Greif nach den Sternen von Cat_in_the_web (Bryan + Ray) ================================================================================ Kapitel 1: Das Wiedersehen -------------------------- Titel: Greif nach den Sternen Kapitel: 1/? Autor: Cat in the web Fandom (Anime/Manga): Beyblade Einstufung: PG Pairing: Bryan + Ray Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Kommentar: Die Bladebreakers sind inzwischen erwachsen, und Ray Kon ist ein bekanntes Fotomodell geworden. Als er einen neuen Werbevertrag abschließen will, trifft er Bryan wieder. Die Idee zu dieser Fanfic kam mir, nachdem ich einmal zu oft "The fabulous life of..." auf MTV gesehen hatte. -------------------------------------------------- Greif nach den Sternen von Cat in the web Kapitel 1: Das Wiedersehen Vor dem 5-Sterne-Hotel "Vier Jahreszeiten" stand eine große Menschenmenge. Viele Teenager aber auch Erwachsene standen hinter den von dem Hotelpersonal aufgebauten Absperrungen und blickten erwartungsvoll die Straße hinauf und hinab. Auch die Presse war anwesend. Sicherheitspersonal, sowohl das des Hotels als auch zusätzlich angeheuerte Leute, beobachtete die Menge um zu verhindern, dass sich jemand an den Absperrungen vorbei schlich, womöglich noch in das Hotel. Der Manager des Hotels, Herr Polanski, stand besorgt neben dem Eingang. Es wurde ein sehr wichtiger und berühmter Gast erwartet. Eigentlich sollte sein Eintreffen hier zumindest am Anfang noch ein Geheimnis bleiben, aber irgendjemand vom Personal musste geplaudert haben. Jedenfalls hatten die Medien plötzlich darüber berichtet, welch bekannte Persönlichkeit im Hotel "Vier Jahreszeiten" absteigen würde und auch wann. Und von da an hatte das Hotelpersonal keine Ruhe mehr gehabt. Unzählige Leute waren gekommen und hatten sich im Hotel umgesehen, wahrscheinlich um das Gelände zu erkunden und später, wenn der berühmte Gast da war, unbemerkt hereinzuschleichen, wie Polanski vermutete. Die Rezeption hatte alle Hände voll zu tun mit der vielen Fanpost, die abgegeben worden war. Polanski konnte es kaum glauben, dass jemand so beliebt sein konnte, vor allem, da es sich doch nicht um einen Filmstar oder einen Sänger handelte. Aber nachdem er einen kleinen Zusammenstoß mit einer Horde weiblicher Fans hatte, die allein bei dem Gedanken, dass ihr Schwarm hier wohnen würde, vor Begeisterung gekreischt hatten und fast in Ohnmacht flogen, beschloss der Manager, die Sicherheitsvorkehrungen drastisch zu erhöhen. Und außerdem würde er dem Schwätzer, der seinen Mund nicht halten konnte, umgehend kündigen, wenn er jemals herausfand, wer das gewesen war. "Oh mein Gott, da kommt er!" schrie plötzlich jemand. Von einem Augenblick zum anderen nahm die Geräuschkulisse gewaltig zu. Hatten sich all die Fans zuerst noch ganz normal miteinander unterhalten, schrien sie jetzt fast schon ohrenbetäubend. Zumindest kam es Polanski so vor, als er seine Krawatte zurecht rückte und noch ein letztes Mal den Sitz seines Anzugs überprüfte. Dabei behielt er die Geschehnisse um ihn herum genau im Auge. Ein berühmter Gast war immer eine gute Werbung für ein Hotel, besonders wenn er später sagte, dass es ihm dort gefallen hatte. Aber es war auch eine Menge Arbeit. Eine schwarze Limousine fuhr die Straße hinab und hielt vor dem Hotel. Ein Angestellter des Hotels öffnete die Tür. Ein junger Mann stieg aus. Einen Moment lang blieb er stehen, im Blitzlichtgewitter der Fotografen und seiner Fans, bevor sich die hochgewachsene schlanke Gestalt mit fast schon katzenhafter Anmut in Bewegung setzte. Polanski betrachtete den Mann vor ihm interessiert, der solche Begeisterung bei den Leuten hervorrief. Er war ohne Zweifel höchst attraktiv. Ein sanftes Lächeln lag auf den hübschen, fast ein wenig femininen Gesichtszügen. Goldfarbene Augen schienen selbst auf ein paar Meter Entfernung noch mit einem inneren Licht zu leuchten, welches die Blicke auf sich zog. Die Haut war ohne jeden Makel. Seidig glänzendes schwarzes Haar umrahmte das Gesicht und war zu einem Zopf gebunden, der von einem weißen Tuch umschlungen war, wie um das Haar zu schützen. Der Zopf reichte den ganzen Rücken hinunter, und Polanski fragte sich, wie der junge Mann wohl mit offenen Haaren aussehen würde. Der Anblick wäre sicher fantastisch. Auch die Kleidung war gut gewählt. Das Seidenhemd im chinesischen Stil betonte die exotische Ausstrahlung des jungen Mannes, während es gleichzeitig einen schlanken durchtrainierten Körper erahnen ließ, der aber auch nicht zu muskulös war. Der junge Mann wirkte sportlich, aber er war kein Muskelberg. Eine enge Hose umschmeichelte Beine, für die sowohl Männer als auch Frauen einiges gegeben hätten, wenn es nur ihre wären. Als der Mann den Eingang erreichte, trat Polanski vor und verbeugte sich leicht. "Willkommen im Hotel Vier Jahreszeiten, Herr Kon. Ich bin der Hotelmanager, Gerhard Polanski, und werde Sie zu Ihrer Suite begleiten." Polanski ging voran, froh darüber, dem Trubel entkommen zu können. Sein Gast blieb an der Tür nochmals stehen, lächelte die Menge an und winkte ihnen zu, bevor er im Inneren des Hotels verschwand. Der Jubel der Fans erreichte dank dieser Geste für einen Moment einen neuen Höhepunkt. *** Nachdem sie die Suite erreichten und sich der Hotelmanager verabschiedet hatte, ließ sich Ray Kon erschöpft in einen der Sessel fallen. Es war eine anstrengende Reise gewesen. Zuerst der Flug, dann der Trubel am Flughafen, als man ihn erkannte, und schließlich die Fahrt mit der Limousine hierher. Nun, zumindest in der Limousine hatte er sich eine Weile ausruhen können, bevor die Öffentlichkeit ihn erneut mit gierigen Blicken verschlang. Oh, er liebte sein Leben durchaus und auch all die Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde, aber er wusste auch, dass die Medien, die ihn ständig zu beobachten schienen, jeden Ausrutscher in der Öffentlichkeit gnadenlos zerreisen würden. Es war anstrengend, stets perfekt zu wirken. Ray lächelte und ließ seinen Blick durch die luxuriös ausgestattete Suite gleiten. Er hatte es weit gebracht in seinem Leben. Zuerst Mitglied im Beyblade-Weltchampion-Team Bladebreakers und einer der besten Blader weltweit, und später dann sein Weg zu einem der berühmtesten und beliebtesten Fotomodelle überhaupt. Ray hatte sich damals gar nichts dabei gedacht, als er zum ersten Mal zusammen mit den anderen Bladebreakern für einen Kalender vor der Kamera posiert hatte. Aber es hatte Spaß gemacht, und der Kalender war ein Bombenerfolg gewesen. Trotzdem hatten die anderen Bladebreaker im nächsten Jahr keine Zeit gehabt, wieder einen Kalender zu machen, also hatte Ray ihn allein gemacht. Und der Erfolg war noch größer gewesen als im Jahr davor. Von da an waren immer wieder Firmen an die BBA, die ihn damals noch managte, herangetreten, die Werbefotos mit ihm machen wollten. Auch die anderen Bladebreaker hatten am Anfang Werbung gemacht, doch ihr Interesse war nicht so groß gewesen. Lediglich Ray hatte immer Interesse bekundet, und da er auf Fotos sehr gut wirkte, war er gerne genommen worden. Das Interesse an ihm war immer mehr gewachsen, je älter er wurde, und als er volljährig war, hatte er selbst mit den Firmen verhandelt, unterstützt von seiner Managerin, Sara Wittmann, die ihm half, in der Flut von Arbeitsangeboten nicht die Übersicht zu verlieren. Seine Karriere war rasant angestiegen, obwohl männliche Modells für gewöhnlich nicht so beliebt waren wie weibliche und weniger verdienten als diese. Aber Ray war die Ausnahme von der Regel. Jetzt war er 23 Jahre alt und Millionär. Ray erhob sich und inspizierte seine Suite. Ein großes Wohnzimmer, ein Esszimmer, ein schönes Schlafzimmer mit einem King-Size-Bett und ein wirklich großes Bad. Zu der Suite gehörte auch ein persönlicher Butler, der sich um seine Wünsche kümmern würde. Der Inhalt seiner Koffer, die er schon vorher ins Hotel hatte senden lassen, war bereits von seinem Butler in den Schränken im Schlafzimmer verstaut worden. Ray reckte sich und beschloss, dass es Zeit für ein entspannendes Bad war. Morgen würde er sich mit dem Beauftragten einer großen Firma treffen, die ihn für eine Werbekampagne haben wollte. Die Firma namens Motor Wheels stellte Autos und Motorräder her und war bereit, einige Millionen zu zahlen, damit er einen Vertrag mit ihnen unterschrieb. Es wäre sein bisher größter Vertrag, und da sein Körper sein Kapital war, sollte er gut und erholt aussehen. *** In einem Bürogebäude der Firma Motor Wheels im 20. Stock machte eine Sekretärin endlich Feierabend. Sie packte ihre Sachen zusammen und warf einen letzten prüfenden Blick auf die Tür, die in das Büro ihres Chefs führte. Obwohl es schon halb sechs war und somit weit nach Dienstende, arbeitete er immer noch. Die Sekretärin zuckte mit den Schultern. Das ergab sich wohl, wenn man der Vizechef der Werbeabteilung war. Es war nur schade, dass ihr Chef nie Zeit zu haben schien, er war attraktiv und hatte ein Spitzengehalt, aber leider schien er ein Workaholic zu sein. Nun ja, wer diese Position in so jungen Jahren erreichte, musste das wohl auch sein. Die Sekretärin ergriff ihre Tasche und ging zum Aufzug. Morgen musste sie unbedingt pünktlich an der Arbeit sein. Nicht, dass sie das sonst nicht auch war, aber Morgen kam Ray Kon, das berühmte Fotomodell, und das wollte sie um nichts in der Welt verpassen. Das Büro des Vizechefs der Werbeabteilung von Motor Wheels war zweckmäßig, aber qualitativ hochwertig eingerichtet. An dem riesigen Schreibtisch aus poliertem Holz saß ein Mann in einem beigefarbenen Anzug. Gerade setzte er seine Unterschrift unter ein Dokument, dann schloss er mit einem erleichterten Seufzen die Mappe. Endlich, das letzte Dokument für diesen Tag. Wenn sein Vorgesetzter Sergenson, der eigentliche Chef der Werbeabteilung, nicht so ein inkompetenter Trottel wäre, hätte er wesentlich weniger zu tun. Andererseits wäre er dann nicht so schnell zum Vizechef aufgestiegen, denn Sergenson brauchte einen fähigen Mann an seiner Seite, und Sergenson hatte entschieden, dass er dafür der Richtige war. Bryan Kuznetsov lehnte sich erschöpft in seinen Sessel zurück und fuhr sich mit einer Hand durch sein blasslila Haar. Augen in derselben Farbe blickten müde auf eine rote Mappe auf seinem Schreibtisch, die ein wenig abseits von seiner anderen Arbeit lag. Er nahm sie in die Hand und öffnete sie. Gleich zuoberst auf den Unterlagen lag ein Foto, das einen jungen Mann zeigte. Goldfarbene Augen und langes schwarzes Haar, das ungebändigt um den schlanken Körper floss. Bryan erinnerte sich nur zu gut daran, auch ohne dass er ein Foto von ihm sah. Nur blickten die Augen damals nicht freundlich wie auf dem Foto, sondern entschlossen und sogar ein wenig wütend. Und das lange schwarze Haar floss damals nicht sanft um das Gesicht und den Körper, sondern war von den Windattacken von Bryan's Bitbeast Falborg aufgepeitscht worden. Ray Kon war sein Gegner bei den Beyblade-Weltmeisterschaften in Russland gewesen und hatte ihn besiegt. Aber es waren Jahre seit damals vergangen. Jetzt war Ray kein Teenager mehr, sondern ein erwachsener und wunderschöner Mann. Und Bryan hatte das Beybladen aufgegeben und eine Karriere als Werbefachmann angestrebt. Ein Grinsen schlich sich auf Bryan's Gesicht. Karriere hatte er gemacht, das stimmte, aber wenn man es genau nahm, hatte Ray ihn wieder geschlagen. Denn Ray war das begehrteste männliche Modell der Welt und ein Millionär, und das überstieg wohl, was sich Bryan aufgebaut hatte. Aber das machte Bryan nichts aus. Er konnte sich über seinen Lebenslauf nicht beschweren. Bryan würde Ray Morgen wiedersehen. Sergenson kümmerte sich kaum noch um die Abteilung, was bei der Idiotie des Mannes auch ganz gut war, daher würde Bryan mit Ray über einen Werbevertrag verhandeln. Der Gedanke erfüllte Bryan sowohl mit Freude als auch mit Unruhe. Auf der einen Seite freute er sich darauf, einen ehrenhaften Blader und würdigen Gegner aus seiner Vergangenheit wieder zu sehen, auf der anderen Seite hatte Ray ihn bestimmt nicht in guter Erinnerung. Ihr Kampf im Beyblade-Stadium war äußerst brutal gewesen, und das war Bryan's Schuld. Nun ja, eigentlich die von Voltaire und Boris Balkov, die ihm befohlen hatten, so unfair zu kämpfen, aber was geschehen war, war geschehen. Die Frage war nur, wie würde Ray reagieren, wenn er ihm Morgen wieder begegnete? Bryan schloss die Mappe wieder und stand auf. Er verließ sein Büro und fuhr mit dem Aufzug in die Tiefgarage des Gebäudes. Dort stand sein schwarz lackierter Porsche. Es war Zeit, nach Hause zu fahren und sich auszuruhen. Morgen war ein wichtiger Tag. Der Werbevertrag mit Ray war einer der größten und wichtigsten Werbeverträge, den seine Firma je geplant hatte, und dementsprechend gut wäre es für seine Karriere, wenn er ihn erfolgreich abschließen könnte. *** Es war der nächste Morgen. Ray überprüfte noch ein letztes Mal sein Aussehen in einem Spiegel, während die Limousine, die ihm sein Hotel zur Verfügung gestellt hatte, in die Tiefgarage des Bürogebäudes von Motor Wheels einfuhr. Ein Blick aus den getönten Scheiben, die neugierige Blicke ins Wageninnere verhinderten, zeigte ihm, dass er bereits erwartet wurde. Ein Mann und eine Frau waren in die Tiefgarage gesandt worden, um ihn zu empfangen. Normalerweise kam jeder Besucher durch die Empfangshalle des Gebäudes, aber da es Ray bei seinem Bekanntheitsgrad kaum möglich gewesen wäre, die Tür des Gebäudes zu erreichen, ohne dass er von Leuten, die ihn auf der Straße erkannten, aufgehalten wurde, hatte man sich geeinigt, dass es besser war, wenn er über die Garage das Gebäude betrat. Mit einem freundlichen gut geübten Lächeln auf den Lippen stieg Ray aus der Limousine. Das Lächeln der Frau wurde noch eine Spur breiter, und eine leichte Röte stieg in ihre Wangen. Ray hatte diese Reaktion schon häufiger bei Frauen, die ihm begegneten, gesehen. Sie stellte sich ihm als Frau Anna Schmidt vor, die Sekretärin des Chefs sowie des Vizechefs der Werbeabteilung. Der Mann hieß Edward Ried und war offenbar nur als eine Art Ehrengarde für seinen Empfang abgestellt worden. Auch er lächelte freundlich, aber Ray sah den Neid in seinen Augen, auch wenn er diesen gut verbergen konnte. Ray ließ sich nichts anmerken, aber innerlich stimmte ihn das ein wenig traurig. Es gab häufig Leute, die ihn beneideten und eifersüchtig auf seinen Erfolg waren, ihn umschmeichelten und gleichzeitig hinter seinem Rücken schlecht über ihn redeten. Das war eine der Schattenseiten, wenn man berühmt war, aber damit musste man halt klar kommen. Nach der Begrüßung fuhren sie im Aufzug zum Büro des Vizechefs der Werbeabteilung. Frau Schmidt erklärte Ray wortreich, dass der Chef der Werbeabteilung, Sergenson, schon seit einiger Zeit in Urlaub war, und daher nicht wusste, dass die Bosse der Firma diesen Vertrag mit ihm in Auftrag gegeben hatten. Aber er könne versichert sein, dass der Vizechef der Werbeabteilung, Herr Kuznetsov, sehr fähig war und der Vertrag bei ihm in besten Händen. Ray lächelte zu all dem und nickte bestätigend mit dem Kopf. Als sie vor dem Büro ankamen, verabschiedete sich Herr Ried höflich. Wie sich Ray schon gedacht hatte, war dieser Mann eine Art Ehrengarde für ihn gewesen und hatte ansonsten nichts mit seinem Vertrag zu tun. Frau Schmidt klopfte gegen die Tür des Büros, bevor sie sie öffnete und posaunte: "Herr Kuznetsov, Herr Kon ist eingetroffen!" Dann trat sie beiseite, um Ray vorbei zu lassen, wobei sie ihn strahlend anlächelte, bevor sie die Tür hinter ihm wieder schloss und sich zurück zu ihrem Schreibtisch im Vorzimmer begab. Ach, es war wirklich zu schade, dass sie nicht im Büro sein konnte, während ihr Chef und Ray Kon miteinander den Vertrag besprachen. Frau Schmidt stützte den Kopf auf die Hände und gab sich ihren Tagträumen hin, die erfüllt waren von einem verführerisch lächelnden Ray, der sie in seine Hotelsuite einlud. *** "Guten Morgen, Herr Kuznetsov." sagte Ray und ging auf den Schreibtisch zu. Der Mann hinter dem Schreibtisch stand auf, um ihn zu begrüßen. "Guten Morgen, Herr Kon. Ich freue mich, Sie wieder zu sehen." sagte er und streckte Ray die Hand entgegen. ,Wieder zu sehen?' dachte Ray überrascht, während er die Hand ergriff und den festen Händedruck erwiderte. Er sah sein Gegenüber interessiert an. Hochgewachsen, sogar ein klein wenig größer als er, eine schlanke muskulöse Gestalt, wieder ein wenig breiter in den Schultern als er selbst, blasslila Haare und kühl blickende Augen in derselben Farbe, die alles verbergen konnten, was dieser Mann dachte. Ray riss überrascht die Augen auf. "Bryan?!" "Ja. Es ist lange her,..." Ein kurzes Zögern, dann fügte Bryan hinzu: "...Ray." Wachsam beobachtete er die Reaktion des einstigen Mitglieds der Bladebreakers. Diese Angelegenheit war heikel. Falls Ray ihm die Sache von damals immer noch nachtrug, konnte es sein, dass er sich weigerte, den Werbevertrag mit ihm zu besprechen, vielleicht sogar überhaupt keinen Vertrag mit der Firma, für die er arbeitete, abschließen wollte. Und Bryan würde das dem Firmenrat erklären müssen. Das würde gar nicht gut für seine Karriere sein. Ray war mehr als überrascht, Bryan zu sehen. Er hatte sich nie darüber Gedanken gemacht, was wohl aus den Demolition Boys geworden war, aber er hatte auch nie angenommen, dass er einem von ihnen wieder begegnen würde. Und dann auch noch Bryan, dem Gegner, der ihn während ihres Beybattle so schwer verletzt hatte. Doch das war Vergangenheit. Was zählte, war das Hier und Jetzt. Ray's Gesichtsausdruck wandelte sich von Überraschung zu höflicher Distanziertheit. "Ja, es ist wirklich lange her, Bryan. Ich wusste nicht, dass dein Nachname Kuznetsov lautet, daher war ich so überrascht, dich hier zu sehen." Bryan sah, wie die Höflichkeit sich wie eine Maske über Ray's Gesichtszüge legte, um seine wahren Gefühle zu verbergen, und er fühlte sich fast ein wenig... ja, was fühlte er eigentlich? Ein wenig Enttäuschung... oder etwa Reue? Bryan riss sich zusammen und verbannte die Gefühle in den hintersten Winkel seines Seins. Er war froh, dass Ray nicht auf dem Absatz kehrt gemacht hatte, als er ihn erkannte. Wichtig war jetzt nur der Werbevertrag. Bryan merkte plötzlich, dass er Ray's Hand noch immer in einem festen Griff hielt und ließ sie mit einem leicht verlegenen Lächeln los. "Bitte setz dich doch." "Danke." Ray nahm Platz, und auch Bryan setzte sich wieder an seinen Schreibtisch, gegenüber von Ray. "Wie du ja bereits weißt, möchte meine Firma Motor Wheels einen Werbevertrag mit dir abschließen." begann Bryan, "Dieser Werbevertrag umfasst eine bestimmte Anzahl von Fotoshootings für Werbeanzeigen in Zeitschriften und anderen Werbeträgern, eine Anzahl von Werbefilmen sowie öffentliche Auftritte von dir im Namen der Firma. Die Dauer des Werbevertrags umfasst drei Jahre. Deine Pflichten, falls du annimmst, sind genau festgelegt, so dass du keine Probleme haben wirst, noch andere Werbeverträge nebenbei abzuschließen oder anderen Aufträgen nachzukommen. Die einzige Einschränkung in dieser Hinsicht ist, dass du keine andere Werbung für Fahrzeuge machst, sondern während der Vertragsdauer nur für unsere Fahrzeuge sowie das Zubehör, das wir ebenfalls herstellen, wirbst." Bryan griff nach einer in Leder gebundenen Mappe und reichte sie Ray. "Hier ist der Vertrag mit den Bedingungen. Dir wurde bereits ein Exemplar vorab zugesandt, damit du es prüfen kannst. Selbstverständlich kannst du den Vertrag nochmals nachprüfen. Es ist genau der Gleiche, den du erhalten hast." Ray nahm die Mappe entgegen und schlug sie auf. Er hatte die Kopie, die ihm vorab zugesandt worden war, bereits ausführlich geprüft sowie von seiner Managerin prüfen lassen. Und wenn ihm die Bedingungen nicht zugesagt hätten, wäre er gar nicht her gekommen, sondern hätte der Firma eine Absage erteilt. Aber der Werbevertrag war sehr gut, es wäre sein bisher größter Auftrag. Außerdem gab ihm der Vertrag die Möglichkeit, weitere Aufträge von anderen Firmen anzunehmen, auch wenn er ansonsten über drei Jahre gebunden war. Aber es gab trotz all dem noch die eine oder andere Frage zu klären. "Bryan, nicht alle meine Verpflichtungen für Motor Wheels sind zeitlich festgelegt. Ich sehe durchaus ein, dass es über einen Zeitraum von drei Jahren nicht möglich ist, alles vorab zu planen, aber was ist, wenn ich einen Auftrag einer anderen Firma annehme, und stelle dann fest, dieser überschneidet sich mit einem Auftrag von Motor Wheels, der mir später mitgeteilt wird?" "Natürlich können nicht alle Termine festgelegt werden. Über einen Zeitraum von drei Jahren ist das nicht möglich, und man muss ja auch eine gewisse Flexibilität waren. Unvorhergesehenes kann immer passieren." Bryan lehnte sich bequem in seinem ledernen Bürostuhl zurück. "Selbstverständlich werden alle Termine mit dir im Vorfeld abgestimmt werden. Wenn du einmal sagst, du kannst an einem Termin nicht, weil du bereits etwas anderes vorhast, dann wird eben ein neuer Termin ausgemacht. Es kann sogar sein, dass die Sache, falls sie selbst an eine bestimmte Zeit gebunden sein sollte, dann eben nicht stattfindet oder auch ohne dich. Auch dies wurde im Vertrag geregelt. Dir entstehen keine Nachteile, wenn du einen Termin begründet absagen musst." Ray entging das kleine Wort ,begründet' im letzten Satz nicht. Aber in dieser Hinsicht stimmte er mit der Firma überein. Er konnte schließlich keine Arbeitstermine absagen, nur weil er gerade keine Lust hatte. Daher war eine Begründung in solchen Fällen nötig. Er nickte und stellte weitere Fragen, die Bryan alle zufrieden stellend beantwortete. Die nächsten zwei Stunden vergingen mit Diskussionen über den Vertrag und seine Bedingungen sowie mit Verhandlungen über Nebenbestimmungen und natürlich die Bezahlung. Ray und Bryan notierten sich beide die Änderungswünsche sowie Ergänzungen zum Vertrag. Ray stellte fest, dass Bryan ein sehr geschickter Verhandlungspartner war. Der einstige Demolition Boy, der so hart in der Abbey trainiert und behandelt worden war, war ein kompetenter Geschäftsmann geworden. Von dem eiskalten hasserfüllten Beyblade-Soldaten, zu dem ihn Biovolt vor vielen Jahren machen wollte, war nichts mehr zu sehen. Lediglich eine gewisse Kälte in den Augen und das Verbergen seiner Gefühle hinter einer Maske aus bestens kontrollierter Höflichkeit verrieten Ray den Kämpfer von früher. Die Verhandlungen waren beendet. Ray signalisierte Bryan seine Bereitschaft, den Vertrag zu unterschreiben, und Bryan versprach, die Änderungen zu berücksichtigen und ihm den überarbeiteten Vertrag so schnell wie möglich vorzulegen. Bryan geleitete ihn zur Tür, eine Verabschiedung, ein Händedruck, und Ray verließ lächelnd das Büro. Bryan wies seine Sekretärin an, ihn zurück zu seiner Limousine zu begleiten, bevor er die Tür wieder schloss. Ray wollte zuerst höflich ablehnen, aber als er sah, mit wie viel Begeisterung Frau Schmidt aufsprang, ließ er es bleiben. Auf dem Weg zur Garage betrieben sie ein wenig Small Talk, und als Ray in seiner Limousine davon fuhr, verließ Frau Schmidt die Garage wieder mit einem seligen Lächeln auf dem Gesicht. Wenn ihre Freundinnen von dieser Begegnung erfuhren, würden sie grün vor Neid werden. Ray ließ sich währenddessen zurück zum Hotel fahren. Auch er war höchst zufrieden. Der Werbevertrag war ausgesprochen lohnend. 8 Millionen Euro für drei Jahre, na wenn das kein guter Gewinn war! Und nebenbei konnte er noch andere Aufgaben wahrnehmen. Und wo er gerade bei diesem Thema war, was stand denn als nächstes auf seiner Liste? Ray griff nach seinem Terminkalender und sah hinein. Ah ja, heute Mittag essen im Edelrestaurant Helena zusammen mit seiner Managerin Sara Wittmann. Und heute Nachmittag wurde sein Erscheinen bei einem regionalen Beyblade-Turnier der BBA erwartet. Zwar zahlte die BBA nicht gerade gut für sein Erscheinen, aber immerhin war er ein Mitglied der Bladebreakers gewesen, auch wenn das Team seit Jahren aufgelöst war. Die Bladebreakers waren eine Legende unter den Beybladern, und Ray verdankte dem Beybladen viel. Es war eine Ehrensache für ihn, dass er bei dem regionalen Turnier erschien. *** Edward Ried saß in seinem kleinen Büro und starrte die Wand gegenüber von seinem Schreibtisch an. Er war unzufrieden. Obwohl er Tag für Tag in der Werbeabteilung schuftete, hatte er das Gefühl, er kam nicht voran. Er war 38 Jahre alt und immer noch nur ein kleiner Angestellter im Getriebe. Ja, es gab sicher Leute in der Abteilung, denen es auch nicht anders ging als ihm, und es gab auch Leute, die besser waren als er. Aber er war immer loyal gewesen gegenüber dem Chef der Werbeabteilung, Sergenson. Und das war nicht immer leicht, denn der Mann war von Anfang an nicht besonders fähig gewesen, und mit der Zeit wurde es immer schlimmer. Jetzt verschwand Sergenson häufig von der Bildfläche und übergab die Geschäfte Bryan Kuznetsov. Ried verzog wütend das Gesicht. Bryan Kuznetsov, gerade mal 24 Jahre alt, war der Vizechef der Werbeabteilung, aber so oft wie Sergenson fehlte, war er der eigentliche Chef hier. Zugegeben, Kuznetsov war talentiert, aber er war ein junger Spund, der es nur in so kurzer Zeit so weit gebracht hatte, weil Sergenson trotz seiner Inkompetenz Kuznetsov's Talente erkannt hatte und nun für sich nutzte. Kuznetsov leitete die Abteilung, und Sergenson steckte mindestens die Hälfte des Lobs dafür ein. Aber trotz Sergenson's Talent, sich mit fremden Federn, um genau zu sein Kuznetsov's Federn, zu schmücken, war die Firmenleitung inzwischen auf Kuznetsov aufmerksam geworden, und sie hielten ihn ebenfalls für sehr talentiert! Ried ballte wütend die Fäuste. Kuznetsov hatte zwar Ideen, aber er war nichts weiter als ein junger Emporkömmling. Ohne Sergenson hätte er den Sprung zum Vizechef niemals geschafft! Und jetzt würde er auch noch den Ruhm einstecken für den Werbevertrag mit Ray Kon. Dieses dumme Modell, das mit seinen langen Haaren aussah wie eine Frau! Das alles besaß, was sich Ried nur wünschen konnte! Ried wusste, dass er Ray Kon gegenüber ungerecht war, aber er konnte sich nicht helfen. Er beneidete Ray um sein Geld und sein gutes Aussehen. Wo immer dieser Mann hinkam, schien ihm die Welt zu Füßen zu liegen. Ried kämpfte seit Jahren um die Anerkennung von Sergenson, und was tat dieser untalentierte Idiot? Er setzte ihm Bryan Kuznetsov direkt vor die Nase, nur weil dieser sich bereits in seinen ersten zwei Jahren in der Firma fünf sehr erfolgreiche Werbungen ausgedacht und durchgeführt hatte. Und seitdem jede Aufgabe, die ihm übertragen wurde, erfolgreich ausgeführt hatte. Sergenson war immer fauler geworden und hatte die Leitung der Abteilung meistens Kuznetsov überlassen, während er sich auf irgendwelchen Dienstreisen amüsierte. Ried fragte sich, ob Sergenson überhaupt noch wusste, was in seiner Abteilung vorging. Zwar war Anna Schmidt sowohl die Sekretärin von Kuznetsov als auch von Sergenson und schrieb für beide Berichte, aber Ried bezweifelte, dass Sergenson diese überhaupt las. Der Mann war ein Idiot, aber ein Idiot, der gerne im Mittelpunkt stand und sich mit angesehenen Leuten umgab. Ried lächelte grimmig und griff nach dem Telefonhörer. Was würde Sergenson wohl sagen, wenn er von dem anstehenden Werbevertrag mit Ray Kon hörte? Er würde sich mit Sicherheit einmischen wollen, da Kon so berühmt war. Und das wiederum würde Kuznetsov bestimmt stören. *** Als die Limousine punkt 12 Uhr vor dem Eingang des Nobelrestaurant Helena hielt, drehten sich die Leute, die um diese Zeit noch unterwegs waren, bereits nach ihr um. Als Ray aus der Limousine stieg und die kurze Strecke zum Eingang hinter sich brachte, fingen die Leute an, aufgeregt miteinander zu reden. Im Foyer des Restaurants kam bereits der Manager auf ihn zu, um ihn persönlich zu begrüßen. Diskret führte er ihn am Rande des großen und mediterrane eingerichteten Saals entlang zu einer weiteren Tür. Doch wenn man ein berühmtes Modell durch einen Raum voller Gäste führt, verliert Diskretion schnell an Bedeutung. Bald drehten sich die Köpfe der anwesenden Gäste, und aufgeregtes Getuschel setzte ein. Einige Leute erhoben sich sogar, um auf ihn zuzugehen. Doch bevor sie ihn erreichten, führte ihn der Manager durch die Tür, die er hinter ihnen verschloss. Dann ging es weiter zu einem privaten Speisezimmer. Dort wartete bereits eine hübsche Frau mit kurzen blonden Haaren und grünen Augen. Sara Wittmann war 48 Jahre alt und Chefin einer Modellagentur. Außerdem arbeitete sie als Managerin für eine handvoll Modells, die den Sprung zu einer großen Karriere geschafft hatten. Und Ray war einer derjenigen, die sie betreute. Der Manager des Restaurants zog sich diskret zurück, während Ray und Sara sich herzlich begrüßten. "Nun, Ray, wie war dein Gespräch mit diesem Kuznetsov von Motor Wheels?" fragte Sara neugierig. "Es lief alles sehr gut." antwortete Ray, "So wie die Dinge stehen, sollte ich den Vertrag in Kürze unterzeichnen können." "Das freut mich zu hören." sagte Sara zufrieden, und Ray verbiss sich ein Grinsen. Natürlich freute es Sara, immerhin bekam sie für jeden Auftrag, der über sie vermittelt wurde, eine Provision gezahlt. Und sie war sehr gut darin, deshalb bekam Ray auch seine meisten Aufträge über sie. Nachdem sie ihr Essen ausgewählt und dem Kellner ihre Wahl mitgeteilt hatten, kam Sara zum geschäftlichen Teil. "Ich habe einige lukrative Aufträge in dieser Stadt für dich an Land gezogen, Ray. Mehrere Fotoshootings und ein Werbefilm-Auftrag stehen in Aussicht. Und da es sich inzwischen herum gesprochen haben dürfte, dass du in dieser Stadt bist, werde ich wohl bald noch mehr Aufträge für dich haben." "Das klingt gut. Und was wären das für Aufträge?" "Ein Fotoshooting für Werbeanzeigen von Fruchtsäften und ein anderes für ein Herrendeo, beides kleine Aufträge, jeder nur ein paar Stunden Arbeit. Wird aber großzügig bezahlt. Und ein großer Auftrag für Designer-Herrenbekleidung, unter anderem auch Katalogfotos. Den solltest du auf jeden Fall annehmen, Ray." Ray nickte. "Gib mir die Unterlagen mit, dann sehe ich es mir genauer an. Was ist mit dem Werbefilm?" "Jeans!" posaunte Sara stolz. Ray blinzelte nur verständnislos. "Jeans?" Sara runzelte gespielt missbilligend die Stirn. "Du wirst doch wohl jene Hose aus Baumwolle kennen, die Männer und Frauen fast jeden Alters so gerne tragen?" "Und da will mich jemand für eine Fernsehwerbung?" "Ja, und das ist eins der besten Angebote!" Sara lächelte strahlend. "Ich habe ihre Pläne für die Werbung gesehen. Sie wollen mehrere Werbefilme mit dir drehen, drei Stück an der Zahl. Und das Konzept ist gut! Sie werden dich sexy in Szene setzten, du wirst schon sehen. Nimm an, und nicht nur der Beliebtheitsgrad der Jeans wird steigen. Ist ein wenig mehr Arbeit für dich, aber es wird gut bezahlt." Sie reichte Ray mehrere Mappen über den Tisch. "Die Oberste ist die Sache mit der Jeans." Ray blätterte rasch durch die Mappe, bis er zum Konzept des ersten Werbefilms kam. Interessiert las er weiter. Beim zweiten Konzept hoben sich seine Brauen, beim Dritten lachte er ungläubig auf. "Ich trage in allen Werbefilmen nicht mehr als eine Jeans, und zumindest in einem davon auch erst am Ende." "Sexy, ich hab's dir ja gesagt." Sara ließ ihre Blicke grinsend über Ray's wohlgeformten Körper gleiten. "Ich bin ohnehin der Meinung, dass du zu wenig von dir zeigst." Ray's Blick fiel auf die Bezahlung. "20.000,- Euro pro Film? Das ist recht gut." Sara verdrehte die Augen. "Das ist großartig, wenn man bedenkt, dass jeder dieser kleinen Werbefilme an einem Tag abgedreht sein kann! Und diese Filmchen werden nicht nur für die Jeans werben, sondern auch für dich. Also nimm ja an, Junge, das ist nicht nur mein Rat als deine Managerin, sondern auch als deine Freundin." Der Kellner brachte das Essen, Lachsfilet im Sesammantel für Sara und Hummer mit Pfifferlingen für Ray. Die Beiden schwiegen einen Moment, doch als der Kellner wieder verschwunden war und sie zu essen begonnen hatten, ergriff Sara erneut das Wort: "Heute Abend ist eine Party bei Herrn Aaron, dem Eigentümer von Bey-Champ. Er hat alles in der Stadt eingeladen, was Rang und Namen hat, unter anderem auch mich. Und ich wiederum habe eine zusätzliche Einladung für dich mitbekommen. Ich möchte, dass du dahin gehst. Es ist immer gut, mit den richtigen Leuten gesehen zu werden." Ray ignorierte den letzten Satz, er selbst hielt nicht viel von Leuten, die nur deshalb mit anderen Leuten befreundet waren, weil es ihr eigenes Ansehen steigerte. Stattdessen konzentrierte er sich auf eine andere Information: "Bey-Champ, die Firma, die Beyblades und ihre Ersatzteile herstellt? Bisher hatte diese Firma nur einen kleinen Marktanteil." "Das ist richtig, aber er will seine Beyblade-Firma vergrößern. Er verdient sein Geld hauptsächlich mit einer Import/Export-Firma, aber sein Interesse am Beybladen ist gestiegen, seit seine Enkelkinder nach dem Sport verrückt sind. Ich denke, er sucht einen geeigneten Werbeträger, und nachdem er erfahren hat, dass du in der Stadt bist, will er dich kennen lernen. Damit könntest du einen weiteren großen Auftrag an Land ziehen." Ray überlegte nicht lange. Eigentlich hatte er keine Lust, zu einer Party zu gehen und angestaunt zu werden, aber in seinem Beruf musste er sich immer wieder den Leuten zeigen. Wenn sein Bekanntheitsgrad sank oder auch seine Beliebtheit, hieß das weniger Aufträge. Außerdem stellte Bey-Champ qualitativ hochwertige Beyblades her, und ein Werbeauftrag von dieser Firma würde ihm gefallen. Auch wenn er nicht mehr aktiv an Beyblade-Turnieren teilnahm, er bladete immer noch, genau wie der Rest der Bladebreakers. Sie würden sich von ihren Beyblades und ihren Bitbeasts nicht trennen. "Okay, ich gehe hin." "Ausgezeichnet. Hier ist die Einladung. Und wenn du es einrichten kannst, komm bitte eine halbe Stunde zu spät. Ich möchte, dass möglichst viele Gäste bereits da sind, wenn dein Auftritt auf der Party kommt." "Ich werd' sehen, was ich machen kann." erwiderte Ray amüsiert. Sie unterhielten sich noch eine Weile, nachdem sie das Essen beendet hatten. Sara bestand darauf, zu bezahlen, und Ray wusste es besser, als ihr zu widersprechen. Als sie sich erhoben, um zu gehen, kam der Restaurantmanager zu ihnen. Unter häufigen Entschuldigungen bat er Ray, das Restaurant durch einen Hinterausgang zu verlassen. Vor dem Restaurant hatten sich Schaulustige und Reporter eingefunden, die den Eingang praktisch blockierten. Das Restaurantpersonal tat sein Bestes, damit die Menge draußen blieb, aber wenn Ray sich zeigte, würde er es wahrscheinlich nicht einmal bis zu seiner Limousine schaffen. Ray rief den Chauffeur über sein Handy an und bestellte ihn zum Hinterausgang. Ohne weiteren Zwischenfall brachte ihn die Limousine zurück zum Hotel. Er würde gerade noch genügend Zeit haben, sich ein wenig frisch zu machen, bevor er wieder los musste zu dem regionalen Turnier im Beybladen, dessen Ehrengast er heute Nachmittag sein würde. *** "Und der Gewinner unseres diesjährigen Turniers hier in Star City ist Jason Knight!!!" schrie AJ Trooper in sein Mikrofon. Herr Beaumont, der Vertreter der BBA in dieser Stadt und Organisator des Turniers, lachte fröhlich und klatschte begeistert Beifall. Ray tat es ihm gleich. Das Turnier hatte ihm gut gefallen. Es hatte ihm richtig in den Fingern gejuckt, Drigger hervorzuholen und mitzubladen. Aber das ging nicht, dieses Turnier war immerhin für die Kids gedacht, nicht für erwachsene Blader, die sich längst aus dem aktiven Sport zurückgezogen hatten. Unter dem Jubel der Menge überreichte Ray dem Gewinner den Pokal und gratulierte ihm. Später würde es noch einen kleinen Fototermin mit ihm und den vier Finalisten des Turniers geben. Jeder der Jungs würde ein Foto bekommen, das ihn mit Ray Kon, dem berühmten Star-Blader zeigen würde. Und ein Foto mit dem Gewinner, Herrn Beaumont und Ray für die Presse sollte auch noch gemacht werden. Nach dem Fototermin und einer Autogramm-Stunde von Ray, die ebenfalls von der BBA organisiert worden war, fuhr Ray zurück zu seinem Hotel. Er hatte noch knapp eine Stunde Zeit, sich für die Party bei Herrn Aaron fertig zu machen. Er duschte schnell und bestellte sich dann eine Kleinigkeit zu essen. Es würde keinen guten Eindruck machen, wenn er hungrig wie ein Wolf auf der Party erschien. Und dann gab es die schwerste Entscheidung zu treffen. Was sollte er anziehen? Für ihn als Modell war der äußere Eindruck sehr wichtig. Die chinesisch inspirierte Kleidung, die er beim Beyblade-Turnier anhatte, schien ihm nicht angebracht. Der Anzug, den er heute Vormittag bei Motor Wheels getragen hatte, war für eine Party nicht anspruchsvoll genug. Hm, nun gut, sein 3.000,- Euro teurer Armani-Anzug würde wohl passend sein. ------------------------ wird fortgesetzt... *** kleine Anmerkung von Cat in the web: Star City ist ein bescheuerter Name für eine Stadt, ich weiß, ich weiß... Aber mir ist nichts anderes eingefallen. Auch die Gagen für die Werbeverträge und wie das so abläuft, habe ich mir einfach aus dem Ärmel geschüttelt, also bitte keine Vergleiche mit der Realität anstreben. Wer hier die Action vermisst, dem sei gleich vorab gesagt, dass zwar schon ein wenig passieren soll, aber es wird trotzdem eine meiner romantischeren Fanfics. Oder so habe ich es zumindest geplant. Kapitel 2: Der Zwischenfall --------------------------- Titel: Greif nach den Sternen Kapitel: 2/? Autor: Cat in the web Fandom (Anime/Manga): Beyblade Einstufung: PG Pairing: Bryan + Ray Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Das hier sollte ursprünglich ein One-Shot werden, aber noch bevor ich den ersten Teil zu Ende geschrieben hatte, wusste ich bereits, dass es doch länger werden würde als geplant. Praktisch alle meine Fanfics werden länger als ich es geplant habe. -------------------------------------------------- Greif nach den Sternen von Cat in the web Kapitel 2: Der Zwischenfall Die Party begann um 19 Uhr. Ray war um halb acht am Anwesen von Herrn Aaron. Nachdem er dem Pförtner am Tor seine Einladung gezeigt hatte, brachte ihn die Limousine seines Hotels bis vor die Tür der Villa, die im Zentrum eines parkähnlichen Gartens lag. Ray sandte den Chauffeur zurück zum Hotel. Wenn er abgeholt werden wollte, würde ein Anruf genügen, selbst wenn es mitten in der Nacht war. Der Türsteher verbeugte sich respektvoll, als er ihn einließ, und wies ihm den Weg. Ray