Ist was, Liebling? von Cat_in_the_web (Robert + Tyson) ================================================================================ Kapitel 4: Robert's Eltern -------------------------- Titel: Ist was, Liebling? Teil: 4/? Autor: Cat in the web Fandom (Anime/Manga): Beyblade Rating: P12 Slash Pairing: Robert + Tyson Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Ich bedanke mich herzlich bei denen, die bisher meine Story kommentiert haben! -------------------------------------------------- Ist was, Liebling? von Cat in the web Kapitel 4: Robert's Eltern Robert saß wie versteinert da, mit dem Telefonhörer in der Hand. Er versuchte etwas zu sagen, aber irgendwie hatte sich seine Stimme verabschiedet. "Hallo? Wer ist da, bitte?" fragte Alexander, der Butler seiner Eltern. Robert räusperte sich und brachte hervor: "Guten Tag, Alexander, ich bin es, Robert. Sind meine Eltern zu sprechen?" In Gedanken gratulierte sich Robert dazu, dass seine Stimme so fest klang. "Ah, Master Robert, wie schön von Ihnen zu hören. Bitte warten Sie einen Moment. Ich werde Ihre Eltern sofort informieren. Sie haben bereits auf Ihren Anruf gewartet." ,Da wette ich drauf.' dachte Robert missmutig. Während er darauf wartete, dass sich am anderen Ende der Leitung erneut jemand meldete, hing er seinen düsteren Gedanken nach. Wie würden seine Eltern wohl reagieren, wenn er gleich mit ihnen sprach? Bestimmt nicht positiv. Hoffentlich enterbten sie ihn nicht gleich. Er war so vertieft in seine Überlegungen, dass er nicht bemerkte, wie die Türklinge ganz langsam herunter gedrückt wurde. Die Tür öffnete sich einen winzigen Spalt, und die Türklinge ging zurück in ihre alte Position. Robert wurde erst aus seinen Gedanken gerissen, als plötzlich eine Stimme vom anderen Ende der Leitung schrie: "Robert, du wirst eine gute Erklärung dafür benötigen! Hast du eine Ahnung, was hier los ist?! Die gesamte Verwandtschaft steht Kopf, und die Presse lässt die Familie nicht mehr in Ruhe! Du wirst mich noch ins Grab bringen, mein Sohn! Oh, mein armes schwaches Herz!" Robert rollte mit den Augen und versuchte, seinen Vater zu beruhigen: "Vater, bitte, du hast nichts mit dem Herzen. Du leidest unter Verdauungsstörungen. Und das wird dich kaum ins Grab bringen." "Aber es ist trotzdem schlimmer geworden, und daran bist du schuld!" antwortete ihm sein Vater, "Und wie willst du diese Sache mit der Hochzeit erklären?!" "Vater, wir hatten eine Party, und da..." "Und da hast du gleich beschlossen, einen der Partygäste zu heiraten?! Gab's eigentlich keine Damen auf der Party?!" "Paps, wenn du mich ausreden lassen würdest..." begann Robert, doch er wurde erneut unterbrochen, diesmal allerdings von einer weiblichen Stimme vom anderen Ende der Leitung her. "Gib mir sofort das Telefon!!!" hörte er seine Mutter seinen Vater anschreien. Kurz darauf ertönte ihre Stimme aus dem Hörer: "Robert, ich erwarte eine Erklärung, und zwar eine verdammt Gute!" Robert riss die Augen auf und schluckte. Seine Mutter war eine vornehme Dame und hatte noch nie Fluchworte verwendet - zumindest nicht bis heute. Er saß übel in der Patsche. Robert atmete tief durch und begann: "Also, Mama, das war so..." Es dauerte eine Weile, bis er mit der Erklärung fertig war, aber immerhin hatte ihn weder seine Mutter noch sein Vater dabei unterbrochen. Ein paar Sekunden lang herrschte Stille, dann fragte seine Mutter: "Wenn ihr alle betrunken gewesen seid bei der Trauung, wie kommt es dann, dass euch der Standesbeamte getraut hat? War der etwa auch betrunken?" "Nein, Mama, er war Friederich von Rabenwald." gab Robert den Namen des Standesbeamten preis. Das war seine letzte