Und, was ihn fast noch mehr überraschte, er musste auch nicht in den Kerker zurück. Stattdessen fand Severus sich wenig später in Thomas‘ Zimmer wieder. Eingedenk des Vorfalls in der Zelle, kniete er sich sofort auf den Boden, als sie eingetreten waren. Offensichtlich war er lange genug eingesperrt gewesen, dass Thomas zum wahren Nachfolger des Dunklen Lords erzogen worden war. „Wie geht es dir?“ Vier Worte und die gerade erst aufgekommene Gewissheit und Sicherheit verschwand wieder. Thomas‘ Stimme war leise, sanft und vorsichtig gewesen und mit einem Mal kam all das Grauen wieder in Severus hoch. Die Angst davor, was passieren würde, wenn die Zellentür sich erneut öffnete und er mit einem schwarzen Sack über dem Kopf herausgezerrt wurde. Die nicht enden wollende Dunkelheit, selbst als der Sack ihm in der Folterkammer heruntergenommen wurde. Die Schmerzen, gegen die es einfach kein Mittel gab. Mit einem trockenen, kaum hörbaren Aufschluchzen sank Severus in sich zusammen. Sofort war Thomas bei ihm und hielt ihn fest, versuchte ihn irgendwie zu trösten, auch wenn selbst er wusste, dass es keinen Trost gab. Nicht bei dem, was ihnen widerfahren war. Es dauerte nicht so lange, wie er vielleicht geglaubt hatte. Kaum zehn Minuten später hatte sich der Ältere beruhigt. „Es geht.“, krächzte Severus leise, auch wenn er keine Anstalten machte, sich aus den Armen des Jungen zu bewegen. Stattdessen legte er nun auch seine um die magere Gestalt. „Was ist mit dir?“ „Mir geht es blendend. Wie sonst?“, fragte Thomas, während seine Stimme vor Sarkasmus triefte. „Ich werde überleben und irgendwann bin ich stark genug, um mich zu wehren!“ Erstaunen glomm in den schwarzen Augen auf. „Das heißt, dass deine... Okklumentik noch funktioniert? Dann solltest du nicht weiter sprechen. Ich will nicht, dass dir etwas passiert...“ „Schon gut. Mit etwas Aufwand wirst du wieder so gut wie früher. Mit der Zeit würde es sowieso zurückkommen und wenn wir uns anstrengen, dauert es nur einige Tage. Der Lord war beeindruckt, wie lange es gedauert hat, dich vollkommen wehrlos zu machen und nicht mehr lange und er hätte dich gebrochen.“ „Wie... wie lange bin ich in.. dem Kerker gewesen?“, fragte Severus mit enger werdender Kehle nach, während er nun Thomas genauer musterte. Der Junge war gewachsen... sehr sogar. „Fast ein Jahr.“ „WAS? Das kann nicht sein. Ich hätte den Verstand verloren, wenn ich ein Jahr dort unten gewesen wäre. Niemand übersteht das!“, widersprach Severus sofort und stutzte, als der Junge nur leicht den Kopf schüttelte. „Du kannst dich an vieles nicht erinnern. Jedes Mal, wenn zu befürchten stand, dass du endgültig zerbrichst, wurden dir die Erinnerungen genommen und einige Wochen Pause gemacht. Danach ging es weiter, als wäre nichts gewesen... Außer dass deine Verteidigungen immer schwächer wurden. Wie auch immer, ich habe Vater dazu gebracht, dass du vorerst hier bleiben wirst. Allerdings nicht als Lehrer, denn es gibt nichts, was du mich noch lehren könntest.“ „Also Diener?“, fragte Severus leise nach und blickte zu Boden. „Ja. Als Diener und... als Versuchsobjekt.“ Erneut lief dem Älteren ein eiskalter Schauer über den Rücken und er zitterte erbärmlich. Allerdings lag das nicht so sehr an dem, was er gerade erfahren hatte, sondern vielmehr an der linken Hand des Jungen, die leicht mit einer fettigen und auch sichtlich verfilzten Haarsträhne spielte. Auch wenn Severus sich nicht an vieles aus dem letzten Jahr erinnern konnte... diese Bewegung, die eigentlich eine durchaus beruhigende Wirkung auf ihn hatte, kannte er nur zu gut. Einer derjenigen, die ihn gefoltert hatten, war genauso vorgegangen. Zuerst beruhigen und dann unendlicher Schmerz. Langsam hob Severus den Kopf und blickte mit vor Furcht und Entsetzen geweiteten Augen Thomas an, in dessen grünen Augen er die Bestätigung fand. „Iss etwas und dann leg dich hin und schlaf. Wenn du wieder wach bist, fangen wir mit den Okklumentikübungen an... und auch mit einigen anderen... Versuchen.“, bestätigten auch die Worte des Jungen, was er vermutete. Kälte biss sich in Severus‘ Körper fest, als er sich ohne Widerrede von Thomas löste und sich dem Tisch zuwandte, auf dem ein reichhaltiges Essen stand. Der Mangel an Gefühl in der Stimme des Jungen ließ ihn sich fragen, ob sein neues Leben wirklich so viel erstrebenswerter war, wie das vorherige im Kerker des Dunklen Lords. Nicht nur er stellte sich diese Frage. Während Thomas sich ein Buch nahm, um zu lesen, fragte er sich, ob er wohl dazu im Stande war, Snape zu brechen. War dieses Leben erstrebenswert? Du kannst niemals Harry Potter sein, hörte er die Stimme Dumbledores in seinem Kopf und erwiderte gedanklich darauf: Aber was ist, wenn ich auch nicht Thomas Riddle sein kann? Wer bin ich dann? ------ tbc AN: Um Verwirrungen zu vermeiden... Thomas ist am Anfang dieses Chaps 13 Jahre alt und am Ende 14 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)