trat im hinteren Teil der Villa in einen großen Raum. Überall standen Männer und Frauen in vornehmer Kleidung, kostbare Anzüge und Abendkleider mit Juwelen. Ray's Armani-Anzug passte perfekt in das Bild. Ray wanderte freundlich lächelnd durch den Saal, als wenn er genau wüsste, wo er hin wollte. In Wirklichkeit hatte er keine Ahnung. Er musste den Gastgeber als Erstes begrüßen, aber wer von den Herren war Aaron? Vielleicht fand er ja Sara, seine Managerin wusste es mit Sicherheit. Glücklicherweise fand Sara ihn. Lächelnd baute sie sich vor ihm auf. "Hallo, Ray. Ich freue mich, dass du es geschafft hast, herzukommen." sagte sie, dann fügte sie leiser hinzu: "Komm mit, ich stelle dich dem Gastgeber, Herrn Aaron, vor. Guter Auftritt übrigens, ein paar der anwesenden Damen sind vor Entzücken fast in Ohnmacht gefallen, als sie dich durch die Tür kommen sahen." Ray ging neben Sara her, während sie im Schlenderschritt durch den Saal wanderten. "Ich habe mir die Aufträge angesehen, die du mir heute Mittag gegeben hast. Ich werde alle annehmen. Morgen schicke ich dir die Verträge unterschrieben in dein Büro." erwiderte er ebenso leise. Sara nickte und lächelte. "Sehr gut. Und hier ist auch schon der Gastgeber." Sie wandte sich an einen grauhaarigen Herrn, der eine aristokratisch wirkende Aura ausstrahlte. Trotz der vielen Falten im Gesicht funkelten die braunen Augen mit gutem Humor und schienen ihm einen Teil seiner Jugend zurück zu geben. Herr Aaron begrüßte Ray mit einem festen Händedruck und schon bald unterhielten sie sich über Beyblades und das Turnier, das am heutigen Nachmittag stattfand. *** Es war kurz nach 23 Uhr, als Ray in den Garten trat und sich ein Versteck suchte. Anders konnte er den vielen Leuten auf der Party nicht entkommen. Und er brauchte dringend eine Pause. Nachdem er den Gastgeber begrüßt hatte, waren unzählige Leute auf ihn zugekommen, um sich mit ihm zu unterhalten. Fast alle hatten immer das Gleiche wissen wollen, nämlich wie es denn so war, ein berühmtes Modell und ein weltbekannter Beyblader zu sein. Viele hatten ihn gebeten, von seinen Beyblade-Turnieren zu erzählen, als er noch Mitglied der Bladebreakers war. Und höflich wie Ray war, hatte er alle Fragen charmant beantwortet. Sein Charme hatte ihm nur noch mehr Aufmerksamkeit eingebracht, und in Ray war das Verlangen nach etwas Ruhe und Frieden gewachsen. Aber er konnte den Leuten schlecht sagen, sie sollten sich zum Teufel scheren, das wäre äußerst grob und schädlich für sein Ansehen gewesen. Schließlich war es ihm gelungen, sich davon zu schleichen, und jetzt war er im hinteren Teil des Gartens bei einem kleinen Gartenteich, geschützt vor neugierigen Blicken durch einen großen Baum. Ray setzte sich erleichtert auf eine Bank in der Nähe des Teiches. Er hoffte bloß, es würde ihn niemand suchen kommen. Vielleicht war es an der Zeit, nach Hause zu gehen. Es war immerhin schon spät. Ein Mann lehnte am Stamm des großen Baumes. Ray hatte ihn nicht gesehen. Blasslila Augen beobachteten Ray, als er sich auf der Bank erholte. Bryan hatte Ray schon den ganzen Abend heimlich beobachtet. Er war überrascht gewesen, als er Ray auf der Party von Aaron sah. Er selbst war hier, weil Aaron eine Einladung an seine wichtigsten Geschäftspartner gesandt hatte, zu denen auch Motor Wheels gehörte. Und da Sergenson, der sich normalerweise solche Einladungen sofort unter den Nagel riss, nicht da war, und auch sonst niemand von der Führungsspitze gehen konnte, es aber für wichtig gehalten wurde, Präsenz zu zeigen, war Bryan eben gegangen. Mit Ray's Erscheinen hatte er aber nicht gerechnet. Neugierig hatte er Ray beobachtet, war aber nicht zu ihm gegangen. Da mit Ray's Auftauchen das Interesse am Beybladen in den anderen Gästen erwacht war, hatte man sich auch daran erinnert, dass Bryan Kuznetsov einst ein sehr guter Blader gewesen war, und so war auch er auf seine Vergangenheit als Blader angesprochen worden. Bryan hatte höflich geantwortet und sich um Freundlichkeit bemüht, was ihm auch gelungen war. Aber er war überhaupt nicht glücklich über die Fragen gewesen, auch wenn er sich nichts anmerken ließ. Seine Zeit in der Abbey und das Training unter Boris Balkov waren äußerst schmerzhafte Erinnerungen, und er hatte lange gebraucht, die Folgen dieses Trainings zu überwinden. Er bladete immer noch ab und zu, und sein Bitbeast Falborg war noch immer in seinem Besitz, aber seine Vergangenheit als Blader war keine Gute gewesen. Und wie er insgeheim befürchtet hatte, hatte irgend so eine ältere Dame prompt in den Saal posaunt: "Wurde Herr Kon nicht bei einer Weltmeisterschaft einmal sehr schwer verletzt? Ich glaube, es war in Russland, oder? Mein Sohn erzählte mal irgendwas davon." Glücklicherweise hatte sich niemand an den Namen von Ray's damaligem Gegner erinnern können. Das hätte Bryan noch gefehlt! Auf einer Party, wo Ray Kon der erklärte Publikumsliebling war, den bösen Buben spielen zu müssen! Nein, danke! Daher hatte er sich in den Garten verzogen, um ein wenig allein zu sein. Er hatte bereits daran gedacht, nach Hause zu fahren, als Ray auftauchte. Er hatte Bryan nicht gesehen, und dieser verhielt sich ganz still. Stattdessen nutzte er die Gelegenheit, sich Ray einmal ungestört ansehen zu können. Ray hatte sich verändert, und das wie erwartet zum Besseren. Als Teenager war er bereits gut aussehend gewesen, sein Körper hielt ein Versprechen von kommender Schönheit in sich und flüsterte es denen zu, die es sehen konnten. Wie eine Knospe, die bereits von der Schönheit der Blüte erzählte. Bryan war damals schon in der Lage gewesen, es zu sehen, aber in Balkov Abbey war körperliche Schönheit das Letzte gewesen, was für ihn wichtig gewesen wäre. Die Leistung als Blader hatte für ihn gezählt, und er hatte Ray's Aussehen keine Bedeutung beigemessen. Er hatte nicht einmal besonders viel von seinen Fähigkeiten im Beybladen gehalten. Vielleicht hatte er ihn unterschätzt, weil er gedacht hatte, ein hübscher Junge könne kein guter Blader sein? Wer weiß, jedenfalls hatte Ray ihm seine Fähigkeiten als Blader bewiesen, in dem er ihn besiegte. Und Bryan war schließlich zu dem Schluss gekommen, dass man ihn in der Abbey belogen hatte. Es gab viele Wege zum Sieg, nicht nur den, zu hassen und alles vernichten zu wollen. Er hatte Jahre gebraucht, aber er hatte es geschafft, sich vollständig von den Lehren und dem Training von Biovolt zu befreien und war nun Vizechef der Werbeabteilung einer großen Firma. Indirekt hatte er das wohl Ray zu verdanken. Wenn Ray ihn nicht besiegt hätte, hätte er sich vielleicht nicht von Biovolt's Einfluss befreien können. Bryan ließ seine Blicke über Ray's Gestalt wandern, und das mit einem gewissen Gefallen, wie er sich selbst eingestehen musste. Ray's Körper hatte das Versprechen von einst gehalten, er war wirklich zu einer Schönheit gereift. Und der maßgeschneiderte Anzug saß perfekt an jeder sanften Kurve seines Körpers, ohne dabei zu viel zu enthüllen. Das lange seidig-schwarze Haar fiel den ganzen Rücken hinunter und war zu einem Zopf geflochten worden. Aber Ray's Trumpfkarte waren unbestreitbar seine ausdrucksstarken goldenen Augen. All dies ergab zusammen eine exotische Aura, die Ray einhüllte und die Blicke auf ihn lenkte, wo immer er auch hingehen würde. Es war kein Wunder, dass er eine Karriere als Modell begonnen und es so weit gebracht hatte. Bryan beugte sich ein wenig weiter vor, um einen Blick auf Ray's Gesicht erhaschen zu können, und verlagerte dabei das Gewicht seines rechten Fußes ein wenig. Ein kleiner Zweig zerbrach unter dem Fuß. Von dem Knacken aufgeschreckt, drehte Ray sich um. "Wer ist da?" Jetzt wo er entdeckt war, trat Bryan von dem Baum weg und zur Bank. "Guten Abend, Ray." "Bryan." sagte Ray überrascht, und fuhr dann fort: "Guten Abend. Ich wusste nicht, dass du auch auf der Party von Herrn Aaron bist." "Meine Firma macht Geschäfte mit Herrn Aaron. Ich bin nur hier als Vertreter der Firma. Darf ich fragen, wieso du hier bist? Ich denke nicht, dass du Herrn Aaron vorher kanntest, oder?" Bryan setzte sich neben Ray auf die Bank. "Er gab meiner Managerin eine Einladung, um mich kennen zu lernen. Vielleicht bekomme ich einen Auftrag von seiner Firma Bey-Champ." erzählte Ray. Bryan war ihm so nah, aber er fühlte keine Angst oder gar Zorn gegen den einstigen Demolition Boy. Im Gegenteil, er nutzte die Gelegenheit, sich Bryan nochmals genau anzusehen. Bryan hatte sich so stark verändert. Aus dem wilden Kämpfer war ein Geschäftsmann geworden. Aber er hatte immer noch eine gefährliche Aura um sich herum, die Ray an frühere Zeiten erinnerte. Und das kostbare Seidenhemd mit dem lässig darüber getragenen teuren Jackett verbarg nichts von seiner eindrucksvollen Gestalt. Die Seide schmiegte sich praktisch an die muskulöse Brust von Bryan und enthüllte so mehr als sie den Blicken entzog. Ray fragte sich, wie Bryan sich wohl bei einem Fotoshooting machen würde. Der Ex-Demolition Boy hatte etwas an sich, das sowohl gefährlich als auch anziehend wirkte. ,Wie wenn man mit dem Feuer spielt.' dachte Ray. "Die Firma Bey-Champ ist mir bekannt. Das wäre bestimmt ein schöner Auftrag für dich, Werbung für diese Firma zu machen." Bryan sah den leicht abwesenden Ausdruck in Ray's Augen, und ihm entging nicht, dass er von seinem einstigen Beyblade-Gegner gemustert wurde. ,Checkt er mich aus?' überlegte Bryan amüsiert. Bryan's Worte holten Ray's Gedanken in die Realität zurück. "Ja, das würde mir gefallen, aber ich habe auch so genug zu tun. Ich habe bereits weitere Aufträge vorliegen, und ich hoffe natürlich auf den Vertrag mit deiner Firma." "Das ist ja Morgen so weit. Wir sehen uns wie vereinbart um 14 Uhr in meinem Büro." meinte Bryan. Beide schwiegen eine Weile, und Ray stellte fest, dass die Stille ihn nicht belastete. Es fühlte sich gut an, einfach nur hier zu sitzen und die Stille zusammen mit Bryan zu genießen. Auch Bryan gefiel das. Es gab nur wenige Menschen, deren Gesellschaft er genoss, und er stellte gerade fest, dass Ray einer dieser Menschen war. Aber der Wunsch, Ray's Stimme zu hören, wuchs in seinem Inneren, bis er sich schließlich erneut an Ray wandte und ihm Fragen über sein Leben stellte, nur um ihn reden zu hören. Ray erzählte ihm von seiner Tätigkeit als Modell und von den anderen Bladebreakers. Fragen, die ihn auf der Party gestört hatten, beantwortete er Bryan sehr gerne. Er wusste, der andere Blader würde ihn viel besser verstehen als die Gäste, die vom Bladen kaum Ahnung hatten. Die Zeit verging, und die Turmuhr einer Kirche irgendwo in der Nähe schlug Mitternacht. Ray stand auf. "Ich sollte jetzt besser gehen. Ich bin immer noch müde von dem Flug." Er griff nach seinem Handy. Bryan legte eine Hand auf seinen Arm. "Wen willst du um diese Zeit anrufen?" "Das Hotel. Die schicken mir dann eine Limousine, die mich abholt." erklärte Ray. Bryan schüttelte den Kopf. "Steck es wieder weg. Ich fahre dich nach Hause. Ich will jetzt auch gehen, da kann ich dich mitnehmen." Bryan schwenkte einen Schlüsselbund um seinen Zeigefinger. "Immerhin habe ich einen Führerschein." neckte er. Ray zog einen Schmollmund, aber seine Augen funkelten amüsiert. "Ich auch, Bryan. Und sogar ein eigenes Auto. Es ist nur nicht hier." Sie gingen zusammen zurück zum Haus, um sich von Herrn Aaron zu verabschieden. Bryan bemerkte, dass Ray wieder alle Blicke auf sich zog, und musste grinsen. Wenn sie Ray jetzt schon beeindruckend fanden, hätten sie ihn mal beim Beybladen sehen sollen. Bryan konnte sich noch gut erinnern, wie stolz und unnahbar Ray damals ausgesehen hatte. ,Je schwerer der Kampf, desto beeindruckender der Blader.' dachte er. Sie verließen die Villa, und Bryan führte Ray zu seinem Wagen. "Ich bin beeindruckt." sagte Ray, und er war es wirklich. Der Wagen, ein schwarz lackierter Porsche, passte perfekt zu Bryan. Ein BMW oder Mercedes, den man vielleicht eher mit einem erfolgreichen Geschäftsmann in Verbindung gebracht hätte, hätte nicht zu dem einst sehr gefährlichen Blader gepasst. Bryan ließ den Motor an, und der Wagen verschwand in der Nacht. *** Es war der Nachmittag des nächsten Tages, und Ray war in der Limousine unterwegs zum Gebäude von Motor Wheels, um den Vertrag zu unterschreiben. Er hatte den Vormittag damit verbracht, im Fitness-Center seines Hotels zu trainieren. Die erste Stunde ging das auch sehr gut, da um diese Zeit normalerweise kaum jemand dort war. Aber nachdem es sich herum gesprochen hatte, dass er dort trainierte, waren immer mehr Leute dort aufgetaucht. Unter dem Vorwand, trainieren zu wollen, hatten sie sich an Ray rangemacht. Er war immer wieder gestört worden, bis es ihm zu dumm wurde. Glaubten die Leute wirklich, er würde ihre Absichten nicht durchschauen? Die meisten Leute im Fitness-Center hatten keine Ahnung gehabt, wie man die dortigen Geräte benutzt. Sie hatten bloß die Bekanntschaft mit einer berühmten Person gesucht. Und es hätte jede Berühmtheit getan, es hätte gar nicht Ray sein müssen. Er war halt nur derjenige, der erreichbar war. Ray hatte sich schließlich nach einer weiteren Stunde in seine Suite zurückgezogen, um sich seiner Körperpflege zu widmen. Als Modell musste man in dieser Hinsicht schon auf sich achten. Jetzt fuhr die Limousine endlich in die Tiefgarage von Motor Wheels ein. Wie auch gestern wurde er von Frau Schmidt erwartet. Der Mann, der sie gestern begleitet hatte, war jedoch nicht zu sehen. Frau Schmidt freute sich sichtlich, als er sie mit ihrem Namen begrüßte, ohne dass er nachfragen musste, wie sie hieß. Sie begleitete ihn nach oben in das Vorzimmer von Bryan. "Bedauerlicherweise ist Herr Kuznetsov noch nicht aus einer Besprechung im Hause zurück. Sie können aber versichert sein, dass er schnellstmöglich hier sein wird, um den Vertrag mit Ihnen abzuschließen, Herr Kon." teilte ihm Frau Schmidt mit, "Wenn Sie so lange in seinem Büro Platz nehmen möchten..." "Das wird nicht nötig sein, Anna. Ich werde mich persönlich um Herrn Kon kümmern." ertönte eine Stimme hinter ihnen. Frau Schmidt und Ray drehten sich um. In der Tür stand ein dicker älterer Herr mit Glatze und grinste sie fröhlich an. Ray warf Frau Schmidt einen schnellen Blick zu und sah, wie sich die Augen der Sekretärin leicht weiteten und ihr Lächeln eine Spur schrumpfte. Offenbar war das Auftauchen dieses Mannes weder geplant noch willkommen. Der Mann ging auf Ray zu und streckte seine Hand zur Begrüßung aus. "Willkommen, Herr Kon. Mein Name ist Sergenson. Ich bin der Leiter der Werbeabteilung von Motor Wheels." "Sehr erfreut." Ray ergriff die Hand und drückte sie nur kurz. Dieser Mann war ihm unangenehm. Er sah ihn irgendwie gierig an, und das gefiel Ray ganz und gar nicht. Er kannte solche Blicke von manchen seiner Fans, und sie lösten in Ray den Wunsch nach einem Leibwächter aus, nach einer ganzen Horde Leibwächter. "Bitte kommen Sie mit mir in mein Büro. Ich habe alle Unterlagen dort." Sergenson wandte sich der Tür zu und ging Ray voran. Während Ray ihm folgte, fragte er: "Verzeihung, aber was ist mit Herrn Kuznetsov? Ich habe gestern noch im Detail alles mit ihm besprochen." "Herr Kuznetsov wird von Frau Schmidt informiert werden, dass ich die Angelegenheit in die Hand nehme. Eine Berühmtheit wie Sie sollte immer mit dem Chef verhandeln, meinen Sie nicht auch?" Sergenson ließ Ray keine Zeit, darauf zu antworten. Er ging schnell weiter, öffnete eine Tür und führte Ray in ein extrem großes Büro. Die Ausstattung war vom Feinsten. Ein riesiger Schreibtisch dominierte den Raum. In einem Teil des Raumes befand sich eine kleine Bar mit einer Sitzecke aus schwarzem Leder. An der Wand hingen teure Kunstdrucke. Sergenson führte Ray zu der Sitzecke und wies mit einer Hand auf die kleine Couch. "Setzen Sie sich doch. Einen Drink?" Bevor Ray antworten konnte, war Sergenson bereits zur Bar gegangen. Ray seufzte unhörbar und ließ ihn gewähren. Wenn dieser Mann unbedingt etwas trinken wollte, nun gut. Er brauchte ja nur an seinem Glas zu nippen. Sergenson kam mit zwei Scotch auf Eis zu ihm zurück und reichte ihm ein Glas. Dann setzte er sich neben Ray auf die kleine Couch. Ray zog ein wenig die Brauen hoch. Es gab genug andere Sessel, warum setzte sich Sergenson genau neben ihn? Dieser Mann war ihm zu nah für seinen Geschmack. Sergenson ließ seine Blicke gierig über Ray's Gestalt gleiten. Das war also das berühmte Modell und einstiger Champion im Beybladen? Nicht schlecht, gar nicht schlecht. Wenn Ried ihn nicht angerufen hätte, wäre ihm dieser Appetithappen doch glatt durch die Lappen gegangen. Es war nicht so, dass er keine Berichte bekam, aber er las sie nicht. Vielleicht ein Fehler, wie sich Sergenson jetzt eingestand. Ray Kon war definitiv einen Bericht wert. Sergenson nahm einen Schluck von seinem Scotch und überlegte, wie er Ray am Besten dazu bringen konnte, in der Öffentlichkeit an seiner Seite aufzutreten. Am Besten in seinem Herrenclub. Die anderen Mitglieder würden staunen, wenn er mit Ray Kon an seinem Arm dort auftauchen würde. Und ihre Frauen würden ihm bestimmt ebenfalls mehr Aufmerksamkeit schenken, wenn er ein von ihnen begehrtes männliches Supermodell kannte. Und da war immer noch Ray Kon selbst. Einen solch attraktiven Mann sollte er sich nicht entgehen lassen. Ray wartete, bis Sergenson einen Schluck von seinem Scotch genommen hatte, und sagte dann: "Herr Kuznetsov und ich sind den Werbevertrag gestern durchgegangen. Es sollten noch ein paar kleine Änderungen vorgenommen werden, aber er versicherte mir, dass der Vertrag heute zum Unterschreiben bereit liegen würde." "Natürlich, natürlich. Aber es gibt da noch ein paar Sachen, die ich mit Ihnen diskutieren möchte. Warum kommen Sie nicht heute Abend mit in meinen Club? Dort lässt es sich in äußerst angenehmer Atmosphäre reden." Sergenson rutschte ein wenig näher an Ray heran. Hölle, was für eine exotische Augenfarbe dieser Mann hatte. Er nahm noch einen großen Schluck von seinem Scotch. "Ich bedaure, Herr Sergenson, aber ich habe auch noch andere geschäftliche und private Verpflichtungen. Ich möchte daher den Vertrag heute besprechen und wenn möglich abschließen." Ray nippte an seinem Scotch. Keinesfalls wollte er mit Sergenson zu irgendeinem Club gehen. Er wollte überhaupt nicht mit Sergenson irgendwohin gehen. "Ich könnte Ihnen einige Leute vorstellen, die für Ihre Karriere sehr nützlich sein könnten, Ray. Ich darf Sie doch Ray nennen? Mein Name ist Sven." Sergenson stellte sein Glas auf den Tisch und berührte dabei wie unbeabsichtigt Ray's Bein. "Ich bedaure nochmals, Herr Sergenson, aber mein Terminplan lässt so etwas nicht zu." Ray fand, dass sich Sergenson entschieden zu viele Freiheiten mit ihm heraus nahm. Trotzdem bemühte er sich um Höflichkeit. *** Bryan kam in das Vorzimmer zu seinem Büro geschossen, leicht außer Atem von seinem Lauf durch das Gebäude. Er verfluchte die Sitzung, in der er gewesen war. Wieso musste der Chef der Rechtsabteilung Ihrer Firma immer alles in die Länge ziehen? "Ist Ray schon da?" fragte er seine Sekretärin. Frau Schmidt sah überrascht von Ihrer Arbeit auf. Ihr Chef Kuznetsov nannte Herrn Kon beim Vornamen? "Herr Kuznetsov, Herr Kon war schon hier, aber Herr Sergenson ist aufgetaucht und hat ihn in sein Büro mitgenommen." Nun war es an Bryan, überrascht auszusehen. "Sergenson?" "Ja. Er kam heute Morgen, als Sie schon in der Sitzung waren, und verlangte die Unterlagen für den Werbevertrag mit Herrn Kon. Als Herr Kon dann kam, führte er ihn in sein Büro, und da müssten die Beiden immer noch sein." klärte seine Sekretärin ihn auf. Bryan runzelte die Stirn. Das gefiel ihm gar nicht. Woher hatte Sergenson gewusst, dass Ray hier sein würde? Der Mann las die Berichte nicht, die ihm ihre gemeinsame Sekretärin zukommen ließ, da war sich Bryan sicher. Sergenson mochte einst recht fähig gewesen sein, aber jetzt war er eher inkompetent und nur noch darauf bedacht, sich ins rechte Licht zu rücken, meistens auf Kosten anderer, wie Bryan aus eigener Erfahrung wusste. Und jetzt war Ray allein in einem Raum mit Sergenson? Verdammt! *** Inzwischen war Sergenson noch näher an Ray gerückt. Die Schönheit dieses Mannes war wirklich atemberaubend, und er hatte entschieden, dass er nicht auf solche Schönheit verzichten konnte. Seine Hände strichen über Ray's Arm und sein Bein, fühlten den kostbaren Stoff seiner Kleider und die Wärme seiner Haut. Ray ging das entschieden zu weit. "Herr Sergenson, ich muss Sie auffordern, Ihre Hände von mir zu nehmen!" Sergenson kümmerte sich gar nicht um Ray's Protest und platzierte seine Hände, wo es ihm passte. "Mein lieber Ray, was Ihren Werbevertrag angeht, habe ich Ihnen ein gutes Angebot zu machen. Sie können weit mehr Geld bekommen als die 8 Millionen Euro. Ich biete Ihnen an, den Vertrag auf 9 Millionen zu erhöhen. Dafür sind Sie mir allerdings ein paar Gefälligkeiten in diesen drei Jahren schuldig." Ray's Augen blitzten vor Zorn, während er sich bemühte, Sergenson abzuwehren. "Ich verzichte, Sergenson. Lassen Sie mich los!" Er versuchte aufzustehen, aber Sergenson beugte sich so weit über ihn, dass es unmöglich wurde. So langsam mischte sich Angst in die Wut von Ray. Er war kein Schwächling, aber er war äußerst ungünstig zwischen der Couch und Sergenson's umfangreichen und schweren Körper eingeklemmt. Sergenson's Gier nach diesem Körper, der sich unter ihm wand, war nun deutlich auf seinem Gesicht zu sehen. Er ließ seine Hände über Ray's Körper gleiten, ohne sich um die Gegenwehr zu kümmern. Der junge Mann würde schon noch ja sagen, es ging immerhin um viel Geld. "Eine Millionen Euro zusätzlich, Ray, überleg dir das." flüsterte er mit einer Stimme, die heißer vor Lust war. Ray's Magen drehte sich praktisch um, als er die Begierde darin hörte. Er überlegte gerade, ob er auf seinen Stolz verzichten und um Hilfe rufen sollte, als die Tür des Büro's aufflog. "SERGENSON!!!" Sergenson richtete sich überrascht auf. Ray nutzte die Gelegenheit und erhob sich so schnell wie möglich von der Couch. In seiner Hast von Sergenson wegzukommen, fiel er von der Couch zuerst auf den Boden, bevor er sich aufrappelte und zur Tür lief, wo Bryan und seine Sekretärin standen. Frau Schmidt hatte eine Hand auf den Mund gepresst und starrte schockiert auf die Szene vor ihr. Bryan dagegen sah mehr als nur wütend aus. Sein Gesicht war eine eisige Maske kaum kontrollierter Wut, und die Augen brannten in einem unheiligen Feuer. Der Anblick erinnerte Ray daran, welchen Ruf als Beyblader Bryan einst besessen hatte. Bryan überzeugte sich mit einem Blick, dass Ray in Ordnung war. Die Kleidung von Ray war in Unordnung geraten, und er hatte einen wütenden und auch verstörten Ausdruck in den Augen, aber ansonsten schien er okay zu sein. Sie waren rechtzeitig genug gekommen, um schlimmeres zu verhindern. Bryan wandte sich Sergenson zu und sagte in einem gezwungen ruhigen Tonfall: "Herr Sergenson, der Vertrag mit Herrn Kon wurde gestern besprochen. Herr Kon sollte den Vertrag lediglich noch einmal lesen und unterschreiben." Sergenson hatte sich inzwischen wieder unter Kontrolle und blickte Bryan von der Couch her kühl an. "Ich habe Herrn Kon lediglich vorgeschlagen, noch eine Änderung vorzunehmen. Es wäre zu seinem finanziellen Vorteil gewesen." ,Typisch, dieser Mann glaubt, man könne mit Geld alles und jeden kaufen.' dachte Bryan, ,Warum geht er nicht auf den Straßenstrich und sucht sich da sein Vergnügen?' Laut sagte er: "Ich denke nicht, dass Herr Kon davon angetan ist. Die Verhandlungen kamen gestern zum Abschluss. Über das gesamte Werbeprojekt wurden Ihnen regelmäßig Berichte vorgelegt. Für weitere Verhandlungen besteht keine Notwendigkeit." Bryan's Stimme war so kalt wie ein arktischer Wind. "Allerdings besteht keine Notwendigkeit für weitere Verhandlungen! Ich werde keinen Vertrag mit dieser Firma abschließen!" rief Ray wütend, und Bryan glaubte, auch ein wenig Hysterie zu hören. Nicht weiter verwunderlich. Ray stürmte an ihm und Frau Schmidt vorbei, offenbar um das Gebäude zu verlassen. Welch dramatischer Abgang. Nur passte das Bryan überhaupt nicht. Verschwand Ray jetzt, verschwand mit großer Wahrscheinlichkeit auch jede Aussicht auf Abschluss des Werbevertrages mit ihm. Und das würde der Führungsspitze der Firma gar nicht gefallen. Sie setzten große Hoffnungen in Ray Kon als Werbeträger. Bryan wandte sich an Frau Schmidt, die sich inzwischen einigermaßen gefasst hatte und ihren gemeinsamen Chef Sergenson nun fast ebenso kalt musterte wie Bryan. "Frau Schmidt, bitte nehmen Sie die Vertragsunterlagen an sich." Dann eilte Bryan hinter Ray her. *** Ray stürmte über den Flur zum Aufzug und drückte auf den Rufknopf. Er war furchtbar wütend und auch verstört über das Verhalten von Sergenson. Aber es war nicht nur das. Den Blick in Sergenson's Augen, als dieser ihn belästigte, hatte er auch schon in anderen Augen gesehen, die ihn betrachteten, oder besser gesagt seinen Körper betrachteten. Dieses Gefühl, dass ihn andere nur als ein hübsches Objekt sahen, anstatt als eine Person, war widerlich. Ja, er verdiente sein Geld hauptsächlich mit der exotischen Schönheit seines Körpers und seiner charismatischen Ausstrahlung, aber er verkaufte seinen Körper nicht! Er war doch keine Nutte! Trotzdem hatte er schon viele ähnliche Angebote bekommen, jedoch war niemand bisher so handgreiflich geworden wie Sergenson. Ray fühlte, wie sich Tränen der Frustration in seinen Augen sammelten. Er ballte wütend die Fäuste und nutzte seinen Zorn, um die Tränen zurückzudrängen. Das fehlte ihm noch, dass er in der Öffentlichkeit weinte, auf gar keinen Fall! Glücklicherweise kam die Kabine des Aufzugs endlich auf seiner Etage an. Ray trat ein und drückte den Knopf für die Tiefgarage, wo seine Limousine auf ihn wartete. Die Kabine war leer, wofür Ray dankbar war. Er nahm einen tiefen Atemzug, um sich zu beruhigen, und verbannte die Emotionen aus seinen Gesichtszügen. Die Türen des Aufzugs begannen, sich zu schließen, als zwei Hände sie plötzlich wieder aufdrängten! Durch den Widerstand beim Schließen öffneten sich die Türen wieder, und Bryan betrat die Kabine. Einen Moment lang herrschte Stille zwischen ihnen. Die Aufzugstüren schlossen sich wieder, und die Kabine setzte sich nach unten in Bewegung. Bryan musterte sein Gegenüber. Ray starrte mit einem kalten Gesichtsausdruck, der so gar nicht zu ihm passte, auf eine Stelle am Boden des Aufzugs. Er weigerte sich, Bryan direkt anzusehen. Das Schweigen zwischen ihnen war unkomfortabel und belastete das Gemüt von beiden. Bryan räusperte sich, nur um die Stille zu zerstören, und sagte: "Ray, komm bitte wieder in mein Büro. Der Vertrag ist fertig. Er entspricht ganz unserem gestrigen Gespräch." "Nein, Bryan, ich komme nicht wieder mit nach oben." antwortete Ray mit fester Stimme, "Die Zusammenarbeit mit diesem Sergenson kommt für mich nicht in Frage." "Du kannst den Vertrag mit mir abschließen, Ray. Du musst Sergenson nicht mehr sehen." wandte Bryan ein. Ray hob den Blick vom Boden und sah Bryan nun doch an. "Kannst du mir garantieren, dass ich Sergenson, deinen Chef, nicht mehr sehen werde? Während der ganzen drei Jahre, über die der Vertrag gehen soll? Nein, das kannst du nicht, Bryan, und das wissen wir beide. Da er Chef der Werbeabteilung ist, hat er die Kontrolle über alle Werbeprojekte dieser Firma, und auch ich bin nach Abschluss des Vertrages ein solches Projekt. Noch dazu ein sehr wichtiges, um das sich der Chef bestimmt persönlich kümmern wird, vielleicht sogar muss, denn welches andere Projekt kostet schon 8 Millionen Euro?" Ray lächelte bitter. "Ich weigere mich, mit Sergenson zusammen zu arbeiten, daher werde ich den Vertrag nicht unterschreiben. Er wäre zwar sehr lukrativ gewesen, aber ich brauche ihn nicht wirklich." Bryan wusste darauf nichts zu sagen, denn Ray hatte Recht. Sergenson würde bestimmt darauf bestehen, immer wieder bei Werbeprojekten, die Ray betrafen, aufzutauchen, egal ob Fotoshootings oder öffentliche Auftritte. Dafür war die Geltungssucht des Mannes viel zu ausgeprägt. Sergenson wollte gesehen werden mit berühmten Leuten, weil dies auch sein Ansehen hob, und nachdem, was in seinem Büro passiert war, wollte er mehr von Ray als nur mit ihm gesehen werden. Im Grunde genommen konnte Ray diesen Mann anzeigen wegen sexueller Belästigung. Bryan stöhnte innerlich. So ein Skandal konnte das Ansehen der Firma ernsthaft gefährden. Einen Moment lang herrschte wieder Stille, doch dieser Moment reichte dem Aufzug, um den Keller zu erreichen. Die Türen öffneten sich und sowohl Ray als auch Bryan traten in die Tiefgarage, wo die Limousine bereits wartete. Bryan griff in seine Tasche und holte eine Visitenkarte hervor, die er Ray reichte. "Hier steht meine Telefonnummer drauf. Du kannst mich jederzeit in meinem Büro oder zu Hause anrufen, wenn du es dir anders überlegen solltest." Ray zögerte. "Das, was ich gesagt habe, gilt, Bryan. Mit Sergenson kann ich nicht arbeiten." "Nimm sie trotzdem." Ray nahm die Visitenkarte entgegen und verabschiedete sich dann. Bryan sah der Limousine nach, als sie verschwand, dann trat er wieder in den Aufzug, um in sein Büro zurückzukehren. Wenn Sergenson sich nur nicht eingemischt hätte! Dann hätte Ray den Vertrag unterschrieben und würde jetzt das erste Fotoshooting besprechen. Stattdessen musste er jetzt der Firmenführung erklären, dass der Vertrag vielleicht nicht abgeschlossen werden konnte. Welche Ausrede sollte er diesmal für Sergenson's Dummheit benutzen? Bryan seufzte und fuhr sich mit den Händen durch sein Haar. Er fragte sich, ob er Ray überhaupt wieder sehen würde. *** Bryan's und Sergenson's Sekretärin, Anna Schmidt, hatte sich mittlerweile wieder hinter ihren Schreibtisch gesetzt, nachdem sie die Vertragsunterlagen auf Bryan's Schreibtisch gelegt hatte. Sie war bitter enttäuscht von Sergenson's Verhalten. Allerdings war dies nicht das erste Mal. Dieser Mann hatte sich schon viele Fehler geleistet, doch die Belästigung von Ray Kon setzte dem Ganzen die Krone auf. Und nachdem Ray sein Büro verlassen hatte und Bryan hinter ihm her gerannt war, hatte dieser Bastard auch noch den Nerv, eine spöttische Bemerkung über überempfindliche junge Burschen zu machen, namentlich Ray Kon! Frau Schmidt war schleunigst selbst gegangen, bevor ihr der Kragen platzen konnte! Ihr Telefon klingelte, und Frau Schmidt griff mit einer resignierten Bewegung nach dem Hörer. "Firma Motor Wheels, Vorzimmer von Herrn Kuznetsov, Frau Schmidt am Apparat, guten Tag." rasselte sie routiniert herunter und versuchte dabei, freundlich zu klingen. "Guten Tag, Frau Schmidt, hier ist Hill. Ich möchte mich erkundigen, ob der Vertrag von Herrn Kon bereits unterschrieben wurde." ertönte eine Männerstimme. Frau Schmidt setzte sich vor Schreck kerzengerade auf. Oh Gott, das war Detlev Hill, der Direktor von Motor Wheels! Er war einer derjenigen in der Firmenführung gewesen, die Ray Kon als Werbeträger für die Firma ausgesucht hatten. Herr Hill war nicht unbedingt ein Beyblade-Fan, aber Frau Schmidt hatte gerüchteweise gehört, dass er im Firmenrat die Ansicht vertreten hatte, dass Ray Kon's Popularität in den nächsten Jahren noch erheblich steigen würde und er daher ein ausgezeichneter Werbeträger für die Firma sei. Dieser Mann legte sehr viel Wert auf den Abschluss dieses Vertrages! "Frau Schmidt, sind Sie noch dran?" fragte eine leicht amüsierte Stimme vom anderen Ende der Leitung. Frau Schmidt zuckte zusammen. Sie hatte vor lauter Schreck nicht geantwortet. Aber was sollte sie dem Direktor denn auch sagen? Frau Schmidt atmete tief durch, bevor sie begann: "Äh, Herr Hill, es gibt leider ein kleines Problem. Der Vertrag wurde noch nicht unterschrieben, aber wir arbeiten dran." "Mir wurde berichtet, dass sich Herr Kon gestern mit Herrn Kuznetsov über alle Details geeinigt hatte. Der Vertrag sollte nur noch unterschrieben werden. Ich bin sicher, dass eine Unterschrift nicht so lange dauert. Also, was ist dieses kleine Problem?" "Äh, nun, Herr Kon hat das Gebäude verlassen." "Bevor er unterschrieben hat? Das ist höchst seltsam, wo doch alles schon klar war, oder nicht?" Eine kurze Pause folgte, dann sagte Frau Schmidt kleinlaut: "Wir arbeiten an dem Problem, Herr Hill. Könnte ich Sie zurückrufen, sobald es geklärt ist?" Ein Seufzer war am anderen Ende der Leitung zu hören, dann sagte Hill: "Frau Schmidt, reden Sie Klartext. Jemand hat in der Werbeabteilung vermutlich Mist gebaut, und der Vertrag konnte daher noch nicht abgeschlossen werden, oder? Es würde mich zwar wundern, wenn Herr Kuznetsov einen Fehler gemacht hat, aber..." "Herr Hill, es war nicht der Fehler von Herrn Kuznetsov." wandte Frau Schmidt entschlossen ein. Sie konnte es nicht ausstehen, wenn jemand für den Fehler eines anderen gerade stehen musste. "Wer war es dann? Die ganze Geschichte bitte, Frau Schmidt. Sonst muss ich den Chef und den Vizechef der Werbeabteilung wohl in mein Büro bitten." Frau Schmidt seufzte innerlich, dann begann sie, dem Direktor Bericht zu erstatten. Sie zweifelte nicht daran, dass Herr Hill bald einige Leute in sein Büro bitten würde, einschließlich ihrer selbst. ------------------------ wird fortgesetzt... Kapitel 3: Ein schöner Abend ---------------------------- Titel: Greif nach den Sternen Kapitel: 3/? Autor: Cat in the web Fandom (Anime/Manga): Beyblade Einstufung: PG Pairing: Bryan + Ray Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Ich traue mich kaum, mich nach so langer Zeit zurückzumelden, aber jetzt geht es endlich mit dieser Fanfic weiter. Ich weiß zwar nicht, wie viele Kapitel noch kommen, aber ich werde versuchen, die Geschichte noch in diesem Jahr zu beenden. -------------------------------------------------- Greif nach den Sternen von Cat in the web Kapitel 3: Ein schöner Abend Als Ray wieder im Hotel war und seine Suite betrat, stand bereits Herr Polanski, der Hotelmanager, in der Suite und beaufsichtigte zwei Reinigungskräfte des Hotels, die das Badezimmer reinigten, vor allem die Toilette. Wie sich herausstellte, war es einem weiblichen Fan gelungen, sich in Rays Suite zu schleichen. Dort angekommen, hatte sie die Klobrille seiner Toilette abgeleckt und es sich dann in einem von Rays Seidenhemden in seinem Bett bequem gemacht, wo sie der Butler, der für Rays Suite zuständig war, gefunden hatte. Nach dem, was kurz vorher mit Sergenson passiert war, war Ray nicht amüsiert über den Vorfall. Doch er blieb höflich, während Polanski ihm versicherte, dass so etwas nicht wieder vorkommen würde und er die Sicherheit im Hotel bereits erhöht hatte. Ray nutzte die Gelegenheit, um Polanski auf seine Probleme im Fitness-Center des Hotels anzusprechen. Er brauchte einen Ort, wo er in Ruhe trainieren konnte, ohne dass ihn ständig Leute ansprachen. Polanski bot an, einen der Fitness-Räume für ihn zu reservieren und versicherte ihm, dass dies gar kein Problem wäre. Als Polanski und die Reinigungskräfte gegangen waren, rief Ray den für ihn zuständigen Hotel-Butler zu sich und übergab ihm ein Päckchen mit der Bitte, dafür zu sorgen, dass es in das Büro seiner Managerin Sara Wittmann gebracht wurde. Es enthielt die unterschriebenen Verträge, über die er mit Sara am vorangegangenen Tag gesprochen hatte. Nachdem auch dies erledigt war, öffnete Ray seinen Laptop, um nachzusehen, ob er E-Mails bekommen hatte. Nur seine besten Freunde, die ehemaligen Mitglieder der Bladebreakers und der White Tigers, kannten seine Mail-Adresse. Ja, er hatte Post, und zwar von Max und Tyson, die gerade gemeinsam in Amerika waren. Ray lächelte. Das war genau das Richtige, um sich von den Geschehnissen dieses Tages abzulenken. Sehr viel später an diesem Tag, es war bereits Abend, lag Ray bequem auf der Couch ausgestreckt, während der Fernseher lief. Es waren mehrere Faxe für ihn gekommen. Seine Managerin arbeitete schnell und zuverlässig und hatte ihm bereits die Termine für die Fotoshootings und die Werbefilme zukommen lassen, obwohl sie die Verträge erst heute unterschrieben von ihm zurückbekommen hatte. Er würde in den kommenden Tagen gut beschäftigt sein, aber er fragte sich, was Sara wohl sagen würde, wenn er ihr erzählte, dass der Vertrag mit Motor Wheels nicht zustande gekommen war. Als Ray seinen Namen hörte, sah er auf. Gerade liefen im Fernsehen die Nachrichten. Ein Foto von ihm war im Hintergrund abgebildet. Die Sprecherin sagte gerade: „Heute ist es einem weiblichen Fan des berühmten Fotomodells und Beybladers Ray Kon gelungen, in dessen Suite im Hotel Vier Jahreszeiten in Star City einzudringen. Da Herr Kon nicht anwesend war, begnügte sich die Frau damit, die Brille seiner Toilette abzulecken, um sich danach ihrer Kleidung zu entledigen, ein Hemd von Herrn Kon anzuziehen und in seinem Bett auf ihn zu warten. Das Hotelpersonal fand die Frau jedoch, bevor Herr Kon zurückkam, und verwies sie des Hotels.“ Ray seufzte leise und lächelte. Wenn man so berühmt war wie er, hatte man praktisch kein Privatleben mehr. Die Medien stürzten sich auf alles, was sie kriegen konnten. Aber zumindest gelang es der Hotelsicherheit, auch die Presse draußen zu halten. Dass dieser Vorfall jedoch nach außen gedrungen war, hieß wohl, dass jemand vom Hotelpersonal gequatscht hatte. Nun, das war nicht sein Problem, sondern das des Hotelmanagers. Die Nachrichtensprecherin hielt kurz inne, um ein Blatt zur Seite zu legen, bevor sie wieder in die Kamera sah. „Herr Kon hält sich in Star City auf, um über den Abschluss eines Werbevertrages mit der Firma Motor Wheels zu verhandeln. Gerüchten zufolge ist der Abschluss des Vertrages jedoch gescheitert.