Alte Rechnungen von Weissquell (Die Vorgeschichte zu "20 Jahre später") ================================================================================ Prolog: Nur ein Programm? ------------------------- Der Abend bricht herein über Dominocity. Langsam senkt sich die Dunkelheit herab. Doch in dem großen Konzerngebäude ist man noch weit davon entfernt den Feierabend friedlich ausklingen zu lassen. In den winzigen Büronischen der kleinen Computerfirma herrscht noch reges Treiben. Emsig tippen die Angestellten auf ihren Tastaturen herum um einem hartnäckigen Problem Herr zu werden, und damit ihre Geschäftsleitung zufrieden zu stellen. "Ich bekomme einfach keinen Zugang!", klagt einer der Männer. Aus der Nachbarkabine rollt der Bürohocker seines Kollegen herüber. "Hast du es schon über die Sonderanschlüsse probiert?" "Keine Chance", kommt die Antwort, "Keines meiner Passwörter funktioniert!" "Verdammt!", der Mann bricht ärgerlich einen Bleistift entzwei, "Seit Tagen ist kein Reinkommen mehr in die Daten der Forschungsabteilung. Wenn wir das nicht bald wieder zum Laufen bekommen, wird die Chefetage sehr ungehalten sein!" "Meinst du, wir werden alle entlassen?", fragt der Kollege zurück. "Keine Ahnung, ich hoffe nicht! Dabei arbeiten schon die besten Computerspezialisten daran", seufzt der Andere. Mutlos blickt sein Kollege wieder zum Bildschirm. "Es ist einfach nicht zu glauben! Sieh dir nur diese Subroutinen an! Dieses Datenwirrwarr ist dermaßen komplex, da steigen selbst die Besten nicht durch." "Ich wette, dass nicht mal die Experten von der Kaiba-Corporation damit klar kämen", verärgert lässt er die Stiftbruchstücke fallen. "Kaiba-Corp hat die Besten der Besten, das weißt du!", wendet der Andere ein. "Mag sein", kommt die Antwort, "aber du kennst die strikte Order: Kaiba-Corb soll absolut da rausgehalten werden!" Der Kollege seufzt. "Ich weiß, aber inzwischen währ ich bereit jede Hilfe anzunehmen die ich kriegen kann. "Na na!", ermuntert ihn sein Arbeitskollege, "Ein bisschen mehr Stolz und Selbstvertrauen. Wir haben unsere eigenen Experten. Du weißt, dass Sie sich noch niemals so einfach geschlagen gegeben hat. Sie macht weiter, egal was es sie kostet." "Ich hoffe, du hast recht", meint der andere etwas entmutigt, "Ich bin echt froh, wenn wir dieses Problem aus der Welt geschafft haben. Diese ewigen Nachtschichten rauben mir noch den letzten Nerv!" "Mann, ein bisschen mehr Haltung!", rügt der Andere, "Wenn Sie keine Pause einlegt, dann werden wir auch nicht aufgeben. Und nun geh zurück an deinen Rechner!" Ein paar Stockwerke höher in einem der größeren Büros sitzt gerade ebenfalls jemand vor dem Computer. Es ist eine junge Frau. Ihre brauen Haare sind zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und ihre schlanken Finger bewegen sich eifrig über die Tastatur. Im Raum ist es dunkel nur eine Tischlampe erhellt die Arbeitsfläche. Während sie mit der einen Hand nach der Kaffeetasse greift, die neben ihr steht, bleiben ihre grünen Augen unverwandt auf den Bildschirm geheftet. Kurz nimmt sie einen Schluck von dem lauwarmen, aber stark anregenden Getränk, schiebt sich dann mit dem Finger ihre Lesebrille zurück auf die Nase und tippt dann weiter. Vor ihren Augen rattern nun unzählige Reihen von chiffrierten Schriftzeichen über den Bildschirm. Verwirrt hält sie inne. "Was ist das jetzt schon wieder, verdammt noch mal!", schimpft sie leise. Ihre Finger geben ein paar Befehle ein. "Na warte!", murmelt sie, "Was auch immer du bist, du verschwindest besser aus meinem System oder ich mach kurzen Prozess mit dir!" Erneut gibt sie ein paar Sequenzen ein. "Zugang verweigert" blinkt auf dem Bildschirm. "Blödes Ding!", schimpft sie laut, "Du verweigerst mir den Zugang? Mir? Das werden wir ja noch sehen!" Sie lässt einmal die Finger knacken, reckt sich einmal und tippt dann erneut auf die Tastatur ein. "Ich habe zu lange an diesem Projekt gearbeitet um es mir jetzt von so einem blöden, externen Datenpaket ruinieren zu lassen!" Ein verwegenes Lächeln legt sich ihr aufs Gesicht. Eifrig tippt sie drauflos. "Mal sehn wie dir das jetzt schmeckt! Wenn du nicht auf Input reagierst, wie sieht es dann mit direktem Dialog aus? Na komm schon! Beantworte mir gefälligst ein paar Fragen!" Auf einmal kommt Bewegung in die unverständlichen Datenreihen. Der Monitor flackert ein paar Mal auf und dann wird er dunkel. Die junge Frau hält den Atem an. Dann auf einmal blinkt ein Textcursor auf und eine Sprachzeile erscheint. Verblüfft starrt die Frau auf den Bildschirm. "Was um alles in der Welt...?" Doch in diesem Moment bilden sich auf dem Monitor vor ihren Augen mehrere Worte und fügen sich zu Sätzen zusammen. "Du hast meinen Code entschlüsselt und mein Signal angezapft. Ziemlich beeindruckend!" Die junge Frau kommt dichter an den Bildschirm heran. Ungläubig starrt sie auf die Worte. Einen Augenblick lang weiß sie nicht was sie sagen soll. Dann fasst sie sich wieder. "Kleinigkeit!", tippt sie. Nur wenige Sekunden später erscheint die Antwort: "Bild dir bloß nicht zu viel darauf ein! Ich brauch nur die Verschlüsslungssequenz ändern, und du könntest wieder ganz von vorne anfangen!" "Pff!", entfährt es ihr, "Ganz schön dreist der Kerl!" Dann tippt sie: "Träum weiter! Ich hab dich einmal erwischt, ich werde dich wieder erwischen!" "Das denke ich nicht!", kommt die Antwort, "Ich könnte einfach die Verbindung kappen und du wärst aufgeschmissen!" "Warum tust du es dann nicht! Verschwinde endlich aus meinem System! Du hast uns schon genug aufgehalten mit deinen Datenfluten." Einen Momentlang scheint der Cursor zu zögern. Dann schreibt er: "Ich kann nicht, ich brauche euer System und besonders eure VR-Technik!" Die junge Frau haut mit der Faust auf den Tisch: "Das darf ja wohl nicht wahr sein!" Ärgerlich tippt sie ihre Antwort: "Scher dich gefälligst aus unserem Projekt heraus! Das ist topsecret! Wir haben schon unzählige Arbeitsstunden darin investiert. Wenn du mir das ruinierst, mach ich aus deinem Signal endgültig Datensalat, das schwör ich dir!" Kurz darauf kommt die Antwort. "Nun ja, eure Technik ist ein bisschen primitiv und überholt, aber für meine Zwecke vorerst ganz brauchbar." Die Frau schnaubt vor Wut. "Was soll das heißen, `überholt'? Wer bist du Fatzke eigentlich? Irgend so ein Computerfritze von der Kaiba-Corp? Willst du uns ausspionieren? Aber das sag ich dir: Kaiba-Corp hat kein Monopol auf VR-Technik. Wenn das Projekt fertig ist, wird der ach so tolle Seto Kaiba darum betteln, unsere Technik aufkaufen zu können! Sag das deinem Chef!" Einen langen Augenblick herrscht Stille. Schließlich erscheint die Antwort auf dem Monitor: "Oh, ich arbeite ganz bestimmt nicht für Seto Kaiba. Aber mir kommt da eine Idee. Du scheinst mir von allen in eurem Saftladen noch die meiste Ahnung von der Materie zu besitzen. Immerhin konntest du meinen Code knacken. Ich werde euch helfen eure Virtuelle Realität zu verbessern und als Gegenleistung brauche ich deine Hilfe." Die junge Frau blickt überrascht auf: "Meine Hilfe? Wobei?" Gleich darauf erscheint die Antwort: "Nur Geduld, ich werde dir alles zu gegebener Zeit erklären. Nur soviel: Ich will, dass Seto Kaiba eure verbesserte VR-Technik als erster ausprobiert!" "Was hast du mit diesem arroganten Schnösel zu schaffen?", schreibt sie zurück. Kurz darauf kommt die zögernde Antwort: "Seto Kaiba und ich habe da noch die eine oder andere Sache zu klären!" Das Gesicht der jungen Frau verfinstert sich. "Das kommt mir irgendwie bekannt vor", murmelt sie. "Wer bist du?", schreibt sie schließlich. Unverzüglich kommt die Antwort: "Mein Name ist Noah." Einen Momentlang zögert die junge Frau dann schreibt sie: "Na schön Noah, dann erzähl mir mal wie du dir das Ganze vorstellst!" Kapitel 1: Dicke Luft --------------------- Einige Wochen sind vergangen. Das Battelcity-Turnier liegt nun schon eine Weile zurück. Dominocity ist wieder zur Normalität zurückgekehrt. Nur eine Person kann sich einfach nicht damit abfinden. Seto Kaiba sitzt alleine in seinem Büro und studiert intensiv den Monitor seines Computers. Von seiner sonstigen überlegenen Ausstrahlung ist nichts mehr zu merken. Eine enorme Unruhe hat ihn erfasst und seine Mine ist finster. Schließlich hält er es nicht länger aus. Mit einem energischen Schwung steht er auf und stößt dabei seinen Chefsessel ein gutes Stück von sich weg. Mit grimmigem Gesicht tritt er an die gläserne Fensterfront seines Büros und lässt seinen Blick über die Stadt gleiten. "Das gibt es einfach nicht! Das kann unmöglich sein!", schimpft er leise vor sich hin. Fast ein Monat ist seit dem Battelcity-Turnier vergangen und die Erinnerungen daran lassen ihn einfach nicht los. Immer wieder ertappt er sich dabei, wie er eine schlaflose Nacht nach der anderen durchlebt, in der ihn die vergangenen Ereignisse immer wieder heimsuchen und ihn am Einschlafen hindern. Er hat verloren... schon wieder! Und schon wieder gegen Yugi! Dabei war er sich seiner Sache so sicher. Seine Strategie war doch vollkommen aufgegangen. Er hatte alle Karten so gespielt wie er es vorgesehen hatte. Und trotzdem konnte Yugi ihn wieder schlagen. Er ballt die Faust. Nicht nur, dass er erneut den Kampf gegen diesen abergläubigen, kleinen Emporkömmling verloren hat, er hat auch sein eigenes Turnier, den Titel des weltbesten Duellmonster-Spielers und zu allem Überfluss auch noch seine ägyptische Götterkarte an ihn verloren. Verflixt, wie konnte mir das nur passieren?, fragt er sich. Dieses Turnier sollte mein großer Triumph sein. Es sollte ein für alle Mal zeigen, dass ich der beste Duellant bin, den es gibt. Und nun habe ich mich zum Gespött der ganzen Welt gemacht. Und daran ist wiedereinmal nur Yugi schuld! Wenn ich nur wüsste wie er das immer wieder schafft. Wieso gelingt es ihm immer wieder mich zu besiegen? Was macht ihn so anders als die anderen jämmerlichen Verlierer die das Pech hatten, auf mich als Gegner zu treffen? Kaibas Stirn legt sich in Falten. Könnte es vielleicht wirklich mit diesem lächerlichen Märchen zu tun haben, an dass Yugi sich so verzweifelt klammert? Dass er ein Pharao sein soll, der bereits vor 5000 Jahren gelebt hat? Und sein albernes Gerede vom Herz der Karten, ist das vielleicht auch mehr als ein kindisches Wunschdenken? Ist da vielleicht doch mehr dran, als ich bisher dachte? Entschieden schüttelt er den Kopf, als wolle er sich selbst davon überzeugen. Nein, das kann nicht stimmen! So etwas gibt es nicht! All diese Bilder die ich auf dem Turnier in meinem Kopf gesehen habe... das muss irgend ein raffinierter Psychotrick gewesen sein. Dieser verrückte Marik muss irgend eine Technik entwickelt haben mit der man Halluzinationen hervorrufen kann. Es muss irgendein Trick gewesen sein! Dieses ganze Gerede von Magie, Bestimmung und Schicksal diente einzig und allein dazu mich zu verunsichern und zu verwirren! Kaiba schnaubt aus. Aber damit sind sie bei mir an der falschen Adresse! Ich lasse mir von niemandem vorschreiben was ich zu tun habe! Ich weiß genau wer ich bin, ich muss mir das von niemandem einreden lassen! Ich verlasse mich einzig und allein auf meine Intelligenz und mein Können, und da kann mir niemand das Wasser reichen! Ich brauche keine Hilfe, von niemandem! Und ich brauche auch nicht so etwas überflüssiges wie Freunde. Wer es nötig hat sich auf Freunde zu verlassen, ist einfach nur zu schwach um es alleine zu schaffen! Außerdem besteht dann immer das Risiko, dass einen seine ach so tollen Freunde verraten und im Stich lassen. Eines Tages wird Yugi schon noch feststellen, dass sein Vertrauen in seine Freunde seine größte Schwäche ist, und ich hoffe ich werde es miterleben. Yugi lebt in einer Traumwelt. Doch ich habe es nicht nötig mich auf andere zu verlassen. Was ich erreicht habe, habe ich alles aus eigener Kraft geschafft und dank dieser Geschichte mit Noah damals konnte ich das sogar meinem Stiefvater beweisen. Selbst er war mir nicht gewachsen. Ich bin der Einzige der es verdient hat die Kaiba-Corporation zu leiten, wer sonst hätte aus dieser Firma das machen können was sie heute ist? Alles was ich erreicht habe, habe ich durch mein Können und harte Arbeit erreicht. Ich bestimme alleine über mein Schicksal. Das Leben ist ein einziger harter Kampf und nur die Stärksten überleben, genau wie in Duellmonster. Man darf sich keine Schwächen erlauben. Gewinnen ist alles was zählt, Gefühle stehen dem nur im Weg. Ich pfeife auf solche lächerlichen Ideale wie Freundschaft oder Schicksal! Und diese abartige Behauptung, ich hätte etwas mit Yugis mythologischen Fantastereinen zu tun, dass ich ein Hexenmeister im alten Ägypten gewesen währe, ist einfach vollkommen absurd! Bei diesen Gedanken beißt Seto Kaiba ärgerlich die Zähne aufeinander. Langsam wendet sich sein Blick seinem Schreibtisch zu. Ein plötzliches Gefühl der Wut überkommt ihn. In diesem Moment bröckelt seine Fassade der eisernen Selbstbeherrschung ab und der Ärger übermannt ihn. Er braucht ein Ventil sonst platzt er. Mit zwei langen Schritten ist er am Schreibtisch und mit einer wütenden Geste fegt er den Monitor seines Computers vom Tisch, so dass er krachend auf dem Boden zu liegen kommt. Auf dem Bildschirm leuchtet die Großaufnahme einer Duellmonster-Karte auf. Es ist die ägyptische Götterkarte der geflügelte Drache des Ra. Ein paar mal flackert das Bild noch auf, dann gibt der Monitor den Geist auf. Seto Kaiba atmet tief ein und aus, während er um seine Fassung ringt. Grimmig starrt er auf den kaputten Monitor. Warum, um alles in der Welt, kann ich dann diese alten ägyptischen Schriftzeichen lesen, als währen sie in meiner Muttersprache geschrieben? Wie kann das sein? Das ist einfach unmöglich! In diesem Moment fliegt die Tür auf und eine vertraute Person kommt hereingelaufen. Es ist Mokuba. "Was ist los, großer Bruder? Was war das gerade für ein Krach? Ist etwas passiert?", ruft er besorgt. Seto Kaiba wendet sich verstimmt zu ihm um: "Es ist nichts. Nichts was dich interessieren braucht." Verwundert blickt Mokuba auf den zerstörten Monitor. Zunächst ist er etwas irritiert. Dann meint er: "Hast du den Computer kaputt gemacht? Ist alles in Ordnung mit dir, Seto?" Gereizt dreht sein Bruder sich wieder der Fensterfront zu. "Ich sagte doch bereits, dass alles in Ordnung ist. Es ist wirklich nicht nötig, dass du mich weiter mit Fragen löcherst." Betreten blickt Mokuba auf den Rücken seines älteren Bruders. "Schon gut, war ja nur eine Frage", meint er dann. Doch sein Bruder gibt keinen Ton von sich, sondern starrt nur weiter aus dem Fenster. Ein wenig verlegen steht Mokuba in der Mitte des Raumes und weiß nicht was er tun soll. Sein Bruder scheint in keiner guten Stimmung zu sein. Irgendwie muss er versuchen ihn aufzumuntern. Schließlich fasst er sich ein Herz und versucht es erneut. "Du bist bestimmt noch immer sauer weil du im Battelcity-Turnier nicht gewonnen hast. Aber du musst das nicht so ernst nehmen. Für mich wirst du immer der beste Duellant der Welt bleiben! Schließlich bist du mein Bruder. Beim nächsten Mal gewinnst du bestimmt wieder. Ich bin ganz sicher!" Seto Kaiba strafft sich. Dann dreht er sich um. Ärger steht ihm im Gesicht. "Du bist ja immer noch hier!", funkelt er, "Ich habe dich nicht um deine Meinung gebeten. Es ist wirklich nicht nötig, dass du mich auch noch an meine schmähliche Niederlage erinnerst! Ich wurde in meinem eigenen Turnier besiegt, damit habe ich mich zum Gespött der ganzen Welt gemacht und du sagst mir, ich soll das nicht so ernst nehmen? "Du kannst dir dein unsinniges Mitgefühl wirklich sparen! Zu deiner Information: es interessiert mich kein Stück für was für einen Duellanten du mich hältst! Die Realität sieht nun mal so aus, dass ich ganz offensichtlich nicht der beste Duellant bin. Also hör gefälligst auf, mir irgendetwas anderes einreden zu wollen! Sieh der Wahrheit ins Gesicht, ich werde erst dann der Beste sein, wenn ich endlich Yugi besiegt habe. "Wach endlich auf! Nur weil ich dein Bruder bin, heißt das noch nicht, dass du mich permanent wie ein kleines Kind anhimmeln musst. Auf solch kindisches Verhalten kann ich gern verzichten! Wie willst du jemals erwachsen werden, wenn du nicht lernst den Blick für die Realität zu behalten. Solche Gefühlsduselei ist das letzte was ich jetzt brauche, also verschone mich gefälligst damit und verschwinde!" Einen langen Moment herrscht Schweigen. Mokuba starrt seinen Bruder wie vom Donner gerührt an. Sein Gesicht ist bleich geworden und seine Lippen beben. Er hat es doch nur gut gemeint. Nie zuvor ist er von seinem Bruder so heftig runtergeputzt worden. Sein großer Bruder war immer jemand gewesen, zu dem er aufgeschaut hat. Immer hat sein Bruder ihn beschützt und sich für ihn eingesetzt. Dieser Ausbruch kommt so völlig unerwartet. Nein, nicht wirklich. Mokuba lässt den Kopf sinken. Schon damals auf dem Battelcity-Turnier und in der Virtuellen Realität von Noah gab es immer wieder Hinweise dafür, dass sein Bruder sich verändert hat. Er ist hart geworden. Hart und unnahbar. Mokuba erinnert sich. Er war einmal anders. Doch sein Lächeln ist an dem Tag verschwunden, als Gozaburo Kaiba sie beide adoptierte. Die Zeit seit dem war hart gewesen und Seto Kaiba wurde ebenfalls hart. Sein kleiner Bruder war der Einzige für den er noch so etwas wie freundschaftliche Gefühle hegte... so dachte Mokuba. Doch die Wahrheit sieht anders aus. Er hätte es längst bemerken müssen. Sogar Yugi und seinen Freunden ist das aufgefallen. Warum nur hat er diese Veränderung an seinem großen Bruder nicht früher bemerkt? Er weiß warum. Er hatte die Augen davor verschlossen. Er wollte es nicht sehen. Seto hat recht, ihm fehlt der Blick für die Realität. Doch nun ist es ihm nur all zu klar. Sein Bruder hat eine Mauer um sich errichtet und er lässt niemanden mehr an sich heran, nicht einmal seinen kleinen Bruder. Die Standpauke eben beweist es. Mokuba ist niedergeschmettert. Sein Bruder hat mit allem recht. Er hat die Schelte verdient. In Zukunft wird er versuchen sich besser zusammenzureißen. Vielleicht ist sein Bruder dann wieder zufrieden mit ihm. Er versucht sich einzureden, dass dieser Anschnauzer nur dazu diente ihm seine Schwächen vor Augen zu führen, doch es gelingt ihm nicht. Tief in seinem Inneren spürt er auf einmal eine bodenlose Leere und Verlorenheit. Diese Worte haben ihn härter getroffen als er zugeben will, und es schmerzt ihn sehr, solche Worte aus dem Mund seines Bruders zu hören. Ob er es will oder nicht, er kann nicht verhindern, dass ihm die Tränen in die Augen treten. "Es tut mir leid, Seto!", bringt er weinerlich hervor. Noch immer steht sein Bruder mit dem Rücken zu ihm: "Weinen hilft da auch nicht weiter! Reiß dich gefälligst zusammen!" Mit aller Gewalt versucht Mokuba die Tränen zurückzudrängen die seine Augen zu fluten versuchen. Mit dem harten Handrücken wischt er sich die Feuchtigkeit fort, doch der Kloß in seinem Hals wird nicht weniger. In diesem Moment betritt einer der Angestellten der Kaiba-Corp das Büro in Begleitung eines weiteren Mannes. "Seto Kaiba, verzeihen sie die Störung, aber hier ist jemand der sie unbedingt sprechen möchte." Langsam dreht sich Kaiba um. Seine Mine ist wieder ein Musterbeispiel an Selbstbeherrschung. "Ich schätze es überhaupt nicht, wenn man meine Zeit vergeudet. Ich hoffe also stark, dass es wirklich wichtig ist." "Seien sie unbesorgt, Kaiba-san!", entgegnet der Fremde, "Was ich ihnen mitzuteilen habe, dürfte für sie von großem Interesse sein." Unbeeindruckt sieht Kaiba den Mann an: "Das werde ich selbst entscheiden, wenn sie gestatten." Mit einem Seitenblick auf Mokuba sagt er: "Siehst du nicht, dass wir hier Geschäfte zu besprechen haben? Du störst!" Einen Augenblick starrt Mokuba ihn nur mit großen, leicht geröteten Augen an. Dann dreht er sich hastig um und läuft aus dem Büro. "So, nun können wir zum Geschäftlichen kommen", sagt Kaiba, "Worum geht es also?" Er weist dem Fremden einen Stuhl und nimmt selber wieder in seinem Chefsessel platz. "Ich will gleich zur Sache kommen, Kaiba-san, da ich weiß wie knapp ihre Zeit bemessen ist." "Das will ich stark hoffen", lässt sich Kaiba vernehmen. "Nun gut", beginnt der Mann, "Ich arbeite für die Firma Gigatech-Enterprise und man hat mich zu ihnen geschickt um ihnen ein Angebot zu machen." "Spannen sie mich nicht auf die Folter!", meint Kaiba dazwischen. "Also gut!", fährt der Mann fort, "Unsere Firma beschäftigt sich derzeit mit der Entwicklung einer neuartigen Form der Virtuellen Realität. Ein System dass die gesamte VR-Technik revolutionieren wird. Unsere Firmenleitung bietet ihnen nun die einmalige Gelegenheit diese Technik für sich nutzen zu können. Da wir wissen, dass die Kaiba-Corporation ebenfalls mit VR-Technik arbeitet sind wir uns sicher, dass dieses Angebot für sie von großem Interesse sein wird, abgesehen von den technologischen und finanziellen Vorteilen, die es bringen würde." Kaiba schnaubt verächtlich. "Wie kommen sie darauf, dass unsere VR-Technik eine Verbesserung bedarf? Die Kaiba-Corp hat es nicht nötig sich außenstehender Technologien zu bedienen. Was soll an ihrer Technik so entschieden anders sein, als an unserer eigenen?" "Bedauerlicherweise bin ich nicht befugt ihnen darüber nähere Auskunft zu geben", meint der Mann, "Aber ich habe die Anweisung sie zu einer persönlichen Demonstration in unser Versuchslaboratorium einzuladen. Dort werden sie sich in allen Einzelheiten über die Beschaffenheit und Neuerungen unseres Systems informieren und sich persönlich davon überzeugen können." "Für solchen Kinderkram habe ich keine Nerv!", wert Kaiba ab, "Verschwenden sie nicht länger meine Zeit! Kaiba-Corp hat keinen Bedarf an fremder Technologie." Der Mann ergreift seine Aktentasche. "Sehr bedauerlich, dass sie so denken, Kaiba-san. Meine Firmenleitung war der festen Überzeugung, dass sie Interesse zeigen würden, an einem VR-System das mit ihrem Holographiesystem zu kombinieren währe. Meine Vorgesetzten haben eine hohe Meinung von ihnen, deshalb haben sie beschlossen, ihnen zuerst dieses Exklusivangebot zu machen, doch nun werden wir uns eben an die Anbieter anderer VR-Techniken wenden. Ich hoffe für sie, dass sie es nicht einmal bereuen werden unser Angebot ausgeschlagen zu haben", der Mann erhebt sich, "Verzeihen sie die Störung!" Kaibas Augen werden schmal. Einen Augenblick ringt er mit sich, dann sagt er: "Warten sie! Ich schätze, einer persönlichen Präsentation dieser Technik beizuwohnen, kann nicht schaden. Hinterlassen sie bei meiner Sekretärin ihre Visitenkarte! Ich werde auf sie zurückkommen!" Der Mann wendet sich zum Gehen: "Warten sie nicht zu lange, Kaiba-san! Meine Firmenleitung erwartet ihre Entscheidung über einen Besuch innerhalb der nächsten drei Tage." Gelassen legt Kaiba die Fingerspitzen aneinander. "Keine Bange! Das Herauszögern von Entscheidungen gehört nicht zu meinem Stil. Ich werde mich spätestens morgen bei ihnen melden." Kapitel 2: Und damit fing es an... ---------------------------------- Auch in dieser Nacht hat Kaiba nicht gut geschlafen. Nicht nur, dass ihn seine bisherigen Probleme auch weiterhin keine Ruhe lassen, seit gestern steht offenbar eine unüberwindbare Wand der Kühle zwischen seinem kleinen Bruder um ihm. Beim Frühstück, dass sie bisher immer gemeinsam eingenommen haben, bevor Kaiba sich dann auf den Weg in seine Firma macht, ist an diesem Morgen kein Wort zwischen ihnen gefallen. Mokuba hat nur fortwährend auf seinen Teller gestarrt und in seinem Essen herumgestochert. Kaiba schüttelt abwehrend den Kopf. Die kleine Nervensäge soll nur nicht glauben, dass ihm das entgangen währe. Also wirklich, dass er noch immer den Beleidigten spielt... wie kindisch! Es gibt doch wirklich keinen Grund sich so aufzuführen und sich derartig von Gefühlen kontrollieren zu lassen. Der Kleine hat noch eine Menge zu lernen. Wer es im Konkurrenzkampf zu etwas bringen will muss zäh werden. Wahrscheinlich wird es Zeit, dass er seinem Bruder mal eine kleine Lektion erteilt. Gerade ist Kaiba auf dem Weg zur Haustür um sich von seiner Limousine zu seiner Firma fahren zu lassen. Hinter ihm auf dem Flur taucht Mokuba auf. In seiner Mine liegt Verwunderung und Besorgnis. "Warte auf mich Seto! Du willst doch wohl nicht ohne mich losfahren." Ohne sich umzudrehen öffnet Kaiba die Eingangstür und verlässt das Haus. "Du hast es erraten. Dieses kindische Rumschmollen von dir geht mir auf die Nerven. Deshalb wirst du heute zuhause bleiben. Wenn du dich wieder eingekriegt hast, überleg ich es mir noch mal, ob ich dich wieder mitnehme." Fassungslos starrt Mokuba ihm hinterher: "Was, das ist doch nicht dein Ernst, oder Seto? Du hast mich doch sonst immer mitgenommen. Seit wir Kinder waren, sind wir noch nie getrennt gewesen. Warum denn gerade jetzt?" Wieder schleicht sich eine Träne in Mokubas Augen. "Diese Mitleidsmasche zieht nicht bei ihm!", kommt es unbeeindruckt von Kaiba, "Da musst du dir schon etwas besseres einfallen lassen", Er wirft einen kurzen Blick zurück, "Und hör endlich auf zu heulen! Heulen ist was für Schwächlinge!" Während Kaiba mit festen Schritten zu seinem Wagen geht, steht Mokuba in der Eingangstür und versucht krampfhaft die Tränen herunterzuschlucken die in ihm aufsteigen. Warum ist sein Bruder nur so gemein zu ihm? Was hat er denn falsch gemacht? Im Augenblick erinnert er ihn kaum noch an den freundlichen, großen Bruder der er so lange Zeit war, sondern eher an diesen grässlichen, kaltherzigen Leuteschinder, der sie damals adoptiert hat, an Gozaburo Kaiba. Ja, sein Bruder hat inzwischen viel von ihm übernommen, stellt Mokuba fest und seine nassen Augen verfinstern sich. Ärger steht ihm nun ins Gesicht geschrieben und dann brüllt er aus vollem Hals: "Du bist ja schon genau so gemein wie Gozaburo! Ich hasse dich!" Mit diesen Worten verschwindet er wieder im Haus und knallt die Tür zu. Einen kurzen Augenblick hält Kaiba inne. Der Name seines Stiefvaters weckt unangenehme Erinnerungen, doch dann schüttelt er auch die ab und geht weiter. Der Kleine muss lernen sich zu beherrschen. Mit der Vergangenheit hat er abgeschlossen als er damals den Duellturm sprengte. Das hat ihn nicht länger zu kümmern. Gozaburo Kaiba ist nur noch ein Name von vielen, die es ihm auf dem Weg an die Spitze schwer gemacht haben. Nun lebt er nur noch in der Gegenwart und die Welt dreht sich schließlich weiter. Kaiba steigt in seinen Wagen und weist den Fahrer an, ihn zu seinem Büro zu fahren. Doch so sehr es ihn auch ärgert, die jüngsten Ereignisse gehen ihm nicht aus dem Kopf. Schließlich hält er es nicht mehr länger aus. Er schnappt sich sein Autotelephon und kontaktiert seine Sekretärin. "Geben sie mir die Adresse und die Telephonnummer von Gigatech-Enterprise!" Nachdem er die gewünschten Informationen erhalten hat, wählt er sogleich die betreffende Nummer. "Hallo, hier spricht Seto Kaiba. Ich habe beschlossen ihr Angebot einer Sonderpräsentation ihrer VR-Technik anzunehmen. Ich werde in Kürze bei ihnen eintreffen. Ob wir ins Geschäft kommen werden wird von ihnen und ihrer Präsentation abhängen, doch ich will gleich klarstellen, dass ich nicht leicht zu beeindrucken bin. Trotzdem werde ich ihnen diese eine Chance geben. Machen sie das Beste draus!" Mit diesen Worten legt er auf. Dann wendet er sich an den Fahrer: "Zum Firmengebäude von Gigatech-Enterprise!" "Er ist unterwegs!", mit diesen Worten legt die junge Frau den Hörer auf. "Sie hatten recht, Atsumi-san", lässt sich ein Kollege neben ihr vernehmen, "Aber woher wussten sie, dass er darauf eingehen würde?" Die Frau wendet sich zum Gehen: "Wenn man von Seto Kaiba etwas will, dann muss man ihn vor vollendete Tatsachen stellen. Das ist die einzige Sprache die er versteht. Bitten und Betteln hat keinen Sinn!" "Schon möglich", wendet ihr Kollege ein, "Aber ich frage mich, ob das wirklich so eine gute Idee ist. Das Ganze könnte nach hinten losgehen. Wenn etwas schief geht, dann haben wir Kaiba-Corp gegen uns und damit auch den Zugang zum internationalen Handel verloren." Die Frau ignoriert ihn und marschiert auf eine Garderobe zu um sich dort ihren Mantel zu nehmen. Besorgt läuft der Andere ihr hinterher: "Ich bitte sie, Atsumi-san, überlegen sie sich das noch mal. Wenn wir es uns mit Kaiba-Corp verscherzen, könnte das für die Firma das Aus bedeuten. Der kleinste Fehler kann verheerend sein!" Die junge Frau wirft sich schwungvoll ihren Mantel über die Schultern: "Dessen bin ich mir bewusst! Und deshalb darf es keine Fehler geben. Und genau aus diesem Grund werde ich auf Nummer Sicher gehen. Wichtigste Regel im Geschäftswesen: Habe immer noch ein Ass im Ärmel!" Zielstrebig durchquert sie den Flur an dessen linker Seite sich ein gläserne Fensterfront befindet. Vor dem Fahrstuhl hält sie an. Ihr Kollege hat nun wieder zu ihr aufgeschlossen. Während sie auf den Fahrstuhl warten, fällt ihr Blick hinunter auf die Straße. Gerade fährt eine schwarze Limousine vor, dessen Logo aus einem K und einem C besteht die ineinander verflochten sind. "Da ist er schon!", stellt sie fest und an ihren Kollegen gewandt, "Also, sie kümmern sich um den reibungslosen Ablauf von Plan A. Ich verlasse mich auf sie!" Die Lifttüren öffnen sich und die beiden steigen ein. "Und ich werde mich nun höchstpersönlich um Plan B kümmern!" Etwas unsicher blickt der junge Angestellte schon drein. "Wenn das nur gut geht!" Dann schließen sich die Aufzugstüren. Mit selbstbewusstem Schritt betritt Seto Kaiba das Gebäude. Sogleich kommt ihm ein junger Mann entgegen: "Willkommen, Kaiba-sama! Wir freuen uns, dass sie unserer Einladung gefolgt sind! Mein Name ist Hajime Matsuo und ich wurde beauftragt sie mit unserem Projekt vertraut zu machen. Wenn sie mir bitte folgen wollen, dann werde ich sie gleich in die technischen Einzelheiten einweisen." Mit geringschätzigem Blick mustert Kaiba den Mann vor ihm. "Sparen sie sich das Gerede! Ich bin nicht gekommen um mir lange Reden anzuhören. Mich interessiert einzig und allein die Praxis. Wenn sie also in diesem Punkt nichts zu bieten haben, werde ich auf der Stelle wieder gehen!" Einen Moment hält der Mann irritiert inne, dann fasst er sich wieder. "Selbstverständlich! Wie sie wünschen! Wir können natürlich auch gleich zum praktischen Teil übergehen. Folgen sie mir!" Mit diesen Worten setzt er sich in Bewegung. Mit noch immer äußerst kritischer Mine folgt Kaiba ihm. "Ich bin sehr überrascht!", bemerkt er beim Gehen, "Ich war der Ansicht, dass ihre Arbeitgeber bei einem Geschäft dieses Umfanges persönlich anwesend sein würden. Stattdessen speist man mich mit Lakaien ab. Wenn ich über diese grobe Beleidigung hinwegsehen soll, müssen sie mir schon etwas außergewöhnliches bieten." "Nur keine Sorge, Kaiba-sama, Die geschäftlichen Details können sie auf jeden Fall mit der Geschäftsleitung aushandeln und in Kürze werden sie die Leiterin unserer Forschungsabteilung persönlich treffen können." "Es ist besser wenn sie auch wirklich halten was sie versprechen, denn ich beginne bereits mich zu langweilen", bemerkt Kaiba kühl. Nachdem die beiden einige Flure und zwei Hochsicherheitstüren passiert haben, erreichen sie das Forschungslabor. Der Raum ist nicht sonderlich groß, aber hinter einer Glasscheibe befindet sich ein weiterer Raum mit mehreren Computern und einigen Leuten die daran arbeiten. Vor sich sieht Kaiba eine Personenkapsel für die virtuelle Realität. "Sieht nicht besonders beeindruckend aus!", stellt er missmutig fest. "Der Unterschied liegt im Programm nicht in der äußeren Hardware", bemerkt der Mann neben ihm vorsichtig. "Was sie nicht sagen", meint Kaiba abfällig und geht auf die Kapsel zu. Mit kritischem Blick mustert er den Apparat. "Können wir jetzt mit der Demonstration beginnen oder nicht?" "Selbstverständlich, Kaiba-sama!", versichert der Mann. Auf einen Wink nach nebenan öffnet sich die Kapsel. "Nehmen sie ruhig schon Platz! In Kürze wird das Programm gestartet. Keine Angst, der Übergang ist absolut harmlos, sie werden kaum etwas spüren." "Hmh!", schnaubt Kaiba verächtlich und nimmt auf den weichen Polstern der Kabine Platz, "Angst ist etwas für Schwächlinge. Fangen sie endlich an! Sie haben mich schon zu viel meiner kostbaren Zeit gekostet." Nur wenige Momente später schließt sich die durchsichtige Kunststofftür der Kabine über ihm. Zwei gepolsterte Sonden werden an seine Schläfen gefahren und stellen den Kontakt her. Das Licht im Raum verliert an Helligkeit und bekommt einen dunklen, warmen Rotschimmer. Ziemlich kitschiger Effekt!, denkt sich Kaiba noch, dann spürt er wie ihm auf einmal schwindlig wird und von einem Moment auf den anderen verliert er das Bewusstsein. Kapitel 3: Ein ungewöhnliches Angebot ------------------------------------- "Hey Yugi! Ihr könnt kommen, die Luft ist rein!", ruft Jonouchi quer über den Platz. Neugierig lugen seine Freunde um die Ecke der Mauer um den Schulhof. Auf Jonouchis Ruf hin lösen die drei sich aus ihrer vorsichtigen Starre und schließen rasch zu ihm auf. Anzu, Honda und Yugi blicken teils beunruhigt, teils erleichtert drein. "Puh, was für ein Aufwand!", meint Anzu, "Aber wenn wir uns nicht jeden Tag heimlich reinschleichen würden, kämen wir überhaupt nicht mehr in die Schule." "Ist doch logisch", feixt Honda, "Seit Yugi das Battelcity-Turnier gewonnen hat, versucht jeder nur halbwegs fähige Duellant ihn herauszufordern." "Wem sagst du das, Honda", meint Jonouchi, "Diese blöden Unternieten belagern ja schon in Massen den Haupteingang der Schule, und das bereits seit Wochen." "So langsam müssten sie sich aber doch wieder eingekriegt haben", meint Anzu, "Schließlich ist das Ganze doch nur ein Spiel." "Was soll das denn heißen?", empört sich Jonouchi, "Duellmonster ist nicht nur einfach ein Spiel." Anzu sieht ihn schief an: "Ach ja du Genie, was denn dann?" Stolz wirft sich Jonouchi in die Brust: "Na ganz einfach: Es ist das Spiel bei dem ich unter die ersten vier Besten gekommen bin! Ich gehöre jetzt zur Weltspitzenelite, vergiss das nicht!" Er grinst über das ganze Gesicht. Anzu verdreht die Augen. "Trotzdem ist Yugi immer noch der Bessere. Er ist schließlich Erster geworden!", grinst Honda hämisch. Sofort verliert Jonouchis Haltung erheblich an Begeisterung. "Musst du mich ständig daran erinnern?", brummt er. "Musst du dich ständig so aufspielen?", gibt Honda zurück. "Ziemlich große Töne für jemanden, der kaum in der Lage ist ne Zauber- von einer Fallenkarte zu unterscheiden", meint Jonouchi herausfordernd, "Aber vor meiner Schwester einen auf dicke Hose machen und behaupten der absolute Überspieler zu sein." Honda errötet leicht. "Aber man sieht ja wohin so was führt. Deinetwegen hätte meine Schwester damals beinah ihren Körper verloren, in dieser komischen Virtuellen Realität von diesem eingebildeten, kleinen Hosenscheißer Noah." Honda fühlt sich ertappt. "Musst du immer wieder darauf herumreiten?" "Tja, selber schuld", meint Jonouchi großspurig, "Reiß eben deine eigene Klappe nicht immer so weit auf!" "Was, das musst du grad sagen!", empört sich Honda, "Ich zeig dir gleich mal, wer hier seine Klappe zu weit aufreißt!" Schon will er sich auf seinen Freund stürzen um ihm ne kleine Abreibung zu verpassen, doch Yugi geht dazwischen. "Hey Leute, beruhigt euch wieder! Wir sollten lieber reingehen, sonst verpassen wir noch mehr vom Unterricht als sowieso schon." "Hast recht!", meint Jonouchi gönnerhaft, "Wir wollen ja nicht, dass Honda so dumm bleibt wie er aussieht!" "Das sagt der Richtige!", brummt Honda verstimmt. "Könnt ihr beiden Kindsköpfe nicht mal mit diesem albernen Gezanke aufhören?", fragt Anzu genervt, "Wir sollten wirklich reingehen, sonst kriegen diese Spinner vorm Haupttor doch noch mit wohin wir verschwunden sind." "Hast ja recht!", gibt Jonouchi zu, "Nicht, dass Yugi die Typen nicht mit links besiegen könnte, aber in dem Fall macht's wohl die Masse. Allerdings, wenn du dir ein paar gute rauspickst und sie besiegst, verlieren die anderen vielleicht die Lust und ziehen ab." "Jonouchi du Blödmann", tadelt Anzu, "Yugi hat im Moment andere Probleme, als sich mit irgendwelchen dahergelaufenen, imagesüchtigen Typen zu duellieren. Wenn du dich erinnerst gibt es da noch immer einige Geheimnisse um diese Millenniumsgegenstände die es zu lösen gilt." Nachdenklich blickt Yugi auf sein Millenniumspuzzle herunter, dass an einer Kette um seinen Hals hängt. Stimmt, denkt er sich, unsere Hauptsorge gilt erst mal dieser ganzen Geschichte um mein Puzzle und dieser alten Legende, dass der Geist der darin wohnt, einmal ein Pharao im alten Ägypten war, der die Welt vor 5000 Jahren vor der Zerstörung bewahrt hat. Wenn wir nur mehr über das wüssten was damals geschah, oder was für eine Macht hinter den Millenniumsgegenständen steckt. Aber leider hat er damals sein Gedächtnis gelöscht um die Welt zu schützen, jedenfalls hat das Ishizu Ishtar behauptet und sie stammt schließlich aus der Familie der Grabwächter. "Erde an Yugi!", reißt ihn Jonouchi aus seinen Gedanken, "Träumst du mit offenen Augen, oder was?" "Nein schon gut!", erwidert Yugi, "Ich hab nur nachgedacht." "Denken kannst du auch in der Schule", schmunzelt Jonouchi, "Komm lass uns reingehen, sonst kriegt Anzu noch einen Anfall!" "Du wirst den Anfall gleich am eigenen Leibe zu spüren bekommen, du Blödmann!", schimpft Anzu während sie auf die Eingangstür zustreben. "Entschuldigung!", hören sie auf einmal eine Stimme hinter ihnen, "Du musst Yugi Muto sein." Wie erstarrt halten die vier inne. Sie sind ertappt! Langsam drehen sie sich um. Vor ihnen steht eine junge Frau und blickt freundlich zu ihnen hinüber. Sie macht nicht den Eindruck, eine neue Herausforderin zu sein. Ziemlich erleichtert atmen die vier aus. Einen momentlang beäugen sie die Fremde, dann wiederholt diese: "Du bist doch Yugi Muto, hab ich nicht recht?" Yugi tritt einen Schritt vor: "Ja, das bin ich. Was wollen sie denn von mir?" Die Frau lächelt. "Im Prinzip nichts. Aber ich hatte gehofft etwas für dich tun zu können." Yugi und seine Freunde schauen die Frau erstaunt an. "Für mich?", fragt Yugi, "Warum denn das? Wer sind sie denn überhaupt?" "Verzeihung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt", entgegnet die Frau, "Atsumi ist mein Name", sie reicht Yugi die Hand, "Ich bin Wissenschaftlerin." Yugi und seine Freunde blicken noch immer verwirrt drein. Atsumis Blick wandert hinab zu Yugis Brust. "So, das also ist das legendäre Millenniumspuzzle", meint sie mit einer Spur Neugierde in der Stimme. Yugi und seine Freunde reißen die Augen auf. Ein wenig Unbehagen schleicht sich bei ihnen ein. "Woher wissen sie davon?", fragt Yugi alarmiert. Die junge Frau wehrt lächelnd ab: "Immer mit der Ruhe! Keine Sorge, ich will dir dein Puzzle ja nicht wegnehmen. Es interessiert mich lediglich im wissenschaftlichen Sinne, wie übrigens auch die anderen sechs Millenniumsgegenstände. Soviel ich weiß, besitzt du bereits vier davon." "Einen Moment mal!", braust Jonouchi auf, "Woher wissen sie das? Ich hoffe, dass sie nicht irgendwelche krummen Sachen mit diesen Dingern vorhaben. Von so was hatten wir nämlich schon mehr als uns lieb war." "Ich versichere euch, dass ich wirklich nur rein wissenschaftlich an diesen Gegenständen interessiert bin", entgegnet Atsumi. "Und woher sollen wir wissen, dass sie die Wahrheit sagen?", fragt nun auch Anzu misstrauisch, "Schließlich kennen wir sie nicht. Nehmen sie es uns nicht übel, aber wir haben schon öfters schlechte Erfahrungen gemacht mit Leuten die... an den Millenniumsgegenständen interessiert waren." "Eure Vorsicht ist löblich, aber glücklicherweise völlig überflüssig!", meint die Frau, "Vor kurzem hat mich eine ehemalige Arbeitskollegin