The Gravity of Life von Polarstern (Yami x Yugi?) ================================================================================ Kapitel 26: Der Unterschied zwischen Physik und Chemie ------------------------------------------------------ Eigentlich hatte ich zuerst einen anderen Titel für dieses Kapitel geplant. Aber finally hat mich doch dieser Titel nicht mehr los gelassen. Lasst euch überraschen. ^^ Der Unterschied zwischen Physik und Chemie Mein Schulleiter lehnt sich zurück: „Wir warten! Die Zeit läuft!“ Als ob ich das nicht selbst wüsste…! Jetzt muss ich so tun, als ob ich Yami kaum kenne. Maske auf und schauspielern. Tut Yami das nicht auch so häufig? Kann ich so sein wie er? Er schaut vermutlich extra nicht hoch, um mich nicht weiter zu verunsichern. Ich schließe kurz die Augen, sammele mich innerlich. Dann räuspere ich mich, richte meinen Blick auf meinen Kunstlehrer und versuche Yami für die nächsten Minuten aus meinem Bewusstsein zu verbannen: „Mein heutiges Thema ist die traditionelle Kunst der Edo-Zeit. Meine Antwort auf Frage eins lautet wie folgt -“, beginne ich und versuche mich in der Kunst des Theatherspielens. Ich fahre weiter fort, meine Notizen helfen mir. Zwischen zwei Sätzen schiele ich doch verstohlen zu unserem Protokollanten herüber. Seine Hände fliegen über die Tasten, er ist vollkommen mit Schreiben beschäftigt – oder gibt sich zumindest so. Nachdem ich eine ganze Weile flüssig referiert habe und mit dem Hauptteil durch bin, gerate ich ins Stocken. Herr Takahashi hat mir eine Rückfrage gestellt, auf die er immer noch auf Antwort wartet. Eine Idee für eine Lösung habe ich, aber ich bin mir nicht sicher. Und ich weiß schon jetzt, dass es ihm nicht reichen wird. Ich habe gerade zu wenig Details dazu im Kopf. „Und?“, fragt Herr Takahashi noch einmal. Spontan fällt mir wieder der Tipp ein, den unsere Japanischlehrerin uns vor einigen Wochen für die mündliche Prüfung gegeben hatte. „Wenn ihr einen Hänger habt, dann sucht euch jemanden im Raum als Ankerpunkt aus, der oder die euch am sympathischsten ist. Euch werden drei bis vier Personen gegenübersitzen, einige davon empfindet ihr vielleicht als unangenehm, aber jeder von euch sollte einen oder zwei dabeihaben, mit dem oder der ihr besser zurechtkommt. Sucht euch diese Person für einen Blickkontakt. Der oder die Auserwählte versteht, in welcher Situation ihr euch befindet und kann euch sicherlich durch eine kurze Geste aufmuntern. Keiner hier möchte euch etwas Böses, auch wenn es sich vielleicht für euch so anfühlt.“ Unwillkürlich huscht mein Blick hilfesuchend nach rechts. Yami nutzt meinen Hänger gerade für einen Schluck Kaffee. Schön, dass er Zeit hat gemütlich Kaffee zu trinken! Er hält daraufhin kurz in seiner Bewegung inne, die Tasse noch am Mund und schaut über deren Rand zu mir herüber. Langsam lässt er diese sinken. Seine Augen fixieren mich und nehmen einen warmen und zuversichtlichen Ausdruck an. Trotz Prüfungsnervosität kann ich sofort in dieses besondere rote Farbspiel eintauchen. Eine solche Augenfarbe zu haben ist wirklich etwas Seltenes und Besonders. Nie könnte ich mich in seinen Rubinen satt sehen. Seine Lippen umspielt ein aufmunterndes Lächeln. Dann nickt er mir kurz zu und gibt mir somit das Zeichen, fortzufahren. Doch ich spüre soviel mehr in seinen Gesten, als die bloße Motivation an einen Schüler. Er sendet eine Aura aus, die speziell für mich ist. Ohne zu auffällig zu sein für die anderen beiden Lehrer im Raum. Er gibt mir das Gefühl, für ihn etwas Besonderes zu sein. Sein Blick gibt mir Mut und Selbstvertrauen, fast so, als wollte er mir stumm sagen ‚Los, mach weiter, es läuft wirklich gut! Du schaffst das!‘ Gut, wenn er meint! Ich vertraue ihm! Herr Takahashi und Herr Watanabe hatten gerade ihre Köpfe gesenkt um sich selbst Notizen zu machen und daher hat wohl keiner Verdacht geschöpft. Auf die verrückte Idee müssten die ja auch erstmal kommen, dass ich etwas mit diesem Protokollanten am Laufen haben könnte… Völlig absurd, nicht wahr? Von Yamis Erfolgen und Misserfolgen im Unterrichten weiß ich auch, dass ein Vortrag abwechslungsreich sein muss, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer nicht zu verlieren. Daher greife ich zu den farbigen Filzstiftmarkern und skizziere etwas an die bereitgestellte Flip Chart, um meine Erklärungen graphisch zu untermalen. Wenigstens etwas bringt es mir nun, dass ich Yamis gesamtes Verhalten das ganze Schuljahr über so genau studiert habe. * „Vielen Dank, Herr Mutou. Wir Prüfer werden uns jetzt beraten, das Ergebnis erhalten Sie heute gegen 15 Uhr in meinem Büro“, informiert mich der Schulleiter, nachdem ich geendet habe und mich durch alle Rückfragen geschlagen habe. „Vielen Dank, Sie sind jetzt entlassen“, lächelt mich auch Herr Watanabe an. Ich verabschiede mich von allen und verlasse den Hörsaal. „Herr Athem? Zeigen Sie mir bitte Ihre Mitschrift“, vernehme ich Herrn Takahashi noch bevor ich die Tür hinter mir schließe. Yami hat kein einziges Wort mit mir gesprochen. Und doch hatte ich das Gefühl, wir hatten unsere eigene Kommunikation. Fast wie Telepathie unter Seelenpartnern. „YUGI!