“ Rays Lächeln verschwand, und er hob überrascht eine Braue. Man konnte wohl wirklich nichts vor den Medien verheimlichen. Er fragte sich, ob dieser Bericht ein Nachspiel für die Werbeabteilung von Motor Wheels haben würde. Er wollte Bryan nicht in Schwierigkeiten bringen. Bei Sergenson sah die Sache allerdings anders aus. *** Spät am Abend kam Bryan endlich in sein Appartement zurück. Erschöpft ließ er sich auf die Couch in seinem Wohnzimmer fallen. Heute war an der Arbeit alles schief gegangen, was nur schief gehen konnte. Zuerst hatte er diese dämliche Sitzung mit den Typen aus der Rechtsabteilung, die wieder mal kein Ende beim Diskutieren fanden. Dadurch kam er zu spät zu seiner Verabredung mit Ray. Nur wenige Minuten zu spät, aber das hatte bereits gereicht, um eine Katastrophe zu beschwören! Sergenson war von irgendeinem Schwachkopf über den Werbevertrag mit Ray Kon informiert worden und hatte seine Abwesenheit genutzt, um Ray in sein eigenes Büro zu holen, samt Werbevertrag, den Bryan erarbeitet hatte. Und da hatte er dann nichts Besseres zu tun, als zu versuchen, Ray an die Wäsche zu gehen. Bryan dachte an das Bild, welches sich ihm geboten hatte, als er die Tür zu Sergensons Büro aufriss, und wurde erneut furchtbar wütend. Sergenson hatte sich über Ray gelehnt, bis dieser keine Fluchtchance mehr hatte, und dann seine Hände dahin getan, wo sie nichts zu suchen hatten! Und Rays Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Angst und Ekel gewesen! Bryan ballte wütend die Fäuste und verspürte nicht zum ersten Mal den Wunsch, Sergenson zu schlagen. Es war ein Glück gewesen, dass er beschlossen hatte, in Sergensons Büro zu gehen. Wer weiß, was sonst passiert wäre. Aber die Pechsträhne endete damit noch nicht. Ray war davon gestürmt, was Bryan ihm nicht verdenken konnte. Und der Vertrag war damit erst einmal geplatzt. Als er dann zurück in sein Büro kam, hatte der Firmendirektor Detlev Hill bei seiner Sekretärin angerufen. Frau Schmidt hatte keine Wahl gehabt und ihm alles erzählt. Woraufhin sie, Sergenson und er selbst ins Büro des Direktors zitiert worden waren, um jeder einen Bericht abzugeben. Und dann hatte Hill ihnen mitgeteilt, dass es eine offizielle Untersuchung des Vorfalls geben würde. Eigentlich hatte Bryan nichts zu befürchten. Er war nicht derjenige, der sich etwas zu schulden hatte kommen lassen. Trotzdem behagte ihm der Gedanke an eine offizielle Untersuchung durch die Firmenleitung nicht. Bryan machte sich nichts vor, er hatte Feinde, die ihm den schnellen Aufstieg neideten. Und er war tatsächlich in erster Linie durch Sergenson so weit gekommen. Zwar war er auch kompetent und fleißig, aber normalerweise war kein Vierundzwanzigjähriger bereits Vizechef der Werbeabteilung einer großen Firma. Eventuell stand seine Stellung genau so auf dem Spiel wie die von Sergenson. Bryan seufzte und griff nach der Fernbedienung seines Fernsehers. Der Bildschirm flackerte einen Moment und zeigte dann das Bild einer Nachrichtensprecherin. Hinter ihr war ein Bild von Ray eingeblendet. „Heute ist es einem weiblichen Fan des berühmten Fotomodells und Beybladers Ray Kon gelungen, in dessen Suite im Hotel Vier Jahreszeiten in Star City einzudringen“, begann die Frau. Bryan hörte interessiert zu und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er die Sache mit der Toilette hörte. Er fragte sich, was Ray wohl für ein Gesicht gemacht hätte, wenn er in sein Schlafzimmer gekommen wäre und die Frau noch vorgefunden hätte. Allerdings verschwand das Grinsen wieder, als die Nachrichtensprecherin den Teil mit dem geplatzten Werbevertrag erwähnte. Bryan stöhnte auf und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Es war wohl das Beste, wenn er ins Bett ging. Die nächsten Tage an der Arbeit würden sehr anstrengend werden. *** Die nächsten Tage wurden sowohl für Bryan als auch für Ray sehr anstrengend. Jedoch hatte Ray immer noch das wesentlich bessere Los gezogen. Seine Arbeit machte ihm Spaß, auch wenn er ständig frisch und strahlend aussehen musste, eine Kosmetikerin und ein Friseur ununterbrochen an ihm herum machten, damit er vor den Kameras absolut makellos aussah, und seine Kleidung stets perfekt sitzen musste, worauf die Designer der besagten Kleidung persönlich achteten. Das hört sich nicht sehr anstrengend an, aber wenn ein Fotomodell von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends immer perfekt aussehen musste, wurde einem das eigene Lächeln doch zur Last. Zumindest dauerte es so lange, bis die Katalogfotos alle aufgenommen worden waren. Die nächsten Fotoshootings waren weniger anstrengend, und dann kam die Arbeit, auf die er am Meisten gespannt war: die Fernsehwerbung. Ray hatte noch nie vorher vor einer Fernsehkamera gestanden. Gut, das stimmte nicht ganz, es hatte die weltweiten Übertragungen der Weltmeisterschaften im Beybladen gegeben, und natürlich war auch er damals während seiner Kämpfe gefilmt worden. Aber das war etwas anderes. Jetzt ging es um Fernsehwerbung, drei Kurzfilme, in denen er und die Jeansmarke, für die er werben sollte, im Mittelpunkt standen. Der Regisseur, der wusste, dass Ray keine Erfahrung mit so was hatte, setzte sich erst mal mit ihm zusammen, um das Ganze bis ins Detail zu besprechen. Er war ein erfahrener und geduldiger Mann, und als Ray in die Maske geschickt wurde, damit eine Kosmetikerin und eine Friseuse sich um ihn kümmern konnten, war er schon sehr viel weniger nervös als vorher. Die Dreharbeiten dauerten drei Tage. Wie ihm seine Managerin Sara bereits gesagt hatte, wurde pro Tag ein Werbefilm abgedreht. Danach wurde das Filmmaterial noch bearbeitet, und am vierten Tag saß Ray zusammen mit dem Regisseur, dem Kameramann und dem Werbefachmann der Firma, die die Jeans herstellte, in einem Raum des Fernsehstudios und sah sich das Ergebnis an. Höchst zufrieden schüttelte der Werbefachmann danach allen die Hand und verkündete, dass die Werbefilme so bald wie möglich ausgestrahlt werden sollten. *** Als Ray wieder im Hotel war, ging er seine Fanpost durch. Noch hielten sich die Stapel mit Briefen in Grenzen, doch Ray wusste aus Erfahrung, dass nach einer besonders gut gelungenen Werbung die Fanpost für eine Weile beträchtlich zunahm. Und er rechnete damit, dass dies der Fall sein würde, sobald die Jeanswerbung ausgestrahlt wurde. Aber im Moment waren die Stapel noch übersichtlich. Ray hatte zurzeit keine Aufträge und damit endlich wieder einmal Zeit für sich, und er wollte unbedingt mal wieder etwas ganz Normales tun. Als Prominenter war es schwierig, etwas zu tun, was für andere ganz normal war. Ray konnte sich nicht einfach in ein Café setzen oder auch nur einen kleinen Spaziergang durch den Park machen. Seine Fans waren überall, und sobald sie ihn entdeckten, war es mit der Ruhe vorbei. Sie würden ihn umringen, so dass es keine Fluchtmöglichkeit gab, und alle würden mit ihm reden wollen oder um ein Autogramm bitten. Ray hielt sich nicht für etwas Besseres und hatte nichts gegen den Kontakt mit seinen Fans, doch er wusste aus Erfahrung, dass er gegen die Menschenmassen, die sich um ihn versammelten, einfach nicht ankam. Sie erdrückten ihn schier mit ihren Wünschen und ihrer Aufmerksamkeit. Trotzdem, Ray wollte unbedingt raus. Er überlegte, was er tun könnte. Wie wäre es mit Kino? Er war seit Ewigkeiten nicht mehr im Kino gewesen. Und heute war Donnerstag, da würde das Kino vielleicht auch nicht so voll sein. Ray würde sich verkleiden und so hoffentlich keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Alleine wollte er allerdings nicht ausgehen. Aber außer Sara kannte er niemanden in dieser Stadt gut genug, oder vielleicht doch? Ray dachte an Bryan. Sicher, sie kannten sich nicht so gut, aber die Zeit, die sie zusammen in Herrn Aarons Garten verbracht hatten, war sehr angenehm gewesen. Und wenn er ganz ehrlich war, wollte er Bryan gerne näher kennen lernen. Der einstige Demolition Boy hatte sich sehr verändert. Oder vielleicht war er immer schon so gewesen, hatte es aber als Beyblader unter der Führung von Boris Balkov nicht zeigen können. Nun, er hatte Bryans Telefonnummer. Die Frage war nur, ob Bryan überhaupt mit ihm ausgehen wollte. Der Vorfall in Sergensons Büro lag jetzt schon über eine Woche zurück, aber Ray hatte keine Anstalten gemacht, sich wegen des Werbevertrages nochmals mit Bryan in Verbindung zu setzen. Vielleicht würde er nein sagen, vielleicht würde er aber auch ja sagen, nur um ihn dann zu überreden, den Werbevertrag doch noch abzuschließen. Aber Ray war willig, das Risiko einzugehen, wenn er so einen Abend in Bryans Gesellschaft verbringen konnte. Irgendwie faszinierte ihn der einstige Demolition Boy. Ray griff zum Telefonhörer und wählte Bryans Nummer. Eine Weile klingelte es, dann wurde abgehoben. „Kuznetsov“, ertönte Bryans Stimme. „Hallo, Bryan, hier ist Ray“, antwortete Ray und schwieg dann, unsicher, was er sagen sollte. „Hallo, Ray“, sagte Bryan, und man hörte seiner Stimme an, dass er überrascht war. Doch dann wurde seine Stimme fest und sicher. „Möchtest du mit mir doch über den Abschluss des Werbevertrages sprechen?“, fragte er. Ray zuckte zusammen. Mit den Gedanken an den Werbevertrag kamen auch die Erinnerungen an den Vorfall in Sergensons Büro, doch er verdrängte diese Gedanken wieder. „Wenn`s dir nichts ausmacht, Bryan, würde ich diese Sache gerne noch eine Weile ruhen lassen. Ich wollte nur fragen, ob du vielleicht Lust hast, mit mir heute Abend ins Kino zu gehen?“ „Ins Kino?“ Bryans Stimme ließ wieder einen Hauch Überraschung erkennen. „Ja, natürlich nur, wenn du Lust und Zeit hast.“ „In Ordnung. In welchen Film möchtest du gehen?“ Ray lächelte fröhlich, als er Bryans Zustimmung hörte. „Ich weiß noch nicht. Wie wäre es, wenn wir uns vor dem Kino entscheiden?“ „Okay, aber wird es keine Probleme mit deiner Fangemeinde geben? Sie werden dich nicht in Ruhe lassen, sobald sie dich erkennen.“ „Ich werde mich so gut es halt geht verkleiden. Es könnte allerdings sein, dass wir weglaufen müssen, wenn ich zu viel Aufmerksamkeit errege“, gestand Ray. „Macht nichts, das wird sicher interessant. Ich hole dich ab. Mein Porsche ist immer noch unauffälliger als deine Limousine. Außerdem kenne ich da genau das richtige Kino, da ist während der Woche so gut wie nichts los.“ „Okay, bis gleich.“ „Bis gleich.“ Ray legte den Hörer auf und rannte in sein Schlafzimmer. Dann fiel ihm noch was ein, und er rannte zurück zum Telefon und rief bei der Rezeption an, dass ein Bryan Kuznetsov herkam, um ihn zu treffen, und die Sicherheit des Hotels den Mann bitte durchlassen sollte. So, jetzt konnte er sich der Kleiderfrage widmen. Ray wandte sich seinem Kleiderschrank zu und fragte sich, was er anziehen sollte. Und er fragte sich auch, warum sein Herz vor Freude so schnell klopfte. War es wirklich schon so lange her, dass er mit einem Freund ausgegangen war? Und als Freund konnte er Bryan jetzt sicherlich bezeichnen, oder nicht? *** Als Bryan mit seinem schwarzen Porsche in die Tiefgarage des Hotels einfuhr, wartete Ray bereits am Lift auf ihn. Selbst Bryan hätte ihn fast nicht erkannt. Er trug abgewetzte alte Jeans, ein blaues Baumwollhemd und darüber eine leichte Sommer-Jacke, die man in jedem Kaufhaus bekam, sowie Turnschuhe. Auf seinem Kopf saß eine blaue Baseballkappe, und die Augen versteckten sich hinter einer schwarz getönten Sonnenbrille. Seine schwarzen Haare hatte er zu einem Zopf geflochten und hinten in sein Hemd gesteckt, so dass das Ende des Zopfes nicht wieder zum Vorschein kam. Da er die Baseballkappe verkehrt herum aufgesetzt hatte, verbarg der Sonnenschutz der Kappe den Teil des Zopfes, der über dem Jackenkragen noch zu sehen war. Nun, wenn niemand Ray zu genau musterte, konnte er damit durchkommen, entschied Bryan. Er selbst trug ebenfalls Jeans und ein Shirt. „Hallo, Ray“, begrüßte Bryan ihn und blickte dann amüsiert auf die Baseballkappe, die auf Rays Kopf irgendwie sehr ungewohnt wirkte. „Wo hast du denn die Baseballkappe her, von Tyson?“ „Hi, Bryan. Nein, die ist ein Geschenk von Michael. Du erinnerst dich doch bestimmt noch an den früheren Kapitän der AllStarz? Er ist jetzt Profi-Baseballspieler“, antwortete Ray ihm. Er setzte sich neben Bryan auf den Beifahrersitz, und sie fuhren los. Bryan fuhr in einen Vorort von Star City, wo ein kleines Kino stand. Es hatte gerade mal zwei Säle, in denen Filme liefen, und es war so gut wie nichts los, aber das war genau das, was Ray suchte. Natürlich war die Auswahl dadurch recht begrenzt. Sie entschieden sich für „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“. Sean Connery spielte darin eine der Hauptfiguren, und Bryan und Ray entdeckten, dass sie beide eine Schwäche für diesen Schauspieler hatten. Während Bryan die Karten holte, stand Ray so unauffällig wie möglich in einer Ecke und wartete. Doch seine Sorge, erkannt zu werden, erwies sich als unbegründet. Niemand vermutete das berühmte Fotomodell Ray Kon in einem winzigen Kino in einem unbedeutenden Vorort von Star City. Und als der Film anfing, achtete sowieso niemand mehr auf etwas anderes. Als sie aus dem Kino kamen, begann es bereits dunkel zu werden. Beide unterhielten sich angeregt über den Film, und keiner hatte Lust, schon nach Hause zu gehen. Bryan fuhr zu einem Park in Star City, und während Ray auf einer der Bänke, die im Park verteilt waren, auf ihn wartete, ging er in eine Eisdiele, die im Zentrum des Parks lag, und holte ihnen zwei Bananen Splits. Ray genoss jede Sekunde, die er wie ein normaler Bürger von Star City verbringen konnte, ohne den Rummel, der sonst immer um seine Person betrieben wurde. Und er genoss jede Sekunde mit Bryan. Ganz entgegen seiner Befürchtung hatte Bryan seit ihrem Telefonat kein Wort mehr über den Werbevertrag verloren, sondern widmete sich ganz ihrem kleinen Ausflug. Auch für Bryan war es eine gute Erholung von dem Stress, den er zurzeit an seinem Arbeitsplatz hatte. Doch davon erzählte er Ray nichts. Stattdessen erzählten sie einander, was seit der Weltmeisterschaft in Russland alles passiert war. Die Lichter im Park waren längst angegangen, als Bryan zu der Eisdiele hinüber blickte, die nur ca. 400 Meter von ihrer Bank entfernt war. „Ray?“ Ray hatte seine Sonnenbrille mittlerweile abgenommen, da es inzwischen schon recht dunkel geworden war und er keine Aufmerksamkeit erregen wollte. Wer zog schon nachts eine schwarze Sonnenbrille auf? Als Bryan seinen Namen sagte, blickte er auf. „Ja?“ „Ich glaube, du bist entdeckt worden.“ Ray folgte Bryans Blick zur Eisdiele, wo trotz der späten Stunde immer noch einige Personen saßen, unter anderem auch eine Gruppe junger Frauen, die in ihre Richtung sahen. Eine hob etwas an ihre Augen. „Uh-oh, ist das etwa ein Fernglas?“ Bryan schüttelte den Kopf. „Meine Güte, ist die auf der Pirsch, oder was? So was haben Frauen in ihren Handtaschen?“ „Da fragst du mich zuviel.“ Die Frauen gerieten plötzlich in Bewegung. Sie schienen es sehr eilig zu haben und winkten den Kellner herbei, um zu bezahlen. Die Aufregung der Frauen schien sich in der Eisdiele weiter zu verbreiten. Immer mehr Leute drehten die Köpfe in die Richtung von Bryan und Ray. Bryan stand auf und griff nach Rays Hand. „Ich denke, es ist Zeit zu gehen.“ Ray folgte Bryan mehr als willig. Er schätzte seine Fans, aber er wollte einen ruhigen Abend auch ruhig ausklingen lassen, und mit einer Gruppe kreischender Fangirls um ihn herum würde das nicht gehen. Sie rannten Hand in Hand durch den Park zurück zu Bryans Porsche und fuhren davon. Die Lichter der nächtlichen Stadt rauschten an ihnen vorbei. Hell erleuchtet lag die Stadtmitte links und rechts von der Straße, auf der sie fuhren. Obwohl sich Bryan an die Geschwindigkeitsbegrenzung in der Stadt hielt, hatte er einen rasanten aber sehr sicheren Fahrstil. Vielleicht kam es Ray auch nur so vor, weil Bryan einen Porsche fuhr, er wusste es nicht. Aber er genoss die Fahrt aus vollem Herzen. Langsam wurden die Lichter um sie herum weniger, als sie die Stadtmitte hinter sich ließen und durch die Wohngebiete fuhren. Schließlich ließen sie auch die Wohngebiete hinter sich und fuhren aufs offene Land. „Wo fahren wir denn hin, Bryan?“, fragte Ray entspannt. „Ich möchte dir einen meiner Lieblingsaussichtspunkte zeigen. Er liegt nicht weit außerhalb der Stadt“, erwiderte Bryan. Es dauerte nur wenige Minuten, und sie waren da. Bryan parkte seinen Porsche auf einem Hügel nur wenige Kilometer außerhalb der Stadt. Um diese Uhrzeit war auf dem kleinen Parkplatz niemand außer ihnen. Sie traten an die Umzäunung auf der Seite, wo der Hügel steil abfiel. Ray stützte seine Arme auf den Zaun und ließ seinen Blick über das Bild vor sich gleiten. Vor ihnen lag das scheinbar endlose Meer. Eine kühle Brise brachte seinen salzigen Geruch und den Klang der Wellen zu ihnen. Das Tuten eines Schiffshorns war zu hören. Unter ihnen erstreckte sich der Strand, der sich zu ihrer Linken in der nächtlichen Dunkelheit verlor, zu ihrer Rechten aber auf die hell erleuchtete Stadt traf, wo der Hafen von Star City lag. Obwohl es bereits spät war, herrschte dort immer noch ein geschäftiges Treiben, und ein Frachtschiff war zu sehen, das gerade in den Hafen einlief. Ray seufzte wohlig und zog seine Baseballkappe vom Kopf, um sie achtlos zusammen geknüllt in seine Jackentasche zu stecken. Bryan und er standen schweigend nebeneinander und betrachteten das friedliche Bild, das sich ihnen bot. Und wieder fühlte Ray dieses angenehme Gefühl zwischen ihnen, dass die Stille zwischen ihnen willkommen war und nicht belastend. Ray wusste nicht, wie lange sie dort gestanden hatten. Es konnten ein paar Minuten sein, aber auch eine halbe Stunde. Aber es spielte ohnehin keine Rolle. Er genoss jede Sekunde. Ray wandte seinen Blick zu Bryan. Das Gesicht des einstigen russischen Beyblade-Champions war entspannt, und der Schatten eines Lächelns lag auf seinen Lippen. Mit einem fast ein wenig verträumten Blick sah er auf das Meer hinaus. Ray glaubte nicht, dass viele Personen diesen Blick schon einmal auf Bryans Gesicht gesehen hatten, und er fühlte sich ein wenig geschmeichelt, dass Bryan sich in seiner Gegenwart so offen zeigte. Schließlich war es Ray, der die Stille brach. „Bryan, was ist das dort drüben für ein Gebäude?“, fragte er und zeigte auf ein Hochhaus jenseits vom Hafen. Es erhob sich zwischen ein paar kleineren Hochhäusern und schien noch nicht ganz fertig gestellt worden zu sein, denn ein Kran stand neben dem Haus. Doch auf Ray wirkte es, als würde das Gebäude die Gegend auf majestätische Art dominieren. Er musste dem Architekten Respekt zollen. Das Gebäude war beeindruckend. Bryan wandte seinen Blick in die entsprechende Richtung und erkannte sofort, welches Gebäude Ray meinen musste. „Das ist der Star Tower, er wird in Kürze vollständig fertig gestellt sein. Die Wohnungen darin sollen an reiche Leute verkauft werden. Der Star Tower steht in einer der besten Wohngegenden der Stadt in unmittelbarer Nähe zum Strand. Die Aussicht soll fantastisch sein, vor allem vom Penthouse aus.“ Ray betrachtete das Gebäude eine Weile und fühlte so etwas wie Sehnsucht in seinem Herzen aufkommen. Er hatte keine eigene Wohnung. Entweder lebte er in Hotels oder zur Miete, wenn er tatsächlich mal länger an einem Ort verweilte, was selten vorkam. Er hatte sich in den letzten Jahren vollständig auf seine Karriere als Modell konzentriert und war in der ganzen Welt herumgereist. Er hatte keine Zeit gefunden, sich ein eigenes Zuhause zu suchen. Aber die Arbeit hatte sich finanziell gelohnt, und er hatte viel gesehen. Bryan reckte sich und gähnte. „Lass uns den Abend beenden, Ray. Ich muss morgen wieder an die Arbeit“, bat er. „Okay“, stimmte Ray ihm zu. Bryan hatte Recht, es war inzwischen sehr spät geworden. Sie stiegen wieder in den Porsche, und Bryan fuhr zur Tiefgarage des Hotels. Dort stieg Ray aus, und auch Bryan verließ seinen Wagen, um sich von Ray zu verabschieden. Ray drehte sich zu ihm um. „Danke, dass du mit mir heute Abend ausgegangen bist, Bryan.“ „Es war sehr schön“, sagte Bryan, und er meinte es auch. „Vielleicht können wir das irgendwann wiederholen.“ „Ich würde mich sehr darüber freuen“, erwiderte Ray, und ein strahlendes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Bryan beobachtete, wie sich Rays Gesichtszüge im Halbdunkeln der Tiefgarage aufhellten als wäre ein Sonnenstrahl auf sein Gesicht gefallen, und wie die goldfarbenen Augen von innen aufzuleuchten schienen, und sein Herz machte einen kleinen Sprung. Ohne weiter darüber nachzudenken, fast so wie eine Motte zum Licht gezogen wird, beugte er sich vor und drückte seine Lippen auf die von Ray. Es war nur ein kurzer sanfter Kuss, das flüchtige Berühren ihrer Lippen, doch Bryan zuckte plötzlich zurück, als hätte er sich verbrannt. Was tat er denn da?! Hatte er die Kontrolle über sich verloren? Es reichte doch wirklich, wenn Sergenson sich auf Ray stürzte, er musste ihm das nicht nachmachen. Jetzt würde Ray ihn vielleicht nie wieder sehen wollen! „Ray… also, ich… ich wollte… verzeih…“, stotterte Bryan. Zum ersten Mal in seinem Leben fehlten ihm die Worte. Er war ohnehin nie gut darin gewesen, sich zu entschuldigen. Doch Ray lächelte nur sanft und legte einen schlanken Finger auf Bryans Mund, um ihn zum Schweigen zu bringen. Dann beugte er sich leicht vor und drückte einen Kuss auf Bryans Lippen. Er dauerte nur ein paar Sekunden, gerade genug, um die Wärme ihrer weichen Lippen zu spüren und zu genießen, aber für Bryan war es eine kostbare herrliche Ewigkeit. „Gute Nacht, Bryan. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder“, sagte Ray, bevor er sich zum Fahrstuhl des Hotels begab. „Ja. Gute Nacht, Ray“, erwiderte Bryan und stieg in seinen Wagen, um nach Hause zu fahren. Ein angenehm warmes Gefühl hatte sich in seinem Herzen breit gemacht und zauberte ein frohes Lächeln auf sein Gesicht. *** Am Wochenende nach dem Abend, den Bryan und Ray zusammen verbracht hatten, wurden die Werbefilme das erste Mal ausgestrahlt. Aber es war ganz sicher nicht das letzte Mal. Die Jeans-Werbung schlug ein wie eine Bombe, was nicht zuletzt an der Art der Darstellung des Top-Modells Ray Kon und dessen Ausstrahlung lag, wie dazu befragte Medienforscher äußerten. Bryan hatte das Glück, an jenem Abend, als einer der Werbefilme kam, vor dem Fernseher zu sitzen. Er widmete der Werbung zuerst kaum Aufmerksamkeit, war es doch nur eine lästige Unterbrechung des Spielfilms, den er sich gerade ansah. Auch wenn er Werbefachmann war, hieß das nicht, dass er sich alles ansah, was so von anderen Unternehmen produziert wurde. Im Übrigen war das, was er auf dem Bildschirm sah, zuerst gar nicht beeindruckend. Man sah ein Zimmer mit einem Bett, in dem vor kurzem wohl noch jemand gelegen hatte und auf dem eine Jeans ausgebreitet lag. Ansonsten war der Raum recht sparsam eingerichtet, ein weicher Teppich und eine Kommode sowie ein Bild an der Wand waren noch vorhanden. Außerdem war eine halbgeöffnete Tür zu sehen, die wohl ins Badezimmer führte. Man konnte das Geräusch einer Dusche hören. Da die Vorhänge vor dem Fenster fast ganz zugezogen worden waren, wurde der Raum in ein sanftes Licht getaucht, als wäre es früher Morgen. Das weiche Licht schuf eine ruhige friedliche Atmosphäre in dem Raum, aber Bryan fragte sich, wie der Zuschauer auf diese Art das Produkt genau erkennen sollte, für das hier geworben wurde. Nun ja, es interessierte ihn ohnehin nicht. Dies änderte sich jedoch schlagartig, als das Geräusch der Dusche verstummte und ein junger Mann aus dem Badezimmer kam, auf den sich die Kamera sofort konzentrierte. Das weiche Licht im Zimmer umschmeichelte seinen schlanken durchtrainierten Körper, der vollständig nackt war, soweit der Zuschauer das erkennen konnte, denn leider ging die Kameraperspektive nie tiefer als bis zu seinen Hüften. Das schwarze Haar, noch immer feucht von der Dusche, reichte wie eine seidig schimmernde Flut seinen ganzen Rücken hinab. Einzelne noch nasse Strähnen klebten an seinem Körper, was einen wunderschönen Kontrast mit der feinen hellen Haut ergab. Der junge Mann bewegte sich mit der Anmut und Grazie einer Raubkatze, die alle Zeit der Welt hatte. Seine Präsenz allein erfüllte den Raum mit einer unterschwelligen Erotik, der sich kein Zuschauer, sei er nun weiblich oder männlich, entziehen konnte. Bryan spürte, wie sein Mund trocken wurde. ‚Ray!’, dachte er nur, während seine Augen wie gebannt auf den Fernseher gerichtet waren. Er zweifelte nicht daran, dass es jedem Zuschauer, der diese Werbung gerade sah, genauso ging wie ihm. Ray ging zum Bett und nahm die Jeans auf, die er für einen kurzen Moment vor sich hielt. Dann bückte er sich, um sich die Jeans anzuziehen. Die Kamera glitt über seinen Rücken langsam nach unten, während sich Ray wieder aufrichtete. Seine langen Haare waren fast wie durch Zufall bei der Bewegung nach vorne gefallen, so dass man das Spiel der Muskeln unter der Haut auf seinem Rücken sehen konnte. Die Kamera glitt tiefer und gerade als der Beginn der Pospalte für den Bruchteil einer Sekunde ins Bild kam, glitt die Jeans über die Hüften von Ray. Die Kamera hinderte dies nicht an ihrer Abwärtsbewegung, und sie zeigte einen wohlgeformten Hintern in einer perfekt sitzenden Jeans. Bryan verfluchte den Stoff, der ihm die freie Sicht verwehrte, und damit war er bestimmt nicht allein. Die Kamera zeigte nun ein Gesamtbild von Ray, der mit dem Rücken zum Zuschauer stand und nichts weiter anhatte als die Jeans. Er schritt zum Fenster und öffnete die Vorhänge. Warmes Morgenlicht fiel in den Raum, aber vor allem, so schien es, fiel es auf Ray. Der lehnte sich nun leicht gegen das Fenster und drehte sich zur Kamera und damit zum Zuschauer hin. Auf seinem Gesicht zeigte sich ein zärtliches Lächeln, während er mit verträumtem Blick weiterhin aus dem Fenster sah. Der Reisverschluss der Jeans war nur zu zwei Dritteln hochgezogen, und der Knopf war offen, so dass der Blick des Zuschauers unwillkürlich von den straffen Bauchmuskeln weiter hinab glitt, bis er vom Reisverschluss der Jeans endgültig gestoppt wurde. Der Name der Jeansmarke und irgendein Werbeslogan wurden eingeblendet, dann verschwand Ray, und eine andere Werbung wurde eingespielt, die Bryan jedoch nicht mehr interessierte. Bryan versuchte, zu schlucken, aber sein Mund war noch immer zu trocken dafür. Er entschied, dass er einen Drink brauchte, und stand auf. ------------------------ wird fortgesetzt… *** kleine Anmerkung von Cat in the web: Die Sache mit dem Ablecken der Toilette am Anfang hat es tatsächlich mal gegeben! Als der Fußballer Beckham Japan besucht hat, ist es einem weiblichen Fan gelungen, in seine Hotelsuite einzudringen, und sie hat doch tatsächlich alle Klobrillen abgeleckt (die Suite hatte mehr als nur eine), um auch ja die zu erwischen, auf der er gesessen hat. Und was den Kinofilm angeht, da habe ich einfach einen Film gewählt, der mir sehr gut gefallen hat, und da ich nicht sehr häufig ins Kino gehe, ist es halt ein alter Film. Kapitel 4: Gemeinsame Vergangenheit ----------------------------------- Titel: Greif nach den Sternen Kapitel: 4/? Autor: Cat in the web Fandom (Anime/Manga): Beyblade Einstufung: PG Pairing: Bryan + Ray Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Mann, ich hätte nicht gedacht, dass nach einer so langen Schreibpause noch so viele Leser auf die Fortsetzung warten! Ich bin richtig gerührt. Ich danke meinen Kommi-Schreibern Firefox_Takara, Death-Angel_Bryan, xXxAmy-LeexXx, Roset-te, Ssylka_Volkov, lunalinn, Robino und Chery! -------------------------------------------------- Greif nach den Sternen von Cat in the web Kapitel 4: Gemeinsame Vergangenheit An diesem Wochenende wurden auch noch die zwei anderen Werbefilme im Fernsehen gezeigt, in der Ray für die Jeansmarke warb. Auch sie waren sexy inszeniert, allerdings hinterließ keiner einen solchen Eindruck bei Bryan wie der Erste. In einem räkelte sich Ray lasziv auf einer Liege in der Sonne. Kleine Wassertropfen rannen über seinen bloßen Oberkörper, und sein Haar war wie ein seidiger Schleier über die ganze Liege ausgebreitet. Auch hier trug er nicht mehr als eine Jeans, die diesmal allerdings ganz geschlossen war. Eine schöne Frau in einem knappen Bikini brachte ihm verführerisch lächelnd einen kühlen Drink. Die Kamera zoomte zurück und zeigte, dass Ray am Swimmingpool eines luxuriösen Hotels lag, um ihn herum lauter gutaussehende Menschen, Frauen und Männer gleichermaßen, die Badesachen trugen. Alle warfen Ray bewundernde und begehrliche Blicke zu. Im dritten und letzten Werbefilm betrat Ray ein luxuriöses Appartement, wo er von einer schnurrenden Katze begrüßt wurde. Sein Haar war diesmal zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden. Ray entledigte sich mit scheinbar völlig gleichgültigen Bewegungen seiner Kleidung, während er durch das Appartement schritt, und verteilte sie auf seinem Weg achtlos in der Wohnung. Als er nur noch die Jeans anhatte, nahm er die Katze auf seine Arme, die sich schnurrend an ihn schmiegte, und schritt zum Schlafzimmer. Sobald er die Türe öffnete, ertönte eine verführerische Frauenstimme: „Da bist du ja endlich, Liebling. Ich habe schon sehnsüchtig auf dich gewartet.“ Ray lächelte äußerst sexy, setzte die Katze auf einer Kommode ab und verschwand im Schlafzimmer. Wenig später flog seine Jeans aus dem Raum heraus und landete auf dem Boden, bevor sich die Tür des Schlafzimmers schloss. Wie bereits gesagt, die Resonanz auf die Werbung war sehr stark und durchweg positiv. Selbst in einigen Nachrichtensendungen wurden die Werbefilme erwähnt. Sie wurden in allen Ländern ausgestrahlt, wo die Jeansmarke verkauft wurde, und Rays Beliebtheit bei den Leuten machte nochmals einen Satz nach vorne. Wie Ray bereits vorausgesehen hatte, nahm seine Fanpost schlagartig zu, und eine zeitlang schleppte das Hotelpersonal die Post Waschkörbeweise zu seiner Suite hinauf. Auch seine Managerin Sara hatte jetzt einiges zu tun, denn nun waren weitere Firmen auf ihn aufmerksam geworden, die ihn für einen ausgezeichneten Werbeträger für ihre eigenen Produkte hielten. Bryan dagegen wusste, dass er sich jetzt in einer noch schlechteren Position befand, was den Untersuchungsausschuss bei Motor Wheels anging. Nachdem der Vertrag mit Ray wegen Sergenson geplatzt war, hatte Herr Hill, der Direktor von Motor Wheels, einen Untersuchungsausschuss gebildet, der jedoch nicht nur den Vorfall mit Ray unter die Lupe nahm, sondern auch die Arbeit der letzten zwei Jahre überprüfte. Der Popularitätsschub, den Ray durch die Jeanswerbung erhalten hatte, würde der Führungsspitze schwer im Magen liegen. Jetzt war Ray als Werbeträger noch wertvoller für die Firma geworden. Und in ihren Augen hatten der Leiter der Werbeabteilung und sein Stellvertreter, Sven Sergenson und Bryan Kuznetsov, den Vertrag mit Ray vermasselt. Die folgenden Tage waren nicht nur für Bryan anstrengend, sondern auch für die anderen Angestellten in der Werbeabteilung. Sie alle mussten vor dem Untersuchungsausschuss zu verschiedenen Projekten oder auch ganz allgemein aussagen. Einige versuchten, ihre Neutralität in der Firma zu wahren, andere aber bezogen eindeutig Stellung und hielten entweder zu Sergenson oder zu Bryan. Anna Schmidt war jedenfalls jemand, der ganz eindeutig zu Bryan hielt, auch wenn ihr das den Zorn von Sergenson einbrachte, der ihr eines Tages auf dem Flur mitteilte, dass ihre Dienste nicht mehr benötigt würden, wenn diese Sache vorüber wäre. Doch Frau Schmidt ließ sich nicht einschüchtern und erwiderte, dass nicht er eine solche Entscheidung treffen könne. Dann ließ sie ihn einfach stehen, um sich wieder in das Vorzimmer von Bryans Büro zu setzen. Auch Bryan gegenüber war Sergenson ausgesprochen frostig, aber der einstige Demolition Boy ließ sich nicht provozieren und verzog keine Miene. Wenn er eines gelernt hatte seit er ein Blader war, dann war es Selbstbeherrschung. Er war längst nicht mehr der Junge, der alles und jeden hasste. *** Ray saß in der Limousine des Hotels und zupfte am Kragen seines blauen Seidenhemdes herum. Er hatte sich diesmal sehr lässig gekleidet. Zu dem Seidenhemd trug er eine Jeans, die ein Geschenk von der Firma war, für die er die Werbefilme gedreht hatte, und weiche Lederschuhe. Sein Haar war zu einem Zopf geflochten, und an seinem Handgelenk trug er eine Uhr, die gut und gerne 1.000,- Euro wert war. Er war unterwegs zu einem Treffen mit seiner Managerin. Sara hatte am Telefon richtig aufgeregt geklungen, und Ray nahm an, dass sie einen sehr lukrativen Auftrag für ihn hatte. Jedenfalls hatte sie ihm vorgeschlagen, dass sie wieder einmal gemeinsam in einem Restaurant zu Mittag essen sollten, und er hatte zugestimmt. Nun war er unterwegs zu einem Restaurant mit dem Namen „Meeresblick“, das unter Gourmets als Geheimtipp galt. Wie der Name schon sagte, lag das Restaurant direkt am Meer. Es hatte seinen Namen davon, dass die Wände, die zum Meer hin zeigten, aus einer einzigen großen Fensterfront bestanden, die vom Boden bis zur Decke reichte und einen atemberaubenden Blick auf das Meer freigab. Ray wurde bereits am Empfang des Restaurants vom Besitzer begrüßt, der es sich nicht nehmen ließ, Ray persönlich zu dem kleinen separaten Raum zu geleiten, in dem Sara bereits auf ihn wartete. Ray und Sara setzten sich immer in separate Räume, da Rays Fans ihn in den normalen Speisesälen nicht in Ruhe ließen. Selbst in 3-Sterne-Restaurants blieb er von ihnen nicht verschont. Wie sich zu Rays Freude herausstellte, hatte auch der separate Raum, der im zweiten Stock des Gebäudes lag, eine Fensterfront zum Meer hin, so dass er auf diesen phantastischen Ausblick nicht verzichten musste. Die Begrüßung zwischen ihm und Sara war herzlich, und nachdem sie etwas zu trinken bestellt hatten, ließ sie der Besitzer allein. Während Ray die Speisekarte studierte, die fast den Umfang eines dicken Buches hatte, sagte er: „Du warst am Telefon ja so aufgeregt. Hast du einen guten Auftrag für mich?“ Sara lachte. „Nur einen? Dutzende! Ich bin noch dabei, die Angebote zu sortieren. Es sind ein paar sehr gute Aufträge dabei, und du wirst die freie Auswahl haben. Aber das war nicht der Grund für meinen Anruf. Ich war gestern Abend auf einer Filmpremiere. Eine junge Schauspielerin, die ich auch manage, hatte in dem Film ihre erste Hauptrolle. Und ein Regisseur, der für Sunshine Productions arbeitet, hat mich angesprochen.“ Sie sah Ray lächelnd an. „Er hat mir zu deiner Jeanswerbung im Fernsehen gratuliert. Er meinte, eine solche Ausstrahlung hätten nur wenige Menschen.“ Ray warf ihr einen interessierten und gleichzeitig fragenden Blick zu. „Das ist sehr schmeichelhaft für mich. Doch so etwas hättest du mir auch am Telefon erzählen können, auch wenn ich sehr gerne mit dir Essen gehe. Deine Aufregung erklärt es jedenfalls nicht.“ Sara setzte ein Lächeln auf wie eine Katze vor einem unbewachten Topf voller Sahne. „Dass er dir so ein Lob ausspricht, ist schon toll, aber das ist es nicht, was mich in Begeisterung versetzt.“ Sie klappte die Speisekarte zu und sah Ray direkt in die Augen. „Er plant, nächstes Jahr einen neuen Film zu drehen, und für die Hauptrollen sind bereits zwei sehr bekannte Schauspieler verpflichtet worden. Er wollte mir noch nichts Genaues sagen, aber wenn dieser Mann sagt, es sind bekannte Schauspieler, dann stimmt das auch. Und einige der Nebenrollen sind noch nicht besetzt. Ray, er hat gefragt, ob du Interesse hättest, eine der Nebenrollen zu übernehmen!“ Ray sah sie fassungslos an. „Das ist ein Witz, oder?“ Sara lachte fröhlich, und ihre Augen blitzten auf. Erneut war die Aufregung, die er bereits am Telefon gehört hatte, aus ihrer Stimme zu hören, als sie antwortete: „Nein, kein Witz! Er möchte Probeaufnahmen mit dir machen! Allerdings erst in einem Monat, da er zurzeit noch ein anderes Filmprojekt betreut. Aber das Drehbuch will er dir schon mal zuschicken! Da du noch keine feste Adresse hast, sendet er es zu mir. Ich gebe es dir dann. Ray, das ist eine wundervolle Chance für dich! Stell dir vor, du gehst zum Film!“ Ray konnte fühlen, dass sein eigenes Herz nun vor Aufregung schneller schlug, doch er wollte dem Ganzen noch nicht so recht trauen. Er als Darsteller in einem richtigen abendfüllenden Film, einem Spielfilm oder sogar einem Kinofilm? So schön und aufregend die Vorstellung auch war, er musste seine Zweifel äußern: „Sara, meinst du wirklich, dass ich das schaffe? Ich bin ein Modell, kein Schauspieler. Ich habe keine Erfahrung mit so was. Was ist, wenn ich total miserabel bin?“ „Unsinn, Ray! Du warst in der Jeanswerbung einfach großartig! Du musst es einfach ausprobieren! Der Regisseur wird dir nach den Probeaufnahmen schon sagen, ob du für die Rolle geeignet bist oder nicht. Außerdem haben früher viele Modells den Sprung vom Laufsteg zum Film gemacht.“ Sara warf ihm einen strengen Blick zu. „Hab mehr Selbstvertrauen und probier es aus! Ich zweifle nicht daran, dass du es schaffen wirst!“ Auf Rays Gesicht zeigte sich ein zaghaftes Lächeln, das sich in ein breites Grinsen verwandelte. „Du hast Recht! Ich möchte diese Probeaufnahmen machen! Auch wenn es nur eine Nebenrolle ist, ist es ein guter Start. Aber zuerst will ich das Drehbuch lesen.“ Sara nickte zustimmend. „Sobald es da ist, gebe ich es dir. Ich denke allerdings nicht, dass du dir deshalb Sorgen machen musst. Sunshine Productions hat noch nie schlechte Filme produziert.“ Der Restaurantbesitzer persönlich brachte ihnen ihre Getränke, und sie gaben ihre Bestellungen auf. Beide bestellten die Meeresfischplatte. Nachdem der Besitzer wieder gegangen war, wandte sich Sara erneut an Ray: „Die Medien sind seit dem Erscheinen der Werbefilme wie verrückt und wollen unbedingt ein Interview mit dir. Ich weiß, du bist ein wenig pressescheu, wenn es um dein Privatleben geht, aber das Magazin Starlight ist bereit, dir 5.000,- Euro zu zahlen, wenn du einem Interview mit Fotos für Morgen zustimmst. Sie meinten, es würde nicht länger als zwei Stunden dauern. Starlight ist sehr bekannt und wird von vielen Leuten gelesen. Ein wenig Publicity muss sein.“ „Mit anderen Worten, ich soll das Angebot annehmen“, kommentierte Ray. „Allerdings. Die Medien schnüffeln sowieso bereits in deinem Lebenslauf rum. Es ist besser, sich ihnen zu stellen, so kannst du wenigstens einigermaßen kontrollieren, was sie schreiben. Ich gebe dir die Telefonnummer, dann kannst du die Reporterin anrufen. Sie ist ein Fan von dir, ihre Berichterstattung dürfte also sehr positiv ausfallen.“ Sara suchte in ihrer Handtasche, dann reichte sie Ray die Visitenkarte der Reporterin des Starlight-Magazins. Ray nahm sie entgegen. „Okay, ich mache es. Ich habe zurzeit ja sowieso nicht viel zu tun.“ „Genieß deine Freizeit, so lange du kannst. Sobald ich die Auftragsangebote sortiert habe, wirst du einiges zu tun bekommen“, prophezeite ihm Sara. „Es ist gar nicht mehr schade, dass der Vertrag mit Motor Wheels nicht zustande kam. Jetzt hast du mehr Zeit für andere Aufträge. Tja, die Werbeabteilung von Motor Wheels ärgert sich jetzt sicher noch mehr, immerhin hatten sie vorher schon jede Menge Ärger deswegen.“ Ray wurde hellhörig. „Was meinst du damit?