gebeten mit euch Kontakt aufzunehmen. Ihr werdet sie kennen. Sie heißt Ishizu Ishtar." Die vier reißen überrascht die Augen auf. "Was, Ishizu hat sie geschickt?", fragt Yugi. "Ganz recht", bestätigt Atsumi, "Sie sagte, dass ich dem Pharao helfen könnte, etwas Licht auf die Geheimnisse zu werfen, die für ihn noch im Dunkeln liegen. Sie sagte mir, dass du dieser Pharao wärst, Yugi, und dass ich dir helfen solle hinter das Geheimnis der Millenniumsgegenstände zu kommen." Das Geheimnis der Millenniumsgegenstände, denkt Yugi, wenn wir mehr über diese alten, ägyptischen Artefakte erfahren könnten, dann sind wir wahrscheinlich auch einen Schritt näher daran, das Geheimnis des Pharaos zu lösen. "Das sehe ich auch so!", vernimmt Yugi die vertraute Stimme in sich. "Dann sollten wir vielleicht diese Gelegenheit nutzen", meint Yugi. "Allerdings wissen wir immer noch nicht ob diese Frau es auch ehrlich meint und wer weiß ob sie uns überhaupt helfen kann", wendet der Geist des Puzzles ein. "Wenn Ishizu es für richtig gehalten hat sie einzuweihen, dann kann sie nicht wirklich schlecht sein", gibt Yugi zu bedenken, "Und wenn Ishizu sie nicht geschickt hat, woher weiß sie sonst von der Sache?" "Da ist was Wahres dran", stimmt Yami ihm zu. "Ich hab da mal ne ganz blöde Frage", unterbricht Jonouchis Stimme das stille Zwiegespräch, "Wenn schon diese Ishizu uns nichts Näheres über diese ägyptischen Dinger erzählen konnte, obwohl sie doch eine von diesen komischen Grabwächtertypen war, wie wollen sie uns da dann was verklickern können? Außerdem...", groß baut er sich vor ihr auf, "mir kommt es ziemlich komisch vor, dass sie erst jetzt hier auftauchen. Ishizu hätte sie doch auch direkt nach dem Turnier herschicken können. Also, wie erklären sie das?" Die junge Frau zeigt sich davon relativ unbeeindruckt, obwohl jetzt alle Augen auf ihr ruhen. "Um deine Fragen zu beantworten, ich befand mich bis vor Kurzem geschäftlich unterwegs, deshalb hat sie mich erst kürzlich erreicht. Und was deine andere Frage betrifft: Ich verstehe zwar nicht viel von alten, ägyptischen Legenden aber unsere Firma verfügt über einige der fortschrittlichsten Techniken zum Untersuchen von Artefakten jeglicher Art. Wenn irgend eine wissenschaftliche Grundlage hinter diesen Millenniumsgegenständen steckt... unser Cyberspace kann sie euch zeigen!" Die vier Freunde denken offenbar alle das Selbe. Wie aus einem Mund kommt es: "Cyberspace?" "Natürlich", kommt die Antwort, "Unsere Firma verfügt über eine der fortschrittlichsten Techniken auf dem Gebiet. Ein ideales Medium um ein authentisches Bild von den verborgenen Möglichkeiten der Artefakte zu liefern." Scheinbar bemerkt sie erst jetzt die entgeisterten Gesichter der jungen Leute. "Ist das irgendein Problem für euch?" "Nun ja...", meint Anzu doch Jonouchi fällt ihr ins Wort: "Auf keinen Fall wird mein Freund Yugi, oder einer von uns, noch mal in eine von diesen Cyberboxen klettern, das kommt ja gar nicht in die Tüte! Das letzte Mal wo wir in so einer Virtuellen Realität feststeckten, hab ich in keiner schönen Erinnerung. Ich hab noch nicht vergessen, was dieser Spinner Noah mit uns angestellt hat. Er wollte sogar unsere Körper stehlen um in die Realität zu gelangen und es ist nur Yugis und meinen überragenden Duellfähigkeiten zu verdanken, dass er es nicht geschafft hat." "Was heißt ,nicht geschafft'?", fragt Honda dazwischen, "Ich war ne Zeitlang ein Metallaffe, schon vergessen?" "Och, bei dir macht das doch keinen großen Unterschied", meint Jonouchi schnippisch. Honda funkelt ärgerlich, doch Jonouchi fährt schon fort, "Jedenfalls habt ihr es uns zu verdanken, dass wir da wieder heil rausgekommen sind und ganz sicher hab ich nicht vor meinen Freund wieder einer solchen Gefahr auszusetzen, nur auf das Wort irgend einer dahergelaufenen Wildfremden hin." "Sag mal, du musst Jonouchi sein!", unterbricht die junge Frau ihn nun, "Du warst doch zweiter im Königreich der Duellanten und beim Battelcity-Turnier hast du den vierten Platz gemacht, nicht wahr?" Jonouchis Augen beginnen zu leuchten. "Ganz recht, ich bin Jonouchi, der Spitzenduellant! Scheinbar bin ich schon so etwas wie eine Berühmtheit. Ich fühle mich geschmeichelt, dass mir mein Ruf schon so weit vorrausgeeilt ist." Anzu verdreht erneut die Augen: "Oh Mann, jetzt dreht er wieder voll ab!" Doch die junge Frau lässt sich nicht beirren: "Nach dem was ich gehört habe, hast du immer nur knapp verloren und sogar gegen Seto Kaiba hast du dich erstaunlich gut gehalten. Eine beachtliche Leistung!" "Ha!", macht Jonouchi, "Diesen verzogenen, arroganten, reichen Pinkel werde ich bei nächster Gelegenheit auseinandernehmen! Beim letzten Mal hatte er nur Glück." Die junge Frau lächelt verstohlen, doch Jonouchi ist viel zu sehr damit beschäftigt sich in seine Wunschvorstellungen hineinzusteigern, dass er es nicht bemerkt. Schließlich greift Atsumi das vorangegangene Thema wieder auf. "Das Angebot steht noch immer. Wenn ihr wollt, könnt ihr gleich mitkommen." "Sag schon zu, Yugi!", raunt Jonouchi ihm zu, "Die Frau ist mir irgendwie sympathisch, ich denke wir können ihr vertrauen." "Aber ich habe die Millenniumsgegenstände nicht dabei, bis auf mein Puzzle natürlich", wendet sich Yugi an Atsumi. "Kein Problem!", meint diese, "Kommt mit, dort hinten steht mein Auto. Wir können rasch bei dir zuhause vorbeifahren und die Sachen holen." "Also schön!", gibt Yugi nach und dann machen sich die fünf sogleich auf den Weg zu Atsumis Wagen. Kapitel 4: Zurück im Cyberspace ------------------------------- Leicht benommen schlägt Seto Kaiba die Augen auf. Nur Augenblicke vergehen und seine Sicht klärt sich wieder. Von wegen leichter Übergang!, ist sein erster Gedanke. Nun wird er sich langsam seiner Umgebung bewusst. Er schaut sich um und stellt fest, dass er sich auf einer weiten, von Bäumen begrenzten Wiese befindet. Hier und da befinden sich kleine Felsbrocken die verstreut über der Ebene verteilt sind. Ein leichter Wind weht ihm ins Gesicht und trägt ihm den Geruch von Gras und Erde zu. Skeptisch tritt Kaiba an einen der größeren Felsen heran. Prüfend betastet er ihn. Ein wenig überrascht nimmt er wahr, dass er sich recht massiv anfühlt, ja er spürt sogar die Textur und die Temperatur des Felsens. Eine erstaunliche Realitätsnähe!, stellt er bei sich fest, Aber über solch eine Technik verfügt meine Firma auch. In diesem Augenblick lässt ihn eine helle Stimme herumfahren: "Willkommen in der Virtuellen Realität von Gigatech-Enterprise, Seto Kaiba!" Vor sich sieht er eine Gestalt. Es scheint eine Frau in einem langen, wallenden, feuerroten Kleid zu sein. Ihre Haare sind lang und weiß, jedoch verleiht der hohe, leuchtende Stab in ihrer Hand ihrem Haar einen rötlichen Schimmer. Kaiba reckt sich. "Du musst der Kontaktmacher sein", stellt er fest. "Ich bin die Feuerprinzessin", entgegnet die Angesprochene. "Du bist eine Figur aus Duellmonsters, richtig?", meint Kaiba skeptisch, "Scheinbar ist es den Leuten von Gigatech sehr daran gelegen mein Interesse zu wecken." Laut sagt er dann: "Ich nehme an, deine Aufgabe besteht darin, mich durch diese Präsentation zu führen." "Ich wurde darauf programmiert alle ihre Fragen zu beantworten", bestätigt die Gestalt vor ihm. "Von mir aus", meint Kaiba etwas missmutig, "Ich hoffe jedoch stark, dass diese Präsentation noch mehr zu bieten hat als das was ich bisher sehe." Sein Blick geht in die Runde: "Diese Virtuelle Realität verfügt zwar über eine beachtliche Realitätsnähe, doch verglichen mit unserer eigenen Technik ist das hier nicht besonders beeindruckend." "Ich bin sicher, sie werden ihre Meinung im Laufe der Präsentation noch ändern, Seto Kaiba", entgegnet die Feuerprinzessin. "Das will ich stark hoffen!", meint Kaiba abfällig, "Im Grunde habe ich dieser Vorführung nur zugestimmt, weil man mir versprochen hat, dass man diese Technik mit unserer Holographietechnik kombinieren könnte. Also worum genau geht es dabei? Ich habe es satt hier noch länger zu warten!" Ohne ein Wort zu sagen, hebt die Feuerprinzessin ihren Stab und im nächsten Augenblick verwandelt sich die Landschaft. Die Wiese verschwindet und nun befinden sich die beiden auf einer großen, metallischen Plattform die mit einer ebenso massiven Metallbrüstung gesäumt ist. Dahinter ist nichts zu sehen als der leere Himmel. Vor ihnen in der Mitte der Plattform befindet sich ein vertrautes Ambiente: Eine Duellmonsters-Arena! Für einen Moment hält Kaiba die Luft an. Eine ungute Ahnung befällt ihn darüber wo er sich befindet. Um sich Gewissheit zu verschaffen tritt er an die Brüstung heran und wirft einen Blick darüber hinweg. Dahinter geht es steil abwärts bis er in unzähligen Metern Tiefe den zerklüfteten Boden einer Felseninsel ausmacht. Es kann kein Zweifel bestehen, er befindet sich auf dem Duellturm des Battelcity-Finales. "Das kann nicht sein, ich habe diese Insel persönlich in die Luft gesprengt", murmelt er. Doch dann fängt er sich wieder. Wie dumm von mir, das ist selbstverständlich nur eine virtuelle Reproduktion, ruft er sich selbst zur Ordnung, aber eine erstaunlich Detailgetreue! An seine Führerin gewandt sagt er: "Wirklich eine gute Nachbildung, aber was hat das mit unserer Holographietechnik zu tun?" "Mit unserer Technik ist es uns nicht nur möglich, absolut detailgenaue Nachbildungen von Objekten und Subjekten zu erschaffen, sondern sogar das virtuelle Selbstbild des Benutzers variieren zu lassen", erklärt die Feuerprinzessin pflichtbewusst. Seto Kaiba zieht die Augenbrauen hoch: "Soll das heißen, wer auch immer diese VR-Technik benutzt, kann selbst darüber entscheiden wie er aussieht, ganz beliebig wie?" "So ist es!", bestätigt die Gestalt vor ihm. "Aber das ist völlig unmöglich!", wirft Kaiba ein, "Bisher ist es niemandem gelungen das virtuelle Selbstbild einer Person in solchem Maße verändern zu können. Vielleicht in Kleidung oder minimalen Veränderungen, die im Programm vorgegeben sind. Aber eine solche Variationsmöglichkeit wie sie es hier andeuten, ist einfach nicht machbar!" "Dennoch ist es mit dieser Technik möglich", behauptet die Feuerprinzessin bestimmt, "Und um auf ihre Frage zurückzukommen, stellen sie sich nur die Möglichkeiten vor, wenn diese Technik mit ihrer Holographietechnik kombiniert würde. Sämtlichen Duellmonster-Spielern könnte die Gelegenheit verschafft werden in die Rolle ihrer Lieblingsfiguren zu schlüpfen, um nur eine Verwendungsmöglichkeit zu nennen." Kaiba blickt einen Augenblick lang nachdenklich drein. "In der Tat!", gibt er zu, "Die Möglichkeiten währen beachtlich", dann jedoch besinnt er sich wieder, "Allerdings habe ich noch nicht den kleinsten Hinweis darauf erhalten, dass dies überhaupt möglich ist. Zeigen sie mir endlich Resultate, oder beenden sie diese Farce auf der Stelle!" Die Feuerprinzessin wirft ihm einen leicht belustigten Blick zu, was Kaiba etwas überrascht. Dann hebt sie erneut ihren Stab: "Wie sie wünschen!" Augenblicklich verändert sich die Umgebung erneut. Der Metallboden verwandelt sich wieder in den grasbewachsenen Boden einer Wiese und die Brüstung zerfließt vor seinen Augen um dann die Gestalt einer hohen Mauer anzunehmen. In einigen Metern Entfernung befindet sich ein großes Eisengittertor. Es ist geschlossen. Kaiba blickt sich irritiert um. Von seiner Begleiterin fehlt jede Spur. "Was soll das nun schon wieder?", fragt er ärgerlich. Doch kaum hat er die Worte gesagt, da stutzt er. War das wirklich eben er selbst der das gesagt hat? "Moment, was hat das zu bedeuten?", fragt er erneut und wieder ist er im höchsten Maße irritiert. Was ist denn mit seiner Stimme los? Sie klingt auf einmal so anders, viel heller und... kindlicher! Ein ungutes Gefühl beschleicht Kaiba. Beunruhigt schaut er an sich herab. Auf einmal beginnt sein Herz schneller zu klopfen. Was er sieht verschlägt ihm die Sprache. Dieser Körper, diese Hände und Füße und diese Kleidung! Sie scheinen einem Kind zu gehören. Wenn er sich nicht täuscht, dann dürfte er nur wenig größer als einen Meter sein. "Das... ist doch aber... absolut unmöglich!", ruft er fassungslos aus. Und wieder irritiert ihn seine hohe Stimme. Er kann es einfach nicht glauben. Diese Gigatech-Typen haben es wirklich geschafft! Sie haben auch wirklich an alles gedacht. Sogar an die Stimme und an die leicht unbeholfenen Bewegungen eines Kindes. Eine wirklich erstaunliche Leistung! Doch die erste Begeisterung verfliegt ebenso schnell wie sie gekommen ist. Die Gestalt eines Kindes zu haben, war nicht das was er erwartet hat, geschweige denn gewünscht. "Soll das ein schlechter Scherz sein?", ruft er aufgebracht, "Wenn ja, finde ich ihn nicht besonders witzig." Doch niemand ist zu sehen, der ihn hören könnte. Von seiner Führerin ist keine Spur zu entdecken. Kaiba kocht vor Wut. "Ich garantiere ihnen, diese respektlose Behandlung wird ein Nachspiel haben!" Doch noch immer scheint niemand auf ihn zu reagieren. Da ihm anscheinend nichts anderes übrigbleibt, beschließt Kaiba erst einmal dieses Spiel mitzuspielen. Zunächst einmal versucht er sich klar zu machen wo er sich befindet. Er macht ein paar Schritte auf das große Tor zu und späht durch die Gitterstäbe. Dahinter liegt eine große, vornehme Villa. Er runzelt die Stirn. Irgendwoher kommt ihm dieses Haus bekannt vor. Auf einmal hört er ein Geräusch. Es klingt wie Lachen. Erneut blickt er durch die Stäbe. Da auf einmal sieht er den Verursacher des Lachens. Es ist ein kleines Mädchen. Sie befindet sich im Garten auf der anderen Seite des Zauns und blickt ihn belustigt an. Erneut perlt ein schadenfrohes Lachen von ihren Lippen. "Was ist denn, Seto? Hast du etwa keine Lust mehr? Ziehst du mit eingezogenem Schwanz davon, oder willst du noch einmal gegen mich verlieren?" Wieder lacht sie laut auf, dann beginnt sie ihm Grimassen zu schneiden. Kaiba tritt erschrocken einen Schritt vom Zaun zurück. Er spürt wie ihm für einen Moment alle Farbe aus dem Gesicht weicht. Kein Zweifel! Jetzt weiß er wo er sich befindet. "Nein, unmöglich!", murmelt er. Hastig wendet er sich von dem Gittertor ab. Hinter ihm ertönt erneut das schadenfrohe Lachen. Dann hört er: "Feigling, Feigling!" Energisch geht er weiter, immer weiter vom Tor weg über die große Wiese dahinter, bis er das spöttische Lachen nicht mehr hört. Dann richtet er sich hoch auf. Ärger steht ihm ins Gesicht geschrieben. "Ich weiß nicht was sie mit diesem Szenario bezwecken, aber wenn sie glauben damit meine Begeisterung für ihr Programm zu wecken, dann täuschen sie sich gewaltig! "Ich lasse mich doch nicht zum Gespött machen, da haben sie sich hier mit dem Falschen angelegt. Ich verlange, dass sie diese Präsentation auf der Stelle beenden! Und diese Angelegenheit wird ein Nachspiel haben, verlassen sie sich drauf!" Einen Momentlang wartet er, doch die erhoffte Reaktion bleibt aus. Stattdessen scheint die Umgebung nun nach und nach im Dunkeln zu verschwinden, bis nur noch seine unmittelbare Nähe und er selbst zu sehen ist. "Hören sie nicht, ich will, dass sie mich auf der Stelle hier herauslassen, verstanden, oder ich garantiere ihnen, dass sie es ihr Leben lang bereuen werden!" In diesem Augenblick bemerkt er wie hinter ihm ein Licht erscheint. Rasch dreht er sich um. Vor ihm steht die Feuerprinzessin. "Es tut mir leid, Seto Kaiba, aber ich kann sie nicht gehen lassen!", sagt sie ruhig. Kaiba strafft sich "Was soll das heißen?", fragt er scharf, "Ich verlange augenblicklich eine Erklärung für dieses Verhalten!" "Ihre Anwesenheit hier ist von großer Wichtigkeit", begründet die virtuelle Gestalt, "Sie wurden aus einem bestimmten Zweck hergebracht." "Wenn sie glauben, dass ich nach dem was heute hier vorgefallen ist, noch immer bereit bin ihre Technik zu kaufen, dann sind sie noch dümmer als ich angenommen habe!", grollt Kaiba, "Wie können sie es wagen mich hier drin gefangen zu halten? Wenn ich den Verantwortlichen in die Finger bekomme, dann kann er sich auf etwas gefasst machen!" "Ich schlage vor, dass sie sich zunächst einmal wieder beruhigen", entgegnet die Feuerprinzessin unbeeindruckt, "Dadurch werden sie ihre Situation in keinster Weise verändern." "Das ist ja wohl die Höhe!", empört sich Kaiba, "Nur weil ich jetzt wie ein Fünfjähriger aussehe, gibt es ihnen nicht das Recht mich wie einen zu behandeln! Mich würde ohnehin interessieren wie es ihnen möglich war dieses demütigende Bild von mir zu erzeugen." "Um ihre Frage zu beantworten, dieses Bild entstammt aus den Erinnerungen die sie an ihre Zeit als Fünfjähriger hatten. Zu Demonstrationszwecken, wurde diese Erinnerung ausgewählt, da sie mitunter eine der lebhaftesten Erinnerungen war." Verblüfft blickt Kaiba die Gestalt vor sich an. "Aus meinen Erinnerungen? Sie haben eine Technik entwickelt die direkt mit den Gedanken des Benutzers interagiert?" "Nur dadurch ist eine solche Vielfalt an Selbstbildnissen möglich", bestätigt die Feuerprinzessin. Kaibas Mine verfinstert sich. Ein ungewöhnlicher Gedanke kommt ihm, doch er will ihn gleich wieder verwerfen. Das ist einfach unmöglich! Hoch aufgerichtet, aber mit gesenktem Kopf steht er da. "Ich bin in meinem Leben erst einmal einer solchen Technik begegnet. Und ich kenne nur eine Person, die eine solche Virtuelle Realität kreieren könnte. Aber das kann nicht sein! Er ist tot!" "Manchmal ist nicht alles so wie es auf den ersten Blick scheint!", ertönt es plötzlich hinter ihm. Ruckartig fährt Kaiba herum. Vor ihm steht eine Person in den Schatten. Sie trägt kurze, helle Leinenhosen und eine dazu passende, helle Jacke. Ihre Haare haben einen grünlichen Schimmer und sind zu einem praktischen Kurzhaarschnitt frisiert. Und sie ist, wie Kaiba jetzt feststellt, fast doppelt so groß wie er. "Du!", ruft Kaiba aus. Es ist eher eine Feststellung als eine Frage. Nun tritt die Person ins Licht. Es ist ein junger Mann und er baut sich groß vor Kaiba auf, der ihn mit ärgerlichem Blick von unten her anschaut. "Noah! Also doch, ich hätte es mir doch denken sollen!" Der junge Mann blickt auf ihn hinunter dann verzieht sich sein Mnd zu einem schiefen Lächeln: "Es ist auch schön dich wiederzusehen, Bruder!" Kapitel 5: Auf der Suche nach Antworten --------------------------------------- "Meine Güte! Ist ganz schön riesig hier!", staunt Jonouchi, während er mit großen Augen hinter seinen Freunden her durch die Eingangshalle des Gigatech-Firmengebäude marschiert. Er und seine drei Freunde folgen der zielstrebigen Frau Atsumi durch mehrere Gänge. "Du hast recht, Jonouchi", gibt sie zu, "Das Gebäude wirkt von innen wirklich größer als es von außen den Anschein hat. Wenn man eine Weile hier gearbeitet hat, fällt es einem nicht einmal mehr auf." "Arbeiten sie schon lange für Gigatech-Enterprise, Atsumi-san?", fragt Yugi nun. Die junge Frau überlegt einen Augenblick. "Nun ja, im Grunde arbeite ich hier schon seit die Firma entstanden ist." "Wirklich?", staunt Honda, "Dabei sehen sie doch noch so jung aus. Im ersten Moment hätte ich gedacht, dass sie noch in die Oberstufe gehen würden." Ein Ordnungspatsch von Anzu lässt ihn zusammenfahren. "Honda du Esel", zischt sie, "Ein bisschen mehr Höflichkeit könntest du dir schon angewöhnen." Verlegen lächelnd schaut Honda zu Frau Atsumi hinüber und kratzt sich am Kopf. "Ähm, das sollte natürlich keine Beleidigung sein, Atsumi-san", versucht er sich herauszuwinden. Doch die junge Frau nimmt es ihm scheinbar nicht übel. "Ist schon in Ordnung. Ich bin ja wirklich nicht viel älter als ihr", gibt sie zu, "Aber Gigatech-Enterprise existiert ja auch noch nicht so lange." Schließlich erreichen sie das Ende des Ganges an dem sich eine dicke Sicherheitstür befindet. Mit einer Codekarte öffnet die junge Frau die Tür. Nahezu geräuschlos gleitet sie auf. "Tretet ein!", fordert sie die vier auf. Folgsam und neugierig gehorchen sie. Dahinter liegt ein großer Raum. An der hinteren Wand befinden sich ein paar Schaltpulte und eine gewaltige Apparatur an der sich viele dicke Kabelbündel und Rohre entlangschlängeln. Am meisten bleibt ihr Blick jedoch an zwei länglichen, personengroßen Kunststoffkapseln hängen, die in der Mitte des Raumes stehen. Außer ihnen ist niemand zu sehen. "Meine Güte!", stößt Jonouchi hervor, "Das sieht hier ja aus wie in einem Science-Fiction-Film!" "Ja", bestätigt Honda, "Nur, dass das hier die Realität ist." "Eine ziemlich beängstigend reale Realität, wenn ihr mich fragt", meint Anzu leicht besorgt. "Es besteht wirklich kein Grund zur Sorge", versucht Frau Atsumi sie zu beruhigen, "Unsere Technik ist absolut sicher." Mit diesen Worten tritt sie an ein Pult heran und nimmt einen Hörer zur Hand, während Yugi und seine Freunde sich noch neugierig umsehen. "Wir sind jetzt hier. Wie ist der Status?", fragt sie in die Sprechmuschel. Einen Augenblick lang nimmt sie schweigend die Antwort entgegen, dann meint sie: "In Ordnung, wir beginnen hier in Kürze." Dann legt sie auf. Nun tritt sie an Yugi heran der vor einem Metallsockel steht und ihn eingehend betrachtet. "Das ist unser Analysator. Dort werden die Artefakte eingescannt." Dann fordert sie Yugi auf: "Ich schlage vor, wir beginnen mit dem Millenniumsstab. Am besten du legst ihn schon mal da drauf!" Zögerlich holt Yugi den Millenniumsstab aus seiner Tasche. Einen Momentlang hält er ihn unsicher in der Hand. Irgendwie habe ich immer noch ein ziemlich ungutes Gefühl bei dem Ding, denkt er bei sich. "Yugi, du musst das nicht tun, wenn du nicht willst", versucht die andere Stimme ihn zu beruhigen. "Aber vielleicht bekommen wir hier wirklich ein paar wichtige Informationen über deine Vergangenheit", wendet Yugi ein. "Allerdings wenn ich diesen Stab sehe, muss ich immer daran denken, was Marik damals damit angestellt hat und das bereitet mir doch Sorge." "Das kann ich gut verstehen", meint Yami, "aber der Stab gehört jetzt uns und solange ihn niemand bedient der ein böses Herz hat, kann dieser Stab keinen Schaden anrichten." "Bist du dir da sicher?", fragt Yugi. "Nein, ich bin mir nicht sicher", gibt Yami zu, "Aber mein Gefühl sagt mir, dass von diesem Stab keine Gefahr ausgeht, solange er nicht in die falschen Hände gerät." Der Geist des Millenniumspuzzle seufzt. "Ich hoffe aber, dass diese Untersuchung uns etwas mehr verraten wird." Entschlossen richtet Yugi sich auf. Behutsam lässt er den Millenniumsstab in die Metallverankerung der Maschine ein. Mit einem leisen Klicken rastet er ein. "Sehr gut!", sagt Atsumi, die inzwischen an ein Schaltpult herangetreten ist. Sie betätigt ein paar Schalter, dann beginnen ein paar Lämpchen an dem Podest zu leuchten. "Was passiert nun als Nächstes?", fragt Yugi. "Ich speise nun die Daten in unser Cyberspace-Programm ein", erklärt Atsumi, "Dann kannst du dir die Ergebnisse wirklich hautnah dargestellt ansehen. Du kannst schon mal in eine der Cyberkapseln steigen." Mit gemischten Gefühlen geht Yugi zu einer der Boxen und klettert hinein. "Und was sollen wir inzwischen machen?", meint Jonouchi ungeduldig. "Ihr könnt euch nach nebenan setzen", sie weist auf einen kleinen Raum der von dem Labor durch eine große Glaswand abgetrennt ist, "Im Nachbarraum gibt es mehrere Monitore, dadurch könnt ihr genau beobachten, was euer Freund gerade sieht und erlebt." "Kommt nicht in Frage!", stellt Jonouchi entschieden klar, "Ich werde meinen Freund doch nicht alleine in diese Cyberwelt lassen! Für die die zählen können, gibt's hier schließlich zwei Kapseln, also werde ich Yugi selbstverständlich begleiten." "Tut mir leid, Jonouchi", meint Atsumi bedauernd, "Aber die andere Box ist leider noch im Bau und noch nicht einsatzbereit. Aber keine Bange, du wirst auch so ganz genau verfolgen können, was mit Yugi passiert, das versichere ich dir!" Enttäuscht verzieht Jonouchi das Gesicht: "Och Menno, das ist ja wirklich zu blöd!" "Mach dir nichts draus!", meint Yugi ermutigend, "Mir passiert schon nichts." "Wenn du's sagst, Alter", mault Jonouchi und folgt unwillig seinen beiden Freunden in den Nachbarraum. Dann lehnt sich Yugi auf den Polstern der Kapsel zurück. Etwas mulmig ist ihm schon zu Mute. Dann fühlt er den sanften Druck an seiner Schläfe und nur wenige Momente später verschwimmen die Konturen des Labors vor seinen Augen. Kapitel 6: Ein alter Bekannter ------------------------------ "Wenn das hier wieder eines von deinen kranken Spielchen werden soll, Noah, dann kann ich dir gleich sagen: Du verschwendest nur deine Zeit! Ich werde mich sicher nicht darauf einlassen!" Mit grimmiger Mine bietet Kaiba seinem Stiefbruder die Stirn. "Immer noch der gleiche Sturkopf und Angeber von damals", stellt Noah gelassen fest, "Du hast dich wirklich kein Stück verändert. Aber das hatte ich auch gar nicht angenommen. Dazu bist du viel zu selbstgerecht." "Wenn hier einer selbstgerecht ist, dann ja wohl du", meint Kaiba kühl, "Beim letzten Mal als wir uns begegnet sind, hast du zwar jede Menge große Töne gespuckt, aber wie bei allen geborenen Versagern konnte dieses lächerliche Unterfangen ja nur mit einer Niederlage enden." Noahs Gesicht verfinstert sich. Doch Kaiba lässt sich davon nicht beirren. "Du wolltest deinem Vater beweisen, dass du der Bessere von uns beiden bist, und hast dabei so jämmerlich versagt, dass es dir eigentlich selbst klar sein sollte, dass du mir niemals das Wasser reichen kannst, selbst wenn du auch noch hundert Jahre in dieser digitalen Welt zubringst. "Ich habe dich damals für einen verwöhnten Hosenscheißer gehalten und daran hat sich auch bis heute nichts geändert. Allein die Tatsache, dass du mich erneut hierher geholt hast, ganz gleich was der Grund sein mag, beweist es mir nur einmal mehr, dass du der jämmerliche, naive Versager bist, für den ich dich schon damals gehalten habe und der einfach nicht einsehen kann, dass ich nun mal der Bessere von uns beiden bin, und unser Vater sieht das genau so, verlass dich drauf!" Noahs Mine ist steinern. Mit verschränkten Armen steht er vor Kaiba und schaut auf ihn hinunter. "Bist du jetzt fertig?", fragt er schließlich ruhig, "Du scheinst ja wirklich verliebt in deine Stimme zu sein. Diese selbstgefälligen Ansprachen, gingen mir schon damals gehörig auf den Geist." "Du hast recht!", meint Kaiba verächtlich, "Jedes weitere Wort an dich ist bloß eine Verschwendung von Atem! "Wahrscheinlich kommst du dir jetzt besonders überlegen vor mit diesem neuen Outfit, das du dir verpasst hast. Aber im Grunde hättest du es dir sparen können. Du warst damals nur ein verzogener Bengel und bist es heute auch noch, ganz egal wie alt du dich äußerlich machst." Ärgerlich funkelt Noah Kaiba an. "Tu doch bloß nicht so! Du weißt doch ganz genau, dass ich genau so alt bin wie du, Seto. Diese neue Technik ermöglicht es mir nur, endlich so alt auszusehen, wie ich wirklich wäre." "Wo wir gerade beim Thema sind", meint Kaiba gereizt, "Ich schätze mal, dass ich dir dieses lächerliche, demütigende Abbild meiner Selbst verdanke." Dabei weist er auf sich. Ein schadenfrohes Lächeln legt sich um Noahs Mundwinkel. "Tja, ich gebe zu, ich konnte es mir nicht verkneifen. Was ist es für ein Gefühl, wenn der größte Rivale um mehrere Köpfe größer ist als man selbst?" Kaiba kocht. "Du machst das auf der Stelle wieder rückgängig, hast du verstanden?" "Ach Seto", wehrt Noah gelassen ab, "Soll das etwa heißen, dass es dir keinen Spaß macht im Körper eines Fünfjährigen zu stecken?" "Nein es macht mir keinen Spaß!", funkelt Kaiba zurück, "Meine Vergangenheit liegt hinter mir, und ich habe wirklich keinerlei Interesse daran, dass sich das ändert!" "Wirklich zu dumm!", meint Noah, "Dann musst du wohl deiner Vergangenheit, ohne dein Interesse daran, begegnen." "Wenn du wieder irgendwelche Psychospielchen mit mir versuchst, Noah, dann kannst du dich jetzt schon mal auf was gefasst machen, hab ich mich klar ausgedrückt?", droht Kaiba verärgert, "Und nun gib mir mein normales Aussehen zurück, aber plötzlich!" "Mach es doch selber!", gibt Noah leicht genervt zurück, "Diese Technik reagiert auf deine Gedanken. Das erste Mal war nur eine Demonstration. Du kannst dich jederzeit zurückverwandeln. Dieses Programm ist wirklich erstaunlich!" Mit grimmigem Blick starrt Kaiba seinen Bruder an. Ob er die Wahrheit sagt? Kann er sich allein durch seine Vorstellung zurück in seine ursprüngliche Form bringen? Wahrscheinlich kommt es auf einen Versuch an. Einen Augenblick lang konzentriert er sich. Vor seinem inneren Auge stellt er sich seine ursprüngliche Gestalt vor. Dann öffnet er die Augen wieder. Nun befindet er sich mit Noah auf Augenhöhe. "Na bitte, es geht doch!", meint Noah leicht amüsiert, "Ich sagte doch diese Technik ist erstaunlich." "Lass die dummen Scherze!", grollt Kaiba, "Aber mich würde interessieren was du mit Gigatech-Enterprise zu schaffen hast. Arbeitest du neuerdings für die oder hast du dich heimlich eingeschlichen und dir ihr Programm unter den Nagel gerissen?" "Das Thema braucht dich vorerst nicht zu kümmern", weicht Noah aus, "Dich dürfte viel mehr interessieren wie es mir überhaupt möglich war der Explosion zu entkommen." "Die Frage hab ich mir in der Tat schon ein paar Mal gestellt", meint Kaiba verächtlich, "Und wenn du es genau wissen willst, ich bedaure diese Tatsache zutiefst!" "Tststs, mein lieber Seto", tadelt Noah leicht, "Das ist aber keine sehr brüderliche Haltung die du da vertrittst." "Hmh! Brüderlichkeit kann mir gestohlen bleiben!", stellt Kaiba klar, "So was Sentimentales habe ich nicht nötig!" Für einen kleinen Moment verfliegt das überlegene Lächeln von Noahs Gesicht. Es scheint als würde sich eine Spur von Wehmut auf seine Mine legen. Dann wird er wieder ernst. "Im Grunde verdanke ich mein Überleben allein der Tatsache, dass ich mein Bewusstsein im letzten Moment in den Bordcomputer deines Luftschiffes überspielen konnte. Dadurch wurde ich übrigens auch über den weiteren Verlauf deines kleinen Turniers auf dem Laufenden gehalten. Eine wirklich interessante Wendung die deine ach so überlegenen Pläne schließlich genommen haben. So wie es aussieht bist du noch nicht einmal Zweiter geworden." Kaiba blickt verärgert zur Seite: "Auch mit dieser Vergangenheit habe ich inzwischen abgeschlossen. Dieses Kapitel meines Lebens liegt hinter mir und deshalb sehe ich absolut keinen Grund noch einmal ein müßiges Wort darüber zu verlieren!" Dann blickt er Noah herausfordernd an: "Also, ich denke es wird Zeit, dass du endlich mit der Sprache herausrückst was du von mir willst, damit wir dieses lächerliche Theater hier so schnell wie möglich beenden können. Im Gegensatz zu dir, habe ich nämlich noch eine Firma zu leiten." Einen Momentlang sieht Noah ihn schweigend an. Täuscht Kaiba sich oder liegt eine Spur von Traurigkeit im Gesicht seines Bruders? Verständlich, schließlich sollte ihm langsam klar sein, dass Kaiba-Corp nun ihm gehört und nicht seinem digitalen Stiefbruder. Und was auch immer dieser kleine Hosenscheißer vorhat, er wird ihm auf keinen Fall seine Firma überlassen! Dazu hat er viel zu lange und zu hart dafür gearbeitet. Und Mitgefühl ist das Letzte was er für diesen hinterhältigen, kleinen Wicht übrig hat. Kein Mensch wird sich jemals wieder zwischen ihn und seine Ziele stellen! Einen langen Moment scheint Noah zu zögern. Gerade will er den Mund öffnen um etwas zu sagen, als er plötzlich aufhorcht. Das Lächeln kehrt auf sein Gesicht zurück. "Sieh mal an!", meint er, "Ich glaube wir bekommen Besuch", und an Kaiba gewandt, "Ich denke es ist besser wenn ich dich noch ein bisschen zappeln lasse. Aber keine Bange du erfährst schon noch früh genug was ich von dir will." Mit diesen Worten löst sich Noahs Gestalt in digitale Pixel auf und verschwindet. "Hey, warte!", ruft Kaiba, "Komm sofort zurück, du kleiner Feigling! Erzähl mir gefälligst was hier gespielt wird!" In diesem Moment weicht die Dunkelheit um ihn zurück und gibt nun den Blick auf einen langen Waldweg frei der durch einen lichten Laubwald führt. Weit und breit ist niemand außer ihm zu sehen. "Na großartig!", brummt Kaiba und macht sich schließlich daran dem Weg zu folgen. Wüste! Das ist alles was Yugi um sich wahrnimmt. Zumindest scheint es ihm so. Nachdem die erste Irritation verflogen ist beginnt er neugierig sich umzusehen. Soweit sein Blick reicht sieht er nur endlose Dünen die sich Richtung Horizont erstrecken. Eine grelle, stechendheiße Sonne strahlt auf ihn hinab und in einiger Entfernung kräuseln sich mehrere kleine Windhosen am Horizont. "Puh! Wo sind wir denn hier hingeraten?", fragt Yugi. Diese Hitze hier fühlt sich wirklich erstaunlich echt an. "Also so hatte ich mir das nicht vorgestellt", murmelt er, "Was hat das zu bedeuten?" Auf einmal verziehen sich die Windhosen und geben den Blick auf ein großes, spitzzulaufendes Gebäude in der Ferne frei. "Da ist eine Pyramide!", stellt er überrascht fest. "Anscheinend soll diese Projektion Ägypten darstellen", vermutet Yami, "Wir sollten uns das aus der Nähe ansehen." Yugi nickt zustimmend und marschiert los. Die Hitze erschwert die Wanderung durch die Dünen zwar aber er ist gut motiviert. Schließlich erreicht er nach einer Weile die Pyramide. Das antike Denkmal erscheint aus der Nähe betrachtet doch kleiner als es zunächst den Anschein hat. Es besteht aus vielen, rohbehauenen Steinen und direkt vor ihm befindet sich ein Portal das scheinbar ins Innere führt. Zögerlich geht Yugi darauf zu. "Ich schätze unsere Antworten werden wir dort drinnen finden", meint er. In diesem Moment leuchtet sein Millenniumspuzzle auf und eine andere Person nimmt seinen Platz ein. Mit selbstbewusstem Schritt, wenn auch wachsam betritt Yami-Yugi die Pyramide. Im Inneren befindet sich ein einziger großer Raum, der durch mehrere Fackeln beleuchtet wird. An den Wänden sind viele antike Hieroglyphen zu sehen. Sie scheinen aus dem alten Ägypten zu stammen. In der Mitte des Raumes ist ein steinerner Sockel zu sehen. In diesem Sockel sind mehrere Einkerbungen zu sehen. Mit feinen Gravuren wurde um diese Einkerbungen die Gestalt eines Menschen in den Stein geritzt. Das erstaunliche daran ist jedoch, dass jede dieser Kerben die Form von einem der sieben Millenniumsgegenständen wiedergibt. Und in der Mitte befindet sich in einer der Kerben ein goldfarbenes Gegenstück: Der Millenniumsstab! Erstaunt betrachtet Yami den Sockel. "Wenn das wirklich die Ergebnisse der Analyse sind, dann scheinen die Millenniumsgegenstände wirklich miteinander in Verbindung zu stehen", denkt er laut. "Aber wie erfahren wir nun, was noch dahinter steckt?", fragt die Stimme von Yugi in ihm. Entschlossen tritt Yami an den Sockel heran und will den Millenniumsstab herausnehmen. Doch zu seiner Überraschung gleiten seine Finger durch den Griff hindurch. Der Sockel jedoch bleibt massiv. "Seltsam!", murmelt er, "Was hat das zu bedeuten?" "Das ist ganz einfach!", ertönt es plötzlich hinter ihm, "Die Millenniumsgegenstände stecken so voller Geheimnissen und Mysterien, dass es einem Computer einfach unmöglich ist, sie vollständig zu analysieren, oder sie auch nur realitätsnah darzustellen." Erschrocken fährt Yami herum. Vor sich sieht er eine bekannte Person. "Noah!", ruft er fassungslos aus, "Du bist es doch, oder? Aber wie kann das sein? Deine virtuelle Welt wurde zerstört!" Gelassen steht Noah im Eingang der Pyramide und sieht zu ihm hinüber. "Wie du siehst, ist es mir nicht nur gelungen zu überleben, sondern auch endlich zu meinem wahren Alter aufzuschließen." Nun kommt er auf Yami-Yugi zu. "Und was noch besser ist", meint er mit einem Funkeln in den Augen, "ich bin nun in der Lage mich für alles zu revanchieren was damals passiert ist." "Was, dieser übergeschnappte, kleine Spinner ist noch am Leben?", ruft Jonouchi aufgebracht. Bis eben haben er und seine beiden Freunde noch aufmerksam über den Bildschirm jeden von Yugis Schritten in der virtuellen Welt verfolgt. Doch nun haben sie auch Noah dort entdeckt und die Tatsache, dass er noch lebt, versetzt sie in ebenso großes Erstaunen wie Yugi. "Scheinbar hat er die Explosion überlebt", stellt Anzu fest. "Aber irgendwie sieht er jetzt älter aus, findet ihr nicht?", meint Honda. "Was spielt das denn jetzt für eine Rolle", schnaubt Jonouchi, "Mein Kumpel steckt alleine mit diesem Irren zusammen in dieser Cyberwelt. Mach dir lieber darüber Gedanken!" "Aber wie konnte er überhaupt in dieses System gelangen?", fragt Anzu. "Ist mir ziemlich egal!", Jonouchi springt auf, "Aber ich werde Yugi schleunigst da rausholen!" Mit diesen Worten will er schon hinüber ins Labor laufen, doch gerade als er den Nebenraum verlassen will, gleitet die Tür ihm vor der Nase zu. Ärgerlich klopft Jonouchi an die dicke Plexiglasscheibe. "Hey, die Tür ist zugegangen." "Was?", ruft Honda und kommt seinem Freund zu Hilfe. Gemeinsam versuchen sie die Tür zu öffnen, doch alle Kraftanstrengung ist vergeblich. Aufgeregt winkt Jonouchi der jungen Frau im Labor zu und versucht ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Schließlich schaut sie auf. "Bemüht euch gar nicht erst", sagt sie, "Das Glas ist absolut bruchsicher." "Was hat das zu bedeuten?", will Jonouchi wissen, "Lassen sie uns auf der Stelle raus!" "Leider kann ich das nicht machen!", entgegnet sie. "Aber warum tun sie das, Atsumi-san?", fragt nun Anzu verständnislos. Die junge Frau blickt ernst zu ihnen hinüber: "Es tut mir leid, aber ich kann einfach nicht riskieren, dass ihr unsere Pläne durchkreuzt!" "Unsere Pläne?", wiederholt Anzu, "Sie arbeiten mit Noah zusammen. Und es war auch nicht Ishizu Ishtar die sie geschickt hat, hab ich recht?" Die junge Frau wendet sich wieder ihrem Pult zu. "Das kann ja wohl nicht wahr sein!", ereifert sich Jonouchi, "Soll das heißen, sie unterstützen diesen verrückten, kleinen Bengel auch noch? Haben sie überhaupt eine Ahnung, mit wem sie sich da einlassen? Der Kerl hat echt n Rad ab und er ist gefährlich! Ich werd nicht zulassen, dass sie meinen Freund in Gefahr bringen, verstanden?" Nun schaut Atsumi wieder auf. Feste Entschlossenheit liegt in ihrem Blick. "Ich weiß ganz genau worauf ich mich einlasse! Aber ich sehe nur diesen einen Weg. Doch ihr könnt euch wieder beruhigen. Yugi wird nichts geschehen. Das versichere ich euch!", wieder wendet sie sich ihrem Schaltpult zu, "Nein, der Einzige, der sich Sorgen machen muss, ist Seto Kaiba!" Überrascht schauen die drei auf. "Was? Kaiba steckt auch mit drin in der Sache?" "Ganz recht!", bestätigt sie, "Und das im wahrsten Sinne des Wortes." "Kaiba ist auch in dieser virtuellen Welt?", meint Anzu erstaunt. "Ja", kommt die Antwort, "Ihr müsstet ihn auf einem der Bildschirme sehen können. Ihr solltet euch wieder hinsetzen und das Ganze einfach verfolgen. Das ist das Beste, was ihr im Augenblick tun könnt." Betreten schauen die drei sich an. "Und was machen wir nun?", fragt Anzu. "Anscheinend haben wir keine andere Wahl, als zu tun was sie sagt", meint Honda. Jonouchi ballt die Faust: "Ich wusste es doch, dass sie ne falsche Schlange ist. Aber wehe wenn ich hier wieder rauskomme, das wird sie noch bereuen!" "Das hat doch keinen Sinn, Jonouchi!", versucht Anzu ihn zu beruhigen, "Aber solange wir hier festsitzen, sollten wir Yugi so gut es geht unterstützen. Schließlich sind wir seine Freunde. Das hat ihm schon immer Kraft gegeben in aussichtslosen Situationen. Ich bin sicher, er weiß, dass wir immer hinter ihm stehen, auch wenn wir nicht bei ihm sind." "Du hast recht!", meint Honda, "Wir setzen uns wieder vor den Monitor und feuern ihn an." "Genau!", ruft Jonouchi, "Solange wir seine Freunde sind, ist er nicht alleine. Also dann, lasst uns sehen was Noah mit ihm vorhat!", ein schelmisches Lächeln legt sich auf sein Gesicht, "Außerdem, möchte ich doch zu gerne sehen was Kaiba inzwischen treibt." Gemeinsam setzen sich