“ Mein Herz setzt kurz aus, als ich mich plötzlich von drei Personen eng umschlungen wiederfinde. Anzu, Jonouchi und Honda umarmen mich freudig. „Du hast es hinter dir!“ „Wie wars?“ „Was war dein Thema?“ „Endlich geschafft!“, jubeln alle drei durcheinander und drücken mich. „Was für eine Überraschung, wie schön, dass ihr hier seid!“, ich freue mich riesig. „Natürlich! Wir stehen dir natürlich bei deiner letzten Prüfung bei! Wir sind extra erst jetzt hier, weil wir dich vorher nicht nervös machen wollten!“ „Danke Leute, ich freue mich so! Lasst mir Luft zum Atmen, dann erzähle ich auch alles!“, lache ich. Die Schulsekretärin taucht plötzlich hinter mir auf und öffnet nach einem kurzen Anklopfen die Tür, offensichtlich mit einer frischen Kanne Kaffee in den Händen für das Prüferteam. Augenblicklich ertönt Yamis Stimme durch den Türspalt, der offensichtlich aus dem soeben geschriebenen Protokoll vorliest. Meine drei Freunde sehen mich ungläubig an. Honda spricht es als erster aus: „Ist das nicht die Stimme von-?“ „Jaaa, er ist es. Er ist der Protokollant. Das ist mal wieder mein typisches Yugi-Glück... Kommt, lasst uns woanders hin, dann erzähle ich es euch…“ Um kurz nach 15 Uhr werde ich ins Büro von Herrn Takahashi gerufen. Ich habe mit einer Benotung von 12 Punkten abgeschnitten, eine 2+! Ich kann gar nicht glauben, dass mir, obwohl ich sehr aufgeregt war und mir dazu noch Yami vor der Nase saß, so ein tolles Ergebnis gelungen ist! Meine Freunde und ich jubeln zusammen mit den anderen Prüflingen von heute. Das Foyer ist voll mit einer bunten, aufgeregten, erfreuten Schülerschar, die sich alle untereinander austauchen und feiern. Nachdem ich mich viel später von meiner Clique verabschiedet habe, mache ich mich noch kurz daran meinen Spind zu leeren. Ich muss den Schrank bis Ende dieser Woche geräumt haben. Absolut zufrieden verlasse ich das Schulgelände, mache mich schnellen Schrittes auf zum Bus. Dieser kommt schon in 5 Minuten und ich möchte ihn unbedingt noch erreichen, um nicht 40 Minuten auf den Nächsten warten zu müssen! Ich habe immerhin einen vollen Rucksack zu tragen mit diversen Büchern, Postern und Plakatrollen der Schulprojekte der letzten Monate. Ich hatte dies alles immer einfach im Spind angesammelt. Diese ragen nun aus meinem Rucksack, so dass ich den Reißverschluss schon gar nicht richtig schließen kann. Die Schuluniform, die ich noch soeben bei meiner Prüfung getragen habe und das Ersatzexemplar aus meinem Schrank habe ich ebenfalls schon in die Tasche gestopft. Vorausschauend hatte ich eine hellblaue Jeans und ein grünes Shirt mit Printaufdruck mitgenommen und mich in den Waschräumen umgezogen. Es fühlt sich gut an, diese Kleidung nicht mehr tragen zu müssen. Das erste bzw. auch letzte Mal, dass ich ohne Schuluniform in der Schule bin. Noch nie war es mir so bewusst wie jetzt, dass mein Schülerleben beendet ist. Die Sonne steht schon tief und wirft lange Schatten auf Schulhof und Ausgang. „Yugi!“ Ich drehe mich um. Das war Yamis Stimme! Überall würde ich diese wiedererkennen und heraushören. Er kommt zwischen Autos vom Lehrerparkplatz hervor. „Super gemacht heute! Ich habe schon gesehen, dass du 12 Punkte bekommen hast, meinen Glückwunsch!“ Er reckt den linken Daumen hoch und schenkt mir ein besonders schönes Lächeln. Seine Worte dringen wie durch Zuckerwatte an mein Ohr. Verdammt, er hat schon wieder dieses sexy Motorradoutfit an und hält den zugehörigen Helm in der rechten Hand. Diese Kleidung gehört für ihn wirklich verboten! Eigentlich wollte ich ihn noch anfauchen, warum er mich nicht vorher informiert hat, dass er in meiner Prüfung sitzen wird. Doch ich spüre keinen Ärger mehr. Wenn ich ihn denn überhaupt gespürt habe. Ich habe eher ein etwas mulmiges Gefühl wegen unseres Auseinandergehens am Samstagabend. „Dankeschön…“, lächele ich ihn freudig an. Vorhin hatte ich während der Prüfung kein Auge dafür, aber er war wohl gestern oder vorgestern beim Friseur. An seinem Schnitt und Styling hat sich, ein Glück, nicht viel geändert, jede Strähne sitzt noch an ihrem Platz. Rückblickend fällt mir tatsächlich auf, dass seine Haare wieder recht lang geworden waren. Nun ist wieder alles ein Stück kürzer und sitzt perfekt. „Entschuldige, dass ich dich nicht vorwarnen konnte. Ich habe es auch erst wirklich kurz vorher erfahren, dass ich einspringen muss. Die eigentlich vorgesehene Protokollantin hatte sich krankgemeldet. Da konnte ich-“ „Schon gut“, erwidere ich sanft, „ich danke dir für deine Unterstützung vorhin bei meinem Hänger! Ich dachte, du bist kein Experte in japanischer Kunstgeschichte“, grinse ich und spiele nochmals auf meine Frage von Samstagabend an. Er verzieht skeptisch die Lippen und ein Grinsen schleicht sich dann auf diese. „Bin ich auch nicht. Ich hatte keine Ahnung davon, was du da vorne erzählst!“, lacht er und es ist so schön, dass die Situation zwischen uns endlich wieder auflockert. Die frühere Ungezwungenheit zurück kehrt. Wie habe ich das vermisst! „Ohh du..! Du hast nur so getan, als ob es gut läuft!