Trumpfkarte. Und sie wirkte anscheinend, denn er hörte seinen Vater schreien: "Was?! Dieser unseriöse von Straßenräubern abstammende Halunke hat meinen Sohn getraut?!" Die Erzfeindschaft zwischen diesen Beiden dauerte bereits seit ihrer Schulzeit an. "Ich würde sagen, er hat sich die Trunkenheit unseres Sohnes und seiner Freunde zunutze gemacht. Aber die Idee zu dieser Hochzeit hatte sicher nicht er!" kommentierte seine Mutter, dann wandte sie sich wieder dem Hörer zu. "Robert, du schnappst dir sofort deinen Ehepartner und deine Freunde und kommst mit ihnen nach Lilienfels, verstanden?" Der Tonfall seiner Mutter machte deutlich, dass es kein Vorschlag war. "Ja, Mama." Robert hatte entschieden, dass es im Moment besser war, allem zuzustimmen. "Sorg dafür, dass ihr wenig Aufmerksamkeit erregt. Die Medien benehmen sich wie die Wilden, aber es dürfte ihnen trotzdem schwer fallen, ins Wasserschloss einzudringen. Vielleicht nehmt ihr am Besten einen Hubschrauber." "Okay, Mama." "Ich erwarte eure Ankunft so bald wie möglich. Dann wird die Familie über diese Sache entscheiden, verstanden?" "Ja, Mama." Irgendwo hinter Robert war ein schnaubendes Geräusch zu hören, als wenn sich jemand ein lautes Lachen verkneifen musste. Robert's rechtes Augenlid zuckte kurz. "Gut. Ich erwarte, euch bald hier zu sehen." Ohne zu warten, ob er noch etwas sagen wollte, legte seine Mutter auf. Robert legte den Hörer ganz leise zurück auf's Telefon. Dann machte er einen Satz aus seinem Stuhl und riss die Tür auf. Zwanzig Augenpaare blickten ihn erschrocken an. Tala und Johnny, die sich etwas weiter vorgelehnt hatten, um besser lauschen zu können, wären um ein Haar in den Raum hinein gefallen. Robert blickte finster auf die Horde von zwanzig Bladern. "Welch ein unwürdiges Verhalten! Habt ihr keinen Respekt vor anderer Leute Privatsphäre?!" donnerte er los, und zumindest Oliver und Kenny hatten den Anstand, leicht beschämt auszusehen. "Es wurde entschieden, dass wir zum Wasserschloss Lilienfels fahren werden, um dort diese Ehe mit meiner Familie zu diskutieren." "Und da müssen wir unbedingt mit?" fragte Steve. Bevor Robert antworten konnte, sagte Johnny grinsend: "Ich möchte diese Sache um nichts in der Welt verpassen." Robert warf dem Rotschopf einen giftigen Blick zu und wies die Blader an: "Packt eure Sachen. Wir reisen noch heute ab." "Ja, Mama!" tönte es aus den Reihen der Blader. Robert machte einen Satz nach vorne, doch bevor er noch seine Hände um den Hals von Johnny, Tala, Enrico, Ian oder Michael legen konnte, gab die ganze Bande bereits Fersengeld. *** Eine Viertelstunde später standen alle Blader mit ihrem Gepäck abreisebereit im Gang, aber keiner verließ das Haus. Stattdessen standen sie zu beiden Seiten der Fenster und schielten vorsichtig hinter den Vorhängen hervor auf die Straße. BRUMM! Erneut fuhr ein Auto an dem Haus vorbei die Straße hinunter, die zu Robert's Schloss führte, und zwar ausschließlich zu Robert's Schloss und nirgendwo anders hin. BRUMM! Wieder fuhr ein Auto vorbei. BRUMM, BRUMM! Diesmal zwei Motorräder. Eddy wandte sich von dem Schauspiel der Wagenkolonne ab und lehnte sich mit einem Seufzer gegen die Wand. "Oh Mann, ich hätte trotz allem nicht erwartet, dass die Leute so einen Aufstand machen würden." Emily schüttelte ungläubig den Kopf. "Was für ein Zirkus. Und das sind alles Leute von der Zeitung?" "Von der Zeitung, von Zeitschriften, vom Fernsehen und was es sonst noch alles gibt." antwortete Enrico, "Und dann sind da natürlich noch die Paparazzi." Wieder fuhr ein Fahrzeug Richtung Schloss, diesmal war es ein ganzer Bus. "Und eventuell noch ein paar Schaulustige." "Ein Glück, dass