die drei wieder vor die Monitore. Atsumi hat das Gespräch verfolgt und wendet sich nun wieder ihrem Computer zu. Doch ihre ernste, selbstbewusste Mine verwandelt sich nun in leichte Betrübnis. Ohne das sie es merkt, ballt sich ihre Hand zur Faust. Yugi hat wirklich bemerkenswerte Freunde, stellt sie bei sich fest, was auch immer passiert, er weiß, dass er auf sie zählen kann. Diese vier verbindet wirklich ein starkes Band der Freundschaft. Yugi kann sich wirklich glücklich schätzen solche Freunde zu haben. Sie atmet tief durch. Warum nur muss Seto Kaiba das so erbarmungslos anders sehen? "Was soll das heißen: Du willst dich revanchieren?", fragt Yami-Yugi alarmiert, "Ich gebe gerne zu, dass wir ein paar Meinungsverschiedenheiten hatten beim letzten Mal, aber letztendlich hast du uns doch noch geholfen aus dem Cyberspace zu entkommen. Ich dachte, du hättest eingesehen, dass wir im Grunde keine Feinde von dir sind. Wir haben dir die Sache doch auch nicht nachgetragen. Du warst schließlich nur einsam und verbittert. Ich dachte, wir wären nun Freunde. Wofür willst du dich denn revanchieren?" Noah geht mit langsamen Schritten um den Sockel herum. Dann sagt er: "Ich bin wohl wirklich sehr gemein zu euch gewesen, sonst würdest du jetzt nicht so schlecht von mir denken." Nun blickt er Yami-Yugi an. "Du verstehst mich falsch. Ich will keine Rache. Ich will nur etwas von dem wieder gutmachen was ich euch angetan habe." Erstaunt blickt Yami ihn an: "Aber wie...? Ich verstehe das nicht. Was genau willst du denn von mir? Was hast du vor?" "Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber ich bin froh, dass du hier bist, Yugi", meint Noah nun, "Ich brauche nämlich deine Hilfe." Irritiert schaut Yami ihn an: "Meine Hilfe? Wobei denn? Was wird hier eigentlich gespielt?" "Ich werde es dir erklären", meint Noah. Noch während er redet, zerfließen die Wände der antiken Grabkammer und bilden die breite Fläche eines Hochhausdaches. Um sie her ist nun nichts als weiter Himmel und tiefe Häuserschluchten zu sehen. Noah macht ein paar Schritte auf die Dachkante zu, während Yami sich noch verblüfft umsieht. Dann beginnt Noah zu erzählen: "Ich lebe inzwischen schon so lange in meiner virtuellen Welt, dass ich kaum noch weiß, dass es einmal anders war. Ich konnte tun und lassen was ich wollte. Der Cyberspace half mir sogar dabei immer klüger und klüger zu werden. Ich wurde zu einem Genie, einem Überwesen! Aber ich war immer einsam. "Du hattest Recht mit allem was du mir damals vorgeworfen hast. Ich war einsam und verbittert. Aber die Begegnung mit euch allen hat mein Leben verändert. Mir wurde klar, dass es ein Fehler war wie ich mich verhalten habe und dass ich, trotz all meiner überragenden Intelligenz... noch immer fehlerhaft bin. "Ich dachte ich müsste meinem Vater, mir selbst und auch Seto unbedingt beweisen was ich wert bin. Aber dabei habe ich nur an mich gedacht. Doch ich kannte es auch nicht anders. Ich war solange allein, dass ich nicht wusste, dass mir etwas Entschiedenes fehlte: Freunde!" Schweigend hört Yami ihm zu. Nun dreht Noah sich zu ihm um. "Aber ihr habt mir nach all dem was ich euch angetan habe doch noch vertraut. Ihr habt mich behandelt wie einen Freund. Das hat mich tief beeindruckt. Deshalb habe ich euch zur Flucht verholfen und deshalb habe ich auch die digitalen Überreste von meinem Vater Gozaburo hier im Cyberspace festgehalten, so dass er nicht entkommen konnte als der Computer explodierte." Für einen Moment huscht ein Ausdruck von tiefem Schmerz über Noahs Gesicht. Yugi fragt sich ob er sich getäuscht hat, doch Noah redet schon weiter: "Im letzten Moment gelang es mir mein Bewusstsein in den Bordcomputer des Kaiba-Corp Luftschiffes zu überspielen. Ich verfolgte jede Einzelheit eures Turnierfinales und nebenbei versuchte ich verzweifelt eine Möglichkeit zu finden, meine digitalen Komponenten in ein neues System zu übertragen, das groß genug war um meine gesamte Persönlichkeit zu beherbergen. "Schließlich fand ich nach langer Suche Zugang zu einem vielversprechenden Cyberspace-System bei Gigatech-Enterprise; das gleiche System in dem du dich jetzt befindest. Hier wollte ich mir eine neue Heimat einrichten, doch das Programm konnte meine Kapazität kaum fassen. Ich begann es zu erweitern und umzuschreiben und dabei stieß ich auf Atsumi. Oder besser gesagt, sie stieß auf mich." Yamis Augen weiten sich. "Soll das heißen Atsumi-san weiß von der ganzen Sache?" "Natürlich!", bestätigt Noah, "Sie war schließlich dabei behilflich dich hierher zu bringen. Aber lass es mich der Reihe nach erklären!" Also doch, denkt Yami bei sich, sie hat uns tatsächlich etwas vorgemacht! "Aber wir wissen noch immer nicht warum sie das getan hat", gibt Yugi zu bedenken, "Was kann sie sich davon versprechen und was will Noah von uns?" "Wenn ich das wüsste", meint Yami. Noah fährt fort. "Ich war ziemlich beeindruckt von ihr. Es gelang ihr tatsächlich, sich in mein Programm einzuhacken. Sie ist wirklich klug! Ich erkannte sogleich meine Chance. Also beschloss ich mit ihr ein Abkommen zu treffen. Ich würde ihr helfen ihr Cyberspaceprogramm zu optimieren und sie würde mir als Gegenleistung helfen meinen größten Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen." "Deinen größten Wunsch?", fragt Yami, "Was ist der? Und was habe ich damit zu tun? Was willst du Noah?" Einen Momentlang schaut Noah ihn gequält an dann sagt er: "Freiheit!" "Freiheit?", fragt Yami zurück. Noah nickt: "Ja! Seit ich durch euch erfahren habe, wie es ist Freunde zu haben, kann ich es einfach nicht mehr ertragen in dieser digitalen Scheinwelt eingesperrt zu sein", er ballt die Faust, "Ich ertrage es einfach nicht länger! Ich halte diesen... Zustand nicht einen Tag mehr aus!" Ein wenig mulmig wird Yami nun doch zumute. "Was soll das heißen? Hast du mich hier hergelockt um meinen Körper zu übernehmen und in die reale Welt zurückzukehren?" Doch Noah schüttelt schwach den Kopf. "Nein! Ich sagte doch schon, dass ich erkannt habe, dass das der falsche Weg war. Außerdem...", fügt er mit einem schiefen Lächeln hinzu, "bei dir hätte es sowieso keinen Zweck, wenn ich es versuchen würde. In deinem Körper wohnen schließlich bereits zwei Seelen, nicht wahr?" Yami-Yugi fällt aus allen Wolken. "Du... du weißt davon? Aber wie...?" "Erinnerst du dich, als ich beim letzten Mal versucht habe deinen Körper zu übernehmen?", fragt Noah. Yami nickt. "Da habe ich es gesehen!", erklärt Noah, "Dein anderes Ich. Für einen Momentlang waren wir Eins. Ich konnte die Macht spüren, die in ihm steckt und ich konnte einen Blick auf all die unzähligen Geheimnisse werfen, die es umgeben. Rätsel über Rätsel!" Mit großen Augen starrt Yami Noah an. "Stimmt!", meint er zögernd, "Ich erinnere mich. Ich konnte auch einen Blick in deine Seele werfen. Ich konnte sehen was mit dir geschehen ist. Ich glaube danach habe ich dich ein bisschen besser verstanden." "Auch ich erkannte, dass es da vieles gibt was du noch nicht über dein anderes Ich weißt", Noah hält kurz inne, dann mustert er Yami scharf, "Oder besser gesagt über dich, denn im Moment hat doch die andere Seite in dir die Kontrolle, nicht wahr, Pharao?" Verblüfft starrt Yami ihn an. "Du... du scheinst eine Menge über mich zu wissen", meint er zögernd. "Tja, ich weiß in der Tat einiges über dich. Nachdem ich diese unzähligen Rätsel in dir wahrgenommen hatte, konnte ich nicht mehr aufhören darüber nachzudenken und nachzuforschen. Was man nicht alles tut um auf andere Gedanken zu kommen. Es ist erstaunlich war man so alles herausfinden kann, wenn man ein Wesen von übernatürlicher Intelligenz ist, dass den ganzen Tag nichts anderes zu tun hat als sich in seinem digitalen Gefängnis irgendwie die Zeit totzuschlagen." Den letzten Satz bringt er nicht ohne Bitterkeit in der Stimme hervor. "Unglaublich!", meldet sich Yugi wieder zu Wort, "Kann es wirklich sein, dass Noah deine verschütteten Geheimnisse gelüftet hat?" "Ich halte es nicht für ausgeschlossen", meint Yami hoffnungsvoll. Man merkt ihm an wie aufgeregt er ist. "Aber ich glaube nicht, dass er es uns einfach so erzählt. Vorhin sagte er, er braucht unsere Hilfe. Bestimmt will er etwas als Gegenleistung von uns." Wie um ihm recht zu geben fährt Noah fort: "Ich bin gerne bereit dich an allen meinen Ergebnissen teilhaben zu lassen, doch dafür musst du etwas für mich tun." "Und was?", fragt Yami misstrauisch. Noah atmet tief durch. "Überzeuge Seto Kaiba für mich einen künstlichen Körper zu bauen!" Erstaunt schaut Yami Noah an. "Kaiba? Warum gerade er? Und warum brauchst du gerade mich um ihn zu überreden?" "Mokuba sagte mir damals, dass es Seto möglich wäre, mir einen künstlichen Körper zu bauen. Nach allem was damals passiert ist, hätte ich ihn wohl selber danach fragen sollen, aber... nun ja, wie du weißt, musstet ihr etwas überstürzt fliehen. Dadurch ist das wohl etwas untergegangen." "Und wo liegt jetzt das Problem?", will Yami wissen, "Warum nimmst du nicht einfach Kontakt auf mit ihn und fragst ihn?" "Ich fürchte", gesteht Noah, "Dass Seto nach dem was damals abgelaufen ist nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen ist. Du kennst ihn. Aus freien Stücken erklärt er sich niemals bereit mir zu helfen." "Es käme auf einen Versuch an", erwidert Yami, "Warum meldest du dich nicht bei ihm und fragst ihn einfach?" "Das hab ich schon getan", sagt Noah, "Er ist auch hier und geredet habe ich auch schon mit ihm. Aber er ist ein unverbesserlicher Sturkopf. Nicht in tausend Jahren erklärt er sich bereit mir zu helfen!" "Kaiba ist hier?", ruft Yami aus. Noah nickt. "Aber warum hast du gerade mich hergeholt?", will Yami wissen, "Kaiba und ich haben zwar schon einiges gemeinsam durchgemacht, aber im Grunde waren wir nie wirklich einer Meinung. Er kann mich noch immer nicht leiden und einen Rat nimmt er von mir schon gar nicht an!" "Das denke ich nicht", meint Noah, "Ob er es zugeben will oder nicht, ich denke er respektiert dich. Du bist sein größter Rivale. Es heißt, man soll sich an den Besten messen und Seto scheint es sich zur Lebensaufgabe gemacht zu haben, dich zu übertrumpfen. Wenn das nicht beweißt was für eine hohe Meinung er von dir hat, was dann?" Nachdenklich blickt Yami vor sich hin. "Das stimmt! Kaiba hat uns immer wieder herausgefordert. Vielleicht auch deshalb weil es seine Bestimmung ist, aber ich denke es ist auch, weil er sich beweisen will." Yugis Stimme klingt zuversichtlich. "Vielleicht ist er ein Sturkopf, aber ich sehe ihn auch als Freund an und vielleicht sieht Kaiba das ja auch so. Wir können es ja mal versuchen, vielleicht hört er ja auf uns." Yami nickt stumm. Dann wendet er sich an Noah: "Na schön Noah, ich versuche es. Aber danach lässt du uns beide hier unbeschadet raus, in Ordnung?" "Natürlich", versichert Noah, "Wenn ich habe was ich will, lass ich euch beiden sofort gehen." "Aber ich kann nichts versprechen", wendet Yami ein, "Wenn er nicht auf mich hört, musst du dir wohl jemanden anderes suchen." Doch Noah schüttelt betrübt den Kopf. "Es gibt keinen anderen! Als ich fliehen musste, wurde mein Programm... beschädigt. Je länger ich hier drin bleibe um so schneller wird sich meine Matrix auflösen. Die Leute von Gigatech haben schon versucht den Schaden zu beheben, aber ohne Erfolg. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Außerdem verhindert der Defekt den reibungslosen Datentransfer. Nur Kaiba-Corp verfügt noch über die Technik um mein Programm unbeschadet in einen künstlichen Körper zu transferieren. Ich bin also auf Seto angewiesen. Wenn er mir nicht hilft bedeutet das für mich das endgültige Ende." Teilnehmungsvoll schaut Yami Noah an: "Das tut mir leid! Ich werde versuchen ihn zu überzeugen. Am besten du bringst mich gleich zu ihm. Dann können wir die Sache aus der Welt schaffen." "Danke Yugi!", sagt Noah erleichtert, "Ich hatte gehofft, dass ich mich auf dich verlassen kann!" Im nächsten Moment erscheint mitten auf dem Dach eine schlichte Holztür. "Ich habe uns einen Übergang geschaffen. Nur zu!", fordert Noah ihn auf. Ohne sich weiter bitten zu lassen geht Yami auf die Tür zu. Noah folgt ihm. Doch hinter Yamis Rücken verzieht sich Noahs Mine auf einmal zu einem boshaften Grinsen und ein düsterer Schatten fällt auf sein Gesicht. Einen Momentlang starrt er so auf Yamis Rücken. Doch dann plötzlich schüttelt er sich, als wolle er einen unliebsamen Gedanken loswerden. Die hässliche Fratze verschwindet und im nächsten Moment knicken Noahs Knie ein. Yami dreht sich um und sieht ihn am Boden. Rasch läuft er zu ihm hin und will ihm aufhelfen. "Ist alles in Ordnung mit dir?", fragt er besorgt. "Ja ja... es geht schon", erwidert Noah, "Ein kleiner... Schwächeanfall. Seit mein Programm defekt ist, passiert mir das öfter." Yamis Mine wird ernst. "Ich denke wir sollten möglichst bald mit Kaiba sprechen." Kapitel 7: Déjà-vu ------------------ Immer weiter folgt Kaiba schweigend dem Waldweg. Er hat keinen Blick für die friedliche Schönheit in seiner Umgebung. Sein einziges Interesse liegt darin, so schnell wie möglich aus dieser digitalen Welt zu verschwinden. Seine Mine ist finster. Wenn er diesen Noah in die Finger bekommt, wird er ihm klar machen warum es ein schwerer Fehler ist, sich mit ihm anzulegen. Ob Bruder oder nicht, wenn er erst mal Zugang zu einem Terminal bekommt, wird er diesem digitalen, kleinen Wicht ein für allemal den Garaus machen! In diesem Moment hebt er den Kopf. Mitten auf dem Weg vor ihm ist plötzlich eine Tür aufgetaucht. Kaiba blickt missmutig drein. Bestimmt soll ihm diese Tür wieder einen kleinen Abstecher in die Vergangenheit bescheren. Sicher will Noah ihm wieder mit ein paar schmerzhaften Erinnerungen aus seiner Kindheit, einen Spiegel der Selbsterkenntnis vorhalten. Kaiba schnaubt. Dem fällt aber auch wirklich nichts Neues ein. Eigentlich hat er keine große Lust auf solche kleinen Eskapaden, aber wenn er an der Tür vorbeisieht, erkennt er nur, dass der Weg noch unendlich weiter zu führen scheint. Wahrscheinlich ist diese Tür die einzige Möglichkeit aus diesem Wald zu verschwinden. Schließlich trifft er eine Entscheidung und öffnet die Tür. Kaum ist er hindurch getreten wird er sich gewahr, dass er gerade aus einem kleinen Geräteschuppen herausgetreten ist. Vor ihm ragt eine vornehme Villa mit einem großen Garten auf. Kaibas Augen werden schmal. Dieses Haus kennt er. Es ist die selbe Villa, vor der er bereits vorhin gestanden hat. Flüchtig schaut er an sich herunter, doch er ist noch immer im Besitz seines normalen Aussehens. Langsam geht er über den Rasen und umrundet die Hausecke. Nun hat er den Vorgarten erreicht. Plötzlich wird die Haustür aufgerissen und eine kleine Gestalt kommt herausgelaufen. Kaiba bekommt große Augen. In dem kleinen, etwa acht Jahre alten Jungen, der da durch den Vorgarten sprintet, erkennt er sich selber. Nur wenige Augenblicke fliegt die Tür erneut auf. Ein junges Mädchen steht in der Tür und läuft dem davoneilenden Jungen hinterher. "Wo willst du denn hin, Seto?", schreit sie ihm nach, "Komm wieder zurück!" Der Junge bleibt kurz stehen und dreht sich um: "Ich kann nicht, ich muss nach Hause!" Jetzt hat sie ihn eingeholt. Sie scheint beleidigt zu sein. "Das sagst du ständig!", meckert sie, "Immer sagst du, du musst nach Hause. Meine Eltern sind nicht da! Ich muss auf meinen kleinen Bruder aufpassen!", äfft sie ihn nach, "Wenn du keine Lust hast herzukommen, dann sag es doch einfach!" "Tut mir leid!", der kleine Junge macht ein betrübtes Gesicht, "Aber ich muss wirklich auf Mokuba aufpassen. Er ist sonst ganz allein zuhause." Das Mädchen wehrt ab: "Ja die Ausrede kenn ich." Ärgerlich baut sie sich vor ihm auf: "Hör zu Seto, wenn du jetzt weggehst, dann brauchst du gar nicht mehr wieder zu kommen, klar?" Der kleine Junge ist sehr hin und hergerissen. Schließlich kneift er die Augen zusammen und sein Gesicht verzieht sich zu einer schmerzvollen Grimmasse, dann wendet er sich wieder um und läuft zum Gittertor hinaus. "Fein!", brüllt das Mädchen ihm hinterher, "Dann geh doch! Und so was nennt sich nun Freund! Hau bloß ab! Ich hasse dich!" Dann dreht auch sie sich um, läuft zurück ins Haus und knallt die Tür hinter sich zu. Einen langen Augenblick steht Kaiba nur da und blickt vor sich hin. Eine Erinnerung drängt sich ihm auf. Hat er nicht genau diese Worte heute schon einmal gehört? Nein, er wehrt diesen Gedanken entschieden ab. Noah wird mit seinen kleinen Spielchen keinen Erfolg haben. Er strafft sich und nachdem er festgestellt hat, dass hinter dem Gittertor kein Weiterkommen möglich ist, beschließt er es nun also mit der Haustür zu versuchen. Er atmet einmal durch und betritt dann das Haus. Doch nicht die Eintrittshalle liegt hinter der Tür sondern ein nur schwach beleuchteter kleiner Raum. Fast sofort bleibt er stehen. Vor ihm sieht er zwei vertraute Personen. Dort vor dem hölzernen Wandschrank sieht er sich selbst, diesmal als Elfjährigen. Neben ihm sieht er das Mädchen. Sie ist um die gleiche Anzahl Jahre gealtert. Möglichst geräuschlos macht sie sich an der Bücherwand zu schaffen. Kaiba spürt wie er sich verkrampft und sich plötzlich ein schwerer Kloß in seiner Kehle bildet. Mit steinernem Blick verfolgt er das Geschehen. "Pss!", macht das Mädchen, während sie einen kleinen Hebel betätigt. Beinah lautlos öffnet sich die Bücherwand und gibt den Blick auf einen Wandtresor frei. "Dürfen wir das überhaupt?", fragt der kleine Seto unsicher. "Natürlich nicht!", kommt die leicht tadelnde Antwort, "Sonst bräuchten wir das doch nicht heimlich machen." Mit flinken Fingern betätigt das Mädchen die Codetafel an der Seite. "Ich weiß nicht so recht", meint Seto unsicher, "Wir bekommen bestimmt Ärger deswegen. Egal was du mir zeigen willst, das ist doch das Risiko nicht wert." "Ach komm schon!", entgegnet sie, während sie erfreut registriert, dass das Schloss sich geöffnet hat, "Sei doch nicht immer so ein Feigling, Seto! Wir haben es doch schon. Du wirst Augen machen, es ist wirklich cool!" Mit diesen Worten betätigt sie den Hebel und öffnet den Tresor. Dann greift sie vorsichtig herein und nimmt behutsam einen kleinen, flachen Gegenstand heraus. Nun doch neugierig geworden lugt der kleine Seto ihr über die Schultern. Dann streckt sie ihm ihren Schatz entgegen. Mit großen Augen betrachtet Seto was sie da in den Händen hält. "Das... das ist ja eine Duellmonsters-Karte!", staunt er. "Nicht irgendeine Duellmonsters-Karte", verbessert sie, "Das ist die seltenste Karte von Duellmonsters! Das ist der legendäre Weiße Drache mit eiskaltem Blick!" Mit vor Überraschung geöffnetem Mund starrt Seto vollkommen fasziniert auf die Karte. "Der Weiße Drache mit eiskaltem Blick!", wiederholt er leise. Kaiba beobachtet die beiden ebenfalls. An diesem Tag habe ich diese Karte zum aller ersten Mal gesehen!, erinnert er sich. Er beißt die Zähne zusammen. Oh ja, ich erinnere mich noch sehr gut an diesen Tag. "Diese Karte ist unglaublich selten und kostbar", erklärt das Mädchen nun, "deshalb bewahrt mein Vater sie auch in seinem Tresor auf." "Darf ich sie mal in der Hand halten?", fragt Seto hoffnungsvoll. Einen Momentlang zögert das Mädchen, doch dann gibt sie nach. "Na schön! Aber sei ganz vorsichtig! Das ist eine ganz besondere Karte. Nur ganz besondere Personen sind es wert, diese Karte zu besitzen. Diese Karte ist so mächtig, dass nur ganz außergewöhnliche Duellanten mit ihr richtig umgehen können. Jedenfalls sagt das mein Vater." Äußerst behutsam nimmt Seto die Karte in Empfang. Er scheint wie verzaubert von dieser Karte zu sein. Nun kommt das Mädchen etwas dichter an ihn heran: "Ich verrate dir ein Geheimnis. Mein Vater hat mir versprochen, dass er mir diese Karte schenkt sobald ich zwölf werde. Ist das nicht toll?" Seto schaut noch immer sehnsüchtig auf den Schatz in seiner Hand: "Wenn ich doch nur auch so eine Karte besitzen könnte. So etwas habe ich mir schon immer gewünscht!" Einen Augenblick zögert das Mädchen, dann sagt sie: "Weißt du was Seto, ich verspreche dir etwas: Wenn ich zwölf werde und mein Vater mir diese Karte schenkt, dann werde ich sie an dich weiter verschenken!" Der kleine Seto schaut ruckartig auf: "Was, ist das dein Ernst? Das willst du wirklich für mich tun?" Dein seltsames Funkeln schleicht sich in die Augen des Mädchens. Dann sagt sie: "Natürlich, Seto! Ich verspreche es! Schließlich sind wir doch Freunde, oder?" Mit einem glücklichen Lächeln strahlt Seto das Mädchen an, bevor er ihr behutsam die Karte zurückgibt. Kaiba hat genug gesehen! Ruckartig wendet er sich um und verlässt den Raum. Nun steht er auf einmal nicht länger auf dem langen Flur der Villa sondern auf einem sandigen Pausenplatz vor einem unscheinbaren, länglichen Gebäude. Kaiba kennt diesen Ort nur allzu gut. Immerhin hat er hier einen Teil seines Lebens zugebracht. Es ist das Waisenhaus in dass er und sein Bruder als Kinder eingeliefert wurden. Allmählich aber platzt ihm der Kragen. "Hör sofort auf mit diesem Zirkus, Noah!", ruft er ärgerlich zum Himmel, "Es reicht! Ich weiß zwar nicht was du mit der ganzen Sache bezweckst, aber es wird nicht funktionieren, hörst du? Ich lasse mich von solchen kleinen Rückblenden nicht beeindrucken. Also misch dich gefälligst nicht länger in meine Vergangenheit ein, kapiert?" Doch es kommt keine Antwort. Kaiba wartet ein wenig, doch Noah lässt sich nicht blicken. Verstimmt will er das Gelände verlassen, doch plötzlich sieht er erneut ein bekanntes Gesicht. Wieder sieht er sein jüngeres Ich vor sich. Er steht in einiger Entfernung an einer Schaukel. Traurigkeit und Unverständnis liegen in seiner Mine. Vor ihm steht wieder das Mädchen. Sie trägt elegante Kleidung und bedenkt ihn mit einem abschätzenden Blick. "Leider haben wir erst vor kurzem davon erfahren", sagt sie gerade, "Das tut mir wirklich leid für dich, Seto." Der kleine Junge versucht sich seine Trauer nicht anmerken zu lassen und wendet den Blick ab. "Lass das bloß nicht Mokuba sehen!", meint sie leichtfertig, "Schließlich bist du sein großer Bruder. Er schaut zu dir auf. Er verlässt sich auf dich. Was soll er den denken, wenn er dich mit verheulten Augen sieht?" Der junge Seto schluckt mehrmals schwer. "Du hast recht. Ich muss stark sein, für Mokuba!" Er atmet einmal tief durch. "Ich bin sicher, du wirst schon irgendwie zurechtkommen", meint das Mädchen. Dann blickt sie zur Seite: "Wirklich ein Jammer, dass du nun nicht mehr zu meinem Geburtstag kommen kannst." Seto blickt besorgt auf: "Aber... aber was ist mit deinem Versprechen? Du hattest mir versprochen, dass du..." "Ich bitte dich, Seto!", unterbricht das Mädchen ihn, "Ich habe dir doch gesagt, dass nur außergewöhnliche Personen es verdienen diese Karte zu besitzen. Würdest du eine Waise als außergewöhnliche Person bezeichnen?" Fassungslos starrt der Junge das Mädchen an. Zunächst weiß er nicht was er dazu sagen soll, dann beginnen seine Lippen zu beben und Tränen drängen sich in seine Augen. "Aber... ich habe gedacht... wir wären Freunde", quetscht er hervor. Unbeeindruckt wendet sich das Mädchen ab. "Wer möchte schon mit einer Heulsuse wie dir befreundet sein? Zeig mir erst mal, dass du nicht so ein Weichling bist wie ich immer dachte." Sie wendet sich kühl ab und geht davon. "Vorher werd ich dich auch nicht mehr besuchen kommen. Leb wohl Seto!" Mit Tränen in den Augen und schniefender Nase blickt der junge Seto ihr hinterher. "Nein geh nicht!", flüstert er, "Ich kann auch anders sein. Ich kann mich verbessern. Eines Tages werde ich es wert sein, dein Freund zu sein!" Mit starrem Blick beobachtet Kaiba wie der kleine Junge sich auf der Schaukel zusammenkauert und mit nassem Gesicht dem Mädchen hinterher schaut. Sein Herz klopft heftiger als ihm lieb ist. Verdammt! Eigentlich hatte er sich geschworen niemals wieder einen Gedanken an diese Ereignisse zu verschwenden. Noah! Das wird er ihm büßen! Ihm das zu zeigen... wie kann er es wagen? Langsam wendet er sich ab. Er hat genug gesehen. Er weiß was als Nächstes kommt. Aber er hat nicht all die Jahre damit verbracht dieses Ereignis aus seinem Gedächtnis zu tilgen um es jetzt wieder auffrischen zu lassen. Er hat Besseres zu tun: Diesen Noah finden und ihn Bit für Bit auseinandernehmen! Mit festem Schritt verlässt er das Grundstück. Dahinter liegt eine weite Wiese mit leichten, grasbewachsenen Hügeln. In einiger Entfernung steht ein Baum. Die Sonne über ihm scheint warm und die Wolken werfen kontrastreiche Schatten auf die Grashügel. Kaiba stutzt. Sein Gesicht zeigt nun deutlich Ärger und eine Spur von Panik. "Nein!", murmelt er, "Jetzt geht er entschieden zu weit!" In diesem Augenblick bemerkt er eine Bewegung hinter sich und fährt herum. Vor ihm ist auf einmal eine Tür zu sehen. Jetzt öffnet sie sich. Zu seiner Überraschung erkennt Kaiba nun ein anderes bekanntes Gesicht das sich durch den Rahmen schiebt. "Yugi!", stößt er verwundert aus, "Was hast du denn hier verloren? Hat dieser miese, kleine Dreckskerl dich auch hierher gelockt oder ist das nur wieder einer von seinen kleinen Tricks?" Yami-Yugi erkennt nun auch Kaiba. "Nein Kaiba", meint er, "Ich bin es. Noah hat auch mich hierher geholt." Gerade in dem Moment erscheint auch Noah in der Tür und Kaibas Mine verfinstert sich augenblicklich. "Noah!", zischt er, "Du musst ja wirklich Nerven haben. Du traust dich tatsächlich noch hierher? Du bist anscheinend noch niederträchtiger als ich bisher angenommen habe. Wenn du nicht auf faire Weise gewinnen kannst, dann versuchst du es mit fiesen Tricks. Aber das kennen wir ja schon von dir." Yami-Yugi schaut ihn verständnislos an. "Ich weiß nicht wovon du sprichst, Seto", erwidert auch Noah nun. Kaiba schnaubt verächtlich: "Ja sicher!" Grimmig funkelt er ihn an. "Nein wirklich", meint Noah unschuldig, "Was auch immer passiert ist, ich bin nicht dafür verantwortlich." "Und das soll ich dir glauben?", meint Kaiba verächtlich, "Also bitte, versuch das bei irgendwem anders!" "Was ist denn passiert, Kaiba?", will Yami nun wissen. Einen Momentlang schweigt Kaiba, dann sagt er: "Das geht dich gar nichts an, Yugi! Ich weiß sowieso nicht was du hier verloren hast. Ich habe es schon einmal gesagt: Das hier ist eine reine Familienangelegenheit!" "Das mag ja sein, aber wir sitzen beide hier drin fest, bis Noah uns wieder hinauslässt. Aber dazu solltest du ihn erst einmal anhören!", versucht Yami zu schlichten. "Wer hat dich nach deiner Meinung gefragt, Yugi?", schnauzt Kaiba, "Ich brauche deine Ratschläge nicht! Mit diesem kleinen Hosenscheißer werde ich auch allein fertig." Yami verschränkt die Arme: "Kaiba, warum bist du bloß immer so verbohrt? Du könntest ihn wenigstens anhören." Kaiba fegt das Argument mit einer Geste beiseite. "Es interessiert mich nicht was er zu sagen hat, klar? Schon gar nicht nach dem was ich gerade gesehen hab. Wenn er was von mir will, soll er nicht so eine Nummer mit mir abziehen!" Ein paar Schritte entfernt steht Noah und verfolgt schweigend das Gespräch der beiden. Yami mustert Kaiba ernst. "Das wird wohl schwieriger werden als wir gedacht haben", meint Yugi, "Kaiba ist in keiner guten Stimmung. Wenn wir ihn jetzt um etwas bitten, stoßen wir wahrscheinlich nur auf taube Ohren. Ich habe ihn noch nie so sehr in Rage gesehen, glaube ich." "Lass mich dir wenigstens sagen worum es geht!", versucht es Yami erneut. Kaiba schnaubt verächtlich. "Von mir aus. Vorher gibst du ja sowieso keine Ruhe. Dann schieß mal los!" "Deshalb ist Kaiba also so ein ständiger Stinkstiefel und Miesmuffel!", meint Jonouchi laut. Bis eben hat er mit seinen beiden Freunden gebannt vor dem Monitor gesessen und verfolgt was im Cyberspace vor sich ging. Mit großem Interesse habe sie jede Sequenz aus Kaibas Vergangenheit beobachtet und es kommt ihnen vor, als hätten sie endlich einige fehlende Teile zu einem komplizierten Puzzle gefunden. "Kein Wunder!", meint nun auch Anzu, "Dieses Mädchen war aber auch wirklich gemein zu ihm." "Tja", meint Honda, "Wer hätte gedacht, dass der große, tolle Seto Kaiba mal ein ganz lieber, kleiner Weichkeks war." "Sag doch nicht so was, Honda!", schilt Anzu, "Wahrscheinlich war Kaiba früher einfach ganz anders, bis ihn dieses Mädchen so gemein ausgenutzt, zum Narrengehalten und schließlich wie eine heiße Kartoffel fallengelassen hat." "Phö!", meint Jonouchi, "Ich hab trotzdem nicht wirklich Mitleid mit ihm. Heute ist er doch genau so ein Ekel wie dieses Mädchen damals, wenn nicht sogar schlimmer!" "Man, Jonouchi", erwidert Anzu, "Hast du nicht gesehen, dass er nur so geworden ist, weil er dachte, dass sie das von ihm erwartet. Er dachte wohl, wenn er kalt und rücksichtslos wird, kann er sie so beeindrucken, dass sie ihn wieder als Freund haben will." "Also echt!", meint Jonouchi, "Dieser Tussi würde ich doch wirklich keine Träne nachweinen. Ich möchte echt mal wissen, was die sich unter Freundschaft vorstellt. Im Grunde hat sie ihn doch nur ausgenutzt und fertiggemacht. Ich frage mich wirklich warum Kaiba mit der befreundet war. Kein Wunder, dass er jetzt n Knacks weghat!" In diesem Moment lässt sie ein ärgerlicher Ruf zusammenfahren "Gebt endlich Ruhe da drin! Ich muss mich konzentrieren!" Mit finsterer Mine stiert Atsumi zu ihnen herüber. "Überhaupt, was wisst ihr denn schon? Ihr glaubt doch nicht, dass Seto Kaiba sich von solchen Kleinigkeiten unterkriegen lässt. Um den Kerl zum Kentern zu bringen muss man schon einiges mehr auffahren!" Verblüfft über diesen Ausbruch starren die drei Freunde die junge Frau an. Wütend wendet diese sich wieder ihrer Tastatur zu. "Meine Güte!", meint Anzu, "Die ist ja vielleicht geladen!" "Ja, schon komisch, oder was meint ihr?", fügt Honda hinzu. "Ich glaube, ich kann mir auch denken warum", meint Jonouchi mit einem schiefen Grinsen. Atsumi ignoriert die drei. Mit geballter Faust schlägt sie auf ihr Schaltpult. "Dieser... Kerl!", zischt sie, "So sieht er das alles also. Kein Wunder, dass er...", sie bricht ab. Langsam richtet sie sich wieder auf. Sie ist so angespannt, dass sie fast zittert. "Na warte Seto Kaiba! Das klären wir jetzt auf andere Weise!" Hastig betätigt sie ein paar Tasten. Kurz darauf öffnet sich die zweite Cyberkapsel. Rasch gibt sie ein paar weitere Befehle ein, dann umrundet sie ihr Pult und geht auf die Kapsel zu. "Hey!", ruft Jonouchi aufgebracht, "Ich dachte die Kapsel wäre noch nicht einsatzbereit." Atsumi würdigt ihn keines Blickes als sie in die Kapsel steigt. "Tut mir leid Jonouchi, das war eine Lüge! Ich brauchte die zweite Kapsel, für den Fall, dass unser Plan nicht so abläuft wie ich dachte. Scheinbar sieht es jetzt so aus, dass ich mich persönlich um diese Angelegenheit kümmern muss." "Da hört sich doch alles auf!", grollt Jonouchi, "Sie miese Lügnerin! Sie sind das Mädchen von damals, hab ich nicht recht?" Ohne eine Antwort zu geben, legt sich Atsumi auf die Polster. "Ist das wahr?", will nun auch Anzu wissen, "Waren das wirklich sie, Atsumi-san? Was sollte das damals mit Kaiba? Warum haben sie ihn so mies behandelt? Er wollte doch nichts weiter als mit ihnen befreundet sein und wie haben sie es ihm gedankt?" Nun schaut Atsumi doch noch einmal zu ihnen hinüber. Sie atmet einmal tief durch dann sagt sie ruhig: "Ich muss mich vor euch nicht rechtfertigen, aber eines sag ich euch: Ihr habt absolut keine Ahnung worum es hier geht!" Dann lehnt sie sich zurück, die Kapsel schließt sich und kurz darauf liegt sie still. Kapitel 8: Vorwürfe ------------------- "Das kann nicht dein Ernst sein!", in Kaibas Stimme liegt reine Verachtung. Geringschätzig wendet er sich an Noah: "Bildest du dir wirklich ein, dass ich dir einen künstlichen Körper konstruiere, nach dem was du bisher alles mit mir angestellt hast? Bitte sag mir, dass du nicht so dämlich bist!" Schuldbewusst lässt Noah den Kopf hängen. "Du hast ja recht! Ich habe mich wirklich fies verhalten und es tut mir ehrlich leid!" "Glaubst du damit ist es getan?", schnaubt Kaiba verächtlich, "Ich habe Besseres zu tun, als dir nach all dem was gewesen ist auch noch einen größeren Bewegungsfreiraum zu verschaffen. Von mir aus kannst du in dieser virtuellen Welt verschimmeln!" Geknickt steht Noah da. "Ich kann verstehen, dass du sauer auf mich bist. Ich würde es gerne wieder gutmachen, sag mir nur wie!" "Du könntest damit anfangen mich auf der Stelle hier rauszulassen!", sagt Kaiba kühl. "Kaiba...", versucht Yami es erneut, doch Kaiba schneidet ihm das Wort ab: "Halt dich da raus, Yugi! Ich will nichts mehr hören!" In diesem Moment ist ein heller, spitzer Schrei zu hören. Er scheint von hinter dem nächsten Hügel zu kommen; von dort hinten wo der Baum steht. Kaiba fährt augenblicklich herum. Böse funkelt er Noah an: "Das trägt sicher nicht dazu bei, meine Meinung zu ändern!" Im nächsten Moment läuft er auch schon los in Richtung Baum. "Das war keine gute Idee!", stellt Yami tadelnd fest. "Das bin ich nicht gewesen!", verteidigt Noah sich. Yami sieht ihn scharf an. "Nein wirklich nicht!", beteuert Noah. "Was auch immer es ist", sagt Yami, "Offenbar hat Kaiba schon einiges davon zu sehen gekriegt und das hat seine Laune sicher nicht gehoben." Mit diesen Worten setzen sich auch Noah und er in Bewegung und folgen Kaiba, der hastig über die Wiese zu dem Baum hinläuft. Wieder ist ein Schrei zu hören. Eine helle Stimme ruft in höchster Not um Hilfe. Endlich haben Yami und Noah zu Kaiba aufgeholt. Hinter dem Hügel ist ein kleines Tal, durch dass sich ein rasch dahinfließender Fluss schlängelt. In einiger Entfernung ist eine steinerne Brücke zu sehen. Yami tritt an Kaiba heran, der regungslos dasteht und auf das Geschehen am Fluss hinabschaut. Als er seinen Blicken folgt, reißt Yami-Yugi die Augen auf. Die Schreie kommen aus dem Fluss. Ein kleiner, dunkler Haarschopf treibt in den Fluten. Hin und wieder geht er unter und immer wenn er wieder hochkommt, ruft er keuchend und nach Luft schnappend um Hilfe. In diesem Augenblick taucht eine bekannte Person auf der Brücke auf. Es ist der kleine Seto Kaiba. Mit weitaufgerissenen, panikerfüllten Augen starrt er auf das Wasser hinab. Mit aller Kraft die seine Lungen hergeben schreit er: "Mokuba!!!" Einen Augenblick lang scheint er zu zögern, doch dann steigt er auf die Brüstung der Brücke und springt hinunter in die Fluten. Hinter ihm taucht nun eine zweite Person auf. Es ist das junge Mädchen. Mit großen Augen starrt sie Seto hinterher, doch sie rührt sich nicht vom Fleck. Wie parallelisiert steht sie da und verfolgt wie der Junge mit aller Kraft versucht gegen die Strömung anzukämpfen um seinen kleinen Bruder zu erreichen. Mehrmals scheinen ihm die Kräfte zu versagen doch verbissen kämpft er sich weiter. "Ich komme Mokuba! Halt durch!" Die kleine, schwarzhaarige Gestalt geht immer wieder unter, zum Schreien fehlt ihr bereits die Kraft. Da endlich, nach einem scheinbar endlos währenden Kampf, bekommt Seto seinen Bruder zu fassen. Mühevoll kämpft er sich ab um ihn ans Ufer zurückzubringen. Mit letzter Kraft erreichen beide das seichte Wasser und in einem letzten verzweifelten Kraftakt wuchtet Seto den schlaffen Körper seines Bruders ans Ufer. Fieberhaft versucht er die leblose Gestalt wieder zur Besinnung zu bringen. "Moki, bitte wacht doch auf! Mach doch die Augen auf, bitte!", fleht er noch völlig atemlos während er ihn leicht rüttelt. Tränen stehen ihm in den Augen. "Tu mir das nicht an Moki!", schnieft er, "Bitte wach auf!" Da plötzlich beginnt sich der kleine Kerl zu bewegen und zu keuchen und husten. Ein erleichtertes Lächeln huscht über Setos Gesicht. Doch die erste Freude weicht sogleich einem finsteren Gesicht, als er den Kopf hebt und sich langsam zu dem Mädchen umdreht. Noch immer steht sie regungslos an der Brücke. "Das ist alles deine Schuld! Hau bloß ab!", schreit er wütend. Wie vom Donner gerührt steht sie da. Dann auf einmal dreht sie sich um und läuft davon. Schweigend steht Kaiba da. Es ist ihm unmöglich anzusehen was er denkt. Yami tritt nun an ihn heran. "Ich nehme an, dass ist wirklich einmal passiert", stellt er die Vermutung an. "Das spielt keine Rolle", sagt Kaiba, "Das gehört der Vergangenheit an. Und ich sage es noch einmal: Es geht dich nicht das Geringste an!" "Wer war das Mädchen eben, kennst du sie?", fragt Yami weiter. "Bist du taub?", funkelt Kaiba, "Das hat dich nicht zu interessieren!" Nun reicht es aber auch Yami: "Verdammt Kaiba, warum bist du bloß immer so ein Sturkopf? Egal was damals passiert ist, wann siehst du endlich ein, dass du damit nicht allein klarkommen musst?" Belustigt schaut Kaiba nun auf ihn hinab: "Ach Yugi, willst du mir etwa schon wieder mit diesem Freundschaftsblödsinn kommen? Du verschwendest nur deine Zeit! Ich brauche eure lächerliche Freundschaft nicht, ist das nun verständlich? Ich komme sehr gut alleine klar. Du kannst ja gerne jemandem anders damit auf den Wecker fallen, aber lass mich ein für allemal damit in Ruhe!" Yami schüttelt seufzend den Kopf: "Wann bist du bloß so hart geworden Kaiba, dass du niemanden mehr an dich heranlässt!" "Spar dir das!", wehrt Kaiba entschieden ab, "Ich brauche keinen Psychiater und auch keinen Philosophen der mir irgendwelchen Stuss einzureden versucht. Bei mir ist alles in bester Ordnung, so wie es ist! Freundschaft ist was für Schwächlinge und für leichtgläubige Typen wie dich! Wenn dich so ein kindisches Ideal glücklich macht, schön für dich, aber ich habe nicht das geringste Interesse daran! "Und das da", damit zeigt er die beiden Jungen am Flussufer, "hat absolut keinen Einfluss auf meine Meinung. Wenn du mir allerdings immer noch nicht glaubst, dann lass dir gesagt sein: Ich habe es auch nicht nötig, dass mein kleiner Bruder dauernd um mich herumscharwenzelt. Wenn ich sage ich brauche niemanden, dann meine ich wirklich niemanden, verstanden?" "Du solltest dich wirklich schämen, solche Töne von dir zu geben, Seto Kaiba!", ertönt plötzlich eine Stimme hinter ihnen. Die drei jungen Männer fahren herum. Vor sich sieht Kaiba eine bekannte Gestalt. Hoch aufgerichtet steht vor ihnen die Feuerprinzessin. Der eine Arm ruht leicht auf ihrem Stab, die andere Hand ist in ihre Hüfte gestemmt. Mit flammendem Blick funkelt sie zu Kaiba hinüber. "Du schon wieder!", bemerkt Kaiba unwillig, "Ein wirklich hartnäckiges Programm! Aber offenbar mit einigen Macken. Wie sonst ist es zu erklären, dass es mich immer noch wie einen Fünfjährigen behandelt?", mit diesen Worten wirft er Noah einen scharfen Blick zu. "Wahrscheinlich, weil du dich wie ein unreifer Fünfjähriger aufführst!", meint die Feuerprinzessin spitz. "Es reicht!", sagt Kaiba entschieden, "Solch einen Ton muss ich mir nicht länger gefallen lassen! Beende das auf der Stelle Noah, oder du lernst mich kennen!" Dieser steht jedoch nur mit verschränkten Armen und schmalen Augen da und mustert das Geschehen abschätzend ohne ein Wort zu sagen. "Krieg dich endlich wieder ein, Seto!", erwidert die Feuerprinzessin nun ernst, "Dein Bruder hat damit nichts zu tun. Wenigstens dieses eine Mal kannst du ihm ruhig glauben." Langsam dreht Kaiba sich um. Kritisch mustert er seine Gegenüber. "Du bist kein Programm!", stellt er schließlich fest, "Wer bist du?" "Also wirklich! Du enttäuschst mich Seto!", sagt die Feuerprinzessin, "Erkennst du mich wirklich nicht?" Misstrauisch nimmt Kaiba die Gestalt in Augenschein. Dann schnaubt er auf. "Du könntest wer weiß wer sein. Ich nehme an diese Gestalt verdankst du der Technik dieses Systems. Warum gibst du dich nicht einfach zu erkennen? Was soll das Versteckspiel? Dafür hab ich im Moment gar keinen Nerv!" Die Feuerprinzessin schüttelt seufzend den Kopf. Schließlich sagt sie: "Du hast recht. Ich habe mir eine andere Erscheinung zugelegt. Immerhin