“ Sara winkte lässig ab. „Motor Wheels hat einen Untersuchungsausschuss gebildet, der prüfen soll, warum du den Vertrag mit ihnen abgelehnt hast. Sieht so aus, als wäre die Führungsspitze unzufrieden mit ihren Werbefachleuten. Genaues weiß ich auch nicht.“ Das Essen kam, und beide widmeten sich den herrlichen Köstlichkeiten, die ihnen serviert wurden. Sara erzählte ihm noch das eine oder andere, doch irgendwie war Ray nicht mehr so ganz bei der Sache. Der Gedanke an Motor Wheels brachte automatisch auch die Erinnerungen an Bryan. War sein Freund etwa in Schwierigkeiten wegen dieser Sache mit dem geplatzten Werbevertrag? Warum hatte er ihm nichts davon erzählt? Es war allein Sergensons Schuld, dass er den Werbevertrag nicht unterschrieben hatte, nicht die von Bryan! Als Ray schließlich zurück in sein Hotel kam, rief er beim Starlight-Magazin an. Die Reporterin namens Sandra Hofmann freute sich außerordentlich über seinen Anruf und machte einen Termin für den nächsten Tag um 15 Uhr aus. Sie würde dann mit einem Fotografen in seiner Hotelsuite erscheinen, und sein Honorar würde gleich nach dem Interview überwiesen werden. *** Am nächsten Tag frühstückte Ray im Morgenmantel in seiner Suite, bevor er sich in den Fitnessraum begab, der ihm vom Hotel zur Verfügung gestellt worden war. Da nur er den Schlüssel für diesen Raum besaß, störten ihn diesmal keine fremden Leute bei seinem Training. Zurück in seiner Suite duschte er und widmete sich dann ausgiebig seiner Körperpflege. Auch sein Mittagessen nahm er in seiner Suite ein. Zusammen mit dem Essen hatte ihm der Butler wie immer eine Auswahl von Zeitschriften gebracht. Nicht wirklich interessiert griff Ray nach einer und blätterte darin. Im Inhaltsverzeichnis war auch ein Artikel über ihn aufgelistet, der sich mit seiner Vergangenheit als Beyblader beschäftigte. Das weckte Rays Interesse. Er schlug die Seite auf, und als sein Blick auf ein Foto fiel, welches die Seite dank seiner Größe dominierte, stockte ihm fast der Atem! Es war ein Foto von dem Wettkampf in Russland, wo sein Team, die Bladebreakers, zum ersten Mal Weltmeister geworden waren. Und es zeigte ihn im Kampf mit Bryan! Das Bild musste kurz vor Ende des dritten Kampfes aufgenommen worden sein. Es zeigte deutlich, wie mitgenommen Ray von Bryans Attacken gewesen war. Und auch Bryan selbst, mit einem siegessicheren spöttischen Grinsen auf dem Gesicht, war eindeutig zu erkennen. Ray befürchtete das Schlimmste! Er las den Artikel, und seine Befürchtungen wurden bestätigt. Der Artikel beschäftigte sich in erster Linie mit dem russischen Wettkampf. Der Rest seiner Karriere als Beyblader wurde mehr am Rande erwähnt, sozusagen nur um den Artikel zu vervollständigen. Dagegen wurde ausführlich auf die Mitleidsmasche gebaut in Hinblick auf die Verletzungen, die er damals erlitten hatte, und wie tapfer er gekämpft und schließlich auch trotz seiner Verfassung gewonnen hatte. Und es wurde der Name seines Gegners genannt, der ihn damals so übel zugerichtet hatte: Bryan Kuznetsov! Ray ließ die Zeitschrift sinken. Wie viele hatten das wohl gelesen? Wahrscheinlich Tausende! Er war immerhin ein sehr beliebter Prominenter. Und wie viele von diesen Tausenden hatten Bryan erkannt? Wie viele wussten, wo er sich jetzt aufhielt? Ray wusste aus Erfahrung, dass Fans es sehr übel nehmen konnten, wenn jemand auch nur schlecht von ihrem Idol sprach. Das war schon zu seinen Zeiten als Beyblader so gewesen, und jetzt als Modell war es nicht anders. Manche Leute idealisierten ihre Stars, himmelten sie an, und wenn dann jemand ihren persönlichen Helden etwas Schlechtes antat, verfolgten sie diese Person mit einem völlig unvernünftigen übertriebenen Hass. Die Sache in Russland lag Jahre zurück. Die Leute erinnerten sich nur noch vage daran. Zwar waren die Mitglieder der Bladebreakers immer noch sehr bekannt in der Beyblade-Szene, und sie hatten auch immer noch sehr viele Fans, aber die Einzelheiten ihrer Kämpfe kannten viele Beyblader gar nicht mehr. Sie wussten nur noch, dass die Bladebreakers jahrelang die besten Blader der Welt gewesen waren. Aber jetzt war diese alte Sache durch diesen Artikel wieder bekannt geworden. Ray überlegte eine Weile. Vielleicht passierte ja gar nichts. Vielleicht machte er sich ganz umsonst deswegen Sorgen. Vielleicht war seine Reaktion übertrieben. Aber vielleicht auch nicht… Es gab nur einen Weg, ganz sicher zu gehen. Ray griff zum Telefon und wählte Bryans Nummer. Um diese Zeit musste er noch im Büro sein. Es tutete ein paar Mal, dann wurde am anderen Ende der Leitung abgehoben, und eine Frauenstimme, die leicht gestresst klang, sagte: „Motor Wheels, Werbeabteilung, Frau Schmidt am Apparat. Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“ „Guten Tag, Frau Schmidt, hier ist Ray Kon. Könnte ich bitte mit Bryan… ich meine Herrn Kuznetsov sprechen?“, fragte Ray. Er wunderte sich ein wenig, warum er im Vorzimmer gelandet war. Hatte Bryan ihm nicht seine direkte Durchwahl gegeben? „Oh, Herr Kon, einen kurzen Moment nur, ich stelle Sie durch.“ Frau Schmidt klang sehr erfreut, von Ray zu hören, auch wenn der Anruf nicht ihr selbst galt. Es klickte in der Leitung, dann erklang eine Walzermelodie, die immer wieder von einer automatischen Ansage unterbrochen wurde: „Bitte warten Sie einen Moment.“ Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann erklang Bryans Stimme: „Hallo, Ray?“ „Hallo, Bryan. Entschuldige, wenn ich dich gestört haben sollte.“ „Nein, mach dir keine Sorgen. Du störst mich keineswegs.“ Bryans Stimme klang nicht so kraftvoll und ruhig wie sonst. Sie hatte eher einen müden Beiklang, als wäre Bryan gestresst, versuchte aber, dies zu verbergen. Ray fand, dass seine Sekretärin Frau Schmidt ganz ähnlich geklungen hatte. Ray beschloss, gleich zur Sache zu kommen: „Bryan, ich habe heute eine Zeitschrift mit einem Artikel über unseren Beyblade-Kampf in Russland gelesen. Ich weiß nicht, ob du ihn schon kennst, jedenfalls wird der Kampf recht ausführlich beschrieben, und auch dein Name wird erwähnt. Es mag sich vielleicht etwas seltsam anhören, wenn ich das frage, aber… ist alles in Ordnung bei dir?“ Einen Moment herrschte Stille, dann sagte Bryan: „Also das ist der Grund. Ich habe mich schon gefragt, woher diese Leute ihre Informationen haben.“ In seiner Stimme klang ein Hauch von Resignation mit, und Rays Herz krampfte sich leidvoll zusammen. Dieses Gefühl von Kraftlosigkeit, das Bryans Stimme vermittelte, passte überhaupt nicht zu dem starken Mann, den Ray kannte. „Wirst du belästigt?“ Es ertönte keine Antwort, und Ray bat: „Bitte, Bryan, antworte mir.“ Bryan seufzte. „Hier gehen ein paar Anrufe ein von wildfremden Menschen, die wegen der Sache in Russland wütend auf mich sind. Nun, ich habe dich damals ziemlich übel verletzt.“ „Wie schlimm ist es? Und ich will die Wahrheit hören, Bryan.“ „Ich weiß nicht genau, wie schlimm es ist. Bei mir selbst gehen wahrscheinlich nicht mal die Hälfte der Anrufe ein. Nicht jeder hat meine Durchwahl. Frau Schmidt hat als meine Vorzimmerdame auch einige Anrufe erhalten, die für mich bestimmt waren. Ich glaube, sie hat mein Telefon seit einiger Zeit so geschaltet, dass alle Anrufe, die eigentlich direkt zu mir gehen sollten, zuerst auf ihrem Apparat landen. Sie wimmelt wahrscheinlich seither alle Anrufer, die nichts mit meiner Arbeit zu tun haben, ab.“ Ray war geschockt, obwohl er so etwas schon befürchtet hatte. Er musste Bryan unbedingt helfen, bevor er eventuell auch noch körperlich angegriffen wurde. Bisher waren es zumindest nur verbale Angriffe, aber das konnte sich noch ändern. Doch wie sollte er ihm helfen? Plötzlich hatte Ray eine Idee! „Bryan, bitte komm sofort zu mir ins Hotel. Ich glaube, ich weiß, wie ich dir helfen kann.“ „Ray, du musst nicht…“, begann Bryan, aber Ray unterbrach ihn: „Oh doch, ich muss und ich will! Bitte komm her, Bryan. Ich habe hier in meiner Hotelsuite um 15 Uhr ein Interview mit einer Frau Hofmann vom Starlight-Magazin. Ein Fotograf wird auch da sein. Ich bin mir sicher, nach dem dieser Bericht über das Russland-Turnier veröffentlicht wurde, wird sie auch danach fragen. Wenn wir beide dann zusammen auftreten und das im Starlight-Magazin erscheint, werden sich die Leute sicher beruhigen.“ „Keine schlechte Idee. Also gut, ich komme gleich zu dir, wenn`s dir recht ist.“ „Es ist mir sogar sehr recht. Bis gleich, Bryan.“ „Ja, bis gleich“, antwortete der einstige russische Blader, und aus seiner Stimme war die Resignation verschwunden. Ray legte den Hörer auf, nur um ihn sofort wieder aufzunehmen und die Rezeption des Hotels zu informieren, dass Bryan Kuznetsov ihn besuchen kam und er sofort zu ihm gebracht werden sollte, wenn er hier eintraf. Ray betonte gegenüber der Rezeption, dass es sich bei Bryan um einen guten Freund von ihm handelte. *** Als Bryan in Rays Hotelsuite eintraf, hatten sie noch gut eine Stunde Zeit bis zum Eintreffen der Reporter. Bryan ließ sich auf der Couch nieder und beobachtete amüsiert, wie Ray sich auf das Interview vorbereitete. Er verbrachte eine Viertelstunde im Badezimmer und brauchte dann noch einmal eine halbe Stunde, bis er sich entschieden hatte, was er tragen wollte. Als er endlich ins Wohnzimmer kam, applaudierte ihm Bryan anerkennend. Ray hatte sein Haar zu einem Zopf geflochten und trug Kleidung im chinesischen Stil, die ganz aus Seide war. Schwarze Schuhe und Hose und darüber ein weißes Hemd mit kunstvollen goldfarbenen Stickereien ließen ihn aussehen wie einen chinesischen Prinzen. Bryan war froh, dass er ebenfalls qualitativ hochwertige Kleidung trug. Sein beigefarbener Maßanzug mit dem sportlich geschnittenen Jackett sah zwar nicht so exotisch schön aus wie Rays Kleidung, aber er würde neben Ray zumindest nicht wie ein Bettler wirken. Es klopfte an der Tür, und der Butler von Rays Suite kam herein. Er verkündete die Ankunft der Reporter vom Starlight-Magazin, bevor er diese eintreten ließ und sich wieder diskret zurückzog. Eine Frau mit kurzen blondierten Haaren in einem modischen Hosenanzug kam lächelnd auf Ray zu. Ihr folgte auf dem Schritt ein etwas bullig wirkender Mann mit langen braunen Haaren, die er im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden hatte. Er trug eine große Kamera und eine schwer aussehende Tasche, die anscheinend Fotomaterial enthielt. „Guten Tag, Herr Kon. Mein Name ist Sandra Hofmann vom…“ Ihr Blick fiel auf Bryan, der sich zusammen mit Ray bei ihrem Eintreten erhoben hatte, um sie zu begrüßen, und ihre Begrüßung stoppte kurz. Doch sie fing sich sofort wieder und fuhr fort, als wäre nichts gewesen: „…Magazin Starlight. Mein Begleiter ist unser Fotograf Herr Leon Peters. Wir sind sehr erfreut, dass Sie sich die Zeit für unser kleines Interview nehmen konnten.“ Ray zollte der Dame Respekt. Sie hatte Bryan ohne Zweifel erkannt, aber sie ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen, obwohl sie seine Anwesenheit hier zu erstaunen schien. Auch der Fotograf blieb unbeeindruckt. Allerdings schien er Bryan auch nicht zu erkennen. Nun, nicht jeder hatte den Artikel über den Kampf in Russland gelesen oder interessierte sich für das Leben eines Modells. „Guten Tag, Frau Hofmann, Herr Peters“, begrüßte Ray die beiden und schüttelte ihnen die Hände. „Ich hoffe es stört Sie nicht, dass noch jemand anwesend ist. Dies ist Bryan Kuznetsov, ein Freund von mir.“ Bryan und die beiden Neuankömmlinge begrüßten einander höflich. Frau Hofmann ließ sich nicht anmerken, dass sie Bryan kannte, doch er sah deutlich die Neugier in ihren Augen. Sie würde ohne Zweifel während des Interviews mit Ray noch auf ihn zurückkommen. Ray lud die Anwesenden ein, Platz zu nehmen, und setzte sich zusammen mit Bryan auf die Couch, während Frau Hofmann und Herr Peters auf den Sesseln Platz nahmen. Auf dem Couchtisch standen bereits Erfrischungen und Knabberzeug bereit. Der Fotograf und Bryan bedienten sich daran, während Frau Hofmann mit ihrem Interview begann. Die Fragen beschäftigten sich in erster Linie mit Rays Modellkarriere und den Aufträgen, die er bisher in Star City erledigt hatte. Ein zentrales Thema waren natürlich die Werbefilme, die seit einiger Zeit fast stündlich im Fernsehen liefen. Auch seine Zukunftspläne interessierten die Reporterin sehr. Hier hielt sich Ray ein wenig bedeckt. Er wusste selbst noch nicht, welche Aufträge er als nächstes übernehmen würde. Von dem Filmangebot erzählte er der Reporterin jedenfalls nichts. Er wollte sich nicht blamieren, falls der Regisseur ihn ablehnte. Es stand schließlich noch nichts fest. Als die Reporterin ihn fragte, ob er sich neben seiner Arbeit auch schon die Zeit genommen hatte, Star City zu erkunden, antwortete Ray: „Ich habe schon mal ein wenig Freizeit genutzt, um mich in Star City umzusehen. Bryan und ich haben einen gemeinsamen Abend verbracht. Wir sind ins Kino und anschließend Eis essen gegangen.“ Damit hatte er der Reporterin das Stichwort gegeben, auf das sie und auch er selbst bereits gewartet hatten. „Sie kennen Herrn Kuznetsov schon sehr lange, Herr Kon?“ „Ich kenne ihn, seit ich das erste Mal in Russland an einer Weltmeisterschaft im Beybladen teilgenommen habe. Unsere Teams standen sich damals im Finale gegenüber, und mein Gegner war Bryan.“ „Sie wurden bei diesem Kampf verletzt, nicht wahr?“ Ray wusste, er musste vorsichtig antworten. Er bewegte sich hier auf dünnem Eis. Eine falsche Antwort konnte Bryan mehr schaden als nutzen. „Es war ein sehr heftiger Kampf, und wir waren beide nicht bereit, nachzugeben. Ich habe mich so verausgabt, dass ich am Ende im Krankenhaus untersucht werden musste. Doch ich war bereits nach dem finalen Kampf zwischen Tala Ivanov und Tyson Granger wieder im Beyblade-Center, um meinen Teamkameraden Tyson zu seinem Sieg zu gratulieren.“ Ray erwähnte seine Verletzungen, die bandagiert werden mussten, mit keinem Wort, genauso wenig wie die Krücken, die er danach zum Laufen gebraucht hatte. „Hatten Sie all die Jahre Kontakt miteinander?“ „Nein, wir verloren uns bedauerlicherweise aus den Augen.“ Ray hätte am Liebsten über seine Worte gelacht. Nach dem Kampf war er heilfroh gewesen, dass er den Russen nicht mehr zu Gesicht bekam. Der Gedanke an Bryan war ihm damals höchst unangenehm gewesen. „Hier in Star City fanden wir uns dann wieder. Und ich beabsichtige nicht, den Kontakt diesmal wieder abbrechen zu lassen.“ Das entsprach der Wahrheit. Ray fand die Nähe von Bryan äußerst angenehm und hatte nicht vor, den Russen einfach zu vergessen, wenn er Star City wieder verließ. Frau Hofmann wandte sich lächelnd an Bryan: „Herr Kuznetsov, Sie sind Leiter der Werbeabteilung von Motor Wheels, ist das richtig?“ „Nein, ich bin lediglich der Stellvertreter des Leiters“, antwortete Bryan höflich. Innerlich versteifte er sich ein wenig. Hoffentlich hielten sie sich nicht allzu lange bei diesem Thema auf. Er wollte nicht so gerne an seine Arbeit erinnert werden, bei all dem Ärger, der zurzeit in der Werbeabteilung herrschte. „Wollte Ihre Firma nicht einen Werbevertrag mit Herrn Kon abschließen? Meinen Informationen zufolge kam dieser Vertrag allerdings nicht zustande.“ Na wundervoll, wie sollte er diese Frage beantworten? Bryan überlegte blitzschnell, wie er sich rausreden konnte. Es wäre für das Image von Motor Wheels gar nicht gut, wenn jemand die Wahrheit über diesen Vorfall erfahren sollte, schon gar nicht eine Reporterin. „Meine Firma hatte in Erwägung gezogen, Herrn Kon für einen längeren Zeitraum zu verpflichten, aber eine endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen.“ Das war zwar nicht die Wahrheit, aber es kam der Wahrheit nahe genug, entschied Bryan. „Oh?“ Die Reporterin sah nicht so aus, als würde sie ihm das einfach so abkaufen. Ray eilte Bryan zu Hilfe: „Ich habe zurzeit ziemlich viel zu tun, nach den Werbefilmen für die Jeansmarke sind viele Auftragsangebote bei meiner Managerin eingegangen. Daher zögere ich, mich für einen längeren Zeitraum an einen Vertrag zu binden.“ Frau Hofmann lächelte wieder und ließ es dabei bewenden. Wenn Ray Kon ihr das sagte, würde es schon stimmen. Sie stellte noch ein paar allgemeine Fragen an ihn, zum Beispiel ob er noch Kontakt zu seinen ehemaligen Teamkameraden von den Bladebreakers hatte, was Ray bejahen konnte, dann bat sie Ray, noch ein paar Fotos von ihm machen zu dürfen. Da dies Teil des Interviews war, hatte Ray natürlich nichts dagegen. Herr Peters trat in Aktion, und Ray erkannte schnell, dass dieser Mann sein Handwerk als Fotograf bestens verstand. Er wusste genau, wie er ihn ins beste Licht rücken konnte. Frau Hofmann bat Ray und Bryan, auch Fotos von ihnen zusammen machen zu dürfen. Die beiden stimmten zu. Nachdem auch dies geschehen war, verkündete Frau Hofmann, dass der Artikel in der nächsten Ausgabe des Starlight-Magazins veröffentlicht würde, die bereits am Wochenende erscheinen würde. Außerdem versprach sie Ray, dass er Abzüge von allen Fotos erhalten würde, die heute gemacht worden waren, und dass er vor Erscheinen des Magazins unterrichtet würde, welche Fotos von ihm für den Artikel verwendet würden. Dann verabschiedeten sich alle, und die Reporterin verließ zusammen mit dem Fotografen die Suite. Ray seufzte erleichtert und ließ sich neben Bryan auf die Couch sinken. „Das wäre geschafft. Jetzt müssen wir nur noch abwarten, bis das Magazin am Wochenende erscheint.“ „Und du meinst, wenn der Artikel erscheint, ist alles wieder in Ordnung?“ Bryan sah ein wenig skeptisch aus. Bei all den Schwierigkeiten, die er zurzeit hatte, wagte er es kaum zu hoffen, dass wenigstens eines seiner Probleme verschwinden würde. „Es wäre sicher zu viel verlangt, wenn alles schlagartig wieder in Ordnung wäre, aber es wird bestimmt nicht ohne Effekt bleiben. Die Leute werden sich schnell wieder beruhigen, sobald sie erfahren, dass du mein Freund bist“, erwiderte Ray. Da er die Augen geschlossen hatte, um sich besser zu entspannen, sah er nicht das glückliche Lächeln auf Bryans Gesicht, während dieser ihn ansah. Dass Ray ihn seinen Freund genannt hatte, verursachte ein warmes Gefühl in seinem Herzen. „Bryan, willst du eine Weile bei mir hier wohnen?“, fragte Ray unvermittelt. Bryan war von diesem Vorschlag überrascht. „Wieso?“ Ray öffnete die Augen, und es war immer noch ein Hauch von Sorge darin zu sehen. „Na ja, es dauert noch ein paar Tage bis das Magazin erscheint. Und bis es sich herumgesprochen hat, dass wir Freunde sind, kann es auch noch mal ein paar Tage dauern. Ich will nicht, dass du in dieser Zeit auch in deiner eigenen Wohnung belästigt wirst. Es ist schon schlimm genug, dass dich meine Fans an deiner Arbeitsstelle belästigen. Es tut mir aufrichtig leid.“ Bryan legte Ray seine Hand auf die Schulter und drückte sie leicht. „Es ist nicht deine Schuld. Und du hast mir doch schon geholfen. Also mach dir keine Gedanken. Die paar Tage werde ich schon überstehen. Konzentriere du dich lieber auf deine Karriere, dafür ist jetzt nämlich ein sehr guter Zeitpunkt. Ich komme schon alleine klar.“ Bryan blieb noch eine Weile bei Ray, und sie aßen gemeinsam zu Abend. Erst als es schon dunkel war, fuhr Bryan wieder nach Hause, nachdem er Rays Angebot, bei ihm zu schlafen, nochmals abgelehnt hatte. Bryan war es gewöhnt, für sich zu sein. Und er liebte seine Unabhängigkeit. Doch insgeheim fragte sich etwas in ihm, warum er das Angebot von Ray nicht trotzdem angenommen hatte. Wenn er bei Ray war, konnte er all seine Sorgen und Probleme vergessen und einfach nur entspannen. Und das fühlte sich wirklich gut an. ------------------------ wird fortgesetzt… Kapitel 5: Eine unerwartete Geste --------------------------------- Titel: Greif nach den Sternen Kapitel: 5/? Autor: Cat in the web Fandom (Anime/Manga): Beyblade Einstufung: PG Genre: romantisch Label: - Pairing: Bryan + Ray Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Ich danke meinen Kommi-Schreibern Firefox_Takara, teardrop, Ssylka_Volkov, Blut_Fleck, Robino und Chery! Und sorry, dass es wieder so lange gedauert hat. -------------------------------------------------- Greif nach den Sternen von Cat in the web Kapitel 5: Eine unerwartete Geste Die Leute vom Starlight-Magazin arbeiteten wirklich schnell. Schon am Abend des nächsten Tages wurde Ray ein Umschlag in seine Hotelsuite gebracht, in der sich mehrere Hochglanzabzüge der während des Interviews gemachten Fotos befanden sowie eine Nachricht, welche dieser Fotos für den Artikel im Magazin verwendet werden würden. Es wurde ihm auch versichert, dass sein Honorar für das Interview bereits überwiesen worden war. Ray interessierte sich allerdings mehr für die Fotos. Herr Peters war ein ausgezeichneter Fotograf, wie er feststellte. Er hatte aus den Lichtverhältnissen der Suite das Beste rausgeholt, und sowohl Ray als auch Bryan sahen auf den Fotos aus wie wohlhabende Gentlemen der High Society. Auch die Auswahl der Fotos für den Artikel sagte Ray zu. Auf zweien davon war er zusammen mit Bryan abgebildet. Eines davon zeigte ihn im Gespräch mit Frau Hofmann, die ihn interviewte, während Bryan entspannt neben ihm auf der Couch saß. Ein anderes zeigte ihn und Bryan nebeneinander stehend. Die restlichen Fotos zeigten nur Ray und sollten in erster Linie die Fans zufrieden stellen, die nicht genug von ihm bekommen konnten. Das Starlight-Magazin mit dem Bericht über Ray würde in Kürze erscheinen, und Ray war sich absolut sicher, dass auch seine Freundschaft mit Bryan darin ausführlich erwähnt werden würde. Das Interesse der Reporterin an Bryans Beziehung zu ihm war deutlich gewesen, und die Fotos waren von dem Magazin sicher nicht ohne Grund ausgewählt worden. Ein weiterer Umschlag ging im Laufe dieses Tages bei Ray ein. Er enthielt das versprochene Drehbuch des Films, in dem Ray möglicherweise mitspielen würde. Rays Augen funkelten erwartungsvoll, als er sich mit dem Drehbuch auf seiner Couch niederließ. Schnell überflog er die Nachricht seiner Managerin Sara, die ebenfalls in dem Umschlag gelegen hatte, bevor er sich dem Buch zuwandte. Es verging eine lange Zeit, bevor Ray das Drehbuch zuklappte und über den Film nachdachte, der gedreht werden sollte. Die Story handelte von einem Detektiv, der über eine Verschwörung stolperte, die bis in höchste politische und wirtschaftliche Kreise reichte. Das Thema war nicht gerade originell, es gab viele Filme mit ähnlichen Themen. Aber es gefiel Ray. Alles erschien logisch durchdacht, und doch gab es immer wieder Wendungen im Verlauf der Geschichte, mit denen er nicht gerechnet hatte, die sich aber am Ende in ein festes Gesamtbild einfügten. Auch die Action kam nicht zu kurz, und der Held bekam auch eine Heldin zur Seite gestellt. Sara hatte in ihrer Nachricht erwähnt, dass der Regisseur plante, Ray die Rolle des Mike Florentin zu geben. Laut Drehbuch war dieser Mann ein Informant des Detektivs, der mehr wusste als er zugab. Er war keine Lichtgestalt in diesem Film, sondern mehr ein halbseidener Charakter, der aus einem zweifelhaften Milieu stammte. Seine im Drehbuch festgehaltene Charakterisierung brachte Ray zum Schmunzeln. Er hatte bisher als Modell immer perfekt sein müssen, ohne jeden körperlichen oder charakterlichen Makel. Die Vorstellung, einen solchen Mann in einem Film zu spielen, war daher äußerst reizvoll für ihn, zumal dieser Mike Florentin nicht in die Kategorie der bösen Buben fiel, sondern mehr ein Mann war, der das Beste aus seinem Leben herausholen wollte. Dass er in der zweiten Hälfte des Films einem Mordanschlag zum Opfer fallen würde, störte Ray nicht. Es war schließlich keine Hauptrolle, aber sie war auch nicht klein oder unwichtig. Der Regisseur traute ihm offenbar eine Menge zu. Später am Abend klingelte sein Telefon. Es war Sara. „Nun, Ray, hast du das Drehbuch schon bekommen?“, fragte sie. „Ja, und es gefällt mir“, antwortete er. „Hat sich der Regisseur schon gemeldet wegen der Probeaufnahmen?“ „Der genaue Termin steht noch nicht fest, aber ich habe mit ihm telefoniert, und er sagte, er will dich auf jeden Fall für diese Probeaufnahmen haben.“ Sara klang aufgeregt. „Und ich will auf jeden Fall, dass du diese Chance wahrnimmst, verstanden, Ray?“ „Natürlich. Ich habe nicht vor, sie mir entgehen zu lassen“, erwiderte er. „Aber ich kann ja bis dahin nicht Däumchen drehen. Was hast du sonst noch so für mich?“ „Jede Menge, aber nichts davon sofort. Du kannst dich ein paar Tage ausruhen, während ich die Aufträge durcharbeite. Ein paar Firmen haben auch längere Werbeverträge in Aussicht gestellt, aber ich würde vorschlagen, dass du dich in dieser Hinsicht zurückhältst, bis wir wissen, was aus diesem Film wird. Wenn du die Rolle bekommst, steigert sich dein Wert enorm.“ „Und wenn ich ein miserabler Schauspieler sein werde mit lauter schlechten Kritiken?“ „Mach keine Witze, Ray!“, wies Sara ihn zurecht. „Das wird nicht passieren. Außerdem wird der Regisseur es dir schon sagen, wenn du ungeeignet bist. Aber wie ich bereits bei unserem letzten Treffen gesagt habe: wenn er der Ansicht ist, du bist für die Rolle geeignet, dann bist du es auch!“ „Du setzt viel Vertrauen in mich.“ „Allerdings. Ich weiß, du kannst das. Also amüsier dich jetzt ein paar Tage, und dann sehen wir weiter.“ „Okay. Bis dann, Sara.“ „Bis bald, Ray.“ Es klickte in der Leitung, als Sara den Hörer auflegte. Ray tat es ihr gleich und lehnte sich dann auf der Couch zurück. Er hatte also ein paar Tage frei. Aber was sollte er tun? Ray wurde plötzlich bewusst, dass er wenig mit sich anfangen konnte, wenn er allein war. Er arbeitete entweder oder er ging mit Arbeitskollegen, anderen Modells oder Fotografen, in irgendeine Szene-Bar. Aber am Liebsten las er ein gutes Buch oder schrieb E-Mails an seine Freunde. Etwas anderes blieb ihm auch nicht übrig, denn da er ständig herumreiste, war ein direkter Kontakt mit seinen Freunden schwierig. Obwohl… es gab da immer noch Bryan. Ray zögerte ein wenig. Bryan hatte sicher mehr als genug eigene Probleme, immerhin lief in seiner Firma eine Untersuchung, und der Bericht über die erste Weltmeisterschaft der Bladebreakers in Russland hatte ihm zusätzlich geschadet. Vielleicht hatte er gar keine Zeit. Aber andererseits konnte man ja mal fragen. Ray musste zugeben, dass er Bryan vermisste. Es war angenehm, jemanden um sich zu haben, mit dem man über so vieles reden konnte und der nicht nur ein berühmtes Fotomodell in einem sah. Ray kramte Bryans Visitenkarte hervor und wählte seine private Nummer. Er wollte Bryan nicht wieder bei seiner Arbeit stören. Es klingelte ein paar Mal, dann klickte es in der Leitung und Bryans ruhige Stimme ertönte vom Band seines Anrufbeantworters, kurz danach ertönte der Pfeifton, der den Beginn der Aufnahme signalisierte. „Hallo, Bryan“, sagte Ray. „Ich habe ein paar Tage lang keine Aufträge und wollte fragen, ob wir noch mal etwas zusammen unternehmen wollen. Ich würde mich sehr freuen, aber ich verstehe natürlich, wenn du keine Zeit hast. Bitte ruf doch zurück. Ciao, Ray.“ Ray legte den Hörer wieder auf. Er hoffte wirklich, dass Bryan sich mit ihm Treffen würde. Er mochte Bryan sehr gern, obwohl sie noch nicht so viel Zeit miteinander verbracht hatten, seit sie sich in Star City wieder begegnet waren. *** Bryan saß in seinem Büro an seinem Schreibtisch und langweilte sich. Seit dieser Untersuchungsausschuss die Werbeabteilung überprüfte, war sein Arbeitsfeld stark eingeschränkt. Mit anderen Worten: er hatte kaum was zu tun. Bis die Untersuchung abgeschlossen war, würden keine großen Werbeprojekte durchgeführt werden. Und die kleinen Projekte wie zum Beispiel eine Anzeige in einer Zeitschrift waren mehr Routinearbeiten, um die sich Bryan kaum kümmern musste. Er hatte die Zeit genutzt, um neue Ideen zu entwickeln, aber fast alle seine Ideen zielten speziell auf Ray Kon als Werbeträger, und da dieser den Vertrag dank Sergenson abgelehnt hatte, waren sie praktisch nutzlos. Bryan verstand nicht, warum seine Gedanken ständig um Ray kreisten. Normalerweise war er niemand, der sich leicht ablenken ließ, und es war nicht seine Art, sich zu überlegen, was er alles hätte machen können, wenn es anders gekommen wäre. Doch Ray ging ihm nicht aus dem Kopf. Vielleicht hätte er das Angebot gestern Abend doch annehmen und bei Ray übernachten sollen. Dann hätte er noch mehr Zeit mit ihm verbringen können. Rays Gesellschaft war ihm äußerst angenehm. Das Telefon klingelte und riss Bryan aus seinen Gedanken. Er war fast dankbar für die Ablenkung. „Hier Kuznetsov“, meldete er sich. „Und hier ist Hill“, ertönte die Stimme des Firmendirektors vom anderen Ende der Leitung. Er hatte keine guten Nachrichten, zumindest nicht nach Bryans Meinung. Als Bryan zehn Minuten später aus seinem Büro trat, warf seine Sekretärin Anna Schmidt nur einen Blick auf sein Gesicht und in ihrem Kopf ging eine Alarmglocke los. Der Ausdruck von kühler kontrollierter Verärgerung auf seinem Gesicht war nicht unbedingt neu und hätte Frau Schmidt nicht groß beunruhigt. Doch sie glaubte, auch einen Ausdruck von Niedergeschlagenheit in seinen Augen zu entdecken, und das war höchst beunruhigend. In all der Zeit, die sie ihn kannte, hatte sie ihn als einen Mann kennen gelernt, der seine Gefühle strikt kontrollierte und sich nicht unterkriegen ließ. Noch nie hatte sie eine Emotion bei ihm entdeckt, die sie vermuten ließ, dass er auch nur im Entferntesten ans Aufgeben dachte. Und das sollte was heißen, denn als jüngster Abteilungsvizechef, der jemals bei Motor Wheels gearbeitet hatte, hatte er viele Neider, die ihm die Arbeit nicht gerade leicht machten. Seine ersten Worte, die er an sie richtete, bewahrheiteten Frau Schmidts schlimmste Befürchtungen: „Frau Schmidt, ich hatte gerade ein Telefonat mit Herrn Hill. Ich bin für einige Tage von der Firma beurlaubt worden, während die Untersuchung weitergeht. Sollte irgendetwas vorfallen, während ich weg bin, können Sie mich privat erreichen. Es ist noch nicht bekannt, wann ich wiederkomme.“ ‚Falls ich überhaupt wiederkomme’, dachte Bryan entmutigt. Es war nicht so, dass Herr Hill am Telefon unfreundlich zu ihm gewesen wäre, oder auch nur Andeutungen über eine bevorstehende Entlassung gemacht hätte. Er hatte Bryan lediglich gesagt, dass sowohl er als auch Sergenson für die Zeit der Untersuchung beurlaubt waren. Es war eine reine Vorsichtsmaßnahme, um die Neutralität aller an der Untersuchung Beteiligten sicherzustellen. Trotzdem hatten sich die Worte für Bryan angefühlt wie ein Schlag in den Magen. Und das Mitgefühl, das er in den Augen seiner Sekretärin sehen konnte, half ihm auch nicht dabei, sich besser zu fühlen, obwohl es ihn erleichterte, dass es zumindest einen Menschen in der Werbeabteilung gab, der auf seiner Seite war. Auf seinem Weg zum Aufzug hörte Bryan eine ihm bekannte Stimme wütend über den Gang hallen. Die Stimme kam aus Sergensons Büro, und obwohl Bryan nicht verstand, was Sergenson sagte, konnte er sich denken, was passiert war. Sergenson hatte denselben Anruf erhalten wie er selbst, doch nahm dieser seine Zwangsbeurlaubung weniger ruhig hin. Natürlich würde er nie wagen, Direktor Hill zu widersprechen. Aber nachdem er den Hörer aufgelegt hatte, machte er seinem Zorn Luft, und seine Untergebenen würden seine schlechte Laune ausbaden müssen. Es würde ihm nicht gerade gut tun, ausgerechnet in einer solchen Situation andere zu schikanieren, doch Bryan konnte es nur Recht sein. Er beschleunigte seine Schritte, um nicht aus Versehen in den wütenden Sergenson hineinzurennen und war erleichtert, dass er niemandem begegnete, als er das Firmengebäude verließ. Als Bryan Zuhause in seinem Appartement angekommen war, sah er, dass eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter gesprochen worden war. Er überlegte kurz, ob er sie einfach ungehört löschen sollte, denn in letzter Zeit hatten einige wirklich unhöfliche Leute wegen der Sache mit Ray angerufen und Schmähungen auf das Band gesprochen. Aber das hatte in letzter Zeit wieder nachgelassen, und daher riskierte er es, die Nachricht abzuspielen. Kurz darauf war er sehr froh darüber, denn es war Ray, der angerufen hatte, und die Aussicht, einige Tage mit ihm verbringen zu können, hellte Bryans Stimmung wieder auf. Schnell suchte er Rays Nummer heraus, um ihn zurückzurufen. *** Am nächsten Tag sah Herr Polanski, der Manager von Rays Hotel, wie das Modell Ray Kon und sein Freund, ein gewisser Bryan Kuznetsov, lachend die Lobby des Hotels durchquerten und in Richtung Tiefgarage verschwanden. Er deutete eine leichte Verbeugung an, als sich seine Blicke mit denen der zwei Männer kreuzten, und wunderte sich erneut, wie die Leute glauben konnten, diese beiden seien Feinde. Natürlich hatte er die Artikel über die Zwei gelesen, doch nach dem, was er mit eigenen Augen gesehen hatte, stempelte er das Ganze als Sensationshetze der Medien ab. Wenn diese beiden wirklich Feinde wären, hätte Herr Kon seinen einstigen Beyblade-Gegner sicher nicht zum Mittagessen ins Hotelrestaurant eingeladen. Ray und Bryan hatten tatsächlich im Restaurant gegessen, und nun waren sie unterwegs zu Bryans Auto, um eine Spritztour durch die Gegend zu machen. Sie hatten sich außerdem ein kleines Picknick in der Hotelküche zubereiten lassen, welches sie nun im Kofferraum verstauten. Dann ging es los, und schnell hatten sie Star City hinter sich gelassen. Bryan fuhr eine Weile einfach nur über die Landstraße, durch Wälder und kleine Orte und an der Küste entlang. Ray hatte sein Fenster heruntergedreht und genoss den warmen Wind, der die verschiedensten Gerüche mit sich brachte, vom Wald oder vom Meer, je nachdem wo sie gerade waren. Bryan hatte die Richtung nicht ziellos eingeschlagen, und sie machten an verschiedenen Orten halt, wo sie sich gemeinsam eine Sehenswürdigkeit ansahen: kleine Ortschaften mit historischen Stadtkernen, eine alte Burg, die man besichtigen konnte, Denkmäler und Landschaften, die zu einem kleinen Spaziergang einluden. In ihrer ganz normalen Kleidung, Jeans und Sweatshirt, erkannte sie niemand, zumal Ray wie auch beim letzten Mal seinen Zopf unter seiner Kleidung versteckte und eine Baseballkappe sowie eine Sonnenbrille trug. Nur einmal äußerte eine Eisverkäuferin, wie ähnlich er doch dem Modell Ray Kon sehen würde. Ray nickte lächelnd, und sie verschwanden schnell aus dem Geschäft, nachdem sie ihr Eis bezahlt hatten, bevor sie wirklich noch jemand erkannte. Wieder im Auto und unterwegs, lachten sie herzlich über den Vorfall. Später am Tag, es war schon fast Abend, fuhren sie zu einer versteckten Bucht am Meer mit einem feinen Sandstrand. Hier breitete Bryan eine Decke auf dem Sand aus, und sie setzten sich, um ihr Picknick zu genießen. Ray zog sich die Schuhe aus und vergrub seine Zehen mit einem wohligen Seufzer im warmen Sand neben der Decke. Der Tag hätte gar nicht besser laufen können. Niemand hatte ihn erkannt, und so war er in der Lage gewesen, den Ausflug ganz normal zu genießen, ohne dass er eine Schar Leibwächter brauchte, die ihn von seinen vielen Fans abschirmten. Er zog seinen Zopf unter dem Sweatshirt hervor und löste ihn. Die langen schwarzen Haare fielen wie eine seidige Wolke um seinen schlanken Oberkörper. Bevor die leichte Meeresbrise mit ihnen spielen konnte, legte sich Ray auf den Rücken und hielt so sein Haar effektiv zwischen Körper und Decke gefangen. Dann beobachtete er selig lächelnd die Wolken über ihm. Baseballkappe und Sonnenbrille waren sicher im Wagen verstaut. Hier draußen würde er sie nicht brauchen. Bryan beobachtete ihn lächelnd, während er den Rest von seinem Sandwich aß. Ray wirkte wie eine äußerst zufriedene Katze, die ein Sonnenbad nahm, und Bryan hätte sich nicht gewundert, wenn sein Freund angefangen hätte zu schnurren. Rays langes Haar schimmerte im Licht der Sonne, und Bryan spürte das Verlangen, die langen Strähnen durch seine Finger gleiten zu lassen, um zu prüfen, ob sie sich wirklich so seidig anfühlen würden wie sie aussahen. Doch er unterdrückte den Wunsch und wandte sich wieder seinem Sandwich zu. „Weißt du“, begann Ray nach einer Weile, „mir gefällt es hier, ich meine in Star City. Ich frage mich, ob ich nicht hierher ziehen sollte.“ „Da würde sich die Regenbogenpresse aufrichtig freuen“, meinte Bryan. Komischerweise fühlte er, wie auch sein Herz vor Freude ein wenig schneller zu schlagen anfing. Wenn Ray hier einen festen Wohnsitz hätte, dann würde das bedeuten, er ginge nicht mehr weg, zumindest nicht für lange. Ray setzte sich auf und lehnte sich in Bryans Richtung, wobei er sich mit den Händen auf der Decke abstützte. „Nur die Presse?“, fragte er mit einem verschmitzten Lächeln. Bryan legte sein Sandwich weg, drehte sich zu Ray hin und ahmte dabei unbewusst dessen Position nach. Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, und das Lächeln auf Bryans Lippen ebenso verschmitzt wie das von Ray. „Und natürlich all deine Fans, die du hier hast.“ Ray hob fragend eine Augenbraue. „Und wer noch?“ „Und der Bürgermeister. Es leben nicht sehr viele Prominente in Star City, mit denen er angeben kann.“ Rays Lippen zuckten verräterisch als müsste er ein Lachen unterdrücken, doch er fragte weiter: „Und?“ Bryan beschloss, nachzugeben. „Und ich würde mich auch freuen“, gestand er. Das Lächeln auf Rays Gesicht vertiefte sich, und seine Augen begannen vor Freude zu strahlen. „Das allein wäre schon ein wirklich guter Grund, hier zu bleiben.“ Bryan wusste nicht, welcher Teufel ihn ritt. Es war fast so, als hätte er einen Blackout, als hätte er keine Kontrolle mehr über sein Handeln. Er sah nur noch Rays Gesicht vor sich, welches ihn so liebevoll anlächelte, und ohne dass es ihm richtig bewusst wurde, hatte er die geringe Distanz zwischen ihren Gesichtern überwunden und presste seine Lippen auf die von Ray. Der Kuss war süß und berauschend, und er schien eine kleine wundervolle Ewigkeit zu dauern. Schließlich trennten sie sich voneinander und setzten sich wieder ordentlich hin, wobei sie es jedoch vermieden, den anderen anzusehen. Keiner von beiden wusste so recht, was er nun tun sollte. Ray war verwirrt. Begrüßungsküsschen auf die Wange waren in der Modellwelt durchaus üblich, aber er hatte noch nie einen Mann auf den Mund geküsst, noch hätte er je gedacht, dass ein einfacher Kuss so schön sein könnte. Selbst die Küsse, die er vor Jahren mit Mariah, seiner einstigen Jugendliebe, getauscht hatte, hatten ihn nicht so bewegt. Bryan hatte durchaus schon mal einen Jungen geküsst, in früheren wenig erfreulichen Zeiten in der Balkov-Abtei in Russland. Doch das waren nur die Experimente eines Teenagers gewesen, und selbst die Küsse der erfahrenen Frauen, mit denen er sich später ab und zu eingelassen hatte, waren nicht so verheißungsvoll und befriedigend gewesen wie dieser Kuss mit Ray. Die Stille dauerte an und wurde zur Belastung. Um die Situation wieder in den Rahmen der Normalität zurückzubringen, sagte Ray schließlich das Erste, was ihm in den Sinn kam: „Das Meer ist wunderschön.