A new generation von -Raven- ================================================================================ Kapitel 9: Phase 9: Death took her hand... ------------------------------------------ Phase 9: Death took her hand... and she laughed Wärme. Stille. Sicherheit. Die Dunkelheit hüllt sie ein wie ein schützender Mantel, verbirgt sie vor allem Äußeren. Sie treibt in einem warmen schwarzen Ozean und hat nicht das geringste Bedürfnis, diesen Zustand zu ändern. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlt sie sich sicher. Zum ersten Mal findet sie Ruhe. Die Stille, die sie umgibt, wird nur von einem tiefen, rhythmischen Klopfen unterbrochen - ihrem eigenen Herzschlag. Hat der Engel sie getötet? Wenn ja, dann hat sie absolut nichts dagegen, tot zu sein. Sie lacht leise, als sie daran denkt, wie sehr sie sich manchmal vor dem Tod gefürchtet hat. Wie nichtig das alles letztendlich ist! Sie hat ihren Namen zurückgelassen, genau, wie sie ihre Angst und ihren Schmerz zurückgelassen hat. Hier ist sie frei. Der Gedanke an ihre Furcht erscheint ihr mit einem Mal lächerlich. Warum sollte sie sich fürchten? Nichts ist ihr näher und vertrauter als der Tod... Sie driftet mit einer unsichtbaren Strömung durch die Dunkelheit, als plötzlich ein grelles Licht in ihre Geborgenheit eindringt und schmerzhaft in ihre Augen beißt. Mit unwiderstehlicher Kraft und völlig gegen ihren Willen wird sie zu dem Licht hingezogen. "Nein..." Als sie hineintaucht, rasen Gedankenfetzen durch ihren Geist: EVA-07, der Engel, eine Schlacht, Schmerz, ein riesiges schwarzes Tor, Licht, ein Hubschrauber (vermutlich ein Krankentransport), Gesichter, Stimmen... Dr. Akagi, Kommandant Ikari, Major Aida, Misato, Jörn Hansen, David... Der weiße Turm... Alles wirbelt durcheinander wie in einer Fieberphantasie. Das Gesicht einer Frau mit schwarzem Haar, neben ihr ein Mann mit sanften grauen Augen... Die Frau streicht ihr über die Wange... Sie weint... NERV-KRANKENHAUS "Sie kommt zu sich!" Zwei Ärzte und mehrere Krankenschwestern warfen mit unverständlichen medizinischen Fachtermini um sich und bemühten sich gleichzeitig, Tia möglichst viele Injektionen zu geben bzw. sie möglichst vielen Untersuchungen zu unterziehen. Der Sergeant wollte sich aufrichten, doch es gelang ihr nicht; sie war sogar beinahe zu schwach, die Augen offenzuhalten. Einer der Ärzte leuchtete ihr mit einer winzigen Stablampe in die Pupillen. Tia blinzelte gereizt und versuchte erfolglos, den Kopf weg zu drehen. "Dem Himmel sei Dank!" Der Stimme nach zu urteilen, hatte Dr. Akagi gerade den Raum betreten. "Nun lassen Sie das arme Mädchen doch erst einmal in Ruhe, Sawabe-san!", fuhr sie ihren übereifrigen Kollegen mit der Lampe nicht gerade freundlich an. Erst jetzt drang das Piepsen der Maschinen, an die man sie offenbar angeschlossen hatte, zu Tia durch. Was hatte sie da eigentlich in der Nase und im Hals? Als Ritsukos erschöpft und übermüdet wirkendes Gesicht über ihr auftauchte, versuchte Tia zu sprechen. Das hätte sie wohl besser gelassen: ein heftiger Würgreiz brachte sie zum Husten, und beinahe wäre sie an dem, was auch immer man ihr in den Hals geschoben hatte, erstickt. Ihre Kehle brannte wie Feuer... "Ganz ruhig, Sergeant Langley. Bitte versuchen Sie jetzt nicht, zu sprechen. Wir mussten eine Tracheotomie vornehmen, Sie intubieren und außerdem mit einer Magensonde ernähren." Die Soldatin keuchte erschöpft und deutete so energisch wie eben möglich auf den Schlauch in ihrer Nase. "Was meinen Sie?" Mit einer enormen Kraftanstrengung (so erschien es ihr zumindest) nahm sie die