“ „Ja und? Das war doch das Beste, was ich tun konnte. Du hast dich gefangen und hast richtig geantwortet! Und die beiden noch mit deiner Grafik auf der Flip Chart beeindruckt! Wenn du alles bestanden hast, wovon ich stark ausgehe“, er deutet auf meinen vollen Rucksack der sich nicht mal mehr richtig schließen lässt und die Plakatrolle in meiner Hand die beim besten Willen nicht mehr hineingepasst hatte, „dann bist du ab jetzt kein Schüler mehr…“, er schaut mich eindringlich an. „Bevor du fragst, nein, ich weiß wirklich noch nichts über die anderen Ergebnisse, ich wurde in die Bewertung nicht mit einbezogen…“ Er kann Gedanken lesen. Yami muss glaube ich noch ein paar Wochen arbeiten, bis die Sommerferien beginnen. Der Abschlussjahrgang ist nach Beendigung der Prüfungen – sprich für mich ab sofort – freigestellt. Das Einzige was jetzt noch ansteht…. Mein Herz wird schwer. Ist die Vergabe der Abschlusszeugnisse mit anschließendem Abschlussball. Jeder Schüler oder Schülerin wird mit seinem Traumpartner oder Traumpartnerin tanzen, es dürfen sogar Schüler von anderen Schulen mitgebracht werden, falls der Partner oder Partnerin eine andere Schule besucht. Mir hilft das leider nicht. „Jaa, nur noch Zeugnisvergabe und Ball“, bringe ich leise hervor. Er sieht ausweichend auf meine Plakatrolle. Ich weiß, dass Yami mich auf dem Abschlussball wie einen ganz normalen Schüler behandeln muss, wenn er nicht alles verlieren will, was er sich hart erarbeitet und erkämpft hat. „Wir sind an einer Weggabelung angekommen, Yugi. Ab Morgen wirst du nicht mehr herkommen…. Und ich – ich bleibe hier. Ich möchte dir zu diesem Abschied noch etwas geben.“ Er sieht mich mit einem für mich völlig undeutbaren Blick an. Weggabelung? Spricht er von einer Trennung? Ich hatte nicht damit gerechnet. Nicht heute. Nicht Morgen. Hatte es verdrängt und davon geschoben, ihn nicht mehr zu sehen. In meiner Welt hatte ich Yami fest mit eingeplant. Für meine Zukunft. „Nein….“, nur ein gehauchtes Flüstern von mir. Bitte nicht. Kein Abschied. Kein Abschiedsgeschenk. „Doch, ich habe noch etwas, das ich dir gerne geben möchte. Ich muss gleich mit Kacy raus, heute schaffe ich es leider nicht mehr. Können wir uns morgen Nachmittag nach der Schule sehen?“ Ich fühle mich wie im Tunnel. Seine Stimme wirft ein Echo in meinem Kopf. „Ich habe keine Schule mehr“, antworte ich ruhig und schaue an ihm vorbei. Natürlich weiß ich, dass er damit seine Arbeit gemeint hatte. Er macht mich unsicher. „Das wird schwierig, ich habe Großvater fest versprochen, morgen Abend den Spieleladen zu übernehmen. Er hat einen Termin und ich muss im Anschluss noch aufräumen und die Tagesabrechnung machen…“, weiche ich aus. Mein Alarmsystem ist angesprungen. Irgendetwas stimmt nicht. Ich spüre es in seinem Verhalten, dass mir merkwürdig fremd und unruhig vorkommt. Er lässt mich seine Körpersprache nicht mehr lesen. Seine roten Tiefen sind auch einfach nur – tief und unergründlich. Ich möchte dieses Treffen nicht. Und gewöhnlich kann ich mich auf meine innere Stimme verlassen. „Wenn dein Großvater nicht da ist, könnte ich bei dir vorbeikommen. Ich war noch nie bei dir…“, gibt er zurück. Ich schaue mich um. Niemand da, keiner in der Nähe. Leider habe ich somit keinen Vorwand, nicht zu antworten oder zu gehen. „Meinetwegen. Wenn es dich nicht stört, dass ich mich nebenher um den Laden kümmern muss... Wir schließen Morgen um 17:30 Uhr, danach hätte ich Zeit. Klingele einfach 4 mal, dann weiß ich Bescheid“, lenke ich nervös ein. Ich warte auf seine Bestätigung, werde allerdings enttäuscht. Yami hat seinen Kopf abgewendet und schaut in eine andere Richtung. Na toll, erst will er sich mit mir verabreden und wenn ich einen Terminvorschlag mache, ist er abgelenkt! „Yami! Schön, dass wir uns doch noch verabschieden können!“ Ich drehe mich ebenfalls in die Richtung, aus der die Stimme ertönt. Der andere Referendar, Herr Nakamura, steuert auf uns, oder eher gesagt den Lehrerparkplatz zu. „Tsutomu! Wir haben lange nicht gesprochen. Also stimmt es, dass du uns verlassen musst…?“, wendet sich Yami an seinen Kollegen. „Leider ja. Die Gerüchte sind wahr. Meine Leistungen im Referendariat haben nicht gereicht. Ich habe lange gebraucht um das zu verarbeiten. Ich weiß immer noch nicht, wie es jetzt für mich weiter geht…“ Die beiden verfallen in ein fachliches Gespräch über ihre Ausbildung zum Lehrer. Und was es dort zu schaffen gibt – oder eben auch nicht. Also war tatsächlich an diesem Gerücht etwas dran, dass ein Referendar geflogen ist. Nur war es zu meinem Glück der Andere… Desinteressiert wende ich mich ab, ich denke nicht, dass Yami mir jetzt noch etwas sagen wird. Das Gespräch zwischen den beiden scheint wohl noch lange anzudauern. Wortlos setze ich meinen Heimweg fort. Den Bus habe ich jetzt zumindest verpasst. Ich gehe einfach mal davon aus, dass Yami den Termin für Morgen mitbekommen hat, er hat ihn mir nur leider weder bestätigt noch abgelehnt. Was er wohl damit meint, er möchte mir etwas geben? Ich will kein Abschiedsgeschenk! Ich will keinen Abschied! * Ich habe eine unruhige Nacht hinter mir. Mir ist unwohl. Ich weiß nicht, was er möchte und was er meint. Mein Körper ist im Alarmmodus. Der Tag dauert Ewigkeiten, zieht sich wie Kaugummi. Ich bin voller innerer Unruhe und kann mich auf nichts konzentrieren. Kurz vor 