wollte ich mein Programm endlich einmal selbst ausprobieren." Kaiba hebt die Brauen: "Das Programm ist von dir? Dann musst du die Leiterin der Forschungsabteilung sein, von der dieser Trottel Matsuo vorhin gesprochen hat." Yamis Augen weiten sich. "Das ist Atsumi!", stellt Yugi überrascht fest, "Aber warum kommt sie hier herein? Was hat das zu bedeuten?" "Allerdings!", funkelt die Feuerprinzessin, "Und ich bin ziemlich ungehalten darüber zu sehen, wie meine Technik von dir missbraucht wird, Seto Kaiba!" Kaiba strafft sich: "Ich weiß nicht wovon du sprichst." Die Feuerprinzessin packt ihren Stab fester. "Dann werde ich es dir eben zeigen! Vielleicht hilft das deinem Gedächtnis auf die Sprünge." Mit diesen Worten hebt sie ihren Stab. Augenblicklich verschwindet die Wiese unter den Füßen der vier und bildet einen großen, elegant ausgestatteten Raum. Dort am Tisch sitzt der junge Seto Kaiba zusammen mit Mokuba und betrachtet einen großen Haufen dicker Geldbündel. Inzwischen ist aus ihm ein junger Mann geworden. Neben ihnen steht ein großer, in Anzug gekleideter Herr. Nun wendet sich Seto an den Mann neben ihm: "Lekter, ich will, dass sie mit diesem Geld 51% einer Firma kaufen!" "Was für eine Firma soll es denn sein?", kommt die Frage zurück. "Ganz egal!", antwortet Seto, "Hauptsache sie behandelt ihre Angestellten freundlich." Dann nickt der Mann und gleich darauf verlässt er das Zimmer. Seto und Mokuba bleiben alleine zurück. "Erinnerst du dich an diese Situation?", fragt die Feuerprinzessin. Mit ernster Mine steht Kaiba da. "Natürlich erinnere ich mich daran!", sagt er, "Das habe ich schon beim letzten Mal gesehen als ich hier war. Mein Stiefvater hatte mir den Auftrag gegeben dieses Geld, das er mir geliehen hat, zu verzehnfachen und das innerhalb eines Jahres. Ich sollte damit beweisen, dass ich in der Lage bin Geschäfte zu führen und Profit zu machen. Wenn ich diesen Test bestünde, würde er mir eines Tages die Kaiba-Corporation überlassen. Wenn ich es nicht schaffen sollte, würde er uns beide wieder zurück ins Waisenhaus schicken. Das war der Deal!" "Wirklich eine schwierige Aufgabe für jemanden in deinem Alter und eine harte Bedingung", bemerkt Yami. "Ich bitte dich Yugi", entgegnet Kaiba geringschätzig, "Zumindest von dir hätte ich erwartet, dass du mir mehr zutraust. Mein Stiefvater hatte eine Vorliebe dafür, andere mit harten Prüfungen und schweren Entscheidungen zu Demütigen, aber bei mir hat er sich die Zähne ausgebissen! Er dachte, ich würde gleich kapitulieren oder zumindest irgendwann jämmerlich versagen, aber ich habe ihn eines Besseren belehrt. An diesem Tag nahm ich mein Schicksal in die eigene Hand. Es gelang mir das Geld an nur einem einzigen Tag zu verzehnfachen." Yami-Yugis Augen weiten sich. "Was wirklich? Wie hast du das denn geschafft." "Durch einen ganz hinterhältigen Trick!", mischt sich nun die Feuerprinzessin ein. Kaiba sieht sie schief von der Seite an: "Was du hinterhältig nennst, nenne ich raffiniert!" "Ich würde eher skrupellos sagen!", gibt sie zurück, "Du hast es vielleicht geschafft deinen Stiefvater zufrieden zu stellen, doch zu welchem Preis?" "Was soll das Gerede?", fragt Kaiba gereizt, "Was willst du eigentlich?" "Das wirst du gleich sehen!" Das Szenario läuft weiter. Die Tür öffnet sich und der Mann namens Lekter tritt ein. "Ich habe eine Firma gefunden, die ihre Angestellten wie Familienmitglieder behandelt." "Sehr schön!", sagt Seto, "Zeigen sie die Unterlagen her!" Er nimmt die Blätter in Empfang und studiert sie kurz. Dann auf einmal stutzt er. Noch einmal liest er die Zeile. Dann hebt er den Blick. Ein grimmiger Zug liegt um seine Mundwinkel. "Diese Firma ist perfekt für meine Zwecke! Kaufen sie 51% von den Anteilen und geben sie mir dann bescheid!" "Aber wie konntest du durch diese Firma die Forderung deines Vaters erfüllen?", fragt Yami-Yugi. "Ganz einfach!", erklärt Kaiba abfällig, "Ich habe dem Besitzer klar gemacht, dass ich die Firma in winzig kleinen Stückchen weiterverkaufen und sämtliche Angestellte entlassen werde, wenn er mir die 51 Anteile nicht zum zehnfachen Preis zurückkauft." Yami reißt die Augen auf: "Kaiba! Das hast du wirklich getan? Hast du denn überhaupt kein Gewissen?" "Aber er hat es getan!", bestätigt die Feuerprinzessin kühl, "Und zwar erst recht nachdem er gesehen hat wem diese Firma gehörte!" Kaiba wirft ihr einen geringschätzigen Blick zu: "Sollte ich jetzt deswegen ein schlechtes Gewissen bekommen? Das Ganze war nur eine geschäftliche Angelegenheit. Wer von Geschäften keine Ahnung hat, verdient es nicht eine Firma zu leiten. Es war also ganz allein ihre eigene Schuld!" "Durch das was du so liebenswürdig ,Geschäfte' nennst, hast du die kleine Firma in den Bankrott getrieben!", funkelt die Feuerprinzessin jetzt, "Macht dir das denn überhaupt nichts aus?" "Hmh! Das ist doch nicht mein Problem!", meint Kaiba abfällig, "Ich habe mein Ziel erreicht und damit ist die Sache für mich erledigt!" Die Feuerprinzessin versteift sich. "Ja, du kannst wirklich stolz auf dich sein!", sagt sie bitter, "Du hast wirklich ganze Arbeit geleistet! Dass er seine Firma und schließlich alles was er besaß verloren hat, nahm der Besitzer sich letztendlich so sehr zu Herzen, dass es ihn das Leben kostete!" Bei diesen Worten läuft ein leichtes Zucken über Kaibas Maske der Selbstbeherrschung. "Es war ein hoher Preis, aber du hast ihn gerne bezahlt, um endlich in die mächtige Kaiba-Familie aufgenommen zu werden, nicht wahr?", sagt die Feuerprinzessin gepresst, "Ist es das was du wolltest? Bist du nun zufrieden, Seto Tejima?" Augenblicklich fliegen Kaibas Augen auf. "Wie hast du mich genannt?", fragt er beunruhigt, "Woher kennst du diesen Namen? Sag schon!" Die Feuerprinzessin starrt ihn einen Momentlang an, dann verdreht sie die Augen: "Es hoffnungslos mit dir! Du willst es scheinbar nicht begreifen. Aber ja, ich kenne deinen wirklichen Namen, und wenn du dich nicht so stur weigern würdest dich richtig zu erinnern, dann wüsstest du auch wer ich bin." "Wozu soll ich mich an irgendetwas aus meiner Vergangenheit erinnern?", meint Kaiba schnippisch, "Davon habe ich nichts! Ich schaue lieber in meine Zukunft und du, wer immer du auch bist, solltest das auch tun!" "Kaiba, nimm doch Vernunft an!", mischt sich nun Yami wieder ein, "Du kannst deine Vergangenheit nicht immer ignorieren und totschweigen! Mag ja sein, dass in deiner Kindheit einige unschöne Dinge passiert sind, aber unsere Vergangenheit ist es doch erst was uns zu dem macht was wir sind." "Misch dich nicht ein Yugi!", ruft Kaiba aufgebracht, " Du hast überhaupt keine Ahnung worum es hier geht! Ich weiß genau wer ich bin. Ich habe es endgültig satt, dass du ständig glaubst mir etwas über Bestimmung und Schicksal erzählen zu müssen. Ich will von deinen lächerlichen Märchen nichts mehr hören! Und damit Schluss!" Wütend wendet er sich ab. Leise tritt Noah an Yami heran. "So wird das nichts, Yugi. Er muss sich endlich mit seiner Vergangenheit abfinden. Ich habe es gesehen. Ich weiß was seine Bestimmung ist. Du musst es ihm zeigen!" Verdutzt schaut Yami-Yugi Noah an: "Aber wie? Wie soll ich ihm das denn klar machen? Wie kann ich ihm die Wahrheit begreiflich machen?" "Das hier ist eine virtuelle Welt", gibt Noah zurück, "Sie kann nach Belieben gestaltet werden. Du hast doch den Millenniumsstab mitgebracht. Benutze ihn!" Yami reißt die Augen auf: "Den Millenniumsstab? Du meinst wirklich ich sollte ihn benutzen?" "Warum denn nicht?", meint Noah, "Der Millenniumsstab kann die Seelen der Menschen kontrollieren, aber er kann auch die Wahrheit ans Licht bringen. Wenn du ihn mit dieser Technik hier kombinierst, kannst du Seto sein wahres Ich vor Augen führen. Dann kannst du ihm zeigen was wirklich in seinem Inneren steckt." Ich weiß nicht ob das so eine gute Idee ist, überlegt Yami, wir wissen noch zu wenig über diese Millenniumsgegenstände. "Aber Noah scheint sich damit auszukennen", wendet Yugi ein. "Ja, aber können wir ihm vertrauen?", fragt Yami zurück. "Ich denke schon. Er hat uns damals geholfen und seit wir hier sind, hat er sich immer freundlich und hilfsbereit gezeigt. Außerdem braucht er unsere Hilfe. Wenn Kaiba ihm nicht hilft aus dieser Cyberwelt zu entkommen, dann wird er nicht mehr lange leben. Wir müssen es versuchen!" "Also schön, Noah", sagt Yami, "Was soll ich tun?" "Dieses Programm reagiert auf deine Gedanken", erklärt Noah, "Der Millenniumsstab ist mit diesem System gekoppelt. Du musst ihn dir nur vorstellen, dann kannst du ihn auch benutzen." Yami wirft Noah einen abschätzenden Blick zu, doch hinter seiner Aufforderung scheint nichts als arglose Hoffnung zu stecken. Schließlich nickt Yami leicht und schließt die Augen. In seinen Gedanken stellt er sich den Millenniumsstab vor. Immer stärker konzentriert er sich darauf. Bis er sich auf einmal gewahr wird, dass der Stab in seiner Hand Gestalt annimmt. Überrascht öffnet er die Augen. In seiner Hand hält er nun den Millenniumsstab. Es hat tatsächlich funktioniert!, denkt er bei sich. "Doch wie können wir ihn jetzt dazu benutzen Kaiba klar zu machen, dass seine Vergangenheit bereits ins alte Ägypten zurückreicht?", fragt Yugi. "Es gibt nur einen Weg das herauszufinden!", sagt Yami. Er packt den Millenniumsstab fester. "Willst du das wirklich machen?", meint Yugi besorgt, "Wer weiß was dann passiert." "Keine Sorge Yugi!", sagt Yami fest, "Dieser Stab gehört schließlich rechtmäßig mir und deshalb gibt es auch keinen Grund weshalb ich ihn nicht benutzen sollte." Mit diesen Worten streckt er den Stab aus. In diesem Moment dreht die Feuerprinzessin sich hastig zu ihm um. "Nein!", ruft sie aufgeregt, "Das darfst du nicht tun! Es ist noch zu früh! Du weißt ja nicht was du da tust!" Doch in eben diesem Moment beginnt der Stab in Yamis Hand zu leuchten, ebenso wie jetzt auch sein Puzzle. Kaibas Augen weiten sich. "Was zum...?", bringt er hervor. Doch das Leuchten wird immer greller und breitet sich immer weiter aus. Innerhalb von Sekunden sind die vier in ein gleißendes Licht getaucht, so dass sie geblendet die Augen schließen müssen. "Was hast du getan?", stößt die Feuerprinzessin hervor, dann muss auch sie die Augen zusammenkneifen. (Anm. d. Aut.: Der Name "Tejima" ist ein wirklicher jap. Nachname und wird hier abgeleitet von dem Begriff tejina = Zauberkunststück oder auch tejinashi = Zauberkünstler. Zusätzlich bedeutet die Silbe ma soviel wie: Zauberei oder Magie. Bezeichnenderweise war der legendäre "Hexenmeister" damals der ständige Rivale das Pharaos und wir alle wissen ja wer das gewesen ist!) Kapitel 9: Die Macht des Millenniumsstabes ------------------------------------------ "Oh Mann, schon wieder diese Millenniumsgegenstände!", ruft Anzu aufgeregt. Nervös kaut sie auf ihren Fingernägel herum, "Ich bekomme immer eine Gänsehaut wenn sich eines dieser Dinger selbständig macht." "Immer mit der Ruhe, Anzu!", versucht Honda sie zu beruhigen, "Das Ding ist doch nur eine Holographie und Yugi hat es bestimmt völlig unter Kontrolle. Da passiert schon nichts. Mach dir mal keine Sorgen!" "Hey Leute!", mischt sich Jonouchi ein, der aufgestanden ist und einen Blick in das Labor geworfen hat, "Kommt mal her und seht euch das an!" Eilig kommen sie seiner Aufforderung nach. Doch was sie sehen, versetzt sie in Erstaunen und zugleich Sorge. Auf dem Sockel im Labor nebenan befindet sich noch immer der echte Millenniumsstab und in eben diesem Moment geht ein hellleuchtendes Licht von ihm aus. Der grelle Schein der von ihm ausgeht und die Gerätschaften des Labors erleuchtet, wirft harte Schatten an die Wände. Doch am beunruhigendsten ist die schimmernde gelbe Aura die ihn in diesem Moment umgibt. "Soviel zum Thema Holographie", meint Honda trocken. Jonouchi wendet sich seinen Freunden zu: "Ich denke Anzu, du solltest dir doch lieber Sorgen machen! Das sieht nicht gerade vielversprechend aus." Hastig nehmen die drei wieder vor dem Monitor Platz. Um nichts in der Welt wollen sie verpassen, was dort im Cyberspace als nächstes passiert. Nachdem das grelle Licht verschwunden ist, öffnen die vier wieder ihre Augen. Fassungslos blickt Kaiba sich um. Das Zimmer in der Villa seines Stiefvaters hat sich verändert und zwar erheblich. Nun befinden sie sich in einer gewaltigen Halle mit viele, dicken hohen Säulen. An den Wänden befinden sich unzählige altägyptische Hieroglyphen und die gesamte Halle wird ausschließlich durch viele große Fackeln erleuchtet. Doch was ihn weit mehr in Erstaunen versetzt, ist die Kleidung die er nun anhat. Es ist eine lange antike Robe von kunstvoller Beschaffenheit und auf dem Kopf einen schmuckvollen Kopfputz von eindeutig ägyptischem Stil. "Was... was hat das alles zu bedeuten?", fragt er doch dann fällt sein Blick auf Yami-Yugi. Yami ist nun ebenfalls in prachtvolle, ägyptische Kleider gewandet und auf dem Kopf trägt er einen majestätisch wirkenden, metallenen Stirnreif. Um seinen Hals hängt das Millenniumspuzzle an einer eleganten Kette und in einer Hand hält er den noch immer leuchtenden Millenniumsstab. Sein fester Blick ist unverwandt auf Kaiba gerichtet und hält ihn gefangen. "Yugi... was soll das?", will er wissen, "Was hast du mit mir gemacht? Was fällt dir ein einfach mein Aussehen zu verändern?" "Ich war das nicht, Kaiba", sagt Yami ruhig, "Es war die Macht des Millenniumsstabes die uns beide in das verwandelt hat was seit 5000 Jahren unsere Bestimmung ist." "Mach dich nicht lächerlich!", wehrt Kaiba ab, "Das ist nichts weiter als eine Holoprojektion, das hat nicht das Geringste mit Bestimmung zu tun!" "Du irrst dich!", entgegnet Yami, "Vor 5000 Jahren im alten Ägypten, sind wir beide schon einmal aufeinandergetroffen. Hier in dieser Halle standen wir uns gegenüber und haben um das Schicksal der Welt gekämpft." "Lächerlich!", schnaubt Kaiba, "Das sind nichts weiter als alte Märchen!" "Das sind keine Märchen", meint Yami, "Diese Millenniumsgegenstände bergen eine uralte Macht. Du hast sie doch selber schon des öfteren zu spüren bekommen. Damals beim Battelcity-Finale haben wir beide die selbe Vision gehabt. Ich bin sicher, dass du dich daran erinnerst." "Das war nichts weiter als ein Trick!", wert Kaiba ab, "Ein ganz billiger Trick um mich in die Irre zu führen." "Das war kein Trick." Yamis Mine ist ernst. Langsam geht er auf Kaiba zu, den Stab noch immer in der Hand. "Diese Vision wurde durch den Millenniumsstab ausgelöst. Auch in ihm stecken uralte, magische Kräfte. Wie auch in meinem Puzzle. Du hast es doch selbst gesehen. "Der Pharao und sein Rivale der Hexenmeister, sie beide verfügten über die Macht eines Millenniumsgegenstands. Schon damals trugen sie einen Kampf aus, von dessen Ausgang das Schicksal der Welt abhing. Und heute wiederholt sich dieser Kampf. Wenn du dich weiterhin weigerst die Wahrheit und damit deine Vergangenheit zu akzeptieren, dann setzt du die Sicherheit der gesamten Welt aufs Spiel!" Kaiba erwidert Yamis Blick mit gleicher Schärfe. "Du solltest dich mal hören, Yugi! Du klammerst dich an einen Mythos, merkst du das gar nicht? Ich habe die Steintafeln auch gesehen. Mag ja sein, dass die Figuren auf dem Stein uns irgendwie ähnlich sehen, aber zu glauben, dass die ganze Sache mehr als eine Legende ist... ich bitte dich! Wach endlich auf! Es bedarf mehr als eine simple Holoprojektion um mir meinen gesunden Menschenverstand zu rauben." "Das hier ist mehr als eine simple Holoprojektion", sagt Yami, "Vielleicht sind wir hier in einer virtuellen Welt aber der Millenniumsstab sorgt dafür, dass nur die Wahrheit hier bestehen bleibt. Durch seine Macht sehen wir uns wie wir in Wirklichkeit sind." "Und den Unsinn soll ich dir abkaufen?", Kaiba verschränkt die Arme. "Wenn du mir nicht glaubst, dann schau doch mal da rüber!", fordert Yami ihn auf. Kaiba folgt der angegebenen Richtung. Was er sieht lässt ihn überrascht innehalten. Ein paar Schritte weiter stehen die anderen beiden. Die Konturen der Feuerprinzessin flackert beängstigend. Sie ist auf die Knie gesunken und hat den Kopf gesenkt. Sie wirkt ungeheuer angespannt. Als sein Blick jedoch auf Noah fällt, reißt er sprachlos die Augen auf. Die gesamte Erscheinung des jungen Mannes vibriert und flackert. Noahs Gesicht ist schmerzverzerrt und schweißüberströmt. Er zittert am ganzen Körper. Immer wieder scheint sich seine Gestalt zu verziehen und verzerren. Ein warnender Ruf von der Feuerprinzessin schallt zu ihnen herüber: "Bleibt weg von ihm! Ich hatte befürchtet, dass die Macht des Stabes zu stark sein könnte. Unter seinem Einfluss sind wir nicht mehr in der Lage unsere gewünschte Form zu behalten. Ich hatte ihn gewarnt, dass das passieren könnte wenn er den Stab einsetzt, aber er wollte nicht auf mich hören." Nun ist auch Yami beunruhigt und schaut wachsam zu Noah hinüber. "Was geschieht mit ihm?", will er wissen, doch die Feuerprinzessin krümmt sich erneut zusammen. "Ich... brauche alle Konzentration... für meine Projektion. Das Programm reagiert... auf die Gedanken und... Wünsche. Der Stab... hebt das auf und es bleibt nur noch... die Wahrheit." Dann bringt sie kein weiteres Wort mehr heraus. Besorgt schauen Kaiba und Yugi auf die verzerrte Gestalt von Noah, der offenbar einen inneren, schmerzhaften Kampf austrägt. "Was hat das zu bedeuten Noah?", ruft Kaiba. Ruckartig fährt Noahs Kopf herum. In seinen Augen lodert urplötzlich grimmiger Hass und sein Gesicht verzieht sich zu einer Fratze. Doch einen Sekundenbruchteil später schlägt der Ausdruck wieder in ein leidenvolle Mine um. "Ich... kann ihn... nicht länger... unterdrücken!", stößt er hervor, "Ich... halte das... nicht aus! Es tut mir leid, Seto! Bitte... hilf mir!" Kritisch beobachtet Kaiba was mit Noah geschieht. Scheinbar versucht er sich noch immer gegen etwas zu wehren. Das Flackern wir immer stärker. "Siehst du es jetzt ein, Kaiba?", ruft Yami, " Der Millenniumsstab besitzt Mächte die unser normales Verständnis übersteigen. Und damals im alten Ägypten warst du sein Hüter. Hör endlich auf deine Vergangenheit zu leugnen! Wenn dich das noch nicht überzeugt, was dann?" Vor Kaibas innerem Auge erscheint auf einmal wieder die Abbildung des geflügelten Drachen des Ra. Warum nur kann ich diesen ägyptischen Text lesen?, fragt er sich erneut. Yugis Geschichte würde das Ganze zwar erklären, aber... das kann einfach unmöglich sein! Zuzugeben, dass an der Sache was Wahres dran sein könnte, würde sein gesamtes Weltbild über den Haufen werfen. Nein, diese Blöße wird er sich auf keinen Fall geben! Und gerade jetzt muss er unbedingt seinen klaren Verstand bei sich behalten. Zu viel hat ihn heute schon zum Nachgrübeln gebracht; Dinge, die er am liebsten für immer aus seinem Gedächtnis gestrichen hätte. Aber er wird nicht zulassen, dass ihn noch irgendetwas durcheinanderbringt. Das wäre doch gelacht! Ärgerlich fährt Kaiba herum: "Ich weiß nicht was hier geschieht, und im Grunde will ich es auch nicht wissen. Aber mit Magie hat das nichts zu tun, eher mit einem Softwarefehler." Dann macht er einen Schritt auf Yami zu. "Du meinst ich wäre der Hüter dieses Stabes? Ich wünschte wirklich ich wäre es, dann könnte ich jetzt nämlich dieses Ding nehmen und dem ganzen Theater endlich ein Ende machen!" Mit diesen Worten packt er ärgerlich den Millenniumsstab und mit einem raschen Griff reißt er ihn Yami aus der Hand. In genau diesem Moment leuchtet der Stab erneut auf und die strahlende Aura hüllt Kaiba augenblicklich ein. "Was zum...?", bringt er entgeistert hervor. Im gleichen Moment ist ein Stöhnen von der Feuerprinzessin zu hören und von Noah her ertönt ein lauter Schrei. Noahs Gestalt beginnt nun sich vollständig zu verzerren. Sein Körper wird in die Länge gezogen und nimmt an Masse zu. Die hässliche Fratze kehrt auf sein Gesicht zurück. Seine grünen Haare streben in alle Richtungen ab und seine Gliedmassen werden zu gewaltigen, rötlichen Klauen. Sein gesamter Körper wirkt wie ein gewaltiger Programmfehler und es ist unmöglich zu erkennen wo die Kleidung aufhört und seine Haut anhängt. Kalte Wut liegt in seinem Blick und seine Mine hat etwas abscheulich bedrohliches bekommen. Mit glühenden Augen funkelt er Kaiba an. Für einen Moment bleibt Kaiba verwundert der Mund offen stehen und auch Yami starrt fassungslos auf die riesige Gestalt vor ihnen. "Was um alles in der Welt ist das?", stößt Kaiba hervor. Da öffnet die grausige Gestalt den Mund und sagt: "Was denn Seto, erkennst du mich etwa nicht? Du dachtest wohl, du wärst mich endgültig losgeworden, oft genug versucht hast du es ja. Du solltest aber eigentlich wissen, dass du mich niemals los wirst." Einen Augenblick lang stutzt Kaiba dann verfinstert sich seine Mine. "Gozaburo!", grollt er, "Du elender Kerl! Offenbar bist du selbst zum krepieren zu unfähig." "Ganz recht, ich bin es. Das was von mir noch übrig ist. Du hast mir alles genommen was ich hatte, aber dennoch werde ich es sein der letztendlich triumphiert. Mit Hilfe dieses Millenniumsstabes wird es mir gelingen wieder zu meiner einstigen Macht zurückzugelangen. Und nicht nur das, meine Macht wird durch diese magischen Millenniumsgegenstände noch um einiges wachsen!" Geringschätzig verschränkt Kaiba die Arme. "Als ich dich das letzte Mal sah, war von dir nicht mehr als eine kranke Computerdatei übrig. Du bist ein Nichts, und der klägliche Rest der von dir noch übrig ist, ist kaum noch einer Erwähnung wert. Ich weiß nicht wie du die Explosion überlebt hast, aber es interessiert mich auch nicht. Glaubst du allen Ernstes, dass du in diesem Zustand noch irgendetwas zustande bringen kannst? Mach dir doch nichts vor! Kaiba-Corp gehört nun mir und ich bin ohnehin der bessere Leiter dafür. Ein lausiger Virus wie du hingegen verdient nur noch eine Behandlung: er gehört schnellstens gelöscht!" Die verzerrte Gestalt lacht laut auf. "Glaubst du das wäre nicht bereits geschehen, wenn das so einfach wäre? Man kann mich nicht löschen. Ich bin unsterblich! Zwar hat mein jämmerlicher Sohn alles versucht um dagegen etwas zu unternehmen, ja er hat sogar dich hierher gelockt, doch ich fand es viel interessanter zu sehen, dass er auch deinen kleinen Freund hierher geholt hat, denn dadurch sind die mystischen Millenniumsgegenstände endlich in greifbare Nähe für mich gerückt." Kaiba hebt den Millenniumsstab. "Das Ding hier willst du haben? Du bist ja ein noch hoffnungsloserer Fall als ich dachte." Seine Hand krampft sich um den Griff. "Seid ihr denn alle miteinander übergeschnappt? Bin ich hier der einzige der noch so vernünftig ist um zu erkennen, dass das alles ein riesiger Blödsinn ist?" Wütend richtet er sich auf: " Dieses unsinnige Märchen ist pure Fiktion und weiter nichts! Und ich werde mich niemals vom Gegenteil überzeugen lassen! Niemals, verstanden? Ich habe es endgültig satt! Dieses Theater endet jetzt und zwar auf der Stelle!" Mit einer wütenden Geste schleudert er den Millenniumsstab zu Boden. Doch noch ehe er den Boden erreicht, leuchtet er noch einmal auf, ebenso wie Yamis Millenniumspuzzle. Der ganze Raum wird erneut in ein grelles Licht getaucht. Im gleichen Augenblick ertönt ein lauter Aufschrei von der riesigen Gestalt vor ihm, ein Schrei der immer schriller und dünner wird und schließlich ganz verhallt. Dann herrscht Stille. Kapitel 10: Jemand der mich kennt... ------------------------------------ Langsam klärt sich Kaibas Sicht wieder. Auch die anderen können nun wieder gucken. Um sie her befindet sich keine Halle mehr, nicht einmal ein Gebäude. Sie stehen alle vier auf einer großen Wiese. Ihr nächster Blick geht hinüber zu Noah. Der junge Mann kniet auf dem Boden und atmet schwer. Sein Gesicht ist verschwitzt aber er hat wieder seine normale Gestalt. Nun wirft er Kaiba einen ängstlichen Seitenblick zu, dann schlägt er jedoch die Augen nieder. "Was war das gerade, Noah?", fragt Yami nun. Langsam und mit zittrigen Bewegungen kommt Noah wieder auf die Füße. "Es tut mir leid, Yugi!", sagt er, "Als ich sagte, dass mein Programm bei der Fluch beschädigt wurde, war das nicht ganz die Wahrheit. "Seto, du erinnerst dich sicher noch an dein letztes Duell mit unserem Vater. Du hast gesehen was aus ihm geworden ist. Nachdem ihr entkommen wart, bat Mokuba mich, dass ich mit euch kommen sollte. Wie gerne wäre ich seinem Angebot gefolgt, durch dich Yugi und deine Freunde habe ich endlich erfahren was Freundschaft ist. "Doch ich hatte noch etwas zu erledigen. Ich wusste, dass Vater versuchen würde zu entkommen bevor das System in die Luft fliegen würde. Und wahrscheinlich wäre ihm das auch gelungen, doch das musste ich um jeden Preis verhindern. Er war ein Tyrann und nicht einmal seine Söhne waren vor seiner Grausamkeit gefeit. Ich durfte ihn nicht entkommen lassen! "Also beschloss ich mein Programm mit seinem zu verschmelzen um ihn im Cyberspace festzuhalten. Und so sehr es mich auch anwiderte mit seinem kranken Geist in Berührung zu kommen, ich nahm das Risiko auf mich. Ich wollte wenigstens einmal etwas richtig machen. Etwas das meine schlimmen Taten ein wenig aufwog und mir die Chance gab, wieder etwas Achtung vor mir selbst zu haben. "Doch als ich dann im letzten Augenblick vor der Explosion mein Programm in den Computer des Luftschiffes überspielte, sorgte die Explosion für eine Störung im Transfer. Dadurch wurde mein Programm unrettbar mit dem seinen verschmolzen." Eine Träne tritt Noah in die Augen. "Im Grunde ist sein Programm gar nicht mehr vollständig, er ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Alles was von ihm noch übrig ist, ist ein Haufen an Abfalldateien. "Aber diese unzähligen Splitter und Fragmente seiner Persönlichkeit sind nun mit meinem Programm verschmolzen. Ich höre ununterbrochen seine hasserfüllte Stimme in meinem Kopf und diese kranken Gefühle die in ihm steckten, sind nun auch Teil von mir. "In einem Punkt habe ich jedoch nicht gelogen, Yugi. Ich halte diesen Zustand einfach nicht länger aus! Diese andere Persönlichkeit in mir bringt mich fast um den Verstand. Ich muss mich wahnsinnig konzentrieren, damit er nicht die Oberhand über mich gewinnt. Es ist wie eine gespaltene Persönlichkeit nur tausendmal schlimmer! "Deshalb habe ich versucht dich um Hilfe zu bitten, Seto. Wenn es möglich wäre mein Programm in einen künstlichen Körper zu überspielen, könnten möglicherweise die Abfalldateien herausgefiltert werden. Dadurch wäre ich ihn dann ein für allemal los und müsste nicht ununterbrochen seinen Hass, seine Verachtung und seinen Wahnsinn ertragen." Mit schmerzvollem Blick wendet Noah sich ab. Man merkt ihm an wie sehr er leidet. "Das ist mal wieder typisch für dich!", bemerkt Kaiba ungerührt, "Du erwartest wieder mal, dass dir alles zufliegt. Wenn es ein Problem gibt suchst du dir einfach irgendwen anders, damit er es für dich löst. Aber meine Antwort ist weiterhin Nein! Ich habe kein Interesse daran dir bei irgendetwas behilflich zu sein." "Kaiba!", ruft Yami empört, "Wie kannst du nur so herzlos sein? Er hat sich geopfert, damit wir in Sicherheit sind. Du könntest ihm wenigstens deine Dankbarkeit zeigen." "Niemand hat ihn darum gebeten sich mit Gozaburo anzulegen", er wendet sich wieder an Noah, "Wenn es nicht so geklappt hat wie du es dir dachtest, dann bist du selber schuld. Also versuche auch selber damit klar zu kommen!" "Aber er ist doch dein Bruder und du hast deinen Stiefvater doch auch gehasst", versucht Yami es erneut, "Warum willst du ihm dann nicht helfen." "Weil die Sache mich nichts angeht. Er hat das ganz alleine verbockt. Seinetwegen sind wir überhaupt erst in diese Lage gekommen. Was schulde ich ihm also? Und allein die Tatsache, dass er mein Bruder ist bedeutet noch gar nichts. Bruderschaft verpflichtet zu gar nichts. Sie ist vollkommen bedeutungslos!" "Bedeutungslos?", ertönt plötzlich eine helle Stimme hinter ihm, "Sagt das der selbe Seto, der in einen reißenden Fluss springt und unter Einsatz seines Lebens versucht, seinen kleinen Bruder zu retten? Oder willst du mir sagen, dass Mokuba inzwischen auch bedeutungslos geworden ist für dich?" Kaiba fährt herum. Die Erscheinung der Feuerprinzessin ist verschwunden. Vor ihm steht eine junge Frau mit braunen Haaren. Sie trägt eine weite Jeanshose und ein bauchfreies, grünes Trägershirt. Ihre grünen Augen blitzen ihn energisch an und erwidern seinen Blick. Einen langen Augenblick bringt Kaiba kein Wort heraus. Verwundert mustert Yami ihn. Kaiba scheint durch den Anblick dieser Frau völlig aus dem Konzept geraten zu sein. Seine Fassade der Überlegenheit ist wie weggewischt und ist einer Mine der Beklommenheit gewichen. Sein Gesicht ist blass und offenbar kostet es ihn eine enorme Überwindung zu akzeptieren was er da sieht. Nein, sie ist es! Kaiba ist innerlich aufgewühlter, als es nach außen den Anschein hat. Er hat diese junge Frau zwar schon seit Jahren nicht mehr gesehen und sie auch etwas anders im Gedächtnis, aber er hat sie dennoch sofort erkannt. Hier sieht er das junge Mädchen von damals in der Frau vor ihm wieder, und im gleichen Moment steigen wieder all die Emotionen und Erinnerungen von damals in ihm hoch. Nie wieder! Er wollte nie wieder daran denken! Er hatte es sich geschworen und nun taucht dieses unheilvolle Phantom plötzlich wieder vor ihm auf. Warum? Warum nur muss er ihr gerade jetzt und hier wieder begegnen? "Yuki!", sagt er schließlich leise. Die junge Frau nickt schief. "Wie schön, dass du mich letztendlich doch noch wiedererkannt hast. Du magst ja ein wirklich kluger Kopf sein, aber in manchen Dingen bist du einfach erschreckend begriffsstutzig." Kaiba holt einmal tief Luft, dann strafft er sich wieder. "Du hast recht, mir hätte schon früher klar sein müssen, dass du da mit drin steckst, Yuki Atsumi! Solche hinterhältigen, kleinen Gemeinheiten sind schließlich genau dein Stil. Ich schätze mal, dass du für die kleinen Szenen aus meiner Vergangenheit verantwortlich bist." Atsumi verschränkt die Arme. "Das ist mal wieder typisch für dich, Seto!", meint sie ernst, "Du kommst natürlich wieder gleich zur Sache. Ist dir unser Wiedersehen nach all den Jahren nicht einmal eine freundliche Begrüßung wert?" "Du erwartest wirklich eine freundliche Begrüßung von mir?", funkelt Kaiba, "Nach allem was gewesen ist? Träum weiter! Ich bin längst nicht mehr so jung, dass ich dich nicht durchschauen könnte." "Durchschauen?", fragt sie ernsthaft, "Da gibt es nichts zu durchschauen. Du weißt doch genau so gut wie ich, dass alles was du bisher hier gesehen hast, so niemals passiert ist!" Kaiba schaut sie verächtlich an: "Versuch es erst gar nicht! Man hat mir heute schon genug Lügen und Märchen aufgetischt. Dieser plumpe Versuch mir etwas einzureden ist der reinste Witz! Nur weil ich keinen Grund sehe mich an meine Vergangenheit zu erinnern, bedeutet das nicht, dass ich es nicht könnte! Und ich weiß hundertprozentig, dass es genau so passiert ist!" "Wenn du dir so sicher bist, dann bleibt noch immer die Frage warum du behauptest Bruderschaft währe bedeutungslos?", gibt Atsumi zurück. Doch Kaiba geht nicht darauf ein. "Was hast du eigentlich mit diesem digitalen Jammerlappen zu schaffen", will er wissen. "Ganz einfach", erklärt sie, "Er hat mich um Hilfe gebeten und als ich erfuhr, was du mit der Sache zu tun hast, habe ich mich gerne bereiterklärt ihm zu helfen. "Als Gegenleistung hat er unserem Programm ein wenig unter die Arme gegriffen. Eigentlich ist er gar kein übler Kerl und erstaunlich talentiert. Es wäre wirklich ein Jammer ihn zu verlieren!" Kaiba schnaubt verächtlich. "Und mir wirfst du vor herzlos zu sein. Also wenn das kein berechnender Gedanke ist! Und ausgerechnet du willst mir hier einen Vortrag über Mitgefühl und Brüderlichkeit halten? Dass ich nicht lache! "Du hast dich wirklich kein bisschen verändert. Es erstaunt mich wirklich, dass man jemandem wie dir die Leitung der Forschungsabteilung anvertraut hat. Aber wahrscheinlich hast du dir auch diesen Posten einfach unter den Nagel gerissen, ohne Rücksicht auf irgendwen. Aber du hast ja noch stets bekommen was du wolltest, nicht wahr? Sag schon, seit wann arbeitest du für Gigatech?" Atsumi reckt sich, dann macht sie einen Schritt auf ihn zu. "Für sie arbeiten?", meint sie belustigt, "Du machst mir Spaß! Das ist meine Firma! Ich bin ihr Präsident." Diese Neuigkeit überrascht Kaiba nun doch. "Die Firma gehört dir?", fragt er erstaunt. "Ganz recht!", bestätigt sie, "Auch ich musste hart dafür arbeiten. Dieses kleine Unternehmen aufzubauen hat mich Tage voller Plackerei und Nächte ohne Schlaf gekostet, aber es war die Mühe wert. Glaub mir, auch für mich war das kein Zuckerschlecken, aber ich habe es geschafft, ganz alleine! Im Grunde sind wir beide uns also gar nicht so unähnlich." "Ich bin kein bisschen wie du!", ruft Kaiba aus, "Komm bloß nicht auf die Idee dich mit mir zu vergleichen!" "Du hast Recht!", gibt Atsumi ernst zu, "In Wirklichkeit bist du noch viel schlimmer!" Ärgerlich baut sie sich vor Kaiba auf. "Mein Vater war ein guter Geschäftsmann. Er hat hart gearbeitet um seine Firma aufzubauen. Er hat ihr fast seine gesamte Zeit geopfert. Ständig war er irgendwo unterwegs. Dadurch hatte er zwar nur sehr selten Zeit für mich, aber er hatte Erfolg und so ermöglichte es seine Arbeit uns, einen wohlhabenden Lebensstil zu pflegen. Wir hatten eine schöne Villa und auch sonst hat es uns an nichts gefehlt. Aber das weißt du ja schon", fügt sie mit einem verächtlichen Seitenblick hinzu, "schließlich warst du oft genug bei uns; fast jeden Tag, falls du dich erinnerst. "Deine Familie war nicht besonders reich, deine Eltern mussten beide arbeiten um eure Familie über Wasser zu halten, deshalb waren auch sie ständig unterwegs. Aber du konntest jederzeit zu uns kommen, es war fast schon...", sie stockt kurz, "als würdest du zur Familie gehören. "Doch dann später, als Gozaburo Kaiba euch adoptierte, nachdem eure Eltern ums Leben gekommen waren, und du dich ihm beweisen solltest, da hast du ganz bewusst die Firma meines Vaters für deine Zwecke missbraucht und ihn mit voller Absicht in den Bankrott getrieben. Du hast alles zerstört was ihm etwas bedeutete. Alles was er sich so mühsam über all die Jahre aufgebaut hat, hast du durch deinen kleinen Geniestreich zerstört und das hat letztendlich ihn zerstört! "Um seine Firma zu retten, musste er sich hoch verschulden und er hat seine ganzen Ersparnisse dafür geopfert, all sein Hab und Gut hat er dafür hergegeben um seinen Angestellten ihre Arbeit zu erhalten, doch dadurch trieb er sich selbst in den Ruin. Letztendlich musste er doch verkaufen um die Firma zu retten, doch ihm selbst blieb nichts mehr. Darüber kam er niemals hinweg und so verlor auch ich meinen Vater. Du hast meine Familie zu Grunde gerichtet und das Schlimmste ist, es tut dir noch nicht einmal leid!" hastig wischt sich Atsumi ein wenig Feuchtigkeit aus dem Augenwinkel um dann wieder eine beherrschte Mine aufzusetzen, doch man sieht ihr an wie aufgewühlt sie ist. Schweigend mustert Kaiba sie. "Jetzt versteh ich, was das alles hier soll", meint er schließlich gelassen, "Das hier ist eine Racheaktion wegen der Geschichte von damals. Aber ich sag es noch mal: das war rein geschäftlich! Wer sich auf solch ein Angebot einlässt ist selber schuld und taugt nicht zum Leiten einer Firma. Ich hätte mich niemals auf so was eingelassen, und ich habe meine Firma noch. Dein Vater war einfach ein schlechter Geschäftsführer und wenn er mit einer Niederlage nicht fertig wird, ist das doch nicht meine Schuld!" Ärgerlich funkelt Atsumi ihn an: "Du verstehst absolut gar nichts, Seto Tejima!" "Hör auf mich so zu nennen!", gibt Kaiba unfreundlich zurück, "Mein Name ist Seto Kaiba! Diesen Namen habe ich mir hart erarbeitet und ehrlich verdient. Seto Tejima existiert nicht mehr!" "Das ist dein wirklicher Name, Seto!", ruft Atsumi aufgebracht, "Warum weigerst du dich bloß so beharrlich dich an deine Vergangenheit zu erinnern?" Grimmig funkelt Kaiba sie an. Seine Kiefer mahlen und seine Hand verkrampft sich zur Faust. "Weil es absolut nichts in meiner Vergangenheit gibt, dass eine Erinnerung wert wäre!", quetscht er hervor. "Das kann und das will ich einfach nicht glauben, Seto!", sagt Atsumi kopfschüttelnd, "Wir hatten doch viel Spaß zusammen. Wir waren doch mal Freunde!" "Wir sind niemals Freunde gewesen!", gibt Kaiba kalt zurück, "Du warst eine reiche, verwöhnte Göre und weil dein Vater ständig geschäftlich unterwegs war, warst du meistens alleine. Wir wohnten nebenan und deshalb war ich für dich der ideale Zeitvertreib. Du hast es rücksichtslos ausgenutzt, dass ich ebenfalls alleine zuhause war. Immer wieder hast du deine Spielchen mit mir gespielt. Damals habe ich das nicht bemerkt, weil ich zu jung war, aber heute bin ich längst nicht mehr so naiv wie damals. Heute sehe ich die Sache völlig klar. "Du hast mich immer wieder erpresst, hereingelegt und gedemütigt. Du hast meine Situation ausgenutzt und dir einen Spaß daraus gemacht mich mit Versprechungen zu ködern die du nie zu erfüllen gedachtest. Und immer hast du eine Sache so hingedreht, dass du am Ende gut dastandest. Ich habe das vielleicht damals immer wieder über mich ergehen lassen, obwohl ich es gehasst habe, aber ganz sicher funktioniert das heute nicht mehr bei mir! Du sagst wir waren Freunde? Ich versichere dir: Das redest du dir nur ein! Für dich war ich doch nichts weiter als ein Spielzeug!" Wie vom Donner gerührt steht Atsumi da. Sprachlos schaut sie zu Kaiba hinüber. Auch Yami beobachtet Kaiba nachdenklich. "Deshalb ist Kaiba also auf Freundschaft so schlecht zu sprechen", bemerkt Yugi, "Durch Atsumi hat er offenbar einige schlechte Erfahrungen gemacht." "Hmm!", überlegt Yami, "Anscheinend liegt eine ganze Menge der Gründe für Kaibas Verhalten in seiner Vergangenheit vergraben. Bedauerlich ist nur, dass er das was passiert ist lieber ignoriert, als dass er sich damit auseinandersetzt und es akzeptiert. Dadurch, dass er es immer weiter in sich hineinfrisst wird er nur immer verbitterter und verstockter." "Armer Kerl!", meint Yugi, "Im Grunde kann er einem nur leid tun. So wird er niemals richtige Freunde finden. Können wir nicht irgendwas für ihn tun?" "Ich wüsste nicht was", gibt Yami zu, "Aber vielleicht täusche ich mich, doch ich habe den Eindruck, dass Atsumi das gerade versucht." "Atsumi?", fragt Yugi erstaunt, "Wie kommst du darauf?" "Ich weiß nicht, es ist irgendwie so ein Gefühl, aber ich glaube sie will ihm im Grunde nichts Böses, sonst hätte sie doch schon längst die Gelegenheit dazu gehabt." Sein Blick geht nun zu Atsumi hinüber, die noch immer schweigend dasteht. Schließlich hebt sie den Kopf. "Nein Seto, wenn sich hier jemand etwas einredet, dann bist du das! Ich kann einfach nicht glauben, dass du alles vergessen hast", fast flehend schaut sie ihn nun an, "Wir waren die besten Freunde, wir waren fast unzertrennlich! Du musst dich doch daran erinnern!" Kaiba wirft ihr einen verächtlichen Blick zu: "Mach dich nicht lächerlich! Ich erinnere mich sehr gut und glaub mir, es sind keine schönen Erinnerungen!" Atsumi starrt bekümmert zu Boden. Zunächst sagt sie gar nichts, dann ballt sie die Faust: "Nein, jetzt reicht es mir! Ich werde dafür sorgen, dass du dich erinnerst!" "Kein Interesse!", sagt Kaiba entschieden, "Denn jetzt reicht es mir nämlich auch! Ich will auf der Stelle aus dieser Virtuellen Realität heraus, oder wir beide bekommen wirklich ein Problem!" "Kommt nicht in Frage!", funkelt sie, "Du gehst hier nicht eher weg, ehe du die Wahrheit akzeptiert hast!" "Na dann kann ich ja lange darauf warten!", verschränkt Kaiba die Arme. "Keine Sorge, ich fasse mich kurz!", wirft Atsumi ihm einen ernsten Blick zu. Dann schaut sie Noah an: "Ich