Hand der Wissenschaftlerin, führte sie an die Schläuche und dann wieder davon weg. "Sie wollen, dass wir die Sonde entfernen?" Zustimmend bewegte das Mädchen den Kopf, was sie jedoch auf der Stelle bereute; ein stechender Schmerz durchfuhr sie, um sich dann in ihren Schläfen einzunisten. "Nein. Auf gar keinen Fall." Tia warf ihr einen flehenden Blick zu und legte die Hand an die Kehle. "Es tut mir wirklich leid, aber Dr. Sawabe und ich können das noch nicht verantworten. Wenn Sie einen Rückfall erleiden... Nun, Sie verstehen. Bitte haben Sie noch etwas Geduld. Wenn Ihr Zustand bis morgen stabil geblieben ist, sehen wir weiter." Die blonde Frau fuhr mit ihren Erklärungen fort, doch Tia hatte große Mühe, ihr zu folgen. Die Worte schwirrten durch ihr Bewusstsein, glitschig wie kleine, glitzernde Fische; die Stimme der anderen erschien ihr unendlich fern. Als habe sie die Gedanken der Patientin aufgefangen, unterbrach Ritsuko ihre Ausführungen und lächelte schuldbewusst. "Sie sollten jetzt schlafen." MISATO KATSURAGIS APARTMENT Erschöpft ließ Misato sich auf die Couch fallen, um die sie mindestens eine halbe Stunde lang ruhelos und aufgewühlt herumgewandert war, immer von Pen-Pens zweifelnden Blicken verfolgt. Als das Telefon klingelte, flüsterte sie erstickt: "Bitte nicht. Bitte, bitte nicht." Nach einigen verzweifelten Sekunden des Kampfes um ihre Fassung nahm sie schließlich den Hörer ab. "Ja?" "Misato? Hier ist Ritsuko. Ich habe zur Abwechslung eine gute Nachricht. Sergeant Langley ist gerade aufgewacht. Ihr Zustand ist jetzt stabil." "Heißt das..." "Ja. Sie wird es aller Wahrscheinlichkeit nach schaffen." Im Stillen dankte Misato allen ihr bekannten Göttern. "Und... die anderen?" "Riley liegt immer noch im Koma. Sein Zustand verändert sich einfach nicht. Und Setsuke... Sie hat maximal noch zwei Tage, eher weniger." Nach diesem nicht unbedingt erfreulichen Gespräch begann die Subkommandantin erneut, ziellos in der Wohnung umherzulaufen. Schließlich holte sie sich eine Dose Bier aus dem Kühlschrank und leerte sie halb, ehe sie in Rileys Zimmer ging. Es war ungewöhnlich ordentlich für einen sechzehnjährigen Jungen, aber der junge Brite war ohnehin alles andere als ein typischer Jugendlicher. Traurig lächelnd betrachtete Misato das Foto von Rileys Eltern auf dem Schreibtisch, die ordentlich aufgereihten Bücher im Regal und die liebevoll geordnete CD-Sammlung. An der Wand hingen verschiedene Fotos und Postkarten, die Rileys Heimat in ihrer teilweise ziemlich wildromantischen Schönheit zeigten. Er hat nie erwähnt, dass er Heimweh hat, dachte Misato leicht erstaunt, um kurz darauf mit schlechtem Gewissen hinzuzufügen: Und ich habe ihn nie danach gefragt. Seufzend verließ sie den Raum und betrat Tias Zimmer, das direkt daneben lag. Hier herrschte eine völlig andere, nahezu sterile Art von Ordnung. Bis auf Tias Universitätsdiplom und drei Urkunden von Scharfschützenturnieren waren die Wände völlig kahl. Auf dem Schreibtisch stand statt eines Familienfotos ein gerahmtes Bild von EVA-07. Wie... traurig... Das Bett war militärisch - perfekt gemacht. Sie ist Soldatin, erinnerte Misato sich selbst ungehalten. Die Regale waren gefüllt mit Büchern, die größtenteils wissenschaftliche (und, nebenbei bemerkt, hochkomplizierte) Titel in Deutsch und Englisch trugen. Hauptsächlich handelte es sich um Werke aus Tias Fachbereich, der mikrobiologischen Genetik bzw. viralen Biologie. Ein aufgeschlagenes Exemplar lag auf der Fensterbank, daneben eine zerknautschte Zigarettenschachtel und eine halbvolle Bierdose. Sie hat an diesem Abend hier