unsere Autos außer Sicht im Hinterhof geparkt sind, sonst würde die Presse auch hier anklopfen." bemerkte Johnny, während er die Straße weiter im Auge behielt. Robert runzelte missbilligend die Stirn. "Hoffentlich hat Gustav die Schlosstore geschlossen, sonst werden diese Leute durch sämtliche Räume meines Schlosses wandern." Tyson zuckte unangenehm berührt zusammen, als er an seinen ersten Besuch in Robert's Schloss dachte, und sagte mit einem schiefen Grinsen: "Nur keine Sorge, bei den Fallen, die in deinem Schloss sind, machen sie das bestimmt nicht lange." Robert's Schloss war gespickt mit Fallen, die Eindringlinge aufhalten sollten, oder nach Tyson's Erfahrungen wohl eher gleich aufspießen. Ein paar neugierige Blicke der Blader, die bisher noch nicht in Robert's Schloss gewesen waren, trafen Robert, doch bevor jemand eine Frage stellen konnte, durchbrach ein neues Geräusch den Autolärm. FLAPP, FLAPP, FLAPP! Spencer schaute neugierig in die Höhe. "Hey, da kommt ein Hubschrauber!" "Tatsächlich. Und er trägt das Zeichen eines Fernsehsenders." fügte Ray hinzu. Robert atmete tief durch, bevor er sagte: "Jetzt reicht es! Wir fahren nicht zum Schloss! Ich rufe schnell Gustav an, und dann fahren wir zu dem kleinen Flugplatz in der Nähe. Da steht ein alter Transporthubschrauber, der normalerweise die Nahrungsmittel zum Schloss bringt. Das ist zwar nicht gerade stilvoll, aber wenigstens passen wir da alle rein. Und außerdem entkommen wir so den Medien." Gesagt, getan. Robert tätigte zwei Anrufe. Im Ersten teilte er Gustav mit, ein paar seiner Sachen zusammen zu packen und damit nach Schloss Lilienfels zu kommen. Im Zweiten wies er den Flugplatz an, den Hubschrauber in aller Stille startbereit zu machen. Weniger als eine Stunde später hob der Hubschrauber vom Boden ab und flog Richtung Lilienfels. Im Frachtraum saßen die einundzwanzig besten Blader der Welt auf dem Boden zusammen mit ihrem Gepäck. Den Meisten machte es nichts aus, auf diese Art zu reisen, lediglich die Majestics sahen ein wenig verschnupft drein, waren sie doch eine wesentlich luxuriösere und stilvollere Art zu reisen gewöhnt. Aber sie beschwerten sich nicht. Tyson rutschte ein wenig hin und her, um eine bessere Sitzposition zu finden. Die anderen Blader hatten dafür gesorgt, dass er neben seinem Ehepartner sitzen musste, und irgendwie machte Tyson die ganze Sache ein wenig nervös. Immer wenn er an Robert dachte oder ihn zufällig berührte, formte sich so ein seltsamer Knoten in seinem Magen. Es war nicht direkt ein unangenehmes Gefühl, aber irgendwie... irritierend. Die Stille im Frachtraum empfand Tyson allerdings als noch irritierender. Schließlich drehte er sich zu Robert um und fragte: "Robert, ich dachte immer, dein Schloss wäre der Familiensitz. Aber jetzt fliegen wir zum Treffen mit deiner Familie zum Schloss Lilienfels." Robert lehnte mit dem Rücken an der Wand des Frachtraums direkt neben Tyson und antwortete: "Mein Schloss ist der Familiensitz. Es ist das älteste Schloss, das meine Familie besitzt, und als ältester Sohn und Erbe des Titels gehört es mir. Das Wasserschloss Lilienfels ist nur ein weiteres Schloss im Besitz meiner Familie. Meine Mutter, die Baroness zu Lilienfels, hat es mit in die Familie gebracht, als sie meinen Vater heiratete. Die Renovierung von Schloss Lilienfels wurde vor drei Jahren abgeschlossen, und meine Eltern entschieden, dass sie dort wohnen wollen. Es ist nicht so abgelegen wie mein Schloss. Lilienfels liegt auf einer Insel, und am Ufer gibt es ein kleines Städtchen, Lilienstadt. Die Reporter oder auch andere Personen werden es sehr schwer haben, dort einzudringen." "Was nicht