17:30 Uhr kommen tatsächlich noch drei ganz junge Teenager in unseren Laden und fragen mich gefühlte tausend Löcher zu unseren Artikeln in den Bauch. Ich befürchte schon, dass die so schnell nicht mehr gehen werden und ich somit keine Zeit für Yami haben werde. Zum Glück sind sie schließlich doch zufrieden und bezahlen ihre Auswahl. Um kurz nach halb sechs kann ich die Tür von innen abschließen, damit sich doch kein Kunde mehr hinein verirrt. Ich überprüfe die heutigen Einnahmen – leider etwas mager. In letzter Zeit wirft das Geschäft leider nicht mehr ganz so viel Gewinn ab wie früher. Es wird Zeit für mich, selbst Arbeiten zu gehen und eigenes Geld zu verdienen. Kaum bin ich mit der Auszählung fertig, klingelt es vier Mal, wie vereinbart. Aufgeregt stürze ich zur Tür. Ich hatte fast irgendwie ein bisschen Angst oder eher gesagt die Hoffnung, er würde gar nicht auftauchen. „Hallo Yugi, guten Abend“, grüßt er mich und tritt nach meiner eindeutigen Handgeste in unser Spiele-Geschäft. „Hi Yami.“ Er trägt ein dunkelgraues Hemd und eine hellgraue Hose. Als erstes zieht er sich die Sonnenbrille von der Nase. Um diese Uhrzeit steht die Sonne im Frühling recht tief, dass sie einen ganz schön blendet. Besonders beim Fahren. Ich schließe die Tür hinter ihm wieder ab. Interessiert bestaunt er unsere Regele mit all den Spielwaren, Comicheften, Rätseln und Duel-Monsters Karten, die wir haben. Er lässt die Blicke schweifen und tritt schließlich an die Auslage mit den besagten Karten heran. „Ah, ihr habt Duel-Monsters Karten“, fasziniert betrachtet er die Auslage, blättert durch ein paar herumliegende Exemplare. „Spielst du?“ Ich zögere kurz. Könnte es ein Nachteil sein, das ihm gegenüber zuzugeben? Hält er es vielleicht für ein Kinderspiel? Stuft er mich dann eher in die Kategorie ‚Kind‘ ein? Andererseits, ich hatte mein Deck schon so oft mit in der Schule, habe mit meinen Freunden und anderen Schülern in den Pausen und vor oder nach dem Unterricht gefachsimpelt und gespielt. Es kann gut sein, dass er mich längst einmal dabei gesehen hat. Zudem möchte ich ihn nicht anlügen. „Ja, ich habe selbst einige Karten und spiele aktiv“, antworte ich ihm. Wenn Jonouchi nun hier wäre, würde er lautstark protestieren, dass dies die Untertreibung des Jahrhunderts wäre. Zugegeben, ich kenne mich schon sehr gut mit den Strategien und den Fähigkeiten der Karten aus. Wenn es ums Duellieren geht, habe ich mir eigene, kniffelige Pläne ausgedacht. Ich kann mehrere Züge – sowohl meine als auch die meiner Gegner – mühelos im Voraus planen. Und natürlich entsprechende Kontrazüge überlegen und Gegner täuschen. Nur bei Yami… fühle ich mich vollkommen trottelig auf. So als ob seine magnetische Anziehungskraft meine Festplatte im Kopf schlagartig jedes Mal wieder löscht. Ich kann in seiner Gegenwart keine strategischen Züge planen und umsetzen. Ganz schön peinlich. „Möchtest du etwas trinken? Kann ich dir etwas anbieten?“ Ich weise hinter mich. Wir haben einen Automaten mit Kaltgetränken und einen Kaffeeautomaten im Geschäft stehen. Wer bei uns Spiele ausprobiert, ehe sie zu kaufen, soll schließlich auch versorgt werden. Und ganz nebenbei ist es für uns ein guter zusätzlicher Verdienst, wenn die Kunden noch ihre Münzen hineinwerfen und sich mit ihrem Getränk länger als geplant bei uns aufhalten. „Ich habe natürlich den Schlüssel, du musst kein Geld hineinwerfen“, füge ich eilig hinzu. Er scheint kurz zu überlegen, dann nickt er und entscheidet sich für Milchkaffee. Ich kümmere mich für ihn um die Maschine, krame schnell ein paar abgepackte Stangen Zucker unter der Theke hervor. Wissend lächelt er mich an, schüttet sich mindestens ein halbes Päckchen hinein, dann kann ich es nicht mehr mit ansehen und wende den Blick ab. Er hat so eine zierliche, sportliche und muskulöse Figur – wie um Himmels Willen macht er das trotz all dem Zucker? Ich ziehe mich hinter den Verkaufstresen zurück, warte, bis er fertig ist mit umrühren und sich zu mir gesellt. „Dankeschön für den Kaffee“, seine Augen leuchten mich an. Vorsichtig nippt er an seinem Becher und stellt sich zu mir. „Nun… ich… bin aus einem bestimmten Grund hier…“, leitet er zögerlich ein. Dabei rührt er scheinbar abwesend mit einem Holzstäbchen in seinem Kaffee herum. Der Zucker muss sich längst gelöst haben, er muss gar nicht mehr so viel rühren. Was lässt ihn so zögern? Er ist nicht schüchtern. Meine Herzfrequenz nimmt zu. Mein Bauchgefühl warnt mich weiter – hier stimmt etwas nicht. Jetzt, wo er so nahe bei mir steht, bemerke ich endlich, was mich so beunruhigt, seit ich ihm die Tür geöffnet habe. Er riecht vollkommen anders. Ich wage es und atme möglichst leise und vorsichtig tief durch die Nase ein. Es ist ein sehr angenehmer Duft, keine Frage. Aber nicht so, wie ich es von Yami gewöhnt bin. Ich hatte in einem Kaufhaus ja mal erkannt, welches Duschgel und Aftershave er immer nutzt. Ein herber, männlicher, frischer Duft – allerdings reine Chemie. Aber es passt wirklich gut zu ihm und ich mag ihn so gerne riechen. Ich kenne ihn nicht anders. Jetzt ist es eher… wie beschreibt man am besten so eine individuelle Wahrnehmung die man nicht sehen kann? Wenn ich die Augen schließe – sehe ich direkt warmen Wüstensand vor mir, arabische Gewürze, auch eine leicht fruchtige, exotische Note. Es passt besser zu ihm, er riecht nun natürlicher. Zweifellos hat er alles, was er sonst verwendet, ausgetauscht. Meine Knie werden leicht zittrig. So eine Veränderung – mein Kopf wirft sofort mit dem Begriff ‚Schlussstrich ziehen‘ um sich. Erst der Friseurbesuch, jetzt eine komplette Umstellung von seinen Pflegeprodukten... Weggabelung. Trennung. Abschiedsgeschenk. Ich ziehe mich ein ganzes Stück von ihm zurück. Ich hätte ihn nicht reinlassen sollen…. „Ich wüsste nicht, wieso“, gebe ich leise und traurig zurück und wende den Blick ab. „Doch, ich schulde dir etwas.