brauche das erste Szenario. Wo hattest du ihn hingeschickt?" Über Noahs Gesicht huscht ein leichtes Blitzen und im nächsten Moment formt sich in einiger Entfernung die Villa in der sie früher gewohnt hat. Staunend beobachtet Yami das Ganze, während Kaiba nur verstimmt das Gesicht verzieht. "Was soll das bringen?", meint er, "Wenn du vorhast das alles immer wieder zu wiederholen, dann wird das hier sehr lange dauern!" Dann gehen die vier auf das Haus zu. Vor dem Tor steht der kleine Seto und späht mit traurigem Blick durch die Gitter. Im Vorgarten steht die junge Yuki und lacht ihn aus. Erneut ist ein "Feigling, Feigling!" zu hören. Kaiba blickt finster drein. "Auch wenn du es nicht glaubst, aber ich erinnere mich sehr wohl daran, dass wir öfters zusammen gespielt haben und jedes Mal wenn du mich besiegt hattest, hast du dich groß aufgespielt und mich nach allen Regeln der Kunst ausgelacht. Willst du mir wirklich sagen, dass wäre nicht passiert?" Ernsthaft schüttelt Atsumi den Kopf. "Das System reagiert auf deine Erinnerungen Seto. Darauf was dir im Gedächtnis geblieben ist. Doch das muss nicht die Wahrheit sein." "Du meinst also ich würde mich nicht richtig erinnern?", meint Kaiba, "Was gibt es an diesem Bild bitte falsch zu verstehen?" Damit weist er auf die Szene die sich vor ihnen abspielt. Mit einer energischen Geste von Atsumi friert das Szenario augenblicklich ein. "Auch ich erinnere mich an diese Szene", sagt sie, "und ich habe sie nicht viel anders im Gedächtnis." "Na also!", meint Kaiba schnippisch. "Aber im Gegensatz zu dir erinnere ich mich auch noch daran, was davor geschehen ist", fährt sie fort. "Was soll das gewesen sein?", fragt Kaiba verächtlich. "Das kann ich dir zeigen!", meint Atsumi. Sie macht eine Handbewegung und nur einen Moment später befinden sie sich im inneren des Gebäudes. Sie stehen in einem großen Zimmer. Dort auf dem Fußboden hocken zwei Personen. Es sind Seto und Yuki im Alter von knapp fünf Jahren. Sie sind anscheinend in eine Partie Duellmonsters vertieft. Gerade sagt der kleine Seto mit einem schüchternen Lächeln: "Mein Niwatori greift deine Lebenspunkte an! Ich glaube du hast schon wieder verloren!" Das Mädchen verzieht deprimiert das Gesicht. "Och Menno, Seto!", mault sie, "Du hast schon wieder gewonnen. Andauernd gewinnst du. Egal was wir spielen, immer gewinnst du." "Das stimmt doch gar nicht!", meint der kleine Seto, "Du hast doch auch schon mal gewonnen." "Ja", schmollt das Mädchen, "aber nur ganz selten. Jedes Spiel, dass wir anfangen, beherrschst du in Nullkommanichts!" Der Junge kratzt sich verlegen am Kopf: "Tja, ich mag eben Spiele. Sollen wir noch mal spielen?" Das Mädchen strahlt auf: "Klar doch!" Wieder bereiten sie ihre Karten vor und beginnen erneut zu spielen. "Erinnerst du dich daran auch nicht, Seto?", fragt Yuki ihn nun. Kaiba blickt schweigend auf das Geschehen vor ihm. "Wir beide haben wirklich viel zusammen gespielt. Mein Vater hatte viele Spiele von seinen Reisen mitgebracht. Er war ein richtiger Sammler. Bei uns gab es die unterschiedlichsten Varianten der verschiedensten Spiele. Jedes Mal wenn du zu Besuch kamst, haben wir ein neues ausprobiert. Aber ganz egal welches Spiel wir auch spielten, du hast so gut wie immer gewonnen, das scheinst du vergessen zu haben. Du warst einfach besser als ich." Die Szene spult ein Stück weiter und gerade springt die junge Yuki vom Boden auf. "Ja!", schreit sie, "Ich hab gewonnen, ich hab gewonnen! Seto ist der Verlierer!" Dann macht sie ihm lange Nasen, während der kleine Junge sie traurig anschaut. Hämisch springt das Mädchen auf und ab: "Du hast verloren und ich bin die Größte! Haha, du hast keine Chance gegen mich!" Das Gesicht des kleinen Jungen wird mit jedem Wort trauriger. Dann plötzlich springt er auf und läuft aus dem Zimmer. Lachend läuft das Mädchen ihm nach. Zurück bleiben die vier Beobachter. "Ich habe so selten gewonnen, dass ich es jedes Mal ausgekostet habe", erklärt Atsumi. "Und du glaubst, das macht es weniger verletzend?", fragt Kaiba bitter. Atsumi schüttelt langsam den Kopf: "Nein sicher nicht. Aber ich war erst fünf Jahre alt, ich habe gar nicht soweit gedacht." Kaiba schnaubt verächtlich auf: "Das ist eine sehr bequeme Ausrede!" Verdrießlich stemmt Atsumi die Arme in die Seite: "Meine Güte Seto, mach doch nicht so eine riesige Sache daraus! Wir waren Kinder damals. Kinder streiten sich am laufenden Band, das gehört nun mal dazu, aber genau so schnell sind sie auch wieder versöhnt. Bei uns war das nicht anders. Wenn du mal genau überlegst, dann haben wir meistens schon eine Stunde später wieder einträchtig miteinander gespielt." Durch ihre Worte wachgerufen, steigen einige Bilder in Kaiba auf. Es stimmt! Jetzt wo sie es sagt, fällt ihm wieder ein wie oft er gewonnen hat. Doch er hat nie so eine große Sache daraus gemacht wie sie. Aber auch wenn sie ihn dann jedes Mal ausgelacht hat, aus irgendeinem bescheuerten Grund ist er immer wieder zu ihr hinüber gegangen. Verstimmt blickt Kaiba zur Seite: "So ein Unsinn! Daran kann ich mich überhaupt nicht mehr erinnern. Versuch jemand anderem deine Märchen aufzutischen! Mich überzeugst du damit nicht!" "Ach Seto!", Atsumi schüttelt seufzend den Kopf, "Warum glaubst du denn selbst das nicht, was du mit eigenen Augen siehst? Warum bist du bloß so verstockt? Wir waren wirklich Freunde, warum kannst du das nicht einfach zugeben?" "Kann es nicht vielleicht eher sein, dass das dir in deinem kleinen Privatpalast nur so vorgekommen ist?", gibt Kaiba zurück, "Du sagst dieses System reagiert auf persönliche Erinnerungen. Ich denke eher, dass du derjenige bist der sich falsch erinnert. Im Grunde warst du dir doch viel zu fein dazu, mit jemandem von meinem damaligen Stand eine Freundschaft einzugehen. Du wolltest ja nicht einmal zu uns nach Hause kommen. Immer mussten wir uns bei dir zuhause treffen." "So ein Blödsinn!", ruft Atsumi aus, "Ich bin sehr oft bei dir zuhause gewesen. Wir waren fast so oft bei dir wie bei mir." "Und das soll ich dir glauben?", meint Kaiba verächtlich. Auf einmal kommt Bewegung in die Umgebung. Der Boden beginnt zu schwanken und die Konturen des Raumes zerfließen. Alles wirkt ein wenig chaotisch. Vor Überraschung weiten sich die Augen der Umstehenden. "Was hat das zu bedeuten?", fragt Kaiba, "Wird das wieder eine deiner Rückblenden?" "Das bin ich nicht", verteidigt Atsumi sich, "Anscheinend reagiert unsere Technik diesmal auf deine Erinnerungen, Seto." "Na großartig!", meint Kaiba trocken, "Dann wirst du mir ja vielleicht endlich mal glauben." Schließlich wird die Umgebung wieder scharf. Sie stehen vor einem kleinen Einfamilienhaus. Doch sie sind nicht alleine. Gerade sieht man wie der kleine Seto die Straße heraufgerannt kommt. Mit besorgtem Gesicht steuert er auf das Haus zu. Schließlich hat er schnaufend die Eingangstür erreicht. Rasch drückt er die Klinke herunter und tritt ein. "Ich bin zurück!", ruft er. Von innen hört man jemanden rufen: "Na endlich Seto, da bist du ja! Wo warst du denn schon wieder so lange? Du weißt doch genau, dass ich gleich weg muss." Dann hört man nur noch ein "Es tut mir leid, Mama!" und dann fällt die Tür ins Schloss. Interessiert haben die vier die Szene beobachtet. Nun werfen sie sich gegenseitig Blicke zu. Schließlich ist es Yami der das Schweigen bricht: "Sollten wir nicht vielleicht hineingehen? Was immer damals passiert ist, spielt sich sicher im Inneren des Hauses ab." Atsumi und Noah machen Anstalten seinem Rat zu folgen, doch Kaiba selbst steht nur stumm auf der Stelle und blickt mit ausdruckslosem Blick zum Haus hinüber. "Nein!", sagt er schließlich, "Wir werden nicht in dieses Haus gehen!" "Und weshalb nicht?", fragt Yami nun. "Weil ich es sage!", stellt Kaiba klar. "Wovor hast du solche Angst, Seto?", versucht Atsumi es erneut, "Was versuchst du so krampfhaft zu verdrängen?" "Gar nichts!", schnaubt Kaiba und wendet sich ab. Gerade öffnet sich die Haustür doch da verschwimmt das Bild um sie. Kaibas Herz klopft heftig und es gibt nichts was er dagegen tun kann. Aber das Letzte was er will, ist dass Yugi und die anderen etwas davon mitbekommen. Dieses verflixte Programm!, schimpft er innerlich. Warum reagiert es auch auf solche Gedanken? Ganz sicher will er nicht in dieses Haus gehen. Er kann einfach nicht da hinein gehen! Denn dort sind Erinnerungen verstaut, die niemals wiederkommen sollten. Er weiß genau Sie ist da in diesem Haus, er kann sie nicht wiedersehen! Schon alleine ihre Stimme wiederzuhören, lässt ihn einen dicken Kloß im Hals spüren. Er hatte ja keine Ahnung, dass ihre Stimme noch immer so echt in seinen Erinnerungen vergraben war. Mutter! Kaiba beißt die Zähne zusammen. Er hatte sie schon fast vergessen gehabt. Seit dem einen, schicksalhaften Tag, hatte er sich selbst grimmig verboten, jemals wieder an seine Eltern zurück zu denken, sondern nur noch nach vorne zu schauen, für Mokuba und für sich selbst. Seine eiserne Entschlossenheit aus eigener Kraft aus dieser misslichen Lage herauszukommen, ließ nicht einmal Platz zum Trauern zu. Mit der Zeit würde der Schmerz schon verschwinden, dessen war er sich sicher. Nun stellt er fest, dass nach all diesen Jahren noch immer genug davon übrig ist, und es überrascht ihn sehr. "Also schön!", sagt Atsumi nun, "Dann werde ich dir eben zeigen woran ich mich erinnere." Sie vollführt eine Handbewegung und sofort befinden sie sich im Inneren des Hauses von eben. Sie stehen im Wohnzimmer. Dort steht ein kleines Kinderbettchen. Daneben auf einem Hocker sitzt der kleine Seto und stützt sich mit den Armen auf der Kante des Bettchens auf. Mit einem sanften Lächeln schaut er hinein. Dort liegt der kleine Mokuba und schläft. Er kann kaum älter als ein Jahr sein. Aufmerksam beobachtet Yami wie der kleine Seto mit einer Hand in das Bettchen hineinfasst und behutsam über die winzigen Fingerchen seines kleinen Bruders streichelt. Er scheint Mokuba wirklich sehr gern gehabt zu haben, denkt er bei sich, kaum zu glauben, dass er auch eine solch gefühlvolle Seite in sich haben soll. Zu Yamis Überraschung bemerkt er nun auf der anderen Seite des Zimmers noch eine Person. Die junge Yuki sitzt mit betrübtem Gesicht und angezogenen Knien auf dem Sofa und starrt zu den beiden Brüdern hinüber. "Seto, wollen wir nicht irgendwas spielen gehen?", fragt sie, "Es ist so schönes Wetter. Lass uns runter zum Fluss gehen." Jetzt dreht sich der junge Seto um: "Pss, nicht so laut! Du weckst sonst noch Moki auf", zischt er, "Nein, ich muss hier bleiben und auf ihn aufpassen. Ich kann ihn doch nicht alleine hier lassen." "Und was sollen wir dann sonst machen?", fragt Yuki maulig, "Sollen wir hier etwas spielen?" "Ich weiß nicht", meint Seto, "Solange unsere Eltern nicht da sind, bin ich für ihn verantwortlich. Verstehst du? Sie verlassen sich auf mich." "Eine Weile sagt das Mädchen gar nichts, dann schließlich steht sie auf. "Ich geh nach Hause", sagt sie, "Bis dann, Seto!" dann läuft sie aus dem Zimmer. Einen Augenblick schaut der Junge ihr hinterher, dann wendet er sich wieder seinem kleinen Bruder zu. "Wie ich schon sagte", bemerkt Kaiba kühl, "wenn ich nicht sofort gesprungen bin, wenn du es wolltest, hast du gleich das Interesse verloren. Solange ich mich mit dir beschäftigt habe, war ich noch gut genug für dich, aber sobald ich mal anderer Meinung war als du, war ich dir auf einmal völlig egal." Betrübt schaut Atsumi zur Seite. "Ich gebe ja zu, dass es so ausgesehen haben muss", meint sie, "aber zumindest weißt du jetzt dass ich die Wahrheit sagte, als ich sagte ich wäre schon oft bei dir gewesen. Woher sonst sollte ich das Innere eures Hauses kennen." "Jetzt wo du es erwähnst, erinnere ich mich tatsächlich daran", sagt Kaiba herablassend, "Du warst wirklich hin und wieder bei uns. Aber nachdem Mokuba geboren war, kamst du immer seltener zu uns und schließlich überhaupt nicht mehr. Kein Wunder, dass mir das zunächst entfallen war." "Ja was glaubst du denn warum nicht?", braust Yuki auf einmal auf, "Seit Mokuba geboren war, hattest du auf einmal nur noch Augen für ihn. Du hast deinen kleinen Bruder vergöttert. Du warst völlig vernarrt in ihn! "Weil deine Eltern so viel unterwegs waren, musstest du oft auf ihn aufpassen. Und du hast diese Aufgabe wirklich ernst genommen. Du hast deinen kleinen Bruder geliebt und das mit aller Macht mit der ein großer Bruder nur lieben kann. Manch anderer in deinem Alter hätte dieses ständige Babysitten als eine Last angesehen, aber du nicht. Dir hat es Spaß gemacht. Wenn du bei Mokuba warst, hattest du nur noch Augen für ihn. Mich hast du dann überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Es spielte keine Rolle ob ich da war oder nicht. Ich hätte auch genau so gut zuhause bleiben können. Also entschloss ich mich schließlich nicht mehr zu euch zu kommen. Ich wollte einfach nicht mehr ignoriert werden." "Unsinn!", erwidert Kaiba, "Du warst nur eifersüchtig auf Mokuba, weil ich mehr Zeit mit ihm als mit dir verbrachte und dir somit nicht mehr andauernd zur Verfügung stand." Missmutig dreht Kaiba sich weg: "Außerdem, woher willst du wissen, was ich für meinen Bruder empfinde? Als großer Bruder war es meine Pflicht auf ihn aufzupassen, mehr nicht. Das hat etwas mit Verantwortung zu tun; ein Wort, dass dir wahrscheinlich fremd ist. Du solltest endlich der Wahrheit ins Gesicht sehen und die Verantwortung für dein Handeln übernehmen. Alles hat Konsequenzen, auch Fehler. Das solltest du endlich einsehen!" Nun wirft Atsumi ihm einen langen, kritischen Blick zu. Dann sagt sie: "Sag mir, Seto, welche Konsequenzen meinst du? Wofür soll ich Verantwortung übernehmen? Ich will, dass du es mir sagst!" Bei diesen Worten zuckt Kaiba auf einmal kaum merklich zusammen. Für einen Moment scheint er mit sich zu ringen. Dann strafft er sich wieder: "Hör mit diesen Spielchen auf! Ich bin es leid! Komm endlich zum Ende, ich habe heute noch anderes zu tun." "Kaiba, der Einzige der dem ein Ende machen kann, bist du selber, merkst du das denn nicht?", mischt sich nun Yami ein, "Ich bitte dich, was immer damals zwischen Atsumi-san und dir gewesen ist, das hier wird kein Ende haben, ehe ihr beide das nicht geklärt habt!" "Halt dich da raus, Yugi!", ruft Kaiba verärgert, "Die Angelegenheit geht dich nicht das Geringste an und nur zu deiner Information: Niemand schreibt mir vor was ich zu tun habe, verstanden, und dieses elende, verlogene Weib schon gar nicht!" "Lass ihn, Yugi!", meint Atsumi ruhig, "Das bringt nichts bei ihm! Ach und übrigens: Nenn mich doch bitte Yuki!" Dabei wirft sie ihm ein zwinkerndes Lächeln zu. Doch gleich darauf ist sie auch schon wieder ernst. "Ich warte immer noch auf deine Antwort, Seto!", sagt sie. Doch Kaiba steht nur mit verschränkten Armen da und sagt nichts. Schließlich meint er: "Weißt du was dein Problem ist? Du denkst immer noch, dass alles so laufen muss wie du es dir denkst. Du glaubst ich wäre dir auf jeden Fall eine Antwort schuldig. Doch du irrst dich! Ich schulde dir nichts, denn du hast niemals gelernt Verantwortung für dein Handeln zu übernehmen. Ich im Gegenteil schon. "Wenn ich einen Fehler mache, habe ich zumindest die Größe es zuzugeben. Vielleicht habe ich Mokuba wirklich zu viel Aufmerksamkeit geschenkt, aber nicht weil ich dadurch zu wenig Zeit für dich gehabt habe. Ich habe ihn so sehr in Schutz genommen, dass er inzwischen völlig abhängig von mir geworden ist. Er hat noch nicht gelernt, dass die Welt ein harter Ort ist, wo nur die überleben, die in der Lage sind sich selbst zu behaupten. Offenbar war ich bisher einfach zu rücksichtsvoll mit ihm. Das ist ein Fehler den ich mir selber ankreiden muss. Doch diesen Fehler werde ich nicht wieder machen. Im Gegensatz zu dir kann ich mir meine Fehler eingestehen und lerne aus ihnen. "Ein Gutes hat diese ganze Rückblendensache doch. Mir ist nun klar geworden, was ich in Zukunft besser machen werde. Du wolltest doch, dass ich die Wahrheit erkenne. Nun, das ist passiert. War es das, was du hören wolltest? Können wir das hier nun endlich beenden?" Ungläubig schauen die drei ihn nun an. Yami kann nicht fassen was er da hört. Das kann doch unmöglich die Lehre sein, die Kaiba aus diesen Ereignissen mitnimmt. Er will noch härter zu sich und Mokuba sein? Was ist denn bloß mit diesem stolzen, jungen Mann los? Doch ehe er etwas dazu sagen kann, kommt Yuki ihm schon zuvor. "Ach Seto!", seufzt sie, "Du verstehst es noch immer nicht! Glaubst du wirklich mir geht es nur darum, dass du irgendwelchen Unsinn von dir gibst von dem du glaubst, dass ich ihn hören will?" Nun reicht es Kaiba aber doch. "Was willst du eigentlich von mir, Yuki?", ruft er aus, "Womit muss ich dich diesmal zufrieden stellen, dass du mich in Ruhe lässt? Hast du noch nicht genug? Macht es dir immer noch so viel Spaß mich zu quälen und zu demütigen? Was muss ich tun, damit du ein für allemal aus meinem Leben verschwindest?" Sprachlos starrt Yuki ihn an. Mit solch einer Reaktion hat sie nicht gerechnet. Ihr Gesicht spiegelt nun Traurigkeit wieder. Kaiba ist von seinem plötzlichen Ausbruch ebenfalls überrascht. Ihm wird auf einmal schmerzlich bewusst, dass er weit mehr von sich und seinen Gefühlen preisgegeben hat, als er jemals vorhatte. Verdammt! Wenn man sich mal für einen Augenblick nicht unter Kontrolle hat! Was sollen die anderen nun von ihm denken? Mit traurigen Augen blickt Yuki ihn an. "Du musst wirklich hart daran gearbeitet haben, mich hassen zu lernen", sagt sie leise, "Aber was auch immer der Grund ist, das kann keine Entschuldigung sein dafür, was du dir und Mokuba antust." "Was ich mir und Mokuba antue?", fragt Kaiba aufgebracht zurück, "Jetzt mach aber mal nen Punkt! Was ich mache geht dich einen Dreck an und was Mokuba betrifft, ich tue das was das Beste ist für ihn. Ich bereite ihn auf eine harte Realität vor in der Gefühle keine Rolle spielen. Das ist meine Aufgabe als großer Bruder. Es ist meine Verpflichtung und davon kann und wird mich niemand entbinden. Ich weiß schließlich was sich gehört!" Schweigend hat Yuki ihm zugehört, doch ihre Fäuste sind geballt und sie scheint fast vor Ärger zu beben. Schließlich bricht es aus ihr heraus: "Hör dir doch nur mal selbst zu! Wie kannst du nur so etwas sagen? Er ist dein kleiner Bruder nicht dein Schüler und schon gar nicht dein Stiefsohn! Willst du wirklich das aus ihm machen, was dein Stiefvater aus dir gemacht hat: Eine Person die ihre wahren Gefühle vor sich und der Welt versteckt, gefühlskalt, mitleidslos, selbstgerecht und engstirnig; einen Menschen der nur noch funktioniert, ohne Herz und Seele? Willst du, dass er ebenso einsam wird wie du?" Kaiba schluckt schwer. Verdammt, warum treffen ihre Worte ihn so? Sie hat doch gar keine Ahnung, nicht die Geringste! Wie soll sie auch wissen, was er all die Jahre durchgemacht hat, was er aufgeben musste und was es ihn gekostet hat, all die Verletzungen und Tiefschläge beiseite zu räumen, die ihm zugefügt wurden; die sie ihm zugefügt hat? Woher nimmt sie sich das Recht, ihn jetzt wieder damit zu konfrontieren und ihm solche ungeheuerlichen Dinge zu unterstellen? Nein, dass er sie hassen gelernt hat, war das Beste was er jemals tun konnte. "Du maßt dir ganz schön was an!", bringt Kaiba gepresst hervor, "Aber ich habe es nicht nötig mich vor dir zu rechtfertigen. Was ich getan habe, habe ich getan und ich bereue es nicht, nur damit du es weißt!" Yuki schüttelt leicht den Kopf: "Ich erkenne dich kaum wieder, Seto. Du bist so kalt geworden. Damals bist du völlig anders gewesen. Offen, selbstlos, herzlich. Warum versuchst du denn nicht einmal, dich daran zu erinnern?" "Warum sollte ich mich an meine Schwächen zurückerinnern?", antwortet Kaiba, "Ich bin eher froh, dass ich sie so rasch losgeworden bin", setzt er giftig nach. "Schwächen?", blickt Yuki ihn kritisch an, "Ich werde dir etwas zeigen, mal sehen ob du dann noch immer so denkst." Mit diesen Worten vollführt sie eine Handbewegung. Wieder formt sich die Umgebung um sie herum neu. Nur ein paar Schritte weiter ist wieder der Baum zu sehen. Kaibas Augen werden schmal "Du hast doch hoffentlich nicht vor, mir das noch einmal zu zeigen!", meint er scharf. Doch wie zur Antwort entdecken die vier nun neben dem Baum auf dem Boden zwei Personen: Seto und Yuki. Sie sitzen gerade einträchtig nebeneinander auf der Wiese und scheinen sich zu unterhalten, doch in genau diesem Augenblick ertönt gar nicht weit von ihnen ein schriller Schrei. Sofort springt der junge Seto auf und ruft besorgt: "Das ist Moki!" fast panisch schaut er sich um. "Ich kann ihn nirgends sehen!", ruft er beunruhigt. Nun ist auch Yuki auf die Füße gekommen. "Gerade war er doch noch hier", meint sie ebenfalls besorgt. "Jetzt ist er aber weg!", stößt Seto aufgeregt hervor. In diesem Moment ertönt ein neuer Schrei. "Mokuba!", schreit Seto laut und sprintet auch schon los so schnell ihn seine Beine tragen. Eilig machen die vier Beobachter sich daran den beiden Kindern zu folgen. Von einer Anhöhe erleben sie erneut den verzweifelten Rettungsversuch den der Junge unternimmt um seinen kleinen Bruder den Fluten zu entreißen. Mit steinerner Mine beobachtet Kaiba wie der tropfendnasse, erschöpfte Junge seinen kleinen Bruder auf das Ufer hievt und zitternd um dessen Leben bettelt. Erst als der Kleine wieder nach Luft schnappt merkt Kaiba, dass auch er den Atem angehalten hat. Wieder beobachten sie wie die zunächst glückliche Mine des jungen Setos sich zu einem wütenden Blick verzieht und dem erschrockenen Mädchen an der Brückenbrüstung zuruft: "Das ist alles deine Schuld! Hau bloß ab!" Ebenfalls schweigsam verfolgt Yuki, wie das kleine Mädchen sich nun umdreht und davonläuft. Dann sagt sie leise: "Weißt du eigentlich wie sehr mich das damals verletzt hat?" Kaiba reißt ruckartig die Augen auf: "Wie sehr es dich verletzt hat? Du schreckst offenbar vor gar nichts zurück, was? Mein kleiner Bruder wäre fast ertrunken! Er war gerade erst fünf und er konnte noch nicht schwimmen. Und ich selbst war erst elf. Als ich ihn endlich am Ufer hatte war ich völlig erschöpft. Viel hat damals nicht gefehlt und ich hätte ihn nicht mehr retten können. Und das alles war ganz allein deine Schuld, also wie kannst du es da wagen hier vor mir zu stehen und zu behaupten es hätte dich verletzt?" Verwirrt beobachtet Yami die zwei. Was mag bloß damals zwischen den beiden vorgefallen sein?, fragt er sich, Ich kann beim besten Willen nicht sagen, wer von beiden im Recht ist. Irgendwie hat jeder von ihnen einen Grund auf den anderen wütend zu sein, aber so recht mit der Sprache heraus will keiner. Ob sie doch noch den Mut aufbringen endlich zu sagen, was ihnen zu schaffen macht? Yukis Gesicht ist nun ein Wechselbad der Gefühle. Sie schwangt zwischen Kummer, Ärger und Mutlosigkeit. Dann kann sie sich überwinden und fragt: "Warum war das meine Schuld? Er ist doch von selbst hineingefallen. Ich habe ihn doch nicht hineingestoßen, oder so. Ich hätte Mokuba doch niemals etwas antun können. Ich weiß zwar warum du mir dennoch die Schuld dafür gibst, aber es war nicht meine Schuld und das weißt du auch! Und ich bin sicher du weißt auch ganz genau warum mich das verletzt hat, was du gesagt hast, nicht wahr Seto?" Kaiba spürt erneut sein Herz schneller schlagen. Nein, er weiß es nicht! Er will es nicht wissen, sich nicht daran erinnern! Bilder von damals steigen in ihm auf. Nein, er weigert sich, sich daran zu erinnern! Verdammt, er wollte das doch für immer vergessen, denn jeder Gedanke daran schmerzt wie tausend Nadelstiche. Dort an diesem Baum liegt eins seiner tiefsten Geheimnisse begraben und dort soll es auch begraben bleiben, für alle Ewigkeiten! "Nein, weiß ich nicht!", sagt er grimmig, "Aber ich weiß, dass du dafür verantwortlich bist was mit Mokuba passiert ist und das werde ich dir nie verzeihen! Er hätte damals ertrinken können, er hätte sterben können! Ich war für ihn verantwortlich, ich hätte auf ihn aufpassen sollen. Stattdessen musste ich wieder Zeit mit dir verbringen. "Weil du nicht zu uns nach hause wolltest, weil du unbedingt runter zum Fluss wolltest, haben wir ihn mitgenommen. Ich hätte ihn im Auge behalten müssen! Er hätte nie alleine so weit weglaufen dürfen. Ich hätte mehr Zeit mit ihm verbringen müssen, dann wäre das alles nicht passiert! Nur durch ein Wunder ist ihm nichts geschehen. Ich hätte ihn genau so gut auch verlieren können. Ich weiß nicht... was ich dann gemacht hätte...", Kaiba bricht ab. Ihm wird nun unangenehm bewusst, dass alle Augen auf ihm ruhen. Kalt läuft es ihm den Rücken herunter. Hat er das wirklich eben alles laut gesagt? Wie peinlich! Nun hat er sicher jeglichen Respekt der anderen verloren. Wie konnte er sich bloß zu solch einem unkontrollierten Gefühlsausbruch hinreißen lassen? Nun tritt Yuki einen Schritt auf ihn zu: "Siehst du", sagt sie sanft, "Du hast noch nicht alle Gefühle verlernt. Ich wusste schon immer, dass du deinen kleinen Bruder lieb hast. Und das hat sich niemals geändert." Kaiba spürt wie ihm auf einmal ganz komisch zumute wird. Er hat plötzlich das dringende Bedürfnis für sich allein zu sein, doch dieser Wunsch wird ihm wohl nicht erfüllt werden, also wendet er sich von den anderen ab. Nachdenklich hat Yuki ihn beobachtet. "Warum nur glaubst du, dass du permanent den starken, unnahbaren Kerl spielen musst? Hast du so viele Verletzungen erlitten, dass du völlig abgestumpft bist?" Kaiba schnaubt einmal verächtlich auf. "Das müsstest du doch am besten wissen", sagt er bitter, "Was aus mir geworden ist verdanke ich allein dir. Was auch immer in meinem Leben geschehen ist, dass ich nicht mehr so bin wie du mich in Erinnerung hast, du bist dafür verantwortlich!" Einen Momentlang sagt Yuki gar nichts, dann lässt sie den Kopf hängen. "Ich weiß!", gibt sie schließlich leise zu, "Das weiß ich schon seit langem." Erstaunt fährt Kaibas Kopf herum. Auch Yami schaut überrascht auf. Die junge Frau sieht jetzt sehr geknickt aus. Sie atmet einmal tief durch dann sagt sie: "Du wolltest wissen, was ich von dir will. Als ich damals hörte was du mit der Firma meines Vaters getan hast, konnte ich es erst nicht glauben. Ich hatte dich als einen freundlichen, warmherzigen, mitfühlenden Jungen im Gedächtnis. Ich konnte nicht begreifen, was dich so verändert haben könnte. Ich habe lange darüber nachgedacht. "Und schließlich wurde mir klar, dass ich daran schuld war. In einigen Dingen habe ich mich falsch verhalten und dir Unrecht getan. Ich konnte zwar erst nicht recht begreifen warum du dir das alles so sehr zu Herzen genommen hast, dass du dich so sehr verändert hast, aber ich begann einzusehen, dass ich dennoch dafür verantwortlich war. Kannst du dir vorstellen, wie ich mich fühlte, als mir diese Tatsache klar wurde?", eine Träne stielt sich in Yukis Augenwinkel. "Nein, du kannst es dir nicht vorstellen", wehrt sie ab, "Wenn ich der Grund dafür war, dass du so gnadenlos geworden bist, dann bin auch ich für das verantwortlich, was du meinem Vater angetan hast. Wir wurde klar, dass ich selbst meinen Vater in den Ruin getrieben und damit auf dem Gewissen hatte. Nicht dir gebe ich die Schuld an seinem Tod, sondern mir! Diese Erkenntnis hätte mich fast zerbrochen." "Und nun glaubst du dich von diesen Schuldgefühlen befreien zu können, indem du versuchst mir durch gefühlvolle, kleine Rückblenden vor Augen zu führen, was für ein Mensch ich mal war, damit mir klar wird was ich verloren habe und du dich reumütig und tränenreich bei mir entschuldigen kannst, damit ich dir verzeihe und du dich nicht länger schlecht fühlen musst, hab ich nicht recht?", unterbricht Kaiba sie hart. "Nein!", erwidert Yuki fest. Ärger schwingt nun wieder in ihrer Stimme mit, obwohl ihre Augen noch immer feucht glänzen. "Als vor ein paar Wochen Noah in unserem System auftauchte und wir unsere Vereinbarung trafen, da bat ich ihn mir alles zu sagen und zu zeigen, was er über dich weiß. Ich habe mir alle Replays eures Abstechers in den Cyberspace angesehen und da wurde mir dann erst recht bewusst, wie sehr du dich verändert hattest." Kaiba wendet sich ärgerlich an Noah: "Du hast ihr die selben Szenen gezeigt wie mir?" Ruhig schaut Noah ihn an: "Nicht nur die Szenen, auch deine Reaktionen darauf. Ich habe ihr alles gezeigt was damals passiert ist und ich habe ihr auch genau berichtet was auf dem Battelcity-Finale abgelaufen ist." "Du mieser, kleiner...", funkelt Kaiba ihn an, doch Yuki fährt fort. "Ich war gelinde gesagt schockiert! Darüber wie hartherzig, stur und ignorant du geworden bist, aber besonders darüber wie du Mokuba behandelt hast. Ich konnte es kaum glauben. Damals war dein kleiner Bruder dein ein und alles, und wie mies hast du ihn all die Jahre danach immer wieder behandelt? Du hast ihn ausgenutzt um deinen Stiefvater auszutricksen, du kommandierst ihn herum, du ignorierst seine Wünsche und Bedürfnisse und inzwischen stößt du ihn eiskalt von dir, wenn er dich stört und dir grad danach ist. Nennst du das etwa Brüderlichkeit?" Kaiba sagt kein Wort. Stattdessen funkelt er sie nur grimmig an. Was bildet sie sich ein? Was geht sie das überhaupt an, was er mit Mokuba macht. Zugegeben, in letzter Zeit hat er nur noch wenig mit seinem Bruder unternommen, aber er hat ihn doch immer bei allem dabei gehabt. Worüber soll er sich also beschweren können? Ok, heute hat er ihn zuhause gelassen, aber irgendwann hätte er ihn doch wahrscheinlich wieder mitgenommen. Aber würde das denn überhaupt einen Unterschied machen? Muss Mokuba ihm wirklich immer überall hin folgen, und überhaupt, kann sein kleiner Bruder das überhaupt wollen? Ständig mit dem Leiter eines Geschäftsimperiums herumhängen, ist es wirklich das was er will? Leicht irritiert stellt Kaiba fest, dass er schon lange nicht mehr darüber nachgedacht hat was Mokuba eigentlich will. Yuki hat ihn scharf im Auge behalten. "Du behauptest, dass du nur das Beste für deinen Bruder willst, und ob du es glaubst oder nicht, das will ich auch! Ich will, dass Mokuba endlich seinen richtigen Bruder wiederbekommt. Ich möchte, dass du wieder so wirst wie früher! Als Noah mir von dir erzählte und von dem was zwischen euch gewesen ist und was er sich von dir wünscht, da wusste ich, dass ich nicht nur ein besseres System bekommen konnte, ich sah auch die Gelegenheit, endlich wieder etwas von dem gut zu machen, was ich angerichtet hatte. Für mich stand fest, ich würde dafür sorgen, dass du wieder vernünftig wirst, und dass Noah seinen neuen Körper bekommt!" Rückartig fährt Kaiba hoch. "Vergiss es!", stellt er klar, "Dem Kerl werde ich ganz sicher keinen neuen Körper konstruieren!" "Aber er ist dein Bruder, Seto!", wirft Yuki zurück, "Du warst immer ein Musterbeispiel an Brüderlichkeit. Du warst der beste Bruder den sich Mokuba wünschen konnte. Warum kannst du das nicht auch für Noah sein?" "Weil ich mit dem Kerl nichts zu schaffen haben will!", zischt Kaiba, "Außerdem ist er nur mein Stiefbruder." "Mokuba hatte keine Probleme damit ihn als Bruder zu akzeptieren, warum du?", will Yuki erregt wissen "Ob du es willst oder nicht, indem du dich der Kaiba-Familie angeschlossen hast, bist du nun auch mit ihm verwandt, Seto Tejima. Er ist dein Bruder und er braucht deine Hilfe. Und deshalb verdient er auch dein Mitgefühl und deine Unterstützung!" "Das einzige was dieser digitale Klugscheißer verdient, ist auf der Stelle gelöscht zu werden!", meint Kaiba finster. Gerade will Yuki darauf eine bissige Antwort geben, als Noah ihr ins Wort fällt. "Du hast recht Seto, ich habe es verdient!", mit betrübtem Blick schaut er zu den anderen hinüber, "Und mir war im Grunde von vornherein klar, dass du mir niemals einen neuen Körper konstruieren würdest. Ich weiß ich war echt gemein zu dir und den anderen und ich schäme mich dafür. Aber ich musste es zumindest versuchen. "Ich hatte gehofft mit Atsumis Hilfe und mit der Hilfe von Yugi, dich doch noch überzeugen zu können, aber wie ich mir gleich dachte, ist es aussichtslos. Ich werde dieses virtuelle Gefängnis niemals verlassen können, damit habe ich mich inzwischen abgefunden. Es war ja auch zu schön um wahr zu sein. "Aber seit der Explosion damals, ist auch diese Existenz für mich absolut unerträglich geworden. Wenn du mir schon keinen Körper konstruieren willst, dann habe ich zumindest noch eine letzte Bitte an dich Seto!" Kaiba schaut ihn mit verschränkten Armen an: "Und die wäre?" Noah schluckt einmal schwer. "Bitte lösch meine Matrix! Ich ertrage es keinen Tag länger, so mit meinem Vater verschmolzen weiterzuexistieren. Allein der Gedanke daran, lässt mich weit mehr erschaudern, als die Möglichkeit meiner plötzlichen Existenzendung. Auf keinen Fall will ich so weiterleben! "Aber Gozaburo hat recht, ich kann nicht gelöscht werden. Durch den Transferfehler ist der Löschprozess auf normalem Wege nicht mehr möglich. Die Fragmente meines Vaters wehren sich mit aller Macht dagegen, er lässt mich einfach nicht zur Ruhe kommen!", in Noahs Augen glänzt es feucht. Langsam rollt ihm eine Träne über die Wange, doch auf halbem Wege verschmilzt sie schon wieder mit seinem Gesicht. Ein prismatisches Flackern huscht über seine Erscheinung. "Ich bin zwar durch die virtuelle Realität zu einem übermenschlich intelligenten Wesen geworden, aber in diesem Punkt bin ich völlig machtlos. Aber du bist einer der fähigsten Computerspezialisten die es gibt, Seto. Ich bin sicher du könntest meinen Datensalat entwirren und dafür sorgen, dass du und ich endlich unseren Frieden finden." Ein dünnes Lächeln legt sich um Kaibas Mundwinkel. "Endlich mal eine Idee mit der ich mich anfreunden könnte", meint er hämisch. "Oh nein, das kommt ja gar nicht in Frage!", ereifert Yuki sich jetzt, "Das werde ich auf keinen Fall zulassen Seto, verstanden? So einfach kommst du mir nicht davon! Du wirst deinem Bruder einen neuen Körper bauen!" Gereizt wendet Kaiba sich zu ihr um: "Ich habe es satt, dass du ständig glaubst mir Vorschriften machen zu müssen. Wenn die einzige Möglichkeit, dass ich aus diesem Cyberspace rauskomme darin besteht, dass ich diesen kleinen Versager ins Jenseits verfrachte, dann werde ich das tun, und zwar mit Genuss!" "Das kann doch nicht dein Ernst sein, Kaiba!", mischt sich nun Yami empört ein, "Ich glaube nicht, dass selbst du zu solch einer Sache fähig währst. Wir waren zwar nicht immer einer Meinung, aber ich kenne dich gut genug um zu wissen, dass so etwas einfach nicht zu dir passt. Du würdest doch niemals einen Mord begehen, das kann ich mir einfach nicht vorstellen!" "Habe ich schon behauptet, dass ich das tun werde?", meint Kaiba abfällig, "Abgesehen davon war es doch sein eigener Wunsch. Allerdings verschafft mir der Gedanke an seinen jetzigen Zustand irgendwie auch Genugtuung. Im Grunde kann es mir egal sein, was aus ihm wird. Soll er es doch von mir aus selbst entscheiden." Nun kommt Bewegung in Yuki. Mit wenigen Schritten ist sie bei ihm. Energisch packt sie ihn am Hemd. "Das werde ich nicht akzeptieren!", funkelt sie. Grob fegt Kaiba ihre Hand weg. "Fass mich nicht an! Finde dich einfach damit ab! Es gibt nichts was meine Meinung noch ändern kann." Yuki beißt die Zähne zusammen, dann strafft sie sich. "Also gut Seto, dann eben anders! Du lässt mir keine Wahl!" "Was willst du tun?", fragt Kaiba spöttisch, "Mich zwingen?" "Nein!", sagt Yuki fest, "Ich fordere dich zu einem Duell heraus!" Überrascht hebt Kaiba die Brauen: "Du forderst mich heraus? Und zu was wenn ich fragen darf?" "Na, dreimal darfst du raten!", gibt Yuki zurück, "Deine Königsdisziplin! Duellmonsters natürlich!" "Ich glaube ich hab mich wohl verhört", meint Kaiba, "Du forderst allen Ernstes mich heraus? Bist du jetzt völlig größenwahnsinnig geworden? Du weißt doch genau, dass du nicht den Hauch einer Chance hast!" Doch Yuki lässt sich nicht beirren: "Wir werden sehen! Hier der Einsatz: Wenn du gewinnst bekommt Kaiba-Corp die uneingeschränkten Verfügungsrechte für unsere neue Virtuelle Realität! Mach damit was du willst! Außerdem werde ich mich in Zukunft vollkommen von dir fernhalten und dich nie wieder behelligen. Du wirst nie wieder etwas von mir hören. "Aber wenn du mich nicht besiegst, dann wirst du Noah seinen neuen Körper bauen und dafür sorgen, dass er unbeschadet hineintransferiert wird. Ich finde das ist ein faires Angebot!" "So, findest du?", gibt Kaiba ungerührt zurück, "Du scheinst dir deiner Sache ja sehr sicher zu sein. Warum bietest du nicht auch noch deine Firma wenn du schon dabei bist? Biete doch alles was du hast, dann kannst du genau wie dein Vater alles verlieren." "Nein tu das nicht!", ruft Yami, "Lass dich nicht darauf ein, Yuki! Ich bin sicher, dass du gut bist, aber du riskierst hier zu viel. Kaiba ist wirklich ein hervorragender Spieler, ich kann das beurteilen. Du hast keine Chance! Du würdest alles verlieren wofür du so hart gearbeitet hast." "Zumindest in diesem Punkt muss ich Yugi einmal recht geben", fügt Kaiba geringschätzig hinzu, "Du hast keine Chance! Diese lächerliche Herausforderung kann nicht dein Ernst sein!" Entschlossen funkelt Yuki ihn an. "Du wirst sehen wie ernst es mir ist! Es gilt! Du bekommst obendrein auch noch meine Firma wenn du gewinnst! Aber wenn du es nicht schaffst mich zu besiegst, wirst du Noah helfen. Das ist der Deal!" "Yuki, überleg dir das noch mal!", beschwört Yami sie, "Das Risiko ist zu groß! Ich finde es bewundernswert wie sehr du dich für Noah einsetzt, aber willst du wirklich alles dafür aufs Spiel setzen? Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass du gewinnst. Wenn du einverstanden bist, dann werde ich mich mit Kaiba duellieren. Wenn er gewinnt, dann bekommt er seinen Titel als Weltmeister zurück, das alleine sollte ihm schon reichen." "Schätzt du mich wirklich so einfach gestrickt ein, Yugi?", meint Kaiba, "Ich bin enttäuscht von dir!" Doch Yuki wehrt ab. "Vielen Dank für das Angebot, Yugi! Aber ich muss das mit Seto selber klären. Der Einsatz bleibt!", fest schaut sie ihren Jugendfreund an. Einen Momentlang scheint Kaiba zu überlegen, dann meint er: "Es scheint dir wirklich ernst damit zu sein, was?" "Du wirst gleich feststellen wie ernst!", gibt sie eisern zurück. Schließlich zuckt Kaiba mit den Achseln. "Von mir aus! Ich werde deine alberne Herausforderung annehmen! Du scheinst es wirklich darauf anzulegen alles zu verlieren. Dich zu besiegen sollte ein Kinderspiel sein." Verächtlich schnaubt Yuki auf: "Sei dir da mal nicht so sicher! Für den Fall, dass du auch das vergessen haben solltest: Ich habe dir dieses Spieles beigebracht, von mir hast du deine allerersten Karten geschenkt bekommen! Also bilde dir bloß nicht ein, dass du mich so einfach schlagen könntest. Du bist vielleicht besser geworden, aber ich auch!" "Das glaube ich erst wenn ich es sehe!", meint Kaiba verächtlich. "So sei es!", entschlossen blickt Yuki ihn an, "Dieses Duell wird alles entscheiden, aber ich sage dir gleich: Du wirst ganz bestimmt nicht gewinnen!" "Mann das ist der absolute Hammer!", ruft Jonouchi aus. Aufgeregt springt er von seinem Stuhl hoch. "Krieg dich mal wieder ein, Jonouchi!", versucht Anzu ihn zu beruhigen. "Ich kann nicht!", jammert Jonouchi hibbelig, "Kaiba bekommt gleich seine Horchlöffel verbogen! Oh Mann, das will ich auf keinen Fall verpassen! Das ist ja besser als Kino hier, fehlt eigentlich nur noch Popcorn und Cola!" "Nun mach mal halblang!", meint Anzu, "Du weißt doch selber wie gut Kaiba ist. Selbst Yugi hat es schwer gegen ihn, und du hast beim letzten Mal gegen ihn auch jämmerlich verloren." "Mag ja sein", gibt Jonouchi zu, "aber ich hab so das Gefühl, dass diese Yuki auch nicht ganz ohne ist. Echte Spitzenspieler erkennen ihresgleichen, weißt du?" "Und warum glaubst du dann, dass Yuki Atsumi gut ist?", neckt Honda seinen Freund. Doch Jonouchi geht gar nicht darauf ein. "Tatsache ist doch, dass sie sich offenbar von Kaiba nix sagen lässt. Ich hab noch keinen erlebt der diesem Kerl je so offen die Meinung gesagt hat... außer Yugi vielleicht." "Ich frage mich aber trotzdem noch, ob Kaiba nicht doch recht hat", meint Anzu, "Mir sieht das Ganze doch wie eine Racheaktion für ihren Vater aus." "Aber sie hat doch gesagt, sie gibt sich selbst die Schuld an seinem Tod", wendet Honda ein, "Alles was sie will ist, dass Kaiba wieder so wird wie früher: der nette Junge von nebenan!" "Aber warum denn?", fragt Anzu zurück, "Warum will sie unbedingt wieder aus ihm einen netten Kerl machen? Warum betreibt sie deswegen solch einen Aufwand?" "Du hast sie doch gehört", meint Jonouchi, "Sie will Noah helfen und das geht nur wenn Kaiba mal von seinem hohen Ross runtersteigen würde." "Aber sie kennt Noah doch kaum", wendet Anzu ein, "Und trotzdem fordert sie Kaiba heraus und riskiert dabei alles was sie hat zu verlieren. Bestimmt ist ihr klar, dass Kaiba in einer anderen Liga spielt. Warum riskiert sie dann ihre Firma nur um Noah zu helfen?" "Keine Ahnung!", meint Jonouchi und pflanzt sich wieder auf den Stuhl, "Vielleicht hat's der Knabe ihr ja angetan in seinem neuen Look. Mal ehrlich Anzu, steh'n die Mädels auf so was?" Nachdenklich schaut Anzu auf den Monitor. Vielleicht ist da ja wirklich was wahres dran, denkt sie. Vielleicht hat Yuki ja wirklich was für Noah über. Das würde zumindest einiges erklären. "Ich werde dieses Duell jedenfalls genießen!", verkündet Jonouchi, "Habt ihr gesehen wie Kaiba vorhin ins Schwitzen gekommen ist?", er grinst schadenfroh, "Ich schwöre euch der war kurz davor loszuheulen als sie die Sache mit dem Fluss wiederholt haben." "Tja, harte Schale, butterweicher Kern!", fügt Honda grinsend hinzu, "Hätte nicht gedacht, mal so was aus seinem Munde zu hören. Wenn der jetzt wüsste, dass wir die ganze Sache verfolgen, würde er bestimmt im Boden versinken." Die beiden Jungs kichern ungezogen. Anzu verzieht das Gesicht: "Ihr seid unmöglich!" "Tja, Schadenfreude ist immer noch die größte Freude!", verteidigt Jonouchi sich, "Und die wird nur noch übertroffen, wenn ich sehe, wie Kaiba bei Duellmonsters gegen ein Mädchen verliert." Anzu schüttelt nur missbilligend den Kopf, dann wenden sie sich wieder den Bildschirm zu. Kapitel 11: Zeit für ein Duell! ------------------------------- In einigen Metern Abstand stehen Yuki und Kaiba sich nun auf der großen Wiese gegenüber und lassen sich nicht aus den Augen. Yuki macht eine leichte Bewegung mit der Hand und nur wenige Moment später materialisiert sich eine Duelldisk an jeweils ihrem linken Arm. Ein Stück daneben stehen Yami und Noah und beobachten das Ganze. "Da wir hier in meiner virtuellen Welt sind, entscheide ich über die Regeln", erklärt Yuki gerade, "Deshalb entscheide ich, dass wir das Deckmastersystem benutzen, ich hoffe du hast noch nicht vergessen wie es funktioniert." "Halt mich nicht für blöd!", brummt Kaiba, "Natürlich weiß ich noch wie das geht." "Also gut, dann stelle jetzt dein Deck aus der virtuellen Datenbank zusammen!" Vor den beiden laufen jetzt lange Paletten von Duellmonsters-Karten herab und verschwinden wieder in der leeren Luft. Jeder von ihnen berührt mehrere Karten um sie für sein Deck auszuwählen. Schließlich haben beide ihr Auswahl beendet. "Nun wählen wir unsere Deckmaster. Du kannst jedes Monster nehmen, das du willst." "Also schön!", meint Kaiba, "Ich wähle das Kaiserseepferdchen!" Kritisch mustert Yuki ihn. "War das nicht das selbe Monster, dass du bei deinem Duell gegen Noah ausgewählt hast?" "Warum sollte ich etwas ändern, was mir schon damals gute Dienste geleistet hat?", gibt Kaiba zurück. "Also wenn ich mich korrekt erinnere", erwidert Yuki, "dann hättest du in diesem Duell beinah verloren, und nur weil Yugi für dich eingesprungen ist und für dich das Ruder noch herumgerissen hat, blieb dir ein Schicksal als lebende Steinstatue im Cyberspace erspart." Ärgerlich funkelt Kaiba sie an: "Erinnere mich bloß nicht daran!" "Mal sehen ob es dir wenigstens diesmal Glück bringt", meint Yuki. "Pah, nur Verlierer brauchen Glück! Ich verlass mich lieber auf mein Können", brummt Kaiba. "Na gut. Als meinen Deckmaster wähle ich die Feuerprinzessin!", sagt Yuki. Sogleich erscheinen die beiden Figuren hinter ihren Meistern. "Ich hätte es mir denken können!", murmelt Kaiba, "Hör endlich auf weiter Zeit zu schinden, ich will das endlich hinter mich bringen." "Wie du willst. Es ist Zeit für ein Duell!" Mit einem Schnappen lassen die beiden ihre Karten in die Deckzone ihrer Duelldisk einrasten. Die digitale Anzeige auf dem Deckel zeigt 4000 Lebenspunkte an. "Da ich dich herausgefordert habe, werde ich auch anfangen, wenn du gestattest", meint Yuki und zieht ihre Karten. "Soll mir recht sein", meint Kaiba, "Du wirst ohnehin jeden Vorteil brauchen können den du kriegen kannst." "Also gut! Ich spiele zunächst einmal eine Karte verdeckt und dann beschwöre ich Maha Vailo (1550/1400) im Angriffsmodus und damit bin ich auch schon mit meinem Zug fertig!" Vor Yuki erscheint eine Gestalt die einem Zauberer in blauer Robe ähnelt. Kaiba wirft ihr einen geringschätzigen Blick zu: "Was für eine stümperhafte Eröffnung! Du wirst gleich sehen, das es ein Fehler war ein so schwaches Monster im Angriffsmodus zu spielen." Er zieht eine Karte. "Also schön, sieh zu und lerne!" Er befördert eine Karte aus seiner Hand auf das Feld seiner Duelldisk. "Ich beschwöre jetzt meinen Leuchtenden Drachen (1900/1600)!" Augenblicklich materialisiert sich auf Kaibas Feldseite ein mächtiger blauschimmernder Drache. "Los mein Drache!", befiehlt Kaiba, "Vernichte ihren Maha Vailo!" Augenblicklich geht der Drache zum Angriff über. Mit einem wuchtigen Hieb seiner Klaue zerschlägt er die Gestalt von Yukis Monster das dann in viele digitale Pixel zerplatzt. Im gleichen Moment sinkt Yukis Lebenspunkteanzeige auf 3650 ab. Doch es scheint sie nicht weiter zu stören. "Freu dich bloß nicht zu früh. Ich aktiviere zunächst einmal meine Fallenkarte: Feierliche Wünsche!" Kaibas Mund wird schmal und sein Gesicht verfinstert sich. "Diese Karte erhöht meine Lebenspunkte um 500 Punkte, und zwar jedes Mal wenn ich eine Karte ziehe", fährt Yuki fort "Und da ich nun dran bin und erst mal eine Karte ziehe, bekomme ich satte 500 Punkte zurück." Sie zieht eine Karte und im selben Moment klettert ihre LP-Anzeige auf 4150 hoch. Doch im selben Augenblick leuchten die Augen der Feuerprinzessin hinter ihr auf und die Anzeige auf Kaibas LP-Zähler sinkt auf 3500 hinab. Kaiba bekommt große Augen, dann wirft er Yuki einen wütenden Blick zu. "Ach ja, das hatte ich wohl vergessen zu erwähnen", meint Yuki jetzt, "Die besondere Fähigkeit meines Deckmasters besteht darin, dass sie meinem Gegner jedes Mal 500 Punkte abzieht wenn ich meine Lebenspunkte erhöhe. Du kannst dir also denken wohin das jetzt noch führen kann." "Abwarten!", brummt Kaiba, "Spiel endlich weiter!" "Wie du willst!", meint sie, "Als nächstes opfere ich 800 Lebenspunkte und spiele diese Karte: voreiliges Begräbnis! Sie erlaubt mir meinen Maha Vailo vom Friedhof zurück zu holen und ihn mit dieser Karte auszurüsten." Sogleich erscheint Maha Vailo wieder auf dem Spielfeld und Yukis Punkteanzeige fällt auf 3350. "Und da Maha Vailo für jede Ausrüstungskarte mit der er ausgestattet wird 500 Angriffspunkte dazu bekommt, verfügt er jetzt über stattliche 2050 Angriffspunkte! Das sind 150 Punkte mehr als dein Drache hat, wenn ich mich nicht irre." Ärgerlich blickt Kaiba zu ihr rüber: "Ich kann selber zählen!" "Schön für dich!", erwidert Yuki, "Also dann Maha Vailo, vernichte seinen Drachen!" Um Maha Vailos Hände entstehen schwarze Blitze und mit einem mächtigen Strahl wird der Drache zerstört und Kaibas LP-Anzeige fällt weiter auf 3350. "Zu guter Letzt setze ich noch ein Monster im Verteidigungsmodus aufs Feld und dann beende ich meinen Zug!" Gelassen zieht Kaiba eine Karte. Er wirft einen flüchtigen Blick drauf, dann sagt er: "Ein einziger guter Zug beeindruckt mich noch nicht." Er pflückt zwei Karten aus seiner Hand und schiebt sie in die Schlitze seiner Duelldisk. "Ich spiele zunächst einmal zwei Karten verdeckt und dann rufe ich meinen Koumori Drachen (1500/1200) im Verteidigungsmodus. Damit beende ich meinen Zug!" Kaiba lässt sich seine Belustigung nicht ansehen. Sie hat es ja nicht anders gewollt! Im Grunde hat sie jetzt schon so gut wie verloren. Meine Crush-Card wird ihrem Deck den Rest geben und dann hab ich sie endlich wo ich sie haben will: Am Boden! Doch Yuki scheint davon nichts zu ahnen. "Wenn das schon alles von dir war Seto, dann bin ich jetzt wieder dran. Ich ziehe eine Karte und du weißt sicher was als Nächstes passiert. Ich bekomme 500 Punkte dazu und du verlierst 500." Yukis Anzeige zeigt nun 3850, während Kaibas auf 2850 fällt. "Aber das soll noch nicht alles gewesen sein." Sie wirft einen prüfenden Blick auf die andere Spielfeldseite. "Ziemlich unvorsichtig, deinen Koumori Drachen so ungeschützt auf dem Feld zu lassen. Offenbar versuchst du krampfhaft deine Lebenspunkte zu schützen, aber selbst wenn du ihn verdeckt gespielt hättest, mein Maha Vailo ist mit seinen 2050 Punkten noch immer stärker als die meisten Vier-Sterne-Monster. Also Maha Vailo, mach ein Ende mit seinem Drachen!" Sofort geht ihr Monster erneut zum Angriff über. Doch nun überzieht ein hämisches Grinsen Kaibas Gesicht. "Wer sagt denn, dass ich mein Monster ungeschützt gelassen habe? Anscheinend hast du meine verdeckten Karten vergessen. Ich aktiviere nun die Zauberkarte: Schrumpfen! Dadurch kann ich die Angriffsstärke eines von mir gewählten Monsters halbieren und ich wähle meinen Koumori Drachen!" Die Angriffsstärke des Drachens sinkt auf 750 und nur einen Moment später zerpufft er auch schon unter der Wucht von Maha Vailos mächtigen Strahl. Aber Kaiba ist noch nicht fertig: "Und da du nun eines meiner Monster mit weniger als 1000 Angriffspunkten zerstört hast, kann ich nun diese Karte spielen: meine Crush-Card!" Yukis Augen fliegen auf und sie zuckt zusammen, als sie sieht wie plötzlich ihr Maha Vailo ebenfalls in tausend Stücke zerspringt. "Meine Crush-Card infiziert deinen Maha Vailo mit einem tödlichen Virus", erklärt Kaiba genüsslich, "und zerstört ihn, und dann jedes Monster mit mehr als 1500 Angriffspunkten in deinem Deck! Verabschiede dich schon mal von allen deinen mächtigen Monstern!" Mit finsterer Mine schiebt Yuki ein paar Karten auf ihren Friedhof. Doch dann sagt sie: "Du hast vielleicht alle meine starken Monster vernichtet, aber noch lange nicht meine mächtigen!" Irritiert schaut Kaiba sie an: "Was soll das denn heißen?" "Ganz einfach!", erklärt sie, "Ich kenne dich Seto! Ich kenne deine Strategien und deine Art dich zu duellieren. Ich kenne sogar im großen und ganzen die Karten deines Decks. "Ich wusste ganz genau, dass du früher oder später diese Kartenkombination spielen würdest. So leicht kannst du mich nicht überraschen, dazu kenn ich dich einfach zu gut! Mein Deck ist genau auf deines abgestimmt. Du wirst dich vor meinen ,schwachen' Monstern noch in Acht nehmen müssen!" Mit festem Blick hält sie Kaiba gefangen. Noch immer wirkt sie höchst entschlossen. "Bist du dann fertig?", meint Kaiba geringschätzig, "Dann bin ich jetzt dran." Er zieht eine Karte und lächelt zuversichtlich. "Du wirst gleich feststellen, dass du mit deiner Vermutung völlig falsch gelegen hast. Dein Deck kann es niemals mit meinem aufnehmen und das werde ich dir jetzt auch beweisen!" Er wählt eine Karte aus. "Diesmal werde ich die besondere Fähigkeit meines Deckmasters nutzen um ein Monster zu beschwören, dass du sicher kennen wirst! Nämlich meinen weißen Drachen mit eiskaltem Blick!" "Einen Augenblick!", unterbricht Yuki ihn, "Um dieses Monster zu rufen, musst du zunächst zwei Monster opfern." Wütend funkelt Kaiba sie an: "Glaubst du, das weiß ich nicht? Aber du wirst gleich feststellen, dass ich durchaus in der Lage bin mit meinen eigenen Karten angemessen umzugehen. Die besondere Fähigkeit meines Kaiserseepferdchens erlaubt es mir ein Monster für das ich zwei Opfer bräuchte mit nur einem zu rufen." "Ach ja?", meint Yuki unbeeindruckt, "Vielleicht zählst du noch mal nach, Seto, du hast nämlich keine Monster auf dem Feld die du opfern könntest." "Wer sagt denn, dass ich eigene Monster opfern will?", meint Kaiba zynisch, "Ich hab es nämlich auf dein Monster abgesehen. Ich spiele nämlich jetzt die Zauberkarte: Seelentausch!" Yukis Mund verzieht sich zu einem dünnen Strich. Kaiba schiebt die Karte in den Schlitz seiner Duelldisk. "Also dann, ich wähle dein verdecktes Monster als Opfer aus um es für meinen weißen Drachen zu opfern!" Ein leuchtender Nebel hüllt nun die verdeckte Monsterkarte ein und im nächsten Moment erscheint ein kleiner, roter Fuchs auf dem Feld. Doch auf einmal verschwindet die schadenfrohe Mine von Kaibas Gesicht, denn nun muss er sehen wie sich der Nebel auf einmal wieder verzieht und die Zauberkarte auf seiner Seite in tausend Teile zerspringt. "Was hat das zu bedeuten?", ruft er ungläubig aus. Auf der anderen Spielfeldseite hat Yuki die Arme verschränkt. "Hatte ich dir nicht gesagt, dass ich dich und deine Strategien kenne, Seto? Ich dachte mir schon, dass du versuchen würdest diese Karte zu beschwören und auch, dass du es wahrscheinlich auf meine Monster dafür abgesehen hast. Deshalb habe ich meine Monsterkarte Fuchsfeuer (300/200) ins Spiel gebracht. Dieses Monster kann nicht für eine Tributbeschwörung geopfert werden. Ich fürchte, du hast deine Zauberkarte umsonst verschwendet." Ärgerlich ballt Kaiba die Faust. Sie scheint sich tatsächlich gut vorbereitet zu haben. Offenbar wird das Ganze doch nicht so einfach werden wie er angenommen hatte. Aber das wird ihr dennoch alles nichts nützen! Sie wird ganz bestimmt nicht gewinnen. Das wird er auf keinen Fall zulassen! Nein, sie wird es noch bereuen sich mit ihm angelegt zu haben und er hat genau die Karte auf der Hand, die er dafür braucht. "Ich beschwöre nun einen alten Freund von mir, nämlich den Herrn der Drachen (1200/1100)!" Sogleich erscheint die Figur mit den Drachenknochen auf der Rüstung auf seiner Spielfeldseite. "Diesmal schützt dich nichts vor mir! Los Herr der Drachen, vernichte ihr Fuchsfeuer!" Mit einem wuchtigen Hieb fällt die Gestalt über den Fuchs her und löscht ihn aus. "Dein Glück, dass dein Fuchs im Verteidigungsmodus war", meint Kaiba, "Aber meinem nächsten Angriff wirst du schutzlos ausgeliefert sein, denn in der nächsten Runde rufe ich meinen weißen Drachen mit eiskaltem Blick und dann kann Noah sich schon mal für immer von seinem Körper und du von deiner Firma verabschieden!" Gelassen schaut Yuki ihn an. "Ich nehme an, du bist damit fertig", sagt sie und nur wenige Augenblicke später erscheint auf einmal eine vertraute Gestalt auf ihrer Spielfeldseite. Es ist der kleine Fuchs. "Was ist das? Wo kommt dieser rote Bettvorleger schon wieder her?", will Kaiba verblüfft wissen. Yuki lächelt: "Das ist die zweite besondere Fähigkeit meines Monsters. Er erscheint am Ende des Zuges in dem er zerstört wurde, automatisch wieder auf meiner Spielfeldseite. Du wirst feststellen, dass es so schwierig werden wird an meine Lebenspunkte heran zu kommen. "Und da du deinen Zug jetzt beendet hast, bedeutet das wohl, dass ich wieder ziehen darf." Mit diesen Worten tut sie es auch. Ihre LP-Anzeige klettert damit auf 4350 und Kaibas sinkt auf 2350. Belustigt schaut sie ihn an. "Kann es sein, dass deine Lebenspunkte langsam immer weniger werden?" "Halt den Mund und spiel weiter!", schnauzt Kaiba sie an. "Wie du willst. Zunächst einmal, sollte ich wohl etwas gegen deinen Drachen unternehmen denn eigentlich lege ich keinen gesteigerten Wert darauf, dass du ihn aufrufst." "Und was willst du dagegen tun?", fragt Kaiba gereizt. "Nun, ich spiele einfach eine Zauberkarte. Sie trägt den schönen Namen: Verbot!" Kaiba reißt die Augen auf: "Nein, nicht diese Karte! Wie kannst du es wagen?" "Oh doch, diese Karte!", meint Yuki ernst, "Sie erlaubt mir eine Karte zu benennen die nicht gespielt werden darf, solange Verbot im Spiel ist, und ich wähle deinen weißen Drachen mit eiskaltem Blick!" Ärgerlich beißt Kaiba die Zähne zusammen. "Das wirst du mir büßen! Du wolltest schon immer verhindern, dass ich diese Karte bekomme und jetzt verbietest du mir sie zu spielen. Das ist dermaßen niederträchtig von dir, dass mir die Worte fehlen." "Was regst du dich so auf? Es ist doch nur eine Karte!", entgegnet Yuki. Doch Kaiba bebt vor Zorn. "Ich... erwarte auch gar nicht, dass du das verstehst!", funkelt er, "Du hast nicht die leiseste Ahnung davon, was mir diese Karte bedeutet!" Langsam nickt Yuki. "Doch, ich denke schon!", sagt sie, "Ich war es schließlich, der dir diese Karte zum ersten Mal gezeigt hat. Ich habe gesehen wie begeistert und gefangen du von ihr warst. Mir war gleich klar, dass du diese Karte um alles in der Welt haben wolltest." Einen Augenblick ringt Kaiba um seine Fassung, dann sagt er mit Eiseskälte: "Du... wusstest das? Also hast du mir mit voller, berechnender Absicht versprochen sie mir zu schenken, nur um dann später dieses Versprechen wieder zu brechen, und ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo ich dachte, dass... es für mich gar nicht mehr hätte schlimmer kommen können. Deine Niederträchtigkeit hat wirklich einen neuen Tiefstand erreicht, Yuki. Und du erwartest allen Ernstes, dass ich dir abkaufe wir wären einmal Freunde gewesen? Vergiss es! Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr ich dich verachte!" Man kann deutlich sehen wie blass die junge Frau nun geworden ist. Sie schluckt einmal schwer, dann sagt sie: "Ich... kann dir das alles erklären, Seto, wenn du mich lässt." "Nein danke!", Kaibas Stimme ist tödlich, "Ich verzichte! Ich will nichts davon hören! Wenn du was sinnvolles tun willst, dann spiel endlich weiter! Ich kann es kaum erwarten, dich nie wieder zu Gesicht zu bekommen!" Für einen Moment scheint sich ein Ausdruck tiefen Schmerzes auf Yukis Gesicht zu legen, doch dann fasst sie sich wieder. "In Ordnung, wir bringen das zuende! Ich rufe nun ein ganz besonderes Monster aufs Feld: Die Zeremonienglocke (0/1850)!" Verdutzt schaut Kaiba auf den hölzernen Balken an dem eine große, goldene Glocke hängt. "Was soll der Unsinn? Dieses Monster hat überhaupt keine Angriffspunkte." "Das braucht sie auch gar nicht, ich rufe sie nämlich im Verteidigungsmodus." "Und was soll das bringen?", will Kaiba genervt wissen, "Nur durch Verteidigung wirst du das Duell nicht gewinnen." "Immer mit der Ruhe!", meint Yuki, "Meine Glocke hat nämlich eine besondere Fähigkeit. Solange sie sich auf dem Feld befindet, müssen wir beide mit offenen Handkarten spielen. Keine Geheimnisse mehr zwischen uns, Seto!" "Was versprichst du dir davon? Das wird dir ohnehin eher Nachteile als Vorteile bringen. Offenbar bist du doch nicht so gut wie du behauptest." "Wart es ab! Zunächst rüste ich nämlich meine Glocke noch mit der Seele des klaren Wassers aus." "Und was tut diese Ausrüstungskarte?", will Kaiba wissen. "Wenn ich dir das jetzt verrate ist es doch keine Überraschung mehr", schmunzelt Yuki. Verächtlich schnaubt Kaiba auf: "Mach was du willst! Aber zeig mir erst mal deine Handkarten!" "Hier, Regen der Gnade und Brennender Dornenbusch! Und deine?" Steif zeigt Kaiba seine Karten. Er hat einen weißen Drachen mit eiskaltem Blick und eine Fusionskarte auf der Hand. "Schau an! Du hast wohl vor deinen Drachen mit den anderen beiden zu verschmelzen", stellt Yuki fest, "Dann solltest du hoffen, dass du alle nötigen Karten möglichst bald auf die Hand bekommst, denn rufen kannst du deine Drachen ja nun nicht." "Weiß ich selber!", brummt Kaiba. Er atmet einmal tief durch dann zieht er. "Ich bin dran!" Mit gemischten Gefühlen schaut er auf die neu gezogene Karte. Sie kommt genau eine Runde zu spät! "Du hast also die Flöte zum Drachenaufruf gezogen, was?", bemerkt Yuki. "Sehr scharfsinnig!", meint Kaiba, "Aber wenn du glaubst, dass sie mir jetzt nichts nützt, dann irrst du dich. Ich habe noch andere Drachen in meinem Deck!" Mit einer energischen Geste aktiviert er die Karte. "Ich benutze meine Drachenruferflöte und meinen Herren der Drachen um zwei meiner Drachen aufs Feld zu rufen: meinen Hyosanryo (2100/2800) und meinen Papageiendrachen (2000/1300)! Die werden aus deinen Monstern Kleinholz machen und dann sind deine Lebenspunkte für einen direkten Angriff ungeschützt." "Tu was du nicht lassen kannst!" "Worauf du dich verlassen kannst! Los Herr der Drachen, vernichte ihr Fuchsfeuer!" Sofort springt die Gestalt vor und zerstört das kleine Monster. "Und nun Hyosanryo, lösch ihre Zeremonienglocke aus!" Mit einem leuchtenden Strahl vom Horn des Ungetüms zielt es auf die Glocke und als er dort auftrifft gibt es einen lauten Knall. Doch zu Kaibas großem Erstaunen ist die Glocke unversehrt. "Was zum...? Wie kann das sein? Mein Drache hat mehr Angriffskraft, als deine Glocke Verteidigung?" "Nun ja, meine Seele des klaren Wassers, verhindert, dass mein Monster durch den Kampf oder durch den Effekt von Zauber-, Fallen- oder Monsterkarten zerstört wird, die speziell dieses Monster betreffen. Du siehst also, jeder Versuch meine Glocke anzugreifen ist völlig nutzlos!" "Verd...!", flucht Kaiba leise. "Ich bin dran!", fährt Yuki fort. Sie zieht eine Karte und wieder rollen die Punkteanzeigen auf 4850 und 1850. "Es wird wohl langsam eng für dich, Seto!", schmunzelt sie. "Spar dir das!", zischt er. "Nicht aufregen! Schau dir lieber an was ich gezogen habe! Es ist die Karte Austausch!" "Ach, jetzt versteh ich was das mit den offenen Handkarten soll", brummt Kaiba. Zu dumm nur, dass du mit meinen Karten gar nichts anfangen kannst, den weißen Drachen hast du schließlich selbst verboten." "Stimmt!", gibt sie zu, "Deshalb werd ich mir diese Karte auch noch ein bisschen aufheben und meinen Zug beenden!" "Es auszusitzen wird dir auch nichts nützen! Ich bin dran!" Er zieht eine Karte und betrachtet sie. Auf einmal heitert sich seine Mine auf. "Ich schätze dein Glück hat dich jetzt verlassen!", meint er hämisch, "Mit dieser Karte werde ich deine gesamte Strategie über den Haufen werfen." "Was hast du gezogen?", will Yuki wissen. "Eine Fallenkarte mit dem Titel: Allergie!" Yuki reißt ungläubig die Augen auf: "Was? Das ist unmöglich! Seit wann hast du diese Karte in deinem Deck? Die hast du niemals zuvor benutzt. Erklär mir das!" Diesmal ist es Kaiba der ein überlegenes Gesicht aufsetzt. "Du hältst dich wohl für wahnsinnig schlau, was Yuki? Aber du hast einen entschiedenen Fehler gemacht. Du hast die Gestalt von dem Monster in dein Cyberspaceprogramm eingebaut, das du später als Deckmaster gewählt hast. Als du sagtest, dass wir nach dem Deckmastersystem spielen, war ich mir ziemlich sicher, dass du die Feuerprinzessin zu deinem Deckmaster wählen würdest, schließlich hast du sogar ihre Gestalt angenommen. "Als mir das klar war, war es auch nicht schwer sich auszumalen welche Strategie du verfolgen würdest. Also habe ich diese Karte mit ins Deck genommen, als kleine Sicherheit sozusagen. Du bist nicht der Einzige, der andere durchschauen kann." Mit Schwung steckt er die Karte in den Schlitz. "Sobald du wieder dran bist, kannst du dir sicher denken, was dann passiert. Da ich dich nicht angreifen kann, muss ich wohl zu anderen Mitteln greifen." "Na schön. Ich ziehe!", meint Yuki, aber dabei sieht sie nicht besonders fröhlich aus. "Und ich aktiviere meine Fallenkarte Allergie!", sagt Kaiba, "Sie bewirkt, dass du jedes Mal wenn du deine Lebenspunkte erhöhen willst, dir die gleiche Anzahl Punkte die du erhalten würdest stattdessen abgezogen bekommst. Das heißt du verlierst 500 Lebenspunkte, dank deiner Fallenkarte Feierliche Wünsche!" Kaum hat er das gesagt, sinken Yukis Punkte auf 4350 ab. "Ich habe Entkräftungsschild gezogen", sagt sie und zeigt ihm die Fallenkarte, "Leider nützt sie mir nun dank deiner Falle nichts mehr." "Und meine Falle hat noch einen weiteren Effekt. Da du nun deine Lebenspunkte nicht mehr erhöhen kannst, können sich meine auch nicht mehr durch den Effekt deines Deckmasters verringern, was für mich somit doppelt praktisch ist." Kaiba sieht sichtlich zufrieden aus. Yuki atmet einmal tief durch. "Nun gut, versuchen wir es anders. Ich rufe nun meinen Brennenden Dornenbusch (500/1500) im Verteidigungsmodus und damit bin ich dann auch schon fertig." "Was soll denn das nun schon wieder?", fragt Kaiba verstimmt, "Dieser Zug war doch jetzt wirklich vollkommen unsinnig! Ich kenne Brennenden Dornenbusch und seine besondere Fähigkeit. Ihn jetzt zu spielen ist doch vollkommen schwachsinnig!" Mit diesen Worten zieht er eine weitere Karte. Als er sie in betrachtet, verengen sich seine Augen. Hinter seiner Stirn scheint es heftig zu arbeiten. "Was ist es?", fragt Yuki. "Es ist die Zauberkarte: Schnappstahl!", antwortet Kaiba ernst. Mit dieser Karte könnte ich das Duell mit Leichtigkeit gewinnen. Ich bräuchte nur eines von ihren Monstern damit ausrüsten, am besten ihre Glocke, und in knapp zwei Runden hat sich die Sache erledigt. Aber verdammt noch mal, so was ist nicht mein Stil! So feige habe ich noch nie gekämpft. Wenn ich mich so duelliere, kann ich mir ja selber nicht mehr ins Gesicht schauen. Offenbar hat auch die junge Frau nun die Möglichkeiten, die diese Karte bietet, erkannt. "Na mach schon!", meint sie etwas entmutigt, "Welches Monster willst du haben? Such dir eins aus und gib mir den Rest! Das ist es doch was du willst, oder? Du willst mich besiegen und demütigen, so wie ich es damals mit dir gemacht habe. Du willst dich doch rächen. Aber ich sag dir was: So bist du keinen Deut besser als das was du mir vorwirfst. Wenn du diese Karte spielst, benutzt du genau die Strategie die du mir so selbstgerecht vorgehalten hast." Ärgerlich schaut Kaiba auf. "Glaubst du das weiß ich nicht? Aber ich werde mich niemals auf dein Niveau herablassen, hörst du? Um dich zu besiegen brauche ich diese Karte nicht. Ich werde dich genau so fair, ehrlich und vor allem vernichtend besiegen wie ich es schon immer getan habe, denn ich bin nicht wie du, ich brauch mich nicht hinter meinen Monstern verkriechen und durch Zauberkarten meinem Gegner die Lebenspunkte abziehen. So was habe ich gar nicht nötig! Wenn du mir aber nicht glaubst, dann schau her!" Mit dem Finger weist er auf den Brennenden Dornenbusch. "Bei Duellmonsters bleibt kein Fehler unbestraft, merk dir das! Zum besseren Verständnis... Hyosanryo, vernichte den Brennenden Dornenbusch mit deinem leuchtenden Horn!" Sofort greift der gehörnte Drache das gegnerische Monster an und Keiba beobachtet zufrieden wie es sich in seine Pixel auflöst. "Da die besondere Fähigkeit des Brennenden Dornbusches darin besteht die Lebenspunkte des Gegners um 1000 zu erhöhen sobald er auf den Friedhof geschickt wird, erhalte ich jetzt erst mal einen netten kleinen Zuwachs an Lebenspunkten. Die Anzeige rollt hoch und bleibt bei 2850 stehen. "Damit beende ich dann meinen Zug!", sagt er und dann schaut er erwartungsvoll zu Yuki hinüber. "Ich bin dran!", sagt Yuki und wieder werden ihr 500 Punkte abgezogen, so dass sie bei 3850 anlangt. Einen Momentlang betrachtet sie die Karte, die sie gerade gezogen hat. Sie atmet einmal tief durch, dann sagt sie: "Gut Seto, du sagtest, dass bei Duellmonsters kein Fehler unbestraft bleibt. Dein Fehler war es, deine Chance nicht zu ergreifen. Jetzt ist es zu spät!" "Sag schon, was hast du gezogen?", fragt Kaiba ungeduldig. Ernst streckt sie ihm die Karte hin. "Mystischer Raumtaifun!" Kaiba ballt die Faust: "Nein, das kann nicht sein! Nicht gerade diese Karte!" "Ich fürchte doch!", sagt Yuki, "Mit dieser Zauberkarte kann ich eine Zauber- oder Fallenkarte auf dem Feld zerstören und ich wähle deine Falle Allergie!" Kaum hat sie die Karte aktiviert als auch schon die Falle auf Kaibas Seite mit lautem Puff zerspringt. Kaiba wehrt mit einer Hand die herumfliegenden Splitter ab und blitzt seine Gegnerin zornig an. "Aber damit nicht genug!", fährt Yuki fort, "Als nächstes aktiviere ich meine Zauberkarte Regen der Gnade. Durch diese Karte erhalten beide Spieler 1000 Lebenspunkte dazu, aber da ich nun meine Lebenspunkte wieder erhöhen kann, wird auch wieder die besondere Fähigkeit meines Deckmasters ausgelöst. Das heißt statt 1000 Punkten bekommst du nur 500 angerechnet. Freu dich darüber! Es ist ein kleines Geschenk, um dich wegen deines Fehlers von eben zu trösten. Denn jetzt aktiviere ich die Zauberkarte: Austausch! Ohne ein Wort zu sagen streckt Kaiba ihr seine Karten hin, doch sein Blick ist vernichtend. Gemächlich kommt Yuki zu ihm herüber. "Du kannst dir sicher denken auf welche Karte ich bei dir ein Auge geworfen habe, es gibt ja im Grunde nur eine die mir was nützt", meint sie. Dann steht sie vor ihm: "Gib mir bitte deinen Schnappstahl!", fordert sie ihn auf. "Hier hast du ihn!", grollt Kaiba. Behutsam ergreift sie die Karte. Für einen Momentlang hält sie sie nur fest, als währe sie unentschlossen, doch dann nimmt sie sie doch an sich. Sie versucht seinen Blick einzufangen, doch Kaiba starrt nur stur an ihr vorbei. "Hier ist meine Karte!", sie überreicht ihm ihren Entkräftungsschild, "Ich hoffe du findest Verwendung dafür." "Spar dir deine Höflichkeiten und geh wieder rüber auf deine Seite!", entgegnet Kaiba kühl. Mit betrübter Mine folgt sie seiner Forderung. Schließlich stehen sie sich wieder gegenüber. "Offenbar bist du jetzt mit deinem Zug fertig sagt Kaiba und zieht eine weitere Karte. "Ich aktiviere nun meine Zauberkarte: Topf der Gier!", ungerührt zieht er zwei weitere Karten. Als er jedoch sieht was er da gezogen hat, hellt sich seine Mine wieder etwas auf. "Ich habe gerade zwei weitere weiße Drachen mit eiskaltem Blick gezogen", sagt er nicht ohne Genugtuung, "Zusammen mit dem, den ich bereits auf der Hand hatte und meiner Fusionskarte, könnte ich nun meinen blauäugigen Ultradrachen rufen, das sollte dir klar sein. "Aber bedauerlicherweise, nützt er mir im Moment noch nichts, da deine dämliche Glocke ja leider gegen Angriffe immun ist. Also werde ich noch ein wenig warten müssen, bis ich den mächtigsten aller Drachen rufe. Ich gebe dir den guten Rat, diese Gelegenheit zu nutzen, denn es dauert nicht mehr lange und du hast deinen letzten Zug gemacht. Sobald ich nämlich meinen Ultradrachen aufrufe, ist das Duell für dich gelaufen!" Ohne die Mine zu verziehen sagt Yuki: "Ich bin dran! Ich ziehe eine Karte erhalte 500 Lebenspunkte und du verlierst 500!" Ihre Anzeige klettert auf 5350 und Kaibas sinkt wieder auf 2850. Sie betrachtet die Karte die sie gezogen hat. "Es muss schmerzvoll sein, sich immer wieder zu irren, Seto", meint sie, "Ich rufe jetzt meinen ultimativen Baseballspieler (500/1000) aufs Feld." Kurz darauf erschein ein junger Bursche im Baseballoutfit auf ihrer Spielfeldseite. "Diese Karte", erklärt sie, "erhält zusätzliche 1000 Angriffspunkte für jedes Feuermonster auf dem Feld und deshalb bekommt er durch mein Fuchsfeuer eine Stärke von 1500 Angriffspunkten. Und jetzt mein Baseballspieler, greif seinen Herrn der Drachen an mit deinem Dornenschläger!" Sofort stürzt sich der kleine Kerl auf seinen Gegner und mit nur einem mächtigen Schwinger zerfegt er den Herrn der Drachen in seine Bestandteile. Kaibas LP-Anzeige fällt auf 2550. Sehr glücklich ist er nicht darüber, im Gegenteil. "Wie kannst du es wagen? Was fällt dir ein? Das wirst du mir büßen, verlass dich drauf!", schimpft er, doch die junge Frau achtet nicht auf seinen Ausbruch. "Damit bin ich erst mal fertig!" Ärgerlich zieht Kaiba eine Karte. Als er sieht was er gezogen hat kehrt der Glanz in seine Augen zurück. "Diese Karte hier, wird dir jetzt aber gar nicht schmecken, das versichere ich dir! Ich aktiviere jetzt: Ewige Ruhe!" Erschrocken zuckt Yuki etwas zusammen. Man sieht ihr an wie wenig begeistert sie von dieser Karte ist. Doch Kaiba fährt schon fort: "Diese Karte zerstört alle Monster die mit einer Ausrüstungskarte ausgerüstet sind, und da deine Seele des klaren Wassers das Monster nur vor gezielten Effekten beschützt, kann meine Zauberkarte deine Glocke endlich zum Friedhof schicken." Bekümmert muss Yuki beobachten wie sich die Glocke und ihre Ausrüstungskarte in ihre Bestandteile auflösen und verschwinden. "Aber damit noch nicht genug!", sagt Kaiba genüsslich, "Als Nächstes benutze ich endlich meine Fusionskarte um meine Blauäugigen Ultradrachen (4500/3800) zu erschaffen! Los meine Weißen verschmelzt miteinander!" Augenblicklich ist das Spielfeld eingehüllt in ein grelles Licht, als die drei weißen Drachen zu einer einzigen gewaltigen Bestie verschmelzen. Gewaltig ragt nun das dreiköpfige Ungetüm auf dem Spielfeld auf Mit besorgtem Blick schaut Yuki zu dem Monstrum vor ihr hinüber. "Du hast wirklich Glück, dass mein Ultradrache in dieser Runde noch nicht angreifen kann", meint Kaiba geringschätzig, "Aber meine anderen beiden Drachen können es! Papageiendrache, vernichte ihr Fuchsfeuer!" Sofort fliegt das Monster empor und mit einem Sturzflug löscht es erneut den kleinen Fuchs aus. "Und da dein Fuchs nun weg ist, verliert dein Baseballspieler auch die 1000 Angriffspunkte die er durch dein Feuermonster erhalten hat. Dadurch ist er eine leichte Beute für meinen anderen Drachen. Hyosanryo, greif ihren Baseballspieler an!" Mit dem Strahl seines Hornes zielt der Drache auf die kleine Gestalt und radiert sie aus. Im gleichen Moment fallen Yukis Lebenspunkte auf 3750. "Das war die Rache für meinen Herrn der Drachen.", meint Kaiba finster, "Ich spiele noch eine Karte verdeckt und dann beende ich meinen Zug." Nun zieht Yuki eine Karte. Ihre Punkte steigen wieder. Gleichzeitig als ihre Anzeige nun 4250 aufweist, sinkt Kaibas Anzeige auf 2050. Während sie ihre neue Karte betrachtet sagt sie kein Wort. Dann fügt sie sie ihrem Blatt hinzu, da die Glocke vom Feld ist, ist sie ja nicht mehr verpflichtet sie zu zeigen. "Seto, du hast wirklich fair gekämpft", sagt sie, "Leider nützt dir das nichts mehr. Du kannst dir ja sicher denken was jetzt kommt. Eigentlich hättest du von selber daran denken können. Denn nun da dein Herr der Drachen nicht mehr auf dem Feld ist, sind auch deine Drachen nicht mehr vor Zauber und Fallenkarten geschützt. Deshalb aktiviere ich nun Schnappstahl!" "Das wagst du nicht!", grollt Kaiba gefährlich, "Wage es ja nicht mir meinen Drachen wegzunehmen!" "Tröste dich, du bekommst dafür in jeder meiner Standbyphasen 1000 Lebenspunkte gutgeschrieben", meint Yuki leichthin, "Wie du selbst sagtest, kein Fehler bleibt unbestraft." Damit schiebt sie die Zauberkarte in den Schlitz. Augenblicklich schlängelt sich ein metallenes Band von ihrer Seite aus durch die Luft und umschließt die drei Hälse des Ultradrachen mit stabilen Halsbändern, die ihn hinüber auf die andere Seite ziehen. "Dein Drache steht nun unter meiner Kontrolle!", sagt sie ruhig, "Finde dich damit ab!" Kaiba ballt die Faust. Wie kann sie es wagen? Sie hat ihm alles weggenommen und nun nimmt sie ihm auch sein stärkstes Monster, sein ein und alles! Das kann er nicht dulden! Das wird sie ihm büßen! Keinerlei Rücksicht mehr, nein, die Zeiten sind vorbei! Das bedeutet Krieg! Es langt ihm nicht mehr sie nur zu besiegen, er wird sie vollkommen zerstören! Sie soll am eigenen Leibe erfahren, wie er jemandem ergeht der schwächer ist als der andere. Er wird sie für alles bezahlen lassen, was sie ihm angetan hat! Koste es was es wolle! "Ich bin noch nicht fertig!", sagt Yuki nun, "Mein Drache darf nun gerne mal seine Stärke unter Beweis stellen. Ultradrache, greif seinen Papageiendrachen an mit deiner dreifachen Lichtblitzattacke!" Doch Kaiba ist schneller. "Das hast du dir so gedacht! Ich decke meine Fallenkarte auf: Entkräftungsschild! Na kommt sie dir bekannt vor? Das ist deine Karte. Wenn du schon meine Karte und meinen Drachen gegen mich einsetzt, dann verwende ich eben deine Karte gegen dich." Im selben Augenblick wo sich der Lichtblitz von den Mündern des Drachen löst, entsteht eine durchsichtige Barriere vor dem Papageiendrachen und fängt den Angriff ab. "Vielen Dank!", meint Kaiba spöttisch, "Durch deinen eigenen Entkräftungsschild wurde dein Angriff auf mich abgewehrt und die gesamte Angriffsstärke meines Ultradrachens wird meinen Lebenspunkten gutgeschrieben, das heißt sie erhöhen sich um 4500 Punkte!" Kaibas Anzeige rollt auf 6550. Wortlos schaut Yuki ihn an. Sie sagt nichts, doch ihre Mine verrät Traurigkeit. Was sie gerade denkt, ist nicht zu erkennen. Dann sagt sie: "Ich bin mit meinem Zug fertig!" "Na endlich meint Kaiba ungeduldig und zieht eine Karte. Etwas verstimmt stellt er fest, dass er mit der neuen Karte wenig anfangen kann. "Ich versetze meine beiden Drachen in den Verteidigungsmodus und beende dann meinen Zug. Du bist dran! Es kann nicht sein, dass deine dumme kleine Strategie doch noch aufgeht. Du wirst mich niemals besiegen!" Yuki zieht eine Karte und ihre Punkteanzahl schnellt auf 4750 hoch, doch der Effekt ihres Deckmasters kommt mit dem Effekt der Schnappstahl-Zauberkarte ins Gehege, deshalb erhöhen sich Kaibas Punkte nun ebenfalls um 500 auf nun 7050. "Also schön, zweiter Versuch!", sagt sie, "Ultradrache, vernichte seinen Papageiendrachen!" Diesmal gibt es nichts was Kaiba dagegen tun kann. Sein Drache zerspringt in viele tausend digitale Splitter. "Und genau so werde ich es mit all deinen anderen Monstern machen, Seto", sagt Yuki ernst, "Richte dich schon mal darauf ein! Du kannst nicht gewinnen! Am besten ist es, wenn du gleich aufgibst." "Aufgeben? Ich?", Kaiba schaut sie verächtlich an, "Wovon träumst du noch? Ich gebe niemals auf, verstanden? Dass ich vor dir klein bei gebe, wirst du nicht erleben, nicht in tausend Jahren!" Kaiba lässt sich nicht anmerken wie er innerlich zittert. Es sieht in der Tat schlecht aus. Hier hat er sein stärkstes Monster gegen sich und keines seiner anderen Monster ist in der Lage gegen seinen blauäugigen Ultradrachen zu bestehen. Aber das darf einfach nicht passieren! Er darf einfach nicht verlieren! Nicht jetzt, nicht so und nicht gegen sie! Schon gar nicht jetzt wo Yugi zusieht. Was für eine furchtbare Blamage wäre das? Nicht nur, dass er gezwungen wäre diesem Noah aus seinem digitalen Verwahrungsort herauszuhelfen, nein er würde auch Yuki die Genugtuung geben ihn erneut besiegt und gedemütigt zu haben, besonders nachdem er so großartig behauptet hat, das würde sie nie wieder mit ihm machen. Hinzu kommt noch, dass er sich vor Yugi gänzlich lächerlich machen würde, sollte er gegen sie verlieren. Nein, es steht einfach zu viel auf dem Spiel. Alles hängt jetzt von der nächsten Karte ab! Er schließt die Augen. Wenn jetzt nur die richtige Karte kommt! Vielleicht sollte ich es doch mal mit Yugis albernem Herz der Karten versuchen, denkt er sich, bei ihm scheint es schließlich irgendwie immer zu klappen. Er wirft einen Blick in Yugis Richtung. Der junge Mann beobachtet ihn aufmerksam. Er wirkt irgendwie besorgt, aber der Eindruck muss täuschen. Warum sollte Yugi besorgt um ihn sein? Sicherlich ist dass letzte was er will, dass sein ewiger Rivale doch noch gewinnt. Viel wahrscheinlicher ist, dass es ihm Kopfzerbrechen bereitet, ob er nicht doch noch die passende Karte zieht. Noch einmal schließt Kaiba die Augen. Bitte, nur dieses eine einzige Mal! Er versucht seine Hand ruhig zu halten als er schließlich seinen Blick auf die Karte wirft. Fast entfährt ihm ein Stoßseufzer als er sieht was er gezogen hat, doch niemand scheint es bemerkt zu haben. Dann stößt