“ Gleich darauf rollte er mit den Augen und seufzte in Gedanken über sich selbst. Konnte er sich denn nichts Besseres ausdenken? Doch Bryan nahm die Worte dankbar auf und blickte nun wie Ray über das Meer. „Ja, das ist es wirklich“, stimmte er ihm zu, und ein glückliches Lächeln schlich sich erneut auf sein Gesicht. Die Unruhe zwischen ihnen löste sich in nichts auf, und gemeinsam saßen sie in kameradschaftlichem Schweigen da und blickten über das Meer. Nach einer Weile löste sich Bryans Blick von den Meereswellen und wanderte zu Ray. Auf dem Gesicht seines Freundes lag ein sanftes Lächeln, und es strahlte eine ruhige Freude aus, die aus ihm herauszuströmen schien. Sein langes schwarzes Haar wehte sanft im Wind, und er wirkte vollkommen entspannt. Für Bryan war er in diesem Augenblick das schönste Geschöpf in dieser Welt. Eine Stunde später, nachdem sie einen prachtvollen Sonnenuntergang beobachtet hatten, packten Ray und Bryan ihre Sachen zusammen und fuhren zurück nach Star City. Sie hatten bereits Pläne für den nächsten Tag, und beide freuten sich darauf, noch mehr Zeit zusammen zu verbringen. *** Am späten Abend lag Ray noch wach in dem riesigen Bett in seinem Hotelzimmer und dachte zurück an diesen seltsamen und doch so schönen Moment am Strand, als Bryan ihn geküsst hatte. Die Geste war unerwartet gewesen und doch so willkommen. Der Kuss hatte Ray bewusst gemacht, wie einsam er sich fühlte und wie schön es wäre, jemanden bei sich zu haben. Natürlich gab es mehr als genug Leute, die bereit waren, Zeit mit ihm zu verbringen. Aber all diese Leute wollten mit dem berühmten Modell Ray Kon ihre Zeit verbringen. Würden sie sich auch Zeit für ihn nehmen, wenn er nicht reich und berühmt, sondern ein ganz normaler junger Mann wäre? Nun, einige vielleicht. Doch die meisten Leute interessierten sich nur für das Bild, welches die Medien von ihm vermittelten: der reiche attraktive Junggeselle, ehemaliger Beyblade-Star und nun berühmtes Topmodell. Es existierte ein ganz bestimmtes Bild von ihm in der Öffentlichkeit, und die Leute erwarteten von ihm, diesem Bild zu entsprechen. Aber bei Bryan hatte Ray das sichere Gefühl, dass dieser sich nicht um das Bild des Topmodells kümmerte, sondern sich wirklich für die Person dahinter interessierte. Es war erstaunlich. Eigentlich hatten sie sich nur während der Weltmeisterschaften im Beybladen gesehen und sich dann für Jahre aus den Augen verloren. Man konnte auch nicht sagen, dass sie Freunde gewesen waren, sie waren einfach beide Blader gewesen, und das war ihr ganzer Kontakt. Doch als sie sich wieder gesehen hatten, da hatte es dieses angenehme Gefühl von Vertrautheit zwischen ihnen gegeben, und das obwohl sie sich beide inzwischen verändert hatten. Wer hätte schon gedacht, dass der einst so feindselige Bryan irgendwann einmal ein seriöser Geschäftsmann und ein so angenehmer Gesellschafter sein würde? Ray drehte sich seufzend auf die Seite und kuschelte sich in sein Kissen. Er vermisste Bryan, obwohl er doch genau wusste, dass er ihn schon morgen wieder sehen würde. In seiner Nähe fühlte er sich beschützt und geborgen. Und er hätte auch gar nichts dagegen, wenn Bryan ihn noch mal küssen würde. *** Bryan wälzte sich in seinem Bett hin und her. Er war müde, doch er konnte einfach nicht einschlafen. Seine Gedanken kreisten um den Tag mit Ray und um diesen verflixten wunderschönen Kuss. Bryan wusste immer noch nicht, was ihn veranlasst hatte, Ray zu küssen, aber er bereute es ganz sicher nicht. Es hatte sich so richtig angefühlt! Und es hatte Bryan klar gemacht, was für ein einsames Leben er eigentlich führte. Wenn nicht gerade der Fernseher lief, war es in seiner Wohnung immer gespenstisch still. Es war nicht so, dass Bryan nicht gewusst hätte, wohin er hier in Star City gehen musste, um eine gute Zeit zu haben, aber wenn er darüber nachdachte, war er immer ziemlich allein gewesen. Es war ihm nur nie aufgefallen, weil er so viel gearbeitet hatte. Stellvertretender Leiter der Werbeabteilung einer so großen Firma wie Motor Wheels wurde man nicht so einfach über Nacht. Und auch wenn Sergenson ihn immer bevorzugt hatte, so hatte er sich dies doch auch verdient, immerhin hatte er fast alle wichtigen Werbeprojekte der Firma in den letzten Jahren bearbeitet, während Sergenson sich immer weniger darum gekümmert hatte. Der Gedanke an Sergenson erinnerte ihn an die Schwierigkeiten in der Firma, und er seufzte. Um die dunklen Gedanken an Sergenson und den Untersuchungsausschuss von Motor Wheels zu vertreiben, dachte er wieder an Ray und den Kuss. Er freute sich auf das Wiedersehen mit Ray, und auch wenn ihm nicht wirklich klar war, warum er so die Kontrolle über sich verloren und Ray geküsst hatte, er musste sich trotzdem eingestehen, dass er sich wünschte, er könnte Ray in die Arme nehmen und noch mal küssen. *** Auch am nächsten Tag fuhren beide in Bryans Wagen los und besuchten kleine Städte in der Region um Star City. Sie hielten sich nirgendwo lange auf, um das Risiko zu vermindern, dass jemand sie erkannte. Wie üblich verbarg Ray seinen Zopf unter seiner Kleidung und trug seine Baseballkappe. Am frühen Abend gingen sie in ein kleines griechisches Restaurant. Das Essen war gut und die Atmosphäre angenehm. Der Wirt stand hinter der Theke und putzte seine Gläser, während er auf die Wünsche seiner Gäste wartete, und die Bedienung, vermutlich seine Tochter, eilte munter von Tisch zu Tisch. Ray und Bryan hatten einen Tisch etwas abseits in der Nähe zur Küche gewählt und unterhielten sich leise. Mit der relativen Ruhe war es vorbei, als die Tür zur Gaststube aufging und eine Gruppe schwatzender junger Frauen hereinkam. Es war nicht so, dass die Frauen besonders laut waren, doch der Geräuschpegel stieg im Vergleich zu vorher deutlich an. Die Frauen setzten sich an einen langen Tisch in der Nähe von Bryan und Ray. Ray beobachtete dies mit Sorge. Er hatte vorher nicht daran gedacht, aber er war sich nun wieder bewusst, dass das Risiko erkannt zu werden für ihn anstieg, je mehr Leute um ihn herum waren und je länger er sich an einem Ort aufhielt. „Bryan, ich glaube es ist besser, wenn wir uns auf den Weg machen“, wandte er sich an seinen Freund. Bryan begriff sofort, was hinter Rays Worten stand, und nickte ihm zu. Dann wandte er sich um und winkte der Bedienung. „Wir möchten zahlen.“ Die junge Frau kam zu ihrem Tisch und servierte ihnen noch zwei kleine Schnäpse auf Kosten des Hauses, wie es in manchen Restaurants üblich ist, wenn die Gäste gehen möchten. Bryan bezahlte, und die Bedienung wollte sich gerade wieder abwenden als ihr Blick auf Ray fiel. Dieser hatte den Kopf ein wenig gehoben, um seinen Schnaps zu trinken, und ermöglichte ihr so einen ungehinderten Blick auf sein Gesicht. Der Bedienung blieb fast der Mund offen stehen, doch ihre Sprachlosigkeit hielt leider nur eine Sekunde an, dann kreischte sie so laut, dass sie ohne Schwierigkeiten im gesamten Restaurant zu hören war: „Oh mein Gott, Sie sind doch Raymond Kon!!!“ Bryan hatte schon befürchtet, Ray könnte auf einem ihrer Ausflüge mal erkannt werden. Er hatte sich ehrlich gesagt schon gefragt, wann es wohl passieren würde, und sich überlegt, was er dann am Besten tun sollte. Aber er war gewiss nicht auf das Chaos vorbereitet, das sich nun über ihren Tisch ergoss! Von allen Seiten kamen die Gäste angestürmt, aufgeregt und lärmend, lediglich der Wirt blieb hinter seinem Tresen und sah genauso überrascht aus wie Bryan. Die Leute hatten es so eilig, Ray zu erreichen, dass sie wie eine Woge gegen den Tisch prallten. Obwohl Ray eigentlich bereits ausreichend Erfahrung mit begeisterten Fans gesammelt hatte, hatte er mit einem solchen Ansturm hier nicht gerechnet. Die Wucht der Menge traf ihn unvorbereitet und mit einem überraschten Aufschrei, in dem sich auch eine Spur Angst mischte, fiel er von seinem Stuhl und ging zu Boden. Dieser Anblick war genug für Bryan, um ihn aus seiner Erstarrung zu reißen und seine Wut zu entfachen. Sein Temperament, über die Jahre hinweg sorgsam gezügelt, entbrannte mit der Plötzlichkeit einer Stichflamme. Er sprang so heftig auf, dass sein Stuhl nach hinten flog und gegen einige Leute prallte, die überrascht zurück sprangen. Seine Faust fuhr in die Höhe und ging mit Knochen zerschmetternder Gewalt auf den Tisch hernieder. Es war nur der guten Qualität dieses Möbelstücks zu verdanken, dass es unter der Wucht des Schlages nicht entzwei brach. Dies und Bryans zorniger Ruf: „Stopp! Seid ihr von Sinnen?!“ überraschte die Leute genug, um ihr Vorstürmen zu stoppen und ihnen langsam bewusst werden zu lassen, dass Ray Kon offenbar zu Boden gegangen war und nun niedergetrampelt zu werden drohte. Bryan nutzte die allgemeine Verwirrung, bückte sich blitzschnell nach Ray, riss ihn auf die Füße und zog ihn an der Hand hinter sich her. Gemeinsam liefen sie so schnell sie konnten durch die überraschte Menge und vorbei an der Küche zum Hinterausgang hinaus. Die beiden hielten erst an, als sie in sicherer Entfernung in einer kleinen verlassenen Gasse waren. Ray war immer noch ein wenig geschockt und atmete daher etwas schneller als normal, während Bryans Atem völlig ruhig war. Der Blick des Russen war auf den Weg gerichtet, den sie soeben gekommen waren, um nach möglichen Verfolgern Ausschau zu halten, und unbewusst hatte er Ray in seine Arme gezogen. Ray gefiel es in dieser Umarmung ausgesprochen gut. Bryan strahlte eine Ruhe und Kraft aus, die ihm das Gefühl von Geborgenheit vermittelten. Ray zögerte einen Moment, doch dann entschied er, einfach seinen Instinkten zu folgen und lehnte sich mit seinem Körper an den von Bryan. „Danke für die Rettung“, sagte er leise, aber immer noch laut genug, um gehört zu werden. Bryan sah den Chinesen überrascht an, doch dann lächelte er. „Keine Ursache“, erwiderte er und zog Ray noch ein wenig enger an sich. Seine Nähe fühlte sich gut an. „Das war doch nicht der Rede wert.“ Ray blickte auf. „Doch, das war es. Und ich finde, du hast dir eine Belohnung verdient.“ Bryans Augenbrauen hoben sich bei diesen Worten amüsiert. „Ich finde, deine Gegenwart nicht mit deinen Fans teilen zu müssen, ist Belohnung genug.“ „Ich bestehe darauf“, erwiderte Ray, und dann lehnte er sich vor und küsste Bryan auf den Mund. Es war ein sanfter, unschuldiger Kuss, und es war das Erotischste, was Bryan je erlebt hatte. Als der Kuss endete, seufzte er leise und hielt Ray noch einige lange Momente im Arm, bevor er schließlich zurücktrat. Aber Rays Hand ließ er dabei nicht los, und Ray machte auch keine Anstalten, sich von seiner Hand zu lösen. „Komm, lass uns zum Auto gehen und verschwinden, bevor jemand auf die Idee kommt, die Stadt auf der Suche nach dir auf den Kopf zu stellen.“ Bryan schritt voran, und Ray folgte ihm. Hand in Hand gingen sie durch die Straßen zurück zu dem Parkplatz, wo Bryans Wagen stand. ------------------------ wird fortgesetzt… Kapitel 6: Probeaufnahmen ------------------------- Titel: Greif nach den Sternen Kapitel: 6/? Autor: Cat in the web Fandom (Anime/Manga): Beyblade Einstufung: PG Genre: romantisch Label: - Pairing: Bryan + Ray Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Herzlichen Dank für die Kommentare (und für die Geduld) an: Hoshisaki, Firefox_Takara, Robino und Chery! -------------------------------------------------- Greif nach den Sternen von Cat in the web Kapitel 6: Probeaufnahmen Auch am nächsten Tag war Bryan wieder zu Besuch in Rays Hotelsuite. Der Butler schob gerade die Reste eines reichhaltigen Mittagessens aus dem Zimmer, während Bryan und Ray auf der Couch saßen und Pläne für den Tag machten. Als Bryan eine Landkarte studierte, die vor ihnen auf dem Couchtisch ausgebreitet war, fiel Rays Blick auf einen Stapel neuer Zeitschriften, die der Butler auf einen kleinen Beistelltisch gelegt hatte, bevor er sich um das Mittagessen gekümmert hatte. Gleich zuoberst lag die neue Ausgabe des Starlight-Magazins, und auf dem Cover war ein Bild von Ray zu sehen. Ray schnappte sich das Magazin und schlug es auf. Ungefähr in der Mitte des Heftes wurde er fündig. Dort war das Interview abgedruckt, welches er erst vor wenigen Tagen mit Frau Hofmann geführt hatte, und großzügig über die Seiten verteilt waren die ausgewählten Fotos. Genau wie geplant zeigten zwei der Fotos Ray und Bryan gemeinsam, und Frau Hofmann hatte dafür gesorgt, dass nicht nur im Interview sondern auch in der Bildunterschrift zu lesen war, was für gute Freunde Ray und Bryan waren. Ray lächelte zufrieden. Dies würde den Leuten, die Bryan belästigten, nur weil er vor vielen Jahren Ray bei einem Beyblade-Kampf verletzt hatte, sicher den Wind aus den Segeln nehmen. „Hey, Bryan, schau dir das mal an“, sagte Ray und hielt seinem Freund das Interview unter die Nase. Bryan nahm das Magazin und las den Artikel. Dann ließ er das Heft mit einem erleichterten Seufzen sinken. „Das dürfte diese lästigen Telefonanrufe stoppen.“ Er wandte sein Gesicht Ray zu und lächelte den Chinesen dankbar an. „Vielen Dank, Ray.“ Ray sah in Bryans schöne graue Augen und fühlte ein Kribbeln in seinem Magen. Um seine plötzliche Verlegenheit zu überspielen, sagte er: „Ich hoffe, der Artikel macht schnell die Runde. Falls es doch noch Schwierigkeiten geben sollte, sag Bescheid, ja? Wir finden dann schon eine Lösung.“ „Ich denke, das hier dürfte reichen“, meinte Bryan. „Das Starlight-Magazin ist sehr beliebt, besonders hier in Star-City, wo die Redaktion ihren Sitz hat. Jeder, der sich für Prominente interessiert, liest dieses Magazin.“ Ray hob lächelnd eine Hand, um sie auf Bryans Schulter zu legen, und wollte gerade etwas sagen, als das Telefon klingelte. Mit einem entschuldigenden Blick in Bryans Richtung hob er den Hörer ab. „Guten Tag, hier ist Kon. ... Hallo, Sara.“ Bryan lehnte sich entspannt auf der Couch zurück und beobachtete Ray, der fast ein wenig enttäuscht darüber wirkte, dass ihn seine Managerin angerufen hatte. Vermutlich hatte Sara irgendeinen guten Auftrag für ihn, und dies würde bedeuten, dass ihre gemeinsame Zeit fürs Erste vorbei war. Aber nur wenige Sekunden später veränderte sich Rays Gesichtsausdruck, er schien richtig aufzuhorchen und wirkte nun hochkonzentriert. Bryan zog interessiert eine Augenbraue hoch. Seine Neugier war geweckt, doch leider bekam er nur eine Seite des Gesprächs mit. „Tatsächlich? Ich dachte, es wäre erst in einem Monat soweit. ... Ja, natürlich. ... Na ja, eigentlich wollten Bryan und ich heute... Ja, ja! Wir hatten noch keine konkreten Pläne. ... Wie lange wird es dauern? ... Na, und ob ich das tun werde! ... Okay, dann bis gleich.“ Ray legte den Hörer auf, und Bryan hatte das Gefühl, dass er den heutigen Tag allein verbringen würde. Er sollte Recht behalten. „Es tut mir Leid, Bryan, aber heute wird es nichts mit unserem Ausflug“, begann Ray ein wenig kleinlaut. „Sara will gleich vorbeikommen und mich abholen. Es kann sein, dass ich erst Morgen oder Übermorgen wieder in der Stadt bin. Wir übernachten wohl außerhalb der Stadt.“ „Ist schon okay, du musst schließlich arbeiten.“ Bryan verbarg seine Enttäuschung gut, obwohl die Aussicht, ein paar Tage ohne Ray zu sein, ihm ganz und gar nicht gefiel. Wann hatte er angefangen, sich so nach Rays Gegenwart zu sehnen? Er war doch früher eher so eine Art einsamer Wolf gewesen. Aber irgendwann in den letzten Tagen hatte etwas in ihm wohl beschlossen, dass es viel schöner mit Ray war als ohne ihn, und Bryan konnte diesem Teil seiner selbst nur zustimmen. „Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinem nächsten Modell-Auftrag, obwohl das bei deiner Erfolgsquote wohl schon überflüssig ist.“ Ray schien jedoch noch nicht zufrieden. Er legte die Stirn in Falten und schien angestrengt nachzudenken, bevor er sich auf fast zaghafte Art wieder an Bryan wandte. „Bryan, es weiß noch keiner, und ich möchte nicht, dass es die Öffentlichkeit erfährt, zumindest jetzt noch nicht, aber dir möchte ich es erzählen. Das ist kein Modell-Auftrag. Sara hat Gespräche mit einem Regisseur geführt, und jetzt habe ich ein Vorsprechen für eine Rolle in einem Film. Eigentlich sollte es erst in etwa einem Monat so weit sein, aber der Regisseur hat Sara gefragt, ob ich nicht jetzt schon könnte, und Sara hat an meiner Stelle schon mal ja gesagt. Es ist natürlich eine wunderbare Chance, falls ich es schaffe...“ Weiter kam Ray nicht. Bryan war aufgesprungen und hatte ihn in die Arme genommen. „Das sind doch tolle Nachrichten, Ray. Herzlichen Glückwunsch“, flüsterte der Russe ihm ins Ohr und drückte ihn an sich. Ray seufzte wohlig und schmiegte sich an Bryan. „Ich muss natürlich erst mal bei Probeaufnahmen beweisen, dass ich überhaupt geeignet bin. Falls nicht, bekommt die Rolle ein anderer“, äußerte Ray seine Ängste. „Und ich möchte die Rolle doch so gerne haben, aber blamieren will ich mich natürlich auch nicht.“ „Du wirst dich nicht blamieren, da bin ich mir absolut sicher“, sprach ihm Bryan Mut zu. „Ich habe deine Jeanswerbung im Fernsehen gesehen, und ich weiß, dass du gut bist. Du schaffst das.“ „Das sagt mir Sara auch immer wieder.“ „Dann ist deine Managerin eine kluge Frau.“ Wie aufs Stichwort klopfte es an der Tür der Suite, und Saras Stimme erklang: „Hallo, Ray! Ich bin daha!“ Überrascht sah Bryan Richtung Tür. „Ist die geflogen? Sie hat doch gerade erst hier angerufen.“ „Sie muss von unterwegs angerufen haben, über ihr Handy. Dabei sag ich ihr immer wieder, dass Telefonieren während des Autofahrens viel zu gefährlich ist.“ Ray warf ebenfalls einen kurzen Blick zur Tür, doch er schien höchst unwillig, sich aus Bryans Umarmung zu lösen. Bryan rückte ein wenig von Ray ab und gab ihm einen Kuss auf die Lippen, kurz und unschuldig und doch köstlich, genau wie der Kuss am Abend zuvor. „Als Glücksbringer“, erklärte er. Ray lächelte selig. „Dann kann ja gar nichts schief gehen.“ Wieder klopfte es an der Tür. „Ray?! Bist du etwa noch mal schnell unter die Dusche gegangen?!“ Bryan entließ Ray aus seiner Umarmung und holte sich sein Jackett aus der Garderobe. „Eine ungeduldige Dame“, bemerkte er grinsend. „Sie ist wegen dieser Filmsache mindestens genauso aufgeregt wie ich“, entschuldigte Ray, aber auch er musste Lächeln. Gleich darauf öffnete er die Türe, und Sara trat ein. „Hat ja ewig gedauert“, beschwerte sie sich, ohne es aber wirklich ernst zu meinen. Ihrem Lächeln nach zu schließen war sie bester Laune. „Jetzt pack schnell ein paar deiner Sachen ein, und dann...“ Sie brach ab, als ihr Blick auf Bryan fiel, den sie vorher noch nicht bemerkt hatte. „Na, hallo.“ „Guten Tag“, begrüßte Bryan sie freundlich. „Oder besser gesagt: auf wiedersehen, denn ich bin gerade im Begriff zu gehen.“ Er wandte sich nochmals an Ray. „Ruf mich an, wenn du wieder in der Stadt bist“, sagte er, bevor er zur Tür hinaus schlüpfte. „Das werde ich“, antwortete Ray ihm und sah ihm kurz nach, wie er den Gang in Richtung der Fahrstühle entlang ging. Als er zurück in seine Suite trat, fiel die Tür ohne sein zutun zu. Die Türschließerin war Sara, die sich nun mit dem Rücken gegen die Tür lehnte und auch beide Handflächen dagegen drückte. Dabei sah sie Ray aus funkelnden Augen und mit einem raubtierhaften Lächeln an. Ray fand diesen Gesichtsausdruck gelinde gesagt beunruhigend. „Ähm, soll ich jetzt packen?“, fragte er. „Erzähl mir zuerst alles, was du und Bryan Kuznetsov die letzten Tage so getrieben habt“, forderte Sara fröhlich. „Ich verfolge nämlich auch alle Medienberichte, vor allem solche, die Personen betreffen, die ich manage, einschließlich gewisser Artikel im Starlight-Magazin, weshalb ich auch genau weiß, wer das eben gewesen ist.“ Ray seufzte und rieb sich die Stirn, bevor er sich abwandte und in sein Schlafzimmer ging, um ein paar Sachen einzupacken. Sara war gewiß keine Schwatzbase, aber sie liebte trotzdem alle Sorten von Klatsch und Tratsch, und sein Verhältnis zu Bryan würde sie nach diesem Presserummel um ihre angebliche Feindschaft sicher interessieren. Allerdings würde ihr Ray mit absoluter Sicherheit nicht alles erzählen, und wenn sie noch so betteln würde. Gewisse Dinge waren einfach privat. „Er ist ein sehr guter Freund von mir und hat mir in den letzten Tagen ein wenig die Gegend um Star-City gezeigt“, antwortete er ihr, und viel mehr sollte Sara nicht herausfinden. *** Mit einem ein wenig unsicheren Lächeln trat Ray aus der riesigen Produktionshalle heraus, um auf seine Managerin zu warten und dabei auch gleich ein paar Minuten für sich allein zu ergattern. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Zuerst war er zusammen mit Sara zu einem Studiogelände von Sunshine Productions gefahren, das etwa drei Fahrstunden von Star City entfernt lag. Wie Sara ihm während der Fahrt erklärte, ließ die Produktionsfirma in den Hallen des Studiogeländes vor allem Innenaufnahmen drehen. Dann war er dort dem Regisseur, Herrn Joachim Mirell, vorgestellt worden. In einem ersten Gespräch hatten sie beide einander abgeschätzt, und Ray war zu dem Schluss gekommen, dass er den Regisseur mochte. Er war sympathisch, redete nicht lange um den heißen Brei herum und verfügte über eine schier grenzenlose Geduld, wofür Ray während der Probeaufnahmen sehr dankbar gewesen war. Dem Regisseur schien er auch sympathisch zu sein, denn dieser bot ihm schon nach kurzer Zeit an, dass er ihn einfach Achim nennen sollte. Ray war sich nicht sicher, wie die Beurteilung über seine schauspielerische Leistung ausfallen würde. Es war gar nicht so leicht gewesen, und ihm war schnell klar geworden, weshalb Achim eine solch grenzenlose Geduld hatte. Er selbst jedenfalls hatte erkennen müssen, dass zwischen Werbefilmen und Spielfilmen ein himmelhoher Unterschied existierte. Nicht, dass er dies nicht vorher schon geahnt hätte. Nach fast drei Stunden in der Produktionshalle, in der er einzelne Szenen mit und ohne Kamera vor- und nachgespielt hatte, fühlte er sich ziemlich fertig. Aber noch war der Tag nicht ganz vorbei. Die Filmfirma hatte Achim beauftragt, ihn und seine Managerin in einem nahen Restaurant zum Abendessen einzuladen. Danach würden sie zurück zum Studiogelände fahren, wo eine Übernachtungsmöglichkeit für ihn und Sara wartete. Die Formulierung ‚Übernachtungsmöglichkeit‘ hatte ihn ein wenig stutzig gemacht, doch auf seine Frage hin hatte Achim nur lächelnd gemeint, er solle es abwarten und es würde ihm bestimmt gefallen. Ray fragte sich, ob er in einer Filmkulisse eines berühmten Films, der in diesen Studios gedreht worden war, übernachten sollte. Nun, die Vorstellung fand er eigentlich ganz interessant. Sara kam mit Achim aus der Halle, und zusammen mit Ray fuhren sie in Achims Golf zu einem kleinen aber feinen Restaurant in der Nähe des Studiogeländes. Achim erzählte ihnen, dass in diesem Restaurant schon viele Filmstars gegessen hatten, die für Sunshine Productions in Filmen gespielt hatten, und tatsächlich hing an den Wänden des Restaurants eine beachtliche Anzahl von Fotos dieser Stars mit ihren Autogrammen darauf. Ray war beeindruckt. Das Restaurant war sehr gemütlich und außerdem noch mit Trennwänden versehen, so dass man ungestört und geschützt vor neugierigen Blicken der anderen Gäste essen konnte. Überall im Raum verteilt standen Requisiten der Filmgeschichte, und Achim erklärte, dass das Ehepaar, welches das Restaurant führte, in vielen Filmen als Statisten mitgewirkt hatte, bis sie beschlossen, zu heiraten und das Restaurant zu eröffnen. Im Laufe der Jahre hatten sie einiges an alten Requisiten von den Studios gekauft oder auch geschenkt bekommen und damit ihr Restaurant ausgeschmückt. Während sie dort zu Abend aßen, erfuhr Ray auch, wie es am nächsten Tag weitergehen würde. Achim und einige andere Leute vom Film würden sich die Szenen von Ray, die gefilmt worden waren, heute Abend noch ansehen, um seine schauspielerischen Fähigkeiten und seine Wirkung auf der Leinwand zu beurteilen. Am nächsten Morgen würden eventuell noch mal ein paar Szenen gedreht werden. Wenn alles glatt ging, konnten Ray und Sara zur Mittagszeit nach Hause fahren. Es dauerte nicht lange, bis sie das Restaurant wieder verließen. Ray war erschöpft, und obwohl er sich nichts anmerken ließ, bemerkte Achim es sehr wohl, denn er hatte genügend Zeit mit Schauspielern verbracht, um durch ihre Masken hindurch sehen zu können. Als sie aufstanden und das Restaurant verließen, glaubte Ray, fremde Blicke auf sich zu fühlen. Er drehte sich um und begegnete dem neugierigen Blick eines kleinen dicken Mannes mit Glatze, der zusammen mit einer ebenfalls recht rundlichen Frau an einem der anderen Tische saß. Der Blick des Mannes schweifte weiter zu Rays Begleitern, doch als die Frau ihn ansprach, wandte er seine Aufmerksamkeit sofort wieder ihr zu. Für einen Moment dachte Ray, dass ihn jemand erkannt hatte, aber der Mann sah nicht wieder in seine Richtung, und Ray folgte Achim und Sara nach draußen. Zurück auf dem Studiogelände zeigte Achim seinen beiden Begleitern, was er mit ‚Übernachtungsmöglichkeit‘ gemeint hatte. Ray hatte nicht Recht mit seiner Vermutung, sie würden in einer Filmkulisse übernachten. Die Wirklichkeit war sehr viel besser. Ray stand etwas fassungslos vor einem wahren Monstrum auf Rädern, das Achim als ‚Wohnmobil der Stars während eines Drehs in der Wildnis‘ bezeichnete. Dieses Wohnmobil war weit größer als jeder Campingwagen, den Ray je gesehen hatte, und mit absoluter Sicherheit luxuriöser ausgestattet. Kein gewöhnliches Auto konnte diesen Anhänger ziehen, ein Truck musste dafür her. Im Inneren befand sich eine richtige Wohnung mit einem komplett mit Fernseher ausgestattetem Wohnzimmer, einem großen Badezimmer und einem bequemen Schlafzimmer mit King Size-Bett. Und auf dem Studiogelände befand sich nicht nur einer dieser Luxuswohnwagen, sondern zwei. Achim erklärte, dass die Filmgesellschaft diese Wohnmobile ihren Filmstars zur Verfügung stellte, falls in einer Gegend gedreht werden musste, wo es kein angemessenes Hotel gab, in dem die Stars hätten übernachten können. Da diese beiden Wohnmobile zurzeit nicht gebraucht wurden, würden Sara und Ray heute Nacht in ihnen schlafen. Achim zeigte ihnen noch, wie alles funktionierte, und verabschiedete sich mit dem Hinweis, dass er sie Morgen um acht Uhr abholen würde, damit sie gemeinsam Frühstücken konnten. *** Während Ray am nächsten Morgen noch weitere Probeaufnahmen in einem der Studios der Sunshine Productions drehte, ging man in Star City ganz anderen Beschäftigungen nach, doch das sollte nicht heißen, dass diese nichts mit Ray zu tun hatten. Im Firmengebäude von Motor Wheels hatte der Untersuchungsausschuss, der nach Rays Weigerung, den Werbevertrag mit Motor Wheels zu unterschreiben, ins Leben gerufen worden war, eine Besprechung. Direktor Hill saß dieser Besprechung persönlich vor. Mit neutralem Gesichtsausdruck hörte er den Berichten seiner Mitarbeiter zu. Nichts schien die Ruhe und Höflichkeit dieses Mannes erschüttern zu können, während die Emotionen seiner Leute durchaus bei einigen der von ihnen vorgetragenen Ergebnisse ihrer Untersuchungen Wellen schlugen. Gerade beendete Herr Müller mit merklicher Verärgerung seinen Bericht: „Ich muss nach den von mir überprüften Unterlagen zu dem Schluss kommen, dass in den letzten zwei Jahren alle größeren und wie ich betonen möchte auch erfolgreichen Werbestrategien und –kampagnen von Bryan Kuznetsov erdacht und umgesetzt wurden. Herr Sergenson hat lediglich ganz am Schluss die Arbeiten von Herrn Kuznetsov mit seiner Unterschrift abgesegnet. Doch es ergaben sich keine Anzeichen dafür, dass er an den Werbeideen mitgearbeitet oder wenigstens die Umsetzungen kontrolliert hat.“ „Aber Herr Sergenson war doch sicher mit eingebunden, es ist immerhin die Arbeit seiner Abteilung“, wandte Herr Lebemann ein. „Als Abteilungsleiter hat er doch sicherlich an den Abstimmungen mit den anderen Abteilungen oder doch zumindest an den Besprechungen innerhalb seiner eigenen Abteilung teilgenommen.“ Das Gesicht von Herrn Müller verfinsterte sich noch eine Spur mehr, und er erwiderte: „Nein, nicht mehr seit mindestens einem Jahr. Ich habe mit den Leitern der anderen Abteilungen persönlich gesprochen, und diese sagten mir, dass die Gespräche seit einigen Monaten nur noch mit Herrn Kuznetsov geführt werden. Auch die Mitarbeiter der Werbeabteilung teilten mir mit, dass Herr Kuznetsov ihre internen Besprechungen führt. Herr Sergenson ist höchstens noch in seinem Büro anzutreffen, aber dies nach Aussage einiger Abteilungsleiter meistens auch nur, wenn man vorher einen Termin mit ihm vereinbart hat. Man kann ihn jedoch immer auf Promotion-Parties antreffen oder bei sonstigen speziellen Anlässen. Herr Sergenson scheint – bitte verzeihen Sie mir diesen Ausdruck, Herr Lebemann – ein rechter Lebemann geworden zu sein, der sich nur für die schönen Seiten seines Berufs interessiert.“ Herr Hill wartete mit einem geduldigen Lächeln den kleinen Ausbruch von Heiterkeit unter seinen Leuten ab, der darauf beruhte, dass Herr Lebemann, der geradezu ein Workaholic war, ausgerechnet einen solchen Namen führte, mit dem man für gewöhnlich Männer bezeichnete, die lieber die schönen Seiten des Lebens genossen, anstatt sich harter Arbeit zu widmen. Herr Lebemann selbst ging mit einem Grinsen über die Benutzung des Wortes hinweg. Für seinen Namen konnte man schließlich nichts, und ein Lebemann musste ja keine schlechte Person sein. In Bezug auf Sergenson war der Ausdruck jedoch eher negativ gedacht, und die anwesenden Herren waren sich dessen bewusst. „Dann obliegt die Leitung der Werbeabteilung schon seit mindestens einem Jahr Herrn Kuznetsov?“, fragte Herr Schimanski. „Ja, so ist es“, bestätigte Herr Müller grimmig. „Ich habe mit Leuten aus mehreren Abteilungen gesprochen, die mit der Werbeabteilung zusammen arbeiten, und natürlich habe ich alle Mitarbeiter der Werbeabteilung befragt. Nicht alle Leute in der Werbeabteilung wollten zugeben, dass sie ihre Anweisungen nur noch von Herrn Kuznetsov bekommen, aber die Aussagen einiger anderer waren dafür um so klarer. Herr Kuznetsov leitet die Abteilung als Stellvertreter von Herrn Sergenson, und das nicht nur für ein paar Tage, sondern bereits seit einem Jahr. Dies ergibt sich auch aus der Aktenlage. Fast alle Dokumente tragen Herrn Kuznetsovs Unterschrift. Die Unterschrift von Herrn Sergenson sieht man nur noch dort, wo sie absolut nötig ist.“ „Ich habe in den Personalakten gesehen, dass Herr Kuznetsov noch recht jung ist“, meldete sich Herr Lebemann erneut zu Wort. „Wie kann ein so junger Mitarbeiter so schnell aufsteigen? Er ist erst seit einigen wenigen Jahren bei unserer Firma beschäftigt, aber er ist jetzt schon stellvertretender Leiter der Werbeabteilung.“ „Wie Sie in seiner Personalakte sicherlich auch gesehen haben, ist Herr Kuznetsov ein sehr begabter Werbefachmann mit brillanten Ideen. Er hat in den Jahren, die er für Motor Wheels bereits arbeitet, einige der erfolgreichsten Werbeaktionen geschaffen.“ Herr Müller holte tief Luft, bevor er weitersprach. Die folgenden Worte waren wie eine Anklage und würden mit Sicherheit mindestens einer Person, die für Motor Wheels arbeitete, ganz und gar nicht gut bekommen. „Wie aus den Akten unserer Firma ersichtlich ist, befand sich die Werbeabteilung in einer Kreativitätskrise, als Herr Kuznetsov eingestellt wurde. Es wurden dringend neue Ideen für die Werbung benötigt, und Herr Kuznetsov lieferte diese Ideen, obwohl er gerade erst seine Ausbildung abgeschlossen hatte und somit noch ein Neuling war. Ich gehe davon aus, dass Herr Sergenson das Talent von Herrn Kuznetsov erkannte und für sich nutzen wollte. Er bevorzugte ihn also vor seinen anderen Mitarbeitern und machte ihn schließlich sogar zum stellvertretenden Leiter seiner Abteilung, was auch die Abneigung gegen Herrn Kuznetsov erklärt, die ich bei meinen Gesprächen bei ein paar wenigen Mitarbeitern festgestellt habe. Herr Kuznetsov leistete auch in dieser neuen Position exzellente Arbeit, dies soll nicht verschwiegen werden. Tatsächlich war seine Arbeitsleistung so gut, dass Herr Sergenson ihm praktisch alle Arbeiten, die vorher er selbst gemacht hatte, geben konnte, ohne dass die Leistung der Abteilung darunter gelitten hätte. Und das tat Herr Sergenson auch. Er überließ Herrn Kuznetsov die ganze Arbeit, und er selbst tat nichts mehr außer sich zu amüsieren, in dem er auf den von unserer Firma organisierten Parties zu Eröffnungen von Geschäften oder der Vorstellung neuer Produkte ins Rampenlicht trat und den Lohn für die Arbeit seiner Abteilung einheimste, ohne selbst etwas getan zu haben.“ Seinen Worten folgte die erwartete Reaktion. Einige Leute machten ihrer Verärgerung über Sergenson Luft, andere diskutierten über den Aufstieg von Kuznetsov und was man nun tun sollte. Kommentare schwirrten wild durch die Luft. Herr Hill wartete einige Minuten, dann klatschte er mehrmals in die Hände und rief: „Ich bitte um Ruhe! Wenn alle durcheinander reden, kommen wir nicht weiter!“ Herr Hill besaß den Respekt seiner Leute, und niemand wagte es, seine Worte zu ignorieren. Daher herrschte in wenigen Sekunden bereits wieder Ordnung im Raum. Herr Hill ergriff in der Stille erneut das Wort: „Hat Herr Sergenson sich zu all dem schon einmal geäußert?“ Herr Sommer, ein kleiner dicker Mann mit Glatze, antwortete ihm: „Ich habe mit Herrn Sergenson gesprochen. Auch mir ist aufgefallen, was Herr Müller soeben ausführte, und ich habe Herrn Sergenson darauf angesprochen. Leider muss ich sagen, dass ich ihn nicht sehr kooperativ fand. Herr Sergenson sagte mir, er habe an allen Projekten seiner Abteilung mitgearbeitet und dass vieles davon sogar seine Idee gewesen sei. Mit seinen Worten im Widerspruch stehen jedoch die Aussagen aus seiner Abteilung. Die Ideen, die er in unserem Gespräch als seine eigenen ausgegeben hat, konnte ich zu ihren eigentlichen Entwicklern zurückverfolgen. Nicht eine Einzige davon stammt von ihm. Auf meine Frage, warum er in den Akten nirgends mitgezeichnet hat, meinte er nur, das wäre nicht nötig gewesen, da er ja der Leiter der Werbeabteilung sei und man seine Mitarbeit daher voraussetzen könnte. Aber auch hier fallen die Aussagen seiner Mitarbeiter anders aus. Ihnen zufolge haben sie immer nur mit Herrn Kuznetsov zusammen gearbeitet, wenn die Anwesenheit des Abteilungsleiters erforderlich gewesen wäre. Frau Schmidt, die Sekretärin von Herrn Sergenson, war in ihrer Aussage übrigens besonders deutlich. Sie sagte aus, dass Herr Sergenson kaum noch in seinem Büro anzutreffen ist und sie ihm alles telefonisch durchgibt. Unterlagen zur Bearbeitung brachte sie immer zu Herrn Kuznetsov, der sie dann bearbeitete. Frau Schmidt arbeitet so viel mit Herrn Kuznetsov zusammen, dass ihr Büro sein Vorzimmer ist! Das Büro von Herrn Sergenson betritt sie so gut wie nie, auch deshalb, weil Herr Sergenson nur selten da ist.“ Herr Wolf, der ein etwas ungeduldiger aber sachlicher Mensch war, ergriff nach Herrn Sommer das Wort: „Ich gestatte mir einmal, die bisherigen Ergebnisse zusammen zu fassen. Herr Sergenson, obwohl Leiter unserer Werbeabteilung, tut schon seit mindestens einem Jahr seine Arbeit nicht mehr, es sei denn, sie ist ihm angenehm. Stattdessen überlässt er seine Arbeit Herrn Kuznetsov, der in dieser Position zwar sehr gute Arbeit leistet, aber durch eine gegen betriebliche Regelungen verstoßende Praxis, nämlich die Bevorzugung durch einen Vorgesetzten, in diese Position gekommen ist. Nun, das ist eine delikate Situation, die ohne Zweifel Konsequenzen nach sich ziehen wird. Wir können über eine solche Arbeitspraxis nicht hinweg sehen, sonst haben wir bald überall in der Firma eine solch schlechte Arbeitsmoral wie die von Herrn Sergenson. Und auch über den Aufstieg von Herrn Kuznetsov wird nochmals entschieden werden müssen, denn so etwas löst natürlich Unmut bei den anderen Mitarbeitern unserer Firma aus. Aber ich fürchte, wir haben bisher noch nicht über einen anderen Punkt gesprochen, obwohl dieser Untersuchungsausschuss extra dafür gegründet wurde. Ich darf Sie alle an den Werbevertrag mit Herrn Raymond Kon erinnern, der kurz vor seinem Abschluss geplatzt ist. Darf ich fragen, welche Ergebnisse darüber vorliegen? Was waren die Gründe, dass ein Vertrag, der kurz vor seinem Abschluss stand, wo nur noch eine Unterschrift fehlte, dann doch nicht zustande kam?“ „Nun, da wäre diese Sache zwischen Herrn Kon und Herrn Kuznetsov gewesen“, begann Herr Lebemann ein wenig unsicher. „Nach den Medienberichten sind die beiden seit einem Vorkommnis beim Beybladen Feinde.“ „Das ist längst Vergangenheit“, unterbrach Herr Schimanski ihn. „Hat jemand von Ihnen das Interview mit Herrn Kon in der neuesten Ausgabe des Starlight-Magazins gelesen? Meine Frau ist ein Fan von Herrn Kon und hat dafür gesorgt, dass ich alles darüber erfahre. Und ich war äußerst überrascht, als ich gesehen habe, dass auf zwei der Fotos unser Herr Kuznetsov ebenfalls zu sehen ist. Nach dem Interview zu urteilen, sind die beiden Freunde!“ Ein überraschtes Murmeln erhob sich kurzfristig zwischen den Männern, nur Herr Hill bemerkte lediglich: „Ich habe das Interview ebenfalls gelesen, und ich glaube daher nicht, dass Herr Kuznetsov die Schuld an den Ereignissen trägt.“ „Aber vielleicht sollte ihn mal jemand fragen, ob er weiß, was die Ursache dafür war, dass Herr Kon sich im letzten Moment geweigert hat, den Vertrag abzuschließen“, schlug Herr Wolf vor. „Ich denke nicht, dass das viel nützt“, wandte Herr Sommer ein. „Frau Schmidt erzählte mir, dass Herr Kon mit Herrn Sergenson in dessen Büro war, um den Vertrag zu unterschreiben. Sie selbst und Herr Kuznetsov waren nicht anwesend, als Herr Kon den Vertrag platzen ließ. Nur Herr Kon und Herr Sergenson wissen, was in diesem Raum geschah. Und Herr Sergenson zeigt sich nicht besonders kooperativ, wie ich bereits sagte.