“ „Du schuldest mir doch nichts. Vielleicht umgekehrt, ich dir, wenn man bedenkt, dass du mir das Leben gerettet hast.“ „Doch… eine Entscheidung“, fährt er fort, meine Reaktion völlig ignorierend. Obwohl ich nicht hinschaue, höre ich ein Lächeln aus seiner Stimme heraus. Bitte was? Er meint doch nicht… „Ich möchte mich erst nochmal für dein Verständnis mit Mahad bedanken. Ich bin wirklich erleichtert, wie du es aufgenommen hast, Yugi. Ich habe nachdem du weg warst wieder und wieder darüber nachgedacht…“ Ich nicke nur starr. Bedeute ihm, fortzufahren. Yami nimmt aber zuerst noch einen Schluck Milchkaffee. Dafür braucht er gefühlt eine halbe Ewigkeit. „Zu dem anderen Thema…. Ich weiß, es verletzt dich, über meinen Ex-Freund zu sprechen. Und ich habe dich damit sehr geschockt und verletzt… Das tut mir außerordentlich leid. Und ich möchte mich hier noch einmal aufrichtig dafür entschuldigen, dass ich dich damit hinein gezogen habe…“, er seufzt und sieht mich mit einem Blick an, der mir die ehrliche Bedeutung dieser Worte versichert. „Für mich ist es auch ein sehr schweres Thema. Ich habe jahrelang gebraucht, damit umzugehen. Aber ich habe es geschafft und – die Erde dreht sich nun einmal weiter. Ich möchte ihn zukünftig ruhen lassen. Dein Verständnis mit Mahad hat mir sehr bei meinem Verarbeitungsprozess geholfen.“ Oh nein, bitte nicht schon wieder dieses Thema. Es saugt mir immer die ganze Lebensenergie und Freunde aus und hinterlässt nur Schmerz, Enttäuschung und Frust. „Mahad…. War nämlich immer ein riesiges Streitthema zwischen uns. Mein Ex war rasend eifersüchtig. Er hat es nicht verstanden, dass ich den Kontakt zu meinem Sohn halten möchte. Ihn weiterhin besuchen möchte. Er wollte, dass ich meine Verbindung zu ihm abbreche. Früher als ich von der – von Mahads Mutter gut vorgeplanten - Schwangerschaft erfuhr, war dies ebenfalls meine eigene Reaktion. Blind vor Wut auf sie und das Leben bin ich nach meinem Schulabschluss in die USA geflüchtet. Habe sie verlassen und ein Auslandsjahr absolviert. Ich wollte einfach nur weit weg sein. Ein paar Monate später wurde mir doch klar, dass ich wissen möchte, was mein Kind tut und wie es ihm geht… Genauso, wie du es am Samstag formuliert hattest, Yugi.“ Ich betrachte meine Hände, drehe diese verloren vor und zurück. Ich hätte nun auch gerne einen Kaffee, um darin herum zu rühren. Er kommt näher auf mich zu und ich schlucke mit trockenem Hals und angespannten Muskeln. „Deine Worte haben irgendwie… sowas wie eine Tür in meinem Kopf aufgeschlossen. Ich habe das Gefühl, plötzlich Zugang zu einem Weg zu haben, den ich mir selbst vorher nicht erlaubt habe zu betreten“, er zieht wieder einen vorsichtigen Schluck von der heißen Flüssigkeit. Er stellt sich direkt vor mich und unsere Blicke treffen sich sofort vertraut. „Du bist am Samstag so überstürzt gegangen…. Ich weiß nicht, was dich abgeschreckt hat… Eigentlich hatte ich…“, es ist einer der ganz selten Momente, in denen seine selbstbewusste und mutige Fassade bröckelt. Er wirkt plötzlich so verletzlich. „… Eigentlich wollte ich… dich bei mir haben. Mich hat berührt, was du gesagt hast. Ich habe währenddessen und die ganzen nächsten Tage darüber nachgedacht… Du bist du, Yugi. Du hast deine ganz eigenen Charakterzüge und Persönlichkeit. Du gehst deinen eigenen Weg und das ist gut so. Und du suchst Beständigkeit und Sicherheit. Du legst großen Wert auf Vertrauen und Treue“, er sieht mich aus so sanften und ehrlichen Augen an. Sein Blick, so einfühlsam… aus so wunderschönen tiefroten Spiegeln der Seele, in die ich eintauchen möchte. Er legt seine Fingerspitzen schließlich zärtlich auf mein Hemd, auf meine linke Brust. Genau über meine Narben. Ein wohliger Schauer überkommt mich, eine feine Spur der Gänsehaut taucht auf meinen Oberarmen und Nacken auf. „Du hattest mir einmal gesagt, ich könne es haben… Es würde für mich schlagen…“, seine Stimme holt mich zurück in die Realität. Ich folge den Bewegungen seiner Hand. Aufregung kocht hoch, ich kann meinen Puls in meinen Ohren dröhnen spüren. Er kann sich tatsächlich noch an meine genaue Formulierung von damals erinnern… Dann fährt er sanft fort: „Ich habe mich entschieden. Es soll bleiben wo es ist….“ W-was? Mein Herz scheint zu erstarren. Ich reagiere nicht. Zögere. Weiche einen Schritt nach hinten aus. „Ich möchte dich auf deinem Weg begleiten. Und dazu brauchst du es selbst!