er eine kurzes, verächtliches Lachen aus. "Dein Glück hat dich endgültig verlassen. Ich habe nämlich hier in meiner Hand die Karte die dein Schicksal unwiderruflich besiegeln wird!" Mit teils kritischem, teils besorgtem Blick schaut Yuki zu ihm hinüber. "Das habe ich schon öfter von dir gehört. Beweise mir erst mal, dass das nicht wieder nur leere Worte sind." Kaibas Mine wird wieder ernst. "Dieses Mal ist es mir ernst! Ich fege dich endgültig aus dem Duell! Ich aktiviere nämlich nun die Zauberkarte: Schwerer Sturm!" Erschrocken reißt Yuki die Augen auf. "Nein, das kann nicht sein! Gerade diese Karte hast du gezogen?" "Allerdings!", sagt Kaiba kalt, "Mit dieser Karte vernichte ich sämtliche Zauber und Fallenkarten auf dem Feld. Und damit auch deine Feierlichen Wünsche und die Zauberkarte Schnappstahl!" Im selben Moment bildet sich eine scharfe Windhose auf Kaibas Spielfeldseite. Unaufhaltsam und gnadenlos fegt sie über beide Spielfeldseiten hinweg und vernichtet auf ihrem Weg Kaibas Crush-Card, Yukis Feierliche Wünsche, ihr Verbot und die Schnappstahlkarte die den Ultradrachen festhält. Kaum ist das mächtige Monster befreit wechselt es auch schon auf Kaibas Spielfelsseite zurück. Dessen Zufriedenheit darüber ist ihm deutlich anzusehen. Hoch ragen nun die beiden Drachen vor der jungen Frau auf. Sie selbst wird nur noch geschützt durch den kleinen Fuchs auf ihrer Spielfeldseite. Ihre Augen sind klar und geben Furchtlosigkeit vor, doch ihre Körperhaltung signalisiert mehr als deutlich, wie beunruhigt sie ist. Mehr als erfreut nimmt Kaiba dies zur Kenntnis. "Angst bekommen? Das solltest du auch! Und ich zeige dir auch gleich warum. Nun gehört mein Ultradrache nämlich wieder mir, so wie es sein sollte!", er schreit es fast. "Nun rettet dich nichts mehr! Ich versetze meinen Hyosanryo in den Angriffsmodus und dann ist alles, was noch zwischen deinen Lebenspunkten und meinem Blauäugigen Ultradrachen steht; dieses mickrige Flohbündel. Aber nicht mehr lange! Los mein Hyosanryo, greif ihren Fuchs an und feg ihn vom Platz!" Wieder einmal wird die vernichtende Wirkung des Drachenhorns aktiviert und mit einem gewaltigen Energiestrahl wird der kleine Fuchs pulverisiert. Kaiba ist nun ganz in seinem Element. Es ist ihm richtig anzusehen wie er diesen Kampf genießt. Ein seltsames Flackern hat sich in seine Augen geschlichen. Er legt seine ganze Leidenschaft in das was nun kommt. "Endlich ist es soweit!", ruft er feurig, "Los mein Ultradrache greif ihre Lebenspunkte direkt an und zwar mit deiner dreifachen Lichtblitzattacke!" Um die drei Münder des Drachen bilden sich leuchtende Kugeln die sich zu mächtigen, gleißenden Strahlen bündeln und kaum sind seine letzten Worte verklungen, da schießen die gebündelten Kräfte des Drache auch schon direkt auf die schlanke, junge Frau zu, die schützend ihre Hand vors Gesicht hält, als könnte sie so die Wucht des Angriffes abwehren. Doch es ist vergeblich! Die holographische Projektion des Drachen ist hier beinah wie lebensecht und so wird sie von der Wucht des Angriffes gut einen Meter nach hinten geschleudert. "Yuki!", ruft Yami besorgt auf, "Ist alles in Ordnung?" Fast will er schon zu ihr hinüberlaufen, doch da kommt schon wieder Leben in die junge Frau. "Bleib da Yugi, mir... fehlt nichts!", bringt sie hervor. Unsicher bleibt Yami stehen. Ärgerlich geht sein Blick zu Kaiba hinüber der nur mit verschränkten Armen hinter seinen Drachen steht und seine Gegnerin kaltlächelnd betrachtet. "Kaiba, das geht jetzt zu weit!", ruft er aus, "Diese Hologramme sind fast wie echt. Dieser Angriff hätte sie wirklich verletzen können. Das hier ist immer noch nur ein Spiel, und es gibt keine Rechtfertigung dafür, wenn jemand dabei ernsthaft zu Schaden kommt!" "Falsch Yugi!", sagt Kaiba kühl, "Das hier ist kein Spiel, es ist ein Kampf und er wird nur einen Sieger und nur einen Verlierer geben. Es war ihre eigene Entscheidung mich herauszufordern. Sie kennt diese Technik, sie hätte wissen müssen was dabei auf dem Spiel steht. Wenn ihr etwas geschieht, hat sie sich das selbst zuzuschreiben. Aber mir war von vornherein klar, dass sie einfach nicht das Zeug dazu hat mich zu schlagen." "Sei dir da bloß nicht so sicher!" Mühsam ist Yuki wieder auf die Beine gekommen. Sie hat durch den Sturz ein paar Schrammen abbekommen. Ein wenig zittrig hält sie ihre Duelldisk hoch. Die Anzeige auf dem Display zeigt noch genau 250. "Ich habe noch immer ein paar Lebenspunkte übrig!", sagt sie fest, "Und du bist mit deinem Zug fertig. Solange ich noch Punkte habe werde ich weiterkämpfen, verlass dich drauf!" "Warum bist du bloß so stur?", ruft Kaiba ärgerlich, "Dir sollte klar sein, dass du keine Chance mehr hast. Du hast kaum noch Lebenspunkte und ich habe mehr Monster als ich brauche um dich auszulöschen, ein für allemal! Und weißt du was, ich kann es wirklich kaum erwarten bis ich dich endlich vollkommen zertreten und zerbrochen habe! Mit leidvoller Mine richtet sie sich auf. "Warum bloß hasst du mich so sehr, Seto Tejima?", ruft sie aus, "Warum ist es dir nicht möglich mit der Vergangenheit Frieden zu schließen? Was hab ich dir denn nur getan? Sag es mir endlich! Sprich es doch wenigstens aus, verdammt noch mal!" Kaiba sagt kein Wort, aber seine Kiefer sind so fest ineinander verbissen, dass es fast schmerzt. Der Blick den er Yuki zuwirft ist tödlich und seine rechte Hand ist so sehr zur Faust geballt, dass seine Knöchel weiß hervortreten. "Mach endlich deinen letzten, jämmerlichen Zug!", sagt er mit Grabesstimme. Mehr ist aus ihm nicht herauszubekommen. Einen Augenblick hält Yukis fast flehender Blick ihn gefangen, doch dann lässt sie betrübt den Kopf hängen. Die Fransen ihres Ponys verdecken nun fast vollständig ihr Gesicht. Als sie ihre Karte zieht, wirft sie kaum einen Blick darauf. "Es tut mir alles wirklich sehr leid, Seto, auch wenn du mir das vielleicht nicht glaubst. Es war niemals meine Absicht dich so sehr zu verletzen und ich hoffe, du kannst mir irgendwann einmal verzeihen. Aber es macht mich traurig, dass du nicht einmal den Mut aufbringst mir offen ins Gesicht zu sagen, was dir so zu schaffen macht." Kaibas Gedanken rasen. Er versucht verzweifelt sie abzuwehren. Schon wieder steigen Bilder der Erinnerungen in ihm auf. Damals an diesem Baum... nein, er verdrängt es gleich wieder. Sie wird ihn nicht soweit kriegen, das wieder zurück zu holen. Es schmerzt zu sehr. Es schmerzt einfach zu sehr, verdammt noch mal! Er will davon nichts wissen und nie wieder etwas davon hören. Die Wahrheit die er sich stattdessen darübergepinselt hat ist viel einfacher zu ertragen. Nein!, ruft er sich zur Ordnung, Es ist die Wahrheit! "Ich setze ein Monster verdeckt aufs Feld und außerdem spiele ich eine Karte verdeckt!", sagt Yuki schwach, "Und damit beende ich meinen Zug!" "Deinen letzten Zug!", ergänzt Kaiba gepresst, "Jetzt bin ich dran! Wird Zeit dir den Rest zu geben!" Er blickt auf die Karte die er gezogen hat. Er lächelt kalt. "Und hier kommt auch schon das Monster, das dir endgültig das Licht ausknipsen wird! Ich beschwöre meinen: Mystischen Jin der Lampe (1800/100)!" Sogleich materialisiert sich das grüne, geistähnliche Monster auf dem Spielfeld. "Es ist aus mit dir Yuki Atsumi!", ruft Kaiba triumphierend, "Los Jin, vernichte ein für alle mal ihr Fuchsfeuer!" Die grüne Gestalt formt eine schillernde Kugel um ihre Hände und gleich darauf triff diese auf dem Fuchs auf und vernichtet ihn. "Und jetzt Hyosanryo, erledige ihr verdecktes Monster!" Mit der Macht seines Hornes richtet der Drache seinen Angriff auf die verdeckte Karte vor ihm. Als sie in ihre Einzelteile zerspringt kann man einen kurzen Blick darauf werfen, was es gewesen ist. Kaiba stutzt einen Moment. "Was? Noch ein brennender Dornenbusch? Du musst wirklich verzweifelt sein. Etwas anderes blieb dir wohl nicht übrig. Offenbar hast du deine Niederlage endgültig eingesehen. Warum solltest du dich sonst mit einem Monster verteidigen, dass mir 1000 zusätzliche Lebenspunkte gibt, wenn ich es zerstöre?" Im gleichen Moment steigt Kaibas LP-Anzeige auf 8050. Regungslos steht Yuki auf ihrer Spielfeldseite, ihr Kopf ist noch immer gesenkt. Mit einem befriedigtem Lächeln beobachtet Kaiba sie. "Damit ist nun deine letzte Verteidigung aus dem Weg geräumt. Alles was ich noch tun muss, ist meinem Drachen zu befehlen dich anzugreifen und das Duell ist zuende!" Nun hebt Yuki den Kopf. Ihr Blick ist klar aber ihre Mine spiegelt großen Kummer wieder. "Du hast recht! Wenn du mich angreifst, dann ist das Duell zuende, aber wenn du deinem Drachen befiehlst mich anzugreifen, dann wirst du verlieren!" "Lächerlich!", ruft Kaiba aus, "Du bist anscheinend vorhin auf den Kopf gefallen! Ich habe ganze 8050 Punkte und du nur lächerliche 250. Ganz gleich was für eine Karte du dort noch auf deinem Feld hast, du kannst unmöglich noch gewinnen. "Wahrscheinlich ist es ganz gut, dass ich dann deine Firma übernehme. Wie willst du eine Firma leiten wenn du nicht einmal die Zahlen in einem Duellmonsters-Spiel auf die Reihe bekommst?" "Lass das mal meine Sorge sein!", erwidert Yuki ruhig, "Ich werde meine Firma nicht verlieren. Aber wenn du darauf bestehst jetzt diesen Angriff durchzuführen, dann wirst du dieses Duell verlieren! Aber ich gebe dir noch einmal die Gelegenheit dein Gesicht zu wahren und freiwillig aufzugeben!" "Sag mal, du hast sie doch nicht mehr alle!", ereifert Kaiba sich wütend, "Du erwartest von mir dass ich aufgebe? Jetzt? Einen Angriff vom Sieg entfernt?" Dann fasst er sich wieder: "Warum rede ich eigentlich noch mit dir, ich lasse lieber Taten sprechen! Los mein Ultradrache...!" Doch Yuki unterbricht ihn: "Halt! Du wolltest es ja so! Ich aktiviere jetzt meine Falle!" Die Karte vor ihr wird aufgedeckt. "Es ist die Fallenkarte: Selbstzerstörungsknopf!" Kaum sind ihre Worte verklungen kann man sehen wie Kaiba erbleicht. Alle Farbe ist aus seinem Gesicht gewichen und ihm steht vor Schreck der Mund offen. Völlig perplex sieht er nun wie ein mechanischer roter Knopf auf dem Spielfeld erscheint. Wie in Zeitlupe nimmt er wahr wie ein virtueller Finger sich dem Auslöser nähert. Mit gesenktem Blick erklärt Yuki die Wirkung dieser Karte: "Wenn der Selbstzerstörungsknopf aktiviert wird fallen automatisch beide Lebenspunkteanzeigen auf Null. Vorraussetzung dafür ist allerdings, dass meine Lebenspunkte weniger als deine sind und die Differenz mindestens 7000 Punkte beträgt, und da ich 250 Punkte und du 8050 hast, wird der Knopf nun aktiviert!" Kaum hat sie ausgesprochen, da kommt auch schon Leben in beide Anzeigen und beide rollen solange bis sie gleichzeitig bei Null ankommen. Nur wenige Augenblicke später verlieren auch schon die Monster auf dem Feld an Schärfe und dann verschwinden sie vollkommen aus ihrem Blickfeld. Kapitel 12: Warum ich dich hasse... ----------------------------------- Noch immer steht Kaiba völlig ungläubig und fassungslos da. Einen Momentlang kann er sich noch aufrecht halten, dann knicken ihm die Knie ein. "Ich habe... verloren!", keucht er, "Nicht schon wieder! Wie ist das möglich?" Die Duelldisk an seinem Handgelenk verschwindet und gibt seinen Arm frei. Schwer stützt er sich auf dem Boden auf. Ihm ist auf einmal so schwindelig und zu allem Überfluss noch übel. Wie konnte ihm das nur passieren? Hat man ihm heute denn nicht schon genug zugesetzt? Auf einmal geraten zwei Füße in sein Blickfeld. Langsam hebt er den Blick. Es ist Yuki. Sie streckt ihm mit einem schüchternen Lächeln hilfsbereit die Hand hin. Ihre grünen Augen blitzen aufmunternd. Für einen kurzen Moment entgleisen ihm die Gesichtszüge. Unwillkürlich beginnt er zu schwitzen und sein Herz hämmert energisch in seiner Brust. Ein dicker Kloß bildet sich auf einmal in seinem Hals und es fällt ihm schwer zu schlucken. Sprachlos starrt er auf die dargereichte Hand, die ihm aufhelfen will. Warum tut sie das? Warum muss sie das gerade jetzt machen? Warum nur muss sie ihn nur so ansehen? Hat sie denn nicht schon genug angerichtet? Muss sie ihn jetzt noch mehr demütigen? Nachdem er noch einmal geschluckt hat bekommt er wieder Kontrolle über sich. Mit einer wütenden Geste schlägt er ihre Hand beiseite. Verunsichert schaut sie ihn an, doch er kommt rasch wieder von selbst auf die Füße. "Ich brauche dein Mitleid nicht!", sagt er kalt, "Es gibt überhaupt keinen Grund für so was!" "Wie du willst! Es ist deine Entscheidung!", entgegnet Yuki, "Hauptsache du hältst dich an unsere Abmachung und konstruierst für Noah einen neuen Körper." "Ich werde nichts dergleichen tun, mach dich doch nicht lächerlich!", erwidert Kaiba verächtlich, "Ich habe vielleicht nicht gewonnen, aber du ebenso wenig! Dieses Duell besagt gar nichts! Absolut nichts ist entschieden und schon gar nicht, dass ich diesem Stück... Datenschrott ein neues Zuhause bauen werde!" Nun wird Yukis Mine ernst. "Geschäft ist Geschäft und ein Deal ist ein Deal!", erklärt sie fest, "Und unser Deal war, dass du meine Firma und meine VR-Technik bekommst, wenn du gewinnst, aber dass du Noah einen neuen Körper baust, falls du mich nicht besiegst! Und du hast mich ganz eindeutig nicht besiegt!" Wie vom Donner gerührt steht Kaiba da. Für einen Moment hat er völlig die Sprache verloren. Hinter seiner Stirn scheint es heftig zu arbeiten. Schließlich kann er die Benommenheit abschütteln. "Du hast mich ausgetrickst!", sagt er leise, "Du hast mich wiedereinmal hereingelegt! Das hast du von Anfang an geplant gehabt. Du hast es darauf angelegt meine Punkte zu erhöhen und deine zu verringern, und ich Narr hab dir sogar dabei geholfen! "Es war genau so sehr dein Ziel meinen Schnappstahl zu erhalten, wie mir deinen Entkräftungsschild zukommen zu lassen. Und dann hast du mich noch in Sicherheit gewiegt und mich glauben lassen, ich hätte eine Chance dich mit meinem Ultradrachen zu besiegen. Dabei war es doch genauso dein Plan, deine Punkte durch meinen Drachen soweit zu reduzieren, dass du deine Falle spielen konntest, hab ich nicht recht!" Leicht nickt Yuki: "Ja du hast recht! Das war mein Plan. Ich kenne dich so gut, dass es nicht schwer war deine Züge vorauszuahnen." Kaiba verkrampft sich. Energisch wendet er sich ab. Er scheint schwer um seine Fassung zu ringen. "Ich habe dich ganz eindeutig nicht besiegt!", presst er hervor, "Du hast mich doch das ganze Duell lang am Gängelband entlang geführt, und ich habe dir vollkommen ahnungslos aber umso effektiver zugearbeitet. Ich habe... versagt und das auf ganzer Linie!" Zögernd macht Yuki einen Schritt auf ihn zu. "Du hast ein hervorragendes Duell bestritten!", versucht sie ihn zu ermutigen, "Seit langem hatte ich nicht mehr eine solche Herausforderung! Du bist ein ausgezeichneter Duellant, das nächste Mal wirst du wieder derjenige sein der gewinnt!" Mit einem Ruck fährt Kaiba herum. Nun liegt unverhehlter Hass auf seinem Gesicht. "Hör auf mich zu verspotten!", schreit er, "Du bist noch genau so schlimm wie damals! Es bereitet dir doch Vergnügen mich zu erniedrigen und zu demütigen. Willst du mich nicht lieber auslachen wie damals? Das ist immerhin noch leichter zu ertragen als dieses entwürdigende Gutzureden von dir! Reicht es dir denn nicht, dass du damals mein Leben, so wie es mal war, zerstört hast? Musst du mich nun wieder so demütigen?" Jetzt wird auch Yuki wütend: "Ich will dich doch gar nicht demütigen, du dämlicher Sturkopf! Alles was ich will ist, dass du endlich aufhörst um den heißen Brei herumzureden. Wenn du ein Problem mit mir hast, dann sag es endlich!" Mit einer wütenden Geste schlägt Kaiba in die Luft: "Warum sollte ich das tun? Warum willst du mich unbedingt zwingen, mich an Dinge zu erinnern die längst der Vergangenheit angehören?" "Weil... du dir da krampfhaft Sachen einredest die einfach nicht wahr sind!", ruft Yuki händeringend. Einen Momentlang scheint Kaiba mit sich zu ringen. Dann sagt er mühsam beherrscht: "Alles woran ich mich erinnere ist, dass du damals in dem Arbeitszimmer deines Vaters versprochen hast, mir den Weißen Drachen mit eiskaltem Blick zu schenken sobald du ihn bekommen würdest. Doch du kannst jetzt gerne zugeben, dass du niemals vorhattest dein Versprechen zu halten. Ich war es in deinen Augen doch nicht wert diese Karte zu besitzen; du selbst hast das damals gesagt an dem Tag im Waisenhaus, als wir uns das letzte Mal gesehen haben. Streite es bloß nicht ab, deine eigene Technik hat mir die Wiederholung davon gezeigt! "Doch wie du siehst hat sich das inzwischen geändert. Ich bin der Leiter eines weltweiten, erfolgreichen Großunternehmens und zudem der alleinige Besitzer der drei einzigen Weißen Drachen mit eiskaltem Blick die noch existieren. Das bedeutet, dass ich nun doch den Drachen deines Vaters besitze. Und all deine Mühen ihn mir vorzuenthalten waren also letztendlich vergebens. "Inzwischen sollte es mehr als deutlich sein, dass ich zu einer Person geworden bin die es wert ist diese Karte zu besitzen. Wie sonst währe ich auch in ihren Besitz gekommen. Dabei muss ich allerdings erwähnen, dass ich den einen Drachen nicht von deinem Vater erhalten habe. Es gab andere arme Irre die so dumm oder so verzweifelt waren, mir schließlich ihren Drachen zu überlassen." "Aber das wollte ich dir doch schon die ganze Zeit sagen!", fällt Yuki ihm jetzt ins Wort, "Ich konnte dir den Weißen Drachen damals gar nicht geben, denn... ich habe ihn ja selbst nicht erhalten." Überrascht wendet Kaiba sich zu ihr um: "Was soll das heißen?" Yuki ballt die Faust. "Erinnerst du dich? Wir haben erst eine Weile nach dem Tod deiner Eltern von dem Unglück erfahren, denn ich war damals gemeinsam mit meinem Vater im Ausland auf Geschäftsreise. Die Geschäfte liefen nicht gut für ihn damals. Er wollte Schadensbegrenzung betreiben. Und es blieb ihm einfach nichts übrig als seinen Weißen Drachen mit eiskaltem Blick an seinen Schuldiger, einen gewissenlosen Sammler, zu verkaufen. "Ich flehte meinen Vater an es nicht zu tun. Ich wusste doch, dass ich versprochen hatte ihn dir zu schenken und wie sehr du ihn dir gewünscht hast. Aber es blieb ihm keine andere Wahl, er musste es tun. Ich war verzweifelt! Ich wusste einfach nicht wie ich dir das beibringen sollte, besonders als wir die Nachricht vom Tod deiner Eltern erhielten. Mir war klar, dass ich dir das nicht auch noch antun konnte. "Also beschloss ich so zu tun, als müsstest du dir den Drachen erst noch ein bisschen verdienen. Ich hoffte, dass es meinem Vater bis dahin gelingen würde den Drachen wieder zurückzukaufen, doch dazu ist es niemals gekommen." "Und das soll ich dir glauben?", ruft Kaiba aus, aber seine Stimme schwankt leicht. "Es ist die Wahrheit!", gibt Yuki zurück. Kaiba steht regungslos da. Alle Augen sind nun auf ihn gerichtet um zu sehen wie er reagiert. Sein Herz rast und seine Handflächen werden feucht. Kann er es riskieren ihren Worten zu trauen? Nein, das kann nicht stimmen! Auf keinen Fall hat sie sich damals solche Gedanken um ihn gemacht! Das würde gegen alles sprechen was er jemals von ihr gedacht hatte. Jemals? Nein nicht immer, es gab mal eine Zeit da... nein, sie beide sind niemals Freunde gewesen! Nein, nein, nein! Es vergeht eine lange Zeit bis er wieder zu ihnen hinüber blickt. "Du hättest mir das sagen sollen!", sagt er schließlich, "Aber anscheinend war es dir lieber, mich offen und mit aller Macht vor den Kopf zu stoßen. Endlich konntest du dein wahres Gesicht zeigen und mich wissen lassen was du wirklich von mir denkst." Fassungslos schüttelt Yuki den Kopf: "Du glaubst wirklich noch immer, dass ich dich damals nur ausgenutzt habe und du das arme Opfer warst? Dann werde ich dir etwas zeigen, was dich vielleicht endgültig vom Gegenteil überzeugen wird!" Mit einer leichten Bewegung ihrer Hand befinden sie sich auch schon wieder in der Nähe des schicksalhaften Baumes. Kaiba reißt die Augen auf und es kommt wieder Leben in ihn. "Nein, das wirst du bleiben lassen!", ruft er drohend, "Komm nicht auf die Idee mir das noch einmal zu zeigen!" "Ich habe auch gar nicht vor, dir deine Rettungsaktion noch einmal zu zeigen", entgegnet sie ernsthaft, "Ich werde dir zeigen was davor geschah, denn offenbar hast du das ja vergessen." "Wag das ja nicht!", meint Kaiba gefährlich. "Warum nicht?", kommt es eben so ernst zurück. Kaibas Mine ist in Aufruhr: "Weil ich das nicht sehen will, klar? Ich will es nicht sehen und nie wieder daran denken!" "Warum denn nicht, Seto?", ruft Yuki fast verzweifelt, "Das was damals geschah, das war die Wahrheit, nicht das was du dir jetzt so krampfhaft einredest!" Neben dem Baum erscheinen drei Gestalten. Der junge Seto, Yuki und der kleine Mokuba. Doch auf einmal beginnen die Gestalten zu flackern. Yukis Blick geht zu Kaiba, er wirkt ungeheuer konzentriert und vor allem wütend. "Ich will das nicht sehen, verstanden? Und ich lasse es auf keinen Fall zu, dass du mich dazu zwingst!" Die Gestalten verschwinden wieder, Kaibas Wille ist stärker als das Programm. Einen Augenblick lang sagt Yuki nichts, dann atmet sie tief durch und geht langsam auf Kaiba zu. Mit einer angewiderten Mine sieht er ihr entgegen, er ist so angespannt, dass er fast zittert. Schließlich steht sie vor ihm. Erst schaut sie ihn nur mit großen, kummervollen Augen an, dann legt sie ihm sanft die ausgestreckte Hand auf die Schulter und sagt: "Seto, lass es einfach geschehen! Du musst es einfach akzeptieren!" Einen Momentlang herrscht Stille. Unfähig sich zu bewegen starrt Kaiba sie an. Dann plötzlich mit einem scharfen Ausatmen entweicht der verzweifelte Wiederstand aus seinem Körper und kraftlos lässt er den Kopf hängen und wendet sich ab. Die Gestalten unter dem Baum erscheinen wieder. "Das ist echt toll hier, Seto!", ruft Mokuba gerade begeistert, "Vielen Dank, dass du mich mitgenommen hast!" Der junge Seto lächelt mild. "Schon gut Moki, drinnen ist es eh zu öde bei dem schönen Wetter. Yuki und ich waren schon oft hier draußen. Es ist echt klasse hier! Hinter dem Hügel ist sogar ein Fluss." "Was wirklich?", Mokuba bekommt leuchtende Augen. "Ja", bestätigt Seto, "Du kannst ja was spielen gehen. Ich muss nur kurz was mit Yuki bereden, dann geh ich mit dir zum Fluss runter!" "Toll!", ruft Mokuba und strahlt. Er packt seinen kleinen Papierflieger fester und läuft auf die Wiese. Unsicher schaut Seto zu Yuki hinüber die ihn scheu anlächelt. Zögernd nehmen sie beide neben dem Baum Platz. "Also was willst du mir sagen?", fragt Yuki schüchtern. "Na ja...", meint Seto nun und druckst etwas herum. Dann fasst er sich ein Herz. "Weißt du, ich wollte dir nur sagen, dass ich dir dankbar bin, dass du immer noch mit mir spielst. Ich weiß ja, dass ich nicht mehr so viel Zeit für dich habe, seit mein kleiner Bruder da ist. "Meine Eltern sind ja nur so selten da und da muss ich ja immer auf ihn aufpassen. Du bist die Einzige die überhaupt noch mit mir spielt. Die anderen Kinder aus meiner Klasse, haben keine Lust darauf zu warten, dass ich irgendwann mal Zeit habe, aber zu dir darf ich immer kommen. Dafür wollte ich dir danken!" Verdattert schaut das kleine Mädchen ihn an. Schließlich fängt sie sich wieder. "Das... ist doch kein Problem, Seto! Schließlich sind wird doch Freunde und ich... hab dich wirklich gerne! Mit mir will doch sonst auch keiner spielen, die denken doch alle nur weil ich in einer Villa wohne, wäre ich ein Snob, dabei kann ich doch nichts dafür, dass mein Vater so reich ist. Aber mit dir kann man immer so toll spielen, und du bist so ein... lieber Kerl, und du passt immer so gut auf deinen kleinen Bruder auf, das find ich echt toll!" Verlegen schaut der junge Seto zur Seite: "Ach was, du bist doch kein Snob, Yuki!", meint er, "Mit dir kann man auch ganz toll spielen. Und ich... hab dich wirklich auch ganz gerne!" Mit großen, grünen Augen schaut sie ihn an: "Ist das wahr?" Seto nickt schüchtern. Dann kramt er in seiner Hosentasche und nach kurzem Suchen und umständlichen Verrenkungen fördert er einen kleinen Gegenstand zutage. "Ich... hab hier etwas für dich! Als Dank dafür, dass du mir den Weißen Drachen mit eiskaltem Blick schenken willst, sobald du ihn hast. Es ist... nichts besonderes und es ist auch kein bisschen so viel wert wie der Drache, aber ich möchte trotzdem, dass du ihn bekommst. Er soll zeigen... wie viel du mir bedeutest und wie dankbar ich dafür bin, dich zur Freundin zu haben!" Mit einem schüchternen Lächeln streckt der junge Seto seine offene Hand aus. Yukis Augen werden groß. In seiner Handfläche liegt ein kleiner, glitzernder Plastikring mit einem roten Stein. Behutsam nimmt sie den Ring in die Hand. "Seto!", haucht sie ungläubig, "Der ist ja wunderschön! Vielen, vielen Dank!" Man kann sehen wie zufrieden der Junge mit ihrer Reaktion ist; ein schwerer Stein scheint ihm vom Herzen zu fallen. Rasch steckt das Mädchen den Ring an den Finger; er passt wie angegossen. "Den wird ich von nun an immer tragen!", ruft sie entzückt aus, "Ich weiß gar nicht wie ich dir danken soll, Seto! Du bist wirklich der aller, allerliebste Freund den man haben kann!" Mit diesen Worten beugt sie sich zu ihm hin und noch ehe er weiß wie ihm geschieht, hat sie ihm einen herzlichen Kuss auf die Wange gedrückt. Seto errötet, er kann es nicht verhindern. Mit knallrotem Gesicht wendet er sich ab. "Es freut mich, wenn er dir gefällt", sagt er verlegen. Dann atmet er einmal tief durch und schaut sie wieder an. Behutsam nimmt er ihre Hand mit dem Ring in die Hand und meint dann: "Ich möchte, dass dich dieser Ring immer an unsere Freundschaft erinnert und egal was passiert, wir werden immer Freunde bleiben, das verspreche ich dir!" Dabei schaut er ihr fest in die Augen. Die junge Yuki erwidert seinen Blick. In seinen wasserblauen Augen ist nichts als offene Herzlichkeit und Arglosigkeit zu erkennen. Zunächst bringt sie kein Wort heraus, dann drückt sie seine Hand etwas fester: "Versprochen!" In genau diesem Augenblick ertönt ein spitzer Schrei und beide Gesichter fahren erschrocken herum. Doch im gleichen Moment friert die Szenerie ein und verblasst dann langsam. Aufmerksam haben die vier Beobachter das Geschehen verfolgt. Nun wenden sich alle Blicke Kaiba zu. Mit gesenktem Kopf steht der junge Mann da. Sein Gesicht ist nicht zu erkennen, aber seine Haltung wirkt kraftlos und er atmet tief ein und aus, als ringe er um seine Fassung. Eine bedrückende Stille liegt über der Ebene. Schließlich bricht Yuki das Schweigen. "Glaubst du mir immer noch nicht, dass wir Freunde waren, Seto?", fragt sie behutsam. Nun hebt Kaiba den Kopf. Um seine Mundwinkel zuckt es merklich. Einmal noch atmet er tief ein, dann sagt er mit unverkennbarer Bitterkeit in der Stimme: "Doch, ich weiß, dass wir mal Freunde waren. Das wusste ich die ganze Zeit. Aber seit dem Tag als wir uns zum letzten Mal gesehen haben, habe ich alles versucht um das zu vergessen. "Besonders diesen Tag wollte ich aus meinem Gedächtnis streichen. Es war der Tag meines Lebens, den ich im nachhinein am meisten bereut habe." "Weil du mich nach dem Vorfall im Fluss, so sehr vor den Kopf gestoßen hast?", fragt Yuki, "Weil du mir nur ein paar Minuten zuvor versprochen hattest, dass wir immer Freunde bleiben würden, ganz gleich was geschieht, und mich dann danach voller Verachtung davongejagt hast?" Bitter lacht Kaiba auf: "Ganz sicher nicht! Es war ja deine Schuld! Zumindest... hab ich mir das eingeredet." Mit leidvoller Mine wendet er den Blick ab. "Im Grunde wusste ich immer, dass es meine Schuld war. Ich hätte auf Mokuba besser aufpassen müssen! Ich war schließlich für ihn verantwortlich. Aber... ich wollte unbedingt einmal etwas Zeit mit dir allein verbringen. "Ich hatte solche Schuldgefühle, dass ich dich so lange vernachlässigt hatte und ich wollte es wieder gut machen. Mir waren meine eigenen Wünsche wichtiger als Mokuba und so war es mir egal was er machte, solange es nur für einen Augenblick zwischen uns sein konnte wie zu der Zeit wo er noch nicht da war. "Aber weil ich so egoistisch war, hätte ich beinah meinen kleinen Bruder verloren. Ich habe mir hinterher solche Vorwürfe gemacht. Der Gedanke, ihn zu verlieren, hat mir fast den Verstand geraubt und auch die Tatsache, dass ich dann dafür verantwortlich wäre. Also redete ich mir ein, dass das Ganze deine Schuld war, denn schließlich warst ja du der Grund dafür, weshalb ich mich nicht um meinen Bruder gekümmert habe. Hinterher kam ich mir dumm und töricht vor, deine Gesellschaft vor die Sicherheit und das Wohlergehen meines kleinen Bruders gestellt zu haben und wie sich später herausstellte, war mein Gefühl ja richtig!" Beunruhigt schaut Yuki ihn an. "Was meinst du damit?" Sie kommt einen Schritt näher. "Seto, sag mir endlich was mit dir los ist! Ich bitte dich, rede mit mir! Was hat dich so sehr verletzt, dass du es für besser gehalten hast, unsere Freundschaft für immer aus deinem Gedächtnis zu verdrängen?" Scharf funkelt Kaiba sie an. "Tu doch nicht, als wüsstest du das nicht!" Mit großen kummervollen Augen hält sie seinem Blick stand, aber sie sagt nichts. "Du willst es wirklich wissen?", zischt Kaiba, "Ich zeig es dir!" In die Landschaft um sie kommt Bewegung. Ein heftiger Wind kommt auf der die vier beinah von den Füßen fegt. Yami und Noah haben alle Mühe nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Schließlich kommt die Kulisse wieder zur Ruhe. Vor ihnen sehen sie erneut das Waisenhaus in dem Seto und sein kleiner Bruder nach dem Tod ihrer Eltern eine Zeitlang verbracht haben. Auf dem kleinen, asphaltierten Spielplatz daneben sehen sie zwei Gestalten: Yuki und Seto. Gerade sagt das Mädchen: "Wer möchte schon mit einer Heulsuse wie dir befreundet sein? Zeig mir erst mal, dass du nicht so ein Weichling bist wie ich immer dachte." Dann wendet sie sich kühl ab und geht davon. "Vorher werd ich dich auch nicht mehr besuchen kommen. Leb wohl Seto!" Erneut beobachten Kaiba und die anderen wie der kleine Junge auf der Schaukel mit Tränen in den Augen und schniefender Nase ihr hinterher blickt. "Nein geh nicht!", flüstert er, "Ich kann auch anders sein. Ich kann mich verbessern. Eines Tages werde ich es wert sein, dein Freund zu sein!" Doch das Mädchen, dass mit erhobenem Kopf auf die schwarze Limousine zusteuert die vor dem Tor steht, macht keine Andeutungen, dass sie ihn gehört hätte. Ohne sich noch einmal umzudrehen öffnet sie die Autotür und steigt ein. In diesem Moment erscheint auf dem Spielplatz ein Mann in einem vornehmen Anzug und schaut ihr hinterher während er auf den Jungen auf der Schaukel zugeht. Schließlich steht er neben ihm. Mit rotgeweinten Augen blickt Seto zu Yukis Vater hinauf. Nun bückt sich der Mann auf Setos Augenhöhe hinab. "Kopf hoch mein Junge!", meint er ermutigend, "Ich habe gerade mit der Heimleitung gesprochen und ihnen gesagt, dass sie dich und Mokuba gut behandeln sollen." "Der Junge schnieft einmal vernehmlich und wischt sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. "Hast du dich von Yuki verabschiedet?", fragt der Vater nun weiter, "Dann werden wir jetzt fahren. Wenn ihr irgendetwas brauchen solltet, dann ruft einfach an!" Er richtet sich wieder auf. Tief unglücklich blickt der Junge zu ihm auf. Seine Augen scheinen den Mann wortlos um Hilfe anzuschreien. Die Mine des Mannes wird nun ebenfalls betrübt. "Glaub mir", beginnt er, "Mir tut es wirklich sehr leid für euch, was mit euren Eltern passiert ist. Du warst so oft bei uns, dass ich dich fast schon als meinen eigenen Sohn ansehe, und ich würde dich und deinen Bruder am liebsten auf der Stelle adoptieren und mit zu uns nehmen. "Aber leider ist das unmöglich. Ich habe zwar keine Ahnung warum, aber vorhin als ich diese Idee zur Sprache brachte, hat Yuki mich fast auf Knien angefleht, dass ich dich auf keinen Fall adoptieren soll." Man kann sehen wie dem Jungen nun gänzlich die Gesichtszüge entgleisen. Doch der Mann klopft ihm nun aufmunternd auf die Schultern und wendet sich dann zum Gehen. Mit bleichem Gesicht und geröteten Augen muss der junge Seto sehen, wie der Mann zur Limousine hinüber geht, einsteigt und dann schließlich das Auto den Hof verlässt um dann für immer aus seinem Blickfeld zu verschwinden. Kaum ist das geschehen, da verblassen auch schon die Personen vor den Augen der Beobachter. Fassungslos starrt Yami nun Yuki an. Er kann nicht glauben, was er gerade gehört hat. Bis eben hat auch er geglaubt was sie bisher gesagt hatte, doch diese neue Wendung stellt das alles wieder in Frage. Warum hat sie Kaiba nicht helfen wollen? Ob er doch mit allem recht gehabt hat? Kein Wunder, dass er eine solche Wut auf sie hat. Schweigend steht Yuki da und blickt zu Boden. Mit grimmiger Mine funkelt Kaiba sie an. "Willst du etwa behaupten, dass das auch nicht passiert ist, Yuki?", sagt er nun mühsam beherrscht. Yukis Mundwinkel zucken und sie zittert leicht. "Mein Vater...", bringt sie hohl hervor, "Ein herzensguter Mensch aber leider nicht das kleinste bisschen Taktgefühl!" Das ist zuviel für Kaiba. "Taktgefühl?", schreit er auf, "Was hat das mit Taktgefühl zu tun? Die ganze Zeit erzählst du mir schon wir wären Freunde gewesen und es gab tatsächlich mal eine Zeit, wo ich das auch geglaubt habe. Aber das da hatte nicht das Geringste mit Freundschaft zu tun! Nach dem Tod unserer Eltern, war ich am Boden zerstört. Ich hatte keine Ahnung was aus uns werden sollte. Unsere Eltern waren arm, sie hatten nichts was sie uns hinterlassen konnten. Es gab ja noch nicht einmal Verwandte die sich unser annehmen konnten. "Ich war nun der einzige der sich noch um Mokuba kümmern konnte. Ich wusste, dass es meine Aufgabe als großer Bruder war ihm über diese schwere Zeit hinwegzuhelfen. Aber ich war noch ein Kind! Ich habe meine Eltern so sehr vermisst, wie du es dir gar nicht vorstellen kannst und ich hatte nicht die geringste Ahnung wie es nun weitergehen sollte! "Ich hatte so sehr gehofft, dass ich mich auf dich verlassen könnte, denn ich dachte wir wären Freunde, egal was kommt. Wir hatten uns geschworen immer füreinander da zu sein und ich war mehr als bereit und entschlossen dieses Versprechen einzuhalten, aber dann als ich dich am meisten gebraucht habe, da hast du mich einfach hängen lassen! Du hast mich im Stich gelassen und das habe ich niemals verstanden!" Mit bleichem Gesicht steht Yuki nun vor ihm. "Du hast recht, Seto, es war ein Fehler. Von dem Gespräch zwischen dir und meinem Vater wusste ich nichts. Hätte ich geahnt was er dir gesagt hat, hätte ich früher erkannt was der Grund für dein Verhalten war und vielleicht wäre dann alles anders gekommen. Aber du musst mich verstehen, ich habe damals eine schwere Entscheidung treffen müssen... und offenbar war es die falsche." "Entscheidung?", Kaiba schnappt nach Luft, "Was für eine Entscheidung? Du hast mich eiskalt abserviert!", seine Stimme zittert, "Ich war am Boden und du hast mir noch einen Tritt gegeben. Ich dachte wirklich wir wären... Freunde." Seine Stimme bricht. Hastig wendet er sich ab. Unschlüssig schauen die drei auf seinen Rücken. Wage sieht man wie seine Schultern beben. Zaghaft macht Yuki ein paar Schritte auf den jungen Mann zu. "Seto...?", versucht sie es erneut, "Es tut mir wirklich schrecklich leid! Aber du musst das verstehen, ich hatte einfach... keine andere Wahl!" Hastig fährt sich Kaiba mit der Hand über das Gesicht dann dreht er sich wieder zu ihr um. Schwach schüttelt er den Kopf. In seinen blauen Augen liegt nun nichts mehr als tiefer Seelenschmerz. "Warum Yuki?", fragt er mit hohler Stimme, "Warum hast du mir das angetan? Warum hast du mich im Stich gelassen, als ich dich am meisten brauchte?" Nun ist es Yuki die es nicht über sich bringen kann zu antworten. Sie beißt sich auf die Lippen und wendet den Blick ab. Ihre Hände sind zu Fäusten geballt. "Ich... kann es dir nicht sagen", stößt sie schließlich hervor. Doch Kaiba gibt sich damit nicht zufrieden. Mit wenigen Schritten ist er bei ihr und packt grob ihr Handgelenk. "Warum hast du das getan?", schreit er sie an, "Sag mir endlich warum!" Vergeblich versucht sie sich aus seinem Griff zu entwinden. "Ich kann nicht!", schreit sie zurück. In ihren Augen liegt ebenfalls Schmerz. "Sag es mir! Auf der Stelle!", sein Griff wird immer fester und seine Augen halten sie ebenfalls gefangen, so dass es kein Entkommen gibt. Yuki wendet ruckartig das Gesicht ab. Diese tiefe Verzweiflung in seinem Blick erträgt sie nicht länger. "Lass mich! Ich kann es dir einfach nicht sagen!", wehrt sie erneut ab. Doch nun packt er auch ihren anderen Arm mit der Hand, so dass ihr nichts anderes übrig bleibt als ihn anzusehen. Was sie jedoch sieht verschlägt ihr zunächst die Sprache. Über die Wange ihres Jugendfreundes rollt eine einzelne Träne, die jedoch mehr von dem Schmerz und Leid des sonst so stolzen, jungen Mannes preisgibt, als er jemals mit Worten ausdrücken könnte oder würde. "Bitte Yuki!", flüstert er, "Ich muss es einfach wissen. Ich denke das bist du mir schuldig! Wir waren die besten Freunde. Wir haben alles zusammen gemacht und alles geteilt. Warum hast du dann deinen Vater angefleht, uns nicht zu adoptieren?" Yuki blickt mit klopfenden Herzen in seine feuchtglänzenden, blauen Augen und erkennt deutlich wie verzehrend er auf diese Frage eine Antwort sucht. Nein, diesen flehenden Blick erträgt sie nicht länger. Mit einem Ruck reißt sie sich los. Er wehrt sich nicht länger. Nun spürt sie wie auch ihre Augen sich mit Wasser füllen. "Weil...", beginnt sie stockend, doch dann bricht es mit einem Schluchzen aus ihr heraus, "Weil ich dich nicht als Bruder haben wollte!" Für einen Moment ist das einzige Geräusch, dass zu hören ist Yukis verzweifelter Versuch ihre Tränen zurückzudrängen. Alle Augen ruhen nun auf ihr. Noahs Gesicht ist ausdruckslos, und lässt nicht erkennen was er denkt. Yami allerdings steht die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Das versteh ich einfach nicht!, denkt er bei sich, Das macht doch gar keinen Sinn! "Warum will sie ihn nicht als Bruder haben?", meldet nun auch Yugi sich wieder zu Wort, "Sie hat doch die ganze Zeit gesagt wie gut sie mit ihm befreundet war. Die beiden standen sich anscheinend mal recht nah und trotzdem reicht es nicht aus um ihn in ihre Familie aufzunehmen?" "In der Tat seltsam!", gibt auch Yami zu, "So wie sie sich bisher aufgeführt hat, hatte ich angenommen, dass ihr die Freundschaft mit Kaiba sehr wichtig war und ist. Die ganze Zeit schon versucht sie die Kluft zwischen ihnen zu kitten, warum stößt sie ihn jetzt erneut so vor den Kopf?" Seine Augen weiten sich als ihm plötzlich etwas einfällt: "Es sei denn..." Kaiba scheint von all dem jedoch nichts bemerkt zu haben. Sein Blick ist noch immer unverwandt auf Yuki gerichtet. Doch nun wendet er sich steif ab: "Also hatte ich doch recht! Dir ist es niemals ernst mit unserer Freundschaft gewesen. Irgendwie hab ich das immer geahnt, doch nach diesem Tag hatte ich Gewissheit. "Auf einmal erkannte ich die ganze Wahrheit und so sehr es auch zunächst schmerzte, ich lernte die Wahrheit zu akzeptieren und alles was wir gemeinsam erlebt hatten endlich aus der richtigen Perspektive zu sehen. Ich fand mich damit ab, dass Freundschaft nur eine Illusion ist und letztendlich nur zu Enttäuschungen führt. Und ich schwor mir, dass mir so etwas niemals wieder passieren würde! "Wer sich auf Freunde verlässt ist verlassen, das habe ich damals erkannt. Also entschloss ich mich, zu meinem und Mokubas Besten, jemand zu werden, der es nicht nötig hat auf Freunde angewiesen zu sein. Wer Gefühle ins Spiel bringt, macht sich verletzlich. Nie wieder würde man mich verletzen, das stand eindeutig für mich fest!" Mit feuchten Augen hat Yuki ihm zugehört: "Oh, Seto!", flüstert sie, "Was habe ich dir nur angetan?" Dann