heißt, dass sie es nicht versuchen werden." warf Oliver ein. "Reporter können sehr hartnäckig sein, und die Paparazzi erst." fügte Enrico hinzu. "Wir werden das Schloss schon verteidigen!" rief Johnny munter, "Jeder, der einzudringen versucht, wird im See versenkt!" "Wir helfen gerne dabei." bot Bryan grinsend an. Robert warf ihnen einen scharfen Blick zu. "Keine weiteren Skandale!" Und dann fügte er bedeutungsschwer hinzu: "Sonst werden womöglich ein paar ganz andere Leute im See versenkt." Tyson senkte traurig seinen Blick vor sich auf den Boden. Da hörte er es. Seine Ehe mit Robert war nichts weiter als ein Skandal für den Deutschen und seine Familie. Er hatte seinem Freund nur Schwierigkeiten beschert. Er war der Schandfleck auf Robert's weißer Weste. Dabei hatte er sich doch so auf das Wiedersehen gefreut. Tyson seufzte tief. Da legte sich etwas Schweres um ihn - Robert's Arm. Der deutsche Adlige beugte sich vor, und sein Atem strich warm über Tyson's Ohr, als er ihm zuflüsterte: "Woran immer du jetzt auch denkst, Tyson, lass es bleiben. Der traurige Gesichtsausdruck steht dir gar nicht. Es gibt keine Schwierigkeiten, die wir gemeinsam nicht durchstehen können, verstanden?" Tyson nickte, und Robert lehnte sich zufrieden wieder mit dem Rücken gegen die Wand. Aber sein Arm blieb um Tyson gelegt. *** Schloss Lilienfels lag auf einer künstlich im See erbauten Insel, nicht in der Mitte, sondern mehr dem Ufer zu, wo auch die Stadt Lilienstadt erbaut worden war. Das Schloss hatte einen Nord-, Ost- und Westflügel, die um einen Innenhof erbaut waren, in dessen Mitte sich ein Springbrunnen erhob. Zum Süden hin war der Innenhof offen. Dort lag die Gartenanlage des Schlosses, ein riesiger Park. Abgegrenzt wurde die Anlage durch eine Mauer, die um die ganze Insel herum führte, damit man vom See nicht in den Park hineinsehen oder gar eindringen konnte. Eine Fähre, die der Familie Jürgens gehörte, war die einzige Verbindung zwischen dem Wasserschloss und der Stadt Lilienstadt. Oder eben ein Hubschrauber. Eine Frau lief durch einen langen Gang, dann eine Treppe herunter und durch die Eingangshalle zur Tür. Sie hatte ihr weißes Sommerkleid vorne ein wenig hoch gerafft, um besser laufen zu können. Ein weißer hauchdünner Schal hielt das lange lockige Haar zurück, und um ihren Hals trug sie eine kostbare Perlenkette. Baroness Elisabeth zu Lilienfels-Jürgens war im Adel als eine vollendete Dame bekannt. Im Moment hatte sie es allerdings ganz undamenhaft eilig. Hinter ihr her eilte eine weitere Person, ein Mann, der Robert verblüffend ähnlich sah. Das war auch kein Wunder, denn es handelte sich um Robert's Vater, Prinz Wolfgang Jürgens. "Eli-Schatz!" rief er hinter seiner Frau her, "So warte doch auf mich!" Elisabeth blieb mitten in der Empfangshalle stehen und zeigte ihre Missbilligung, indem sie eine Braue hob und ihrem Mann einen kühlen Blick zuwarf. "Liebling, es wäre angebracht, du würdest dich ein wenig mehr beeilen. Immerhin kommt unser Sohn zusammen mit seinem Gemahl!" Ihr Mann lächelte sie an. "Du scheinst dich ja sehr zu freuen!" "WAS HEIßT FREUEN?!?!?!" rief Elisabeth unstandesgemäß laut, "Wir haben einen handfesten Skandal!!! In allen Ländern der Welt wird darüber berichtet, die Medien stehen wie die Geier am Ufer von Lilienstadt und ununterbrochen wird hier angerufen!" Sie hob eine elegante schmale Hand zu ihrer Stirn. "Ach, all die Jahre haben wir uns bemüht, den Namen Jürgens rein zu halten, und nun das." "Eli-Schatz, beruhige dich. Wir haben schon so viel miteinander durchgestanden, da werden wir auch dies überstehen." Besorgt ergriff Wolfgang die Hand seiner Frau und tätschelte