“ „Ich denke, ich sollte vielleicht trotzdem mit Herrn Kuznetsov reden“, meinte Herr Hill und presste in einer nachdenklichen Geste die Fingerspitzen seiner Hände gegeneinander. „Er wurde bisher noch nicht gehört, doch das Recht, seine Sicht der Dinge darzustellen, muss ihm auf jeden Fall gewährt werden. Man könnte sich auch noch mal an Herrn Kon wenden. Die Chefetage ist nach wie vor an ihm als Werbeträger interessiert.“ Herr Sommer rutschte ein wenig unbehaglich hin und her, bevor er erneut das Wort ergriff: „Es könnte durchaus sein, dass die Popularität von Herrn Kon in naher Zukunft noch deutlich steigen wird. Ich sah ihn gestern Abend in dem kleinen Restaurant nahe der Filmstudios, und er befand sich in Begleitung von Herrn Mirell. Vielleicht hat dies nichts zu sagen, aber wenn man bedenkt, wer diese beiden sind, könnte ihr Zusammentreffen auch alles andere als ein unbedeutender Zufall sein.“ Verständnislose Blicke wurden gewechselt, und Herr Wolf sprach aus, was alle Anwesenden dachten: „Ich kann Ihnen nicht ganz folgen. Wer ist denn dieser Herr Mirell?“ „Joachim Mirell ist ein Regisseur der Sunshine Productions-Filmstudios, der einige sehr bekannte Filme gedreht hat. Meine Frau und ich hatten einmal das Vergnügen, ihn auf einer Filmpremiere persönlich kennen zu lernen“, erklärte Herr Sommer. Einen Moment lang herrschte Stille, als die Anwesenden überlegten, was ein Treffen zwischen dem berühmten Modell Raymond Kon und dem Filmregisseur Joachim Mirell bedeuten konnte. Dann brach Tumult aus, und sogar Herr Hill reagierte diesmal überrascht. *** Ray streckte sich genüsslich, als er seine Suite im Hotel „Vier Jahreszeiten“ wieder betrat. Endlich zu Hause. Der Vormittag in den Filmstudios war recht anstrengend gewesen, aber Ray hatte das befriedigende Gefühl, dass er sein Bestes gegeben hatte. Ob sein schauspielerisches Talent überzeugen konnte, würde ihm der Regisseur noch mitteilen. Aber Achim hatte ganz zufrieden gewirkt, als er ihn und Sara verabschiedet hatte. ‚Vielleicht war er auch einfach nur froh, mich endlich los zu sein’, dachte Ray und musste gleich darauf über seinen eigenen Pessimismus lächeln. Sein Magen knurrte und erinnerte ihn so daran, dass er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Doch bevor er beim Zimmerservice etwas bestellte, rief er bei Bryan an, um ihm mitzuteilen, dass er wieder in der Stadt war. *** Einige Zeit später und in einem anderen Teil der Stadt legte Bryan den Hörer wieder aufs Telefon, nachdem er sich ausführlich mit Ray unterhalten hatte. Sein Freund war also wieder in der Stadt, und da er keine Aufträge von Sara bekommen hatte, konnten sie wieder Zeit miteinander verbringen. Der Gedanke daran zauberte ein breites Grinsen auf Bryans Gesicht. Er wollte gerade nach seinen Autoschlüsseln greifen, als das Telefon erneut klingelte. Normalerweise hätte Bryan es klingeln lassen, bis der Anrufbeantworter sich eingeschaltet hätte, doch diese Vorsichtsmaßnahme gegen unerwünschte Anrufe war nicht mehr nötig, seit der Artikel über Ray im Starlight-Magazin erschienen war. Daher hob er ohne Zögern ab. „Hallo, hier ist Kuznetsov.“ „Guten Tag, Herr Kuznetsov. Hier spricht Hill.“ Das Grinsen auf Bryans Gesicht verschwand schlagartig, als ihn die Realität seiner eigenen Situation wieder einholte. ------------------------ wird fortgesetzt… Kapitel 7: Eine neue Chance --------------------------- Titel: Greif nach den Sternen Kapitel: 7/? Autor: Cat in the web Fandom (Anime/Manga): Beyblade Pairing: Bryan + Ray Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Herzlichen Dank für die Kommentare (und wieder einmal für die Geduld) an: Robino, Hoshisaki und Lady_Genevieve! -------------------------------------------------- Greif nach den Sternen von Cat in the web Kapitel 7: Eine neue Chance Bryan parkte seinen Wagen auf dem Firmenparkplatz von Motor Wheels und stieg aus. Einen Moment blieb er neben seinem Wagen stehen und betrachtete das Gebäude mit einem unruhigen Gefühl im Magen. Gestern Nachmittag hatte Direktor Hill ihn angerufen und für den heutigen Tag zu einem Gespräch hierher bestellt. Der Untersuchungsausschuss der Firma hatte inzwischen Ergebnisse geliefert, die Hill mit Bryan besprechen wollte. Die Nachricht löste eine Welle von widersprüchlichen Gefühlen in Bryan aus. Auf der einen Seite war er froh, dass endlich ein Ergebnis vorlag und das Warten ein Ende hatte. Seine Zwangsbeurlaubung von seiner Arbeit war eine harte Maßnahme gewesen, die sowohl ihm als auch seinen Kollegen deutlich gemacht hatte, wie ernst die Situation war. Und genau darin lag auch das Problem. Die Ungewissheit würde zwar in Kürze vorbei sein, aber wie würde das Ergebnis aussehen? Würde man Bryan die Schuld an dem geplatzten Werbevertrag geben? Würde er vielleicht sogar seinen Job verlieren? Die Aussicht, plötzlich arbeitslos zu sein, weckte in Bryan ein Gefühl, das fast schon an Panik grenzte. Wer wusste schon, wie seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt aussahen? Er hatte zwar immer gute Arbeit bei Motor Wheels geleistet, aber dadurch würde eine plötzliche Kündigung nur suspekt erscheinen. Neue potenzielle Arbeitgeber würden sich fragen, was da passiert war, und dann vermutlich lieber andere Bewerber für eine freie Stelle bevorzugen. Bryan schüttelte den Kopf, als ob er die pessimistischen Gedanken so vertreiben wollte, und setzte sich in Bewegung. Herr Hill hatte nichts von einer Kündigung verlauten lassen. Solche Gedanken waren reine Spekulation. Um sich ein wenig abzulenken, dachte Bryan an den gestrigen Abend zurück. Er hatte Ray besucht, und sie waren zusammen Essen gegangen. Doch durch den Anruf von Herrn Hill war Bryan abgelenkt gewesen. Ray hatte gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Auf seine Frage hin hatte Bryan ihm erzählt, dass er am nächsten Tag ein Gespräch mit Herrn Hill haben würde. Bryan bereute seine Worte nun. Ray hatte so besorgt ausgesehen. Er hatte sogar angeboten, ihn zu begleiten. Bryan hatte sein Bestes gegeben, Ray zu beruhigen und ihm zu versichern, dass es keine große Sache war. Um ihn abzulenken, hatte er nach den Probeaufnahmen gefragt. Diese Taktik hatte funktioniert, und zwar für sie beide. Ray erzählte ihm alles darüber, und sowohl er als auch Bryan vergaßen für den Rest des Abends die Sache mit Motor Wheels und Herrn Hill einfach. Es war noch ein schöner Abend geworden, und allein der Gedanke daran hellte Bryans Stimmung erheblich auf. Mit wesentlich leichteren Schritten als noch zuvor auf dem Parkplatz betrat er das Gebäude von Motor Wheels und fuhr mit dem Fahrstuhl hinauf zu dem Konferenzraum, in dem Herr Hill mit ihm sprechen wollte. Als er aus dem Fahrstuhl trat und den Flur entlang ging, nickten ihm die Angestellten, denen er begegnete, kurz zu. Manche lächelten ihn sogar an, wenn auch sehr zurückhaltend. Die Gerüchteküche von Motor Wheels brodelte, seit der Werbevertrag geplatzt und der Untersuchungsausschuss ins Leben gerufen worden war, und Bryan hatte keine Zweifel, dass sein Erscheinen dem Klatsch neue Nahrung geben würde. Er fühlte die neugierigen Blicke in seinem Rücken, aber er ließ sich nichts anmerken, sondern hielt sich gerade und ging mit ruhigen Schritten und neutralem Gesichtsaudruck zum Konferenzraum. Auf sein Klopfen hin hörte er die Stimme von Direktor Hill, die ihn herein bat, und er trat ein. Herr Hill saß am Kopfende der hufeisenförmig angeordneten Tische und bedeutete Bryan mit einer Handbewegung, auf dem Stuhl ihm gegenüber Platz zu nehmen. „Guten Tag, Herr Kuznetsov. Es freut mich, dass Sie so kurzfristig kommen konnten.“ „Guten Tag, Herr Hill. Das ist gar kein Problem.“ Bryan setzte sich und beschloss, sofort auf den Punkt zu kommen und den Grund des Gesprächs anzusprechen. Es lag ihm nicht, lange um Probleme herumzureden. „Ich bin sehr an einer Klärung dieser Angelegenheit interessiert.“ Für den Anfang war das genug gesagt. Bryan wollte klare Worte hören, doch er wusste auch, dass er Direktor Hill die Führung ihres Gesprächs überlassen musste, denn dieser stand in der Firmenhierarchie weit über ihm. Es würde keinen guten Eindruck machen, wenn er einen Vorgesetzten bevormundete. Das professionelle Lächeln von Herrn Hill schien eine Spur breiter und etwas ehrlicher zu werden. „Sie haben ganz Recht, wir kommen am Besten gleich zur Sache. Ich hatte gestern eine Besprechung mit dem Untersuchungsausschuss. Die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungen wurden besprochen. Ich muss sagen, es war sehr informativ.“ Herr Hill machte einer Pause und griff wie beiläufig nach den Ordnern, die vor ihm auf dem Tisch lagen. Er blätterte darin herum und ordnete sie neu auf dem Tisch, als suche er nach etwas, aber tatsächlich galt seine Aufmerksamkeit nur Bryan. Dieses Spiel dauerte etwa eine Minute, lange genug, um Bryan wie eine Ewigkeit zu erscheinen und nachzufragen, was Herr Hill denn erfahren hatte. Doch Bryan nahm den Köder nicht an, sondern saß ruhig auf seinem Stuhl in gerader, aufmerksamer Haltung, die Augen auf Herrn Hill gerichtet, der Gesichtsausdruck höflich, aber auch etwas distanziert. Nichts an ihm verriet die Nervosität, die er ohne Zweifel spürte. Herr Hill hätte dem jungen Mann fast applaudiert, aber stattdessen tat er so, als hätte er gefunden, wonach er suchte. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und nahm das Gespräch wieder auf. „Die Untersuchung umfasste zuerst nur die Umstände des geplatzten Werbevertrages mit Herrn Kon, wurde später aber ausgeweitet auf die Tätigkeiten der Werbeabteilung in den vergangenen Monaten. Ich muss sagen, ich bin sehr zufrieden mit der Leistung Ihrer Abteilung. Besonders einige Ihrer Ideen haben mich beeindruckt.“ Herr Hill warf einen beiläufigen Blick auf den Ordner, der den Bericht über Bryan enthielt, dann stellte er erneut Blickkontakt mit seinem Gegenüber her. „Ich bin zwar durch den Untersuchungsausschuss umfassend informiert worden, aber ich möchte es gerne aus Ihrem eigenen Mund hören, Herr Kuznetsov. Seit wann leiten Sie die Werbeabteilung praktisch selbstständig, ohne dass Herr Sergenson die Arbeit übersieht?“ Bryans Gedanken überschlugen sich fast, so schnell versuchte sein Verstand, die verschiedenen Möglichkeiten, die er hatte, zu analysieren. Er wusste nicht, was für Ergebnisse Hill vorgelegt worden waren, aber die Wahrheit war ohnehin seine einzig sinnvolle Option. Mit allem anderen würde er nur Sergensons Position stützen und sich selbst schaden. „Seit einigen Monaten, Herr Hill. Herr Sergenson erhält regelmäßig Berichte und unterzeichnet die Dokumente, die seine Unterschrift benötigen.“ „Und sonst tut er nicht viel mehr, dessen bin ich sicher“, kommentierte Hill. Bryan erwiderte nichts darauf, sondern wartete ab. Das Hill über Sergenson offenbar Bescheid wusste, war gut für ihn, aber er wusste immer noch nicht, wo er selbst stand. Auch er hatte keine weiße Weste. Er wusste, dass Sergenson ihn bevorzugt behandelt hatte, und er musste davon ausgehen, dass dies auch dem Untersuchungsausschuss aufgefallen war. Die nächsten Worte von Direktor Hill bestätigten ihm dies. „Sie sind in sehr kurzer Zeit zum stellvertretenden Leiter der Werbeabteilung aufgestiegen, Herr Kuznetsov. Ich bin sicher, dass Sie mir nicht widersprechen werden, wenn ich darauf hinweise, dass eine solch steile Karriere in so kurzer Zeit nur durch eine Begünstigung Ihrer Person durch einen hochrangigen Vorgesetzten möglich ist, in Ihrem Fall durch Herrn Sergenson. Wie auch immer, Ihre Leistungen in der Werbeabteilung sind herausragend, dies kann Ihnen niemand absprechen.“ Hill faltete seine Hände vor sich auf dem Tisch und sah Bryan ernst an. Diesmal zeigte sich kein Lächeln auf seinem Gesicht, und Bryan wusste, dass sie nun zum Kern ihrer Besprechung kamen. „Die Untersuchung hat unter anderem ergeben, dass das Handeln von Herrn Sergenson dazu führte, dass Herr Kon den Vertrag nicht unterschrieben hat. Ich gebe zu, dass mir die Details fehlen, da Herr Sergenson sich nicht zu den Geschehnissen in seinem Büro äußern will und ich Herrn Kon zu dem Vorfall nicht befragen möchte. Aber ich weiß genug, um meine eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen. Der Vorfall an sich wiegt schon schwer, aber zusammen mit der Arbeitsmoral der letzten Monate von Herrn Sergenson sind dienstliche Konsequenzen unausweichlich. Ich vertraue darauf, dass Sie nichts von dem, was ich Ihnen jetzt anvertraue, verlauten lassen werden, Herr Kuznetsov, bis die Firmenleitung offiziell ihre Mitteilung macht, aber da Sie direkt betroffen sind, müssen Sie es erfahren.“ Hill wartete einen Moment, bis ein zustimmendes Nicken von Bryan erfolgte, dann fuhr er fort: „Herr Sergenson wird diese Firma verlassen. Es wird wohl einen Handel mit ihm geben, damit er in den vorzeitigen Ruhestand gehen kann, oder etwas dergleichen, aber das überlasse ich der Personalabteilung. Wichtig ist nur, dass er nicht länger für Motor Wheels arbeiten wird. Was zu der Frage führt, wer seinen Posten als Leiter der Werbeabteilung übernehmen wird. Sie wären ein ausgezeichneter Kandidat für diesen Posten, wenn Sie nicht vor allem durch Bevorzugung in so kurzer Zeit so weit gekommen wären.“ Bryans Muskeln spannten sich an, obwohl er ruhig zu bleiben versuchte. Sergenson war fort, der Untersuchungsausschuss wusste über ihn Bescheid, und das war eine Erleichterung. Doch Bryans eigenes Schicksal war noch ungewiss, obwohl er zumindest nicht mehr mit seiner Kündigung rechnete. Er wusste, er konnte Sergensons Job machen, er machte ihn schon seit Monaten! Aber die Art seines Karriereaufstiegs konnte ihm beruflich das Genick brechen. Es war anzunehmen, dass er bald in einem kleinen Büro sitzen würde, zurückgestuft zum einfachen Angestellten mit entsprechendem Gehalt, den die Kollegen bemitleideten und heimlich auslachten. Der Gedanke, dem Spott der anderen ausgesetzt zu sein, beunruhigte Bryan weit mehr als der Gedanke, seine Karriere bei Motor Wheels nochmals von vorn beginnen zu müssen. „Andererseits kann Ihnen niemand Talent absprechen. Sie sind ein wertvoller Mitarbeiter für unsere Firma, und ich wünsche, dass Sie Ihr Talent in vollem Umfang entfalten können“, gestand Hill ein. „Daher habe ich nach eingehender Beratung mit dem Untersuchungsausschuss beschlossen, Ihnen eine Chance zu geben, dieser Firma zu beweisen, wie gut Sie tatsächlich sind.“ Bryans ganze Aufmerksamkeit war auf Hill gerichtet. Er wartete gespannt auf seine nächsten Worte, darauf, dass ihm Gelegenheit gegeben wurde, sich zu beweisen. Und er würde diese Herausforderung annehmen, so wie er auch als Beyblader jede Herausforderung angenommen hatte, und sein Bestes geben. Aber Hills nächste Worte überraschten ihn: „Wie gut kennen Sie eigentlich Herrn Kon, Herr Kuznetsov?“ „Wir sind miteinander befreundet“, antwortete Bryan. „Gut befreundet?“ „Ja, ich denke, dass ich das guten Gewissens sagen kann.“ Hill lächelte. „Das freut mich für Sie. Motor Wheels hat immer noch ein sehr großes Interesse an Herrn Kon als Werbeträger. Sogar noch mehr als vorher, denn wie mir zu Ohren gekommen ist, könnte Herr Kon in naher Zukunft ein Filmstar werden. Es gab ein entsprechendes Gerücht, und als ich nachgeforscht habe, stellte sich heraus, dass Herr Kon in den Filmstudios der Sunshine Production war. Wissen Sie etwas darüber?“ Bryan zögerte einen Moment lang. Ray hatte ihm viel erzählt, aber das war alles vertraulich. Konnte er einfach Hill erzählen, was Ray ihm als Freund erzählt hatte? Fast ein wenig widerwillig antwortete er: „Herr Kon deutete ein Interesse der Sunshine Production an seiner Person an.“ „Es ist mehr als nur ein Interesse, nicht wahr, Herr Kuznetsov?“, hakte Hill nach. Bryan zögerte noch eine Sekunde, dann gab er auf. Er hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber Ray, aber es ging hier immer noch um seinen Job. „Es liegen keine Verträge vor, aber es wurden Probeaufnahmen mit Herrn Kon gemacht. Eventuell könnte Herr Kon in naher Zukunft einen Vertrag mit Sunshine Production abschließen. Es steht jedoch noch nichts fest.“ „Es steht erst fest, wenn die Tinte unter dem Vertrag trocken ist“, stimmte Hill zu. „Aber bei Herrn Kon zweifle ich nicht daran, dass er einen Vertrag bekommen wird.“ „Ich denke das ebenfalls, aber einen Vertrag zu bekommen und einen Film zu drehen bedeutet noch nicht, dass er auch Erfolg in der Schauspielerei haben wird.“ Bryan widerstrebte es, Zweifel an Ray zu äußern, die er gar nicht hatte, doch seine berufliche Kompetenz verlangte von ihm, Hill darauf hinzuweisen. „Glauben Sie denn nicht, dass er Erfolg haben wird?“, kam dann auch prompt die Frage. „Ich bin davon überzeugt, dass er erfolgreich sein wird, aber ich muss auch zugeben, dass ich ein wenig voreingenommen bin“, gestand Bryan. „Dann sind wir das beide, denn auch ich zweifle nicht an seinem Erfolg“, sagte Hill, und ein breites Lächeln zeigte sich für einen Moment auf seinem Gesicht. Dann sagte er endlich die Worte, auf die Bryan gewartet hatte: „Aber ich sprach vorhin davon, Ihnen eine Chance zu geben, Herr Kuznetsov. Es ist eigentlich ganz einfach. Wenn Sie es schaffen, dass Herr Kon den Werbevertrag mit Motor Wheels doch noch unterschreibt, dann werden Sie zum Leiter der Werbeabteilung auf Probe ernannt. Ihre Probezeit in dieser Position beträgt zwei Jahre. Während dieser Zeit wird Ihre Arbeit genauestens beobachtet, aber wenn Sie weiterhin solch gute Arbeit wie bisher leisten, zweifle ich nicht daran, dass Sie nach Ablauf der Probezeit Leiter der Werbeabteilung bleiben werden. Sollte Ihre Arbeit wider Erwarten nicht überzeugen können, wird jemand anderes zum Abteilungsleiter ernannt, Sie bleiben aber weiterhin Angestellter von Motor Wheels. Aber wie bereits gesagt, dies hängt davon ab, ob Sie es schaffen, den Vertrag mit Herrn Kon abzuschließen. Die Konditionen des Vertrages dürfen übrigens durchaus neu verhandelt werden, falls dies nötig sein sollte. Die Unterlagen befinden sich bereits auf Ihrem Schreibtisch in Ihrem Büro. Ich hoffe, dieser Vorschlag ist akzeptabel, Herr Kuznetsov?“ „Das ist er, Herr Hill.“ Bryans Gesicht war eine Maske, die seine Emotionen perfekt kaschierte, doch seine Stimme klang ein wenig benommen. Er fühlte sich etwas überrannt von den Geschehnissen der letzten Stunde, aber er bemühte sich darum, sich nichts anmerken zu lassen und völlig in Kontrolle der Ereignisse zu erscheinen. Wie in Trance verabschiedete er sich von Direktor Hill und ging zu seinem Büro. Als er die Tür zum Vorzimmer seines Büros öffnete, saß Frau Schmidt hinter ihrem Schreibtisch und begrüßte ihn mit einem fröhlichen Lachen. Es war alles wie es vorher gewesen war, sogar noch besser, und das beruhigte Bryans Nerven ungemein. *** Ray war unruhig. Wie ein in einen zu kleinen Käfig gesperrtes Raubtier schritt er in seiner Suite auf und ab, durchwanderte die einzelnen Räume, um schließlich vor dem Telefon zum Stehen zu kommen und es prüfend anzustarren, weil es die ganze Zeit nicht klingelte. Nach einiger Zeit nahm er seine Wanderung wieder auf, nur um irgendwann erneut vor dem Telefon zu pausieren. Es war zum verrückt werden. Er hatte sogar schon zwei oder drei Mal überprüft, ob sein Telefon auch funktionierte. Es funktionierte einwandfrei. Es rief ihn nur niemand an. Ray wünschte zwei Anrufe sehnlich herbei. Zum einen den seiner Managerin, die ihm sagen sollte, was die Sunshine Production bezüglich der Rollenbesetzung für ihren neuen Film entschieden hatte. Nachdem Ray während der Probeaufnahmen einen Vorgeschmack auf die Arbeit an einem Filmset erhalten hatte, wollte er diese Erfahrung nur zu gerne ausbauen. Zum anderen wollte er wissen, wie das Gespräch zwischen Bryan und seinem Vorgesetzten verlaufen war, und er hoffte, dass Bryan ihn anrufen würde. Ray machte sich große Sorgen um seinen Freund. Wer wusste schon, was Motor Wheels entscheiden würde? Vielleicht glaubten die Bosse der Firma, sie hätten durch den geplatzten Werbevertrag an Ansehen verloren, immerhin war die Sache sogar in den Nachrichten erwähnt worden. Bryan war ein junger Angestellter, ihn als Sündenbock zu opfern, um einen möglichen Image-Schaden von der Firma abzuwenden, würde in den Augen seiner Bosse vielleicht Sinn machen. Fast bereute Ray, dass er den Vertrag abgelehnt hatte, doch er wusste, mit einem Mann wie Sergenson hätte er nicht arbeiten können. Ray ließ sich neben das Telefon auf die Couch sinken und rieb sich mit den Fingern über die Schläfen. Die Sache mit Bryan machte ihm weit mehr Sorgen als die Filmrolle. Wenn er die Rolle nicht bekam, würde kein Schaden für ihn daraus entstehen. Selbst wenn die Medien davon erfuhren, war er beliebt genug, dass es seine Karriere als Modell nicht negativ beeinflussen würde. Ein bisschen Spott von jenen, die ihm seinen Erfolg neideten, konnte er ertragen. Aber für Bryan stand weit mehr auf dem Spiel. Die Entscheidung der Bosse von Motor Wheels konnte das Aus für seine Karriere bei dieser Firma bedeuten, und dann würde er von vorn anfangen müssen mit einem Makel in seinem beruflichen Lebenslauf. Ray fragte sich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn er mit jemanden bei Motor Wheels gesprochen hätte, wenn er erklärt hätte, warum er den Werbevertrag abgelehnt hatte, und dass es nicht Bryans Schuld gewesen war. Wie hieß dieser Mann noch mal, den Bryan heute traf? Direktor Hill, wenn er sich richtig erinnerte. Aber Ray glaubte nicht, dass er wirklich jemand Fremden von Sergensons Übergriff erzählen konnte. Dazu war ihm das einfach zu unangenehm, und jetzt war es auch schon zu spät dazu. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als Bryans Anruf abzuwarten. Ray lehnte sich zurück, einen nachdenklichen Ausdruck auf dem Gesicht. Wenn es zum Schlimmsten kam, wenn Bryan wirklich seinen Job verlor, dann konnte er ihm doch einen geben. Viele Modells und Schauspieler hatten persönliche Assistenten, die ihnen all die kleinen Alltagsdinge abnahmen, ihre Termine koordinierten oder einfach nur ihre Wasserflasche hinter ihnen hertrugen. Ray verzog das Gesicht, als er sich seinen Freund dabei vorstellte, wie er ihm die Wasserflasche hinterher trug. Wenn er das von Bryan verlangte, würde dieser ihm den Flascheninhalt ohne Zweifel über den Kopf schütten. Der Gedanke brachte Ray zum Grinsen. Der russische Ex-Beyblade-Champion war viel zu stolz, um einen solchen Job anzunehmen, da war sich Ray sicher. Bryan war ein Kämpfer. Selbst wenn es zum Schlimmsten kam, würde er nicht aufgeben. Diese Erkenntnis munterte Ray auf. Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken. Wie der Blitz stand er neben dem Apparat und griff nach dem Hörer. „Hallo?“ „Hallo, Ray. Hier ist Sara“, hörte er die amüsiert klingende Stimme seiner Managerin. „Sag mir bloß nicht, du hast den ganzen Tag neben dem Telefon gehockt, so schnell wie du dich gemeldet hast.“ „Natürlich nicht“, antwortete Ray, was ja auch stimmte. Er war nur fast den ganzen Tag lang in seiner Suite auf und ab gewandert. Das brauchte Sara aber wirklich nicht zu wissen. „Gut. Jedenfalls habe ich tolle Neuigkeiten für dich. Du hast die Filmrolle bekommen.“ Saras Stimme hörte sich an, als stände sie kurz davor zu jubeln. Rays Herz tat es ganz bestimmt. Für einen Moment vergaß er die Sorge wegen Bryan, und er konnte nur fragen: „Ist das wahr?“ „Natürlich ist das wahr. Der Regisseur soll sich sehr zufrieden gezeigt haben über deine Leistungen bei den Probeaufnahmen, und nachdem was ich so über ihn gehört habe, kann man das als großes Kompliment werten. Der Vertrag soll mir in den nächsten Tagen zugehen. Der Drehtermin steht noch nicht ganz fest, aber Sunshine Production möchte wohl möglichst bald beginnen…“ Sara plapperte munter drauflos, ein sicheres Zeichen dafür, wie sehr sie sich freute. Ray hörte ihr allerdings schon nicht mehr zu. Freude und Aufregung ließen sein Herz schneller schlagen und füllten seine Ohren mit einem Rauschen, das fast schon wie Engelsgesang klang. Mit einem verträumten Ausdruck in den Augen und einem breiten Grinsen auf dem Gesicht starrte er das Telefon vor sich an, ohne es wirklich zu sehen. Erst Saras Stimme brachte ihn schließlich wieder zurück in die Realität: „Ray? Ray! Bist du noch dran?“ „Äh…ja, ich bin noch da, Sara.“ „Ich verstehe deine Freude, aber du solltest deiner Managerin schon zuhören.“ „Hast du was Wichtiges gesagt?“, fragte Ray ein wenig kleinlaut. „Nein, eigentlich nicht“, gestand Sara. „Ich habe ja den Vertrag noch nicht.“ Ray seufzte erleichtert. „Na, dann brauchst du dich wenigstens nicht wiederholen.“ „Stimmt auch wieder“, lachte Sara. „Und wir wissen ja beide, dass ich zum Plappern neige, wenn ich mich freue. Sobald der Vertrag da ist, rufe ich dich wieder an, dann kommst du zu mir ins Büro, und wir besprechen alles. Übrigens, ich habe zumindest schon erfahren, dass die meisten Filmszenen in den Filmstudios gedreht werden und nicht an irgendwelchen weit entfernten Orten. Da du einige Zeit in Star City verbringen wirst, solltest du dich nach einer Mietwohnung umsehen. Das Hotel ist schön, aber auf Dauer wird das ziemlich teuer.“ „Hältst du es für sinnvoll, wenn ich mir hier in Star City eine Wohnung kaufen würde?“, fragte Ray. „Ich weiß natürlich, dass ich in meinem Job viel Reisen muss, aber ich hätte gerne ein eigenes Zuhause, auch wenn ich manchmal wochenlang weg wäre.“ „Ich halte die Idee für gut. Du brauchst Stabilität in deinem Leben“, antwortete Sara, und sie klang nun fast schon mütterlich. „Außerdem habe ich mein Büro ja auch in Star City. Es war kein Zufall, dass ich dich hierher gerufen habe. Star City ist eine aufstrebende Wirtschaftsmetropole mit vielen Möglichkeiten. Hier eine Wohnung zu besitzen, ist praktischerweise auch eine Geldanlage. Kennst du übrigens den Star Tower? Er ist so gut wie fertig gestellt, die Wohnungen darin sollen verkauft werden. Er ist das Prestigeobjekt auf dem Immobilienmarkt hier.“ Ray erinnerte sich an den ersten Abend, den er mit Bryan verbracht hatte, und wie er am Aussichtspunkt am Meer den Star Tower gesehen hatte. „Ja, ich kenne das Gebäude.“ „Den solltest du dir mal ansehen“, schlug Sara vor. „Das werde ich. War es das, oder gibt es noch etwas Neues?“ „Nein, das war’s. Du wartest wohl noch auf einen Anruf, hm? Nicht zufällig von deinem Freund Bryan?“, fragte Sara in neckischem Ton. Mit der Erwähnung von Bryans Namen fielen Ray all die Sorgen wieder ein, die er sich um seinen Freund machte. „Nein, ich meine ja. Ja, ich hoffe, dass er noch anruft, aber das war nicht der Grund für meine Frage“, antwortete Ray, der sich plötzlich ein wenig durcheinander fühlte. Sara schien sein plötzliches Gefühlschaos nicht mitgekriegt zu haben. Sie redete munter weiter: „Ihr zwei seid so ein süßes Paar. Ich wünsch euch noch viel Spaß. Dann bis später, Ray.“ „Ja, bis später.“ Ein Klicken in der Leitung signalisierte das Ende des Gesprächs, und Ray legte den Hörer auf. Dann setzte er sich wieder auf die Couch, lehnte sich zurück und starrte an die Zimmerdecke. Sahen Bryan und er wirklich aus wie ein Paar? Sara hatte das wohl eher aus Spaß gesagt, aber wenn Ray so an die letzten Tage mit Bryan zurückdachte, fragte er sich, wie viel Wahres wohl darin lag. Er und Bryan hatten sich geküsst, mehr als einmal, und Ray hatten die Küsse sehr gut gefallen. Tatsächlich würde er Bryan gerne wieder küssen. Wie tief ging ihre Freundschaft eigentlich? Und war das noch Freundschaft, oder ging es nicht bereits ein wenig tiefer als das? Als Ray ein Teenager war, hatte er sich in seine Kindheitsfreundin Mariah verliebt, die im Beyblade-Team der White Tigers gewesen war. Später hatte er dann etwas ganz ähnliches für seinen Teamkameraden Kai empfunden. Seit dem wusste er, dass er bisexuell war. Nun, das war kein Problem für ihn. Bryan schien auch keine Probleme damit zu haben, ihn zu küssen, immerhin war der erste Kuss von ihm ausgegangen. Ray fühlte sich wohl, wenn Bryan bei ihm war. Er vermisste ihn, wenn er nicht da war. Er machte sich Sorgen um ihn. Und jetzt, wo er so darüber nachdachte, fand er ihn verdammt attraktiv. Emotionen waren so eine Sache. Man konnte sie nur fühlen, nicht greifen. Und manchmal schienen sie wild durcheinander zu wirbeln. Das machte eine Analyse schwierig. Ray erinnerte sich an einen Spruch seines Lehrers, dem Mentor der White Tigers: ‚Um deinen Gegner zu erkennen, musst du erst dich selbst erkennen.’ Damals hatte das für ihn und seine Freunde keinen Sinn gemacht, heute verstand er es besser, zumindest ein wenig. Sich selbst zu erkennen, zu wissen, was man wirklich fühlte, konnte sehr schwierig sein. Wenn man sich selbst nicht kannte, wie sollte man seinen Gegner einschätzen können? Wenn er seine eigenen Emotionen nicht richtig kannte, wie sollte er wissen, was er für Bryan empfand? Ray atmete tief ein und aus und versuchte, seine aufgewühlten Gefühle zu beruhigen. Er ließ seine Gedanken wandern, erinnerte sich an all die Stunden mit Bryan von ihrem ersten Treffen an. Sein Herz schlug schneller, als er sich ihre Küsse in Erinnerung rief. Der Kuss am Strand, der war am Schönsten gewesen. In Gedanken versunken, strich er sich mit den Fingerspitzen über seine Lippen. Dann lächelte er. Oh ja, es war definitiv mehr als nur Freundschaft, was er für Bryan empfand. Er war dabei, sich in seinen einstigen Gegner und jetzigen Freund zu verlieben, und er würde bestimmt nicht versuchen, dagegen anzukämpfen. Warum auch, immerhin schien Bryan seine Gefühle zu teilen. Ray streckte sich und seufzte wohlig. Er würde dieser ganzen Sache zwischen sich und Bryan Zeit lassen zu wachsen. Er würde ihre Beziehung zueinander pflegen und darauf hoffen, dass ihre Gefühle füreinander weiter wuchsen. Offen gesagt, hatte er keine Zweifel daran. Aber das änderte nichts daran, dass er immer noch nicht wusste, wie es Bryan jetzt ging und was Motor Wheels entschieden hatte. Ray warf einen nun wieder recht nervösen Blick auf seine Uhr. Dann griff er erneut zum Telefonhörer und wählte Bryans Privatnummer. Nach fünfmal Klingeln hörte er endlich ein Klicken in der Leitung, doch zu seiner Enttäuschung war es nicht Bryan, sondern sein Anrufbeantworter. Ray hinterließ eine kurze Nachricht mit der Bitte um Rückruf und legte wieder auf. Es sah ganz so aus, als wäre sein Warten noch lange nicht zu Ende. *** Als Bryan an diesem Tag nach Hause kam, war er sehr zufrieden. Es war ein anstrengender Tag im Büro gewesen. Viel Arbeit war liegengeblieben, während Sergenson und er beurlaubt gewesen waren. All dies lag nun auf Bryans Schreibtisch. Aber das störte Bryan nicht. Er hatte endlich seinen Job zurück und konnte seine kreative Energie in die Projekte der Werbeabteilung leiten. Selbst das Getuschel über ihn und Sergenson auf den Gängen und in den Büros von Motor Wheels hatte ihn nicht gestört. Tatsächlich empfand er sogar so etwas wie Genugtuung. Noch gab es keine offizielle Bekanntmachung der Firmenleitung, doch dass Bryan wieder in seinem Büro war, von Sergenson jedoch jede Spur fehlte, hatte dazu geführt, dass die Gerüchteküche brodelte. Bryan hatte zu allem geschwiegen. Er würde nicht den Fehler begehen, die Gerüchteküche anzuheizen, indem er den Inhalt eines vertraulichen Gespräches mit dem Firmendirektor den Kollegen bekannt gab. Herr Hill hatte offenbar eine hohe Meinung von ihm, und Bryan würde sein Ansehen nicht riskieren, nur um den Tratsch anzuheizen. Sein Anrufbeantworter signalisierte durch ein blinkendes Lämpchen, dass eine Nachricht für ihn vorlag. Ein wenig zögerlich drückte Bryan den Knopf zum Abspielen. Er hatte die Zeit der Schmähanrufe immer noch nicht ganz vergessen, als die Leute ihn für einen Feind von Ray hielten. Doch gleich darauf lächelte er erfreut, als Rays Stimme in der Stille seiner Wohnung ertönte. Es war die einzige Nachricht für ihn, und sobald die Aufzeichnung endete, hob Bryan den Hörer ab und wählte Rays Nummer. „Hallo?“, ertönte Rays Stimme aus dem Hörer. „Hallo, Ray. Hier ist Bryan.“ „Bryan! Alles in Ordnung bei dir?“ Rays Stimme klang plötzlich hektisch, was Bryan verwunderte. „Ja, natürlich. Warum sollte ich nicht in Ordnung sein?“ Doch dann begriff er: „Oh, du meinst wegen dem Gespräch mit Direktor Hill heute Morgen, nicht wahr? Keine Sorge, Ray, alles in Ordnung. Ich habe heute meine Arbeit für Motor Wheels wieder aufgenommen.“ „Das ist gut. Ich hatte mir wirklich Sorgen gemacht“, sagte Ray mit einem erleichterten Seufzen, und Bryan fühlte, wie Wärme sein Herz durchströmte. Sein Problem musste Ray wirklich nahe gegangen sein, und irgendwie war Bryan gerührt. „Und was ist mit Sergenson?“, hörte er Ray fragen. „Sergenson wird die Firma verlassen, vermutlich schickt man ihn in den vorzeitigen Ruhestand. Diese Information ist aber noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.“ Bryan hielt es für wichtig, darauf hinzuweisen, obwohl er Ray gewiss nicht für eine Plaudertasche hielt. „Keine Sorge, ich verrate nichts“, erwiderte dieser leicht amüsiert über den Hinweis. Als prominentes Modell wusste Ray um den Wert persönlicher Informationen. „Ich habe übrigens auch Neuigkeiten, die noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Ich habe die Rolle in dem Film bekommen.“ „Tatsächlich? Ich gratuliere dir.“ Bryan war ehrlich erfreut. Er hatte es sich schon gedacht. Er hätte sogar Geld darauf gewettet, aber es jetzt zu hören, war noch viel besser. „Danke. Wie wäre es, wenn wir uns morgen zum Essen treffen? Ich lade dich ein.“ „Das ist eine fantastische Idee, Ray. Nur eine Sache gefällt mir dabei nicht.“ „Was denn?“, fragte Ray verdutzt und fast ein wenig ängstlich. „Ich bin derjenige, der dich einladen wird und nicht umgekehrt“, antwortete Bryan. „Wie wäre es, wenn ich dich morgen Abend im Hotel abhole? So um 19 Uhr? Ich kenne da ein wundervolles kleines Restaurant, das auch ein Hinterzimmer hat, wo wir ungestört sein können. Der Besitzer wird kein großes Trara um dich machen, auch wenn er dich erkennt. Ich kenne ihn gut. Und die Pasta dort ist die Beste der Stadt. Du magst doch Pasta?“ „Ich liebe Pasta. Also bis morgen, Bryan.“ „Ja, bis morgen.“ Bryan legte auf und lächelte. Er freute sich schon jetzt auf morgen. Es würde wundervoll sein, Ray zu sehen, vor allem jetzt, wo die Probleme an der Arbeit für ihn vorbei waren. Obwohl das eigentlich nicht ganz stimmte. Bryans Lächeln verschwand. Da war immer noch der Test, der darüber entscheiden würde, ob er Leiter der Werbeabteilung wurde. Er musste den Vertrag mit Ray abschließen. Bryan seufzte. Am Besten brachte er die Sache schnell hinter sich. Er würde den Vertrag morgen mit ins Restaurant nehmen. ------------------------ wird fortgesetzt… Kapitel 8: Vertragsabschlüsse ----------------------------- Titel: Greif nach den Sternen Kapitel: 8/? Autor: Cat in the web Fandom (Anime/Manga): Beyblade Pairing: Bryan + Ray Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Ich danke Angel_Yuki für ihren Kommentar. -------------------------------------------------- Greif nach den Sternen von Cat in the web Kapitel 8: Vertragsabschlüsse Der nächste Tag verging für Bryan wie im Flug. Er hätte nie gedacht, dass es sich so gut anfühlen könnte, wenn man morgens das Haus verlässt, um ganz normal zur Arbeit zu gehen. Aber nach den Schwierigkeiten der letzten Zeit und der damit einhergehenden Unsicherheit in Hinblick auf seine berufliche Zukunft war diese Reaktion wohl zu erwarten gewesen. Er erledigte einen großen Teil der auf seinem Schreibtisch liegengebliebenen Arbeit, und nicht wenige seiner Mitarbeiter teilten ihm mit, wie froh sie waren, dass er wieder zurück war. Als Bryan an diesem Tag nach Hause ging, nahm er eine schmale Mappe mit, die den Vertrag für Ray enthielt. Pünktlich um 19 Uhr fuhr Bryan in seinem Porsche in die Tiefgarage des Hotels, um Ray dort abzuholen. Er trug Jeans und ein dunkelblaues Seidenhemd, dessen oberste drei Knöpfe offen waren. Ein schwarzes Paar Schuhe und eine schwarze Lederjacke vervollständigten seine Aufmachung. In der linken Tasche seiner Jacke steckte ein Briefumschlag mit dem Vertrag. Bryan fühlte sich sonderbar bei dem Gedanken an den Vertrag. Irgendwie beunruhigte ihn diese Sache. Doch als er Ray sah, der bereits auf ihn wartete, verscheuchte er die düstere Vorahnung drohenden Unheils, die ihm der Vertrag zu geben schien. Ray trug wie Bryan Jeans und dazu braune Slipper, außerdem ein grünes Seidenhemd im chinesischen Stil. Die leichte Sommerjacke, die er auch bei ihrem letzten Treffen dabei hatte, hatte er locker über die linke Schulter geworfen, während er sie mit der linken Hand festhielt. Sein Haar war zu einem Zopf geflochten, aber von der Baseballkappe fehlte jede Spur. Bryan war froh darüber. Er mochte Rays Haare, ihren schimmernden Glanz und das seidige Gefühl, wenn er seine Hand darüber gleiten ließ. Und die Baseballkappe hatte Ray auch nicht gerade gut gestanden. Als Bryans Porsche neben ihm hielt, öffnete Ray die Beifahrertür und stieg ein. Seit er sich seiner Gefühle für Bryan bewusst geworden war, hatte er beschlossen, seinem Freund deutlicher zu zeigen, was er für ihn empfand. Daher lehnte er sich nun zu Bryan hinüber und küsste ihn zur Begrüßung auf die Wange. „Hallo, Bryan.“ Bryan fühlte die warme Berührung der weichen Lippen und für einen kurzen Moment war er wie erstarrt, bevor sich ein breites Lächeln auf seinen Mund schlich. „Hallo, Ray. Bereit für einen schönen Abend?“ Ray nickte und griff nach dem Sicherheitsgurt, um sich anzuschnallen. „Ich freue mich schon auf die beste Pasta der Stadt. Ich hoffe nur, du hast mir nicht mehr versprochen als das Restaurant halten kann“, scherzte er. „Keine Sorge. Ich bin sicher, du wirst begeistert sein.