gesessen und ein Buch über das Hantavirus gelesen, während die anderen gefeiert haben. Mit einer Art morbider Faszination blätterte sie durch den akademisch vermutlich hoch wertvollen Wälzer. Riley hatte ihn seiner Kollegin zum Geburtstag geschenkt... Davids Geschenk war eine Plüschmaus gewesen - eine prompte Reaktion auf Tias ätzende Bemerkung, ihr Lieblingstier sei die gemeine Labormaus. Besagte Maus saß jetzt auf einem der Regale zwischen einem Foto von Tias Mutter Asuka und einem Pokal, der den ersten Preis eines weiteren Scharfschützenwettbewerbs darstellte. Nachdenklich nahm die Japanerin das Plüschtier in die Hand und drehte es hin und her. Sie hat es immerhin nicht weggeworfen, sondern ihm sogar einen Ehrenplatz gegeben... Das soll einer verstehen. Schließlich beschloss sie, der Pilotin die Maus ins Krankenhaus mitzubringen. Wenn sie bereits erfahren hatte, wie es um Riley und Setsuke stand, würde sie wohl dringend Trost benötigen, und sei es nur von einem ironisch grinsenden Stofftier mit riesigen Ohren, einer grell-rosa Latzhose und überdimensionalen Füßen. In der Tür blieb sie noch einmal stehen. Der Raum wirkte so kalt und unpersönlich... Misato Katsuragi erschauerte und wandte sich rasch ab. NERV-KRANKENHAUS Als Tia wieder erwachte, war es draußen bereits dunkel - jedenfalls, soweit sie das beurteilen konnte. Offenbar hatte Dr. Akagi inzwischen mit diesem Stümper Sawabe verhandelt und ihn dazu gebracht, wenigstens die Magensonde entfernt. Dafür hatte man sie an den Tropf gelegt, um ihren Körper weiterhin mit den notwendigen Nährstoffen versorgen zu können. Insgesamt steckten drei Nadeln in ihren Armen. Der Schlauch steckte allerdings noch immer in ihrem Hals. An diesem verfluchten Luftröhrenschnitt würde sie wahrscheinlich noch einige Zeit lang Freude haben... "Tia..." General Jörn Hansen saß auf einem Stuhl neben ihrem Bett und betrachtete sie mit einer Mischung aus Erleichterung und nahezu väterlicher Besorgnis. Was will der denn hier? Haben sie ihm erzählt, dass seine Superwaffe demoliert worden ist? Will er sich ein Bild vom Ausmaß des Schadens machen? Sie war sich bewusst, dass sie unfair war, aber in ihrer Lage durfte sie sich das wohl erlauben. Tia legte die rechte Hand auf ihren Hals und berührte den von Pflastern fixierten Schlauch. Der General legte sanft seine Hand auf ihre. "Ich weiß, Kleines. Dr. Akagi sagte mir, dass sie ihn spätestens übermorgen entfernen wird. Aber wenn dein Zustand stabil bleibt, vielleicht auch schon morgen." Das Mädchen zog in einer Parodie eines Lächelns den linken Mundwinkel hoch; wenn sie gekonnt hätte, hätte sie jetzt liebend gerne einen sarkastischen Kommentar abgegeben. Kraftlos versuchte sie, sich aufzusetzen. "Warte einen Augenblick." Jörn verstellte den Kopfteil ihres Bettes etwas und schob ihr mehrere Kissen unter den Rücken, so dass sie tatsächlich in eine halb sitzende Position gelangte. Tia legte ihm die Hand auf den Arm und versuchte erneut, zu lächeln. "Nichts zu danken, min deern." Wie kann ich ihn nur nach den anderen fragen? Das einfachste wäre gewesen, gedanklich mit ihm zu sprechen, doch ihre Kopfschmerzen warnten sie eindringlichst davor. Obwohl sie Angst vor der Antwort hatte, setzte sie ihre Idee in die Tat um: sie wies auf sich und zeigte Jörn anschließend sieben Finger. "EVA-07?", erkundigte er sich. Vorsichtig nickte sie. Fangen wir mit Seven an. "Deine Blechbüchse ist ziemlich ramponiert, aber er wird's überstehen - so wie du. Das Ding hat dir das Leben gerettet, weißt du?" Das "Ding" hat mehr Zuneigung für mich übrig als du. Oder würdest du