“ Yami folgt mir den Schritt nach hinten, bzw. für ihn nach vorn, steht mir wieder genau gegenüber und legt seine Hand wieder auf meine linke Brust, die durch die Bewegung heruntergerutscht war. Als ich immer noch unsicher bin, was er mir sagen möchte, schnappt er sich meine rechte Hand und platziert diese genau auf seinem Herzen. Ich kann das gesunde Pochen spüren. Etwas zu schnell, er scheint ebenfalls nervös oder aufgeregt. „Ich… fühle wie du, Yugi. Schon lange. Ich…musste mir erst über vieles klar werden. Und nach der Prüfung gestern bist du nun nicht mehr mein Schüler. Also… Ich würde gerne ausprobieren, ob es als Paar zwischen uns funktionieren könnte…“ Mein tiefstes Inneres wird getroffen. Er hatte mir so einen Schrecken eingejagt… Er ist wirklich nicht talentiert darin, seine Gefühle klar auszudrücken. Die Erleichterung bricht aus ihrem Gefängnis hervor. Aufregung pulsiert weiter durch meinen Kreislauf. Tränen rinnen mir ungefragt die Wangen hinab. Mir wachsen Flügel, ich fühle mich so leicht und unbeschwert. Ich kriege kein Wort über die Lippen. Mein Gegenüber wird etwas unruhig. „Das heißt… wenn du es dir nicht inzwischen anders überlegt hast… Aber am Samstag hatte ich doch…“ beginnt er wie auf Glatteis zu schlittern. „Habe ich nicht! Das sind Freudentränen! Ich bin ja so glücklich! Ja, ich möchte das so gerne!“ Wir schlingen gegenseitig unsere Arme umeinander, halten uns ganz fest. Eine Weile stehen wir einfach nur so da, halten uns. Ich weine vor Erleichterung und Glück in sein Hemd. Wie lange habe ich auf diesen Moment gewartet. Mir diese Situation in all meinen Träumen ausgemalt. Aber irgendwie nie hier in unserem Spieleladen. Er streicht mir zärtlich die Wangen trocken. Dann beugt er sich zu mir herunter und platziert einen federleichten Kuss auf meinen Lippen. Ich brauche ein paar Sekunden, um mich wieder zu fassen. Ich bin völlig durch den Wind. Nie hätte ich heute damit gerechnet. Ich habe immer noch die Befürchtung, dass ich gleich die Augen öffne und alles zerplatzt wie eine Seifenblase. Zärtlich und vorsichtig erwidere ich. Von seinen Lippen aus breiten sich warme, kribbelnde Wogen in meinem Körper aus. Sie beruhigen das aufgeschäumte Meer in mir. Meine innere Stimme hatte so einen starken Alarm in mir ausgelöst. Ich zittere immer noch ein wenig. Es ist ein sehr langsamer und vorsichtiger Kuss. Wie die Bewegungen von Schmetterlingsflügeln auf der Haut. „Komm her, Yugi, du bist ja völlig aufgelöst…“, flüstert er danach sanft und streicht mir liebevoll meine Haarsträhnen zurecht. Seine andere Hand drückt mich ganz fest an sich heran. Ich atme mehrfach tief durch. „Ich habe gerade noch zu viel Angst, dass ich nur träume. Und du mir gleich wieder den Rücken zuwendest und… und… es dir anders überlegst. Es gab Situationen… da waren wir uns so nahe, die waren so intensiv und dann plötzlich….“ Ziemlich betreten sieht er das kurze Stück auf mich herunter. „Ich habe dich damit wohl sehr verletzt“, murmelt er. „Bitte entschuldige. Ich wusste selbst so oft nicht, wie ich mit dieser Chemie zu dir, die mich so oft überwältigt hat, umgehen soll. Und dann noch all meine anderen Probleme und ich konnte doch nicht mit meinem Schüler…“ „Ich weiß, Yami. Ich verstehe dich ja. Nun brauche ich etwas Zeit, um das wirklich zu realisieren“, ich atme tief durch und greife liebevoll mit meinen Armen um seine Taille. Ich genieße unendlich seine Nähe und Körperwärme. Ich schmiege mich verschmust an ihn. Er hält mich ebenfalls zärtlich im Arm. Eine Weile lang ist es still zwischen uns, ich habe noch so viele Fragen an ihn, aber für den Moment scheint alles gesagt. Und weitere Fragen fühlen sich nur gerade nur störend an. „Chemie…“, wiederhole ich schließlich und fange an zu grinsen. Ich hebe meinen Kopf von seiner Schulter, sehe ihm in die Augen und mein Grinsen wird immer breiter, bis es zu einem leisen Lachen wird. „Jetzt verstehe ich endlich, was die ganze Zeit dein Problem war!“ „Hm?“, gibt er verwundert zurück. „Du sagst, du wusstest mit Chemie nicht umzugehen. Das war dir als Physiker zu fachfremd!“ Augenblicklich stößt er mich sanft davon. „Sehr witzig! Du legst es also extra drauf an, weggestoßen zu werden!“, mault er halb beleidigt auf. Herzlich lache ich los. Und Yami lässt sich davon anstecken. Und wie wir lachen. Es ist so befreiend und tut so gut. Es lockert all die Nervosität, die ich noch in mir hatte. „Tut mir leid Yami, aber das musste jetzt sein!“ „Von wegen! Im Übrigen möchte ich von dir keine Witze über Lehrer hören, ist das klar? Ich kann die absolut nicht leiden! Ich habe so ein hartes Studium und soviel Arbeit hinter mir!“ Er drückt mir den linken Zeigefinger anklagend auf die Brust. „Oh bitte, diese Freude darfst du mir nicht nehmen!“, necke ich ihn, stelle mich auf die Zehenspitzen und drücke ihm einen herzlichen Kuss auf die Stirn. Ich kann gar nicht glauben, dass es jetzt so einfach und unbeschwert zwischen uns sein soll. „Hmpf!“, grummelt er und sieht dabei so süß gespielt beleidigt aus, dass ich ihm einfach meine Lippen auf seine drücke, um dieses Schmollen zu überdecken. Als mich Yami sanft zurückküsst und von der Schmollerei nichts mehr zu spüren ist, fallen mir genüsslich die Augen zu. Seine Hände liegen behutsam auf meiner Taille und wir geben uns unseren Gefühlen hin. Wie habe ich mir dies herbeigesehnt, mir nichts sehnlicher gewünscht. Als wir uns wieder voneinander lösen, streicht mir seine linke Hand über Kinn und Wange. „Was machst du eigentlich nach den Ferien?