kommt wieder Leben in sie. Ihr Entschluss ist gefasst. Sie vollführt eine rasche Handbewegung und neben Kaiba entsteht eine braune Holztür. Überrascht schaut er auf, doch noch bevor er richtig begreifen kann wie ihm geschieht, ist Yuki auch schon neben ihm, packt ihn am Arm und zieht ihn energisch mit sich durch die Tür. "Entschuldigt uns mal für einen Augenblick!", ruft sie noch, dann sind die beiden auch schon aus dem Blick der anderen beiden verschwunden. Verdutzt beobachtet Yami wie sich die Tür vor ihren Augen auflöst. "Was soll das denn nun wieder? Wohin will sie denn mit ihm?" Doch dann fällt sein Blick auf Noahs Gesicht und er hebt überrascht die Brauen. Noah steht noch immer am selben Fleck und hat die Arme verschränkt, aber nun schmunzelt er. "Dämliche Flimmerkiste!", schimpft Jonouchi, "Wohin sind die beiden denn jetzt verschwunden? Gerade jetzt wo es spannend wird!" Ungehalten schlägt er auf das Gehäuse des Monitors. "Wenn du weiter auf den Apparat einschlägst, werden wir bald gar nichts mehr sehen können", tadelt Honda. "Mir doch Wurscht!", mosert Jonouchi, "Ich will wissen wie es weitergeht. Das ist besser als jede Seifenoper. Hätte nicht gedacht, dass es jemanden gibt der diesen chronisch unterkühlten, besserwisserischen Wichtigtuer mal zum Weinen bringen könnte." "Stimmt, diese Yuki hat ihn wirklich tierisch in die Mangel genommen", bestätigt Honda, "Ich bin ja schon bei diesem Duell ins Schwitzen gekommen, wie muss es da erst Kaiba ergangen sein?" Grinsend schaut Jonouchi auf: "Hast du sein Gesicht gesehen als ihm klar wurde, dass er verloren hat? Dieses Bild werde ich mir merken für Momente in denen mich sonst nichts mehr aufheitern kann." "Genau!", gibt Honda ihm recht, "Sie hat ihn ganz schön ausgetrickst. Dieser kleine Dämpfer war schon längst mal überfällig, meinst du nicht auch Anzu?" Doch die junge Frau bedenkt die beiden nur mit einem missmutigem Blick. "Hey Anzu, stimmt was nicht?", fragt Jonouchi nun. "Ihr beide solltet euch wirklich schämen!", funkelt sie. Verdutzt schauen sich die beiden an. "Hmh? Hab ich was nicht mitgekriegt? Warum bist du denn so stinkig?", will Jonouchi wissen. "Ganz einfach!", erklärt sie, "Wenn ihr genau aufgepasst hättet, dann hättet ihr mitbekommen, dass Kaiba im Grunde nur ein ganz armer Kerl ist. Er hat es in seinem Leben immer sehr schwer gehabt und er musste einiges durchstehen. Dass er so geworden ist wie er nun mal ist, war eben seine Art damit umzugehen. Und es steht uns wirklich in keinster Weise zu, deswegen hinter seinem Rücken über ihn herzuziehen!" "Schon gut!", schmollt Jonouchi, "War ja nicht wirklich bös gemeint! Er ist zwar n Ekel aber er hat ja wohl Gründe dafür. Ich hoffe nur, dass diese Atsumi bald mit ihm fertig ist, oder sich zumindest mal wieder blicken lässt, die Neugierde bringt mich nämlich um!" Kapitel 13: Aussprache ---------------------- Die digitale Tür öffnet sich und heraus tritt Yuki, gefolgt von einem ziemlich überrumpelten Seto der ihr hinterdreinstolpert. Kaum sind sie hindurchgetreten, als die Tür auch schon wieder verschwindet. Sie stehen auf einer hellen Waldlichtung und um sie her befindet sich ein lichter Laubwald. Verstimmt richtet Seto sich wieder auf. "Was soll das jetzt wieder?" Nun dreht sie sich zu ihm um und schaut ihn fest an. "Wir müssen reden, Seto!" Finster erwidert er ihren Blick: "Wir reden schon die ganze Zeit und gebracht hat es nichts, außer schmerzvollen Erinnerungen." Sie nickt traurig: "Ich weiß! Und ich kann dir gar nicht sagen wie leid mir das tut. Aber du hast recht. Ich schulde dir eine ehrliche Erklärung dafür." Skeptisch blickt der junge Mann sie an: "Da bin ich jetzt aber mal gespannt!" Sie schluckt einmal schwer. "Weißt du, ich habe dich immer bewundert. Schon vom ersten Tag als wir uns getroffen haben. Du warst unglaublich intelligent und so begabt und genial was jegliche Art von Spiel anging. Man sagte mir zwar auch nach, dass ich hochbegabt sei, aber du hast mich um Längen übertroffen." Kritisch lauscht er ihren Worten. "Man hätte annehmen können, dass ich deshalb eifersüchtig auf dich gewesen bin, aber das war nicht so. Ich habe höchstens mit dir konkurriert." Sie hebt den Blick und schaut ihn direkt an. "Im Grunde hat es mit tierischen Spaß gemacht mit einem so ausgezeichneten Spieler zu spielen. Und ich wusste, ich würde niemals deine Klasse erreichen. "Zunächst habe ich nur dein Talent bewundert, doch dann wurde Mokuba geboren. Ich gebe ja zu, dass ich erst wirklich eifersüchtig auf ihn war, schließlich hatte er nun deine ganze Aufmerksamkeit und Zuneigung. Aber dann mit der Zeit... habe ich gesehen wie liebevoll du mit ihm umgegangen bist und wie rücksichtsvoll, verantwortungsvoll und erwachsen du dich immer verhalten hast und ich war unglaublich beeindruckt davon." Schweigend hört Seto ihr zu. Auf einmal fällt ihm einfach keine bissige Bemerkung mehr dazu ein. Stattdessen kriecht nun ein recht mulmiges Gefühl in ihm auf. Worauf will sie eigentlich hinaus? Was will sie sagen und will er es überhaupt hören? Eigentlich nicht wirklich... oder doch? Doch sie fährt schon fort. "Warum ich immer seltener zu euch gekommen bin, hab ich dir schon erklärt, aber trotzdem bist du doch, immer wenn du mal Zeit hattest, zu uns rüber gekommen. Es hat mir so viel Spaß gebracht, Zeit mit dir zu verbringen, dass ich alles dafür getan hätte, dass das so bleibt. Du warst immer so freundlich und großherzig und ich hatte Angst, dass du vielleicht irgendwann beschließen könntest, dass dir dein Bruder doch wichtiger war als ich. Darum beschloss ich dir den Weißen Drachen mit eiskaltem Blick zu schenken. Ich hoffte, dass wir dann immer Freunde sein könnten. Und als ich dann sah wie sehr er dir gefiel, wusste ich, dass ich mich richtig entschieden hatte. Ich konnte doch damals nicht ahnen, dass niemals etwas daraus werden würde. "Und dann am Fluss damals...", sie atmet tief durch, "Mokuba war endlich alt genug, dass du mit ihm zusammen irgendwo hin konntest, also beschlossen wir alle zusammen das schöne Wetter auszunutzen und zum Fluss zu gehen, wo wir beide schon so oft zusammen gespielt hatten. Keiner von uns hätte ahnen können, was für eine schlimme Wendung das noch nehmen sollte. "Nachdem du dich so schrecklich über die versprochene Karte gefreut hast, war mir klar, dass ich mir wegen Mokuba keine Sorgen machen brauchte. Er war dein kleiner Bruder den du über alles geliebt hast und ich war deine beste Freundin. Und ich akzeptierte, dass dein Bruder einfach für dich an erster Stelle kam. Es machte mir nichts mehr aus. Mir reichte schon, dass du glücklich warst. "Du kannst dir gar nicht vorstellen, was mir deine Worte und der Ring den du mir dann an diesem Baum geschenkt hast, bedeutet haben. In dem Moment war mir klar... ,dass wir immer Freunde sein würden." Sie schlägt den Blick nieder. Eine Träne stielt sich aus ihrem Auge und rollt über ihre Wange. Seto schluckt schwer. Sein Herz klopft bis zum Hals und er kann es einfach nicht verhindern. Warum wühlt ihn ihr Bericht so auf? Es ist noch keine fünf Minuten her, da hat er sie von ganzem Herzen gehasst. Er wird einfach nicht schlau aus ihr. Ihr Verhalten ist für ihn vollkommen unverständlich. Sie ist es doch, die für all das Leid in seinem Leben verantwortlich ist und nachdem sie ihn heute am laufenden Bad gequält und gedemütigt hat, steht sie hier und erzählt ihm wie sehr sie ihn mal bewundert hat. Er weiß einfach nicht was er davon halten soll und das irritiert ihn sehr. Besonders die Tränen in ihrem Gesicht geben ihm Rätsel auf. Immerhin hat sie ihm Unrecht zugefügt und nicht umgekehrt, wie man ihren Worten entnehmen kann. Eigentlich hätte er alles Recht dazu zu weinen, was er natürlich nicht tun wird, obwohl er sich zu seinem Leidwesen eingestehen muss, dass ihm durchaus danach zumute ist. Letztendlich beschließt er sich einfach Gewissheit zu verschaffen. "Wenn das wirklich stimmt was du sagst", meint er, "dann versteh ich umso weniger warum du mich nicht zum Bruder haben wolltest. Wenn du tatsächlich so... beeindruckt von mir warst, was hätte ich denn sonst noch tun müssen um es wert zu sein, dein Bruder zu werden?" Mit großen Augen blickt Yuki auf. "Es wert sein? Oh Seto, verstehst du es denn noch immer nicht? Du währst es mehr als wert gewesen!" Verständnislos schüttelt Seto den Kopf: "Aber warum um alles in der Welt wolltest du es dann nicht?" "Weil...", Yukis Augen werden erneut von Tränen geschwemmt, "Weil ich... ich konnte unmöglich...", sie kneift die Augen zusammen und wendet den Kopf ab. Maßlos irritiert und hilflos steht Seto da. Was soll das? Ist ihm irgendetwas entgangen? Warum gelingt es ihm einfach nicht zu verstehen was sie meint und warum hat er plötzlich den Wunsch sie irgendwie zu trösten? Zögernd tritt er auf sie zu. Unsicher berührt er sie an der Schulter. "Was konntest du unmöglich?", fragt er. Noch immer mit gesenktem Blick hebt sie ihre Hand und umschließt die Finger seiner Hand auf ihrer Schulter. Kaum merklich zuckt Seto zusammen. Nun hebt sie den Blick und blickt ihn unverwandt an. Ihr Gesicht ist nass von Tränen aber in ihren Augen liegt ein sonderbarer Glanz. "Ich... konnte mich unmöglich damit abfinden, dass wir beide dann... nur Bruder und Schwester währen." Setos Herz rast. Unfähig sich zu bewegen oder etwas zu sagen starrt er sie an. Hat er das gerade eben wirklich richtig verstanden? Ist es wirklich das was er denkt? Aber das kann doch gar nicht sein! All die Jahre über hat er sie für ihre Herzlosigkeit gehasst und nun stellt sich heraus, dass sie es getan hat weil... Bei dem Gedanken bleibt ihm schier die Luft weg. Auch Yuki hat seine Reaktion bemerkt und Furcht steigt ihr ins Gesicht. "Oh bitte Seto, ich hoffe du hasst mich jetzt nicht deswegen!", fleht sie, "Es reicht doch, dass du mich all die Jahre über gehasst hast, während ich einfach nicht aufhören konnte an dich zu denken. Ich weiß ich hatte deinen Hass verdient und vielleicht war es wirklich egoistisch von mir dir aus diesem Grund nicht zu helfen. Aber... ich konnte einfach nicht anders!" Nun ergreift sie seine Hand und hält sie mit beiden Händen fest, ihr durchdringender Blick hat etwas so flehendes, dass es Seto durch Mark und Bein geht. "Ich habe dich so sehr bewundert für deine Intelligenz und deine Reife und deine Warmherzigkeit. Ich war der festen Überzeugung, dass du es auf jeden Fall schaffen würdest aus diesem Waisenhaus herauszukommen, für mich gab es nichts was du nicht hättest schaffen können. Und du hast es tatsächlich geschafft! Du gehörst nun zu den erfolgreichsten, reichsten und einflussreichsten Menschen der Welt. Ich hätte es auch nicht anders von dir erwartet. "Aber als ich dann erkannte um welchen Preis das geschehen ist, war ich am Boden zerstört. Ich konnte einfach nicht fassen, dass aus dir solch eine skrupellose, hartherzige und überhebliche Person geworden war. Das hat mir schier das Herz gebrochen, denn ich wusste meine Entscheidung damals war dafür verantwortlich. Ich habe dich zu der Person gemacht die du heute bist. Ich habe all das an dir verletzt und zerstört was ich so sehr an dir... geliebt habe." Sie bricht ab. Erneut laufen ihr Tränen über das Gesicht. Mit schwerer Stimme fährt sie fort: "All die Jahre seit dem hab ich verzweifelt nach einer Möglichkeit gesucht um das wieder rückgängig zu machen. Ich hab dich und deine Aktivitäten immer im Auge behalten und ich habe von ganzem Herzen gehasst was aus dir geworden ist..., was ich aus dir gemacht habe. "Aber dich konnte ich nicht hassen, das konnte ich nie, auch nicht nach allem was du getan hast. Und mir wurde klar, wenn du jemals in der Lage sein solltest mir zu vergeben oder mir auch nur wieder Beachtung zu schenken, dann musste ich jemand werden, der deiner wert war. "Also arbeitete ich hart um meine Firma aufzubauen. Ich wollte dich unbedingt beeindrucken, so dass du mich wieder zur Kenntnis nimmst. Und ich begann diese Technik zu entwickeln um sie dann, wenn sie perfekt währe, dir aus freien Stücken zu überlassen. Das alles hier diente nur dem einen Zweck: Mich wieder mit dir zu versöhnen." Ihre Hände zittern als sich ihre Finger mit seinen verflechten und ihre andere Hand sich um beide Hände schließt. Ihre leuchtenden, grünen Augen strahlen nun eine solche Sehnsucht aus, dass Seto nicht in der Lage ist den Blick abzuwenden. "Als dann Noah in unserer Datenbank auftauchte und ich sah wie du deinen Bruder behandelt hattest, da wurde mir klar, wie sehr du dich verändert hast und ich wusste, dass dies die einzige und letzte Gelegenheit sein würde, um aus dir wieder den Menschen zu machen, den ich schon seit meiner Kindheit... von ganzem Herzen geliebt habe!" In Setos Kopf überschlagen sich die Gedanken. Alles hat er erwartet, aber das nicht; mit allem hat er gerechnet aber nicht damit! Sein Herz klopft so heftig, dass er glaubt es könnte zerspringen. Das ist alles falsch! Wie kann das sein? So viele Jahre hat er sie gehasst. Oh ja, er hat sich sehr wohl daran erinnert wie viel Spaß sie beide zusammen hatten. Gerade deshalb hat ihr Verrat damals ja auch so wehgetan. Allein, dass er sich eisern eingeredet hat, sie hätte ihn von vornherein nicht wirklich leiden können, hat den Schmerz ein wenig erträglicher gemacht und über die Jahre hat er es dann auch irgendwann selbst geglaubt. Aber aus genau dem gleichen Grund, hatte er sich geschworen niemals wieder an das Gespräch unter dem Baum zurückzudenken, denn das was dort geschah, ließ sich nicht mit dem was er sich selbst vorgaukelte in Einklang bringen. Es war ein harter Kampf gewesen dieses Ereignis und alles was damit zusammenhing aus seinem Gedächtnis zu streichen, aber es war immer noch leichter gewesen als sich der Wahrheit zu stellen und in Erinnerung zu behalten, warum er ihr den Ring damals wirklich geschenkt hatte. Schweigend schaut er auf die junge Frau vor ihm hinab, die noch immer seine Hand zwischen den ihren hält und er spürt wie sich ein dicker Kloß in seinem Hals bildet. Lass es einfach geschehen, du musst es einfach akzeptieren!, hat sie vorhin gesagt. Wie kann er das? Das ist nicht seine Art. Für gewöhnlich ist er immer der Überlegende, der den nichts aus dem Konzept bringen kann und der mit jeder Situation spielend fertig wird. Und nun steht er hier und hat nicht die leiseste Ahnung wie er das ausdrücken soll was augenblicklich in ihm vorgeht. Schließlich schluckt er einmal schwer dann sagt er leise: "Yuki, ich... ich hatte keine Ahnung..." Sie wendet verlegen den Blick ab, dann fasst sie mit einer Hand in ihren Ausschnitt und fördert eine kleine Kette zutage. An ihrem Ende baumelt ein kleiner, roter Plastikring. Scheu schaut sie den hochgewachsenen, jungen Mann vor ihr an. "Ich habe ihn immer noch. Selbst als er mir zu klein geworden ist, konnte ich mich nicht von ihm trennen, denn dieser Ring sollte mich ja immer daran erinnern, wie viel ich dir mal bedeutet habe und immer wenn ich ihn sehe wird mir klar, dass ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben habe, dass... es mal wieder so werden könnte." Setos Hand zittert ein wenig als er sie nach dem winzigen Ring ausstreckt. Als sich seine Faust darum schließt, muss er die Augen zusammenkneifen. In seinem Inneren bildet sich ein unglaublicher Druck auf, der verzweifelt einen Ausweg sucht. So sehr ist er hin und hergerissen von zwei widersprüchlichen Gefühlen, dass er nicht weiß was er machen soll. So viel Wut, Schmerz und Verzweiflung versucht ihn völlig zu vereinnahmen und zugleich versucht etwas ganz anderes seinen Weg zu bahnen. Diese beiden Gefühle tragen einen schweren Kampf um die Vorherrschaft in ihm aus und er weiß nicht welchem er Vorrang geben soll. Als er die Augen wieder öffnet, liegt eine tiefe Verzweiflung und Hilflosigkeit in seinem Blick. Gequält schaut er der junge Frau vor ihm ins Gesicht. "Yuki, ich...", bringt er fast tonlos hervor. Mit offenen Augen, in deren sattem Grün noch eine Spur von Feuchtigkeit schimmert, erwidert sie ihren Blick. "Seto...", flüstert sie und eine einzige Träne rollt über ihre schmalen Wangen bis hinab zu ihrem Kinn und tropft von dort zu Boden. In diesem Moment fällt die Entscheidung! Ohne noch länger darüber nachzudenken, schlingt Seto seine Arme um Yukis Schultern und zieht sie an sich. Fast wie ein Ertrinkender hält er sie fest und im selben Moment erwidert sie seine Umarmung. Ihre schlanken Arme legen sich um seine Taille und drücken ihn an sich. Ihre Wange lehnt behutsam an seiner Brust und sie hört deutlich wie schnell sein Herz schlägt. In diesem Moment ist ihr alles egal. Das hier ist alles was sie jemals wollte und fast schon hat sie nicht mehr daran geglaubt, dass es jemals passieren würde. Aber sie spürt noch etwas anderes. Seto zittert. Nicht sehr, aber deutlich und anscheinend ist es ihm nicht möglich es zu unterdrücken. Doch plötzlich bahnt sich ein Tropfen Flüssigkeit seinen Weg über ihre Stirn und nun erkennt sie auch den Grund für sein Zittern: Seto weint! Leise und tonlos weint er vor sich hin, aber nichts desto weniger aus tiefstem Herzen. Sie kann nur wage erahnen, was er all die Jahre durchgemacht haben musste, aber heute hat er endlich die Kraft und den Mut gefunden seiner Seele Luft zu verschaffen und sie wird ihm dabei den nötigen Halt geben, das steht für sie fest! Wie verzweifelt hat sie diesen Moment herbeigesehnt und am liebsten soll er nie wieder vorbeigehen! Ihr Herz klopft so heftig, dass es sie fast zerreißt und die Wärme die nun ihren Körper überflutet, übersteigt alles was sie jemals zu ersehnen gehofft hat. Mit aller Liebe die sie schon so lange für ihn empfindet, drückt sie ihn noch fester an sich. Und während auch ihr wieder Tränen in die Augen treten, spürt sie, dass auch er sie noch dichter an sich zieht. So eng umschlungen verharren sie eine ganze Weile bis der Tränenfluss aus Setos Augen versiegt und sie spürt, dass seine Brust sich wieder gleichmäßig hebt und senkt. Dann, nach einem unendlich lang erscheinenden Moment, atmet er einmal tief durch. "Yuki...", sagt er sanft, "ich wünschte wirklich...", er stockt kurz, dann setzt er noch mal an, "Ich wünschte wirklich..., ich könnte diese Gefühle erwidern!" Die junge Frau versteift sich ein wenig, doch er fährt schon fort: "Aber ich bin nicht mehr der Junge wie du ihn im Gedächtnis hast. Seto Tejima... gibt es nicht mehr!" Behutsam löst er sich von ihr. Nun hält er sie sachte mit beiden Händen an den Schultern auf Armeslänge von sich so dass sie ihm direkt ins Gesicht schauen muss. In ihrem Blick liegt nun Furcht und tiefe Traurigkeit, als wollte sie nicht wahrhaben was er gerade gesagt hat; als hätte sie Angst er könne sie von sich stoßen und sie damit in diesem flüchtigen Augenblick ebenso nachhaltig und schmerzhaft verletzen wie sie es damals mit ihm getan hat. Ihre Lippen beben und ihr Gesicht wird bleich. Aber ihre Furcht ist unbegründet. Mit einem milden Blick schaut Seto sie an. Seine Augen sind ein wenig gerötet aber nun wieder klar. "Mein Name ist Seto Kaiba!", sagt er leise aber fest, "Und was ich geworden bin, wodurch auch immer, das bin ich geworden! Weder du noch ich können die Zeit zurückdrehen. "Du hast mich schwer verletzt und diese Wunden heilen noch immer aus. Aber ich habe auf meine Art gelernt damit zu leben. Ich bin vielleicht nicht stolz auf alles was ich getan habe, aber ich stehe dazu! So bin ich einfach und ich werde ganz sicher nicht so ohne weiteres wieder so werden können wie früher. Aber..." Unfähig den Blick abzuwenden schaut Yuki ihn mit feuchten Augen an. Sie wagt kaum zu atmen, als könnte der kleinste Hauch etwas unheimlich Kostbares zum Platzen bringen. "Aber...", sagt Seto nun sanft, "ich will es versuchen! Vielleicht bekommst du Seto Tejima niemals wieder, denn das Einzige was ich dir geben kann ist Seto Kaiba... , wenn du ihn haben willst!" In seinen wasserblauen Augen sieht sie nichts als absolute Aufrichtigkeit und Zuneigung und in diesem Augenblick weiß sie, dass ihr vergeben ist. Die Last die von ihrer Seele abfällt ist unbeschreiblich und es ist ihr unmöglich an sich zu halten. "Oh Seto!", schluchzt sie und ehe er noch weiß wie ihm geschieht, hat sie auch schon die Arme um seinen Hals geschlungen und drückt ihre Lippen auf seine. Zunächst überrascht aber dann es langsam akzeptierend legt nun auch Seto seine Arme sanft um ihre Schultern und sachte erwidert er ihren Kuss. Dann jedoch beginnt er sich ihr behutsam zu entziehen. Ihre großen sehnsüchtigen Augen geben ihm einen kleinen Stich, doch dann sagt er: "Hab Geduld mit mir Yuki! Tiefe Verletzungen heilen langsam... aber sie tun es!" Für einen Augenblick zögert sie noch, doch dann nickt sie. "Du hast recht! Es braucht Zeit!" Sanft fängt Seto mit seinem Finger eine Träne auf die von ihrem Kinn tropfen will. "Vielleicht irgendwann...", meint er. Yuki atmet einmal tief durch. Ein letzter inniger Blick geht zwischen den beiden hin und her, dann wendet sie sich ab. "Und... was geschieht jetzt?", fragt sie zögernd. "Wir sollten es langsam angehen, der Rest wird sich schon finden", meint er, "Außerdem sollten wir zu den anderen zurückgehen. Ich wage schon gar nicht daran zu denken, was die wahrscheinlich glauben was wir hier machen." Belustigt schnaubt Yuki kurz auf. "Das geht die doch gar nix an!", schmunzelt sie. Seto sagt nichts dazu. Auch er schmunzelt leicht, aber ganz wohl ist ihm trotzdem nicht dabei. "Was wirst du nun wegen Noah tun?", fragt Yuki nun doch noch mal behutsam. Einen kurzen Moment zögert Seto, dann sagt er: "Ich werde mir was überlegen!" Kapitel 14: Ist es vorbei? -------------------------- Vor Yami und Noah materialisiert sich eine braune Tür. Yami schaut auf, seine Unruhe ist ihm zwar nicht anzusehen, aber in seinem Inneren beschäftigen ihn viele Fragen. Wohin ist Yuki mit Kaiba verschwunden und was hat sie mit ihm vor. Zwar scheint Noah in die Angelegenheit eingeweiht gewesen zu sein, doch eine Erklärung war nicht aus ihm herauszubekommen. So war ihm nichts anderes übriggeblieben, als abzuwarten, bis die beiden wieder auf der Bildfläche erscheinen würden. Als nun die Tür aufgeht ist Yami bereits sehr gespannt was nun werden wird. Doch zu seiner großen Überraschung ist Yuki die einzige Person die durch die Öffnung tritt. Irritiert und etwas besorgt schaut er ihr entgegen. "Wo ist Kaiba?", fragt er direkt heraus, "Was hast du mit ihm gemacht?" Doch die junge Frau lächelt nur leicht. "Keine Sorge, Yugi! Seto ist in Ordnung. Wir haben uns... geeinigt. Er ist bereits durch einen anderen Ausgang auf dem Weg zurück in die reale Welt." Er weiß zwar nicht genau warum er ihr glaubt, aber Yami entspannt sich sichtlich. Aber ganz zufrieden ist er immer noch nicht. "Und worauf habt ihr euch geeinigt?", will er wissen. Auch Noah schaut ihr bei dieser Frage aufmerksam entgegen. Gelassen kommt Yuki auf die beiden zu und wendet sich an Noah: "Seto meint, ein neuer Körper währe etwas hochgegriffen und wohlmöglich in nächster Zeit noch gar nicht machbar, aber er hat mir zugesichert, dass er sich in den nächsten Tagen mal dein Programm vornehmen wird und dafür sorgen wird, dass die Datenreste deines Vaters aus deinem Programm herausgefiltert werden. Du währst ihn dann ein für allemal los." Ein erleichtertes Lächeln erscheint auf Noahs Gesicht. "Das ist wunderbar!", strahlt er, "Seto ist anscheinend trotz allem doch ein feiner Kerl! Mit dieser Lösung bin ich auch einverstanden. Der Cyberspace ist schließlich schon ewig mein Zuhause. Wenn ich nur diesen kranken Typ in mir endlich los bin, dann brauch ich erst mal auch keinen richtigen Körper." "Seto meinte allerdings", gibt Yuki zu bedenken, "um dein ohnehin schon stark beschädigtes Programm nicht noch weiter zu belasten, sollte man dich besser erst mal deaktivieren, bis er Zeit findet sich dem Problem anzunehmen." Ein wenig verunsichert blickt Noah nun doch drein. "Ist das nicht sehr riskant?" Doch Yuki wehrt ab: "Keine Bange, du bekommst gar nichts davon mit. Es ist als würdest du einfach für eine Weile schlafen." "Na schön", meint Noah, "Dann muss es wohl sein." "Und ich werde mich dafür einsetzen, dass Seto sich bald darum kümmert", fügt Yuki noch hinzu. Nun wendet Noah sich Yami zu. "Tut mir leid Yugi, dass ich dir nun doch erst mal nicht bei deinen Rätseln helfen kann, aber sobald alles wieder in Ordnung ist bei meinem Programm, werde ich mich bei dir für deine Hilfe revanchieren." Yami lächelt leicht: "Ich hatte im Grunde doch gar nicht viel damit zu tun. Bedanke dich lieber bei Yuki Atsumi." "Trotzdem danke!", meint Noah, "Es ist allein der gute Wille der zählt. Du bist ein echter Freund, Yugi! Deine Freunde können froh sein, jemanden wie dich zu haben." Mit diesen Worten stellt er sich aufrecht hin. Dann schließt er die Augen und nur ein paar Sekunden später löst er sich unter grünlichem Schimmern in seine digitalen Pixel auf die in hellen Lichtstreifen nach oben gezogen werden und schließlich in der leeren Luft verschwinden. Nun wendet sich Yuki Yami zu: "Und nun zu uns beiden! Wahrscheinlich warten deine Freunde schon ganz ungeduldig darauf, dass du wieder zurückkommst." Sie macht eine kurze Bewegung mit der Hand und vor ihnen erscheint eine neue Tür. "Nach dir!", meint sie. Zuversichtlich und in der Tat erleichtert drückt Yami die Klinke herunter. Als er die Tür öffnet ist dahinter nur ein grelles Licht. Zunächst zögert er doch dann fasst er sich ein Herz und tritt hindurch. "Schaut mal sie kommen wieder zu sich!" Von dem kleinen Monitorraum aus beobachten die drei jungen Leute wie die beiden Personen in den Cyberkapseln sich langsam zu bewegen beginnen. Jonouchi hat seine Nase gegen die dicke Scheibe gedrückt um auch nicht das kleinste Bisschen zu verpassen. Schon hebt sich der Deckel der beiden Kapseln und Yugi setzt sich langsam auf. In der Kapsel neben ihm kommt auch in Yuki langsam wieder Leben. "Yugi, Partner, ist alles in Ordnung?", ruft Jonouchi aufgeregt als er sieht wie Yugi ihm den Blick zuwendet. Noch ein wenig benommen klettert Yugi aus der Box heraus. Verständnislos sieht er wie seine Freunde im Nachbarraum hinter der Scheibe wild gestikulieren. "Jonouchi? Anzu, Honda? Was macht ihr denn da?", fragt er verwirrt. "Sie hat uns eingesperrt!", ruft Jonouchi aufgebracht, "Diese Yuki Atsumi hat uns einfach hinter Schloss und Riegel gesetzt!" Fragend wendet Yugi sich nun Yuki zu. Diese entsteigt gerade ihrer Kapsel. "Einen kleinen Moment!", sagt sie, "Ihr seid sofort wieder frei." Rasch geht sie zu ihrem Pult hinüber und betätigt den Öffnungsmechanismus der Tür. Sogleich stürmen Yugis Freunde heraus und umringen ihren Freund. "Na das wurde aber auch verdammt Zeit!", meckert Jonouchi verstimmt, "Ich wusste schon warum ich nichts mehr mit diesen Cyberspacedingern zu tun haben wollte." "Alles ok mit dir Yugi?", fragt Anzu besorgt. "Ja klar, alles bestens!", beruhigt Yugi sie. "Meine Güte, du hast uns echt Sorgen bereitet, Kumpel!", meint Honda jetzt, "Also nach dem was bei euch da drinnen so abging, dachten wir schon, dass wir dich nicht mit heiler Haut da wieder rauskriegen." Verwundert schaut Yugi auf: "Ihr habt das alles gesehen?" "Das kannst du laut sagen, Alter!", meint Jonouchi, "Wir haben das ganze Theater von hier beobachtet und konnten dir aber leider nicht helfen. Am liebsten hätten wir dich aber sofort da rausgeholt, besonders nachdem dieser Noah da aufgetaucht ist und wir seine bessere Hälfte zu sehen bekommen haben." "Komm Jonouchi", mischt Anzu sich ein, "du hättest das doch noch stundenlang weiter beobachten können. Wenn es nach dir gegangen währe, währst du doch am liebsten mit hineingegangen, sosehr hast du mitgefiebert." "Na ja", wehrt Jonouchi hastig ab, "weil das Ganze doch so unglaublich spannend war." "Ist schon gut, Jonouchi", meint Yugi freundlich, "Ich versteh dich schon, aber es ist ja alles noch mal gut ausgegangen, wenn ich auch nicht genau weiß was letztendlich den Ausschlag gegeben hat." "Das konnten wir leider auch nicht sehen", meint Anzu bedauernd. Alle Augen gehen nun zu Yuki hinüber die etwas betreten dasteht. Doch nun richtet sie sich wieder auf und kommt zu den vier hinüber. Vor Yugi bleibt sie stehen. "Es tut mir wirklich leid, Yugi, dass ich euch unter Vorspielung falscher Tatsachen hergelockt habe. Ich hoffe ihr könnt mir das verzeihen, ich wollte niemandem schaden. Aber vielleicht versteht ihr warum ich das getan habe. Ich wollte, dass eine Person dabei ist, die Seto wohlgesonnen ist und von der er große Stücke hält. Und leider war das weder bei mir noch bei Noah der Fall, wie ihr ja wohl gemerkt habt." "Das versteh ich", sagt Yugi nickend, "Kaiba kann manchmal etwas schwierig sein, aber wenn er Probleme hat, lassen wir ihn nicht hängen, ganz gleich was er davon hält." Mild schaut Yuki ihn an. "Seto kann sich wirklich glücklich schätzen Freunde wie euch zu haben", sagt sie, dann fügt sie hinzu, "Wir sollten uns jetzt auf den Weg zur Eingangshalle machen. Seto wird dort wahrscheinlich schon auf uns warten." Die vier nicken und wenden sich dann zum Gehen, doch plötzlich vernehmen sie Yukis Stimme hinter ihnen noch einmal: "Yugi? Hast du nicht vielleicht etwas vergessen?" Verwundert drehen sie sich noch einmal zu Yuki um. Mit einem leichten Schmunzeln hält sie den Millenniumsstab in der Hand. Kapitel 15: Die Hoffnung stirbt zuletzt --------------------------------------- Gerade erreichen sie die Eingangshalle, als auch schon von der anderen Seite eine bekannte Person auftaucht. Seto Kaiba marschiert mit erhobenem Haupt der Ausgangstür zu. In seinem Schlepptau hat er Yukis Assistenten Hajime Matsuo der unterwürfig versucht sich vorwährend für die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen, doch Kaiba würdigt ihn keines Blickes. Doch auf einmal bleibt er stehen. Er hat Yugi und die anderen entdeckt. Gemächlich kommt die kleine Gruppe auf ihn zu, während er sie nicht aus den Augen lässt. "Ich hätte mir denken können, dass Yugi niemals ohne seinen Fan-Club irgendwohin geht", meint er leicht abfällig. "Ah, Atsumi-san!", ruft der junge Assistent aus, "Ist alles gut abgelaufen? Kaiba-sama bestand darauf uns umgehend zu verlassen und ich wusste nicht ob..." Doch Yuki weist ihn nur mit einer Geste zum Schweigen an. "Es ist gut, Matsuo-san!", sagt sie, "Ich kümmere mich darum. Fahren sie bitte das Programm in Labor 2 herunter!" Mit einer hastigen Verbeugung macht sich der junge Mann davon, offenbar mehr als froh darüber Kaibas kühlem Blick zu entkommen. Für einen Moment treffen sich nun Yuki und Kaibas Blicke. Diesmal ist er es, der zuerst den Blick abwendet. Nun setzt er seinen Weg in Richtung Ausgangstür fort. "Ich werde wegen deiner Technik auf dich zurückkommen, Yuki", sagt er im Gehen. "Aber vergiss auch nicht dein Versprechen!", entgegnet sie. "Sicher nicht", meint Kaiba fest und geht weiter. Doch plötzlich bleibt er noch mal stehen und schaut erneut zurück. Mit einem scharfen Blick fixiert er Yugi: "Ich kann mich doch darauf verlassen, dass die heutigen Ereignisse unter uns bleiben werden, oder?" "Also...", unsicher schaut Yugi seine Freunde an, "von mir wird es keiner erfahren, versprochen!" "Gut!", meint Kaiba nur und geht dann weiter. "Hätten wir ihm nicht vielleicht sagen sollen, dass wir das alles mitbekommen haben?", flüstert Anzu Yugi zu. "Wozu denn?", gibt Yugi leise zurück, "Kaiba hat heute schon genug peinliche Momente durchleben müssen. Diese Blöße müssen wir ihm nicht auch noch geben. Solange wir alle dichthalten, sollte das kein Problem sein. Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß!" Anzu nickt: "Du hast recht! Für heute ist er genug blamiert worden." Gerade tritt Kaiba aus dem Gebäude heraus, dicht gefolgt von Yuki und den anderen. Vom hellen Tageslicht geblendet kneift Kaiba leicht die Augen zusammen. Vor der Tür steht noch immer seine Limousine. Auf einmal wird die Wagentür aufgerissen und eine kleine Gestalt springt heraus und läuft eilig auf ihn zu. Kaiba reißt die Augen auf: "Mokuba? Was machst du denn hier?" In diesem Moment kommt sein kleiner Bruder auch schon schwer atmend bei ihm an. "Es tut mir schrecklich leid! Bitte schimpf nicht mit mir, Seto!", meint der Kleine mit schuldbewusster Mine, "Aber ich hab in deiner Firma angerufen, aber da warst du nicht. Dann hab ich weiter rumgehorcht, doch niemand wusste wo du warst. Du hattest keinen deiner Termine wahrgenommen und das ist doch gar nicht deine Art. Da hab ich mir Sorgen gemacht. "Schließlich habe ich den Chauffeur gefunden der dich hierher gefahren hat und bin dir nachgefahren. Aber die von Gigatech wollten mich nicht reinlassen und mir auch nicht sagen ob du da bist oder was du da machst. Also hab ich beschlossen hier im Wagen zu warten bis du wieder rauskommst. Ich dachte... dir währe was passiert!", Mokubas Stimme wird wieder etwas weinerlich, aber er schluckt es tapfer herunter. Für einen langen Augenblick schaut Kaiba nur sprachlos auf Mokuba herunter. Man kann sehen wie er schwer schluckt. Dann plötzlich bückt er sich zu seinem kleinen Bruder herunter und schließt ihn in die Arme. Völlig verdutzt lässt Mokuba es mit sich geschehen. Ein solches Verhalten kennt er ja gar nicht von seinem großen Bruder. Eigentlich hatte er eher damit gerechnet, dass er wieder ausgescholten wird und jetzt das! Fest drückt Kaiba seinen kleinen Bruder an sich. "Es tut mir leid, dass du dir Sorgen um mich gemacht hast, Moki!", meint Kaiba ehrlich betroffen, "Und es tut mir auch schrecklich leid, dass ich so gemein zu dir war. Ich hätte niemals so sehr mit dir schimpfen dürfen!" Noch immer verdattert versucht Mokuba zu verstehen was hier vor sich geht. "Alles in Ordnung mit dir, Seto?", fragt er unsicher, "Du hast mich doch schon lange nicht mehr Moki genannt." Kaiba atmet tief durch, dann lässt er seinen Bruder los. "Ist das so?", meint er mild, "Vielleicht müsste sich das mal wieder ändern, was meinst du?" Mit großen Augen schaut Mokuba ihn an: "Soll das heißen, dass du nicht mehr sauer auf mich bist?" Der hoffnungsvolle Blick seines kleinen Bruders gibt Kaiba doch einen Stich. "Nein!", sagt er dann, "Ich bin bestimmt nicht mehr sauer auf dich." Bei diesen Worten leuchten Mokubas Augen auf. Mit einem strahlenden Lächeln schlingt er nun die Arme um den Hals seines Bruders. "Danke Seto! Du bist der aller beste Bruder den man haben kann!" Schweigend haben Yugi und die anderen diese Szene beobachtet. Nun erhebt Kaiba sich wieder. Seltsamerweise scheint er sie völlig zu ignorieren. "Weißt du was, Moki?", meint er nun zu seinem Bruder, "Ich werde mir den Rest des Tages frei nehmen! Wir beide unternehmen irgendwas zusammen, ok? Und du darfst entscheiden wohin wir fahren!" Ungläubig schaut der Kleine ihn an: "Echt? Ist das wirklich dein Ernst? Du willst wirklich nur mit mir alleine Zeit verbringen und ich darf selber entscheiden was wir machen?" Kaiba nickt: "Klar, heute nehme ich mir mal ganz Zeit für dich, das hätte ich schon längst mal wieder machen sollen!" Zunächst ist Mokuba noch unsicher, doch dann hellt sich seine Mine auf: "Wenn das so ist, können wir dann erst mal was essen gehen? Ich sterbe vor Hunger!" Wenn Yugi und seine Freunde gedacht haben, heute könne sie an Kaiba nichts mehr überraschen, werden sie nun eines Besseren belehrt. Kaum hat er das gehört verzieht Kaibas Gesicht sich zu einem breiten Grinsen und keine Sekunde später entfährt ihm ein lautes fröhliches Lachen. Laut und vernehmlich hallt es über den Vorplatz und nicht nur Yugi und die anderen beobachten wie der sonst so kühle, junge Mann aus vollem Herzen lacht und sich scheinbar auch nicht im Geringsten daran stört. Auch Mokuba ist irritiert. Was ist denn heute bloß mit seinem Bruder los? So kennt er ihn überhaupt nicht. So fröhlich und locker ist er schon seit Jahren nicht mehr gewesen. Er hat zwar keine Ahnung was ihn so verändert hat, aber er gesteht sich ein, dass er mehr als froh darüber ist. Schließlich fängt Kaiba sich wieder. Freundlich lächelt er Mokuba an: "Du hast recht! Wir sollten wirklich was essen gehen, ich bin auch schon am Verhungern!" Mit einer Hand wuschelt er nun Mokuba durch die schwarzen Locken. "Aber ich habe noch eine bessere Idee!", meint er nun und dreht sich zu der kleinen Gruppe hinter sich um. Mit einem klaren Blick schaut er nun Yuki an. "Ist es dir recht wenn wir noch jemanden mitnehmen, Moki?" "Wen denn, Seto?", fragt der Kleine verwundert. Noch immer hält Kaiba Yukis Blick gefangen. "Möchtest du uns begleiten?", fragt er und nickt ihr ermutigend zu. Zunächst ist die junge Frau unsicher, doch dann plötzlich huscht ein sanftes Lächeln über ihr Gesicht. "Gerne!", sagt sie und schließt sich den beiden an. Verwundert schaut Mokuba die fremde, junge Frau an. "Moki, das ist Yuki Atsumi!", stellt Kaiba ihre neue Begleiterin vor. "Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor", meint Mokuba nachdenklich. "Ich werd dir nachher alles erklären!", meint Kaiba, "Aber jetzt lasst uns was Essen gehen!" "Ich kenne ein nettes, kleines Restaurant hier in der Nähe", meint Yuki während die drei sich zum Gehen wenden. "Gibt's da auch Hamburger?", will Mokuba wissen. "Ich denke es sollte kein Problem sein welche aufzutreiben", schmunzelt Yuki. Verdutzt beobachten Yugi und seine Freunde wie Mokuba zwischen Yuki und Kaiba herläuft und mal in die eine mal in die andere Richtung eifrig schnatternd vor sich hinplaudert. In gemächlichem Tempo wandern die drei so die Straße hinunter und scheinen die anderen dabei vollkommen vergessen zu haben. Bevor die drei hinter der nächsten Häuserecke verschwinden, sieht man noch einmal wie sich Yuki und Kaiba über Mokubas Kopf hinweg einen eigenartigen Blick zuwerfen, doch dann sind sie auch schon aus ihrem Sichtfeld verschwunden. "Ja fasst man's denn!", wundert Jonouchi sich, "Als wenn wir auf einmal gar nicht mehr existieren. Aus Kaiba soll mal einer schlau werden!" "Der Typ ist doch völlig Gaga!", schüttelt auch Honda den Kopf, "Ich glaub, das Ganze war heute ein bisschen zu viel für ihn. Aber dass er dermaßen umgekrempelt wird." Anzu wehrt ab: "Ach lass ihn doch! Es ist doch toll, dass Kaiba mal ein bisschen aus sich rausgeht. Ich denke er wird heute so viel Spaß haben wie seit langem nicht mehr." "Stimmt Anzu!", gibt Yugi ihr recht, "Ich glaube, heute hat Kaiba eine harte aber wichtige Lektion gelernt. Er wird sich vielleicht nicht von heute auf morgen völlig verändern, aber er ist auf dem besten Wege, glaub ich!" "Is ja alles schön und gut!", mault Jonouchi nun, "Aber dieses ganze Gerede vom Essen hat mich tierisch hungrig gemacht. Ich hab schon seit Stunden nix mehr im Magen, ich kipp hier auch gleich aus den Latschen!" "Ach du Armer!", grinst Anzu neckisch, "Na, das wollen wir ja nun wirklich nicht!" Sie schaut auf die Uhr: "Die Schule ist eh gleich aus. Kommt mit ich lad euch alle auf nen Hamburger ein!" "Au ja!", springt Jonouchi strahlend auf, "Anzu, du bist die Beste! Krieg ich auch ne Cola dazu? Ich verduuurste!" Lächelnd schüttelt sie den Kopf als die vier sich auf den Weg zur nächsten Imbissbude machen. "Du Vielfrass, du wirst dich wohl nie ändern?" "Wenn Kaiba sich ändern kann, dann kann ich das schon lange, ...aber nicht gerade heute, dazu knurrt mein Magen zu sehr!" "Bloß nichts überstürzen, was?" "Du sagst es! Aber eins würde ich doch gerne noch mal wissen, Anzu?" "Was denn Jonouchi?" "Vorhin war sich Kaiba mit dieser Atsumi doch noch spinnefeind und nun grinst er wie ein Honigkuchenpferd und lädt sie zum Essen ein. Also das begreife ich einfach nicht. Warum tut er das?" "Jonouchi...?" "Was denn?" "Am besten du versuchst erst gar nicht das zu verstehen!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)