für mich sterben? Statt ihm telepathisch die passende Antwort zukommen zu lassen, zuckte die Soldatin nur schwach mit einer Schulter. Dann hob sie wieder die Hand. Vier Finger. Kurze Pause. Fünf Finger. "Setsuke und Riley?" Die Stimme des großen Mannes war sanft, hatte aber einen seltsamen Unterton, der Tia nichts Gutes ahnen ließ. "Riley liegt im Koma, min deern. Er ist sehr schwer verletzt." Er zögerte. Tia zog ihn am Ärmel seiner Uniformjacke und zeigte ihm noch einmal - diesmal energischer - vier Finger. "Ich sollte es dir wahrscheinlich nicht sagen, aber... Ich möchte dich nicht belügen, Tia. Setsuke wird sterben. Die Ärzte geben ihr noch maximal einen Tag." In ihren Ohren rauschte etwas... Gequält schloss Tia ihre Augen. Natürlich mochte sie Setsuke noch immer nicht besonders, aber deswegen wünschte sie ihr doch nicht den Tod! Mit alptraumhafter Klarheit sah sie wieder, wie der Engel EVA-04 attackierte. Sie hätte es verhindern können... Es ist meine Schuld. Jörns große Hand strich vorsichtig durch ihr Haar. "Es tut mir leid." Verzweifelt bemühte sie sich, zu schlucken; sie wollte nur noch schreien. Das Rauschen schwoll zu einem Dröhnen an. Es war schon immer meine Schuld... Das flatternde, ehemals weiße Gewand, nun rot vom Blut... Brechende Augen voller Schmerz und Liebe... Gequält warf Tia den Kopf in den Nacken. "Tia? Kleines, was... DOKTOR!" Rote Flecken wirbelten in einem schwindelerregenden Tanz vor ihren Augen herum. Bitte nicht! Warum hört es nicht auf? Mach, dass es aufhört! WO BIST DU? Eilige Schritte, ein stechender Schmerz in ihrem Arm und dann... Wärme. Es fühlte sich an, als würde sie in einer Wolke versinken, ganz langsam... "Okay. Okay. Ganz ruhig atmen. Ganz ruhig..." Ritsuko tätschelte ihr nicht unbedingt sanft die Wange. Irgendwie war die Berührung tröstlich, war sie doch eine Verbindung zur Realität. "Setsuke..." Erst, als die Wissenschaftlerin verblüfft zusammenzuckte, wurde Tia klar, dass sie auf der geistigen Ebene "gesprochen" hatte. "Der General hat es Ihnen also gesagt." Ein tadelnder Blick traf Jörn, der ihn kalt erwiderte. "Auf lange Sicht konnte ich es ihr ohnehin nicht verschweigen. Sie hat mich gefragt. Warum hätte ich lügen sollen?" "Damit so etwas wie das hier nicht passiert! Das war unverantwortlich, General! So können Sie vielleicht mit Ihren Männern umspringen, aber..." "Sergeant Langley ist Teil meiner Truppe." Sofort verfiel er in den kalten, sachlichen Tonfall, den Tia schon als Kind zu fürchten gelernt hatte. "Aber momentan steht sie unter dem Kommando von NERV! Sie sind hier zu Gast, General. Respektieren Sie das! Und wenn Sie schon davor keine Achtung haben, denken Sie wenigstens einmal an das Wohl des Sergeants! Sie braucht noch viel Ruhe, und..." Gerade, als Ritsuko im Begriff war, zu explodieren, öffnete sich die Tür. Eine zierliche, verhärmt wirkende Frau stürmte zu Tias Bett und musterte das Mädchen hasserfüllt. "Sind Sie nun zufrieden?" Augenblicklich waren der General und die Wissenschaftlerin sich wieder einig. "Himura-san, das ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt..." "Nicht der richtige Zeitpunkt? Mein Kind stirbt, und Sie sagen mir, es sei der falsche Zeitpunkt?" Jörn machte Anstalten, sie einfach aus dem Raum zu drängen... "Nein." Überrascht richteten sich alle Blicke auf sie. "Dr. Akagi, General Hansen - bitte lassen sie uns allein." Die Kopfschmerzen drohten ihre Schädeldecke zu sprengen, doch sie ignorierte es hartnäckig. Auch den leisen, übelkeiterregenden Schwindel schob sie energisch in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins. "Tia, ich glaube nicht..." "Bitte." Hansen und Akagi wechselten einen skeptischen Blick und nickten dann synchron. "In Ordnung. Himura-san, die Patientin braucht noch sehr viel Ruhe. Maximal fünf Minuten, auf keinen Fall länger. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre ungerechtfertigten Vorwürfe für sich behalten würden." Ein verächtliches Schnauben zeigte sehr deutlich, was Setsukes Mutter von dieser Ermahnung hielt. Und richtig: kaum hatten die beiden anderen Erwachsenen den Raum verlassen, sah Tia sich wieder dem vollen Hass der Frau ausgesetzt. "Sie...", zischte Himura. Ich will nicht mit ihr reden... Warum soll ich mir Dinge anhören, die ich schon längst weiß? Stöhnend rutschte sie etwas tiefer in die Kissen und zwang sich, der anderen geradewegs in die Augen zu sehen. "Sie sind mit dieser Art der Kommunikation vertraut?" "Natürlich." "Gut. Ich bin momentan nicht in der Stimmung für lange Diskussionen. Nur so viel: wenn sie mir die Schuld für dieses Desaster geben, haben Sie recht. Ich hätte es verhindern müssen. Ich könnte Ihnen jetzt sagen, dass es mir leid tut, aber das würde nichts an der Situation ändern." Die braunen Augen flackerten und füllten sich langsam mit Tränen. "Sie haben meiner Tochter das Leben zu Hölle gemacht..." "Das kann ich nicht abstreiten. Ich neige dazu, zu hohe Anforderungen an andere zu stellen. Dazu kommt, dass ich Setsuke, ehrlich gesagt, nie wirklich mochte..." "UND DAS IST EIN GRUND, MEINE TOCHTER IN DEN TOD RENNEN ZU LASSEN? Sie sind so widerwärtig selbstgerecht! Warum gehen Sie nicht zurück nach Deutschland und kümmern sich dort um Ihre Mikroben? Wie viele Leben wollen Sie noch zerstören? Wie viele Familien wollen Sie noch ins Unglück stürzen? Sie sind doch erst dann zufrieden, wenn auch David im Koma liegt!" Vor lauter Zorn sah das Mädchen einen Moment lang buchstäblich rot. "Glauben Sie, was Sie wollen. Ich bin EVA-Pilotin, kein Babysitter. Und ich erwarte von den anderen EVA-Piloten, dass sie verdammt noch mal in der Lage sind, auf sich selbst aufzupassen! Es tut mir leid, was passiert ist. Aber ich hatte die Wahl, entweder Setsuke und Riley zu verteidigen oder eine Gruppe hilfloser Zivilisten zu beschützen. Zweiteilen kann ich mich leider noch nicht. Und auf eines können Sie Gift nehmen, Himura-san: ich wünschte wirklich, ich wäre jetzt an Setsukes Stelle. Wenn es möglich wäre, würde ich sofort tauschen. Es macht mir bestimmt keinen Spass, zu wissen, dass Sie trauern..." Ein greller Blitz aus Schmerz fuhr durch ihr Hirn; wimmernd presste sie die Hände an die Schläfen. Tränen schossen ihr in die Augen, und mit einem Mal hatte sie das überwältigende Bedürfnis, sich zusammenzurollen und einfach zu weinen, bis ihr die Luft wegblieb. Was erwartet ihr eigentlich von mir? Ich bin doch auch nur ein Mensch! Ihr seid doch angeblich so klug und unfehlbar. Dann macht euren Mist doch alleine... Eine zögernde Berührung an ihrer Schulter ließ sie aufblicken. "Verzeihen Sie. Ich war ungerecht. Es muss schwer für Sie sein." Als trauernde Mutter hat sie wohl das Recht, sich irrational zu verhalten. Müde blinzelnd strich Tia sich ihr wirres Haar aus dem Augen. Mittlerweile hämmerte ihr Herz in ihren Ohren wie ein Presslufthammer, und sie konnte nur noch unscharf sehen - typische Anzeichen dafür, dass sie ihre Fähigkeiten wieder einmal überstrapaziert hatte. "Bitte... sagen Sie Setsuke... dass... es mir leid tut..." Sie fühlte gerade noch, wie jemand sanft ihre Hand drückte, bevor sie in eine gnädige Ohnmacht abdriftete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)