“, bricht er die Stille und streicht mir weiter liebevoll die Konturen meines Gesichts nach. Stimmt, das wollte ich ihm auch die ganze Zeit noch erzählen. „Ab dem 1. August beginnt meine Ausbildung, ich habe kürzlich den Vertrag unterschrieben“, ich lehne mich seiner streichelnden Hand entgegen. „Bei einer Bank, wie du es dir gewünscht hast? Wo…. Wo musst du hin? Du wirst doch nicht umziehen müssen?“, plötzlich sehen mich seine rubinroten Augen skeptisch und erschrocken an. Tja, das hätte – wenn ich nicht soviel Glück gehabt hätte – ernsthaft passieren können. Viele ziehen nach dem Schulabschluss für Studium oder Ausbildung weg, das weiß Yami genauso. Und das gerade jetzt, wo er sich endlich für mich entschieden hat. Das wäre es jetzt noch gewesen… Das Ganze fällt Yami aber etwas spät auf… Ich könnte ihn ja ein kleinwenig necken… wenn schon nicht mit Lehrer-Sprüchen dann halt so… „Ja, doch. Höchst wahrscheinlich schon.“ Zur Ablenkung räume ich ein paar Gegenstände auf der Verkaufsfläche umher. Seine Lippen öffnen sich, er sieht mich aber erstmal nur auffordernd an. „Jeden Tag hin und zurück zu pendeln wäre schon etwas weit… Und immerhin werde ich dann arbeiten und mein eigenes Geld verdienen. Vielleicht… bin ich dann nur noch am Wochenende hier in Domino bei meinem Großvater…“ Sprachlos sieht er mich an. Seine Lippen verziehen sich: „Und wann hattest du vor mir das zu sagen?! In welche Stadt ziehst du?“ „Ich ahnte doch bis vorhin gar nicht, dass du heute… Also das wir ab heute…“, wie hypnotisiert sehe ich ihm tief in die Augen. „Aber…“, lenke ich unschuldig ein, „ich habe einen Arbeitsplatz in Sanyo …. Vielleicht hast du ja eine Empfehlung für mich, wo ich dort ab und zu unter kommen könnte…“ Ungläubig weiten sich seine Augen. „Du arbeitest ab August in Sanyo? Ernsthaft? Ooohhh duuuu..!“ Yami stürmt auf mich zu doch ich weiche reflexartig aus und tauche unter seinem Arm drunter durch und – komme nicht weiter, denn er hat mein Handgelenk fest ergriffen. Er straft mich mit strengen Blicken. „Das war echt fies! Ich… Hmm…“, meckert er los. Ich versuche mich an meinem unschuldigen Engelsblick, den ich zu bieten habe. „Also gut….. Das heißt du hast frei bis zum 1.8.?“ Ich nicke zustimmend. „Ich habe einige Urlaubstage und Überstunden auf meinem Konto, die ich nehmen muss, bevor sie verfallen. Ich habe schon alles eingereicht und genehmigt bekommen. Ich habe auch dieses Schuljahr keine eigenen Prüfungen mehr…. Ich muss auch nur noch bis nächste Woche arbeiten und habe ebenfalls danach frei...“ „Oh das ist so schön!“, bringe ich ihm freudig entgegen. Habe aber gemischte Gefühle. Selbst wenn wir beide frei haben, können wir uns nicht in aller Öffentlichkeit bei einem Date blicken lassen. Das was wir unternehmen könnten, wäre in der Tat sehr stark eingeschränkt. Und vom Abschlussball erst ganz zu schweigen… Aber dennoch, so viel Zeit zusammen in trauter Zweisamkeit. Da fällt es mir nicht schwer und ich hätte schon Ideen… „Mirai und ich fliegen dann für fast 4 Wochen nach Ägypten!“ Ein Felsblock stürzt vom Himmel genau auf mich, zerquetscht meinen Oberkörper. Ich bekomme keine Luft mehr. Okay, wir wollen es als Paar versuchen, aber wir haben gar keine gemeinsame Zeit… Ich muss 4 Wochen auf ihn verzichten?! Pure Enttäuschung schlägt sich in meinen Gesichtszügen wieder. „Ich hatte mich gefragt….“, er druckst etwas rum. Schon klar, ich soll bestimmt solange Kacy nehmen. „Ob du vielleicht mitkommen möchtest?“ „Nach Ägypten? Ich?“ „Ja. Also wenn dir und deinem frisch operierten Herzen Langstreckenflüge nichts ausmachen? Es wäre mir eine Freude, dir meine Heimat zu zeigen.“ Yami schenkt mir sein wunderschönes, ehrliches Lächeln, das sogar seine Augen erreicht. Beinahe könnte ich in die Luft springen vor Freude. Damit hatte ich nicht gerechnet. Er und ich 4 Wochen Urlaub in Ägypten! Das wäre ja – der Wahnsinn! Wir könnten uns dort zusammen blicken lassen, ohne Angst vor Konsequenzen bezüglich der Schule. „Das wäre ja wunderbar! Oh ja, ich würde so schrecklich gerne mit dir fliegen! Ich bin so gespannt auf deine Heimat! Ich muss bei den Ärzten wegen dem Herzen fragen… Aber ich glaube nicht, dass es ein Problem wäre. Meine Werte sind alle wieder bestens! Nur…“, ich muss an die schlechten Einnahmen der letzten Monate denken, das werde ich mir niemals leisten können. Und genau das schildere ich dem jungen Ägypter auch. „Du würdest natürlich bei uns wohnen, im Anwesen meiner Eltern. Es gibt mehr als genug Platz und Mirai und ich dürfen immer ausgewählte Gäste mitbringen. Es wäre „nur“ der Flug“, er gestikuliert Anführungszeichen in die Luft beim Wort ‚nur‘. „Langstrecke hin und zurück ist natürlich nicht günstig, das stimmt… Wobei wir zeitlich nicht so fest gebunden sind, wir können uns die kostengünstigste Verbindung raussuchen. Das machen wir eh immer.“ „Wann soll es denn los gehen?