“ Bryan gab Gas. Und während sich sein Porsche gehorsam in Bewegung setzte, konnte er immer noch die Wärme von Rays Lippen auf seiner Wange spüren, eine Wärme, die sich ihren Weg durch seinen Körper zu suchen schien, um auch sein Herz auf angenehme Art zu wärmen. Sie mussten nicht weit fahren. Das Restaurant lag in einem Wohnbezirk von Star City, direkt neben einem kleinen Park. Bryan parkte im Hinterhof des Hauses, in dem sich das Restaurant befand. Ein paar andere Autos standen bereits dort, aber das Restaurant wirkte von außen noch recht leer. Dieser Eindruck bestätigte sich, als sie das Restaurant betraten. Ray blieb bei der Garderobe am Eingang kurz stehen, außer Sicht der anderen Gäste, während Bryan an die Theke trat und ein paar Worte mit dem Wirt wechselte. Kurz darauf war er wieder bei Ray und führte ihn eine schmale Holztreppe im hinteren Bereich des Restaurants hinauf. Die anderen Gäste schenkten ihnen keine Beachtung, sie waren in ihre eigenen Gespräche vertieft. Im oberen Stockwerk befand sich der zweite Speisebereich des Restaurants, jedoch waren hier die einzelnen Tische durch Spaliere und Bepflanzungen voneinander getrennt, um ein größeres Maß an Privatsphäre zu gewährleisten. Bryan führte Ray in den hinteren Bereich des Raumes zu einer Tür, die in ein kleines privates Speisezimmer führte. An den Wänden hingen Landschaftsfotografien der Toskana, und von den Fenstern hatte man einen hübschen Blick auf den kleinen Park neben dem Restaurant. Sie setzten sich einander gegenüber an den Tisch und legten ihre Jacken neben sich auf die noch freien Stühle. Bryan befingerte dabei ein wenig nervös den Briefumschlag in seiner Jackentasche, aber dazu wollte er erst später kommen. Es gab keinen Grund, ihnen beiden das Essen mit Gesprächen über geschäftliche Dinge zu vermiesen. Die Speisekarte war nicht sehr umfangreich und typisch für ein italienisches Restaurant. Neben einer Anzahl von Pastagerichten gab es noch zwei Sorten Risotto und die normale Auswahl an Pizza. Auch das obligatorische Wiener Schnitzel mit Pommes für Gäste, die zwar mit ihren Freunden herkamen, sich für die italienische Küche aber nicht wirklich begeistern konnten, fehlte nicht. Das Besondere an diesem Restaurant schien eher die Weinkarte zu sein. Ray nahm sie auf und stellte erstaunt fest, dass die Weinkarte in echtes Leder eingebunden und noch umfangreicher als die Speisekarte war. Eine große Auswahl von Weinen aus aller Welt fand sich darin, günstige Weine ebenso wie Weine, die so kostbar waren, dass man sie nur flaschenweise kaufen konnte. Ray hob überrascht die Brauen und blickte dann zu Bryan. „Der Bruder des Wirts ist ein Weinhändler hier in Star City“, erklärte Bryan, der Rays fragenden Blick richtig gedeutet hatte. „Der Wirt bezieht von ihm seine Weine und hat sich sogar einen richtigen Weinkeller im Keller seines Hauses eingerichtet.“ „Man muss wohl Beziehungen haben, um eine solch weitreichende Auswahl anbieten zu können“, kommentierte Ray und wandte sich wieder der Karte zu. Ein paar Minuten vergingen in freundschaftlicher Stille, während beide die Karten studierten. Als sie schließlich die Karten wieder auf den Tisch legten, klopfte es auch schon an der Tür. Als hätte man ihn herbeigerufen, stand der Wirt in der Tür, wünschte ihnen einen schönen Abend und fragte, ob er bereits eine Bestellung aufnehmen könne. Ray bestellte Pasta mit Fisch und ein Glas Rotwein. Bryan entschied sich für Pasta mit Steinpilzen sowie eine Apfelsaftschorle. Ein wenig bedauerte er es, nicht ebenfalls ein Glas Wein trinken zu können, aber da er heute Abend noch Auto fahren würde, verzichtete er lieber darauf. Nachdem der Wirt wieder gegangen war, begann Ray Bryan von seinen Erlebnissen bei den Probeaufnahmen der Sunshine Production zu erzählen. Bryan hörte interessiert zu und stellte nur ab und zu eine Frage. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, während er Ray beobachtete. Die Wangen des Chinesen waren leicht gerötet, und seine Augen leuchteten wie die eines Kindes vor dem Weihnachtsbaum. Offensichtlich hatte Ray die Schauspielerei sehr gut gefallen. Er unterstrich seine Worte mit lebhaften Gesten seiner Hände, ohne jedoch die Arme dabei groß zu bewegen und dadurch zu dramatisch zu wirken. Ein geborener Schauspieler, wie Bryan fand. Und dass seine Begeisterung nicht gespielt, sondern echt war, machte es nur noch besser. Aber obwohl Bryan die Anwesenheit von Ray sehr genoss, konnte er sich nicht ganz entspannen. Eine kleine nagende Stimme tauchte immer wieder in seinen Gedanken auf, die ihn an den Vertrag in seiner Tasche erinnerte und dass seine berufliche Zukunft von diesem Vertrag abhing. Das Essen kam, und Ray fand es köstlich. Die Pasta war hausgemacht, wie es die Speisekarte versprochen hatte, und der Wein, ein deutscher Rotwein aus den Anbaugebieten am Rheinstrom, passte hervorragend dazu. Bryan warf ihm einen verschmitzten Blick zu und bemerkte zwischen zwei Bissen von seiner eigenen Pasta: „Eigentlich soll man zu Fisch Weißwein trinken, weißt du?“ „Das war einmal“, ging Ray auf die Neckerei ein. „Heute gilt nur noch die Regel: Fisch will schwimmen.“ „Egal in was?“ „Oh nein. Ein guter Wein muss es schon sein.“ Danach herrschte Schweigen, während sie ihr Essen verzehrten, aber es war eine angenehme Stille zwischen ihnen. Sie brauchten keine Worte mehr, um sich der Aufmerksamkeit und des Wohlwollens des jeweils anderen zu versichern. Obwohl sie sich erst vor relativ kurzer Zeit wieder begegnet waren, waren sie einander inzwischen so vertraut, als hätte es keine jahrelange Trennung zwischen ihnen gegeben. Vielleicht lag es daran, dass in dieser kurzen Zeit bereits so viel passiert war, oder vielleicht war es auch nur, weil die Umstände jetzt andere waren. Sie waren immerhin nicht länger Blader in gegnerischen Teams. Sie waren Freunde. Und Ray hoffte, dass sie in naher Zukunft sogar mehr als Freunde sein würden. Bryan hatte den Abend bisher sehr genossen, doch nun, wo sie das Essen beendeten, fühlte er eine stetig anwachsende Unruhe in sich. Sein Blick glitt immer wieder zu seiner Jacke, die neben ihm auf dem Stuhl lag. In seiner Jackentasche war der Umschlag mit dem Vertrag für Ray, aber anstatt die gute Gelegenheit zu nutzen, die sich ihm nun bot, fühlte Bryan einen starken Widerwillen, diese Sache mit Ray zu besprechen. Es kam ihm so vor, als wollte er sich einen ungerechten Vorteil gegenüber Ray verschaffen. Er hatte Ray zum Essen eingeladen, und zwar als sein Freund. Und nun saß er hier und plante, etwas Geschäftliches mit ihm zu besprechen. Es erschien ihm Ray gegenüber nicht fair. Natürlich hatte Bryan schon Geschäftsessen mit anderen Leuten gehabt, doch diese hatten vorher gewusst, dass es in erster Linie ums Geschäft ging, nicht ums Vergnügen. Ray wusste nichts von dem Vertrag und war daher unvorbereitet, und Bryan kam sich plötzlich reichlich schäbig vor. Von dem Vertrag hing für ihn persönlich viel ab, aber es kam ihm reichlich unfair vor, Ray damit einfach so zu überfallen. Schlimmer noch, sollte Ray erfahren, was dieser Vertrag für Bryan bedeutete, würde er sich vielleicht nur aufgrund ihrer Freundschaft verpflichtet fühlen, ihn zu unterschreiben. Allein bei diesem Gedanken vollführte Bryans Magen einen plötzlichen Looping, und er musste ein Stöhnen unterdrücken. Ray bedeutete ihm zu viel, als dass er ihn mit seinen eigenen Problemen unter Druck setzen wollte. „Bryan, ist alles in Ordnung?“, riss ihn Rays Stimme aus seinen Gedanken. Ray hatte sich leicht über den Tisch in seine Richtung gebeugt und musterte ihn besorgt. Bryan zwang sich zu einem Lächeln. „Mir geht’s gut.“ „Wirklich?“, fragte Ray mit leichtem Zweifel in der Stimme. „Du bist ein wenig blass, und eben habe ich für einen Moment gedacht, du würdest von deinem Stuhl fallen.“ Bryan hätte sich am liebsten selbst eine Kopfnuss verpasst. Er hatte Ray den Abend nicht mit seinen Sorgen verderben wollen, und doch hatte er es geschafft, ihn zu beunruhigen. „Mach dir keine Sorgen, es geht mir wirklich gut.“ Er warf einen Blick aus dem Fenster, und ihm kam eine Idee. „Wollen wir einen Spaziergang im Park machen? Es ist ein schöner Abend, und der Park ist ganz leer.“ Die Ablenkung funktionierte. Ray gefiel die Aussicht auf einen Verdauungsspaziergang außerordentlich. Sie standen auf, zogen ihre Jacken an und verließen das Zimmer. Im oberen Stock waren noch keine Gäste, doch unten war das Restaurant inzwischen recht voll geworden. Bryan bedeutete Ray, in halber Höhe auf der Treppe auf ihn zu warten, damit er von den anderen Gästen nicht gesehen wurde. Dann eilte er zur Theke und bezahlte beim Wirt. Kurz darauf war er wieder bei Ray und führte ihn mit schnellen, aber nicht zu hastigen Schritten zum Ausgang. Hätten sie sich unnötig schnell bewegt, wären sie nur aufgefallen. So jedoch schenkte ihnen niemand groß Beachtung. Lediglich eine junge Frau, die mit ihren Freundinnen in der Nähe der Theke saß, blickte ihnen kurz hinterher und fragte in die Runde: „Sagt mal, war das nicht eben Ray Kon, das Modell?“ „Die beiden Typen, die gerade rausgegangen sind?“, fragte eine ihrer Freundinnen nach und erwiderte dann im Brustton der Überzeugung: „Quatsch! So ein berühmtes Modell geht doch nicht wie wir in Restaurants und Kneipen. Seine Fans würden einen Aufstand machen und ihn nicht in Ruhe lassen. Der speist abgeschirmt in seinem Nobelhotel.“ „Glaub ich auch“, meinte eine andere. „Ich wollte mal versuchen, einen Blick auf ihn zu erhaschen und bin zu seinem Hotel gegangen, aber ich habe es gleich wieder aufgegeben. Da standen ganze Gruppen von Fans, und das Sicherheitspersonal hat niemanden ins Hotel gelassen, der dort kein Zimmer hat oder nicht zum Personal gehört.“ Damit war das Thema erledigt, und die Frauen widmeten sich wieder anderen Dingen. Der Wirt, der sie gehört hatte, lächelte nur und widmete sich wieder seiner Arbeit. Er hätte gerne ein wenig damit angegeben, dass Ray Kon bei ihm gegessen hatte, doch er fand, dass Diskretion angebrachter war. Außerdem wollte er ja nicht, dass seine Gäste plötzlich alle sein Restaurant verließen, um auf Prominentenjagd zu gehen. *** Bryan und Ray spazierten unterdessen durch den Park und unterhielten sich über alles, was ihnen so in den Sinn kam. Ray hatte seine Jacke über seinen Zopf angezogen, so dass man ihn nicht sofort aus der Ferne erkennen konnte, doch die Vorsichtsmaßnahme, die sie im Restaurant wohl gerettet hatte, war im Park überflüssig. Sie waren tatsächlich die einzigen Leute hier, und sie genossen ihre Zweisamkeit sehr. Fast unbewusst und als wäre es das Normalste der Welt hatten sich ihre Hände gefunden und hielten einander fest. Rays Wangen röteten sich ein wenig, und er fühlte sich wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal verliebt war. Liebe Güte, ob er damals bei seiner Jugendliebe Mariah auch diese Aufregung verspürt hatte, nur weil sie Händchen hielten? Auf Bryan hatte es den gegenteiligen Effekt. Die Wärme und der sanfte Druck von Rays Hand beruhigten ihn, und er vergaß seine Sorgen und den Vertrag für eine Weile. Erst als sie nach einer guten Stunde des Herumwanderns zurück zu seinem Porsche gingen, fiel ihm der Umschlag in seiner Jackentasche wieder ein. Und ab da an schien der Vertrag mit jedem Schritt schwerer zu werden. Bryan unterdrückte einen genervten Seufzer. Er wandte sich wieder Ray zu, damit dieser nicht mitbekam, wie abgelenkt er war und sich eventuell noch selbst die Schuld daran gab. Er bekam gerade noch mit wie Ray sagte: „…und Sara meinte, dass der Vertrag innerhalb der nächsten Tage bei ihr eingehen wird. Ich kann es kaum erwarten.“ Bryan wäre fast über seine eigenen Füße gestolpert, und seine Gedanken überschlugen sich fast: ‚Ein Vertrag? Welcher Vertrag denn?’ Der Vertrag von Motor Wheels steckte doch noch immer in seiner Tasche. Aber dann fiel es ihm ein: der Vertrag der Filmstudios! Bryan hätte fast über sich selbst den Kopf geschüttelt. Ray redete schon den ganzen Abend von seiner Filmrolle, die ihm inzwischen zugesagt worden war. Und sobald der Vertrag bei seiner Managerin einging, würde er ihn mit ihr zusammen prüfen und dann unterzeichnen. Es war in diesem Moment, dass Bryan einen Geistesblitz hatte, und er zauberte ein aufrichtiges erleichtertes Lächeln auf sein Gesicht. Er würde den Vertrag von Motor Wheels an Rays Managerin Sara senden, ganz offiziell und nicht privat. Sara würde dafür sorgen, dass Ray mit der nötigen geschäftlichen Professionalität den Vertrag prüfte und sich nicht von seinen Gefühlen für Bryan ablenken ließ. Falls es Probleme wegen des Vertrages gab, konnte Bryan immer noch seinen Verhandlungsspielraum nutzen, Änderungen am Vertrag waren schließlich nicht ausgeschlossen. Es blieb natürlich ein Risiko, dass der Vertrag abgelehnt werden würde, aber Bryan war es auf diese Art tausendmal lieber als das Gefühl zu haben, Rays Freundschaft auszunutzen. Zufrieden mit dieser Lösung wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Ray zu. Inzwischen war es recht spät geworden, und wie in stillschweigender Übereinkunft stiegen beide in Bryans Porsche ein, um zurückzufahren. In der Tiefgarage seines Hotels angekommen, öffnete Ray den Sicherheitsgurt und beugte sich zu Bryan. „Ich genieße die Ausflüge mit dir wirklich, Bryan, und ich hoffe, wir können noch viel Zeit miteinander verbringen.“ Er zögerte für einen kurzen Moment, dann fragte er fast schüchtern: „Hast du was dagegen, wenn ich dich küsse?“ Zwar hatte Ray Bryan schon vorher geküsst, doch seit er sich seiner Gefühle klar geworden war, schien es ihm irgendwie angemessen, diesmal zu fragen. Die anderen Küsse waren spontan gewesen, ohne dass er sich seiner sich entwickelnden Gefühle für Bryan bewusst gewesen war. Diesmal jedoch wusste er genau, was er tat und warum. Anstatt zu antworten, beugte sich Bryan zu Ray und berührte dessen Lippen mit den seinen. Es war ein langer, zärtlicher Kuss, und als sie sich endlich wieder trennten, ging beider Atem merklich schneller. Bryans Lippen glitten in einer sanften Liebkosung über Rays Wange, und warmer Atem strich über Rays Haut, als der Russe leise sagte: „Wir werden uns bestimmt bald wiedersehen. Ich freue mich bereits auf unser nächstes Treffen.“ Ray stieg aus dem Porsche mit geröteten Wangen, ein glückliches Funkeln in seinen Augen. Der Porsche fuhr los, und Ray sah ihm für einen Moment nach, bevor er in den Fahrstuhl trat und den Knopf für die Etage drückte, auf der er wohnte. Mit einem Lächeln auf den Lippen lehnte er sich gegen die Fahrstuhlwand. Bryan war in einer ganz ähnlichen Verfassung wie Ray. Der Kuss war einfach herrlich gewesen, und er machte Bryan klar, wie viel Ray ihm bedeutete. Und das Ray seine Gefühle offensichtlich erwiderte, verstärkte nur das Glücksgefühl, das er empfand. Er, der in früheren Zeiten als gefühlskalt und skrupellos verschrien war, war verliebt und zwar heftig! Es war Bryan klar, dass Ray und er längst mehr füreinander empfanden als Freundschaft, und er wusste auch, dass er Ray darauf ansprechen sollte, um ihm seine Gefühle zu gestehen. Obwohl er stark vermutete, dass Ray es ohnehin schon wusste. Aber erst würde er die Sache mit dem Vertrag hinter sich bringen, und ein anderes Problem, das sich seit ein paar Minuten bemerkbar machte, musste auch noch gelöst werden. Bryan warf einen Blick auf seinen Schoß hinunter und runzelte ein wenig peinlich berührt die Stirn. Für Küsse, wie er eben einen mit Ray geteilt hatte, war seine Hose eindeutig zu eng geschnitten. *** Am nächsten Tag überreichte Bryan den Vertrag zusammen mit einem Anschreiben an Frau Schmidt mit der Anweisung, beides an Sara Wittmann zu senden. Bereits am nächsten Vormittag ging der Vertrag in Saras Büro ein. Als sie gegen Mittag dazu kam, ihre Post durchzusehen, fiel ihr der Brief von Motor Wheels als erstes in die Hände. Ein wenig überrascht musterte sie den Absender, denn natürlich erinnerte sich Sara noch ganz genau an den ersten Versuch von Motor Wheels, Ray als Werbeikone für sich zu gewinnen, und wie die Sache schließlich endete. Sie las das Schreiben von Bryan und blätterte durch den beiliegenden Vertragsentwurf, bevor sie beides zur Seite legte. Nachdenklich lehnte sie sich in ihrem Bürosessel zurück. Der Werbevertrag von Motor Wheels war ein gutes Angebot, aber Ray hatte schon beim ersten Mal seine Gründe gehabt, die Sache kurz vor ihrem Abschluss platzen zu lassen. Sara hatte einige Zeit gebraucht, um Ray die ganze Story, die sich in Sergensons Büro abgespielt hatte, zu entlocken, doch nachdem sie darüber im Bilde war, konnte sie Rays Ablehnung des Vertrages nur zustimmen. Andererseits war Sergenson wohl nicht länger bei Motor Wheels, und Ray kam mit dessen augenscheinlichem Nachfolger Bryan Kuznetsov bestens zurecht. Sara seufzte und zuckte mit den Schultern. Sie würde es Ray überlassen, ob er an dem Vertrag noch interessiert war. Auf jeden Fall würde sie dafür sorgen, dass Ray sich nicht unter Wert verkaufte. Ein Lächeln schlich sich bei diesem Gedanken auf ihr Gesicht. Jetzt, wo Ray eine Filmrolle in Aussicht hatte, würde sein Marktwert als Modell und Werbeträger steigen, und natürlich würde auch Sara dadurch mehr verdienen. Sara griff nach der restlichen Post, um sie durchzusehen. Werbung, Bewerbungsunterlagen eines Möchtegern-Modells, eine Ansichtskarte von einem ihrer anderen Modells, das gerade Modefotos in der Karibik machte – wie nett –, und was war das? Sara drehte den dicken braunen Briefumschlag in ihrer Hand, um einen Blick auf den Absender werfen zu können. Gleich darauf fuhr sie freudestrahlend in die Höhe und griff nach dem Brieföffner auf ihrem Schreibtisch. Eine schnelle Bewegung, und der Umschlag war geöffnet. Sara las das Schreiben und überflog den beiliegenden Vertrag. Dann stand sie auf und öffnete die Tür zu ihrem Vorzimmer. „Angelina“, wandte sie sich an ihre Sekretärin. „Ruf doch bitte bei Ray Kon an und sag ihm, der Vertrag von den Filmstudios ist da. Wenn’s geht, soll er in einer Stunde hier sein.“ Sara schloss die Tür und setzte sich wieder hinter ihren Schreibtisch. Sie hatte keinen Zweifel daran, dass Ray sich sofort auf den Weg zu ihr machen würde, wenn Angelina ihm die Neuigkeit erzählte. Vermutlich würde er sogar früher da sein als erst in einer Stunde. Das ließ ihr aber immer noch genug Zeit, sich den Vertrag in aller Ruhe durchzulesen, um zu prüfen, ob auch alles so war wie zwischen ihnen und dem Regisseur abgesprochen gewesen war. Wie Sara bereits vermutet hatte, stand Ray nach einer knappen dreiviertel Stunde in ihrem Büro. Zusammen mit ihm ging sie nochmals die einzelnen Punkte des Vertrags durch. Das Filmprojekt sollte schon in Kürze starten, ein Drehplan war beigefügt. Laut diesem Plan war Rays Anwesenheit am Filmset nicht die ganze Zeit über nötig. Er brauchte erst zu kommen, wenn die Szenen mit ihm gedreht wurden, und konnte wieder nach Hause gehen, sobald alle Szenen, die ihn beinhalteten, abgedreht waren. Er musste sich allerdings bis zum endgültigen Ende der Dreharbeiten auf Abruf bereithalten für den Fall, dass etwas geschehen würde, was die Wiederholung einer Szene mit ihm nötig machte. Für Ray war es keine Frage, dass er den Vertrag unterschrieb. Es würde seiner Modellkarriere neuen Auftrieb geben und ihm ein höchst interessantes neues Betätigungsfeld als Schauspieler eröffnen. Nachdem diese Sache erledigt war, erzählte Sara Ray von dem erneuten Versuch von Motor Wheels, ihn als Werbeträger zu gewinnen. Sie zeigte ihm den Vertrag und reichte ihm das Anschreiben von Bryan. Ray las das Schreiben und wandte sich dann etwas verwirrt an Sara: „Das verstehe ich nicht so recht. Ich…“ Er brach ein wenig hilflos ab, als wüsste er nicht, wie er ausdrücken sollte, was er gerade dachte. Sara erkannte seine Verwirrung und ergriff das Wort: „Es ist nur verständlich, dass sie dich immer noch als Werbeträger wollen. Aber ich verstehe natürlich, wenn du das Angebot ablehnen willst. Immerhin liegt die Schuld an dem geplatzten Vertrag bei Motor Wheels, und die müssen halt sehen, wie sie zurecht kommen.“ „Nein, Sara, das meine ich nicht. Es ist nur so, dass ich erst vor zwei Tagen mit Bryan Essen war. Warum hat er mir nichts gesagt? Er hätte das doch gleich mit mir besprechen können“, sagte Ray, der sich inzwischen wieder gefasst hatte. Aber er war ein wenig verletzt. Hatte Bryan kein Vertrauen zu ihm? Sie sprachen doch sonst auch über alles, und die Idee, ihm erneut ein Vertragsangebot zu machen, war bestimmt nicht erst gestern entstanden. Sara lachte, als sie begriff, was vor sich ging. „Ach so ist das. Na, das ist aber nett von Bryan, dass er Geschäftliches und Privates trennt und nicht versucht, freundschaftliche Gefühle auszunutzen“, bemerkte sie und beobachtete amüsiert, wie sich Rays Gesichtsausdruck mit ihren Worten änderte, als er die Sache plötzlich in einem anderen Licht sah. „So, was willst du tun? Der Vertrag ist immer noch ein gutes Angebot, aber jetzt wo du die Filmrolle hast, kannst du auch ohne weiteres darauf verzichten.“ „Nein, ich denke, ich sollte annehmen. Sergenson ist nicht mehr da, und damit das eigentliche Problem des Vertrages verschwunden. Allerdings will ich auch noch Zeit haben für andere Dinge, nachdem ich den Vertrag unterzeichnet habe. Falls man mir nach dem Film weitere Rollen anbieten wird, möchte ich auch weiter schauspielern können. Der Vertrag mit Motor Wheels darf mich nicht daran hindern, noch andere Angebote anzunehmen, egal ob als Modell oder als Schauspieler.“ Sara nickte zustimmend. „Ich verstehe. Der Vertrag geht über einen längeren Zeitraum, und du möchtest flexibel bleiben. Das sollte kein Problem sein, immerhin ist ein gewisser Spielraum für andere Aufträge bereits im Vertrag berücksichtigt. Motor Wheels hat kein Interesse daran, dass deine Popularität sinkt. Daher werden sie auch nichts dagegen einwenden, wenn ich die Regeln für deine zeitliche Flexibilität unter den neuen Gesichtspunkten nochmals ein wenig verändere. Ich werde mit Herrn Kuznetsov darüber sprechen.“ „Du kannst ihm ja anbieten, unter diesem Gesichtspunkt mein Honorar neu auszuhandeln“, schlug Ray vor. „Den Teufel werde ich tun!“, rief Sara fast ein wenig entrüstet. „Ray, durch die Filmrolle ist dein Wert gestiegen. Wage es nicht, dich zu billig zu verkaufen, sonst spricht sich das noch rum, und dann versucht jeder, dein Honorar zu drücken.“ Nach diesem Tadel wirkte Ray ein wenig verlegen und sah sie entschuldigend an. Sara war plötzlich sehr froh, dass Bryan den offiziellen Weg für den Vertrag gewählt und nicht privat mit Ray darüber verhandelt hatte. *** Ray begleitete Sara, als sie Bryan in seinem Büro im Firmengebäude von Motor Wheels aufsuchte, um den Vertrag zu besprechen. Ein einziger Anruf bei Bryan hatte gereicht, um sofort einen Termin bei ihm zu erhalten. Bryan war mehr als bereit, seine gesamte Terminplanung neu zu ordnen, um die Vertragsverhandlungen erfolgreich abzuschließen. Frau Schmidt begrüßte sie in der Garage von Motor Wheels, und wie auch schon beim ersten Mal zeigte sie sich hocherfreut, sie begrüßen zu dürfen. Als sie aus dem Fahrstuhl traten und den Flur entlang gingen, fühlte Ray einen Anflug von Nervosität, doch Frau Schmidt führte sie nicht in Richtung des Büros, in dem er Sergenson damals begegnet war, sondern sie ging direkt zum Büro von Bryan. Ray war darüber erleichtert. Für einen Moment hatte er befürchtet, dass Bryan das Büro von Sergenson übernommen hatte und ihn dort erwarten würde. Ray verband mit dem Raum eine zu unangenehme Erinnerung, als dass er sich dort hätte wohlfühlen können. Die Verhandlungen zwischen Sara und Bryan verliefen ohne Probleme. Ray konnte nur staunen, mit wie viel Professionalität die beiden an die Sache herangingen. Innerhalb einer Stunde war der Vertrag entsprechend geändert und die neue Version von Frau Schmidt vorgelegt worden. Bryan verschwand kurzfristig mit dem neuen Vertrag, um ihn von der Firmenleitung absegnen zu lassen. Dies ging erstaunlich schnell, und schon nach einer halben Stunde, in der Frau Schmidt ihnen Plätzchen und Kaffee servierte, war er wieder da mit der Befugnis, den Vertrag im Namen von Motor Wheels zu unterzeichnen. Auch Ray leistete unter den wachsamen Blicken von Sara und Bryan seine Unterschrift. Jeder der Anwesenden erhielt ein Exemplar des Vertrages, und damit war die Sache abgeschlossen. Als Sara sich gerade verabschiedet hatte und sich der Tür zuwandte, sagte Ray: „Ich komme gleich nach, Sara. Geh doch bitte schon mal zum Wagen, ja? Es dauert nicht lange.“ Sara warf ihm einen neugierigen Blick zu, verschwand aber ohne Widerworte aus dem Büro. Kaum hatte sie die Tür hinter sich zugezogen, da wandte sich Ray Bryan zu, der vor seinem Schreibtisch stand und ihn mit einem verschmitzten Lächeln ansah. Ray fühlte ein Kribbeln in seiner Magengegend, und er hatte plötzlich den innigen Wunsch, einen Kuss auf dieses Lächeln zu setzen. Fast ein wenig schüchtern trat er näher. „Sieht so aus, als würden wir die nächsten drei Jahre eng zusammen arbeiten.“ „Es sieht nicht nur so aus. Glaub mir, Ray, ich werde einen guten Nutzen aus dem Vertrag ziehen und dafür sorgen, dass wir viel Zeit miteinander verbringen“, erwiderte Bryan, und sein Lächeln wurde zu einem fast ein wenig räuberisch wirkenden Grinsen. Ein Schauder lief über Rays Rücken. Hatte Bryans Stimme schon immer eine solche Wirkung auf ihn? Ray trat noch näher an Bryan heran, bis er praktisch das Aftershave riechen konnte, das leicht und unaufdringlich von Bryans warmer Haut aufstieg. „Dann sollte ich mir wirklich eine Wohnung hier in Star City suchen, meinst du nicht auch? Ich bin es leid, immer nur in Hotels zu wohnen. Willst du mir nicht helfen, eine zu finden? Dann werde ich genau wie du hier zu Hause sein.“ Bryan griff nach Rays Händen und hielt sie fest. „Das ist eine exzellente Idee. Du und ich werden dann immer wissen, wo wir einander finden können.“ Er zog Ray näher zu sich, bis sich ihre Körper berührten und küsste ihn. Ray erwiderte den Kuss mit ganzer Leidenschaft. Alle Worte, alles, was noch zwischen ihnen zu sagen war, verschwand einfach aus ihren Köpfen. Wer brauchte Liebeserklärungen, wenn er seinen Mund auch für etwas Besseres verwenden konnte? Ray schlang seine Arme um Bryans Schultern, und Bryan legte seine Hände auf Rays Taille. Im Moment brauchten sie keine Worte, um sich zu verstehen. Die Tür von Bryans Büro öffnete sich einen winzigen Spalt, gerade groß genug, um zwei Augen zu gestatten, ins Innere zu sehen. Ein paar Sekunden lang nahmen sie die Szene in dem Büro in sich auf, bevor sie vom Spalt verschwanden und die Tür sich wieder genauso geräuschlos schloss wie sie aufgegangen war. Draußen vor der Tür traten Frau Schmidt und Sara einen Schritt zurück, grinsten sich an und schüttelten sich in stillschweigendem Einvernehmen die Hände. Dann huschte Frau Schmidt auf Zehenspitzen zurück hinter ihren Schreibtisch, während Sara ohne einen Laut von sich zu geben aus dem Raum hinaus in den Flur trat. Ihre Bemühungen, leise zu sein, wären allerdings nicht nötig gewesen. Selbst wenn keine geschlossene Tür zwischen den Büros gewesen wäre, hätten Bryan und Ray zu diesem Zeitpunkt vermutlich nicht mal ein Erdbeben bemerkt. ------------------------ wird fortgesetzt… Kapitel 9: Ein neuer Lebensabschnitt ------------------------------------ Titel: Greif nach den Sternen Kapitel: 9/9 Autor: Cat in the web Fandom (Anime/Manga): Beyblade Pairing: Bryan + Ray Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Herzlichen Dank an Angel_Yuki und ---Loki--- für eure Kommentare! -------------------------------------------------- Greif nach den Sternen von Cat in the web Kapitel 9: Ein neuer Lebensabschnitt Am darauffolgenden Wochenende zogen Bryan und Ray gemeinsam los. Ray hatte von Sara die Adresse eines Immobilienhändlers erhalten, der auf Luxuswohnungen spezialisiert war. Da Ray eine berühmte Persönlichkeit und zudem noch Millionär war, musste seine künftige Wohnung einen hohen Sicherheitsstandard vorweisen können. Ein ganz normales Haus mit Garten, wie Ray es sich zuerst vorgestellt hatte, würde nicht ausreichen. Zu groß war das Risiko von Einbrechern, Entführern oder auch einfach nur Gruppen von Fans, die ihm keine Ruhe lassen würden. Ray sah dies auch durchaus ein, hatte er doch schon ausreichend Erfahrung mit seinen Fans gesammelt. Er war auch keineswegs abgeneigt, eine Luxusimmobilie zu kaufen, hatte er sich doch schon längst an einen hohen Lebensstandard gewöhnt. Die Frage war nur welche? Herr Winter, der Immobilienhändler, hatte ihn und Bryan in seinem Büro Platz nehmen lassen und legte ihnen nun fünf Akten mit verschiedenen Immobilien vor. In allen befanden sich die typischen Informationen über die jeweilige Immobilie, wie zum Beispiel Grundstücksgröße, Zimmeranzahl und vieles mehr, sowie unzählige Fotos von der Außenfassade und den Innenräumen. Bryan betrachtete die fünf Akten vor ihnen auf dem Tisch. „Ist das nicht ein bisschen wenig?“, fragte er. „In der Tat“, stimmte ihm Herr Winter zu und lächelte fast entschuldigend. „Star City ist eine aufstrebende Metropole, und seit ein paar Jahren herrscht ein regelrechter Kaufrausch auf dem Immobilienmarkt. Trotzdem sind die Preise recht moderat geblieben, da es im Interesse der Stadt ist, möglichst vielen Leuten ein neues Zuhause anzubieten. Investoren, Firmen, aber auch Arbeitnehmer aus allen Branchen sind in Star City willkommen. Leider kann das Angebot mit der Nachfrage kaum noch mithalten, und der Magistrat unserer Stadt hat strenge Auflagen für Neubaugebiete, damit unser schönes Stadtbild erhalten bleibt. Daher kommen die Baufirmen nur langsam voran.“ Ray hörte nur mit einem halben Ohr zu. Er hatte sich die Akten vorgenommen. Drei davon legte er schon nach wenigen Minuten wieder zurück. Die Häuser darin waren in einem modernen aber in Rays Augen unästhetischen Stil erbaut worden. Er konnte sich nicht vorstellen, in einem solchen Haus zu wohnen. Die vierte Akte zeigte ein schönes aber sehr heruntergekommenes altes Fachwerkhaus mit einem verwilderten Garten. Obwohl offensichtlich lange niemand mehr darin gewohnt hatte, fand Ray, dass es sehr gemütlich wirkte. Es war allerdings schon auf dem Foto zu sehen, dass man sehr viel Arbeit hineinstecken musste. Wie viel Arbeit fand Ray schnell heraus. In der Akte wurde darauf hingewiesen, dass das Haus abgerissen werden musste, da es einsturzgefährdet war. Es würde jedoch kein Problem sein, eine Baugenehmigung für das Grundstück zu erhalten, welches in einer hervorragenden Wohngegend lag. Nun, Ray wollte nicht bauen, also landete auch diese Akte wieder auf dem Tisch. Die fünfte Akte hielt Bryan in den Händen. Er betrachtete den Inhalt mit hochgezogenen Augenbrauen, dann reichte er sie Ray mit einem amüsierten Grinsen. Ray nahm die Akte und warf einen Blick auf das darin enthaltene Immobilienangebot. Fast sofort legte er die Akte auf den Tisch zu den anderen. Er wollte ganz sicher nicht in eine Luxussuite in einer Wohnanlage für betreutes Wohnen im Alter ziehen. „Ich nehme an, nichts davon findet Ihr Gefallen?“, erkundigte sich Herr Winter. Er sah nicht überrascht aus, als Ray dies bestätigte. „Häuser mit Garten sind zurzeit sehr rar, aber ich habe hier noch etwas, das Ihnen vielleicht zusagen könnte, Herr Kon.“ Herr Winter trat kurz zu einem Schrank und holte eine wesentlich dickere Akte aus ihm hervor, die er zum Tisch brachte. Auf der Akte stand in großer Schrift ‚Star Tower’. „Wird am Star Tower nicht immer noch gebaut?“, fragte Ray. „Sie haben also schon von diesem Gebäude gehört?“ Herr Winter war sichtlich erfreut darüber. „Die Bauarbeiten sind inzwischen abgeschlossen worden. Der Star Tower steht in einem der besten Wohngebiete der Stadt. Man hat praktisch von jeder Wohnung aus einen wunderschönen Blick aufs Meer, und es ist auch nicht weit bis zum Strand oder zur Innenstadt. Die Lage ist sehr zentral und trotzdem ruhig. Jede Etage des Gebäudes beinhaltet eine Wohnung mit hohem Standard. Außerdem befinden sich im unteren Teil des Gebäudes ein Drei-Sterne-Restaurant sowie ein Fitnessstudio und im Keller eine Tiefgarage. Selbstverständlich wird das gesamte Gebäude von einem Sicherheitsdienst kontrolliert, und es hat sogar eine eigene Lobby mit Pförtnern, die ebenfalls zum Sicherheitsdienst gehören und rund um die Uhr anwesend sind.“ Bevor Herr Winter damit fortfahren konnte, die Vorzüge des Star Towers zu loben, warf Bryan eine Bemerkung ein: „Und doch stehen die meisten Wohnungen leer. Nach dem was ich hörte, läuft der Verkauf nur sehr schleppend. Gibt es dafür eine Erklärung?“ Herr Winter zögerte kurz, beschloss aber dann, seinen Kunden reinen Wein einzuschenken: „Es liegt nicht am Star Tower selbst, das Gebäude ist fehlerlos und hält, was es verspricht. Aber die Werbekampagne für den Star Tower pries das Gebäude als Wohnort der Reichen und Berühmten an. Da der Star Tower nur Luxuswohnungen beinhaltet, stimmt das mit dem Reich auf jeden Fall, doch Berühmtheiten hat der Star Tower bisher nicht aufzuweisen. Es gibt eine Menge Interessenten für die Wohnungen, aber alle halten sich zurück und warten darauf, dass die berühmten Personen einziehen, die ihnen die Werbung so voreilig versprochen hat.“ Bryan, selbst in der Werbebranche tätig, konnte ein amüsiert-abfälliges Schnauben nicht unterdrücken. „Die Werbefirma, die den Auftrag für den Star Tower erhalten hat, muss einen ziemlichen Wind um Berühmtheiten als mögliche Nachbarn gemacht haben, wenn das die Reaktion ist, die sie bei den Interessenten erhalten haben.“ „In der Tat“, stimmte Herr Winter zu. „Und sie stecken jetzt auch ziemlich in der Klemme wegen dem schleppenden Verkauf.“ „Natürlich könnten sich ihre Probleme in Luft auflösen, wenn Herr Kon in das Gebäude einzieht“, bemerkte Bryan fast beiläufig. Herr Winter beschloss, alle Zurückhaltung fallen zu lassen und ganz ehrlich zu sein: „Davon ist auszugehen. Daher wäre es sogar möglich, dass ich für Herrn Kon, falls er denn eine Wohnung im Star Tower kaufen will, einen Rabatt mit dem Verkäufer aushandeln kann. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, meine Herren. Die Wohnungen im Star Tower sind jeden Cent wert, der dafür bezahlt wird. Aber die Verkäufer wären sicher geehrt, wenn Herr Kon eine ihrer Wohnungen auswählen würde.“ Ray lächelte dünn. Er kannte den „Prominentenrabatt“, den er oder auch andere Berühmtheiten häufig bekamen, nur zu gut. Es war in den Augen der Leute einfach eine gute Werbung, wenn beliebte Prominente bei ihnen kauften. Selbst wenn man dadurch ein wenig Geld verlor, kam es durch andere Kunden, die ihren Vorbildern nacheifern wollten, schnell wieder rein. So war es auch bei Herrn Winter. Er bekam für jede verkaufte Wohnung eine Provision gezahlt, die einen bestimmten Prozentsatz des Verkaufspreises ausmachte. Verkaufte er die Wohnung an Ray billiger, verminderte sich auch seine Provision. Aber andererseits würden sich die Wohnungen im Star Tower vermutlich viel besser verkaufen als vorher, wodurch er wieder einen Vorteil haben würde, da er mehr Wohnungen verkaufen konnte. Ray schlug die Akte über den Star Tower auf. Sie war untergliedert in mehrere Teile. Der erste Teil beschäftigte sich mit ganz allgemeinen Daten über das Gebäude sowie die Garage und die Dienste, die angeboten wurden, wie zum Beispiel der Sicherheitsdienst, aber auch ein Reinigungsdienst. Im zweiten Teil wurden die Etagenwohnungen angeboten. Die Raumaufteilung war bei allen großzügig, und die Wohnungen waren hell und freundlich. Der dritte Teil der Akte beschäftigte sich mit dem Penthouse, welches über zwei Etagen ging. Die untere Etage war aufgeteilt wie die anderen Wohnungen, doch die zweite Etage bestand aus einem großen Raum sowie einer großen und einer kleineren Dachterrasse. Ray gefiel, was er in der Akte sah. Zumindest bis sein Blick auf den Preis fiel, erst da musste er einmal schlucken. Dreieinhalb Millionen Euro, das war keine Kleinigkeit. Andererseits war er ein Millionär, und sein Vermögen überstieg den Preis für das Penthouse und dessen Unterhaltskosten bei weitem. Und mit der Aussicht auf eine Schauspielkarriere würde sein Vermögen noch weiter wachsen. Unbemerkt von ihm war Bryan aufgestanden und hatte sich hinter ihn gestellt, um über seine Schulter zu sehen. „Hübsch“, kommentierte er die Fotos in der Akte, und sein warmer Atem strich dabei über Rays Ohr. Ray musste einen angenehmen Schauder unterdrücken, immerhin waren sie nicht allein, doch Bryan bemerkte das leichte Zittern trotzdem und lächelte. „Was hältst du davon?“, fragte er. „Ich würde mir den Star Tower gerne ansehen“, antwortete Ray. Herr Winter war nur zu gerne bereit, diesem Wunsch nachzukommen. Er wies seine Sekretärin an, beim Pförtnerdienst des Star Tower Bescheid zu sagen, dass er mit Kunden vorbei kommen würde, und schon wenige Minuten später fuhr er in seinem grauen Bentley voraus, während Ray und Bryan in der Limousine, die Ray von seinem Hotel zur Verfügung gestellt wurde, hinterher fuhren. Ray fand, dass der Star Tower aus der Nähe noch beeindruckender war als aus der Ferne. Die Fassade war mit einem sandfarbenen marmorierten Stein verkleidet, der glatt poliert war, und die Ecken des Hochhauses waren abgerundet worden. Dies verlieh dem Star Tower eine erhabene aber auch freundliche Ausstrahlung. Sie traten durch die gläsernen Türen des Eingangsportals in die Lobby, einen großen Raum, dessen Boden mit Marmor verkleidet war. An der Decke hing ein Kronleuchter, und der Pförtner saß hinter einem Tresen aus poliertem Eichenholz. Zimmerpalmen waren in großen Kübeln im Raum verteilt, und es waren mehrere kleine Sitzecken mit bequemen Ledersesseln zu sehen. Alles in allem sah der Raum aus wie das Foyer eines Luxushotels im europäischen Stil. Ray gefiel es auf Anhieb. Auch Bryan war beeindruckt, aber ihm fielen noch andere Sachen auf als Ray. Er bewunderte, wie geschickt die Sicherheitskameras an den Wänden versteckt worden waren, fast unsichtbar, so dass er eine davon erst beim zweiten Mal hinsehen überhaupt entdeckt hatte. Auch die beiden Sicherheitsleute fielen ihm auf, die langsam am Rand des Raumes ihres Weges gingen. Fast hätte man sie in ihren eleganten Anzügen für Bewohner des Star Towers halten können, aber Bryan war sich sicher, dass diese beiden keine Millionäre waren. Ihre dunkelblauen Anzüge waren exakt gleich, und sie waren viel zu durchtrainiert, um den ganzen Tag lang im Chefsessel einer Firma zu sitzen. Diese Art von Muskeln bekam man nicht vom Akten wälzen. Herr Winter begrüßte den Pförtner, der ihm zuvorkommend einen ganzen Bund Karten reichte, die alle ungefähr so groß wie Kreditkarten waren und den Schriftzug des Star Towers sowie eine Nummer trugen. Die Schlösser im Star Tower waren elektronisch und funktionierten nicht mit gewöhnlichen Schlüsseln, sondern mit diesen Karten. Herr Winter führte Ray und Bryan zu den Aufzügen, die sich am anderen Ende des Raumes befanden. „Die Aufzüge funktionieren ebenfalls mit diesen Karten“, erklärte er. „Die unteren Stockwerke, die keine Wohnungen enthalten, sondern Dienstleistungen anbieten wie zum Beispiel das Restaurant sind für alle Leute frei zugänglich. Aber nur wer die entsprechende Karte hat, kommt mit einem Aufzug direkt auf die Etage seiner Wohnung. Besucher müssen sich beim Pförtner anmelden. Das soll aber nicht heißen, dass der Aufzug direkt in die Wohnung führt. Davor ist ein Flur, von dem man auch noch das Treppenhaus erreichen kann. Dies ist wegen der Sicherheitsbestimmungen für eventuelle Notfälle erforderlich. Aber Sie müssen keinen unangemeldeten Besuch befürchten, Herr Kon. Der Sicherheitsdienst kontrolliert das Treppenhaus sehr strikt. Möchten Sie sich gleich das Penthouse ansehen? Es hat als einzige Wohnung einen eigenen Aufzug, der nicht von anderen benutzt werden kann.