sie, wofür er ein freundliches Lächeln erntete. Das Geräusch eines Hubschraubers war zu hören, und es wurde immer lauter. "Da kommen sie." sagte Elisabeth und öffnete die Tür, um in den Innenhof zu laufen, gefolgt von ihrem Mann. Sie warf einen Blick in den Himmel und runzelte die Stirn. "Was ist denn das für eine Art zu reisen, in diesem alten Hubschrauber? Na warte, mein Junge!" "Ich bin sicher, er hat seine Gründe, Eli." versuchte ihr Mann sie zu beschwichtigen. Doch Elisabeth wollte davon nichts hören. "Sobald Robert aussteigt, lass mich reden." wies sie ihren Mann an, "Ich werde ihm schon die Leviten lesen." Wolfgang seufzte und rannte hinter seiner Frau her, wobei er sich fragte, ob er seinen Sohn nicht besser in Schutz nehmen sollte. In seinen Augen war dieser ganze Skandal ohnehin nur die Schuld von dieser alten Krähe Friederich von Rabenwald. *** Der Hubschrauber landete auf einem dafür vorgesehenen Platz in dem großen Park. Die Blader stiegen mit ihrem Gepäck aus, und der Hubschrauber hob wieder ab, um zurück zu fliegen. Oliver sah dem Hubschrauber hinterher. "Jetzt sitzen wir hier fest." meinte er. Enrico lächelte fröhlich. "Ist doch nicht weiter schlimm. Wir wollten sowieso hierher kommen. Und Robert's Eltern sind sehr nett." Oliver warf Enrico einen ernsten Blick zu. "Hast du Robert's Eltern schon mal erlebt, wenn sie wütend sind?" "Nein," gestand Enrico immer noch lächelnd, "aber solange sie nicht genau so schlimm wie deine Eltern sind, wenn sie wütend sind..." Er ließ den Satz unvollendet. Oliver verstand ihn auch so. Enrico hatte einmal erlebt, was es bedeuten konnte, wenn Oliver's Eltern sich stritten, und damals wäre er fast wieder zurück nach Italien geflohen. So viel Temperament hatte er den Franzosen gar nicht zugetraut. "Oh, vertrau mir, so schlimm sind sie nicht." antwortete ihm sein Freund, und Enrico's Lächeln wurde noch ein wenig breiter. Es verschwand allerdings mit einem Schlag, als Oliver fortfuhr: "Sie sind noch viel schlimmer." Die Blader hatten sich in einer lockeren Gruppe gesammelt und sahen sich um. Was sie aus der Luft gesehen hatten, war schon sehr beeindruckend gewesen. Vom Boden aus konnte man die Größe des Parks allerdings nicht mehr so gut abschätzen. Überall waren Bäume und Hecken gepflanzt, die den Blick versperrten und so den Eindruck erweckten, der Park wäre wesentlich größer als er ohnehin schon war. Robert baute sich vor den Bladern auf, stemmte die Hände in die Hüften und rief: "Herhören! Wir sind jetzt auf Schloss Lilienfels, dem Stammsitz der Familie meiner Mutter, Baroness zu Lilienfels-Jürgens, und ihr werdet in Kürze meine Eltern kennen lernen. Ich erwarte also von allen Anwesenden, dass sie ihr bestes Benehmen an den Tag legen. Ich weise außerdem darauf hin, dass dieses Schloss unter Belagerung der Medien stehen dürfte. Ihr..." "Hey, Robert!" unterbrach ihn Johnny. Robert runzelte unwillig die Stirn. "Unterbrich mich nicht, Johnny, ich war noch nicht fertig." "Ich bitte untertänigst um Verzeihung, Eure Hoheit Prinz Robert aus der Familie derer von Jürgens, aber ich möchte Euch darauf hinweisen, dass Eure ehrenwerten Eltern im Anmarsch sind. Und Eure Mutter sieht nicht allzu gut gelaunt aus." sagte Johnny mit leicht spöttischer Stimme und wartete grinsend auf Robert's Reaktion. Er wurde nicht enttäuscht. Robert wurde merklich blasser und schluckte einmal, bevor er sich umwandte. Johnny musste ein Lachen unterdrücken, und er war nicht der Einzige. Und so was war einer der ältesten Blader unter ihnen, außerdem noch Teamkapitän der Majestics. Andererseits konnte man Robert seine Reaktion wirklich nicht übel nehmen, denn als die Blader