“ Der Referendar streicht mir liebevoll durch die Haare. „Mirai und ich haben noch nicht fest gebucht, wir wollen wahrscheinlich den Nachtflug am 19. Mai nehmen.“ „Das ist ja schon in 9 Tagen!“, strahle ich. „Oh ich freue mich ja so! Ich bin ganz aufgeregt!“ „Dieses Mal würde ich auch Kacy mitnehmen. Das mache ich auch nicht immer. Aber für 4 Wochen kann und möchte ich sie nicht abgeben. Also ist der Plan wie folgt. Der Flug von hier bis Kairo dauert mit Umsteigen über 20 Stunden. So weite Strecken darf man Hunde nicht mitnehmen. Kacy ist zu groß für die Kabine, sie muss in eine spezielle Transportbox in den dafür zugelassenen Gepäckbereich für Tiere. Das geht höchstens für 8-10 Stunden. Und selbst das mache ich ungern. Sie braucht dann Auslauf, vernünftiges Futter und Wasser. Wir fliegen erstmal nur die halbe Strecke, bis Indien, übernachten einmal im Hotel und dann geht es am nächsten Tag weiter nach Kairo. Du bräuchtest also Touristen-Visa für Ägypten und Indien.“ „Ja das macht Sinn, ich verstehe. Ich freue mich wirklich riesig, Yami! Das ist so eine schöne Idee von dir! Und ich möchte unbedingt mit dir nach Ägypten! Ich werde mit meinem Großvater und mit meinen Ärzten darüber sprechen! Das bedeutet dann ja, dass wir von Mitte Mai bis Mitte Juni weg sind…. Über meinen Geburtstag! Ich war noch nie ohne Großvater und meine Freunde an meinem Geburtstag. Aber ich kann ja mit ihnen nachfeiern, das wäre kein Problem.“ „Und über meinen“, lächelt Yami. Stimmt ja, er ist ja auch Sternzeichen Zwilling! „Wann ist deiner?“, frage ich gespannt. „Am 23. Mai. Und deiner?“ „Kurz danach, am 4. Juni.“ „Sehr schön, dann feiern wir zusammen! Doppelgeburtstag!“, grinst er. „Wie wäre es, wenn wir uns, statt uns gegenseitig etwas zu schenken, eine schöne gemeinsame Geburtstagsfeier organisieren?“ „Jaa, sehr gerne!“, schwärme ich. Ich bin wirklich froh über diese Idee, mir nicht noch in Eile den Kopf über ein Geschenk für ihn zerbrechen zu müssen…. Dieses Mal für meinen festen Partner, der 27 wird. Ein angenehmes Kribbeln läuft mir den Rücken runter. Mir hatte das damals an Weihnachten schon gereicht. Nach ewig langer Suche, Peinlichkeiten und Zeitverschwendung hatte ich mich für hübsch eingepackte Pralinen einer bekannten Marke entschieden. Ich weiß ja, wie sehr Yami Süßigkeiten liebt. Dann hatte ich keine Möglichkeit, Yami diese zu schenken – oder ich hatte mich in anderen Situationen einfach nicht getraut. Das Ende vom Lied war, dass irgendwann das Haltbarkeitsdatum überschritten war – und diese dann von Jonouchi und Honda verdrückt wurden. Vor Freude schlinge ich meine Hände in seinen Nacken und drücke von hinten seinen Hinterkopf sanft zu mir hinunter. Küssen macht süchtig! Und endlich scheint es Yami mehr genießen zu können, ich spüre wie er deutlich entspannter erwidert. Er legt seine Hände auf meine Hüften, küsst mich sehr zärtlich und einfühlsam. Endlich als Paar und ohne meine Verzweiflung, ihn nicht haben zu können. Er duftet so gut, ich möchte mich nie wieder von ihm lösen… Allmählich wird der Kuss intensiver. Die Chemie zwischen uns entfaltet ihre Wirkung. Sanft spüre ich seine Zunge an meinen Lippen entlangstreifen, macht auf sich aufmerksam. Sekunden später stupst seine Zunge meine neugierig und spielerisch an. Ein Schauer rinnt mir die Wirbelsäule hinab. Wie vom Blitz getroffen gebe ich Yami einen kräftigen Stoß mit der flachen Hand vor den Brustkorb und drücke ihn erschrocken weg. Er gibt nur ein völlig überraschtes, teils etwas schmerzhaftes Keuchen von sich. Yami setzt rasch einen Fuß nach hinten um sich nach dem Stoß schnell auszubalancieren. „Yugi -“, blinzelt er schwer atmend. Völlig irritiert sieht er mich an und bemerkt dann erst, dass die Tür offen steht und Großvater hereingetreten ist. Ich habe den Schlüssel gehört, nur leider, da ich zugegebenermaßen ziemlich abgelenkt war, viel zu spät. Anhand der hektischen und überstürzten Bewegungen voneinander weg wird Großvater erkannt haben, dass er uns bei etwas sehr Privaten gestört hat. Wenn er nicht ohnehin schon alles gesehen hat. Ich kann echt nicht sagen, wie lange er schon in der Tür stand… ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wie schade, keine Lehrer-Witze mehr XD“ Was ist denn jetzt der Unterschied zwischen Physik und Chemie? XP~ Als Hausaufgabe erklärt das bitte jeder LeserIn im Kommi >D~~ Wie, das geht nicht? Setzen, 6! >_< Als Strafarbeit muss das Kapitel nochmal gelesen werden XD““““ Yamis Geburtstag, der 23. Mai – das war seitdem ich diese Story angefangen habe zu schreiben (Anfang des Jahres 2005) so geplant und ich bleibe dabei. Ja, das ist kein Zufall, die Stelle ist dir, , gewidmet, trotz all der Jahre. 😊 Die Stelle mit den Pralinen ist für all die treuen Leser von damals, die mich immer gefragt hatten, was Yugi denn nun für Yami zu Weihnachten besorgt hatte. Was bisher nie aufgelöst wurde – da habt ihr eure Antwort XD. Ich hoffe, euch hat es gefallen. Die beiden habens ja nun nach 26 Kapiteln und fast 19 Jahren Schreibzeit endlich geschafft… Mir hat dieses Chapter zumindest sehr viel abverlangt – aber auch sehr viel Spaß gemacht ^__^. Aber ich bin zufrieden. 😊 Viele Grüße Polarstern Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)