“ Ray entschied sich dafür, erst eine der anderen Luxussuiten anzusehen. Herr Winter entschied sich für eine im mittleren Bereich des Star Towers. Wie erwartet waren die Räume großzügig geschnitten und boten viel Platz. Die Wände waren in einem cremefarbenen weiß gehalten, und die Böden entweder mit Parkett oder Marmor ausgelegt. Die Zimmer waren nicht möbliert, lediglich Küche und Bad waren bereits vollständig vorhanden, beides war luxuriös und ließ keine Wünsche offen. Aber es war der Ausblick von den Fenstern, der Ray und Bryan gefangen nahm. Nach allen Seiten hatte man die herrlichste Sicht. Zur einen Seite erstreckte sich scheinbar endlos das Meer, zu einer anderen sah man zum Hafen, wo die Schiffe ein- und ausliefen. Auf der anderen Seite sah man kilometerlang am Strand entlang und über die Villen und Hotels hinweg, die dort standen. Und der Ausblick der vierten Seite über Star City war einfach fantastisch. Ray beschloss, sich nun das Penthouse anzusehen. Wenn der Ausblick von hier bereits so schön war, wie weit blickte man dann erst von ganz oben? Herr Winter zückte die spezielle Karte für das Penthouse und aktivierte den Aufzug. Als sie oben im Penthouse ankamen, war es zuerst nicht anders als bei den anderen Wohnungen im Star Tower auch. Die untere Etage des Penthouse sah genauso aus wie die anderen Wohnungen, allerdings mit einer Ausnahme. Eine elegant geschwungene breite Wendeltreppe mit kunstvollem schmiedeeisernem Geländer führte in die obere Etage. Als sie hinaufstiegen, betraten sie einen riesigen Raum mit großen Fenstern. Zwei große Türen führten auf die beiden Dachterrassen. Ray betrat die Größere der Terrassen zuerst. Die Aussicht war atemberaubend! Die Terrasse zeigte zum Meer, und Ray schien es als könne er endlos über die Wellen hinwegsehen. Es vergingen einige Minuten, in denen niemand etwas sagte, denn alle waren zu sehr damit beschäftigt, diese einmalige Aussicht zu genießen. Doch Herr Winter hatte noch eine Überraschung und drängte schließlich sanft darauf, dass man die kleinere Terrasse auch betreten sollte. Ray und Bryan folgten ihm schließlich auf die zweite Terrasse, die durch Mauern geschützt war und sogar einige kleine Bäume in großen Kübeln aufwies. Auch hier war die Aussicht, die diesmal über die Stadt hinweg ging, atemberaubend, aber Rays Blicke wurden von etwas ganz anderem auf der Terrasse angezogen. „Ist das ein Jacuzzi?“, hörte er Bryan hinter sich mit leichtem Unglauben in der Stimme fragen. „Allerdings“, antwortete Herr Winter stolz. „Diese Terrasse ist vor Blicken und dem Wind besser geschützt als die andere. Man könnte sie allerhöchstens von einem Hubschrauber aus einsehen. Und da das Klima in Star City gerade in den Sommermonaten herrlich warm ist, haben die Architekten sich diese kleine Besonderheit einfallen lassen.“ Rays Entscheidung war gefallen. Das Penthouse war eine zu gute Gelegenheit, um sie zu verpassen. Sie sahen sich noch ein wenig im Star Tower um, und Bryan stellte amüsiert fest, dass die Leute, die bereits im Gebäude wohnten oder arbeiteten, aufgeregt zu flüstern begannen, wo immer Ray auch auftauchte. Schließlich fuhren sie zurück in das Büro von Herrn Winter, wo Ray seine Entscheidung zum Kauf des Penthouses mitteilte. Herr Winter war hocherfreut und versprach, den Kaufvertrag sobald wie möglich fertig zu machen. Normalerweise hätte ihn Ray sofort unterschreiben können, und Herr Winter hätte sich um alles Notarielle gekümmert, doch Herr Winter wollte erst noch den Preisnachlass mit dem Verkäufer aushandeln. Er schien fest entschlossen, Ray einen finanziellen Vorteil zu verschaffen, und Ray hatte gewiss keine Einwände. Immerhin würde er das Penthouse auch noch nach seinem Geschmack einrichten müssen, und damit sah er schon jetzt eine ganze Menge Arbeit auf sich zukommen, auch wenn Herr Winter ihm eine Innenarchitektin empfahl, die ihm dabei helfen konnte. *** Ray sollte Recht behalten mit der Menge an Arbeit, die mit dem eigenen Zuhause auf ihn zukam. Allerdings erwies sich die Innenarchitektin, Frau Siek, als ein wahrer Glücksgriff. Nachdem der Kaufvertrag unterzeichnet und Ray offiziell Eigentümer des Penthouses war, übrigens tatsächlich mit einem Rabatt von 10%, besichtigte Frau Siek mit ihm zusammen sein neues Heim und fragte ihn ausführlich nach seinen Wünschen und Vorstellungen sowie nach seinen Vorlieben bei Farben und Materialien aus. Innerhalb kürzester Zeit besaß er ein gemütliches Schlafzimmer mit Kingsize-Bett und gleich daneben, erreichbar durch eine Verbindungstür, ein großes Ankleidezimmer. Die Ausstattung für die anderen Räume sollte in Kürze folgen, sobald sich Ray von den vorherigen Anstrengungen ein wenig erholt hatte. Frau Siek hatte ihn in den vorangegangenen Tagen durch unzählige Möbelhäuser und Schreinerwerkstätten geschleift, um genau die Möbel zu finden, die seinem Geschmack entsprachen. Und dann hatte sie noch die Lieferung und die Aufstellung der Möbel überwacht. Im Moment war sie ebenfalls im Penthouse und beaufsichtigte die Verlegung eines Teppichs. Ihre Energie schien unerschöpflich, und Ray war froh, der Empfehlung von Herrn Winter gefolgt zu sein. Er selbst bereitete seinen Umzug aus seinem Hotel in sein neues Zuhause vor. Herr Polanski, der Hotelmanager, verabschiedete Ray mit vielen netten Worten und stellte ihm ein letztes Mal eine der Hotellimousinen zur Verfügung. Auch andere waren nicht untätig geblieben. Sara hatte sich mit Aufträgen zurückgehalten, Ray jedoch die Termine für den Drehbeginn des Films mitgeteilt. Außerdem warnte sie ihn, dass mit Drehbeginn auch eine Presseerklärung der Filmstudios zu dem geplanten Film herausgegeben würde, in der die Schauspieler namentlich genannt wurden. Auch sein Name würde natürlich auf der Liste stehen, und es war damit zu rechnen, dass die Presse ihm Fragen zum Film stellen würde. Bryan war ebenfalls sehr aktiv und teilte Ray mit, dass noch vor Drehstart des Films eine Promotionparty für einen neuen Sportwagen von Motor Wheels organisiert wurde, an der er teilnehmen sollte. Zwei Tage vor der Promotionparty ging die Presseerklärung der Filmstudios durch die Medien, und Spekulationen darüber, ob das Modell Ray Kon wirklich als Schauspieler taugen würde, füllten die Klatschspalten der Zeitungen. Bei den Mitgliedern der High Society von Star City, die Einladungen zur Promotionparty von Motor Wheels erhalten hatten, begann es vor Aufregung zu summen wie in einem Bienenstock, stand doch auf der Einladung, dass Ray Kon Ehrengast auf der Party sein würde. Damen jeglichen Alters, selbst einige seit vielen Jahren glücklich verheiratete Damen, begannen damit, Kleider und Juwelen zurechtzulegen für den großen Abend, an dem sie Ray Kon kennen lernen konnten. Ehemänner hatten plötzlich keine Probleme mehr, ihre Frauen davon zu überzeugen, dass man sich unbedingt den neuen Sportwagen auf dieser Party ansehen müsse. Mehr als einer hatte allerdings den berechtigten Verdacht, dass seine Frau nicht der Sportwagen interessierte, wenn sie mit leuchtenden Augen von der Party sprach. Motor Wheels hatte für die Party ein Kongresszentrum angemietet, und dort fand sich am Abend der Party alles ein, was Rang und Namen in Star City hatte. Herren in Smokings und maßgeschneiderten Anzügen in Begleitung ihrer Ehefrauen, die edle Abendgarderobe und wertvollen Schmuck trugen, füllten alsbald den großen Saal, der für den Anlass entsprechend dekoriert worden war. Auf einer Tribüne im hinteren Teil des Saals standen hinter dem dortigen Rednerpult drei der Sportwagen, noch verdeckt von weißen Tüchern, und warteten auf ihre feierliche Enthüllung. Zwei weitere Sportwagen, ebenfalls noch verdeckt, warteten auf der rechten und linken Seite des Saals auf drehbaren Podesten. Freundlich lächelnde Hostessen achteten darauf, dass niemand versuchte, unter die Tücher zu sehen, und verteilten Informationsblätter mit den technischen Daten des Wagens. Ein Catering-Service bot den Gästen Getränke und kleine Appetithappen an. Die gesamte Chefetage von Motor Wheels hatte sich inzwischen unter die Gästeschar gemischt. In Kürze würde nun das Programm für den Abend starten. Direktor Hill ging mit sicheren Schritten durch die Menge auf die Tribüne zu. Es war seine Aufgabe, die Begrüßungsrede zu halten, doch bevor er damit begann, gab es noch etwas zu erledigen. Am Fuß der Tribüne fand er die gesuchte Person. Bryan sah in seinem maßgeschneiderten dunkelblauen Anzug, den er zu solchen Gelegenheiten trug, eher wie einer der Gäste aus anstatt wie einer der Organisatoren dieses Abends, allerdings war dieser Eindruck auch erwünscht. Einer der führenden Angestellten von Motor Wheels musste den Erfolg der Firma schließlich auch nach außen hin repräsentieren. Herr Hill trat an die Seite von Bryan und teilte ihm in gedämpften Ton mit: „Herr Kuznetsov, ich möchte in zehn Minuten mit der Rede beginnen. Bitte bringen Sie Herrn Kon zum Tribünenaufgang, damit er sein Stichwort nicht verpasst.“ „Sehr gern“, antwortete Bryan und verschwand unauffällig durch einen der Seitenausgänge. Ray war noch vor den Gästen ins Kongresszentrum gekommen, um mit Bryan das Programm des heutigen Abends nochmals durchzusprechen. Nun wartete er in einem kleinen Raum, den man extra für ihn zu einer Art VIP-Lounge umfunktioniert hatte, auf seinen Auftritt. Bryan verzichtete darauf, anzuklopfen, sondern betrat den Raum leise und blieb in der Tür stehen, um einen Blick auf Ray zu erhaschen, ohne dass dieser sich seiner Gegenwart bewusst war. Seine Bemühungen waren von Erfolg gekrönt. Ray saß in einem Sessel, den Kopf zum Fenster gedreht, wodurch der Türbereich nicht mehr in seinem Sichtfeld lag. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen und wirkte vollkommen entspannt. In dem jadegrünen Seidenhemd im chinesischen Stil mit prachtvoller Goldstickerei über einer schwarzen Hose und mit den schmalen schwarzen Slippern, in denen seine Füße so zierlich wie die einer Frau wirkten, sah er aus wie ein chinesischer Prinz aus einer Legende. Von Kopf bis Fuß war er in jenen glamourösen Schein gehüllt, der ihn als männliches Modell so berühmt gemacht hatte. Bryan war der Ansicht, dass es diese leicht androgyn wirkende Exotik war, die Ray bei Frauen und Männern so beliebt machte, auch wenn die meisten Männer das nie zugeben würden. Nun, Bryan hatte dieses Problem nicht. Er wusste ganz genau, was ihm an Ray gefiel. Ray spürte, wie er beobachtet wurde, und wandte den Kopf zur Tür. „Bryan, ich habe gar nicht gehört, wie du geklopft hast. Entschuldige, habe ich dich warten lassen?“ Bryan lächelte ein wenig reuig und schloss die Tür hinter sich. „Ich muss mich entschuldigen. Ich bin herein gekommen, ohne zu klopfen. Ich wollte unbedingt einen Blick auf dich erhaschen, ohne dass du es merkst.“ Ray erhob sich aus seinem Sessel. „Und haben sich deine Bemühungen gelohnt?“ „Sogar sehr.“ Bryan trat auf Ray zu und nahm ihn in die Arme. Für einen Moment küssten sie sich, nur ein kurzes Streicheln ihrer Lippen, dann ließen sie einander wieder los. „Direktor Hill fängt in wenigen Minuten mit der Eröffnungsrede an. Du musst dich bereit machen“, sagte Bryan. Ray nickte nur, und gemeinsam verließen sie das Zimmer, um ihre vorbestimmten Aufgaben für diesen Abend zu erfüllen. Hills Rede war glücklicherweise nicht lang. Nur etwa eine Viertelstunde lang redete er über die Neuentwicklung der Firma, lobte den Einfallsreichtum der Techniker und die Ästhetik des neuen Wagendesigns. Danach trat Ray auf die Tribüne, um selbst noch eine kleine von ihm und Bryan vorbereitete Rede zu halten. Bei seinem Erscheinen ging ein Raunen durch die Menge. Sein Aussehen verfehlte seine Wirkung nicht, und Bryan beobachtete amüsiert, dass selbst die Männer im Publikum anerkennende Blicke über Rays Gestalt wandern ließen. Rays Rede dauerte nur wenige Minuten, dann gab er die Tribüne frei für den eigentlichen Ehrengast, wie er sich ausdrückte. Die Hostessen im Saal sprangen vor und entfernten die Tücher von den Autos, und zumindest die Aufmerksamkeit der Männer im Saal wandte sich nun von Ray ab. Gleichzeitig rollten sich auf Knopfdruck mehrere Plakate an den Wänden des Saals auf, die alle den neuen Sportwagen in verschiedenen Farben und aus unterschiedlichen Perspektiven zeigten. Auch Ray war in unterschiedlicher Kleidung auf den Plakaten zu sehen. Diese Bilder waren Teil der Werbeaktion für den Wagen und würden ab Morgen in vielen Zeitschriften weltweit zu sehen sein. Nun war die Tribüne für die Besucher freigegeben, und die Männer scharten sich um die Vorführwagen und öffneten deren Türen, um sich alles genau anzusehen. Ein Techniker von Motor Wheels öffnete die Motorhaube eines Wagens und stellte sich daneben, um eventuelle Fragen zur Technik zu beantworten. Natürlich nichts zu genaues, denn auch die Konkurrenz würde sich sicherlich für den Wagen interessieren. Bryan beobachtete amüsiert, wie es die Männer zu den Autos zog, die meisten Frauen dagegen in die Richtung von Ray. Er war bereits jetzt von einer Schar Verehrerinnen umgeben, und weitere Damen hatten sich zu kleinen Gesprächsgruppen in seiner Nähe zusammengefunden und warteten nur auf eine Gelegenheit, um selbst ein paar Worte mit ihm wechseln zu können. Bryan schritt durch den Saal um zu überprüfen, ob alles gemäß seiner Planung lief. Dabei achtete er jedoch darauf, sich nicht zu weit von Ray zu entfernen, so dass er ihn immer im Blickfeld haben konnte. Er war schließlich auch für die Sicherheit des zurzeit wichtigsten Werbeträgers von Motor Wheels zuständig. Und außerdem fühlte er sich nicht wohl bei dem Gedanken, Ray mit einer ganzen Meute Fans allein zu lassen. Unbemerkt von Bryan war Direktor Hill an seine Seite getreten. „Ich gratuliere Ihnen, Herr Kuznetsov. Es sieht ganz danach aus, dass dieser Abend ein voller Erfolg wird.“ Bryan ließ sich seine Überraschung über das unerwartete Auftauchen von Hill nicht anmerken und erwiderte: „Dieser Erfolg ist wohl vor allem Herrn Kon zu verdanken, aber Sie haben Recht. Der Abend läuft bisher wie geplant.“ Hill schmunzelte über Bryans Wortwahl. „Sie sind niemand, der Vorschusslorbeeren annimmt, wie mir scheint“, bemerkte er und bezog sich dabei auf das Wort ‚bisher’ in Bryans letztem Satz. „Ich bevorzuge es, zuerst Ergebnisse vorweisen zu können“, bestätigte Bryan ein wenig verhalten. Er war immer vorsichtig im Umgang mit Direktor Hill. Niemand innerhalb der Betriebsstrukturen von Motor Wheels hielt mehr Macht in seinen Händen als dieser Mann, und niemand konnte es sich daher leisten, ihn zu verärgern oder noch schlimmer, ihn zu enttäuschen. „Und das haben Sie ja auch geschafft. Herr Kon ist für die nächsten Jahre der wichtigste Werbeträger für unsere Firma.“ Hill klang sehr zufrieden. „Offen gesagt hatte ich meine Zweifel, dass Herr Kon doch noch für uns arbeiten würde, nachdem was passiert ist. Aber Sie haben es möglich gemacht. Und daher halte auch ich mein Wort ein. Sie sind seit heute offiziell der neue Leiter der Werbeabteilung. Morgen liegt Ihre Ernennung auf Ihrem Schreibtisch. Meine Glückwünsche, Herr Kuznetsov.“ „Danke.“ Bryan fehlten ein wenig die Worte, obwohl er gewusst hatte, dass es so kommen würde. Aber Hill schien sich nicht an seiner knappen Antwort zu stören. Er nickte ihm nur kurz zu und verschwand dann wieder in der Menge. Auch Bryan setzte seine Wanderung fort, und wenn sein Schritt ein wenig beschwingter war als vorher, so fiel dies doch niemandem auf. Für Ray war die Party harte Arbeit. Er hatte keinen Moment Ruhe vor den Gästen. Kaum entfernten sich einige seiner Gesprächspartner, wurden ihre frei gewordenen Plätze schon von neuen Personen besetzt, die sich mit Begeisterung in ein Gespräch mit ihm stürzten. Selbst als das Buffet eröffnet wurde, fand er kaum die Zeit, ein paar Happen zu essen. So ging das über Stunden hinweg. Seine Füße schmerzten schon vom vielen Stehen und Umherwandern, da er sich nicht setzen wollte, um nicht von seinen Fans eingekesselt zu werden, und sein Lächeln kam ihm vor wie auf seinem Gesicht festgefroren. Aber er war ein Modell, und als solches verfügte er über ein hohes Maß an Disziplin. Man brachte es nicht weit in diesem Beruf, wenn man über keine Selbstdisziplin verfügte. Trotzdem war Ray froh, als es Mitternacht war. Für ihn bedeutete es, dass er jetzt gehen konnte, denn die Party erreichte nun ihr Ende. Es war Bryan, der Ray half, sich von seinen in der Mehrzahl weiblichen Verehrern zu lösen, und ihn nach draußen begleitete. „Ich bringe dich nach Hause“, sagte er, und Ray war selten so froh gewesen, diese Worte von ihm zu hören. Als sie den Star Tower erreichten und Bryan seinen Wagen auf dem Parkplatz für Besucher geparkt hatte, fragte Ray: „Willst du noch mit hoch kommen? Wenn du natürlich zu müde bist, verstehe ich das.“ „Ich bin noch sehr munter. Ich hätte weniger Kaffee auf der Party trinken sollen. Außerdem habe ich den morgigen Vormittag frei, da ich bis Mitternacht die Party beaufsichtigt habe, ich kann also ausschlafen“, erwiderte Bryan. „Ich würde deine Wohnung gerne noch mal sehen. Sie ist jetzt vollständig eingerichtet, oder?“ „Ja. Frau Siek ist der reinste Wirbelwind an Energie und Tatkraft. In wenigen Tagen war alles erledigt. Falls du jemals Verwendung für eine Innenarchitektin hast, kann ich dir ihre Visitenkarte geben.“ Sie durchquerten die Lobby und nahmen den Privatlift zum Penthouse. Der Lift mündete in einem kleinen Raum, der als Flur zwischen dem Lift und der Wohnung diente. Er war gestaltet wie eine kleine Lobby mit einer bequemen Ledercouch und zwei Zimmerpalmen, die eine schöne Holztür mit elektronischem Schloss säumten. Die Tür zum Treppenhaus fiel dagegen kaum auf, denn sie war unauffällig in ihrer Gestaltung und hatte die gleiche Farbe wie die weißen Wände. Der Blick aus dem vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster hätte allerdings jede Besenkammer zu einem Prachtzimmer erhoben. Ray öffnete die Tür, und gemeinsam traten sie in seine Wohnung. Bryan sah sich neugierig um. Natürlich hatte sich der Zuschnitt der Wohnung nicht verändert, seit er sie zusammen mit Ray besichtigt hatte, doch nun, wo sie eingerichtet war und tatsächlich jemand hier wohnte, wirkten die Räume warm und gemütlich. Weiche Teppiche, Sitzgruppen um kleine und große Tische, Regale und Schränke an den Wänden, alles war von bester Qualität und sicherlich teuer, ohne jedoch protzig zu wirken. Die Kunstdrucke und Fotos an den Wänden setzten die letzten Farbakzente in die Räume, um das Bild perfekt zu machen. Bryan studierte zwei Fotografien an einer Wand etwas genauer. Die eine war ein Schwarzweiß-Foto von Ray, das ihn liegend auf einer weißen Couch zeigte. Daneben stand eine große Bodenvase, die mit einem riesigen Strauß Blumen gefüllt war. Direkt neben der schwarzweißen Fotografie hing dasselbe Bild noch mal in Farbe. Ray legte von hinten die Arme um Bryan und sah über seine Schulter. „Gefallen dir die Fotos? Sie sollten ursprünglich für die Werbekampagne eines Möbelhauses verwendet werden, aber dann hat man doch ein anderes Foto mit mir genommen. Ich fragte den Fotografen, ob ich diese beiden Bilder behalten darf. Jetzt hängen sie hier.“ „Sie sind beeindruckend, vor allem im direkten Vergleich zueinander. Allerdings ist das Original noch viel beeindruckender.“ Mit diesen Worten drehte sich Bryan in Rays Armen um und erwiderte dessen Umarmung. Ray küsste Bryan, und er öffnete seinen Mund willig, als Bryans Zunge sanft Einlass verlangte. Ein paar Momente lang genoss er einfach nur Bryans Zärtlichkeiten, bis er schließlich den Kuss beendete und sich mit einem wohligen Seufzen an Bryan schmiegte. „Bryan, bleib heute Nacht bitte hier, ja?“, bat er. „Meine Wohnung ist schön, aber ich fühle mich immer noch ein wenig einsam hier. Hilf mir, dieses Gefühl zu überwinden. Würdest du das tun?“ „Es wäre mir eine Freude“, flüsterte Bryan in Rays Ohr, und sein Atem, der Rays Haut streifte, jagte heiße Schauer über den Rücken des Chinesen. „Ich liebe dich, Ray.“ Bei diesen Worten wurde Rays Umarmung noch ein wenig fester. Gemeinsam ließen sie sich auf der Couch nieder, ließen ihren Händen und Mündern freien Lauf und erkundeten mit Geduld und Zärtlichkeit das noch unbekannte Mysterium, das der Körper des jeweils anderen war. Doch schon einige Minuten später erhoben sie sich, und Ray führte Bryan in sein Schlafzimmer. Mit einem leisen Klicken schloss sich die Tür hinter ihnen, und es sollte bis in den späten Vormittag hinein dauern, bis sie sich wieder öffnete. *** Es waren jetzt schon sechs Wochen, in denen Bryan Ray nicht gesehen hatte. Sechs Wochen seit er Ray nach jener Nacht verlassen hatte, um zu seiner Arbeit zu gehen. Das sollte nicht heißen, er hätte nichts von ihm gehört. Wenn er von der Arbeit nach Hause kam, wartete an so manchem Abend ein blinkender Anrufbeantworter darauf, ihm seine Nachricht mitzuteilen, und diese Nachricht war immer von Ray. Es war großartig, Rays Stimme zu hören, wie er von den Dreharbeiten erzählte, zu denen er am Tag nach ihrer gemeinsam verbrachten Nacht aufgebrochen war. Die Sunshine Productions hatte Ray am Drehort einquartiert, da dieser zu weit von Star City entfernt lag, als dass Ray jeden Abend zurück zum Star Tower fahren konnte. Er hatte Bryan zwar seine Telefonnummer gegeben, doch Rays Arbeitszeiten waren so unregelmäßig, dass er selbst nie im Voraus wusste, wann er erreichbar war. Daher rief Bryan oft vergeblich an. Und Ray wollte Bryan nicht an der Arbeit mit einem Anruf stören. Bryan wünschte sich sehnlich, dass Ray ihn an der Arbeit stören würde. Wenn Ray doch nur nicht so rücksichtsvoll wäre, das war definitiv etwas, was er mit seinem Freund und Liebhaber besprechen musste, wenn er wieder in Star City war. Allerdings musste Bryan sich eingestehen, dass es nicht allein an Ray lag, wenn sie einander telefonisch nicht erreichen konnten. Denn auch Bryan machte zurzeit viele Überstunden und kam erst spät nach Hause. Ohne Ray an seiner Seite reizte es ihn nicht mehr, noch nach der Arbeit auszugehen, und die Aussicht, zuhause vor dem Fernseher zu sitzen bis es Schlafenszeit war, fand er eher erschreckend. Außerdem sprudelte er über vor Ideen für Werbekampagnen, die er mit Ray als Werbeträger starten wollte. Seine Sekretärin, Frau Schmidt, bezeichnete Ray bereits scherzhaft als Bryans persönliche Muse. Unrecht hatte sie damit nicht, wie Bryan zugab. Auch an diesem Abend kam Bryan wieder recht spät nach Hause. Er leerte seinen Briefkasten, ohne dem Inhalt Beachtung zu schenken. Seine Gedanken galten mehr einem späten Abendessen als seiner Post. Erst nachdem er gesättigt war, ließ er sich auf seiner Couch nieder und widmete sich seiner Post. Zwei Briefe waren gekommen, von denen jedoch einer, der lediglich Werbung enthielt, sofort im Müll landete. Es war der andere Brief, der Bryans volle Aufmerksamkeit für sich beanspruchte, und der Absender schaffte es sogar, dass sich der Herzschlag des Russen ein wenig beschleunigte. „R. Kon, Sunshine Productions“ – so stand es auf der Rückseite des Umschlags zu lesen. Hastig öffnete Bryan den Umschlag. Er enthielt einen Werbehandzettel für die Premiere des neuen Kinofilms „Eine tödliche Angelegenheit“ und eine handschriftliche Notiz von Ray, in dem er mitteilte, dass dies die Premiere seines Films sei und er wissen wollte, ob Bryan ihn zur Premiere begleiten möchte. Außerdem würde er in kürze wieder zurück sein, da der Film so gut wie fertig war. Bryans Müdigkeit war wie weggewischt. Es stand für ihn außer Frage, dass er Rays Angebot annehmen würde. Er freute sich darauf, diesen Film, der für Ray so wichtig war, mit ihm gemeinsam zu sehen. Aber noch wichtiger war ihm, dass Ray bald wieder in Star City sein würde. Bald würde er ihn wiedersehen und ihn in den Armen halten können. Es dauerte an diesem Abend lange, bis Bryan einschlafen konnte. Die ganze Zeit über galten seine Gedanken nur Ray. *** „Willkommen zurück!“ Sara rannte förmlich durch ihr Büro und fiel Ray um den Hals, als dieser den Raum betrat. „Du musst mir alles genau erzählen“, sagte sie, ergriff Ray am Arm und schob ihn in ihren Besuchersessel vor ihrem Schreibtisch, bevor sie selbst Platz nahm. Saras Enthusiasmus brachte Ray zum Lachen. „Du weißt doch alles. Du hast mich ein paar Mal während der Dreharbeiten besucht“, bemerkte er. „Spielverderber.“ Sara zog einen Schmollmund. „Es gibt doch bestimmt jede Menge Sachen, die ich bei meinen kurzen Besuchen nicht mitbekommen habe. Also erzähl schon was, irgendwas.“ Und Ray kam ihrer Aufforderung gefügig nach, erzählte von den Erlebnissen während des Drehs, von kleinen Fehlern und großen Pannen, und von den anderen Schauspielern, den Profis und den Statisten, von beeindruckenden Kulissen und den Leuten, die hinter den Kameras alles am Laufen hielten. Als Neuling im Filmgeschäft hatte sich Ray einfach für alles interessiert und war selbst dann beim Dreh dabei gewesen, wenn er für eine Szene nicht benötigt wurde. Er hatte sich dann einen Platz gesucht, wo er niemanden im Weg stand, und von dort aus alles beobachtet. Als er seinen Bericht beendete, leuchteten Saras Augen wie die eines Kindes unterm Weihnachtsbaum. Sie betreute einige prominente Leute, aber Schauspieler hatte sie nur ganz wenige unter ihren Fittichen, die ehrlich gesagt im Filmgeschäft bisher nicht allzu bekannt waren. Rays Karriere dagegen sah auch in diesem Bereich sehr vielversprechend aus. Als seine Managerin würde sie natürlich finanziell von seinem Erfolg profitieren, aber sie freute sich auch für ihn, weil sie ihn mochte. „Hast du während meiner Abwesenheit etwas von Bryan gehört?“ Rays Frage brachte Saras Gedanken aus ihrer Traumwelt zurück in die Gegenwart. „Solltest du nicht eher Kontakt zu ihm haben?“, fragte sie gespielt unschuldig. „Er ist doch ein sehr guter Freund von dir, oder nicht?“ „Ja, schon“, antwortete Ray und wurde sogar ein wenig rot, wie Sara entzückt feststellte. „Aber die Drehzeiten waren so unterschiedlich, dass ich meistens nur auf seinen Anrufbeantworter gesprochen habe. Und er schien auch ziemlich viel zu arbeiten. Er war abends kaum zu Hause, vielleicht war er ausgegangen.“ Sara kommentierte Rays letzte Worte mit einem ungläubigen Blick. Bryan sollte ausgehen ohne Ray? Sie kannte ihn zwar nicht gut, aber das glaubte sie kaum. Laut sagte sie: „Herr Kuznetsov muss wie ein Ackergaul geschuftet haben, seit du die Stadt für den Dreh verlassen hast. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass er sein Büro meistens erst spät am Abend verlässt. Er hat bereits einiges an Vorschlägen für Werbekampagnen mit dir eingereicht.“ Ray hob zweifelnd eine Augenbraue. „Und diese sichere Quelle ist?“ „Anna natürlich – ich meine Frau Schmidt. Sie ist eine ganz reizende Person. Ich nehme doch an, du erinnerst dich an sie.“ Ray nickte, er erinnerte sich gut an Frau Schmidt, die Sekretärin von Bryan. Und nach der Art zu schließen, wie Sara ihren Vornamen benutzte, hatte Sara häufiger Kontakt zu ihr. „Dann ist Bryan wohl noch in seinem Büro. Ich sollte besser nicht stören“, überlegte er laut. Im nächsten Moment setzte sich Sara kerzengerade in ihrem Sessel auf. „Unsinn“, sagte sie energisch. „Geh hin und besuch ihn, wenn du möchtest. Immerhin habt ihr jede Menge Werbekampagnen zu besprechen.“ „Aber ich dachte, die Vorschläge lägen dir bereits vor?“ „Nur ein paar Vorschläge, nichts konkretes“, log Sara. „Wir wollten nicht über deinen Kopf hinweg entscheiden. Du kennst deinen Terminplan. Geh zu ihm und frag nach den Zeiträumen für seine geplanten Kampagnen. Alle anderen Angebote an dich können warten, bis die Termine mit Motor Wheels feststehen.“ „Na, wenn du meinst“, sagte Ray zögernd. „Allerdings meine ich das. Nun geh schon zu ihm. Husch, husch.“ Sara winkte ungeduldig mit einer Hand, jedoch lag ein freundliches Lächeln auf ihrem Gesicht. Es hätte vielleicht wie ein Rauswurf gewirkt, aber Ray kannte Sara und ihre Eigenarten und wusste, dass sie ihn nur ermutigen wollte, Bryan zu besuchen. Er war kaum zur Tür hinaus, als Sara schon nach dem Telefonhörer griff und eine ihr inzwischen gut vertraute Nummer wählte. Es dauerte nur kurz, bis am anderen Ende jemand abhob. „Hallo, Anna, ich bin’s. Rat mal, wer gleich bei dir vorbeikommt, um Herrn Kuznetsov zu sehen… Ja, er ist seit heute wieder in der Stadt, und es sollte mich sehr wundern, wenn er euch nicht besuchen kommt.“ *** Als Ray bei Motor Wheels in seiner Limousine mit Fahrer, die er beim Service des Star Towers angemietet hatte, vorfuhr und sich beim Pförtner anmelden wollte, lächelte dieser nur freundlich und winkte ihn durch mit der Bemerkung, er sei bereits angekündigt worden. Ray war etwas überrascht, schlussfolgerte aber ganz richtig, dass Sara bei Frau Schmidt angerufen haben musste, die daraufhin dafür sorgte, dass er ohne Umstände das Firmengelände betreten konnte. Ray wies seinen Fahrer an, auf ihn zu warten, und begab sich in den Fahrstuhl. Er fühlte sich ein klein wenig unwohl, hier zu sein, denn es brachte unangenehme Gedanken an den Vorfall mit Sergenson zurück. Aber diese Gedanken verflogen schnell wieder, als er an Bryan dachte. Die Fahrstuhltüren öffneten sich mit einem klingelnden Geräusch, und Ray betrat den Flur, der ihn zu Bryans Büro führen würde. Die Leute, die ihn sahen, grüßten ihn lächelnd, und Ray grüßte freundlich zurück. Er klopfte an die Tür des Vorzimmers zu Bryans Büro und trat ein. „Guten Tag, Frau Schmidt“, grüßte er. „Würden Sie mich bitte bei Bryan anmelden?“ „Hallo, Herr Kon. Eine Anmeldung ist nicht nötig. Gehen Sie ruhig hinein“, antwortete Frau Schmidt, die von Rays Auftauchen nicht im Mindesten überrascht war. Immerhin war sie durch Sara vorgewarnt und genau wie Sara der Ansicht, dass Ray auf jeden Fall zu Bryan gehen würde. Ray klopfte an Bryans Tür und trat ein. Bryan saß an seinem Schreibtisch und studierte eine Akte. Ohne aufzusehen sagte er: „Haben Sie die Aufträge für die Werbeanzeige fertig, Frau Schmidt?“ „Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst, aber ich bin sicher, Frau Schmidt kümmert sich schon darum“, antwortete Ray. Bryans Kopf hob sich ruckartig, und als er Ray sah, stand er auf und eilte mit schnellen Schritten um seinen Schreibtisch herum. „Ich nehme an, du freust dich, mich zu sehen?“, fragte Ray kokett. Ohne eine verbale Antwort zu geben, zog ihn Bryan in eine Umarmung und in einen Kuss, der erst nach einer kleinen Ewigkeit enden sollte und sowohl ihn als auch Ray etwas atemlos zurückließ. „Ich halte das für ein Ja“, bemerkte Ray ein wenig träumerisch, während er das angenehme Prickeln in seinen Lippen genoss, das der Kuss verursacht hatte. „Allerdings ist das ein Ja“, stimmte Bryan zu und zog Ray in den nächsten Kuss. Es war immerhin eine lange Zeit gewesen, in der sie sich nicht gesehen hatten. Im Vorzimmer hatte Frau Schmidt währenddessen ihre Arbeit vergessen und starrte stattdessen die Tür zu Bryans Büro an, als wollte sie mit ihren Blicken allein Löcher in das Holz brennen. Aber leider zeigte sich die Tür davon völlig unbeeindruckt und offenbarte nichts von dem, was sich hinter ihr abspielte. Frau Schmidt fing an, sich zu fragen, was wohl die disziplinarrechtlichen Folgen für ihren Job wären, wenn sie eine kleine Spionagekamera in Bryans Büro anbrachte. Nach einiger Überlegung nahm Frau Schmidt mit einem leisen Seufzer Abschied von diesem ohnehin nur halb ernst gemeinten Gedanken – die möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen waren ihr doch zu riskant. *** Noch an diesem Abend lud Ray Bryan ins Restaurant im Star Tower ein, um ihm alles zu erzählen, was während der Dreharbeiten passiert war. Es war fast Mitternacht, als sich die beiden in Rays Penthouse zurückzogen. Die Nacht war sommerlich warm, und beide waren von der Nähe ihres Liebsten so berauscht, dass sie nicht daran dachten, bereits ins Bett zu gehen, um zu schlafen. Stattdessen fand der Jacuzzi auf der kleinen Dachterrasse zum ersten aber bestimmt nicht letzten Mal Verwendung. Nackt nebeneinander im warmen Wasser sitzend mit einem atemberaubenden Blick über die Lichter der nächtlichen Stadt genossen die beiden ihre traute Zweisamkeit, tranken eine Flasche exzellenten Rotweins und widmeten sich lange und ausdauernd ihrer Liebe zueinander. *** Der lang erwartete Tag der Filmpremiere kam, und Menschenmassen säumten die Straße, die zum Filmpalast führte, dem größten Kino in Star City. Der neue Film „Eine tödliche Angelegenheit“ würde heute Abend einem ausgewählten Publikum gezeigt. Morgen würde er in Kinos im ganzen Land anlaufen, und eine Woche später dann auch in Kinos im Ausland gezeigt werden. Die eigentlichen Stars und Publikumsmagneten des Films waren natürlich die bereits bekannten Schauspieler, für die der Film nur ein weiterer Meilenstein in ihrer bereits beachtlichen Filmgeschichte war. Aber auch Ray Kon erhielt aufgrund seines Status als populäres Modell einiges an Beachtung. Es gab sogar Reporter, die behaupteten, seine Fangemeinde wäre fast ebenso groß wie die der eigentlichen Filmstars. Den hier versammelten Leuten waren solche Kommentare allerdings egal, sie wollten sich alle Prominenten ansehen, die zur Filmpremiere kamen, und es spielte eher eine untergeordnete Rolle, wer kommen würde, solange es ein Star war. Wie es sich für ein solches Ereignis gehörte, war ein roter Teppich ausgelegt worden, der von der Straße bis zum Eingang des Filmpalastes führte. An dessen Rändern, von Absperrungen und dem Sicherheitspersonal zurückgehalten, warteten Fans und Reporter. Im Inneren des Filmpalastes wartete das geladene Premierenpublikum beim Sektempfang auf die Schauspieler. Sobald das Premierenpublikum im Hauptsaal verschwand, würde man das Kino für die Leute öffnen, die sich schon Tage vorher eine Karte gekauft hatten. In allen Sälen des Kinos würde heute Abend nur ein einziger Film laufen – der Premierenfilm. Die ersten Limousinen fuhren vor, und der Lärm der Menschen schwoll an, als die ersten Schauspieler mit ihren Begleitern im Blitzlichtgewitter über den roten Teppich liefen. Die Reihe war vorher festgelegt worden und richtete sich nach Bekanntheitsgrad, Erfolg und danach, ob man in dem Film mitgespielt hatte oder nicht. Ray hatte es immerhin aufgrund seiner Rolle und seiner Beliebtheit unter die ersten Fünf geschafft und wartete nun nervös in einer der Limousinen auf seinen Auftritt. Er war allerdings bei weitem nicht so nervös wie Bryan, der zum wiederholten Male an der Seidenkrawatte seines maßgeschneiderten dunkelblauen Anzugs herumfingerte. „Bist du dir sicher, dass es okay ist, wenn ich mit dir über den roten Teppich gehe? Ich hätte auch mit Sara im Kino auf dich warten können“, begann Bryan wieder einmal. Ray wusste nicht, ob er lachen oder über Bryans Verhalten den Kopf schütteln sollte, daher tat er nichts von beidem, sondern ergriff Bryans Hände mit seinen eigenen und hielt sie fest. „Zum letzten Mal, Bryan, damit ist alles in Ordnung“, sagte er belustigt, wobei er sowohl den Gang über den roten Teppich als auch die Krawatte meinte. „Und ich erinnere mich, dass du vorhin noch ganz begeistert warst bei der Aussicht, mit mir über den roten Teppich zu gehen.“ Bryan lächelte verlegen. „Ich habe auch nie damit gerechnet, dass ich mal Lampenfieber haben würde. Weder als Blader noch als Chef der Werbeabteilung ist mir das je passiert.“ „Es wird alles gut gehen, und es wird einen Heidenspaß machen. Vertrau mir.“ Und um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, gab Ray Bryan einen filmreifen Kuss. Das schien die gewünschte Wirkung auf Bryan zu haben, denn dieser wirkte nun viel ruhiger, sah man von dem breiten Lächeln auf seinem Gesicht und dem plötzlichen Leuchten in seinen Augen mal ab. „Vermutlich achtet sowieso keiner wirklich auf mich, wenn ich neben dir stehe“, meinte Bryan und lehnte sich entspannt gegen die weiche Lederpolsterung seines Sitzes. Als ihre Limousine vor dem roten Teppich hielt, stieg Bryan als erster aus und half dann Ray aus dem Auto, indem er ihm seine Hand darbot. Was bei zwei gesunden jungen Männern durchaus hätte lächerlich wirken können, sah hier aufgrund von Rays wunderschöner androgyner Gestalt galant und zuvorkommend aus. Die Kameras klickten, ein Blitzlichtgewitter von professionellen Fotografen und Fans schlug los. Bryan hatte Recht, niemand achtete besonders auf ihn, alle konzentrierten sich auf Ray, was ihm selbst nur entgegen kam. In seiner chinesisch geprägten Kleidung aus kostbarer Seide mit kunstvoller Stickerei wirkte Ray wie ein exotischer Prinz, und die Leute ließen sich von seinem Anblick verzaubern und zum Träumen verleiten. Es war einer der Gründe, warum Ray für gewöhnlich auf Markenkleidung berühmter Designer verzichtete und stattdessen für kostbare handbestickte Kleidung aus seiner Heimat bezahlte. Diese Kleidung war ein Markenzeichen für ihn, und er sah darin einfach am Besten aus. Dies fanden offenbar auch die Zuschauer, denn sie jubelten Ray zu, bis er schließlich lächelnd und winkend mit Bryan an seiner Seite im Filmpalast verschwand. Erst später, als die Reporter das Bildmaterial von der Premiere auswerteten, sollten sie kommentieren, was für enge Freunde Ray Kon und Bryan Kuznetsov offenbar waren. Der Sektempfang war kurz, und zu Rays und Bryans Erleichterung zollte man ihnen nicht so viel Aufmerksamkeit wie den anderen Schauspielern, die vom Premierenpublikum umlagert wurden. Im größten Saal des Kinos waren Logen in die Wände eingelassen wie es in einigen alten Theatern der Fall ist, so dass spezielle Gäste für sich sein konnten. Diese Logen waren heute Abend für die Stars und ihre Begleiter reserviert, und es gelang Ray und Bryan, fast unbemerkt ihre Logenplätze einzunehmen. Und als Rays allererster Film anlief, der Film, der im Laufe seines Lebens nur einer von vielen sein sollte, in denen er mitspielte, griff Ray nach Bryans Hand. Warm und beruhigend war der Händedruck seines Liebsten, und beide fühlten das Glück in ihren vereinten Händen. *** ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)