ihre Augen auf den Weg hinter Robert richteten, sahen sie eine elegante Frau auf sich zustürmen, die den Eindruck erweckte, sie wolle jemandem den Hosenboden versohlen, vorzugsweise ihrem Sohn. Hinter ihr her rannte ein ebenfalls vornehm wirkender Mann, der ohne Zweifel Robert's Vater war. Tyson stand neben Robert, und seine Reaktion auf die Ankunft seiner Schwiegereltern war ähnlich der von Robert. Er wurde blass, schluckte einmal und versteckte sich dann hinter Robert's Rücken. Robert hatte leider niemanden, hinter dem er sich verstecken konnte. Also blieb er einfach stehen, den Kopf aufrecht erhoben, sein Gesicht eine Maske höflicher Indifferenz, hinter der er seine Nervosität versteckte. Er musste seine Emotionen beherrschen und die Situation unter Kontrolle behalten. Wenn ihm jetzt ein Fehler unterlief und er sich blamierte, dann würden sich die anderen Blader vor Lachen schütteln und bei jeder künftigen Party, wenn der Alkoholspiegel in ihrem Blut wieder mal stieg, würde die Geschichte immer und immer wieder aufgewärmt werden - jedes Mal noch schlimmer als beim letzten Mal! Schöne Freunde hatte er da... Seine Eltern hielten wenige Schritte vor Robert an. Sein Vater ergriff als Erster das Wort: "Robert, mein Junge, du bist uns mit deinen Freunden auf Schloss Lilienfels willkommen. Die Zimmer für euch werden gerade bereit gemacht. Was nun das aktuelle Problem angeht..." "Schatz," unterbrach Elisabeth ihren Mann, "würdest du mich bitte reden lassen?" Wolfgang und Robert tauschten unauffällig einen Blick zwischen Vater und Sohn. Sie beide hatten dieselben Befürchtungen. Hoffentlich konnte Elisabeth ihre Emotionen in Zaum halten, immerhin waren noch andere Personen anwesend, die nicht zur Familie gehörten. "Nun, mein lieber Sohn," begann Elisabeth zuckersüß und augenscheinlich völlig ruhig, "wer von deinen Freunden ist unser Schwiegersohn?" Tyson hörte diese Frage natürlich, denn er stand ja unmittelbar hinter Robert. Tja, es war nicht so, dass er mit dieser Frage nicht gerechnet hätte, ganz im Gegenteil. Aber irgendwie war ihm reichlich bange davor, Robert's Eltern und damit seine Schwiegereltern zu treffen. Aber welche Wahl hatte er schon groß? Gar keine! Also setzte er ein Lächeln auf und lugte hinter Robert's Rücken hervor. Elisabeth sah, wie an der rechten Seite ihres Sohnes der Kopf eines jungen Mannes auftauchte, den sie vorher nicht hatte sehen können, da er von Robert verdeckt worden war. Ein Schopf mitternachtsschwarzer seidig glänzender Haare umrahmte ein jungenhaftes Gesicht mit sanft geschwungenen Lippen, einer kleinen Stupsnase und großen unschuldigen Augen. Als sich der junge Mann versichert hatte, dass ihm keine unmittelbare Gefahr drohte, trat er hinter Robert hervor und stellte sich an seine Seite. Dabei hielt er sich so nah an Robert, dass er an dessen Körper entlang streifte. Es war vergleichbar mit einer Katze, die um die Beine von jemandem strich. Baroness Elisabeth zu Lilienfels-Jürgens' Augen nahmen die Gestalt des jungen Mannes, der ihr Schwiegersohn war, in sich auf und übermittelten die Wahrnehmung in ihr Gehirn, welches die Daten auswertete und als Reaktion einen Gedanken durch ihr Gehirn schickte. Und der Gedanke war: ,Ooooohhhhhh, wie niedlich!'. "Also du bist Tyson, ja?" fragte sie den jungen Mann, und als dieser nickte, sagte sie freundlich: "Willkommen auf Schloss Lilienfels, mein lieber Junge." Tyson lächelte sie strahlend an, während Robert mit seinem Vater einen verblüfften aber auch erleichterten Blick tauschte. Das lief um einiges besser, als sie erwartet hatten. ------------------------ Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)